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Barcelona
from Das tiefe Wohnhaus
by TUM_LSA
Geschichte
Barcelona
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Besondere Beispiele städtischer tiefer Grundrisse in Europa sind in der Stadterweiterung Barcelonas des 19. Jahrhunderts zu finden – die Ensanche. Vor Allem im europäischen Kontext ist sie ein einzigartiges Beispiel industrieller Stadterweiterungen. Die Blockgrößen orientieren sich stark an nordamerikanischen Referenzen, doch in der Ausführung als städtischer Block stehen sie ganz in den Traditionen anderer europäischer Städte wie Paris oder Berlin.16
Ildefonso Cerdà, ab 1851 Abgeordneter des 2. Distrikts von Barcelona, führte die Planungen des enormen Bauvorhabens an. Es handelte sich insgesamt um eine sehr moderne Planung, vorangegangen waren eindringliche Analysen, wie die der Krankheitsverbreitung in den bestehenden Stadtgebieten.16 Cerdà besaß Kenntnis über theoretische Schriften englischer und französischer Utopisten der Gartenstadtbewegung, Ökonomen und Hygienikern und legte seine ursprüngliche Planung nach deren Vorstellungen an: Niedrige Zeilenbauten die in einem gigantischen Blockraster von 113 mal 113 Metern von der Küste bis zum angrenzenden Gebirge erstreckten. Durch eine Drehung des Rasters um 45° gen Norden sollten optimale Belichtungsverhältnisse der Gebäude garantiert werden. Zwischen den Zeilen sollten begrünte Gärten ihren Platz finden, sodass das Raster immer wieder durch Parks aufgelockert wird.17
Von Beginn der Planung und ab 1870 verstärkt, sollte der steigende Bedarf an Wohnungen der Hafenstadt die Ausführung nachhaltig verändern. Nach und nach wurden die Baufelder maximal bebaut. Anstatt der niedrigen Zeilen wurden vorrangig Blöcke aus 5-geschossigen Mehrfamilienhäusern errichtet. Die Gebäude weiteten sich von ursprünglich 20 geplanten Metern auf bis zu 35 auf.16 Ästhetisches Vorbild wurde der Modernismo, der spanische Ableger des Jugendstils. Dachaufbau-
ten sprangen häufig zurück und über den Treppenschächten wurden Glaskuppeln gesetzt – ein Prinzip wie es bis heute in tiefen Grundrissen angewendet wird. Das Erdgeschoss wurde meist gewerblich genutzt, was sich ebenfalls bis heute anbietet um einen belebten Straßenraum zu schaffen.
Das Viertel kämpft bis heute mit einem eher schlechten Ruf. Die Blockstruktur ist dem menschlichen Maßstab entwachsen, die Straßen werden bestimmt vom Autoverkehr. Es fehlt an grünen Erholungsgebieten, Abkürzungen und Orientierung für Fußgänger. Die Wohnungen fallen oft sehr dunkel aus, weisen ein hohes Maß an nach innen gekehrten Räumen zu kleinen Belichtungshöfen auf. Lange dunkle Flure innerhalb der Wohnung erschließen die Zimmer. Die Wohnverhältnisse entsprechen den europaweit verbreiteten, prekären Verhältnissen von überbelegten Arbeitersiedlungen, ohne Bäder und nur begrenztem Platz für Privatheit.17
Dennoch ist aufgrund der strengen, spanischen Denkmalvorschriften die Struktur bis heute in ihren Grundprinzipien erhalten. Bäder wurden mit der Zeit nachgerüstet, die Wohnungen modernisiert. Verschiedene Pionierprojekte versuchen aktuell eine Verkehrswende fürs Viertel voranzutreiben, die Blöcke aufzulockern und das Viertel mehr zu begrünen. Ein Beispiel für zeitgenössische Architektur, die auch über die Tiefe von 28 Metern funktioniert, bieten MAIO Architects mit ihrem Projekt 110 Rooms, das in der Analyse der Arbeit genauer behandelt wird.
Abb 7 : Transformation des Blocks in Barcelona Von der Planung bis zur Ausführung
Das Beispiel der Ensanche zeigt, wie in südlicheren Ländern aufgrund des wärmeren Klimas schon länger mit tieferen und schattigeren Typologien geplant wird. Ein weiteres Argument für die Anwendung des tiefen Grundrisses kann darum der Klimawandel und die Ausbreitung des mediterranen Klimas im nördlichen Europa darstellen. Der Wunsch nach kühleren und schattigeren Wohnungen wird in der Folge auch im Norden größer werden.
Abb. 8 : Casa Lamarid |Barcelona | 1902 5 15 25
Schwarzplan Barcelona | 1:10‘000