Das stiefelbuch

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DAS STIEFELBUCH


Lundhags Skomakarna AB Box 29 Atlantvägen 1 830 05 Järpen, Sweden www.lundhags.se info@lundhags.se Text: Niclas Sjögren Übersetzung: Dörte Müller / Mandel Consulting Fotos: Erik Olsson Sonstige Fotos: Svenn Fjeldheim: S. 2-3 Magnus Åström: S. 40 Umschlag & Layout: BLINK Druck: Göteborgstryckerinet 2014 2


DIE JAHRESZEITEN LEBEN UND LIEBEN

Seit mehr als 80 Jahren folgen wir dem Wechsel der Jahreszeiten. Wir wissen, dass das Klima Skandinaviens hohe Ansprüche an unsere Produkte stellt. Unsere handgefertigten Stiefel sind durch Schlamm und Schnee gestapft. Unsere Hosen haben Fels und Eis getrotzt. Im Winter, im Frühling, im Sommer, im Herbst. Wir wissen, was funktioniert und was nicht funktioniert, dass jede Naht, jedes Teil eine Funktion haben muss, jedes Detail einen Sinn, genau wie in der Natur. Wir wissen, was man draußen in der Natur braucht – bei jedem Wetter – das ganze Jahr.

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INHALT

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D I E JA H R ES Z EIT EN LEB EN UND LIEB EN 7

WER BI S T D U? 12

S O CKE – S O H LE – S T I E F E L 15

BEIM S CH UH M A CH E R 19

ES WIR D EINFA CH IM M ER BES S ER 22

D EINE S T IEFEL BR A UCH EN LI EB E


INHALT

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D I E WELT IS T NICH T P ER FEKT 27

IMM ER DI E R I CH T IG E A US R ÜS T UNG 31

PFOTEN – FÜßE – S T I EFEL 35

INNO VAT IO NEN S EI T G ENER AT IO NEN 38

DIE KLEI NEN D ETA ILS 40

DIES E ER D E T R ÄG T UNS



WER BIST DU?

Wer du bist, ist der entscheidende Faktor, wenn es um die Wahl der Wanderstiefel geht. Wir glauben, dass du jemand bist, der bei jedem Wetter gern draußen ist, und wahrscheinlich bist du jemand, der dabei für seine Füße nur das allerbeste Schuhwerk will. Du willst wahrscheinlich nicht, dass du wegen schlechter Stiefel die Natur nicht richtig erleben kannst. Wir vermuten außerdem, dass du Dinge schätzt, mit denen du zusammen alt werden kannst. Und wahrscheinlich hältst du genau deshalb dieses Buch in den Händen – unser Ziel ist es dir zu helfen dich zurechtzufinden. Wir glauben, dass du einen robusten, stabilen, leichten, strapazierfähigen und zeitlosen Wanderstiefel haben willst. Und genau diese Kriterien liegen unserer Arbeit zugrunde. Unsere Wanderstiefel sind für fast alle Terrains und Regionen geeignet. Nicht dein Schuhwerk sollte die Grenze für deine Wanderungen setzen, sondern deine Fantasie und dein Ehrgeiz. Ein Lundhags-Stiefel ist kein Wegwerfprodukt. Er altert mit Würde und entspricht höchsten Ansprüchen. Wir unterteilen unsere Wanderstiefel nicht unbedingt nach Aktivitäten. Aber zur Erleichterung der Auswahl geben wir normalerweise drei Kategorien an, die in etwa einkreisen, welcher Stiefel am besten zu welcher Persönlichkeit passt. Viele unserer Stiefelmodelle gibt es mit hohem und niedrigem Schaft. Für welche Variante man sich entscheidet, hängt davon ab, welchen Schutz

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W ir bleib en b ei u ns er en Leis ten.

O PTI W S-L EISTEN Dieser Leisten hat dieselbe Form wie der Opti-Leisten, wurde jedoch im Verlauf der Jahre so angepasst, dass er besonders für Frauen und kleinere Schuhgrößen geeignet ist. Etwas schmaler und höher über dem Spann.

OPT I- LEIST EN Dieser Leisten ist etwas breiter und hat einen niedrigeren Spann, der ein Vorrutschen des Fußes verhindert. Der Zehenbereich wurde vor einiger Zeit so weiterentwickelt, dass er mehr Platz für die Zehen bietet.

REGULÄR-L E ISTE N Dieser Leisten ist eine Weiterentwicklung des früheren Normal-Leisten. Er bietet mehr Raum und die große Zehe hat durch die geradere Form zusätzlichen Platz. Er ist für Füße mit hohem Spann – wie bei vielen von uns – geeignet.

man braucht. In der Stadt oder auf normalen Wanderwegen reicht ein niedriger Schaft völlig aus. Wer sich dagegen in unerschlossene Regionen aufmacht, sollte sich für Stiefel mit höherem Schaft entscheiden. Wir teilen unsere Wanderstiefel darüber hinaus auch in 1-Lagen- und 3-Lagen-Varianten ein. 1-Lagen-Stiefel sind unsere klassischen, leichten, flexiblen Wanderstiefel. Der Schaft besteht aus einer Schicht robustem Leder, und sie haben eine kräftige Zellgummibasis. Erfahrene Wanderer, die einfach ein Paar leichte Wanderstiefel wollen, schätzen sie genauso wie all diejenigen, die sich eher selten in unzugänglichen Regionen aufhalten. Die 3-Lagen-Wanderstiefel sind die moderne, stärker konstruierte Variante unseres bewährten Konzepts. 3-LagenStiefel sind außerdem stabiler und bieten besseren Schutz. Wir haben auch mehrere Wintermodelle für extreme Kälte, also für ganz normale Wintertemperaturen in unserer Herkunftsregion, dem schwedischen Jämtland.

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Hier sind drei Beispiele für verschiedene Stiefelkategorien. Jeder Stiefel hat sein ganz spezielles Einsatzgebiet, aber allen liegt der gleiche Grundgedanke zugrunde: der optimale Wanderstiefel für jedes Wetter. Lundh ags JAURE H igh Der Jaure mit seiner 3-Lagen-Konstruktion ist der technischste Stiefel von Lundhags und für längere Wanderungen in anspruchsvollem Gelände gemacht. Der Schaft besteht aus Vollnarbenleder. Das heißt, dass unsere Schuhmacher nur die besten Lederteile verwenden. Außerdem kommt Poron® Slow Rebound zum Einsatz. Das Material sorgt durch seine Trägheit und dämpfenden Eigenschaften für eine extreme Stabilität bei gleichzeitiger Geschmeidigkeit des Schafts. Durch das 1,4 mm dicke Futter aus Mikrofaser ist der Schaft maximal robust und hat eine sehr gute Passform. Die robuste Zellgummikonstruktion des Unterteils hat eine neu entwickelte TPU-Zehenschutzkappe, die eine kraftvollere Verbindung von Sohle und Schuh ermöglicht. Jaure ist außerdem mit Heel Fit Control™ ausgestattet ein spezielles Neoprenkissen deckt den Spalt zwischen Schuhboden und Schaft ab und bietet damit einen optimierten Fersenhalt.

L u nd hag s VAND R A W S H IGH Vandra ist ein 1-Lagen-Modell mit hoher Dampfdurchlässigkeit. Der Stiefelschaft ist 26 cm hoch und aus Vollnarbenleder gefertigt. Der untere Teil besteht aus Certech® Zellgummibasis sowie einer Traction-Sohle von Vibram®. Der abgebildete Stiefel hat einen Leisten, der speziell für Frauen mit schmaleren Füßen geeignet ist. Er hat deshalb eine etwas weichere Sohlenkonstruktion und Dämpfung. Außerdem ist er leichter als das Herrenmodell. Vandra ist der perfekte Stiefel für anspruchsvolle Wanderungen und längere Abenteuer in der freien Natur.

Lundh ags Pa rk Mit dem 1-Lagen-Modell Lundhags Park wagt man sich gern hinaus in die Natur. Dieser Unisex-Stiefel mit mittelhohem, nicht gefüttertem Schaft aus Vollnarbenleder ist flexibel und trocknet sehr schnell. Das Unterteil besteht aus einer Certech® 2.0 Zellgummibasis mit Vibram® Traction-Sohle. Der Leisten ist etwas höher und für einen breiteren Fuß geeignet. Ein klassischer Schalenstiefel für alle Jahreszeiten, der in der Natur genauso beliebt ist wie in der Stadt.

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m ira ws high 1

Vollnarben-Nubukleder

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Clarino速 Mikrofaser

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Beta fit-Einlegesohle

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Texon-Brandsohle mit Stahlgelenk

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EVA-Isolierung

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Vibram速 Soft Traction-Sohle

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Certech速 3.5-Zellgummibasis

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M A N SOL LTE‌ beim Anprobieren der Stiefel immer 10 mm Zwischenraum zwischen Zehen und Stiefelvorderkante haben und dabei die zwei Sockenpaare verwenden, mit denen man sie tragen will.


SOCKE SOHLE STIEFEL Ohne jede Übertreibung ist das Zwiebelschalenprinzip für alle, die zu jeder Jahreszeit und bei beliebigem Wetter draußen sein wollen, einer der wichtigsten Komfort- und Sicherheitsaspekte. Auf der Haut Unterwäsche, die Feuchtigkeit vom Körper weg transportiert und wärmt, dann eine Zwischenschicht, die isoliert, und außen eine Schale, die gegen Wind und Wetter schützt. Wenn wir uns in der freien Natur aufhalten, tragen wir selbstverständlich Kleidung, mit der wir für alle Eventualitäten gerüstet sind. Deshalb ist es zwar verwunderlich, aber gleichzeitig für uns als Schuhmacher und Outdoor-Begeisterte auch erfreulich, dass wir bei Wanderstiefeln so ziemlich als Einzige dieses genial einfache und funktionelle Schichtenprinzip einsetzen. Unsere Wanderstiefel sind schon seit langem Schalenstiefel. Eine widerstandsfähige Außenschicht schützt den Fuß vor Wasser, scharfen Steinen und Ästen genauso wie vor Schmutz und eventueller Kälte. Eine robuste Außenschicht darf kein festes saugfähiges Futter haben, da ein solches Futter Feuchtigkeit absorbiert und sich kaum trocknen oder reinigen lässt. Außerdem entwickeln synthetische Futter viel zu häufig einen Geruch, der alles andere als angenehm ist. Bei unseren Stiefeln hat man dieses Problem nicht. Für ein optimales Fußklima und als Schutz vor Blasenbildung verwendet man zwei Paar Socken aus Merinowolle. Dadurch erfolgt die Reibung zwischen den beiden Socken und nicht auf der Fußhaut. Mit

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Zwei Socken und eine Einlegesohle im Stiefel - und die Wanderung kann losgehen.

den zwei Wollsocken ergibt sich auch ein angenehmes Mikroklima im Stiefel. Trägt man Wolle direkt am Fuß, wird das Feuchtigkeitsgefühl effektiv neutralisiert. Der Fuß fühlt sich dadurch schön trocken an. Wenn es um körpernahen Tragekomfort geht, ist Merinowolle die vielleicht wichtigste Materialinnovation der letzten Jahre. Die Wolle des Merinoschafs ist in vielerlei Hinsicht einzigartig, unter anderem auch deshalb, weil sie nicht kratzt und selbst nach mehrtätiger Anwendung nicht riecht. Wenn man dann noch unsere Filzsohlen hinzufügt, hat man einen Stiefel, der so wenig wie möglich dem Zufall überlässt. Ein Schalenstiefel funktioniert in allen Jahreszeiten. Mit Socken und Einlegesohlen kann man das Fußklima selbst regulieren. Nach der Tour nimmt man einfach die Sohlen und Socken heraus – oder in den Winterstiefeln den Innenschuh - und kann dadurch die einzelnen Schichten und den Schalenstiefel schnell trocknen. So kann man am nächsten Tag mit trockenen Füßen und Stiefeln loslaufen – eine Voraussetzung dafür, dass man die Wanderung nicht nur überlebt, sondern auch wirklich genießen kann.

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M a ts Håk an Lundha g Geboren: Brunflo in Jämtland, Schweden. Beruf: Produkt-Manager und Schuhmacher. Sehnt sich nach: Skiwandern, Radfahren und Wandern. Wichtige Dinge: Rennrad, Rucksack, Wanderstiefel. Motto: Komm nicht mit Problemen, sondern mit Lösungen.


BEIM SCHUHMACHER

Wenn man Qualität riechen kann, dann ist es vielleicht der Duft, der einem beim Besuch der Lundhags-Werkstatt in Järpen - im schwedischen Jämtland – entgegenweht. Es riecht nach gegerbtem Leder. Nach Lederfett. Einem Hauch von Gummi. Eine ganze Wand steht voller Regale, in denen 1036 Paar Leisten liegen, von denen über 500 in der täglichen Produktion verwendet werden. Die anderen sind eine wertvolle Erleichterung bei Sonderanfertigungen und der Herstellung orthopädischer Schuhe. Man kann nicht nur riechen und an den vielen Stanzelementen, Lederstücken, Sohlen, Schnürsenkeln, Schäften und Spezialmaschinen sehen, was in diesen Räumen vor sich geht, sondern man kann es auch hören. Das charakteristische Geräusch, wenn Nägel in die Brandsohlen eingeschlagen werden, das Kreischen der Schleifmaschinen und das vertraute Schnaufen von SchuhmacherNähmaschinen, die den Schaft am Unterteil festnähen, durchdringen alles. Traditionelle Maschinen neben modernen. Praktisches Handwerk und authentische Professionalität in Kombination mit Computerstärke. Es scheint keine Rolle zu spielen, wie sehr sich die Maschinen weiterentwickeln oder wie sehr sich die Herstellung modernisiert. Das handwerkliche Können wird nie unmodern. Produkt-Manager Mats Håkan Lundhag – Schuhmacher in der fünften Generation – meint, dass geschickte Handwerker unersetzlich sind, wenn es

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um etwas so Komplexes wie die Herstellung von Wanderstiefeln geht. „ Heutzutage gibt es äußerst moderne Technologien und Maschinen. Und wir nutzen diese natürlich. Aber letztendlich kommt es auf den Menschen an, der sehen und fühlen kann. Wir haben unsere Stiefel noch nie am Fließband produziert. Keine CAD-/CAM-Maschine kann jemals das handwerkliche Können voll und ganz ersetzen. Kein computergesteuerter Prozess kann jemals das Fingerspitzengefühl unserer vier erfahrenen Schuhmacher voll und ganz ersetzen. Natürlich arbeiten wir mit modernster Technik, aber in Kombination mit unserer langjährigen Erfahrung als Schuhmacher.“ Lundhags hat sich dafür entschieden, auch weiterhin Produktentwicklung, Design, Kundendienst und Teile der Produktion dort weiterzuführen, wo alles begann. Es gibt einige gewichtige Vorteile, wenn man das professionelle Wissen vor Ort in Jämtland weiter kultiviert. Dieses Wissen, das über Generationen vererbt und weiterentwickelt wurde, kann nicht einfach durch irgendeine Rationalisierungsidee – die sich jemand weitab vom Ursprungsort ausgedacht hat – verloren gehen. Die ambitionierten Ziele, die gediegene Handwerkstradition und der ausgeprägte Handwerkerstolz, für die Jonas Lundhag bereits in den 1930er Jahren als Schuhmacher geschätzt wurde, prägen auch weiterhin die Schuhmacherei in Järpen. Und unsere Wurzeln, die in der skandinavischen Wildnis gleich um die Ecke liegen, haben eine echte Chance weiter zu gedeihen und die Entwicklung von kompromisslosen Wanderstiefeln für alle Jahreszeiten weiter zu befruchten. Auch wenn man das nicht alles am Geruch in der Schuhmacherwerkstatt spüren kann, so liegt es doch in der Luft.

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ES WIRD EINFACH IMMER BESSER

Wenn man einen neuen Stiefel entwickeln will, setzt man sich natürlich nicht nur im stillen Kämmerlein ans Zeichenbrett. Ideen kommen uns häufig einfach zugeflogen, wenn wir draußen unterwegs sind oder wenn Kunden nach neuen Lösungen fragen. Sonderanfertigungen machen nicht nur Spaß, sondern sind auch gut für uns. Da wir echte Schuhmacher sind, denken wir viel darüber nach, wie wir unsere Wanderstiefel noch besser machen können. Eine Sonderanfertigung ist außerdem für uns eine hervorragende Gelegenheit, uns mit neuem Material, neuen Funktionen und neuen Formen zu befassen. Solche Bestellungen erreichen uns sowohl von Privatpersonen als auch von Händlern. Eine Anfrage nach einem anderen Leisten, einem bestimmten Leder oder einer anderen Produktionslösung zur funktionalen Anpassung kann zu Innovationen führen. Selbst Anfragen zu maßgefertigten Schuhen oder rein orthopädischem Schuhwerk können zu Ideen für neue Konstruktionen oder Materialien führen. Hier ergibt sich die Möglichkeit, nicht nur unsere eigenen Ideen zu testen. Denn mit Ideen ist es genau wie mit Kindern – die eigenen mag man am meisten. Einmal erhielten wir eine Anfrage für einen robusten Wanderstiefel, bei dem wir von einem klassischen, einfachen Stiefelmodell ausgehen sollten. Die Passform sollte verbessert werden, und das Ergebnis war unser Park-Modell, das sich rasch großer Beliebtheit erfreute.

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Ein weiteres Beispiel ist die Anfrage eines Ausrüstungsherstellers für Sportfischerei, der einen Wanderstiefel haben wollte, in dem man wandern, lange im Stehen angeln und seichte Stellen durchwaten kann. Dabei verwendeten wir zum ersten Mal ausschließlich Mikrofaser für den Schaft. Und die Schuhe waren natürlich vollständig undicht. Und genau so sollte es sein. Der Schaft sollte das Wasser auch wieder herauslassen. Wir sahen natürlich sofort ein, dass wir dieses Material auf keinen Fall für unsere Schäfte anwenden konnten. Diese Entdeckung führte jedoch dazu, dass wir Mikrofaser auf ganz andere Art und Weise in unserer Produktentwicklung einsetzten – und zwar als strapazierfähiges Innenmaterial für Wanderstiefel. Da unsere Stiefel bei jedem Wetter, in beliebigem Gelände in der ganzen Welt getragen werden, sammeln wir jedes Jahr tonnenweise Erfahrung. Die Wirklichkeit ist das beste Kriterium dafür, ob etwas funktioniert oder nicht. Und die Anwender unserer Stiefel sind wahrscheinlich schonungsloser als andere. Die Anwender unserer Stiefel sind die besten der Welt. Und die anspruchsvollsten. Das gefällt uns, weil wir auch so sind. Mit kreativem Feedback können wir bessere Produkte herstellen. Wir erfahren, wie unsere anspruchsvollsten Wanderstiefel im August eine Besteigung des Südgipfels des Kebnekaise gemeistert haben. Einen Monat später erreicht uns ein Brief mit Beschreibungen, wie unsere 1-Lagen-Stiefel im Wolkenbruch bei der Durchquerung Patagoniens funktioniert haben. Wir erhalten positive und negative Kritik, sobald wir einen neuen Stiefel auf den Markt bringen. Wir haben bemerkt, dass diejenigen, die Lundhags-Stiefel tragen, hohe Ansprüche haben. Und hoffentlich spürt man das an der Verarbeitung unserer Stiefel und daran, für welche Produkte wir uns bei der Entwicklung entscheiden. Es gibt immer ein schwächstes Glied. Einmal ist keinmal, aber wenn wir mehr als einen Stiefel mit ähnlichen Schäden oder verschlissenen Teilen in unsere Werkstatt bekommen, erkennen wir schnell ein Muster. Das schwächste Glied wird deutlich. Das ist eine Art Produktentwicklung, die man unbedingt nutzen sollte. Viele lassen sich diese Chance entgehen, mehr über ihre eigenen Produkte zu erfahren.

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Und wir gehen mit offenen Augen durch die Welt. Das ist wichtig, wenn man mit der Entwicklung Schritt halten will. Wir sind auch neugierig, was die anderen machen. Auf Messen, in Läden und draußen in der Natur schauen wir genau hin, wie sich die anderen Wanderstiefel entwickeln. Das hilft uns bei der Verbesserung und Verfeinerung unseres Konzepts – und unserer Idee, die besten Wanderstiefel der Welt herzustellen. Damit noch mehr die Jahreszeiten leben und lieben können.

Alle Teile gehören zu einem Stiefel des Modells Syncro


DEINE STIEFEL BRAUCHEN LIEBE Bringt man seinen Stiefeln Liebe entgegen, wird diese Liebe erwidert. Wir wissen, dass viele unserer Kunden ein genauso leidenschaftliches Verhältnis zu ihren Stiefeln haben wie wir. Es passiert immer wieder, dass wir 30 Jahre alte Stiefel zur Reparatur bekommen. Stiefel, die über Jahrzehnte treue Begleiter waren und von denen sich der Eigentümer nicht trennen will. Die Pflege von Lundhags-Stiefeln ist völlig unkompliziert. Nach der Rückkehr von der Tour bietet es sich vielleicht an, die Stiefel mit Wasser zu reinigen. Manchmal sollte man den Schmutz vom Leder entfernen, damit die Stiefel bereit sind für die nächste Tour. Es ist wichtig, dass die Stiefel beim Trocknen nicht zu warm stehen – maximal 40°C-, wenn sie innen richtig nass geworden sind. Die Stiefel sollten also nicht im Trockenschrank getrocknet werden. Wenn man heimkommt, sollte man immer die Sohlen herausnehmen und an den Schaft stellen. Ansonsten brauchen Sohlen und Stiefel zu lange, um vorne an den Zehen zu trocknen. Manche behaupten, dass die Stiefel im Liegen besser trocknen, weil die Luft so besser zirkulieren kann. Sind die Stiefel schmutzig, reinigt man sie mit lauwarmem Wasser und Bürste, wenn notwendig auch innen, um Schmutz und Salze abzulösen. Wenn man die Stiefel eine Weile nicht anwendet, sollten sie richtig gewachst sein. Mit flüssigem Wachs tut man dem Leder Gutes. Zellgummi ist pflegefrei, braucht also nicht eingewachst zu werden.

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Wenn die Stiefel neu sind, sollten sie die ersten drei-, viermal eingewachst werden, am besten wenn man nach Hause kommt und das Leder noch etwas feucht ist. Wenn man die Stiefel eine Weile getragen hat, merkt man selbst, wann sie zum maximalen Schutz eingewachst werden müssen. Für Stiefel aus Nubukleder gibt es Spezialwachs, das die geschliffene Raulederoberfläche bewahrt. Für optimalen Schutz gegen Wasser kann man sie mit Glattlederwachs einwachsen. Dabei verliert das Nubukleder jedoch sein spezielles Aussehen und kann außerdem leicht nachdunkeln. Will man seinen Stiefeln das echte Lundhags-Image verleihen, verwendet man am besten Lundhags-Lederfett – ein wohlduftender Klassiker. Wir kochen es immer noch selbst nach einem alten Rezept und nur aus natürlichen Zutaten, wie Fett, Teer und Bienenwachs. Das Lundhags-Lederfett ist am besten für schon etwas weichere Stiefel geeignet. Es sollte nicht für Stiefel verwendet werden, die steif bleiben sollen. Ein optimales Ergebnis erzielt man, wenn man das Fett mit warmen Fingern ins Leder einmassiert. Alternativ kann man auch einen Fön auf niedriger Heizstufe zu Hilfe nehmen. Geht es den Stiefeln gut, geht es den Füßen gut. Und geht es den Füßen gut, geht es meistens auch dem ganzen Menschen gut. Und dann geht es auch uns gut.

NA C H D E R T O U R 1. Einlegesohlen rausnehmen. 2. Mit lauwarmem Wasser reinigen. 3. Mit Wachs oder Lederfett einwachsen. 4. Bei max. 40 °C trocknen. 5. Bis zur nächsten Tour kühl und dunkel aufbewahren.

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DIE WELT IST NICHT PERFEKT Wenn das Wetter immer perfekt wäre, würde man unsere Bekleidung nicht brauchen. Wenn das Leben ein Spaziergang an einem langen, weißen Sandstrand wäre, würde man unsere Wanderstiefel nicht brauchen. Aber die Welt ist nicht makellos, und es funktioniert nicht immer alles, wie es soll. Nicht einmal Lundhags-Stiefel sind perfekt. Manchmal – Gott sei Dank sehr selten – schleicht sich ein nicht perfekter Stiefel durch unsere Qualitätskontrolle und erreicht die Wirklichkeit und die Natur. So etwas ist traurig - aber wenn es passiert, setzen wir alles daran, es wieder gutzumachen. Deshalb geben wir eine einzigartige Garantie1 auf alle unsere Wanderstiefel. Sollte ein Stiefel aufgrund eines Produktions- oder Materialfehlers nicht den Ansprüchen genügen, bringen wir das selbstverständlich in Ordnung. Punkt. Schluss. Auch wenn der Fehler durch äußere Einwirkungen verursacht wurde, wenn man Pech hatte, wenn der Hund2 den Schaft des Lundhags-Stiefels zerbissen hat oder wenn die Axt3 abgerutscht ist oder wenn der Stiefel etwas zu nahe am Lagerfeuer4 stand und die Sohle verbrannt ist, helfen wir weiter 5. Es spielt also keine Rolle, was passiert ist. Wenn die Stiefel kaputt sind, helfen wir. Wir kümmern uns darum, dass die Stiefel lange halten. Sehr lange.

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1+5. Die Garantie- und Reparaturbedingungen finden Sie unter www.lundhags.se

3. Äxte können Stiefel zerstören, davon können wir ein Lied singen.

2.

4.

Selbst viele Hunde mögen unsere Stiefel, allerdings auf die falsche Art und Weise. Es kommt nicht so selten vor, dass Leute ihre von Hunden angeknabberten Stiefel zur Reparatur einschicken

Ein knisterndes Lagerfeuer oder ein prasselnder Kamin nach einem langen Tag in der Natur gehört zu den kleinen Annehmlichkeiten des Lebens. Leider passt starke Hitze nicht so gut mit Stiefeln zusammen. Wir bekommen jedes Jahr Stiefel eingesandt, die durch Hitze deformiert worden sind.



L a r s H ellströ m Beruf: Leiter der Skiwacht in Åre. Wohnt in: Undersåker, Jämtland. Tage im Freien pro Jahr: 130 Arbeit, 40 Freizeit. Drei wichtige Dinge: das Fjäll, Jagd, Thermoskanne. Motto: Vertrau‘ dem Hund. 26


IMMER DIE RICHTIGE AUSRÜSTUNG Wer so viel draußen in der Natur ist, fällt nicht auf solche Devisen herein wie „Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Bekleidung“. Diejenigen, die das sagen, waren höchstwahrscheinlich noch nie im Schneesturm draußen im Massiv des Åreskutan. Und sie arbeiten definitiv nicht bei der Skiwacht an einem Ort, wo das Wetter so grimmig ist wie fast nirgends auf der Welt. Lars Hellström ist Leiter der Skiwacht in Åre, und er ist rund ums Jahr draußen, egal bei welchem Wetter. Er lacht über den Spruch mit Wetter und Bekleidung. Genau genommen zwingt Lars‘ Job ihn, im Freien zu sein. Aber wenn man sich Lars‘ Freizeit anschaut, so ist er auch dann draußen und zwar freiwillig – selbst wenn er nicht arbeitet. Vom ersten Dezember bis ersten Mai ist er durch seine Arbeit bei der Skiwacht mindestens fünf Tage pro Woche im Freien. In der Freizeit und wenn der Schnee geschmolzen ist, verbringt Lars viel Zeit im Fjäll, da er begeisterter Kleinwildjäger ist. Im Winter kümmert sich Lars darum, dass die Urlauber in Åre sicher die Berge herunterfahren können. Die Arbeit bei der Skiwacht ist ziemlich hart. Es ist immer das Wetter, das letztendlich bestimmt. Man kann unmöglich die Wettermächte besiegen oder zumindest aushalten, wenn sie richtig zuschlagen. Die Skiwacht in Åre hat es dazu noch besonders schwer. Das Wetter in Åre ist nämlich einzigartig. Vom Atlantik kommt kräftiger Tiefdruck - und damit feuchte Luft - angesaust und trifft mit voller Wucht auf das Massiv des Åreskutan. Im besten Fall

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gibt es dadurch im Winter viel Pulverschnee, aber manchmal vereisen die Liftanlagen durch die Feuchtigkeit komplett. Viel Schnee führt zu Lawinengefahr, und Vereisung ist ein ziemlich dramatisches Wetterphänomen, bei dem sich an allen exponierten Bauten tonnenweise Eis bildet. Auch die Anstrengungen der Liftbetreiber, die Menschen sicher aus dem Tal zum Gipfel zu transportieren, werden durch Eis und Lawinengefahr erschwert. Die Aufgabe der Skiwacht besteht darin, ein maximales Sicherheitsniveau aufrechtzuerhalten. Dazu hacken und treten sie z.B. das Eis per Hand oder Fuß von den Liftmasten und –kabeln. Eine nicht ganz ungefährliche Aufgabe, die außerdem extrem an den Stiefeln zehrt. Wenn es richtig kalt ist - unter minus 30 Grad - ist es normalerweise nicht so windig. Aber selbst wenn das Thermometer keine extreme Kälte anzeigt, spürt man den beißenden Frost ordentlich im Gesicht. Wenn es „nur“ minus 15 ist und der Wind mit 20 m/s bläst, liegt die gefühlte Temperatur bei minus 40 Grad. Und da ist es ganz einfach gefährlich, draußen zu arbeiten. Aber strenge Kälte ist nichts Ungewöhnliches. „An einem Morgen vor nicht allzu langer Zeit war es zwischen 30 und 35 Grad minus. Aber da gab es keine Diskussion, wir mussten einfach raus und Lawinen wegsprengen. Nichts Besonderes. So kalt ist es nun mal ab und zu, und es kommt einfach darauf an, dass man vorsichtig ist und die richtige Ausrüstung hat. Und meine Füße sitzen schön warm in meinen Winterstiefeln. Man muss lernen, wie man sich trocken hält. Wir arbeiten drinnen und draußen, und man muss darauf achten, dass man die Stiefel drinnen nicht zu lange anhat, weil man dann schwitzt und nass wird. Und dann friert man, wenn man wieder rauskommt.”

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LARS‘ WANDERSTIEFEL Im Winter trägt Lars die Polar Quest von Lundhags mit dünnen Socken. Der Filzinnenschuh ist weich und flexibel und ausreichend warm. Die Winterstiefel halten normalerweise drei Jahre, bevor die Sohle ausgetauscht werden muss. Der Grund dafür ist die enorme Abnutzung der Sohlen, wenn man auf der Piste das Eis von Kabeln, Kabinen, Liftsitzen und Liftmasten mit den Füßen wegtritt. Das restliche Jahr schwört Lars auf seine Lundhags Syncro. Ja, er hat wirklich mehrere davon. Das älteste Paar ist sechs Jahre alt. In diesen Stiefeln trägt Lars zwei Paar Socken, ein Paar dünnere Liner-Socken und noch ein Paar Socken darüber. Wie dick die sind, hängt davon ab, wie viel Isolierung er haben will. Lars hat am liebsten Wanderstiefel mit hohem Schaft. „Ich achte immer darauf, dass ich die Stiefel einwachse, wenn ich draußen gewesen bin. Das Leder ist komplett wasserdicht, selbst bei meinen zwei ältesten Lundhags-Stiefeln.“ sagt Lars.

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kr i s ti na edh Beruf: Hundezüchterin. Wohnt in: Krok, Jämtland. Tage im Freien pro Jahr: 350. Drei wichtige Dinge: Herbst, Hunde und das Fjäll. Motto: Gerät man in eine Situation, in der man nichts machen kann, mach’s wie ein Hund: heb das das Bein, pinkel und zieh von dannen. 30


PFOTEN FÜßE STIEFEL Nur wenige verbringen mehr Zeit im Freien als Kristina Edh in Krok, einem kleinen Dorf im westlichen Jämtland. Dabei spielt es keine Rolle, ob im November ein Schneesturm über das Fjäll zieht oder sich im August eine Hitzewelle wie ein feuchter Hundepelz über die Sümpfe legt. Zusammen mit ihren zehn Gordon Setter trotzt Kristina jeden Tag der wilden Natur und genießt sie zugleich. Tritt sie vor die Tür ihres alten Jämtlandshofs ist sie schon mittendrin. Zehn Hunde klingen viel. Und es sind auch ziemlich viele Hunde, die jeden Tag ziemlich viel Bewegung und Anregung brauchen. Gordon Setter sind vorsichtig ausgedrückt sehr lebhafte und positive Jagdhunde. Sie lieben jedes Wetter und jede Jahreszeit. Kristina ist da etwas wählerischer. Zugegebenermaßen spricht sie voll Wärme über den Spätwinter. Wenn sie jemandem einen Erlebnisurlaub schenken würde, wäre das im April im Fjäll bei strahlendem Sonnenschein. Bei verharschtem Schnee auf Ski und mit einem angeschirrten Hund, der dich genauso schnell zieht wie ein Weltklasseläufer. Aber trotzdem ist der Spätwinter nicht die Lieblingsjahreszeit von Kristina. Auch nicht der Sommer, denn der ist nur die Überleitung zur allerschönsten Jahreszeit. Kristina liebt nämlich den Herbst. Da genießen sie und die Hunde die Früchte ihres Trainings. Da beginnt die Vogeljagd. Und da müssen die Hunde beweisen, was sie können. Und da misst sich Kristina mit den besten Settern und Pointern Skandinaviens. Und normalerweise erfolgreich. Sehr erfolgreich.

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Neulich erhielt sie Gold für die Hündin Zettertjärns Bleika Ionasdotter bei den Fjäll-Landesmeisterschaften in der Klasse Britische Vorstehhunde/Vogelhunde. Außerdem gewann Kristina den Preis für den besten Züchter, zum großen Teil dank des Enthusiasmus und der positiven Ausstrahlung gepaart mit deutlicher Disziplin, die ihre Hunde auszeichnen. Sobald die Tür offen ist und die Schneehühner sich schutzsuchend gegen die Felsen drücken, sind die Hunde in voller Fahrt. Im Haus wäre das nicht auszuhalten, aber es gibt eine Art Ausschalter. Sind die Hunde drinnen, ruhen sie sich aus. Das ist einfach klug geregelt. Draußen haben die Hunde - die wie jeder beliebige Spitzensportler trainieren - Auslauf für ihre Energie, und wenn sie sich erholen müssen, faulenzen sie drinnen. Wenn man mit Kristina über die Natur und das Wetter spricht und darüber, was sie das ganze Jahr über draußen bei Wind und Wetter erlebt, merkt man, dass das Wichtigste die Zeit ist, die sie

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mit den Hunden im Freien verbringt. Die jungen Hunde zu trainieren, die sich Fertigkeiten aneignen, genau wie Kinder lesen, schreiben, Rad fahren und rennen lernen. Teamarbeit. Kommunikation. Viele Kilometer pro Jahr in unberührtem Gelände. Und da muss man Pfoten und Füße schützen. „Die Pfoten müssen eigentlich nicht gepflegt werden, sie sind unwahrscheinlich robust. Ich brauche mich im Winter nur um die Haare zwischen den Fußballen zu kümmern. Dort dürfen sich keine Eisklumpen bilden. Manchmal, wenn die Hunde einen Schlitten ziehen, ziehe ich ihnen Söckchen über – eine Art Schale. Einem Schalenstiefel nicht ganz unähnlich. Ich selbst gönne mir mindestens einmal pro Jahr eine Fußpflege. Mit den Stiefeln gehe ich sehr viel sorgsamer um. Im Wesentlichen wachse ich sie jedes Mal ein, wenn ich draußen gewesen bin. Ich kümmere mich eigentlich mehr um die Stiefel als um meine eigenen Füße.“

KRISTINAS STIEFEL Kristina trägt das ganze Jahr über so gut wie jeden Tag Wanderstiefel. Die haben meistens einen mittelhohen Schaft und bieten somit Schutz in unberührtem Gelände. Sie trägt abwechselnd zwei Paar Lundhags Professional, die früher auch in kleineren Größen hergestellt wurden. Das älteste Paar ist fünf Jahre alt, das jüngere zwei. Außerdem testet Kristina derzeit auch die Neuentwicklung Lundhags Contessa, ein speziell für Frauen angepasster 3-Lagen-Stiefel. „Ich brauchte meine Lundhags-Stiefel nie einzulaufen. Natürlich werden sie schöner und besser mit den Jahren, aber meine Stiefel haben von Anfang an perfekt gepasst. Man braucht nur zwei Paar Wollsocken und eine Einlegesohle aus Wolle, dann funktioniert es. Immer.”

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Firmengr端nder Jonas Lundhag, 1934

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INNOVATIONEN SEIT

GENERATIONEN

Offiziell heißt es, dass die Geschichte von Lundhags 1932 begann. Damals registrierte Jonas Lundhag das Unternehmen, das der Ausgangspunkt von dem war, was wir heute als Lundhags kennen. Aber eigentlich beginnt die Geschichte einer der besten Wanderstiefel der Welt noch viel früher. Der Vater von Jonas Lundhag war nämlich auch Schuhmacher. Und der vermittelte sein Wissen weiter an seinen Sohn Jonas, einem von elf Geschwistern. Außerdem waren auch eine Reihe anderer Vorfahren von Jonas Lundhag Schuhmacher. Das bedeutete, dass Jonas bereits als kleiner Junge mit der Schuhmacherei in Berührung kam und dadurch seine Handwerkskunst so weit entwickeln konnte, dass sich sein Ruf als findiger Schuhmacher auch außerhalb seines ursprünglichen, äußerst wählerischen Kundenkreises – Jäger, Bewohner des Fjäll, Samen und Holzfäller in der Gegend von Frösön im schwedischen Jämtland – verbreitete. Seinen ersten Schuh fertigte Jonas für eine Puppe. Zu dem Zeitpunkt war er gerade mal acht Jahre alt. Den nächsten Schuh machte er als Zwölfjähriger für sich selbst, nachdem er einen Oberförster mit den damals unwahrscheinlich beliebten „Motorstiefeln“ gesehen hatte. Er erbettelte sich das Leder von seinem Vater und fertigte seinen ersten richtigen Schuh. Und das erweckte sowohl in der Schule als auch in seiner näheren Umgebung große Aufmerksamkeit – man ahnte, dass man es hier mit einem geschick-

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ten Handwerker und Unternehmer zu tun hatte. Und bereits im Alter von 17 Jahren eröffnete Jonas die Schuhmacher-Werkstatt, die später einmal Lundhags werden sollte. Jonas Lundhags beeindruckende Karriere als innovativer und geschickter Handwerker wurde noch weiter dadurch gestärkt, dass er nicht nur Schuhmacher, sondern auch ein hochgeschätzter Chiropraktiker und fähiger Orthopäde war. Diese Kenntnisse waren nicht unwesentlich, wenn es um Spezialanfertigungen von Schuhen für bestimmte Kunden mit allen denkbaren und undenkbaren Bedürfnissen und Wünschen ging. Es ist nicht im Geringsten verwunderlich, dass die Geschichte von Lundhags seit Generationen durch Innovationen geprägt ist. Der komplette Lebenslauf des Unternehmens umfasst Golfschuhe, Abfahrtsstiefel und Clown-Schuhe genauso wie Curling-Stiefel, Filzschuhe, Stiefel für die britischen Fallschirmjäger im FalklandKonflikt und Schuhe für Expeditionen zum Mount Everest. Selbst Holzschuhe wurden von Schuhmachern mit dem Nachnamen Lundhag gefertigt. Heutzutage ist das Unternehmen gradliniger. Die Ausrichtung ist einfach und nüchtern: es geht um die besten Wanderstiefel der Welt. So einfach wie schwer. Die Sonderanfertigung für besondere Einsatzbereiche und Füße wird in der Schuhmacherei in Järpen fortgeführt. Hier stellt man neben dem normalen Sortiment auch weiterhin Maßanfertigungen her. Auf Bestellung werden auch orthopädische Schuhe und Stiefel hergestellt. Und vielleicht ist dieses Erbe – die ständige Neubewertung dessen, wie man Wanderstiefel herstellen kann - einer der größten Vorteile, wenn es um eine innovative Perspektive auf das Schuhmacherhandwerk geht. Vielleicht ist es dieses Erbe, durch das wir weiterhin einige der besten Wanderstiefel der Welt herstellen. Oder wie es Henrik Ottosson, Lundhags-Geschäftsführer, ausdrückt: „Wir sind die Zukunft, da wir dasselbe ehrgeizige Ziel haben wie eh und je: die besten Wanderstiefel in Jämtland herzustellen. Und damit auch in der Welt. Stiefel, mit denen man die Zeit überdauern will. Dieses Ziel wird nie unmodern werden.“

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DIE KLEINEN DETAILS

Fünf nützliche Innovationen* nach Mats Håkan Lundhags

Welche Eigenschaften die Einzelteile haben und wie man sie zusammenfügt, entscheidet über die Gesamtheit. Vom Schnürsenkel und Nähfaden bis zur Außensohle und zum Stahlgelenk. Vom Leder und den Haken bis zum Zellgummi – auf dem unsere patentierte Cellular Rubber Technology (Certech®) basiert – verläuft ein roter Faden. Und der heißt Qualität. Das schwächste Glied in der Kette bestimmt, inwieweit man einem Stiefel vertrauen kann oder nicht. Wir fügen niemals etwas hinzu, das nicht die beste Qualität und die höchst mögliche Leistung garantiert. Wir suchen ständig nach den besten Zulieferern, den haltbarsten Materialien und den klügsten Lösungen. Egal ob es um den Leim geht, mit dem wir die Brandsohle mit der Außensohle zusammenfügen, oder um eine beliebige Nadel, mit der wir nähen – wir engagieren uns, denken nach, verbessern und verändern. Das ist nicht die einfachste oder wirtschaftlichste Arbeitsweise. Aber die beste. * Wir haben auf dieser Liste bewusst auf unser Lieblingsmaterial in allen Kategorien und aller Zeiten verzichtet: hochwertiges Leder, das uns immer wieder positiv überrascht. Wir haben seit jeher Leder verwendet und werden dies auch in Zukunft tun.

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Z ELLGUM M I Als das Zellgummi aufkam, gab es endlich ein fast vollkommen verschleißfestes Material. Lundhags hat als einer der ersten die Vorteile erkannt, und das Modell Sarek aus dem Jahr 1968 wurde schnell zum Klassiker. Damit wurde aus der kleinen Schuhmacherwerkstatt Lundhags eine echte Stiefelfabrik.

C er tec h CEllular Rubber TECHnology. Indem wir das spezielle Zellgummi nach unserer traditionellen Herstellungstechnologie benannten, konnten wir auf diese Art und Weise eine große Menge Erfahrung weitergeben, die das Outdoor-Leben von sehr vielen Menschen deutlich verbesserte. Das Lundhags-Modell Alaska aus den 1980ern sieht man auch heute noch im Fjäll.

N eop r e n Ein fantastisches Material mit vielen Vorteilen. Es nimmt keinerlei Feuchtigkeit auf. Das Material stellte so etwas wie einen Durchbruch bei der Weiterentwicklung unseres Schalenkonzepts dar. Wir entwickelten mit diesem Material, das nicht feucht wurde, eine völlig andere Konstruktion und da-

durch den 3-Lagen-Stiefel. Eines der ersten und herausragenden Beispiele für einen richtig guten Stiefel nach diesem Prinzip ist unser Modell Professional, das sofort zum Bestseller wurde.

HFC Als wir das HFC-Konzept, d.h. Heel Fit Control, auf den Markt brachten, sahen viele die LundhagsStiefel mit anderen Augen. Wir verkleideten die Verbindungsstellen zwischen Unter- und Oberteil. Dadurch saß der Fuß fester, der Fersenhalt wurde stabiler, die Konstruktion sicherer und das Laufgefühl besser. Seitdem sind unsere Stiefel weitergewandert. Unser Syncro, der 2006 auf den Markt kam, wurde sofort Testsieger in mehreren skandinavischen Outdoor-Magazinen.

Poron Ein völlig neues Supermaterial aus Polyester und Polyether, das wir 2012 eingeführt haben. Es ersetzt das Neopren, und in Tests erzielt es fantastische Ergebnisse. Stoßdämpfend, elastisch und auf die richtige Art träge. Wir verwenden Poron bei immer mehr 3-Lagen-Modellen als Mittelschicht im Schaft.

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DIESE ERDE TRÄGT UNS „Diese Erde trägt uns.“ In diesem Sinne drückte sich der Schriftsteller und Nobelpreisträger Harry Martinson bereits in den 1940ern aus, als er sah, was die Umweltzerstörung mit unserem Planeten anrichtete. Dass wir eine nachhaltige Lebensführung anstreben müssen, diese Einsicht pflegen wir seit langem bei Lundhags. Jan Lundhag, viele Jahrzehnte der starke Mann bei Lundhags, hatte ähnliche Gedanken, wenn er über die Rolle von Lundhags auf der Welt sprach. „Unsere Produkte halten jahrein jahraus. Wanderstiefel zu verkaufen, die lebenslang halten, ist vielleicht kurzfristig nicht die beste Geschäftsstrategie. Aber das Leben draußen in der freien Natur ist nun mal auch keine Geschäftsidee, sondern unser Alltag.“ Wir stellen kurz gesagt Produkte her, die lange halten. Unsere Design-Philosophie hat das eindeutige Ziel und Bestreben, dass die Eigentümer und Anwender unserer Produkte diese nicht nur lange haben können, sondern auch lange haben möchten. Wir streben danach, nicht zur Wegwerfgesellschaft beizutragen. Die Zeitlosigkeit liegt in unserem Design. Natürlich achten wir darauf, dass unser Versand, unsere Materialien und unsere Fertigungsprozesse so umweltfreundlich wie möglich sind. Aber das Wichtigste ist natürlich, dass wir langfristiges Konsumverhalten fördern. Weil uns diese Erde trägt, müssen wir unserer Verantwortung gerecht werden und Produkte herstellen, an denen man sich lange erfreuen kann und die dadurch den ökologischen Fußabdruck, den wir gemeinsam hinterlassen, verringern. 40



Der Name Lundhags wird häufig mit den besten Wanderstiefeln der Welt in Zusammenhang gebracht. Lundags-Stiefel sind unübertroffen haltbar und haben ein ­z eitloses Design. Seit Jahrzehnten stellt Lundhags Wanderstiefel nach dem MehrLagen-Prinzip her. Heute ist dieses Prinzip bei allen, die bei jedem Wetter draußen sind, beliebter denn je. Für uns ist das eine Bestätigung, dass wir seit langem richtig liegen. Dieses Buch ist eine Hommage an Stiefel und ganz besonders an Lundgags-Stiefel. Stiefel liegen uns einfach am Herzen!

D IE JA H R ES Z EIT EN LiEBEN UND LEBEN


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