SALOME
Musikdrama in einem Aufzug von Richard Strauss nach Oscar Wildes gleichnamiger Dichtung In deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln Premiere: 15. Dezember 2019 Dauer: ca. 1 Stunde 45 Minuten ohne Pause Aufführungsrechte: Boosey & Hawkes Berlin, vertreten durch Atlantis-Musikbuch-Verlag AG Zürich
MUSIKALISCHE LEITUNG Clemens Heil
HERODES Hubert Wild
INSZENIERUNG UND BÜHNE Herbert Fritsch
HERODIAS Solenn’ Lavanant-Linke
KOSTÜME Victoria Behr LICHT David Hedinger-Wohnlich
SALOME Heather Engebretson JOCHANAAN Jason Cox NARRABOTH / 1. JUDE Robert Maszl
DRAMATURGIE Rebekka Meyer
EIN PAGE DER HERODIAS Sarah Alexandra Hudarew
CHOREINSTUDIERUNG Mark Daver
2. JUDE Neal John Banerjee ** und Thilo Himstedt **
MITARBEIT BÜHNE Marco Brehme
GEFÖRDERT DURCH DIE STREBI STIFTUNG UND DIE FREUNDE LUZERNER THEATER
STUDIENLEITUNG UND KORREPETITION Valeria Polunina
MEDIENPARTNER: SRF KULTURCLUB
MUSIKALISCHE ASSISTENZ Alexander Sinan Binder
CELESTA William Kelley / Alexander Sinan Binder INSPIZIENZ Lothar Ratzmer REGIEASSISTENZ UND ABENDSPIELLEITUNG Caterina Cianfarini BÜHNENBILDASSISTENZ Sophie Köhler KOSTÜMASSISTENZ Zoé Brandenberg
3. JUDE Kihun Koh * und Efstathios Karagiorgos * 4. JUDE Timothy Löw ** und Koichi Yoshitomi * 5. JUDE Ivo Kazarow * und Peter Wigger * 1. NAZARENER Robert Hyunghoon Lee * 2. NAZARENER Marco Bappert * 1. SOLDAT Vuyani Mlinde 2. SOLDAT Marco Bappert * EIN CAPPADOCIER Peter Wigger * EIN SKLAVE Koichi Yoshitomi * LUZERNER SINFONIEORCHESTER
Herzlichen Dank: Carla Schwöbel-Braun
* Herrenchor des LT ** Chorgast
L
Salome
Bühne ←
T
Handlung
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DIE FAMILIENKONSTELLATION
SZENE 1
Der Tetrarch Herodes Antipas, Herrscher über die Gebiete Galiläa und Peräa, ist in zweiter Ehe mit seiner Schwägerin und Nichte Herodias verheiratet, doch das Ehepaar ist seit Langem zerstritten. In diesen Familienverhältnissen wächst Prinzessin Salome heran, Herodias’ Tochter aus erster Ehe. Bei Herodes gefangen gehalten wird ausserdem der Prophet Jochanaan, der vor allem gegen die Königin wettert, die nach jüdischem Recht gleich mehrere Verbrechen begangen hat: Sie hat sich auf eigene Initiative von ihrem Mann scheiden lassen und ist durch die Heirat mit dem Bruder ihres Mannes eine inzestuöse Beziehung eingegangen.
Ein Festbankett beim Königspaar. Bis in den Wahnsinn liebt Hauptmann Narraboth die schöne Prinzessin Salome – vergeblich warnt ihn der junge Page der Herodias vor den Folgen dieser unheilvollen Schwärmerei. Zwei Soldaten bewachen derweil den inhaftierten Jochanaan und wundern sich über die im Hintergrund streitenden religiösen Fanatiker. Dazwischen sind die Prophezeiungen Jochanaans zu hören. SZENE 2
Salome hat die Festgesellschaft satt: Sie fühlt sich von den begehrlichen Blicken ihres Stiefvaters Herodes belästigt und sucht nach Ablenkung. Gebannt lauscht sie den gewaltvollen Worten Jochanaans, die sie von weitem hört, und bemerkt, dass er vor allem das angeblich sündige Verhalten ihrer Mutter anprangert. Salome bezirzt Narraboth und schafft es so, dass ihr der Prophet vorgeführt wird.
5 SZENE 3
SZENE 4
Jochanaan ist sichtlich geschwächt von der langen Gefangenschaft, lässt aber nicht davon ab, weiter Unheil anzukündigen und über Herodias herzuziehen. Als er erfährt, dass Salome ihre Tochter ist, beschimpft er auch sie. Salomes Faszination für Jochanaan indes steigt. Ekstatisch beschreibt sie seine Schönheit, verspürt dann aber plötzlich doch wieder Abscheu. Narraboth, der die Szene fassungslos beobachtet, tötet sich selbst, ohne dass Salome davon Kenntnis nimmt. Als Salome Jochanaan küssen will, wendet sich dieser angeekelt und sie verfluchend von ihr ab.
Herodes ist aufgeregt. Auf der Suche nach Salome ist er zugleich von panischer Angst gepackt und sieht in allem böse Omen. Währenddessen schimpft ihn Herodias, er solle ihre Tochter nicht ständig ansehen. Herodes geht nicht darauf ein und fordert Salome stattdessen in anzüglicher Weise auf, mit ihm zu essen und zu trinken. Sie will nicht. Die Juden und die Nazarener führen derweil religiöse Streitgespräche. Als Herodes Salome dazu auffordert, für ihn zu tanzen, lehnt sie zuerst ab. Dann aber erkennt sie darin ihre Chance. Nachdem sie ihrem Stiefvater den Eid abgenommen hat, ihr jeden Wunsch zu erfüllen, tanzt sie. Herodes und Herodias zeigen sich begeistert von diesem Tanz, doch dann fordert Salome den Kopf des Jochanaan auf einer Silberschüssel. Während die Mutter applaudiert, versucht der Stiefvater sie mit tausend Reichtümern zu einem anderen Wunsch zu verführen. Doch Salome bleibt hart und schliesslich bringt man ihr den abgehackten Kopf. Sie küsst ihn und beschreibt ausschweifend Jochanaans Schönheit und ihr Verlangen nach ihm. In Salomes Triumph, den Mund geküsst zu haben, gibt der entsetzte Herodes Befehl, auch Salome zu töten.
Salomes Rausch
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«Wenn Sie die Figuren dieses Stücks betrachten, so sind es eigentlich lauter perverse Leute.», meinte der deutsche Komponist Richard Strauss ( 1864 – 1949 ) zu seinem Kollegen Franz Schreker über eines seiner Schlüsselwerke, das Musikdrama «Salome». 1905 in Dresden uraufgeführt, führte seine dritte Oper einerseits zu grossem Erfolg und seinem Durchbruch als Opernkomponist, wurde andererseits aber auch kontrovers diskutiert. Opernhäuser hatten Schwierigkeiten, sie durch die Zensur zu bringen, anderenorts wurde sie nach Protesten unmittelbar nach der Erstaufführung abgesetzt. Jene Perversität des Stoffes, die Strauss faszinierte, warfen ihm zahlreiche Zeitgenossen gerade vor. Von den einen beschimpft, galt die Oper anderen als lang ersehnter Neubeginn in der Operntradition, gar als «Geburtsstunde der musikalischen Moderne». Und nicht zu Unrecht, steht das Werk doch an jenem musikgeschichtlichen Wendepunkt, an dem sich die Tonalität allmählich aufzulösen begann. In seinem Musikdrama erzählt Strauss in eindreiviertel Stunden und vier nahtlos ineinander übergehenden Szenen die Geschichte der Prinzessin Salome: Von den zerrütteten, ja brutalen Familienverhältnissen, in denen sie aufwächst, von ihrer Faszination für den Propheten Jochanaan, die in dessen Enthauptung und schliesslich ihrem eigenen Tod endet. Das Libretto dazu richtete Strauss selbst ein. Als Grundlage diente ihm die gleichnamige Tragödie von Oscar Wilde (1854 – 1900), welche der irische Dichter 1891 in Paris auf Französisch verfasste. Wildes «Salome» ist eine aufgeladene Dichtung, die mit Myrrhe, Rosen und Granatäpfeln Gerüche heraufbeschwört, mit kontrastierenden Farben von Scharlachrot bis Elfenbein Bilder weckt und in ihren vielen Symbolen, ob Mond oder Taube, zwar vieles an-, aber wenig ausdeutet. Denn Wilde strebte einen Symbolismus an, «der viele Auslegungen zulässt, nicht auf eine Moral beschränkt ist, sondern vielschichtig» bleibt. Darin folgt ihm nicht nur Strauss, sondern auch der Regisseur Herbert Fritsch, der in seiner Inszenierung mit einem spiegelglatten, tiefblauen Bühnenboden und zwei goldenen Thronen, die von Knochen bis Blütenstempel ganz vieles bedeuten könnten, verschiedenste Assoziationen anklingen lässt. Oscar Wilde beschrieb in seiner Tragödie zudem bewusst keine klassische und edle, sondern eine, wie er selbst sagte, wilde, «orientalische» Antike. Das hört man auch deutlich in der Musik, projizierte Strauss doch «östliches Kolorit und glühende Sonne» auf das damals beliebte Sujet «Orient» und komponierte deswegen «exotische Harmonik ( … ), die besonders in fremdartigen Kadenzen schillerte, wie Changeant-Seide.» Das zentrale Motiv in Salomes Tanz bei-
9 spielsweise besteht aus einer Oboenmelodie mit drei Halbtonschritten, die als Arabeske von westlichen Ohren als ungewohnt exotisch empfunden wird. Doch lässt sich die Oper keinesfalls auf musikalische Orientalistik reduzieren, dafür ist sie stilistisch zu divers. In diesem Werk findet sich alles: Vom leichten Operetten-Walzer, wenn Herodes Salome zum Tanz auffordert, über Jochanaans religiös-erhabene, choralhafte, tonale Nachdrücklichkeit bis hin zu bitonalen Stellen, also der Übereinanderlegung von zwei verschiedenen Tonarten. Auffällig ist auch die effektvolle musikalische Beschreibung von Vorgängen, Gefühlen und Zuständen. Ein Beispiel: Wenn Salome das erste Mal in das Gefängnis Jochanaans herabblickt und ihr auf den Text «Es ist wie eine Gruft» ein Schauer über den Rücken läuft, singt sie in den tiefsten Tönen und somit in einer Lage, die für eine Sopranstimme eigentlich gar nicht mehr erreichbar ist. Ganz bewusst hat Richard Strauss für den musikalischen Effekt die Grenze des Singbaren ausgelotet – eine grosse Herausforderung für alle Salome-Interpretinnen. Auch in der Orchestrierung hört man viele solche tonmalerische Zeichnungen. So funkeln etwa besonders edle Juwelen mit Glockenspiel und Celesta und es rauscht der von Herodes imaginierte Wind in chromatischen Skalen und mit Streicher-Tremoli durch das Orchester. Ähnlich wie in Strauss’ sinfonischen Dichtungen erzählt das Orchester die Geschichte ebenso wie die Singstimmen, weshalb der Musikwissenschaftler Carl Dahlhaus dafür den Begriff der «Orchesteroper» entwarf. In Strauss’ «Salome» wird man von der ersten Note an hineingezogen in den Rausch dieser Musik, ohne Ouvertüre oder Vorspiel landet die Zuhörerin gleich mitten in den Begehrlichkeiten und Ängsten dieser Figuren, die man in ihrer ganzen nervösen Psychologie bis zu ihrem Ende im wörtlichen Sinne begleitet. Und nach diesem Horror: Ist nichts mehr möglich.
Salomes Ursprung
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Der Salome-Stoff stammt ursprünglich aus der Bibel und wird hauptsächlich in drei Quellen beschrieben: Dem Markusevangelium, dem Matthäusevangelium sowie in den Büchern «Jüdische Altertümer» des Geschichtsschreibers Flavius Josephus. Dargestellt wird dabei vor allem der Tod von Johannes dem Täufer, dessen hebräischer Name Jochanaan lautet, und der zwischen 27 und 29 n. Chr. in Judäa und Peräa predigte. Im Markusevangelium beispielsweise ist Salome – anders als bei Strauss – namenlos und bloss ein Spielball ihrer Mutter: «Denn er, Herodes, hatte hingesandt und den Johannes greifen und ihn im Gefängnis binden lassen, um der Herodias willen, der Frau seines Bruders Philippus, weil er sie geheiratet hatte. Denn Johannes hatte dem Herodes gesagt: Es ist dir nicht erlaubt, die Frau deines Bruders zu haben. Die Herodias aber trug ‹es› ihm nach und wollte ihn töten, und sie konnte nicht; denn Herodes fürchtete den Johannes, da er wusste, dass er ein gerechter und heiliger Mann war, und er beschützte ihn; und wenn er ihn gehört hatte, war er in grosser Verlegenheit, und er hörte ihn gern. Und als ein geeigneter Tag kam, als Herodes an seinem Geburtstag seinen Grossen und den Obersten und den Vornehmsten von Galiläa ein Gastmahl gab, kam ihre, der Herodias, Tochter herein und tanzte, und sie gefiel dem Herodes und denen, die mit zu Tisch lagen. Und der König sprach zu dem Mädchen: Bitte mich, um was du willst! Und ich werde es dir geben. Und er schwor ihr: Um was du mich auch bitten wirst, ich werde es dir geben bis zur Hälfte meines Reiches. Und sie ging hinaus und sagte zu ihrer Mutter: Um was soll ich bitten? Die aber sprach: Um das Haupt Johannes’ des Täufers! Und sie ging sogleich mit Eile zu dem König hinein und bat und sagte: Ich will, dass du mir sofort auf einer Schüssel das Haupt Johannes’ des Täufers gibst!» → Markusevangelium 6, 17 – 25
Die Macht der Triebe 12 Regisseur Herbert Fritsch im Gespräch mit Dramaturgin Rebekka Meyer. Rebekka Meyer — Als die Anfrage für
die Inszenierung von Richard Strauss’ «Salome» kam, wusstest du gleich, dass du dieses Stück machen willst? Herbert Fritsch — Ja! Sofort! RM — Was interessiert dich an dieser
Oper?
HF — Vieles in diesem Stück berührt, ohne dass man es erklären kann. Es spricht erschreckend viele Schichten in einem an. Auf der einen Seite gibt es diese Frau, die den Kopf dieses Mannes will. Andererseits spielt auch das Thema Verführung eine starke Rolle. Denn nicht nur Salome kann gegenüber Narraboth oder ihrem Stiefvater verführerisch sein, auch Jochanaan will die Leute verführen. Mich interessieren auch die religiösen Aspekte, da ich katholisch erzogen worden bin. Das Zusammenspiel von Musik und Text in der Oper ist absolut kongenial. Auch eine Mischung aus ganz verzerrter Komik und Tragik steckt da drin. RM — Der Grundkonflikt der Geschich-
te ist ja sehr brutal, die Hälfte der Hauptfiguren am Schluss tot. Trotzdem haben wir auf den Proben viel gelacht. Wie genau entfaltet sich denn
dieser Humor? HF — Es ist keine Komik, bei der man losbrüllt vor Lachen, sondern eine, wo es einem ein bisschen unheimlich wird. Es ist diese Hilflosigkeit, in der Menschen es nicht schaffen, mit ihren Gefühlen umzugehen. Das wirkt immer sehr komisch. Mit der Enthauptung Jochanaans wird dies ins Extrem getrieben. In Strauss’ Oper wird für uns Alltägliches dermassen überzeichnet, dass es regelrecht spürbar wird. Unter anderem eine Familiengeschichte: Stiefpapa, Mama und Tochter. RM — Also eigentlich eine ganz aktu-
elle Geschichte …
HF — Ich hasse es, zu versuchen, zu «aktualisieren». Gute Stücke brauchen das nicht. Das Aktuelle ist per se vorhanden. Und das macht es auch so aufregend, mit diesem Stoff zu arbeiten: Es geht darum, herauszufinden, wo der Witz ist in diesen hilflosen Menschen, die nicht zurechtkommen und von ihren Gefühlen überrollt werden. Am extremsten geschieht dies bei Salome: Sie gerät in einen Rausch ob dieses roten Mundes des Jochanaan, den sie unbedingt küssen will. Es ist überwältigend, das zu beobachten. Denn man erkennt darin auch seine eigenen Defizite und merkt, wo man seine Gefühle nicht im Griff hat. Salome
13 zeigt uns in aller Deutlichkeit, wie man sich verlieren kann.
wallungen bezeichnen, die nicht beherrschbar sind.
RM — «Zu meiner eignen Lust» will
RM — Geht es diesen fanatischen Men-
Salome den Kopf des Jochanaan – worin liegt die Anziehungskraft dieses Propheten, dass sie so weit geht, ihn töten zu lassen, bloss um ihn zu küssen? HF — Bei Salome ist es richtig gefährlich! Es geht um eine Faszination, die viele junge Menschen haben, ein Bedürfnis nach einer Ordnung, nach einer Religiosität, die in Fanatismus umschlagen kann. Enthauptungen sind ein hochaktuelles Beispiel. Es ist erschütternd zu sehen, wie ein junger Mensch in eine solche Spirale gerät, keinen Beistand hat, um mit seinen Gefühlen fertig zu werden und von den Erwachsenen darin eher noch befördert wird. Wie ein junger Mensch zum Attentäter, vom Opfer zum Täter und grausam wird … das ist alles im Stück drin! In dieser Oper werden politische Gedanken und endlose Assoziationsketten entfacht. RM — Dieser Fanatismus zieht sich ja durch viele Figuren und zeigt sich auch im Religionsstreit der Juden und der Nazarener … HF — Fanatismus ist ein ganz entscheidendes Moment der Oper. Ich würde es allerdings eher als extreme Gefühls-
schen also nicht um die Sache?
HF — Die Leute glauben, dass es um die Sache oder um Macht geht, aber in Wirklichkeit geht es um unkontrollierbare Triebe. Womit wir wahrscheinlich nie fertig werden und was immer ein Problem für die Menschheit sein wird. Das ist vielleicht unser Grundfehler: Dass wir unter gewissen Voraussetzungen sehr erbarmungslos sein und sehr grausam werden können. Vor diesen Gefühlen ist keiner gefeit. RM — Dies ist nach «Le Grand Macabre»
deine zweite Operninszenierung am Luzerner Theater. Wie ist es, wieder mit dem Ensemble und anderen bekannten Gesichtern zu arbeiten?
HF — Diese Besetzung bringt die Sache auf den Punkt. Es ist wunderbar, mit diesen Sängerinnen und Sängern zu arbeiten. Man spürt die extremen Gegensätze: dieses Kind im Verhältnis zum wild gewordenen Stiefvater Herodes und der verrückten Mutter Herodias. Diese unfassbare Familienkonstellation mit ihren seltsamen Begierden auf eine heiligenbildartige Weise zu zeigen, ist faszinierend.
14 RM — Diese Familienkonstellation
spiegelt sich auch im Bühnenbild: Der Raum ist reduziert auf zwei grosse goldene Throne, einen für Herodes und einen für Herodias. HF — Die Eltern sitzen auf dem Thron und das Kind balgt am Boden rum und aus dem Boden guckt immer ein Kopf raus. Der Kopf eines Propheten, der ständig den Schrecken heraufbeschwört. Das ist unser Alltag: jeden Tag von einem Dauerradio die schlimmsten Sachen eingehämmert zu bekommen. Uns wird ja nichts Gutes vorausgesagt. Ausser vielleicht, dass das Wirtschaftswachstum mal wieder stimmt. Dieser medial gezüchtete Pessimismus – denn Pessimismus an sich kann grundsätzlich auch gesund sein – prägt uns tiefgreifend und lässt uns irgendwann auch Schreckliches begehen, weil wir es ständig hören. RM — Man kann sich dem auch nicht
entziehen: Schaut man sich die Bühne an, gibt es keinen Ort, an dem man sich verstecken könnte. HF — Es ist immer gut am Theater, wenn es auf der Bühne keinen Ort gibt, wo man sich verstecken kann. Da seh’ ich am meisten.
«Dein Leib ist weiss wie die Lilien auf einem Felde von der Sichel nie berührt. (…) Nichts in der Welt ist so weiss wie dein Leib.» «Dein Haar ist wie Weintrauben, wie Büschel schwarzer Trauben an den Weinstöcken Edoms. (…) Nichts in der Welt ist so schwarz wie dein Haar.» «Dein Mund ist wie ein Scharlachband an einem Turm von Elfenbein. (…) Nichts in der Welt ist so rot wie dein Mund.»
→ Salome über Jochanaan
Biografien HUBERT WILD
HEATHER ENGEBRETSON
studierte zunächst Violine und Klavier, dann auch Gesang bei Rudolf Bautz in Aachen und Dietrich Fischer-Dieskau in Berlin. Er arbeitete an zahlreichen europäischen Theater, Opern- und Konzerthäusern. Seit seiner ersten Zusammenarbeit mit Herbert Fritsch am Theater Bremen als Falsacappa («Die Banditen») wirkt er auch regelmässig in Schauspielproduktionen mit, u. a. am Schauspielhaus Zürich, dem Burgtheater Wien und an der Volksbühne in Berlin. Am LT war er in der Spielzeit 17/18 als Fürst Go-Go in Herbert Fritschs Inszenierung von «Le Grand Macabre» zu erleben.
ist Absolventin der Juilliard School. Nach ersten Opernerfolgen in den USA debütierte sie in Deutschland 2013 im Erstengagement an der Staatsoper Hannover. Mit der Spielzeit 14/15 wechselte sie ans Staatstheater Wiesbaden, 16/17 dann an die Hamburgische Staatsoper. Seither verkörperte sie u. a. Mimi in «La Bohème» an der Komischen Oper Berlin sowie die Königin der Nacht in «Die Zauberflöte» an der Deutschen Oper Berlin. Am LT gibt sie ihr Rollendebüt als Salome.
SOLENN’ LAVANANT LINKE studierte Gesang am Conservatoire de Paris sowie am Conservatoire de Lausanne. Bis 2015 war sie Ensemblemitglied am Theater Basel. Weitere Engagements führten sie an das Opernhaus Zürich in der Titelpartie der «Médée», ans Staatstheater Mainz als Carmen sowie als Cherubino («Le nozze di Figaro») an die Bayerische Staatsoper. Am LT war sie in der Spielzeit 18/19 als Donna Elvira in Mozarts «Don Giovanni» zu erleben.
21 SARAH ALEXANDRA HUDAREW absolvierte ihr Gesangsstudium bei Prof. Marga Schiml an der Hochschule für Musik Karlsruhe. In der Spielzeit 10/11 wurde sie ins Opernstudio des Badischen Staatstheaters Karlsruhe aufgenommen und war von 2011 – 2013 dort als Solistin engagiert. Seit 16/17 gehört sie zum Ensemble des LT, wo sie u. a. Rosette in «Manon» und Mrs. Quickly in «Falstaff» sang. In der Spielzeit 19/20 kann man sie als nächstes in «Dschungel» sowie als Olga in «Eugen Onegin» erleben.
JASON COX
ROBERT MASZL
wurde an der Manhattan School of Music als Bariton ausgebildet. Er war Mitglied des Opernstudios «OperAvenir» am Theater Basel und gastierte am Theater Magdeburg, am Theater Bremen und am Salzburger Landestheater. Seit der Spielzeit 16/17 ist er festes Ensemblemitglied des LT. In der aktuellen Spielzeit ist er als nächstes als Titelfigur in «Eugen Onegin» zu erleben.
studierte am Konservatorium in Wien. Seit der Spielzeit 09/10 gehört er fest zum Ensemble des LT. Zuvor sammelte er Bühnenerfahrung u. a. an der Wiener Volksoper und der Burgarena Reinsberg. Am LT sang er bereits Rollen von Eurimaco / Iro in «Il ritorno di Ulisse in Patria» über Monostatos in «Die Zauberflöte» bis zu Dr. Blind in «Die Fledermaus». In dieser Spielzeit ist er am LT als nächstes in «Oliver» und «María de Buenos Aires» zu erleben.
22 VUYANI MLINDE
HERBERT FRITSCH
absolvierte sein Gesangsstudium an der Free State Musicon in Südafrika und am Royal College of Music in London. Von 10/11 bis 15/16 war er festes Mitglied des Opernensembles der Oper Frankfurt. Ausserdem trat er u. a. beim Edinburgh International Festival, am Opernhaus von Oviedo, an der Cincinnati Opera, der Houston Grand Opera und in der Carnegie Hall New York auf. Zur Spielzeit 16/17 wechselte er ans LT. In der Spielzeit 19/20 ist er als nächstes in «Dschungel» sowie als Fürst Gremin in «Eugen Onegin» zu erleben.
ist Schauspieler, Regisseur und Medienkünstler. Er inszenierte u. a. an der Berliner Volksbühne, dem Thalia Theater in Hamburg, wie auch dem Schauspiel- und Opernhaus Zürich. Zum Berliner Theatertreffen war Herbert Fritsch seit 2011 insgesamt sieben Mal mit Inszenierungen eingeladen und wurde 2017 mit dem Theaterpreis Berlin ausgezeichnet. Am LT inszenierte er zuletzt György Ligetis «Le Grand Macabre».
CLEMENS HEIL ist seit 16/17 Musikdirektor am LT und dirigierte hier u. a. «Prometeo», «Die Zauberflöte», «Falstaff» und «Le Grand Macabre». Er studierte Klavier und Dirigieren an den Hochschulen Stuttgart und Freiburg. Am Theater Bremen war er seit 2012 Erster Kapellmeister und leitete dort zahlreiche Neuproduktionen. Engagements führten ihn an das Staatstheater Mainz, die Staatsopern Stuttgart und Hannover sowie zu zahlreichen Orchestern in Europa.
VICTORIA BEHR studierte Kostümbild an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg und arbeitet seit 2008 als freie Kostümbildnerin. Eine enge Zusammenarbeit verbindet sie mit dem Regisseur Herbert Fritsch, u. a. für Inszenierungen am Opernhaus Zürich und der Berliner Volksbühne. Ausserdem entwarf sie Kostüme für Produktionen von u. a. Antú Romero Nunes und Barrie Kosky. Bereits viermal wurde sie in der Kritikerumfrage der Zeitschrift Theater heute als Kostümbildnerin des Jahres ausgezeichnet.
Impressum TEXTNACHWEISE
BILDNACHWEISE
HERAUSGEBER
Alle Texte sind Originalbeiträge für dieses Heft und stammen von Rebekka Meyer. Das Interview mit Herbert Fritsch führte ebenfalls Rebekka Meyer. Die Stelle aus dem Markusevangelium auf S. 11 ist nach der revidierten Elberfelder Übersetzung zitiert.
S. 6/7:
Luzerner Theater Theaterstrasse 2, 6003 Luzern www.luzernertheater.ch
Herzlichen Dank an die Journalistin Gabriela Kaegi, die mit dem «Kaegi-Ticker» die Produktion begleitet und auf unserer Website im Journal dokumentiert hat.
Jason, Cox, Robert Maszl, Vuyani Mlinde, Heather Engebretson, Sarah Alexandra Hudarew, Marco Bappert Solenn’ LavanantS. 10: Linke, Hubert Wild S. 15: Robert Maszl, Jason Cox, Herrenchor des LT, Chorgäste S. 17: Heather Engebretson S. 18/19: Hubert Wild, Heather Engebretson, Solenn’ Lavanant-Linke, Jason Cox S. 20: Herrenchor des LT Umschlag hinten: Jason Cox
Spielzeit 19/20 Intendant: Benedikt von Peter Verwaltungsdirektor: Adrian Balmer Operndirektorin: Johanna Wall Redaktion: Rebekka Meyer Gestaltung: Studio Feixen Druck: Engelberger Druck AG Diese Drucksache ist nachhaltig und klimaneutral produziert nach den Richtlinien von FSC und Climate-Partner.
Ingo Höhn fotografierte die Klavierhauptprobe am 4. Dezember 2019.
TECHNISCHER STAB
Technischer Direktor: Peter Klemm, Technischer Leiter: Julius Hahn, Produktionsleiter: Roland Glück, Produktionsassistentin: Marielle Studer, Bühnenmeister: Markus Bisang, Chefrequisiteurin: Melanie Dahmer, Stv. Chefrequisiteurin: Simone Fröbel, Requisite: Simone Fröbel, Oliver Villforth, Leiter Beleuchtungsabteilung und Beleuchtungsmeister: David Hedinger-Wohnlich, Leiterin Ton- und Videoabteilung: Rebecca Stofer, Tontechniker: Thomas Lötscher, Leiter Probenbühnen: Thomas Künzel, Transporte: Ido van Oostveen, Hamzi Gashi, Interimsleitung Maske: Désirée Delic, Leiterin Kostümabteilung: Ulrike Scheiderer, Gewandmeisterin Damen: Hanni Rütimann, Gewandmeisterin Herren: Andrea Pillen, Kostümmalerin: Camilla Villforth, Leiterin Ankleidedienst: Monika Malagoli, Fundusverwalterin: Rhea Willimann, Werkstättenleiter: Marco Brehme, Leiterin Malsaal: Brigitte Schlunegger, Schlosser: Nicola Mazza, Leiter Schreinerei: David Koch, Tapeziererin: Fernanda von Segesser, Leiter Statisterie: NN
JE T Z T S T T ICK E R N S ICHE
TEODOR 1. – 4. April 2020
Info: lucernefestival.ch
MITTENDRIN – AUCH SIE?! Jetzt Mitglied werden: www.luzernertheater.ch/freunde
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