HERBST 2019
ERFAHRUNGSSCHATZ
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Zähnezusammenbeißen ist nicht die Lösung Im Gespräch mit Dr. Swantje Mescha, Schmerzmedizinerin und Leiterin der Schmerztagesklinik Wann spricht man von chronischem Schmerz? Schmerz ist eigentlich als Warnung für den Körper gedacht und als Aufforderung, schnellstmöglich auf die Gefahr zu reagieren.
Neuerdings nennen wir einen Schmerz chronisch, wenn er länger als drei Monate anhält. Dr. Svantje Mescha Leiterin der Schmerztagesklinik Also die Hand von der Herdplatte zu ziehen. Ja. Und auch solange die Wundheilung andauert, ist dies noch ein sinnvoller Akutschmerz. Aber mitunter verliert sich diese warnende Funktion und ein Schmerz hält ohne adäquaten Auslöser an. Es entsteht eine eigene Krankheit – chronischer Schmerz. Er kann über Monate, Jahre oder ewig andauern. Neuerdings nennen wir einen Schmerz chronisch, wenn er länger als drei Monate anhält. Wie entwickelte sich in der Medizin ein spezieller Blick auf den – scheinbar grundlosen – Schmerz? Der entscheidende Schritt zu einem modernen Schmerzverständnis war die Einsicht, dass Schmerzen sowohl organische als auch psychische und soziale
Foto: Volkmar Heinz
Expertinnen beim Thema Schmerz: Dr. Svantje Mescha (l.) und Dr. Theresa Völker. Ursachen haben können, die unterschiedlich wirksam sind und einander beeinflussen. Der Tod eines lieben Menschen zum Beispiel kann körperliche Schmerzen hervorrufen. Oftmals entsteht auch ein Teufelskreis aus körperlichen Schmerzen, menschlichen Verlusten oder sich daraus ergebenden finanziellen Defiziten. Diesen Prozessen geht die heutige
Schmerzmedizin auf den Grund. Auch die Gesellschaft insgesamt ist dabei, ihren Blick auf chronische Schmerzen – selbst wenn der Betroffene keine „richtige“ Krankheit hat – zu verändern und zu akzeptieren, dass Zähnezusammenbeißen nicht die Lösung ist. Keiner würde einem Diabetes- oder BluthochdruckKranken raten, er möge sich zusammenreißen. Patienten mit chronischen Schmerzen nehmen oft eine lange Tour von einem Spezialisten zum anderen auf sich. An welcher Stelle sollte der Schmerzmediziner aufgesucht werden? Es ist nützlich, wenn organische Ursachen eines Schmerzes weitestgehend geklärt sind, wenn also beispielsweise der Orthopäde den Bewegungsapparat des Patienten untersucht und so weit wie möglich behandelt hat. Das heißt allerdings nicht, dass diese Therapie völlig am Ende sein muss. Gegebenenfalls läuft die während der schmerzmedizinischen Behandlung auch weiter.
Schmerzen dienen eigentlich als Warnsignal, unverzüglich etwas gegen eine Gefahrensituation zu unternehmen. Allerdings geht diese Warnfunktion mitunter verloren und die Schmerzen stellen sich auch ohne konkreten Auslöser ein. Foto: pixabay.com
Welche Patienten sprechen Sie mit Ihrer Tagesklinik besonders an? Besonders geeignet ist sie für Menschen mit einem langen Leidensweg und stark einge-
schränkter Lebensqualität. Doch auch Betroffene mit Schmerzen, die erst seit etwa drei bis sechs Monaten andauern und immer wiederkehren, wie zum Beispiel Rückenschmerzen, Gelenkschmerzen oder Kopfschmerzen, sollen mit diesem Angebot erreicht werden. Möglichst noch bevor die Schmerzen wirklich chronisch werden. INTERVIEW: MARLIS HEINZ
Informationen ... … erhalten Ärzte und Patienten unter der Telefonnummer 0341 97-17716, per E-Mail (schmerztagesklinik@medizin.uni-leipzig.de) oder auf der Homepage der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie des UKL (http:/ /www.kai-uniklinik-leipzig.de).
Ta g & Nacht otruf sowie Der 24-Stunden-Hausn d weitere Beratungs- un . ote eb ng sa Entlastung aritaet-leipzig.de Infos: www.volkssolid 35055-160. und telefonisch: 0341