Stefan Eckert

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„Das war für mich wie im Film“ STEFAN ECKERT


Stefan Eckert in seinem Hamburger Atelier. In Berlin zeigte er seine erste groĂ&#x;e Show.

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Dreadlocks, Seide und Johnny Cash Stefan Eckert war Schüler des verstorbenen Alexander McQueen. Heute zählt er zu Deutschlands besten Modemachern. Seine erste große Show zeigte der Newcomer auf der Fashion Week Berlin . von Paul Heilig (Text) und Martin Kath (Fotos)

Nach zwölf Minuten ist die Nummer gelaufen. Dalia, Joana, Katja, Valerie, Viktoria und die anderen fünf Mädchen haben es gut gemacht. Die Models mit ihren 60er-Jahre-Frisuren plaudern ausgelassen, schälen sich dabei aus den Seiden-Kleidern. Die Stylisten packen ihre Aluminiumkoffer, in einer Ecke wird gelacht und mit Champagner angestoßen, draußen am Catwalk loben die Einflussreichen der Branche die Show. In diesem Moment steht der Designer hinter den Kulissen. Blass ist er, erschöpft, leer. Stefan Eckert, Modemacher aus Hamburg, Tätowierungen am Arm, Dreadlocks, SantoniSchuhe, dunkle Hose und Kurzarm-T-Shirt. Gerade erlebte der 32-Jährige seine Premiere. Die erste eigene Show im großen weißen Zelt der Fashion Week auf dem Berliner Bebelplatz. Viel reden kann und will er gerade nicht. Er blickt kurz auf, sagt: „Ich habe die letzten 48 Stunden vor der Show nicht geschlafen. Wir haben wirklich bis zur letzten Minute gearbeitet.“

Stefan Eckert gilt als Ausnahmetalent in der deutschen Modebranche. Der gebürtige Nürnberger ist TextilHandwerker mit Perfektionssucht und tiefer Leidenschaft für denkbar unmögliche Designs. Mit großer Selbstverständlichkeit verknüpft der Mann, der optisch problemlos als Gitarrist einer Metal-Band durchgehen würde, in seinem Hamburger Atelier rebellische Attitüde und Haute Couture. Laut muss es dabei nicht sein. Sondern für sich sprechen. Das war schon immer so bei Stefan Eckert: „Als Teenager waren mir die damaligen Strömungen wie Punk, Rave und so weiter im Allgemeinen zu plakativer Natur und haben mich nicht wirklich gereizt. Mode war dagegen in meinen Augen ein Stück Anarchie und verlieh mir die Möglichkeit mich abzugrenzen und zu individualisieren. Ich habe Mode in gewisser Weise immer als Statement betrachtet.“ Größenwahn kennt Eckert nicht. Vielleicht auch, weil er schon früh mit Größen aus der Modebranche zusammen 9


Star-Kulisse. Das Zelt der Fashion Week am Berliner Bebelplatz.

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Backstage-Business. In einer Stunde herrscht hier pure Hektik.

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Noch alles ganz entspannt: Eckert mit Models in der Garderobe.

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Styling-Code f端r die Show ist der 60er-Jahre-Look.

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Caprice, die Tochter des Designers. Auf ihrem T-Shirt steht „I love Eckert“.

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Fashion Countdown. Mit jeder Minute w채chst die Nervosit채t.

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Stefan Eckert lernte in London bei Alexander McQueen: „Es war eine Ehre, von einem der letzten großen Meister der Mode zu lernen.“

arbeitete und lernte, worauf es wirklich ankommt: „Als Modedesigner steht man jede Saison vor neuen Herausforderungen und muss kreative Lösungen für seine Projekte finden.“ Zeit für Allüren bleibt da nicht. Aber für Musik. Die hat einen wesentlichen Stellenwert im Leben des Modemachers. Vor allem Johnny Cash. Der Mann, der mit seiner Musik die Seele berührt, ist für Stefan Eckert ein Vorbild. Der Sänger vereint in seiner Stimme das raue echte Leben mit Sehnsucht und Leidenschaft. Für einen Designer ein guter Anreiz, dasselbe mit seinen Stoffen zu tun. Drei Jahre arbeitete sich Eckert durch die Schneiderlehre, erfolgreich absolvierte er das Studium an der Hamburger Akademie Mode und Design (AMD), fiel wegen seines Stils auf, ging nach London, lernte bei Alexander McQueen. Dessen Selbstmord hat Eckert tief getroffen: „Es ist ein tragischer Verlust. Alexander McQueen war für mich der Antrieb Mode zu kreieren. Dies hat sich

nach unserem Kennenlernen noch verstärkt. Er war künstlerisch und menschlich eine wahnsinnig große Inspiration. Es war eine Ehre, von einem der letzten großen Meister der Mode zu lernen.“ An den Job bei McQueen kam Eckert durch Talent und Hartnäckigkeit. Keine schlechten Grundvoraussetzungen für die Modewelt. Später besuchte er den Meisterlehrgang am renommierten Central Saint Martins College und präsentierte seine erste Kollektion „Take me home, baby“ exklusiv bei Galleries Lafayette in Berlin. Im vergangenen Jahr beriet der Newcomer den Altmeister Wolfgang Joop und dessen Label „Wunderkind“. Im März 2009 erfüllte sich Eckert endlich einen langen Traum und eröffnete seinen eigenen Salon mit Atelier. Räumlichkeiten, die sehr an französische Couture-Häuser der 50er Jahre erinnern. Pariser Eleganz am Hamburger Mittelweg. Das ist kein Zufall, erzählt er: „Ich liebe Paris und kehre immer voller Inspiration aus dieser Stadt zurück. 23


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Experten mustern die Show. Am Ende hat Eckert bestanden.

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Rund 50 Fotografen und Kameraleute sind bei der Präsentation von Eckerts Seidenkleider in Berlin dabei.

Ich habe aber in Hamburg mein privates Umfeld, das mich letztlich in die Befindlichkeit versetzt um meine Kreativität bis ins Letzte ausschöpfen zu können.“ Im Mittelpunkt steht dabei Eckerts kleine Tochter Caprice. Die ist bei der Premiere ihres Vaters in Berlin mit dabei, beobachtet das Treiben im Backstage-Bereich. Caprice steht vor einem der Schminkspiegel auf ihrem T-Shirt steht ein klares Bekenntnis: „I love Eckert“. In diesem Augenblick ist der ganze Wirbel sehr weit weg - und der Designer lächelt: „Sie ist alles, was ich mir wünschen kann.“ Die Show beginnt, 60er-Jahre-Sound trägt die Models über den Laufsteg, das Publikum staunt. Da laufen keine Mädchen im Zero-Size, Eckert setzt auf die Größen 36 und 38, das älteste Model ist 39 Jahre. Noch so ein klares Eckert-Statement. Der Modemacher will Charakter. Bei seinen Modellen und seiner Kollektion. Als Newcomer traut 32

er sich an Corsagen ran, die für andere Designer ein GroßWagnis wären, spielt virtuos mit kapriziösen High-TechStoffen, die er in Paris oder Japan aufspürt. Monatelang sitzt er an der Idee für ein Kollektionsteil. Aber es kann auch passieren, dass er im letzten Moment den Plan ändert und in kürzester Zeit mit größter Präzision noch ein weiteres Kollektionsstück herstellt. Statt seine Entwürfe auf Papier zu bringen, erarbeitet er sie direkt an der Schneiderpuppe. Intuitiv. Mit viel Freiraum für Entwicklung. Und Überraschungen. Der Stoff, aus dem das Leben ist. Das ist Eckerts Maxime: „Ich betrachtet Mode als eines der prägendsten Dokumente der Zeit in der wir leben und bin fasziniert von der Idee das wahre Leben einzufangen. So ist meine Arbeit ein Mix aus sinnlich, verspielten Elementen, klaren Silhouetten und den typisch Couture-betonten Verarbeitungstechniken.“ So, wie sein Lieblingsteil aus der Show, ein Catsuit mit Lurex-Embroideries.


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Applaus f端r Stefan Eckert und viele Interviews nach der Show.

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Am Hamburger Mittelweg hat Eckert seit M채rz 2009 seinen Salon.

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Eckerts Salon erinnert an Pariser Couture-Häuser. Pure Absicht.

Eckert setzt auf Seide und Satin, metallische glänzendes Garn, warme, dunkle Töne, ein unberechenbares Wechselspiel von Sanftheit, Hingabe und Härte. Spürbarer Widerspruch, den jeder versteht. Die erste große Show. Gelaufen. Und das sehr gut. „Beauty of the danger signs“ lautet der Kollektionstitel. Dazu gehören Etuikleider (ab ca. 850 Euro), Cocktailkleider (ab ca. 2100 Euro) und Abendkleider (ab ca. 2800 Euro). Fünf Vertraute zählen zu Eckerts kleinem Team. Ein Jahr nach der Labelgründung sind die Umsatzzahlen des Hamburgers nach dessen eigenen Worten „sehr zufriedenstellend“. Das klingt gut. Vor allem in Zeiten, in denen immer mehr Modemacher mit dem Rücken zur Wand stehen, weil Investoren ihr Geld vorzugsweise in risikofreiere Kollektionen größerer Labels stecken statt an das Potenzial von Newcomern zu glauben. Der Hamburger Designer mag seine exklusive Nische, in der Indivi-

dualität und längerfristige Bindungen einen höheren Stellenwert haben als Oberflächligkeit und schnelles Geld. Es klingt sehr charmant, wie Eckert das erklärt: „Ich wünsche mir, dass auch weiterhin Frauen meine Kleider für sich entdecken und diese mit Persönlichkeit und Haltung zum Leben erwecken.“ Aber jetzt, kurz nach der Show, hat er nur einen Wunsch. Möglichst schnell ins Bett zu kommen: „In den letzten Wochen hatte ich meist nicht mehr als fünf Stunden Schlaf.“ Beim Abschied dreht er sich noch einmal um, sagt mit einem Lächeln: „Ich wusste, dass einiges an Arbeit auf uns zukommt. Ich hatte mich sehr auf diesen Tag gefreut. Und jetzt merke ich, dass es ein sehr gelungenes Debüt war.“

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MK2 Paul Heilig Journalist Mobil 0171-5304477 Paul.Heilig@me.com Martin Kath Fotografie Mobil 0171 - 642 17 17 mk@martinkath.de www.martinkath.de

Die Reportage in dieser Form ist ein reines Angebot – also vollkommen variabel in Länge, Layout und Aufbau. Fotos und Text gibt es auch jeweils einzeln und unabhängig voneinander. Weitere Fotos sind vorhanden, Homepage des Fotografen: www.martinkath.de Andere Aufträge zu anderen Themen auch gern, auch auf Anfrage!

Seilerstraße 20 20359 Hamburg Telefon 040 - 69 64 39 50 Fax o40 - 69 64 64 18

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