Glaube, Liebe, Hoffnung: Bekenntnisse von St. Pauli

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Glaube, Liebe, HoĆ’fnung

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ieser , d f r s u u w a t e ige En h h채tt d c i n s 채 t n s o l v l Fotos r unvo e e n d r r gern! r e h g u e n s r e t e s l d i l o a , r Das hie so nicht findet , bekommt ihr al cht wer sich , kurze Nachri hte Kath n i t r a Geschic Fotos M , t d n a r Hildeb n a f e t Texte S ll

an a Danke


Glaube, Liebe, Hoffnung Bekenntnisse von St. Pauli

Eine Nacht auf der Meile. In den Bars und Clubs ist der

geht um Geld. Sex ist Geschäft. Liebe ist Privat. Hier

Teufel los. Lachende Mädchen und laute Jungs, teure

schläft die Hoffnung mit dem Glauben und der Frust

Cocktails mischen sich mit billigem Dosenbier. Eine

schlägt die Ängstlichkeit. Kinder werden zur Schule

Stunde für hundert und eins auf die Fresse umsonst.

gebracht, dann öffnen die ersten Geschäfte. Im Hausein-

Alle zusammen auf der Reeperbahn und zwei Ecken

gang fanden sie an diesem Morgen einen toten Junkie,

weiter wohnt die Einsamkeit. Blaulicht durchzuckt das

im Waschsalon nebenan jagen müde rauchende Huren

Rotlicht. Immer wieder. St. Pauli. Ein Dorf inmitten der

die Nacht durch den Schleudergang. Latte macciato

Stadt. Einzelkämpfer und Familien in Eintracht,

und ein Korn. Unheiliges St. Pauli. Ort im Wandel.

Alltagsleben zwischen Sexshop, Supermarkt, Bäckerei

Jeden Tag und jede Nacht neu erfunden. 24 Stunden.

und Puff. Das Tagesgeschäft findet in der Nacht statt

365 Tage. Und so verschieden die Menschen hier sind,

und am Tage ist immer Zeit für ein Gespräch. Hier ist

sie sind miteinander verbunden. Durch die Liebe zu St.

jeder mit jedem verbunden, an einer Straßenkreuzung

Pauli. Mal stürmisch, mal ruhig. Zwischen Einklang

oder um mehrere Ecken. Der Herzschlag von St. Pauli

und Wut. Verankert im Herzen. Wer hier den Glauben

ist unruhig und liegt irgendwo zwischen Hafen, Ehre

verliert, der findet in letzter Minute vielleicht noch

und Wahnsinn. Hier treibt es die Touristen hin und die

Hoffnung. St. Pauli.

Armen raus. Die Reeperbahn teilt das Revier und ist Rennbahn der Eitelkeiten und Rettungswagen, ein Schauplatz, wo man viel sieht und wo es besser ist,

„Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei;

wenig zu sagen. Wo das Leben ist und Kneipen niemals

aber die Liebe ist die Größte unter ihnen.“

schließen. Solides Leben und Sterben im Milieu. Es

Bibel, 1. Korinther 13,13



Cosma Shiva

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung


Stefan Elektriker, Inhaber des Waschsalons und des "St. Pauli Café" in der Hein-Hoyer-Straße, geboren 1965

Ich lebe seit über 20 Jahren in St. Pauli. Zunächst reparierte ich die Maschinen und alles Elektrische in einem Waschsalon. Die Betreiber trieben ihn in den Ruin. Da übernahm ich ihn. Später kam noch das Café gegenüber dazu. An meiner Hand trage ich immer einen Ring. Er ist ein Talisman für mich und erinnert mich an meinen ersten Flug. Es ging nach Fuerteventura. Im Ring steht ‚Huhu’. So hat mich meine Ex immer begrüßt. St. Pauli ist mein Leben. Hier möchte ich niemals wegziehen. Viele Leute hier geben sich viel Mühe. Mit allem.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Mit Glauben verhält sich das bei mir so ähnlich wie mit der Hoffnung. Bedeutet mir nicht viel. Eigentlich gar nichts. Eher bedeutet mir die Liebe etwas. Und dass irgendwann mal die richtige Frau kommt.




Michael Geschäftsführer der Firma "U-Need", geboren xxx

Katja (27) Designerin und Stylistin, geboren xxxx Im 7. Monat schwanger mit Charlotta oder Nazario (angefragt

Ich lebe seit 1988 in Hamburg, wuchs im Allgäu auf.

ob foto nach Geburt)

Zehn jahre lang war ich technischer Leiter und Betriebsleiter des Docks am Spielbudenplatz. Hier habe

Ich bin eine echte Hamburger Deern und in Bills-

ich die Kontakte geknüpft und die Menschen kennen

tedt

aufgewachsen. St. Pauli ist für mich ein eigener

gelernt mit denen ich heute meine Geschäfte mache.

kleiner Mikrokosmos, jeder kennt jeden – und es ist 24

Damals wie heute gilt für diese Menschen immer noch

Stunden am Tag “geöffnet”. Eine einzigartige Mischung

das Wort – Verträge haben wir nie gebraucht. Die

aus Millieu, Touristenattraktion, Partymeile, Rotlicht-

Reeperbahn und St. Pauli kann das Sprungbrett für

gegend und Szeneviertel. Für mich beruflich ein

erfolgreiche Karrieren sein, wenn man rechtzeitig

spannender Ort um neue Trends aufzuspüren.

erkennt wann Feiern aufhört und Arbeit anfängt. Nirgendwo anders bekommt man das Wissen und

Der Anker steht als Symbol: Hier komm ich her - hier

Geschick dazu schneller beigebracht.

mach ich fest!
Ohne den Glauben (an sich selbst), die Liebe (zu anderen) und der Hoffnung (das alles immer irgendwie am Ende gut wird) wäre das Leben nicht so

Glaube, Liebe, Hoffnung sind die Grundlehren des

schön wie es ist!

Christentums. Mit Religionen verbinde ich nichts Positives. Mit dem Anker und dem Herz verbinde ich Hamburg und Liebe. Hamburg liebe ich, meine Liebe habe ich in Hamburg gefunden, meinen Anker möchte ich nicht mehr lichten. Glaube, Liebe, Hoƒfnung


Anh Schülerin, geboren 1991

Ich kam vor zwei Jahren mit meiner Familie aus München nach Hamburg. Ich möchte anfangen, Saxophon zu spielen.

St. Pauli ist ein anderes Lebensgefühl, eine andere Einstellung. Toleranz, Vielfältigkeit, Spaß. Ich war mit Freunden auf dem Kiez. Da war ein Odachloser. Er ging rum und bat die Leute darum, ihm ein paar Worten zu sagen. Aus diesen wenigen Worten machte er Geschichten. Er erzählte mir, dass St. Pauli sein Stadtteil ist und er niemals dort weg will. Aber dass ihn die neuen Läden, die neuen Clubs, verdrängen würden. Und, dass er auf einem dem Schiff bis nach Gambia fuhr. Von dort lief er zur Fuß durch viele Länder in Afrika und fand seine große Liebe. Aber sein Partner wurde aus Deutschland abgeschoben. Er sagte, er will in St. Pauli sterben. Er kam aus dem Süden hier her. So wie ich. Er sagte, er habe seine Freiheit hier gefunden. So wie ich.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Ich glaube an keinen Gott. Glaube ist etwas sehr persönliches. Es ist schön, wenn Menschen ihren Glauben gefunden haben. Dis hat auch etwas mit Freiheit zu tun. Hoffnung ist eine notwendige Triebkraft für jede Situation. Liebe? Ich bin noch jung. Ich weiß nicht.

Hai-Anh.Trien@gmx.de




Anne Besucherin der Prinzenbar in der Kastanienallee

Ich wollte nicht mehr zuhause wohnen und ging 2004 nach Hamburg. St. Pauli, das steht für mich für nette Leute, Party, schwarze Nacht, Tattoos und Piercings. Jede Party-Nacht auf dem Kiez kostet mich einen platten Reifen. Jetzt habe ich andere Reifen Die halten die Scherben besser aus.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Das alles steht für mich für Vergänglichkeit.




Chris

Dirk

(45) Musiker und Texter (Band „Ohrenfeindt")

(42) Gastronom (Freudenhaus-Catering)

mit Huskie-Rüde "Lajos" (6 Jahre) Der Niederländer (???) lebt seit 13 Jahren in Hamburg, Seit 1985 in Hamburg. Studierte Wirtschaftswissenschaf-

arbeitet seit 7 Jahren auf dem Kiez.

ten. Lebt seit dem 14. Lebensjahr Musik. „Erst war es eine Mundharmonika, dann die Gitarre, dann folgte

„Ich arbeitete einige Jahre in Griechenland. Dort wurde

der Bass. Der Bass sieht auch cooler aus als die Gitarre.“

mir mein Erspartes geklaut. Da dachte ich bei mir, dass

Seit 1994 Mitglied der Band Ohrenfeindt.

ich für den Winter eine Unterkunft brauche. In der

„Ich habe keinen Talisman. Ich habe den Rock ‚n’ Roll.

letzten Woche der Saison kam eine Hamburgerin durch

Er ist in mir. Ich lebe, atme ihn. Und er muss auch

die Tür. Daraus wurde eine vierjährige Beziehung.“

immer wieder raus.“ „Wenn die Stimmung des Rock ‚n’ Roll und die von

„St. Pauli ist mehr Dorf als ein normales Dorf. Ich kann

einem Stadtteil zusammen gehören, dann ist das hier

mir vorstellen, hier wegzugehen. Aber dann nur in den

auf St. Pauli. Hier guckt man nicht, wie Du aussiehst.

Süden oder nach Asien.“

Hier fragt man, wer Du bist. Hier zählt, dass Du ein gerader Typ bist.“ Glaube, Liebe, Hoƒfnung Glaube, Liebe, Hoƒfnung

„Ich glaube, die Hoffnung habe ich nie geliebt. Aber ich

Glauben. „Der Glauben an die Werte (???), die die

hoffe, ich glaube noch an die Liebe.“

Menschheit zusammenhalten. Vielleicht sind es die zehn Gebote, die das in eine griffige Form fassen. Der Glaube, dass die Menschen in ihrem inneren besser sind, als sie glauben, dass sie es sind. Und er Glaube an den FC St. Pauli.“ Liebe. „Die Liebe zu den Lebewesen, die einem etwas bedeuten. Und die Liebe zum Rock ‚n’ Roll als Lebensstil.“Hoffnung. „Das all das stimmt, was ich gerade erzählt habe.“ „Ein Song von uns heißt ‚Tag auf St. Pauli’. Es ist eine Geschichte, die hier jede Nacht wieder passiert.“




Patsy Baker

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung


Barbara

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung




Michel Autoschlosser, Kellner und Ex-Gigolo, geboren 1947 Ich bin in Frankreich geboren. Im Alter von 15 Jahren und drei Monaten heiratete ich. Erlaubt war das erst ab 16 Jahren, aber ich erhielt eine Extragenehmigung von General de Gaulle. Meine Frau hieß Arlette. 1968 trennten wir uns, denn wir waren doch noch Kinder. Ich habe Autoschlosser gelernt, doch mein Geld machte ich anders. In Paris klauten wir Autos, veränderten die Seriennummern und das Erscheinungsbild und verkauften die Wagen dann wieder. Als zwei Haftbefehle gegen mich in Frankreich bestanden, haute ich ab, ging nach Berlin. Dort hatte ich gar nichts, lebte ohne Papiere auf der Straße. Eines Tages sprach mich Robert Arrel an. Er war Clubbesitzer und angeblich arbeitete er auch für die CIA. Er suchte einen Chauffeur und ich sagte Ja. Eigentlich war ich kaum als Chauffeur tätig, sondern arbeitete in seiner Diskothek. 1969 musste ich wieder abhauen und kam nach Hamburg. Im "Triangel Club" suchten sie einen DJ. Sie hörten, dass ich davor in einer Berliner Diskothek war und fragten mich: „Kannst Du Platten auflegen?“ Ich nickte und sagte: „Klar kann ich das.“ Natürlich hatte ich keine Ahnung davon, wie es ging, kriegte es aber so hin, dass es nicht sofort auffiel. In dem Club wurde Sex auf der Bühne gezeigt. Nach sechs Monaten am Plattenteller wurde der Ficker auf der Bühne krank, da wurde ich der neue Ficker. Seitdem machte ich es mit Frauen auf der Bühne und bekam Geld dafür. Ich arbeitete in verschiedenen Clubs auf St. Pauli. Im "Salambo", "Regina", "Safari" und der "Amphore". Es war eine verrückte Zeit, vieles war verboten, es gab Razzien ohne Ende. Wenn die Türsteher den Knopf gedrückt hatten, ging eine Leuchte an und wir wussten, dass die Polizei im Anmarsch war. Meine einzige Angst war es, nackt festgenommen zu werden. Im "Salambo" flüchtete ich ohne etwas am Leib vor der Polizei auf den Dachboden. Ich hatte immer Glück. Festgenommen wurde ich dennoch oft und spielte dann offenbar sehr überzeugend den Dummen. 1976 ging ich für ein paar Jahre weg. Ich hatte Depressionen. Ich war Südafrika und dem damaligen Rhodesien. Ich kämpfte in Mozambique als Söldner. Dann desertierte ich und kehrte zurück nach Hamburg. Ich bin ein DauerDeserteur. Viele Prominente kamen zu uns in die Clubs. Leute wie Sammy Davis Jr., Yves Montand, Sean Connery, die Rolling Stones. Sie liebten diese besondere Atmosphäre von Sex. Viele verschwanden mit Frauen oder Männern in den Separees. Es gab auch Prominente, mit denen war es nicht einfach. Da waren zum Beispiel Kirk und Michael Douglas. Die waren wirklich pervers. Sie waren in einem Separee mit Isabell. Nach zehn Minuten kam sie raus gestürmt und sagte mit Tränen im Gesicht: „Ich will nicht mehr.“ Die beiden

hatten ziemlich schlimme Dinge von ihr verlangt und wollten sich daran aufgeilen. Viele wollten auch nur zuschauen, wie ich es einer Frau machte. Ich hatte pro Woche etwa fünfzehn Frauen und im Separee machte ich richtig Geld. Die Kerle schauten zu und zahlten dafür. Andere ließen sich Transvestiten ins "Hotel Atlantic" bringen oder wollten mir und meiner Freundin Conny privat beim Ficken zuschauen und holten sich dabei einen runter. Die Prominenten und Reichen waren meist besonders pervers. Sie wollten immer alles und noch mehr. Weil sie sonst alles hatten. Ich verdiente etwa 500 Mark pro Tag, manchmal noch mehr. Wir hatten Gehälter wie Flugkapitäne. Alle sechs Monate kaufte ich mir ein anderes Auto. Das meiste Geld ging dafür drauf. Mercedes, Porsche, Jaguar. Ich hatte auch einen Ford Mustang. Aber den verkaufte ich wieder ganz schnell. Denn jeden Tag wurde ich von der Polizei kontrolliert, denn dieser Wagen galt als Zuhälterauto. Da war viel Geld. Und sehr viel Geld ging im Spielcasino drauf. Das Spielen war mein größter Fehler. Einmal verspielten wir 90 000 Mark. Und oft diente das Spielen auch nur dazu, das Geld zu waschen. 1971 gewann ich mein erstes Auto. Mit Gewinnen aus dem Casino von Travemünde. Es war ein Opel GT. Mein Doberman fraß damals das Lenkrad auf, als ich ihn zwei Stunden allein in dem Wagen ließ. Ich habe nur zwei Frauen geliebt. Heike zehn Jahre lang und Conny drei. Sie beging Selbstmord. Wir lernten uns in der Talstraße kennen und liebten uns sehr. Am Abend, als ich nach Hause kam, wollte sie immer Sex von mir. Aber oft konnte oder wollte ich nicht mehr. Eifersüchtg war ich nie. Ich hatte mit einer Frau, die ich liebte Gruppensex. Dabei waren auch Leute, die ich kenne. Und danach war die Verbindung zwischen ihr und mir stärker als zuvor. Wir Männer sind nicht für Treue gemacht, das liegt einfach nicht in unseren Genen. Am Anfang gibt es immer die große Liebe – und dann kommt die Routine. Das Geheimnis einer guten Partnerschaft ist es, dass man miteinander reden und auch Komplize sein muss. Bei jedem Thema. Und um eine Frau glücklich zu machen, musst Du sie jeden Tag überraschen. Dafür reichen auch Kleinigkeiten absolut aus. Eine Frau ist intelligenter als ein Mann. Was wir in den Armen haben, hat sie im Kopf. Ihre Waffe ist ihr Gedächtnis und ihre Sprache. St. Pauli ist die Hälfte meines Lebens. Ich kenne hier mehr Leute als in Frankreich. Hier auf dem Kiez musst Du dich bewegen können wie ein Jongleur, dann ist alles gut. Ich bin Katholik. Mein Vater ist Jude. Und ich glaube an gar nichts. Ich hoffe auf ein glückliches Leben in Gesundheit und allem, was ich brauche. Geld gehört allerdings nicht dazu. Die Liebe – das ist ein großes Wort. Sehr schwierig zu finden. Du musst in viele Töpfe blicken, um sie vielleicht zu finden. Wenn Du mit Gewalt nach ihr suchst, findest Du sie nicht. Denn die Liebe, die kommt unerwartet.


Enie, Stefan und Marit Tochter , geboren 2008, Pressesprecher, geboren 1969, Personalsachbearbeiterin, geboren 1974

Marit: Ich bin in Hamburg geboren, wuchs aber in Henstedt-Ulzburg auf. Mit 21 Jahren ging ich wieder zurück in die große Stadt. Nach fünf Jahren als Augenoptikerin studierte ich BWL an der HWP, wurde danach Personalsachbearbeiterin Fuß gefasst. Dann kam Enie. Seitdem bin ich glückliche Mama und Ehefrau. Wir leben am Hafen. Unsere Tochter haben wir in der St. Pauli-Kirche taufen lassen. Dort haben wir auch geheiratet. St. Pauli ist für mich eine Mischung aus Partymeile, Heimat und schönen Erinnerungen. Hier ist einfach immer was los. Man findet für jeden Anlass den richtigen Ort. Cocktails schlürfen im 20. Stock mit Hafenblick oder oder man macht einen "Jede-Kneipe-ein-Bier-Contest" und tanzt zu Schlagern, bis man um 6 Uhr am Morgen rausgefegt wird. Es wird hier nicht so schnell schief geguckt, wie in anderen Stadtteilen, wo man oft nur Stereotypen findet. Leben und leben lassen funktioniert hier einfach besser. Glaube, Liebe, Hoƒfnung Nicht ohne Grund nun unser "Familienspruch" - unser Trau- und Enies Taufspruch. Diese drei Worte zusammen erklären auf ganz einfache Weise, was wirklich wichtig ist im Leben und geben einem Kraft in schwereren Momenten.




Angelina

Jennifer

(ganz links) Tänzerin, geboren 1981

(vorn rechts) Tänzerin, geboren 1988

Ich kam aus Berlin, lebe seit zehn Jahren in Hamburg.

St. Pauli ist eine Lebenseinstellung.

St. Pauli ist für mich Leben und Arbeit.

Entweder man liebt es oder man hasst es. Hier sind wirklich alle Schichten und

Glaube, Liebe, Hoƒfnung

Typen vertreten. Das mag ich.

Ich bin nicht getauft und bin nicht religiös. Ich glaube an die Liebe und daran, dass man immer Hoffnung

Glaube, Liebe, Hoƒfnung

haben sollte.

Unser Leben wird vom Schicksal geprägt. Ich glaube daran, dass es nach dem Tod

Anja

weitergeht. Und dass man nur der einen

Barfrau, geboren 1981

Liebe im Leben begegnet. Die Liebe ist ein

Mit 15 Jahren kam ich allein nach Hamburg. Ich war

starkes inneres Gefühl für einen besonderen

Tänzerin, jetzt arbeite ich an der Bar. St. Pauli ist

Menschen. Hoffnung ist schwerer zu

mittlerweile ganz schön aus der Bahn geworfen. Es

beschrieben. Ich hoffe auf ein Wohlbefin-

war einmal anders hier.

den für andere und für mich selbst.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung

Lisa

Ich glaube an mich selbst. Die Liebe ist das Schöns-

Tänzerin, geboren 1982

te, was es gibt. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Ich trage

Ich habe Einzelhandelskauffrau gelernt,

immer einen Text bei mir, er handelt von der

kam vor vier Jahren nach Hamburg. Ich

Adventsgeschichte. Es ist das Schönste, was ich in

wollte eigentlich nur drei Tage hier bleiben.

meinem Leben je gehört habe.

Dann war es für immer. St. Pauli ist irre. Es ist ein Dorf. Es ist Party. Es ist Arbeit.

Nicki Tänzerin, geboren 1982

Eigentlich wie ein Kaugummi. Denn selbst wenn man weg will, bleibt man dran kleben.

Ich bin erst seit kurzer Zeit auf dem Kiez. St. Pauli und seine Menschen sind interessant, sie haben

Glaube, Liebe, Hoƒfnung

mich hier sehr freundlich aufgenommen. Ich will

Diese Worte begleiten mich schon mein

hier bleiben. Ich habe ein Tattoo, dass eine

Leben lang. Sie gehören zu meinem Tauf-

Schlange zeigt. Schlangen sind schöne Tiere.

spruch. Das stärkste Wort darin ist die Liebe.

Elegant. Und tödlich.

Und die stärkste Liebe ist die von Jesus.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Ich glaube an die Liebe. Trotz schwerer Zeiten. Die Hoffnung sollte man niemals aufgeben. Und glauben sollte man vor allem an sich selbst.



Anja Barfrau, geboren 1981

Mit 15 Jahren kam ich allein nach Hamburg. Ich war Tänzerin, jetzt arbeite ich an der Bar. St. Pauli ist mittlerweile ganz schön aus der Bahn geworfen. Es war einmal anders hier.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Ich glaube an mich selbst. Die Liebe ist das Schönste, was es gibt. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Ich trage immer einen Text bei mir, er handelt von der Adventsgeschichte. Es ist das Schönste, was ich in meinem Leben je gehört habe.



Lisa Tänzerin, geboren 1982

Ich habe Einzelhandelskauffrau gelernt, kam vor vier Jahren nach Hamburg. Ich wollte eigentlich nur drei Tage hier bleiben. Dann war es für immer. St. Pauli ist irre. Es ist ein Dorf. Es ist Party. Es ist Arbeit. Eigentlich wie ein Kaugummi. Denn selbst wenn man weg will, bleibt man dran kleben.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Diese Worte begleiten mich schon mein Leben lang. Sie gehören zu meinem Taufspruch. Das stärkste Wort darin ist die Liebe. Und die stärkste Liebe ist die von Jesus.


Nicki Tänzerin, geboren 1982

Ich bin erst seit kurzer Zeit auf dem Kiez. St. Pauli und seine Menschen sind interessant, sie haben mich hier sehr freundlich aufgenommen. Ich will hier bleiben. Ich habe ein Tattoo, dass eine Schlange zeigt. Schlangen sind schöne Tiere. Elegant. Und tödlich.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Ich glaube an die Liebe. Trotz schwerer Zeiten. Die Hoffnung sollte man niemals aufgeben. Und glauben sollte man vor allem an sich selbst.




Sieghard Pastor, geboren 1965 Ich bin vor den Toren Hamburgs aufgewachsen. Meinen

fast geschlossen worden wäre. Die Menschen von St.

Zivildienst machte ich in einer Einrichtung für

Pauli und die Kirche passen prima zusammen – Jesus

Drogenabhängige, dann studierte ich in Heidelberg,

hat sich ja am Rande der Gesellschaft herumgetrieben,

Accra (Ghana) und Hamburg . 1994 habe ich meinen

ist dafür beschimpft worden. St. Pauli ist doch die große

Lebenspartner Ronald in der Kneipe „Tom Peerstall“in

Provokation. Entweder fällt man da vom Glauben ab,

der Clemens-Schulz-Straße kennen gelernt.

oder sagt: Jetzt erst recht.

St. Pauli ist für mich einerseits mein Zuhause. Die

Wenn hier eins stetig ist, dann die Veränderung. St.

meisten meiner Freunde leben hier. Andererseits ist es

Pauli erfindet sich ständig neu. Ich mag das Gejammer

auch mein Arbeitsfeld mit keinem Tag ohne

nicht, wenn die Leute sagen: Früher war alles besser.

Überraschung. Es gibt die Taggemeinde und die

Aber es gibt auch Entwicklungen, die mir nicht

Nachtgemeinde. Ich arbeite hier für den ältesten

gefallen: Die Mieten steigen. Neubauten sind oft öde.

Laden. Hier ist viel Kommen und Gehen, Kneipen und

Und kleine Musikclubs haben es schwer. Ich hoffe,

Clubs werden eröffnet und schließen – die Kirche

dass wir alle genug Widerstandsgeist haben, damit St.

bleibt. Immerhin nennt sich der Stadtteil ja nach der

Pauli ein Ort bleibt, an dem junge Menschen mit

St. Pauli Kirche. Die Leute wollen Zuverlässigkeit und

wenig Geld sich im Leben und in der Kunst

Echtheit. Und können sehr direkt sein – da weiß ich

ausprobieren können.

wenigstens, woran ich bin. Ich habe viel mit Menschen zu tun, die ganz anders ticken als ich.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung

Glaube – dass mich die Hand Gottes fest hält, wenn ich

Der schockierenste Moment war die Trauerfeier für eine

nicht mehr halten kann. Es gibt keinen perfekten

ermordete Tänzerin. Einen meiner schönsten Momente

Glauben. Wo Glaube ist, ist auch immer Zweifel. Das

erlebe ich im Gottesdienst: Alle zum Abendmahl

ist o.k. so. Aber der Glaube kann den Zweifel

einladen dürfen mit den Worten „Kommt, es ist alles

umarmen. Ohne Glauben gibt es keine Liebe, keine

bereit. Schmecket und seht, wie freundlich Gott ist.“ Zu

Hoffnung.

uns in die Kirche am Pinnasberg kommen sehr

Liebe – im geliebten Menschen ein Zuhause finden.

unterschiedliche Menschen. Eine Opernsängerin, ein

Wo Menschen sich wirklich lieben, da ist immer

Obdachloser, eine Filmemacherin mit Familie, ein

Göttliches drin. Hoffnung ist wie ein weiter Horizont

Mann, der im Pornokino arbeitet, eine Sozialarbeiterin

mitten auf See. Obwohl man sich ganz klein fühlt hat

im Strafvollzug, ein ehemaliges RAF-Mitglied, eine

es nichts Beunruhigendes. Zwischen Himmel und

abstinente Gastwirtin, ein Mann, der immer behauptet,

Meer bin ich ein Teil vom Ganzen und werde getragen.

er sei eigentlich Atheist, eine Puffmutter. Es kommen immer mehr, nachdem die Kirche vor zwanzig Jahren



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Glaube, Liebe, HoĆ’fnung



Machére-Renée Castanier Friseurmeisterin und SM-Domina. geboren 1968

Ich lebe seit rund 20 Jahren in Hamburg. Bis vor etwa

elle, Anwälte, Ärzte, Hausfrauen, Künstler, Prostituier-

zwölf Jahren lebte ich als schwuler Mann und war

te und Zuhälter. Auf dem Kiez gibt es Offenheit

bereit, mein ebenfalls vorhandenes anderes Ich konse-

gegenüber der Neigungen die man in sich verspürt und

quenter ausleben zu wollen und habe mich komplett

keine Grenzen zwischen Reich und Arm. Denn beim

chirurgisch verändern lassen. Allerdings sehe ich mich

Ausleben sind sie doch alle gleich.

nicht zu hundert Prozent als Frau. Ich fühle mich nur zu einem Drittel als Frau, einem weiteren Drittel als

An St. Pauli mag ich das internationale Flair, die

schwul und zu einem Drittel als neutral. Für viele,

unterschiedlichen Menschen, die Art der alteingesesse-

insbesondere die Behörden, ist das ein Unding.

nen St. Paulianer, die Öffnungszeiten der Geschäfte, die gesamte Atmosphäre dieses Stadtteils. Aber selbst hier

Ich bin und fühle nicht wie eine Domina. Ich lebe

kriege ich Ablehnung wegen meines Aussehens und

Sadomasochismus. Für mich ist dies ein immerwähren-

Werdegangs zu spüren. Selbst wenn sie wissen, dass ich

der Teil meines Seins. Durch SM kann ich mich

viel erreicht habe im Leben, bin ich eigentlich ja doch

verstehen, warum ich bin, wie ich bin, und lebe dies in

nur ein Freak. Einige haben mich schon bedroht,

Fetisch geradezu perfekt aus. Ich verstecke nicht meine

eingeengt, abgelehnt. Weil ich gegen ihre Vorstellungen

Äußeres, sondern perfektioniere je nach Lust und

oder Gesetze verstoße.

Laune mein äußeres Erscheinungsbild weiter. Glaube, Liebe, Hoƒfnung Wenn ich nicht in Hamburg bin, dann halte ich mich

Das eine ergibt sich aus dem anderen. Liebe ist eine

sehr oft in London auf. Dort kann ich mich ausleben. So

unbeschreibbare Kraft. Besonders die Liebe zu uns

wie ich es sonst nur hier auf St. Pauli kann. St. Pauli ist

selbst zu stärken hat oberste Prämisse. Nur wenn wir

von einer Offenheit, die im Rest von Deutschland selten

selbst zu uns stehen, uns selbst annehmen, anerkennen

zu finden ist. Doch es gibt auch hier Intoleranz. Ich

und lieben, sind wir bereit wahre Liebe auch an andere

suche schon länger nach einer geeigneten Gewerbeflä-

weiterzugeben.

che für einen Fetisch-Friseursalon im Rokoko-Stil. Zu meinen Kunden gehören Schwule genauso wie Bisexu-




Hans-Werner Verwaltungsmitarbeiter, Bassist und Ex-Junkie, geboren 1958

Ich kam auf dem Hamburger Berg zur Welt. Schräg gegenüber vom ‚Roschinsky’, im vierten Stock. Es geht das Gerücht, dass ich nach der Geburt in ein Handtuch des FC St. Pauli eingewickelt wurde. Seit 1998 bin ich Rollstuhlfahrer. Es war ein Motorradunfall. Das erste, was ich danach fragte, war: „Was ist mit meiner Harley?“ Ich nahm Drogen, war einige Jahre im Knast. Wegen aller möglichen Sachen. Mit Sicherheit gehe ich da nie wieder hin. Mein Leben läuft jetzt anders.

St. Pauli ist meine Heimat. Das ‚Lehmitz’ an der Reeperbahn ist mein Wohnzimmer. Für mich zählen die Leute hier. Die, die ich kenne, sind ehrlich. Hier bin ich Werner. Und nicht der Rollstuhlfahrer. Wenn die Leute zu mir sagen: ‚Werner, geh’ mal Zigaretten holen’ – dann finde ich das geil.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Ich bin katholisch. Aber an Gott kann ich nicht richtig glauben. Und von der Kirche halte ich nichts. Liebe steht für mich für Frauen. Und ich habe die Hoffnung; dass ich die nächsten 20 Jahre noch auf die Reihe kriege. Am besten rollstuhlfahrend und bassspielend. Es wäre totgeil, wenn ich in 25 Jahren noch im ‚Lehmitz’ spielen würde.




Malte Gastronom im "Freudenhaus" in der Hein-Hoyer-Straße, geboren 1965

Seit 1992 lebe ich hier. Mich spülte das Meer nach St. Pauli, ich fuhr zur See. Vor allem nach Südostasien auf Containerfrachtern und ähnliches. Jetzt ist St. Pauli mein Zuhause. Ich wohne hier, arbeite hier und wenn ich in Richtung Mönckebergstraße fahre, dann sage ich: "Ich fahre in die Stadt."

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Das ist Familie. Liebe ist immer ein Traum. Und Hoffnung ist der Glaube an die Zukunft.



Benny Selbstständiger und Ex-Fußballprofi, geboren 1980

Ich komme aus Stuttgart, bin seit 2004 in Hamburg. Sechs Jahre lang war ich Fußballprofi. Erst beim VfB Stuttgart, dann bei Eintracht Braunschweig und zuletzt beim FC St.Pauli. Seit 2005 gibt es meine Trinkwasser-Initiative "Viva con Agua".

St. Pauli ist für mich Zuhause und der schönste Stadtteil Deutschlands. Dies ist die Keimzelle und der Ort an dem alles begann. Der schönste Ort ist für mich der "Golden Pudel Club", der schrecklichste der "Safari Club".

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Glaube hat für mich nichts mit Religion zu tun. Ein Herz für andere kann glücklich machen. Und wem der Anker fehlt, der treibt allein auf weiter See.


Bernd

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung




Joke Textil-Künstlerin, „Hootsy Tootsy“ in der Davidstraße, geboren 1973

Ich kam 1991 aus München nach Hamburg. In diese Stadt und in diesen Stadtteil habe ich mich verliebt. Erst jobbte ich, wurde Kurierfahrerin, machte das Fach-Abitur und verdiente mein Geld als Piercerin. Dann eröffnete ich mein eigenes Geschäft. Dort sitze ich am Schaufenster vor der Nähmaschine und stelle Taschen und Etuis her. Bunte Stoffe mit schönen Mustern. Und Totenköpfen.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Mit Glauben verbinde ich nichts. Eher mit der Hoffnung, denn jeder Mensch hofft auf etwas. Auf ein gutes Ende. Oder dass ein gutes Leben anhält. Zumindest für eine Zeit. Und Liebe? Die will gehegt und gepflegt werden.




Gaby Mutter von drei Kindern, geboren 1972

Ich lebe seit 1987 in der Stadt. Ich trage immer einen besonderen Stein bei mir. Morkrey Marbles. Dies ist mein Amulett, mein GlĂźcksbringer.

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung Glaube ist relativ, die Liebe ist dagegen wichtiger und Hoffnung sollte jeder Mensch haben.


Bernhard Lagerist, geboren 1966

Ich bin seit 1988 in Hamburg. Meine Wurzeln liegenin Tanzania. Mein Vater ist Christ, meine Mutter Muslimin. Ich fuhr mit dem Schiff. und landete am Hafen. So kam ich nach St. Pauli. Ich blieb. Für mich ist St. Pauli das pure Leben.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Ich gehe nicht in die Kirche. Ich glaube an Menschen. Ich hoffe auf Gesundheit. Das ist wichtig für mich. Und ja, die Liebe. Ich liebe meine Freundin. Das ist ein tiefes Gefühl.


Tommy

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung




Malamin und Paul

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung


Elvis Tätowierer bei „Endless Pain“ in der Erichstrasse

Ich bn Tätowierer. Wenn ich das nicht geworden wäre, dann wäre ich Mönch oder Gangster geworden. Mönch könnte in Zukunft noch kommen.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung




Sabrina

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung



Jack

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung



Olivia Jones

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung


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Reno

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung


Campino

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung




Donald und Romana 31, 26 Er ist Schreiner (bei Airbus), sie arbeitet in der Altenpfege. Beide leben auf St. Pauli. Er kam wegen Ramona aus Erfurt in Thüringen. <eine Freundin brachte sie zusammen.

Beide tragen immer einen Talisman bei sich. Ramona einen Geldschein: „Er kommt aus Ghana. Mein Onkel, der in New York lebt, brachte ihn mir mit. Es ist etwas aus unserer Heimat. Ich habe meinen Als mein Onkel uns besuchte war es das bislang erste und einzige Mal.“ Donald trägt an einer Kette ein Schwert, eine Taube und ein kleines Holzkreuz: „Die Taube erinnert mch an die Taufe von Jesus, das Schwert an Konflikte. Und das Kreuz schenkte mir ein Nachbar von uns. Jetzt ist er ein Freund. Er ist Muslim.“ Auf dem Kreuz, das Donald trägt, stehen drei Worte: Glaube. Liebe. Hoffnung. Ramona lächelt: „Das ist alles, was eine Beziehung ausmacht.“

Glaube, Liebe, Hoƒfnung



Jaqueline und Marvin

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung



Erna Stammgast im "Goldenen Handschuh", Hamburger Berg, geboren 1924

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Ich glaube an gar nichts mehr. Wo sind denn heute noch Liebe und Hoffnung? Ich bin 85 Jahre alt und ganz allein - ich habe nichts mehr zu verlieren. Ich habe meinen Mann verloren, den ich 60 Jahre lang geliebt habe.

Das Wichtigste an der Liebe ist Vertrauen, ohne Vertrauen nützt Liebe gar nichts. Wenn es den lieben Gott gäbe, dann würde es all diese Katastrophen auf der Welt doch gar nicht geben. Die Menschen haben auf der Welt so viel verbrochen, so viel kaputt gemacht. Und niemand hat sie daran gehindert. Was haben wir Deutschen alles verbrochen, und kein Gott hat es verhindert.

Nein, ich habe keine Hoffnung mehr. Ein einziger Mensch hat doch keine Chance. Es ist das System, das falsch ist.


Der Schuster Schuster und Künstler, Schusterladen in der Seilerstraße, geboren 1964

Ich wurde in Ludwighafen am Rhein geboren, verbrach-

Meine endgültige Bestimmung fand ich jedoch vor fünf

te die Kindheit in Mannheim und die Flegeljahre bis

Jahren in der Berufung zum Schuhmacher, als ich in

zum Abitur in Freiburg. In London erlebte ich die

mir völlig überraschend das genetische Potenzial

Höhepunkt meiner Punkrock-Drogenkarriere und seit

meiner Ahnen fand, in deren Geist ich mich nun

1984 bin ich in Hamburg.

rundum wohl- und endlich zuhause angekommen fühle. Manchmal bedaure ich ein wenig, dass ich nicht

Als leidenschaftlich kreativer Mensch bin ich im

schon früher draufgekommen bin. Damit hätte ich

Herzen Bildhauer, Autor, Musiker und Filmemacher.

bestimmt den für Deutschland kompatiblen Bildungs-

Als Mitbegründer der „Underdog Artists e.V.“ und der

weg vorzeigen können und einigen Leuten und mir viel

Band „Die legendären Underdogs“ habe ich mehrere

Ärger erspart. Jetzt muss es auch so gehen und das tut es

Kurzfilme, zwei abendfüllende Spielfilme und

auch. Wie gesagt, ich bedaure es nur manchmal und

drei Musik-CDs veröffentlicht. Bisheriger Höhepunkt

dann auch nur ein wenig. Im Grunde bereue ich nichts.

der Bandarbeit war die Inszenierung der „ ultimativen Comixrockshow“ in der „Großen Freiheit“. Ein Musical

Die Bezeichnung Künstler in ein Zugeständnis an

„Rockers vom Outerspace“ und das vierte Studioalbum

meine Mitmenschen. Ich habe mich auch in meinem

„One More“ sind in Arbeit. Ebenso die beiden Bü-

kreativen Schaffen immer als Handwerker gefühlt und

cher: „Der kleine schwarze Rabe – Ein rabenschwarzes

ich empfinde Künstler auf mich bezogen eher als

Märchen“ und der St. Pauli Mystik-Thriller „Halbmond

Schimpfwort. Aber dieses Wort vereinfacht vieles. Es

über Blaulicht“

erlaubt meinen Mitbürgern eine schnellere Einsortierung in eine ihrer Schubladen. Dort wirkt es dann wie Zauber und Magie. Auf wundersame Wiese befreit es mich von rechtfertigenden Erklärungen aller Art. Das ist sehr angenehm.



Ich bin den St. Paulianern dankbar, dass ich in ihren

Glaube, Liebe, Hoƒfnung

Reihen dieser Berufung ungestört nachgehen kann.

Ich selbst wurde als Baby in einem kirchlichen Kinder-

Gerade in den ersten beiden Jahren als ich Tag und

kurheim an der Nordsee vergewaltigt und sexuell

Nacht gearbeitet habe um mir den Laden in der

missbraucht. Mein Leben war von Alpträumen und

Seilerstraße zu kaufen, haben sie zu mir gehalten und

vom Zweifel an meiner eigenen Wahrnehmung be-

mit ihrer Nachsicht bezüglich der Terminabgabe

stimmt. St. Pauli hat mir geholfen mich zu verstehen.

geholfen, mich zu etablieren. Ohne diese Menschen,

Durch Zufall habe ich heute Gewissheit. Dank St. Pauli

hätte ich es niemals alleine geschafft. Inzwischen

kann ich damit umgehen.

arbeite ich für Filmproduktionen und Theaterhäuser und ich bin nicht ohne Stolz, dass ich viele Kunden

Niemand der nach St. Pauli kommt - und sei es aus

habe, die ihre Lieblingsschuhe bei mir in guten

Vergnügen – kommt umsonst. Und niemand geht ohne

Händen wissen.

zu bezahlen. Ich habe mit meinen Zweifeln bezahlt und gehöre wieder mir selbst.

St. Pauli ist für mich aber auch ein Ort an dem sich gequälte und misshandelte Seelen treffen. Ein Ort der Kollateralschäden sexuellen Fehlverhaltens und verfehlter Sozialpolitik. Und dies schafft ungeachtet der Herkunft, eine Art unausgesprochene Solidarität. St. Paulianer müssen sich nicht mögen aber sie zeigen deutlich mehr Toleranz und Respekt. Es ist ein katastrophaler Ort der Trauer und Wut und voll stiller Verzweiflung aber gerade deshalb auch ein Ort der Wunder, mit dem Angebot des Friedens und der Genesung. Hier treffen täglich Täter und Opfer aufeinander und versuchen wenigstens den Ansatz von versteckter Kommunikation.




Axel

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung



Günter

Glaube, Liebe, Hoƒfnung


Paco Paco (38)

Türsteher, derzeit Olivia Jones Bar, 1 Sohn

Ich habe schon einiges gemach. Viele Jahren schützt er schon die Türen von Clubs auf St. Pauli, er kennt die Nacht und die Menschen

Glauben. Ich glaube an die Gerechtigkeit. Liebe. Ist die Familie. Hoffnung. An den Zielen zu arbeiten, die man sich steckt.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Nachfrage: Was zeichnet für ihn die Menschen auf dem Kiez aus? Was ist sein Talisman??



Sara

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung





Lotti

Fotolaborantin, Hoteliers-Gattin, Stadtführerin, geboren 1932

Ich bin auf St. Pauli geboren, war Schülerin an der Großen Freiheit. Im Krieg versteckte mich meine Mutter auf dem Land. Mein Vater war Jude. Als ich später einen Hotelier heiratete, verließ ich Hamburg, bekam zwei Kinder. Doch zu Beginn der 70er-Jahre kam ich zurück. Es ging nicht anders. Hier lebte ich ein anderes Leben, war unter anderen in der "Indra"-Bar. Zwei Monate saß ich in London im Gefängnis. Weil ich jemanden mit dem Auto ins Land schmuggelte. Mein Bruder (Lothar Wille) war ein großer Gangster. Sie nannten ihn den "Paten von St. Pauli". 1952 lernte ich einen noch unbekannten Mann aus Graz kennen. Herrn Manfred Niedelpetz. Später kannte man ihn als Freddy Quinn. Heute tut er nichts mehr für St. Pauli. Das werfe ich ihm vor. Denn St. Pauli hat ihn groß gemacht.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung




Sofia Bookerin, Konzertveranstalterin und Schauspielerin; geboren 1984

Ich wurde in Lima, der wunderschönen Hauptstadt Perus, geboren. Nach einem Zwischenstopp in New York lebe ich seit 2001 in Hamburg. Ich lam, um Regie zu studieren. Bei meinem Nebenjob an der Bar eines Clubs tauchte ich dann nach und nach in die Hamburger Musikszene ein. So kam eins zum anderen und heute organisiere ich im gleichen Club und zwei weiteren Konzerte und Partys und betreibe nebenher eine kleine Booking- und Tour-Agentur. Ich liebe das Leben auf dem Kiez und fühle mich hier richtig wohl. Zwar reise ich gerne durch die Welt, aber nach Sankt Pauli komme ich immer wieder gerne zurück. Dies ist mein Zuhause, das Herz der Stadt und der schönste Ort der Welt. Nach Lima natürlich. Dreckig aber sexy, laut aber lebendig! Das Leben findet hier auf der Straße statt. Man kennt sich und schätzt sich. Es ist eine große Community für Menschen allen Alters, aller Schichten und aller Länder. Der schönste Ort auf dem Kiez ist für mich natürlich die "Prinzenbar", wo ich arbeite. Schrecklich ist es leider meist unmittelbar daneben, rund um die Tankstelle. Zumindest am Wochenende. Glaube, Liebe, Hoƒfnung Glaube, Liebe, Hoffnung - das sollte jeder in seinem Herzen tragen und dort auf immer verankern.

sofia@daskonzertbuero.de / 0176 8314 0136


Sascha

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung




Anna Verkäuferin im "St. Pauli Café" in der Hein-Hoyer-Straße, geboren 1984

Ich lebe seit 18 Jahren hier. St. Pauli ist ein Lebensgefühl. Ich möchte nicht mehr woanders arbeiten. Ich bin im 8. Monat schwanger. Es wird ein Mädchen. Ally-Marie.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung

Das ist derzeit nur noch mein Baby. Ich wünsche ihm eine gute Zukunft, das Allerbeste und viel Liebe.


Freya mit Alvy

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung





Xxx

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung



Petra

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung




Alex



Susan

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung



Roman und Rio Musiker und Musikinstrumenteverkäufer, geboren 1972

Ich wurde in Bremerhaven geboren und lebe seit fünf Jahren auf St. Pauli. Nach dem Abitur habe ich viele Jahre mit behinderten Mitmenschen und schwer erziehbaren Jugendlichen gearbeitet. Derzeit bin ich Lebenskünstler mit einem Job. Ich bin an der Küste aufgewachsen und liebe die See. Ich fühle mich wohl, sobald ich einen Hafen sehen oder hören kann. St. Pauli ist mittlerweile mein Zuhause. Als Musiker ist es nicht leicht, den passenden Sound für St. Pauli zu finden. Das Lustige an den Figuren, die hier rumhängen ist, dass recht viele auf toughe Rock'n'Roll-Fucker unterwegs sind in Wahrheit aber am Daumen lutschen, alle Schäfchen im Trockenen haben müssen und ständig Knuddelgruschelhbmichlieb-Träumereien haben. Du kannst also am besten Ballermann-Knallidioten-Schlager-Scheiße als Soundtrack runterrattern lassen.


Lars

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung




Bollo

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung


Jürgen

Glaube, Liebe, Hoƒfnung




Tine

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung


Chiquinquira

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung




Götz

Glaube, Liebe, Hoƒfnung


Marly Studentin und Barfrau im „Queen Calavera“ in der Gerhardstraße, geboren 1983

Ich bin erst seit kurzem in Hamburg, arbeite seit wenigen Monaten hinter dem Tresen. Mir gibt der Job sehr viel, denn ich kann so aus meinem Alltag flüchten. Im normalen Arbeitsalltag hat man nicht so viel Zeit und Möglichkeiten sich selbst zu verwirklichen oder gar authentisch zu sein. Das ist hier anders. Ich nutze den Kiez als Plattform mich zu finden, zu formen und dies auch zu leben. Das Arbeiten ist dabei eher Nebensache und mehr Spaß als Arbeit. Am liebsten drehe ich den Leuten die Getränke an, die ich auch selbst mischen kann und das sind leider noch nicht alle). Aber ich habe ein neues Lieblingsgetränk und das versuche ich jedem, der sich nicht schlüssig ist, schmackhaft zu reden: Wodka Cranberry. Sehr lecker. Am Tresen macht der Ton die Musik und es darf niemals an Respekt fehlen. Das gilt für beide Seiten. Von Sprüchen oder geplanter Anbaggerei halte ich gar nichts. Ich mag dieses Abschleppen und Rumgeficke nicht. Liebe auf Zeit ist für mich einer der größten und selbst zerstörerischsten Lügen der Welt. Hinterher ist man doch wieder allein und muss sich auch noch vor sich selbst rechtfertigen, falls derjenige überhaupt noch so nah bei sich ist und begreift was er sich selbst antut.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Für mich sind das Synonyme des Lebens. Ohne auch nur einen von ihnen wäre das Leben doch nicht lebenswert.






Waike

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung


Michael Würstchenbrat-Profi im Imbiss-Grill „Lukullus“ an der Reeperbahn, geboren 1955

Ich komme aus Köln, lebe seit zehn Jahren auf St. Pauli. Meine Frau fühlte sich nicht wohl in Köln. Da gingen wir nach Hamburg. Unterschiede mache ich nicht. Auch nicht auf dem Kiez. Mensch ist Mensch. St. Paulianer unterscheiden sich nicht von anderen. Unsere Currywurst ist die Beste der Stadt.. Die musst Du probieren.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Mit Glaube oder Hoffnung verbinde ich nichts. Mit Liebe schon. Ich liebe meine Kinder. Ich habe vier Stück.





Lars Schütze Betreiber der Esso-Tankstelle an der Reeperbahn Jürgen Schütze kam mit 12 jahren nach St. Pauli. Damals betrieb seine Familie noch die Esso-Tankstelle, wo heute der Fernsehturm steht, gegenüber dem orchideen-Café. 1959 begann ich hier an der esso-Station. Nach Beendigung meiner Lehre im April 1959 arbeitete ich als Junior-Chef mit, 1984 starb mein Vater seitdem betreibe ich die Station mit Unterstützung meiner beiden Jungs. (Vor 12 Jahren kauften sie das gesamte Grundstück, 2009 dann der große Schnitt...) „Über all die Jahre war ich glücklich, dass man eine gute Hand hatte, die einen führte. Jeden Morgen (vor allem nach den Wochenenden) dankte ich, dass alles noch heil geblieben ist.“ 1959 hatten wir den doppelten benzin-Absatz wie heute (damals war die tankstelle noch direkt auf dem Spielbudenplatz). Hier war ein Verkehrs-Knotenpunkt, hier konzentrierte sich alles. 1949 Esso dort wo heute TV-Turm ist- dort war auch unser Wohnhaus. Sie nannten es gerne „Villa Hügel“. 1959 begannen wir mit dem Bau am Spielbudenplatz. 1961 war alles fertig. Meine Frau lernte ich auch 1959 kennen. Im „Café Keese“ beim Ball paradox. Sie forderte mich zum Tanzen auf. 1962 haben wir dann geheiratet.

Bei der Eröffnung wurde auch Hamburgs erste Waschstraße (die 3. In Deutschland) vorgestellt. Rund 30 zeitungen waren da, das Radio und das Fernsehen. Wir wuschen deren Autos in der Anlage – und danch war jedes einzelne kapitt. Mal war eine Zierleiste beschädigt, mal ein Kratzer im Lack oder der Spiegel defekt – aber wir hatten dennoch eine gute Presse. Und die Autos standen danach Schlange bis zur Davidstraße und zum Hafenkrankenhaus.


Jürgen Schütze

Jürgen Schütze: Hier ist es das oberste Gesetz, die Klappe halten zu können. Lars Schütze: Man fragt die Leute nicht, wer sie sind. Hier sind alle erst ein Mal gleich. Egal ob mit Rolex-Uhr oder nicht. Angesichts von Kriminellen und Kriminalität- gibt es eine regel?

Lars Schütze: Lächeln ist ok. Belächeln ist tödlich. Jürgen Schütze: Die einzige Ohrfeige meines Lebens bekam ich in meiner Jugend. Vom Pastor. Weil ich im falschen Moment grinste.

Jürgen Schütze: Wir haben viele Mitarbeiter, mit denen wir eine langjährige Beziehung haben. Einige schon in zweiter Generation. Jetzt arbeiten

Glaube, Liebe, Hoƒfnung


Joachim (45) Inhaber einer Werbeagentur und eines Eisladens in der Seilerstraße

Lebt seit 12 Jahren in Hamburg. Kam aus dem Süden, weil er ein gutes Jobangebot bekam. Jetzt schfft er Jobs. Auf dem Kiez. Heike, die Köchin des Eisladens, wo es mittags auch Mahlzeiten gibt, wohnt über dem Laden mit ihrem Mann Leo. Der ist Schreiner und hilft, wenn es irgendein Problem im laden gibt. Joachim: „Das hier ist ein kleiner Mikrokosmos.“ Joachim verdient gerne Geld. Und Joachim hilft gerne. Er formuliert das so: „Man macht Projekte, um mit Menschen etwas zu erleben. Glaube, Liebe , Hoffnung. „Das ist der Antrieb im Leben. Für alles.“ Und St. Pauli? „Das ist für mich die einzige Ecke Hamburgs, die einen kosmopolitischen Touch hat wie es ihn auch in Amsterdam, Barcelona oder Kopenhagen gibt.“

Glaube, Liebe, Hoƒfnung




Tina (29) Krankenschwester (kam vor 12 Jahren aus Bosnien, alleine au der Flucht, heiratete einen Schwulen, um in Deutschland zu bleiben, BĂźrgerkrieg), lange Haare Temptoo auf dem Bauch (gute Zusatz-Geschichte)

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung Ohne Glauben gibt es kein Leben. Hoffnung gibt Kraft. Liebe ist Seelenverwandtschaft.



Pepi

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung


Eve Champagne Burlesque-Tänzerin und Türsteherin, geboren 1984

Ich bin die Tochter eines polnischen Seemannes und einer

mit offenen Armen empfangen worden zu sein. Und das

reichen Reedereitochter. Ich lernte das raue Leben zwi-

schlimmste war der Diebstahl meiner Handtasche. Das war beim

schen Hafenspelunken und Fischkuttern und den Luxus

Einzug in meine Wohnung in den ersten 15 Minuten.

von Kavier und Champagner kennen. Nach einem durch-

Als Tänzerin ist es hart wenn man nur eine Handvoll Zuschauer

schnittlichen Abitur fing ich an in Bars meiner damaligen

hat, die dann noch nicht einmal applaudieren. An Überzeu-

Heimatstadt Bremen zu arbeiten. 2008 ging ich nach

gungskraft mangelt es mir auf der Bühne niemals. Als Türstehe-

Hamburg ins „Queen Calavera“, Deutschlands erste

rin wird es hart, wenn die Leute penetrant versuchen in den

Burlesque-Bar, im Frühjahr 2009 zog ich dann hier her.

Laden zu kommen obwohl ich ihnen den Zutritt verweigert habe.

Zum Burlesque kam ich zufällig. Ich interessierte mich

Wenn mich ein Mann anquatscht und fragt: „Wie viel?“ – dann

schon in meiner Kindheit für den Flair der 40er und 50er

kriegt er meinen Standardspruch zurück: „Der erste Schlag ist

Jahre mit all seinen Facetten, ob Musik oder Pin Ups.

kostenlos. Der zweite kostet 20 Euro."

Während meiner Bar-Jobs tanzte ich zur Aufbesserung meines Trinkgeldes auch gerne mal mit High Heels und

Glaube, Liebe, Hoƒfnung

Korsett auf dem Tresen. Wo ich von einem Gast zum ersten

Ich bin katholisch erzogen worden. Ich glaube an Gott und

Mal den Begriff Burlesque hörte. Denn Rest der Geschichte

daran, dass er überall ist. Liebe ist für mich die innige Beziehung

kann man sich ja denken.

zu meinem Partner mit all seinen Stärken und Schwächen sowie die starke lebenslange Verbindung zur eigenen Familie. Und

St.Pauli entfremdet sich immer mehr vom Ursprung eines

Hoffnung ist das Streben nach Glück. Wobei es keine Hoffnung

teilweise romantisch wirkenden Rotlichtviertels und wird

ohne Liebe und den Glauben gibt. Der Anker mit dem Herz ist

immer mehr zu einem reinem Entertaiment-Distrikt für

wohl das treffendste Symbol meiner Familie und der Liebe zu

jede Altersgruppe. Die Folgen sind vor allem eine sinkende

meinem Partner. So wie des Gefühls, endlich zu Hause, hier in

Lebensqualität für die Bewohner und die Menschen, die

Hamburg, angekommen zu sein

hier arbeiten. Mein schönstes Erlebnis auf St. Pauli war es,



Marion

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung



Kerstin (43) Piercerin, Laden „Endlesse Pain“ Davidstrasse und Erichstrasse Die Hamburgerin war Hausfrau. Ihr Mann (Markus) ist Tätowierer, brachte sie 1995 dazu, das Piercing-Handwerk zu erlernen.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Glaube. Dazu sage ich lieber nichts. Liebe. Mein Mann. Hoffnung. Die stirbt zuletzt.




Tamari Schülerin, geboren 1991 (Geburtstajahr checken)

Ich arbeite nebenher hinter der Theke von "Lieblings"-Eis in der Detlev-Bremer-Straße. Mein Name stammt aus Nicaragua. „Damals arbeitete dort mein Vater. Er brachte Elektrizität in die Dörfer. Und es gab ein kleines Mädchen dessen Familie mein Vater kannte. Dieses Mädchen war etwas sehr beonderes. Mein Vater gab mir ihren Namen. Ich selbst war noch nie in Nicaragua. Aber ich möchte dort gerne einmal hin.“

Als Talisman trägt Tamari einAmulett von ihrem Freund Ravak. Und zwei Ringe. Einer von ihrer Mutgter, der andere von ihrem Vater.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung „Ich habe ganz viel Glauben“, sagt sie, „Und man sollte die Hoffnung auf den Glauben nicht verlieren. Wie die Liebe auch.“



Eric Barkeeper und Fotograf, geboren 1970

Ich komme aus Strasbourg, habe Grafik-Design studiert und bin danach viel gereist. Ein Jahr lebte ich in Australien, vier Monate verbrachte ich im Dschungel von Französisch-Guyana, dann arbeitete ich in London. 1996 ging ich wegen eines Jobs nach Hamburg und blieb wegen einer Frau. Ich glaube, ich kenne Hamburg ganz gut, elf Mal bin ich innerhalb der Stadt umgezogen, seit über einem Jahr lebe ich nun auf St. Pauli. Dieser Stadtteil ist eine tolerante schöne Mischung verschiedener Menschen, sehr kreativ. Das Schönste, was mir hier passiert ist, ist mein neues Leben mit der Frau die ich liebe.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Ich bin Atheist. Aber ich glaube an alles – nur eben nicht an Religion. Wenn man wirklich liebt, dann ist das wie Ankommen, aber stets nicht ganz. Man wird weniger egoistisch und gönnt dem anderen alles. Das ist Liebe. Ich hoffe, dass die Menschen sich verstehen, sich respektieren. Und ich finde, dass wir in einem Überwachungssystem und wir das akzeptieren. Ich hoffe, dass sich dies ändert.



Karla (64) Friseurmeisterin und Malerin. Glücklich getrennt. Eine Tochter.

Seit 40 Jahren gibt es den Laden in der Hein-Hoyer-Straße. Schon immer gibt es Karla auf dem Kiez: „Ich bin hier geboren.“ Das intensiv Leben in Hafennähe hat sie immer bei sich. Als Talismane.: „Der erste ist ein Schiff, was über die Meere segelt. Ein Glücksbringer, den ich in einer Situation bekam, in der es mir nicht gut ging. Das andere ist ein Engel, der mich beschützt. Und der dritte Talisman ist ein Delfin, der die Weltkugel trägt. Und immer gehört eines dazu: Ein Herz. Es ist ein Gechenk meiner Tochter Gaby (43). Ich trage es immer mit mir.“

Glaube, Liebe, Hoƒfnung „Das ist vor allem die Liebe. Ich liebe das Leben. Und ich glaub. Ganz fest. An Gott. Er gibt mir die Hoffnung, dass alles gut ausgeht.“



Don Piccolo

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung



Inge (38), Alkoholikerin und Ex-Junkie Seit 1984 auf St. Pauli Seit 1984 Kifferin, ab1986 auf Heroin und später auch auf Koks. Sie saß im Heim und im Knast und meist auf der Straße. Heute versucht sie, zu überleben.

„Ich bin meist an der Ecke Davidstraße/Reeperbahn. Zusammen mit meiner Hündin Zottel. Sie ist mein Glücksbringer. Und wir passen auf uns beide auf.“

„Die Hölle, die ich durchlebt habe wünsche ich niemanden.“

Glaube, Liebe, Hoƒfnung „Glaube. Liebe. Hoffnung? Damit verbinde ich ein besseres Leben. Der Mensch ist der größte Betrüger und Schauspieler. Die Liebe ist tot. Mein Mann starb 2007 an Herzversagen.“



Xxx

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung




Regina (49) Verkäuferin, Freddy´s Imbiß (Hein-Hoyer-Strasse)

Seit 18 Monaten auf dem Kiez. Sie kommt aus Mecklenburg-Vorpommern. „Ich kam wegen meines Mannes.“ Immer dabei hat sie ein Kreuz, ein Erbstück ihrer Mutter. Gläubig ist sie nicht so sehr. Nicht im Sinne der Kirche: „Ich glaube an eine bessere Welt. Un dich habe die Hffnung, dass meine jetzige Ehe ewig hält. Und die Liebe natürlich auch.“

Glaube, Liebe, Hoƒfnung


Sandhu Gurnam Singh (57) Inhaber Freddy´s Imbiß

Sandhu ist der Mann mit der Kiste. In der Warmhaltebox liefert er das Essen aus, das bestellt wurde. Sandhu ist ein stiller Mann. Seine Worte wählt er sehr genau: „Ich glaube an Gott. Ich liebe meine Arbeit. Und ich hoffe, das alles gut ist. Im Leben.“ Dann muss er wieder weiter. Mit der Kiste. Und an der Scheibe des ladens steht: „Für den eiligen Gast: 1 Superbratwurst.“

Glaube, Liebe, Hoƒfnung



Joe

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung




Tania Freie Autorin, geboren 1972

Ich habe in Giessen Germanistik, Psychologie und

St. Pauli ist eine Heimat für Spinner und Taugenichtse.

Kunstgeschichte studiert und betreute nebenbei in

Man kann frei atmen, hat die Verbindlichkeit eines

einem Jugendzentrum problematische Kinder. Dann

Dorfes und die Toleranz einer Großstadt. Die anderen

landete ich als Schauspielerin beim Theater und führte

sind immer noch ein Tickchen wahnsinniger als man

in ein paar Produktionen Regie. Nachts fuhr ich Taxi,

selbst. Man kriegt zu jeder Uhrzeit Zigaretten, Essen

weil ich mir damals vorstellte, dass coole Künstler

und ein Gespräch. Man kann nachts im Bett die Schiffe

nachts Taxi fahren müssen. 1998 musste ich dringend

hören. Man ist mittendrin im Leben. Die Strasse und

weg und in die große Stadt. Berlin war zu groß, Köln zu

die Nachbarn sind eine Art erweitertes Wohnzimmer,

frohnaturig und der Rest indiskutabel – so blieb nur

der Ton ist rustikal-herzlich, man ist aufgefangen, auch

Hamburg. Und St. Pauli. Hier war ich kurzzeitig

wenn das Netz halt ein bisschen schmuddelig ist. Mein

verheiratet und habe neben diversen Deppenjobs auch

Lieblingsort ist der Kirchhof der St. Pauli Kirche an

Trickfilme synchronisiert, landete wieder beim Thea-

einem Frühsommermorgen. Blühende Anwohnergär-

ter, spielte bis zur Geburt meines Sohnes 2001, um mich

ten, im Gras sitzen ohne Hundekackegefahr, Alltagsge-

danach nach zig Jahren Abstinenz wieder dem Schrei-

räusche aus der Ferne und rundherum unfassbar viel

ben zuzuwenden. Dabei bin ich geblieben. Ich schreibe

Grün. Dazu eine Zeitung und einen Kaffee vom Büd-

Kurzgeschichten, Portraits und Kolumnen. Ansonsten

chen – so geht Glück.

bin ich Vorsitzende der „Kurverwaltung St. Pauli“. Wir zeigen Besuchern unbekannte Ecken vom Kiez und das

Glaube, Liebe, Hoƒfnung

Geld, das wir einnehmen, schütten wir einmal jährlich

Das ist das Wichtigste überhaupt. Keines der drei

an soziale und kulturelle Einrichtungen aus.

funktioniert ohne die beiden anderen. Geben. Teilen. Ziele haben, die über Ich und Du hinausreichen. Sich überraschen lassen. Ins Leben vertrauen. Weitermachen. Wird schon.


Teo Sohn, Schüler und verkleidet als Hüter der Hölle, geboren 2001

St. Pauli ist gut. Ich kann hier nicht weg, ich bin ein Magnet, und St.Pauli ist das Metall. Peter ist unser Nachbar und hat einen Dumbledore-Bart und die gruseligste, raueste Stimme, die ich je gehört habe. Der ist so nett. Das Unangenehmste auf dem Kiez war bislang der Nachbar, der elektrische Geräte aus dem Fenster schmeißt. Was mir hier fehlt ist ein kleiner Garten, in dem man Experimente machen kann. Kleine Explosionen und so etwas. Wenn ich einen Monsterkrieger bauen würde, der auf St. Pauli lebt, dann müsste der gross und muskulös sein und auf alle aufpassen, die ich mag.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Glaube ist, dass man an Jesus glaubt, dass man daran glaubt, dass etwas Gutes passiert. Liebe bedeutet ekliger Kuss und Mutterliebe. Und Hoffnung bedeutet, nicht auf zu hören.



AndrĂŠ (Trulsen) Esectem nonsed tion henibh elenism odigna faci tat. Lortion ulluptat. Duismod magna conullam do el dolobore del irit, conullaorper suscipit ad doluptat veliquis nim et, sim dit wisi. Tum et prat alit wisi essed mincillummy num quatummodio consequ ismodolor sum nisim nos nim dionsequi blandre dolobore velisl ullaore dolestrud min ex euguerat, quat, sequipis atie do conse et aliquat. In ero exeraes senibh eugait nit dolore tat lorem augiam num vel in ut iriusci tat. Pississecte consequipsum do odipism odiam, consectet acilis accumsan ullaoreetum quat nim quis dunt vent atie molor sis do ero dolorerostio odiam, susto exeros acil eummy nos duisit lut adit wissi.

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung Lit in et, core dolor iureetuer sequat, suscin utet, vel in volore magnis atum exeros ad mincilis aciduis sissequat, qui tisi. Et, quamcorem dolore mod te modit ercil delit, commy nibh eum ip ero ercing eratum velenibh ero consectet at.



Benedikt (Pliquett)

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung


Xxx

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung




Xxx

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung



Xxx

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung



Charlie

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung



Xxx

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung



Stormi Mathias (43) Koch und Inhaber des Restaurants "Freudenhaus", Hein-HoyerStraße

Seit 1991 auf St. Pauli. „Ich kam wegen der Liebe und blieb.“ „Ich glaube ich habe genug Bier. Ich liebe Astra. Ich hoffe, dass es kalt ist.“

Glaube, Liebe, Hoƒfnung



Benny?

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung



Jürgen

Glaube, Liebe, Hoƒfnung



Sandra

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung





Alexandra und Charlotte

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung



Anett

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung



Ingrid

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung



Xxx

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung



Erwin Ross

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung



Rudolf

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung





Daniel und Annie Student der Informatik und freiberuflicher Softwareentwickler, geboren 1976 , Hündin, geboren 2006

Ich bin in Hamburg geboren, ging hier zur Schule, machte dann meinen Zivildienst und arbeitete lange als Programmierer in Agenturen. Jetzt studiere ich und arbeite freiberuflich.

St. Pauli ist einerseits so vieles und so vieles, was St. Pauli für andere Menschen ist, ist es für mich nicht. Dieser Stadtteil und seine Menschen sind anders. Es gibt die Routine mit der die Anwohner mit den Menschenmassen umgehen, die in regelmäßigen Abständen wie Wellen über St. Pauli hinweg brechen. Es gibt Vielfalt und jede Strasse auf dem Kiez ist anders. Es gibt den Dreck, die Touristen, die Besoffenen, das Elend, den Reichtum - eigentlich mehr als ich aufzählen kann.

Am schönsten ist es, wenn man an einen regnerischen SonntagNachmittag das Gefühl hat in einen völlig anderen Stadtviertel zu wohnen als noch ein paar Stunden vorher. Welches dann durch den ersten Menschen, der im Vollrausch in der nächsten Seitenstrasse liegt wieder zunichte gemacht wird. Am schlimmsten sind eigentlich nur wenige Momente. Etwa die Samstagnacht mit der Grand-Prix- Übertragung oder der Schlagermove.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Das steht für mich für das Wissen, dass egal, was passiert das Leben weitergeht. Und das es so in Ordnung ist. Das klingt banal, aber ich habe eine Weile gebraucht, um das zu verstehen.



Miroslaw

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung



Antje Private Arbeitsvermittlerin, geboren 1965 (bitte nochmals checken)

Ich bin seit 2003 auf St. Pauli. Ich kam aus dem Rheinland und wollte unbedingt nach Hamburg. St. Pauli war Zufall. Zumindest am Anfang. Jetzt ist es mein Wille. Mein Zuhause. Neben meinem Job bin ich Märchenerzählerin. Meine Lieblingsgeschichte ist indianisch und heißt „Wen der Büffel ruft“. Meine Geschichte zu St. Pauli ist eine Geschichte, die kein Märchen ist.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Es war vor etwa zwei Jahren. Gegenüber zogen neue Leute ein. Sanne, eine Frau in meinem Alter, und ihr Sohn David, er war siebzehn oder achtzehn. Sanne brachte sich irgendwann um. David kam in ein Heim. Ich hoffe, es geht ihm gut. Für mich war es besonders schlimm, dass es keine richtige Beerdigung gab. Sie wurde einfach anonym verschachert. Von ihrer eigenen Mutter. Damit kam ich nicht klar. Ich musste mir was einfallen lassen. Dann ging ich zur St. Pauli-Kirche, wollte dort beten. Ich bin katholisch. Die Pastorin machte die Türe auf, schaute mich hektisch an und sagte, sie hätte keine Zeit, mich in die Kirche zu lassen. Sie drückte mir einen Riesen-Schlüsselbund in die Hand, sagte: ‚Das können Sie auch selbst. Und selbst entscheiden. Wenn Sie Ruhe haben wollen, schließen sie einfach ab. Und wenn nicht, dann lassen sie auf.’ Dann ging ich rein. Und schloss ab. Ich heulte dort mächtig rum. Dann lachte ich. Ich lachte mich mit Sanne im Geiste tot. Dann gab ich den Schlüssel ab. Seitdem habe ich das Gefühl, dass wir hier auf einem Dorf leben. Ich glaube, hier möchte ich nicht mehr weg.



Flamenco

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung



Jannes Fotograf und Betreiber des „Boxprinz“ in der Bernhard-Nocht-Straße, geboren 1962 (bitte nochmals checken)

Ich bin hier die Thekenschlampe und seit 1986 in Hamburg. Davor war in Worpswede, Bremen, Berlin, Brasilien, Hamburg, Paris, Miami. Und kam wieder nach Hamburg zurück.

Der“Boxprinz“ ist eine Hommage an das alte St. Pauli. Er hieß Norbert Grupe junior, nannte sich Prinz Wilhelm von Homburg. War Profiboxer. Halbschwergewichtler ohne Titel. Linksausleger. 46 Kämpfe zwischen 1962 und 1970. 29 Siege. 24 durch K.o., 11 Niederlagen, 6 Unentschieden. Unvergessen ist sein legendärer Auftritt am 21. Juni 1969 im „Aktuellen Sportstudio“ als Schweiger. Nach seiner Niederlage gegen Oscar Bonavena beantwortete Grupe zunächst zwei Fragen von Moderator Rainer Günzler - dann verweigerte er jede Antwort. Nach einer bizarren Frage-SchweigeRunde gab es am Ende doch noch einen Wortwechsel - Günzler: „Auch nicht. Ich bedanke mich für dieses Gespräch. Es war reizend…“ Grupe: „Ich mich auch. Es war sehr aufschlussreich und ich freue mich, dass Sie nach wie vor dem Boxsport mit freundlichen Augen und Worten gegenüberstehen. Recht schönen Dank, Herr Günzler….“

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Grupe bewegte sich zwischen Kiez und Kino. 1965 spielte er in „Morituri“ an der Seite von Marlon Brando und Yul Brynner. Weitere Filme folgten, der große Ruhm blieb aus. Regisseur Werner Herzog beschrieb ihn als „deutschen Mike Tyson - nur intelligenter“. Im Herzog-Film „Stroszek“ spielte Gruppe einen Zuhälter. Gruppe lebte lange in Los Angeles. Seine treueste Begleiterin hieß „Sheila“. In Kalifornien war sie stets mit an Bord des alten VW-Busses. Mit 63 Jahren verlor der Boxprinz in Puerto Vallarta (Mexiko) den Kampf gegen den Krebs.




Uli Maler, Grafiker und Illustrator, geboren 1978

Aufgewachsen bin ich wohlbehütet im kleinen Dorf Gottrupel bei Flensburg. Im Jahr 2000 begann ich ein Grafikdesign-Studium in Hamburg. Ein halbes Jahr verbrachte ich im „Skam“, einer Künstlergemeinschaft an der Reeperbahn, direkt über dem „Mojo Club“. Ich war mehr im Nachtleben von St. Pauli als beim Studium. Vor allem in den wilden Frühclubs, wo Hure und Sparkassenangestellter gemeinsam tanzen. Diese Eindrücke habe ich in meiner Malerei verankert. 2002 wechselte ich auf die Hamburger Technische Kunstschule, um mich mehr auf das Illustratorische zu spezialisieren. Ich schloss, womit wohl niemand gerechnet hatte, da ich wegen plötzlicher Angstzustände unter Menschen kaum anwesend war. Mein Klinikaufenthalt war Thema meiner Abschlussprüfung. Als freischaffender Künstler entdeckte ich meine Liebe zur Öl- und Acrylmalerei. Seitdem produzierte ich Bilder in allen Formaten und es ist kein Ende in Sicht.

Auf St. Pauli feiern nachts Menschen zusammen, die am Tag achtlos aneinander vorbeilaufen würden. Außerdem stehen hinter vielen Bewohnern lange spannende Geschichten, die manchmal drei Leben füllen könnten.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Der Glaube ist für mich wichtig und für mich der Glaube an das Gute, nach dem Motto : Es kommt nix Gutes außer man tut es. Ich glaube schon an eine höhere Macht, für die ich keinen bestimmten Namen habe. Viele nennen es sicherlich Gott. Ich glaube das höchste Ziel ist es, glücklich zu sein. Wenn man glücklich ist hat man auch genug Kraft, gute Dinge für sich und andere in Bewegung zu setzen und dies mit anderen zu teilen. Mein oberstes Gebot ist Toleranz allen Menschen gegenüber.


Marc Galerist und Fotograf, geboren 1976

Ich komme aus einem kleinen Dorf in der Nähe von Limburg an der Lahn in Hessen. Nach dem Abitur und dem Zivildienst kam ich vor zehn Jahren hierher. Ich hatte auf einer Geburtstagsfeier eines Freundes in Hamburg eine Filmproduzentin kennen gelernt, die mir eine Praktikumsstelle anbot. Ich fuhr in meinen Heimatort zurück, sagte: „Auf Wiedersehen“ und zog innerhalb einer Woche nach Hamburg. Zunächst lebte ich fünf Jahre in der Hopfenstrasse an der Astra-Brauerei. Als sie mit dem Abriss begonnen, zog ich weg. Seit Oktober 2007 bin ich dem Kiez wieder treu. Ich habe in der Hein-Hoyer-Strasse eine Galerie eröffnet. Die Galerie auf dem Kiez hat deshalb ihren Reiz, weil der Stadtteil doch viel kreatives Potenzial hat. Es gibt Künstler hier, die sich versuchen und Plattformen brauchen. Es sollten noch mehr werden.

St. Pauli steht für mich für Akzeptanz und Möglichkeiten, für eine besondere persönliche und nachbarschaftliche Verbundenheit. Damit meine ich nicht die Reeperbahn als Attraktion und andere „Ausgeh-Strassen". Der schönste Platz in St. Pauli ist am Hafen. Dort bin ich gerne und gucke mir die Schiffe an.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Das sehe ich eher als Gesamtes und nicht voneinander getrennt. Es steht für mich für ein gesundes, erfülltes Leben.



Benny und Jenny

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung



Charlotte und Noah

Glaube, Liebe, Hoƒfnung

Eva-Louise und Volkan

Glaube, Liebe, Hoƒfnung



Sasa

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung




Silke Künstlerin und Musikerin, in ihrem Atelier in der Bernhard-Nocht-Sraße, geboren 1968

Ich lebe seit vier Jahren in Hamburg und kam über Umwege aus Bremen. Nach dem Studium zog ich mit meiner Kunst im Wohnwagen durch Deutschland. Jetzt stelle ich in Hamburg, Großbritannien, den USA, Südamerika, China und Island aus.

St. Pauli ist ein Stadtteil mit Geschichte. Einerseits romantisch. Andererseits eine Lotterbude des Tourismus. Und insgesamt ist es richtig Hamburg.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Das ist das Wichtigste für den Lebenserhalt. Hoffnung ist total wichtig. Und der Glaube auch. Ohne das alles ist man am Arsch. Hier in meinem Atelier habe ich auch ein Werk dazu stehen: Holz-Kästen mit Getränken. Auf ihnen steht „Hope-Cola“. Seit Obama, Change und der Krise ist dies der Träger der Botschaft des neuen Westens für mich.





Schüler und Mitarbeiter der Hamburg School of Entertainment (HSE), Seilerstraße (v.l.n.r.) Janis, Julia Anna, Sonja, Valentino, Patrick, Irina, Alisa und Philipp

Janis

Julia Anna

Ausbildung zum Musicaldarsteller, geboren 1989

Auszubildende an der HSE, geboren 1988

Ich wurde in Karlsruhe geboren, zog 2007 nach Ham-

1997 kam ich nach Hamburg und begann zwei Jahre

burg. Mein erstes Engagement hatte ich im „Schmidt

später mit dem Tanzen, nach meinem Abitur zog ich

Theater“ beim Kindermusical „Peter Pan“. St. Pauli ist

zuhause aus und bin seitdem an der Hamburg School of

für mich Ausbildungsstätte, Partyzone und Erholung in

Entertainment. Seit Mai 2009 lebe ich auch auf St.

einem. Die Menschen hier haben eine ganz besondere

Pauli. Die Kiezianer sind ehrlich, direkt, kreativ und sie

Gelassenheit. Wenn St. Pauli eine Entertainment-Show

nehmen kein Blatt vor den Mund. Als ich das erste Mal

wäre, dann würde es dem Publikum garantiert niemals

auf dem Kiez war, saß ich mit meiner Schwester in der

langweilig und durch die kulturelle Vielfalt wäre für

Großen Freiheit und habe mir die Menschen angese-

jeden Geschmack etwas dabei. Die einzige Schwäche ist

hen. So bunte und verschiedene Menschen auf einem

die Gewaltbereitschaft, die das friedliche Miteinander

Fleck hatte ich noch nie gesehen. Das war sehr inspirie-

„schlagartig“ beenden kann.

rend. Schlimm sind dagegen jeden Sonntagmorgen manche Begegnungen auf dem Weg zur Arbeit auf dem

Glaube, Liebe, Hoƒfnung

Hamburger Berg. Einmal sah ich einen Mann, der so

Der Anker steht für Bodenständigkeit und Zugeständ-

zugedröhnt war, dass er vor Zuschauern auf die Straße

nis. Das Herz ist der Hafen für Glaube, Liebe und

kackte. So etwas macht mich traurig.

Hoffnung. Glaube ist Stütze in allen erdenklichen Lebenslagen, Liebe ist die Zuneigung und das Vertrau-

Glaube, Liebe, Hoƒfnung

en in seine Mitmenschen und Lebenspartner, Hoffnung

Das kommt für mich alles in einem zusammen – in

bedeutet für mich, niemals los zu lassen, egal, was einen

Gott. Liebe und Hoffnung sind Gottes Wort und Gebot

daran hindert.

und das bedeutet für mich Leben. Für mich ist Gott das Wunder Leben und ohne Liebe gibt es keinen Glauben und ohne Glauben keine Hoffnung.


Sonja

Valentino

Musicaldarstellerin und Sängerin, geboren 1984

Musicaldarsteller in Ausbildung, geboren 1987

Ich wurde in Pforzheim geboren und bin seit meinem

Ich bin seit September 2008 auf St. Pauli und hier ist

12. Lebensjahr solistische Sängerin. 2001 verbrachte ich

mein Arbeitsplatz und mein zweites Zuhause. Hier ist

einige Monate in einem Mädchenheim, da ich strenge

es laut und dreckig, es gibt Besoffene und Party, viel

muslimische Eltern habe und Freiheit wollte. Zwei

Kunst und Kultur und vor allem viele schöne Erlebnis-

Jahre später zog ich nach Stuttgart, weil mir Pforzheim

se. St. Pauli ist eine Show der Vielfalt, der Action, der

zu eng wurde. 2006 ging ich wegen meiner Ausbildung

Kontraste und von Direktheit.

nach Hamburg. Hier fand ich dann den Mann meines Lebens.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Glaube ist die Kraft, die hinter uns steht und uns den

Auf St. Pauli begegnet mir immer wieder große Hilfsbe-

Rücken stärkt. Die Liebe ist eine Verbindung zu

reitschaft. Schlimm sind dagegen manche Pöbeleien

Menschen, ohne die das Leben kein Leben wäre und

und dumme Anmachen auf der Straße. Die Stärke von

die Hoffnung, die stirbt wirklich zuletzt.

St. Pauli ist die Individualität der verschiedenen Menschen, die hier leben, Es gibt so unterschiedliche Charaktere in diesem Stadtteil - starke, dramatische und schwache.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Das sind die Dinge, die mich so weit in meinem Leben gebracht haben. Ich hätte sonst nie die Kraft gehabt, mich von meinen strengen Eltern zu lösen und mich mit zahlreichen Nebenjobs über Wasser zu halten. Und vor allem hätte ich es nicht geschafft, meinen Kindheitstraum als Musicaldarstellerin auszuüben. Mit Glaube, Liebe und Hoffnung kann man alles erreichen. Ich bin der Beweis dafür.


Patrick

Irina

Musicaldarsteller in Ausbildung, geboren 1988

Musiktheaterdarstellerin, geboren 1989

Ich kam 2007 aus Dortmund nach Hamburg. St. Pauli

Mit drei Jahren begann ich mit Ballettunterricht, mit

ist für mich Ausbildungsstätte, Partyzone und Kulturm-

neun Jahren kam ich auf das Landesgymnasium für

eile. Die Menschen prägen diesen Stadtteil durch ihre

Musik in Wernigerode, mit 17 Jahren machte ich meine

unterschiedlichsten Lebensstile und Lebensweisen. Es

Abitur und 2007 zog ich nach Hamburg, begann meine

gibt so viele schöne Momente. Nur nicht am Montag-

Ausbildung. Im Dezember 2008 spielte ich meine erste

morgen nach einem langen Kiez-Wochenende. Da gehe

kleine Rolle in einem Musical und im Frühjahr 2009

ich über die Reeperbahn und sehe Menschen am Rande

zog ich nach St. Pauli und auch dort zu leben, wo ich

ihrer Menschlichkeit. Die Stärke der Kiezianer ist ihre

arbeite. Meine Lieblingsorte sind der Paulinenplatz

unterschiedliche Herkunft, ihre Schwäche ist es, dies

und die vielen kleinen Cafés und Restaurants. Die

gegenseitig zu akzeptieren.

Menschen hier zeichnet vor allem ein starkes Selbstbewusstsein aus.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Für mich bedeutet Glaube Hoffnung. Und beides braucht die Liebe um zu bestehen.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung


Alisa

Philipp

Musicaldarstellerin in Ausbildung, geboren 1984

Ausbildung zum Musicaldarsteller, geboren 1986

Nach dem Abitur in Salzgitter und dem Studium in

Ich komme aus dem Südwesten Deutschlands, nahm

Kiel ging ich auf die Hamburg School of Entertain-

während der Schulzeit an einem Wirtschaftsgymnasi-

ment. Ich lebe seit 2006 auf St. Pauli. Ich schätze die

um klassischen Gesangs- und Klavierunterricht, war

Vielfalt und Freundlichkeit der Menschen im Alltag

von 2005 bis 2006 an der Rockpopschule Berlin,

und bei der Ausbildung. Zu den schönsten Momenten

Leadsänger der Band „New Day“ und später Mitglied

zählen die Sommerabende in der „Amphore“ mit Blick

der Berliner Musical Company. Seit 2007 mache ich in

auf den Hafen. Der schlimmste Moment war es für

Hamburg meine Ausbildung zum Musicaldarsteller.

mich, als ich sah, wie sich jemand über einem Gulli die

Hier auf St. Pauli gibt es alles. Touristen, Geschäftsleu-

Arme aufschnitt. Wenn St. Pauli eine Theatershow

te, Prostituierte, Obdachlose, betrunkene. Das ist

wäre, dann wäre sie voller Vielfalt und Spannung,

spannend, manchmal aber auch anstrengend. Unter der

ungewöhnlich und bunt, immer mit einem Augenzwin-

Woche ist es relativ ruhig und am Wochenende ist der

kern, Glamour und Abgrund in einem. Und ja, die

Teufel los.

Theatersitze wären vielleicht ein wenig schmuddelig. Glaube, Liebe, Hoƒfnung Glaube, Liebe, Hoƒfnung

Diese Worte gehören zu den wichtigsten Bestandteilen

Auf keines von den dreien mag ich verzichten.

im Leben.



Thomas Musikverleger, Business-Coach und Buchautor, geboren 1966 (checken!)

Ich wohne hier seit sechs Jahren. Aber St. Pauli kenne ich schon viel länger. 1984 gab ich in der „Volxküche“ mein erstes Konzert. Damals war ich in einer Punkband. Als Musikverleger und Labelbetreiber hatte ich ständig auf St. Pauli zu tun. 1988/89 begann der „MojoClub“ mit dem "Jazz-Café". In der Bernhard-Nocht-Straße gab es das „Baton Rouge“. 1988 spielte ich mit einer Bluesband regelmässig im „Diskotheckchen“ am Hans-Albers-Platz. Und mit der Beatband „Bad Time For Bozo“ spielte ich unter anderem auch im „Chicago“, das jetzt „Frieda B.“ heißt. Damals war Ringo Klemm der Betreiber des Ladens. Das waren meine Anfänge hier. Mit St. Pauli verbinde ich Heimat und Rock ‚n’ Roll. Aber es ist auch ein Dorf. Viele schimpfen über die Veränderungen hier. Aber das gab es immer. St. Pauli ist ständige Veränderung. Die Hafenstraße, rechtsfreie Räume, das Verbot der Peep-Shows, das Imperial-Theater, das ein Pornokino war. Dann wurde die sündige Meile durch die Clubs zur Kultur-Meile. Ich habe immer ein Cent-Stück sowie ein Pfennig-Stück im Portemonnaie. Geld finde ich super. Aber mein Leben wäre nicht unglücklicher, wenn ich es nicht hätte.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Der Glaube an sich selbst ist das Wichtigste, was man hat. Sonst ist man herumschubsbar. Liebe ist etwas Besonderes und Seltenes. Hoffnung. Dazu habe ich keinen Bezug. Weil ich mich eher als gestaltend betrachte. Hoffnung ist für mich eher etwas Passives.



Alex Schneidermeister, geboren 1947

Ich komme aus dem Südosten Europas. Es ist immer

Kunden in anderen Stadtteilen. St. Pauli ist ein beson-

reiner Zufall, wo man geboren ist. Ende der 60iger Jahre

derer Ort an dem ich mich wie zu Hause fühle – und

kam ich nach Hamburg. Viele Jahre arbeitete ich im

manchmal noch besser. Wenn ich Zeit habe, besuche

Traditions-Modehaus „Jäger & Koch“ am Jungfernstieg

ich die Spiele des FC St. Pauli. Zu meinen Lieblingsor-

als Schneidermeister, später machte ich mich mit

ten gehören die Cafés am Park des Paulinenplatzes.

einem eigenen Atelier selbstständig. Seit zehn Jahren

Es gibt ein Kleidungsstück, auf das bin ich sehr stolz. Es

bin ich nun auf St. Pauli. Zu meinen Kunden gehören

ist ein zweireihige Jacke aus nachtblauem Stoff „grain

die Bewohner des Viertels aber auch der Hamburger

de poudre“ mit Schneiderkragen aus Twill „Mors à la

Designer „Herr von Eden“ sowie Prominente wie Tim

connétable“ rot und goldfarben. Das war 1986 für

Mälzer, Jan Delay, Armin Rohde, Annett Louisan oder

Hermès. Die Jacke ist bis heute unter der Nummer

Eckart von Hirschhausen. Ich mache keinen Unter-

5.0365 bei Hermès zu bestellen.

schied zwischen Prominenten und Nicht-Prominenten. Für mich sind alle Menschen gleich. Und ich bin ihr

Glaube, Liebe, Hoƒfnung

Schneider.

Glaube. Ich glaube, dass der Mensch seinen Gauben nicht verlieren sollte. Egal, woran er glaubt. Das ist

Mode und Kleidergeschmack sind heutzutage sehr

wichtig. Liebe. Da darf man niemals Vertrauen verlie-

schnell. Aber es gibt Klassiker, die immer bleiben. Zum

ren. Egal, was man für Erfahrungen in seinem Leben

Beispiel Anzüge im Stil der 30er oder 60er Jahre oder

gemacht hat. Hoffnung. Auf eine bessere Zeit, in der

der Smoking. Die werden gerne von Schauspielern und

man im Frieden lebt. Mit sich selbst und mit anderen.

Musikern genommen. Die Sachen meiner Kunden sind sicherlich etwas bunter und individueller als die von



Rick Gelernter Bauschlosser und Schweißer, jetzt Türsteher und Sicherheitsdienst-Mitarbeiter, geboren 1965

Vom vierten bis zum achten Lebensjahr haben mich

2008 war ich 19 Jahre lang Mitglied eines sehr bekann-

meine Eltern missbraucht. Mein Vater sexuell und

ten Motorradclubs. Dort ging ich im Einvernehmen

meine Mutter körperlich, sie ist eine Sadistin. Als ich

mit dem Club raus. Jetzt habe ich eine Frau. Sie ist die

acht Jahre alt war, nahm ich die Flinte meines Vaters

erste mit der ich länger als zwei Jahre zusammen bin.

und versuchte, ihn zu erschießen. Danach kam ich ins Heim. Mit 16 Jahren haute ich aus dem Heim ab und

Die Menschen von St. Pauli sind für mich oft wie eine

klaute Autos. In Frankreich wurde in einem gestohle-

Familie. Die Thekenmädchen sind meine Schwestern,

nen Fahrzeug erwischt, da war ich 18 Jahre alt. Statt die

die Jungs an den Türen und auf der Straße sind meine

Strafe im Knast abzusitzen ging ich für fünf Jahre zur

Brüder. Man hält zusammen. Das Leben auf dem Kiez

Fremdenlegion. Danach landete ich in Hamburg. Ich

ist härter geworden. Die Leute zücken schneller eine

weiß noch, dass es an einem Sonntag war, gegen 4 Uhr

Waffe als früher.

am Morgen im „Anker“ an der Davidstraße. Ich bekam einen Kaffee, zu viele Fragen gab es nicht, dafür

Glaube, Liebe, Hoƒfnung

Jobmöglichkeiten. Im „Goldenen Handschuh“ fing ich

Das ist für mich vor allem die Liebe zu meiner Frau.

hinter der Theke an, später fing ich als Türsteher an. Ich

Und ich hoffe, dass ich nie wieder in den Knast muss.

arbeitete an den Türen der unterschiedlichsten Läden. In den 90er Jahren besserte ich mein Gehalt durch Drogenhandel auf. Ich dealte mit Koks. Sie schnappten mich und ich wurde zu einer Haftstrafe von acht Jahren und zehn Monaten verurteilt. Nach sechs Jahren, elf Monaten und einem Tag kam ich wieder frei. Bis Herbst




Maren

Emma und Jule

Integrative Lerntherapeutin, geboreen 1968

Schülerinnen, geboren 1989 und 2000

Nach dem Abi zog ich 1988 zum Studium von Nordrhein-Westfalen

Eigentlich ist St. Pauli ganz gut.

nach Hamburg. Nach zwei Jahren in London kehrte ich nach

Manche Leute sind komisch. Es

Hamburg zurück. Noch während des Studiums bekam ich meinen

gibt zum Beispiel welche, die

Sohn Samuel, danach noch zwei Töchter, Emma und Jule. Mittler-

laufen auf Socken durch den

weile bin ich alleinerziehend und arbeite selbständig als Lernthera-

Regen. Oder es gibt Männer, die

peutin. Als Studentin habe ich schon in der Nähe St. Paulis ge-

tragen Frauenklamotten. Aber

wohnt und zum Teil auch dort in der Gastronomie gearbeitet. Seit

es gibt sehr viele nette Leute.

2009 wohne ich mit meinen Kindern und Hunden wieder hier. St.

Und so verschiedene Läden.

Pauli bedeutet für mich Vielfalt und Authentizität. Das Leben hier

Hier ist es nie langweilig.

menschelt mehr, im positiven wie im negativen Sinn. Neben all der Künstlichkeit wie dem Schlagermove und den Harley Days, die

Glaube, Liebe, Hoƒfnung

man als Bewohner von St. Pauli ertragen muss erlebe ich hier

Liebe und Hoffnung ist am

regelmäßig schöne und zum Teil auch anrührende Momente, zum

wichtigsten. Das Herz und der

Beispiel die Freude eines älteren Herrn darüber, dass ihn meine

Anker passen zu den Schiffen

Hunde sehr in ihr Herz geschlossen haben, weil er häufig ein

und zum Hafen. Manchmal

Würstchen für sie in der Hosentasche hat.

male ich statt i-Punkten Herzen.

Glaube, Liebe, Hoƒfnung Glaube, Liebe, Hoƒfnung Von diesen drei Dingen ist für mich vor allem die Liebe wichtig, die Liebe zu den Mitmenschen und auch zu sich selbst. Gerade auf St. Pauli lernen auch meine Kinder die echten Facetten des Lebens kennen – Liebe, Hoffnung, Integrität, aber auch Schmutz, Armut und Gewalt. Alles ist möglich auf St. Pauli, nebeneinander und miteinander. Diese Toleranz und Akzeptanz seinen Mitmenschen gegenüber möchte ich meinen Kindern vermitteln, und kaum irgendwo geht das besser als auf St. Pauli.

Aber nur in Briefen.




Lili

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung



Xxx

Glaube, Liebe, HoĆ’fnung


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