FHNW-Lehre-Thesis-Bill-HS11-Theorie

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Matthias Bill Masterthesis Theoriearbeit Matthias Bill Masterthesis Theoriearbeit

Über die Schönheit des Alltäglichen Begleitung: Prof. Christina Schumacher

Fachhochschule Nordwestschweiz Institut Architektur Herbstsemester 2011


4 64Vor 6 wort

A b b . 01 _ I n n e n h o f

Abb.02_Siedlun g

Abb.03_Christopher Alexan d e r : A

En twu rf We h n t a le rs t r a s s e

Flug hafen ar eal Düb endorf

Pattern Language, New York , 19 7 7

2 . M aste rs e m e s t e r B a s e l, 06.2010

3.Mas ters em es ter Basel , 01.2011

Hamb urg, März 2011

Vor wor t

Die The ma t ik d e s S ch ö n en b es ch ä f ti g t m i ch scho n

K lein teiligkeiten des stä dtischen Gef üges re ag i e -

eine ga n z e We i l e . I n e i n e m Vo r wo r t m ö ch t e ich

ren k a n n . I m ‚ I n n eren ‘ ha be ich mich den Re ge ln

die C h r o no l og ie mei n er Bes ch ä f ti g u n g m i t dem

eines übergeordneten Konzeptes entzogen und

Sch öne n d a r l e ge n. A n s ch l i es s en d w i l l i ch a nha n d

situativ versucht, Qualitäten zu erzeugen. Diese

einer B il d a na lys e ei n er ei gen en Z ei ch n u n g versu-

Vorgehensweise hat mich mit einer Faszi nation

chen, d i e S ch ö n h e i t d e s A l l t ä g l i ch e n t h e o r e tisch

der Nähe und der Nachbarschaf t konfron tiert, die

zu fass e n u n d d a r a u s i n e i n e m Fa z i t S ch l ü s se für

mich a uch in a n schliessen den Überlegunge n be -

die eige ne A r b e it a l s A r ch i tek t zi eh en . B eg l eitet

ein f lusst ha t.

w ir d der F l ie s s t e x t vo n ei n er ko m m en ti er ten, unabhä n g i ge n B i l d s p u r, d i e a u f E r i n n e r u n gen

Auf dem Flugha fen a rea l des ehema ligen Mi li t är-

u nd Be ge g nunge n m i t d em S ch ö n en i n H a m b urg

f lugha fen s Düben do rf ga lt es, bo den n a hes, d i ch t e s

ber u h t (M N EM OS Y NE , 2 011 ) .

Wohnen als Alternative zum gesichtslosen Einund Mehrfamilienhausbrei der A gg lomeration zu

I m zweit e n S e me s t er m ei n es M a s ters tu d i u ms a m

en twickeln ( Abb. 02) . I m Ra hmen ein er eh e r ch ao-

I ns titut A r chit e kt u r d er Fa ch h o ch s ch u l e No rd-

tischen Vorgehensweise sind in meinem Entwurf

wes ts chwe iz ha b e n w i r u n s u n ter d er L ei tu n g vo n

un terschiedlichste Qua litä ten en tsta n den. Ne be n

Reto P fe nninge r un d M a tth i a s Acker m a n n m it

den architektonischen Aspekten, die in unserem

der Fra ge d e r h e u t i ge n S t a d t e r we i t e r u n g a n der

Studium im Vo rderg run d stehen , ist a uch e i n so-

Au sfallachs e We hnt a l ers tr a s s e i n Z ü r i ch b eschä f -

zio lo gisches I n teresse in den E n twurf einge f los-

tigt (A b b .01 ). Z ie l d er Au f ga b e wa r es , ei n e An t-

sen , wa s ein e Beurteilun g der Arbeit a ussch li e ss-

wort au f d i e a n o ny m e v i e r - b i s f ü n f ge s ch o s sige

lich nach architektonischen Kriterien sicherlich

Zersied e l u n g z u f i n d e n . Ü b e r e i n e d i f fe r e n z ierte

erschwert hat. Für meinen Entwurf habe ich mir

H er ange he ns we is e h a b en w i r ei n e i d en ti tä tsstif -

Bewo hn er un d Bewo hn erin n en a us Fleisch u nd

tende A r ch i t e k t u r e n t w i cke l t , d i e f ä h i g i s t , mit

Blut ima gin iert, die mit Leiden scha f t a n d e n Or-

vor h and e ne n und in P l a n u n g s teh en d en K r ä f ten

ten wohnen, die mich interessieren. Das Vorgehen,

zu inte r a g i e r e n . A n l ä s s l i ch d i e s e r F r a ge s t e llung

Men schen zu cha ra k terisieren un d ihn en u nd

habe ich m i ch e i n e r S t r a t e g i e a n ge n o m m e n , die

ihren Bedürf n issen en tsprechen de Wo hn u nge n z u

nich t ü b e r e in ge or d n etes R egel wer k , s o n d ern

entwerfen hilf t mir, architektonische Entscheide

über ei n s i t u a t i ve s A g i e r e n E n t s ch e i d u n ge n des

zu prä zisieren un d ein e spezif ische Arch i t e k-

Entw u rfs fä l l t . Ko n k r et b i n i ch s o vo rgega n gen ,

tur mit I den titä t zu en twickeln . Auf g run d e i ne r

das s das e nt w icke l te H o f geb ä u d e ei n er ä u s s e-

persönlichen Unzufriedenheit über die R esonanz

ren Ma n t e l l i n i e e n t l a n g i n e i n e r G r o s s fo r m auf

des Pro j ek tes ha be ich da s direk te Gespräch m i t


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MNEMOSYNE

A b b. 0 4 _ M a t t h i a s B i ll:

Ab b .05_Dreizimmerwohnung

MNEMOSYNE,

Eidel stedterweg 93,

Ham bu rg 2 011

Hamb urg 2011

Jac que s B l ume r vo m A r ch i tek tu r b ü r o Atelier 5 in B e r n ge s uch t, d er m i ch zu S em es ter b egin n mit ein e m Vo r t r a g a n u n s e r e r S ch u l e e n o r m geprägt hat t e . D i e D i s k u s s i o n i n s e i n e r Wo h n u n g in der Th a l m a t t i n H e r r e n s ch wa n d e n b e i B e r n hat mich in e i n e r Vo rge h e n s we i s e b e s t ä r k t , d i e s i ch von eine r r e in int e l l ek tu el l en , ty p o l o g i s ch en da durch u nt e rs che id e t , d a s s s i e s i ch p r i m ä r a m ‚ Schö n en des Al l t äg l iche n ‘ o r i en ti er t. Au f d i e F r a ge, wie ich den n nun we it er i n m ei n em S tu d i u m vo rgehen s oll e , e nt ge g ne tet Bl u m er m i r s i n n gem äss: “Gehen S i e j e t z t z u e rs t n a ch H a m b u rg u n d schauen s ie s ich d or t d ie D i n ge a n . H a m b u rg i s t ein e schö ne S t a d t m i t v i e l e n k l e i n e n g u t e n D e t a i ls.“ Im A n s ch l u s s h a b e i ch m i ch a u f e i n e R e ise in die H a ns e s t a d t gewa g t u n d h a b e vers u ch t ü b er diese ‚ D i n ge ‘ n a ch z u d e n ke n . D e r A l l t a g i n der Stadt im h o h e n No r d e n h a t m i r v i e l Z e i t ge l a s sen, um hin z u s ch a u e n , z u l e s e n , z u z e i ch n e n u n d dabei übe r d a s S ch ö n e n a ch z u d e n ke n . M i t C h ristopher Ale xa n d e rs , A Pa t t e r n L a n g u a ge ‘ ( A b b . 03) habe ich e in B uch gef u n d en , d a s i n ei n em a l l gemein en Ged anke ng ut vers tä n d l i ch m a ch t, wel ch e Qua litä ten m i ch i n d e r S t a d t i n t e r e s s i e r e n u n d was mich au ch im we it e r e n Ver l a u f d es S tu d i u m s b eein f lu s s t ha t . „Die se s Bu ch be sch re ib t a us führl ich d ie M us t e r für S tä dte und Nach bar sch af t e n, fü r H ä us er, G ä r t e n u n d Rä ume ....“ „Die s e S p r a ch e i s t i n h ö ch s t e m G r a d e p r a x i s b e z ogen. Sie wurd e a u s u n se r e n e igene n B a u- und Pl a nung s erfa h runge n

Ab b .06_11m 2 Zimmer in vierer Wohngemeinschaf t, Grenzacherstrasse Basel 2011


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Vor wo r t

A b b .0 7 _ K ü ch e S i e re n z e rs t r a s s e B a s e l 2011

im Verla u f d e r l e t z t e n a ch t J a h r e ge wo n n e n . M a n k a nn sie

der nachbarschaf tlichen Nähe bestärkt.

zur Arbe i t m i t d e n Na ch b a r n ve r we n d e n , u m s e i n e S t adt oder seine Na ch ba r sch af t z u verb es s e rn. M a n k a nn s ie ve r we nde n,

Meine Rückkehr nach Basel beinhaltete einen

um das e i ge n e Ha u s z u s a m m en m it d er Fa m il ie a n zul ege n;

relativ abrupten Wohnungswechsel von einer zu

oder um m i t a n d e r e n L e u t e n e i n B ü r o , e i n e We r k s t a t t oder

zweit bewo hn ten Dreizimmerwo hn un g mi t ne u n-

ein öffen t l i ch e s G e b ä u d e , e t w a e i n e S ch u l e , z u p l a n e n. Und

zig Qua dra tmetern Flä che in ein e Vierzimm e r-

man kan n si e a l s An l e i t ung im t a t s ä chl ichen B a uvo rg a ng

wohnung mit hundert Quadratmetern, die wir zu

benutzen.“ D ie M us t ers p r a ch e o r i en ti er t s i ch a n

viert bewohnen. Mein Zimmer (Abb.06) fasst mit

Kleins t e l e me nt e n d er S ta d t, b eu r tei l t s i e a nha n d

elf Quadratmetern all mein Gut mit Ausnahme

der schöne n Dinge u n d g i b t A n wei s u n gen , wie die-

meiner in den Korridor ausgelagerten Bibliothek.

s e zu b ew ä l t ige n s in d .

I ch würde j edo ch n icht vo n ein er zu k leine n B e -

1

ha usun g, so n dern v iel eher vo n ein er seh r i nt e nNeben d e r Aus a r b ei tu n g d es k l ei n en B ü ch l ein s

siven Wohnsituation im positiven Sinne sprechen.

M N EMOS Y N E (Ab b . 0 4 ) , i n d em ei n e Au s wa h l per-

Auch un sere K üche wird durch ein n ichtvorh an-

s önlich e r Z e ichnun gen m ei n e Au s ei n a n d erset-

den es Wo hn zimmer a ls ein ziger gemein sch af t li -

zung m i t d e m A l l t ä g l i ch e n z e i g t , h a t m i ch a uch

cher Ort der Wohnung extrem hoch frequentiert.

meine Wo hns it ua t io n i n H a m b u rg s eh r s ta r k in

Dies hat ung laublich pragmatische, aber positive

meinem Na ch d e n ke n ü b e r A r ch i t e k t u r ge p r ägt.

Neben wirk un gen : Da s Ko llek tiv wird gef örde rt , di e

Über d a s d r e i b ü n d i ge T r e p p e n h a u s , we l ch e s auf

Hygien e un d Pf lege der gemein scha f tliche n Räu -

vier Ges chos s e n z wö l f Wo h n u n gen ers ch l i es st,

me ( K üche un d Ba dezimmer) bedürfen ke i ne r ak-

hatte ich d i e M ö g l i ch ke i t , e i n n a ch b a rs ch a f t liches

ribischen Orga n isa tio n - es f un k tio n iert e i nfach .

M iteinand e r z u e r l e b en .

Un d n icht zuletzt wird da s ‚ Wo hn en ‘ zu ei ne m

Of t is t Jürge n, d e r d i r ek te Na ch b a r u n d H a u s-

a n gen ehmen Hin terg run d des Allta gs.

war t bei mir gewe s en , o d er i ch h a b e m i t i h m a uf seinem B a l ko n i m D u f t d e s Z i t r o n e n g r a s e s , das

Als Fo rtf ührun g mein er Beschä f tigun g m i t d e r

er dort h i n z ü ch t e t , e i n B i e r o d e r Te e ge t r u nken.

Schö n heit des Alltä g lichen mö chte ich üb e r e i ne

Laszlo, d e r K ü n s t l e r i m D a ch ge s ch o s s h a t mich

persö n liche Ref lexio n die Po ten zia le des ve rd i ch -

eigentlich j e d e s M a l , wen n i ch d a s H a u s b etre-

teten Ba uen s beleuchten , die es n eben se i ne n

ten ode r ve r l a s s e n h a b e b eg r ü s s t u n d m i t mir

ö ko lo gischen Vo rteilen birgt.

ein paar Wo r t e gewech s el t. M i t d em zei gen m ei-

Die Schönheit des Alltäg lichen meint in diesem

ner Zeichnunge n ko n n te i ch ei n I n ter es s e i n ihm

Falle die Ruhe und Gelassenheit im Umgang mit

wecken und e r ha t m i ch zu s i ch i n s ei n e Wo hn un g

den ein fa chen Din gen ( Abb. 07) .

eingela d e n, z w is chen B i l d er u n d S k u l p tu r en ha ben w ir z us amme n ü b er d a s S ch ö n e ges p r o chen . Das dicht e Wo hnve r h ä l tn i s h a t m i ch d u r ch die M ög lichke it e n, d ie es m i r b o t i n m ei n em S tu dium 1 Alexander, 1977, S. 9


Woh n e n E i n ko mp lexer F un dus

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Wohnen Ein komplexer F undus

Um n e u e Wo h n u n g s t y p o l o g i e n z u e n t w i ckeln, ist das Na ch d e n ke n ü b e r d a s Wo h n e n a n s i ch mit all

Ab b .08_Zimmer

s eine n Fe inhe iten h eu te ei n e d er H a u p tauf ga -

Eidel stederweg, Hamb urg

ben d e r A r ch i t e k t e n . D a s e r a r b e i t e t e Wi ssen über gel unge ne und ges ch ei ter te ‚Wo h n ex p er imen te‘

Unter europäischem Verständnis total ausgereiz t : D e r I n n e n h o f

ma ch t d a s We s e n d e s Wo h n e n s i m m e r s chwieriger

misst gerade mal vier Meter Breite. Die Einsicht vo n K ü ch e z u

g r e ifb ar. Z a hl r e i ch e P u b l i k a ti o n en b es chä f tigen

Küche ist direkt. Die Schlafzimmer sind stirnse i t i g a n ge o r d n e t

s ich mit d e m Wo h n en : ‚Wi e wo h n en w i r ? Wo wo h-

und haben deshalb eine Grössere Distanz zu ihr e m G e ge n ü b e r.

nen w ir ? Unt e r wel ch en Um s tä n d en ? ‘

Die Einsicht zum Nachb arn üb er eine nonverb al e Ko m m u n i k a t i -

Die B e s ch ä f t i g u n g m i t d i e s e n F r a ge n u nd der

on vermittelt ein gutes Gefühl, nicht alleine zu s e i n . M a n ke n n t

Vers uch d ie s e zu b ea n two r ten f ü h r en d a zu, Hilfs-

die Geschichte seines Nachb arn im eigenen Bil d a ls Beo b a ch t er.

mi t t e l in For m vo n M eth o d en zu en tw i ckeln um eine rs e it s Z us a m m en h ä n ge b eg r ei fen u n d da rstellen z u kö nne n u n d a n d ers ei ts a u f d i es e E rken n tniss e z u r e a g ier en . D i es e A b s tr a k ti o n s - , An a lyseund Ko n z e p t u al i s i e r u n g s p r o z e s s e h e l fe n enorm, Arg ume nt e für s p ezi f i s ch e Au f ga b en zu en twicke l n . S ch w i e r i g w i r d e s d a n n , we n n i ch mich als Ar chit e k t nicht m eh r vo n d i es en P r o zes sen zu lö sen ve r m a g u n d d a s Ko n z e p t n i ch t z u m erstrebten Gewinn für d ie Nu tzu n g f ü h r t. O d er ko nk reter fo rmu l i e r t : Ko m m e i ch z u m Z i e l , we n n i ch ein sehr s chö n e r k l är b ar es Ko n zep t b i s zu m b i tte ren E n de kons e que nt d ur ch zi eh e u n d d a m i t kei n e Qua litä ten f ü r d a s Wo h n e n e r z i e l e ? A n d e rs ge f ragt: ‚Wie mu s s ich mich ver h a l ten u m eb en d i es en Mehrwer t ne b e n d e m Wo h n en zu gen er i er en ? ‘ Wir a l l e s ind ‚ Wo h n en d e’ - o b i n ei n er fa m iliä ren Um ge b u n g , o b i n e i n e r Wo h n ge m e i n s ch af t oder in e ine m Einz el h a u s h a l t. Wen n i ch d i es e n ‚ Mehrwer t ‘ ins Fe l d fü h r e geh t es v i el l ei ch t a uch da rum,

da s , Spezif ische‘ o der da s ‚ Spezielle‘ am e i ge ne n Wo hn umfeld din gfest zu ma chen , zu b e g re i fe n. Bra ucht den n ein e Wo hn un g - a ls Ra um fü r d as Wo hn en - etwa s Spezielles, da mit wir woh ne n können? Uns wohl fühlen können? Eine Heimat haben k ö n n en ? Wenn ich aus meiner eigenen Wohnerfahrung spreche, würde ich behaupten, dass nur vor dem Hin terg run d ein er in ta k ten I n teg ra ti on an e i ne m Ort ein f un k tio n ieren des Wo hn en im S i nne e i ne s ‚ sich wo hl Fühlen s‘ un d ‚ Heima t Versp ü re ns‘ st at t f in den k a n n . Ob n un a ber diese Aspekt e arch i tektonischer Natur sein müssen – in Form einer ma ssgeschn eiderten Wo hn un g - wa ge i ch z u be zweifeln . Vielmehr den ke ich, da ss die Arch i t e kt u r ein es Ortes da s Wo hn en zula ssen muss, spri ch , di e


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Woh n e n E i n ko mp lexer F un dus

I ndividual it ät d e s Wo h n ers m u s s zu m Au s d ruck gebrach t we r d e n k ö n n e n . I m b e s t e n Fa l l s chaff t es die Arch i t e k t u r, i h r e B ewo h n e r z u d i e s e m S chritt zu mot iv ie r e n. In best i m m t e n L e b e n s s i t u a t i o n e n k a n n Wo hnen darin b e s t e h e n , n a ch d e r A r b e i t n a ch H a u s e zu komme n , z u d u s ch e n , z u ko ch e n , z u e s s e n , zu trinken - a l l e s vo r l a u fe n d e m Fe r n s e h e r u n d im Anschl u s s u n r e f l e k t i e r t z u B e t t z u ge h e n . Und in ander e n S it uat io n en , v i el l ei ch t s o ga r a m dir ekt dar auf fol ge nden Ta g , l eb t gen a u d er g leiche M ensch e in ung l a u b l i ch ko m m u n i k a ti ves L e ben , lädt vie l e M e n s ch e n e i n , e s w i r d i n d e r s e l b en Woh nung nicht d e r Fer n s eh er a n ges ch a u t, so n dern en o r m v i e l We i n ge t r u n ke n u n d e i n fa ch über das Leb e n d is k ut ie r t. Archite k t u r k a n n l e d i g l i ch d e n H i n t e rg r u n d für das Wo h n e n b i e t e n , s i e k a n n d e n M e n s ch e n aber nich t zum ge me insch a f tl i ch en L eb en zw i n gen . T r otz d e r ko mp l e xe n F r a ges tel l u n g , d i e d a s Wo hnen mi t s e i n e m ge s a m t e n Wi s s e n s f u n d u s a ufwirf t, gibt es f ü r d e n A r ch i t e k t e n o d e r d i e A r ch i t e ktin ganz konkr e t e Kr it er i en , u m d i es e a d ä qu a t zu beantwo r t e n. Er / s ie ei g n et s i ch d i es e Ko mp e ten z im L au fe d e r Aus b il d u n g a n u n d b ef ä h i g t s i ch damit, d a s Wo hne n m i t ei n er ei gen en s p ezi f ischen Haltun g z u p r ä ge n . Un t e r d e r B e d i n g u n g , d ass ich

Ab b .09_Die Bar im Wohnzimmer - Kostb ar, Hamb urg

als aus ge b i l d e t e r A r ch i t e k t b e f ä h i g t b i n , Wo hnung und au ch a n d e r e G e f ä s s e d e s s t ä d t i s ch e n L ebens

Das Wohnzimmer wird zur Bar. Die Tapete, die an Hei m a t li ch kei t

zu bear b e it e n, is t d a s k u m u l i er te Wi s s en r u nd um

erinnernden Bil der, die Bl umenvase, der Hinterg run d d es Wo h -

die Kul t i v i e r u n g d e s Wo h n e n s n i ch t A n l a s s zur

nens nistet sich an den urb anen Orten der Stadt im So u s - Pa r t er -

Resign at ion, s o nd e r n ei n e C h a n c e, m i t ei n em ma -

re R aum ein. Viel l eicht ist es die minuziöse Freude des M a ch ers ,

x imalen F und us an Wi s s en u n d E rfa h r u n gen da s

des Wirtes, an diesen Dingen, die zum Ausdruck gebr a ch t u n d

Woh nen p os it iv z u p r ä gen .

al s Gast aufgenommen und angenehm empfunden wi r d .


We r t e d e s Wo h n e n s

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Wer te des Wohnens

Da mit ich in e in em Wo h n u m fel d M eh r we rte gen er ie r e n ka nn, m ö ch te i ch d a s Po ten zi a l d e s Mehrwer t e s z unä chs t u m s ch r ei b en : Un a b h ä n g ig davo n , was ich in me in er geb a u ten Um wel t f ü r Vo ra uss et z unge n vorfi n d e, gel i n g t es m i r Begeisterun g zu e n t fa ch e n , we n n i ch m i ch i n d i e s e i n teg rieren kan n , we n n i ch m i ch i n i h r o rga n i s i e r e n kann, una b h ä n g i g d avo n , w i e g r o s s o d e r w i e k lein sie is t und o b d ie A r ch i tek tu r i n ta k t o d er zerstö rt ist. Wenn ich e inge zo gen b i n u n d m i r ei n e Heima t gesch a f fe n h a b e , f ü h l e i ch m i ch s t o l z u n d g lücklich. Die s e s B e d ürfn i s n a ch ei n em g l ü ck l i ch en Zuha us e we it e t s ich a u ch ü b er d i e M a u er n d er eigen en Wo h n u n g h i n a u s a u s . D i e B e f r i e d i g u n g über eine Ar b e it s t e l l e , b e i d er i ch m i ch u n d m ei n T un a usdrücke n k ann, u m etwa s h er zu s tel l en , trä gt gen a u so z u d i e s e m G e f ü h l b e i , w i e e s M e n s ch en um mi ch h e r u m g i b t , o h n e d i e d i e b e s t e u n d schönste Wohnung nichts wer t w ä r e. Wi e k a n n a l so Mehrwer t ge ne r ie r t wer d en ? Der B a l ko n a n der r i ch ti gen S tel l e i n d er Wo hnu n g u n t e r l i e gt o f t We i s u n ge n i m M i e t vertrag, das s man ihn n i ch t b ep f l a n zen d a rf . D er Ra um im Ke l l e r k ö n n t e vo n s e i n e r B e s ch a f fe n heit her eine s chö ne G em ei n s ch a f ts wer k s ta tt b i eten , wird aber we d e r ve r m i etet n o ch u n ter h a l ten u n d bleibt deshal b l e e r. Di e D a ch ter r a s s e verf ü g t ü ber keine ge p r üf t e A b s tu r zs i ch er u n g u n d i s t mit der Bes ch i l d e r u n g ‚ B e t r e t e n s t r e n g s t e n s ve rboten‘ vers e he n. Ein M eh r wer t k a n n d a r i n b es tehen , da s Gel ä n d e r fa ch m ä n n i s ch z u m o n t i e r e n , das Schild

Ab b .10_La Gal l eria Mückenkampstrasse, Hamb urg

R eza heisst der Perser g l eich um die Ecke und ko ch t t ä g li ch fü r rund zehn Gäste eine Auswahl von drei bis vier G e r i ch t e n . S e i n Raum misst ungefähr fünf auf fünf Meter, darin s t e h t e i n e B a r, sein Kochherd, Kühlschrank und eine Auswahl a n G e t r ä n ke n . I m ca viereinhal b Meter hohen R aum b il den Bil d er, d i e G et r ä n ke- und Speisekarte und andere Accessoires die At m o s p h ä r e d e s Ortes. Nicht zul etzt steht ab er R eza da setzt sich zu ei n em u n s sucht das Gespräch mit seinem unverwechselba r e n A k z e n t . Au f eine sehr angenehme Weise entsteht ein warmes G efü h l - i ch esse sehr gerne b ei R eza.


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We r t e d e s Wo h n e n s

abzusch r a u b e n u n d s ch o n a m n ä ch s t e n s ch önen Somm e r a b e nd im L i eges tu h l i n d i e S o n n e zu liegen. Ein M e hr we r t k a n n s ei n , en tgegen d en Verordnun ge n d e n B a l ko n i n A n s p r u ch z u n e h men, ih n zu b e g r üne n un d i h n zu b el eb en . Un d i m bes agten Ke l l e r w ir d d i e Wer k s ta tt n u n ei n ger ichtet. Diese M e t h o d e t r e n n t d a s G e l i n ge n d e s S ch önen von der Ar chit e k t ur s el b s t. Bl o s s : D i e A r ch i tektu r m us s a uch H int erg r u n d b i eten k ö n n en ; die Dachte r r a s s e , d e r R a u m i m Ke l l e r u n d d e r Balkon müssen vo r h a n d e n s e i n , d a m i t s i e b e s p i e l t werden können . Ich möcht e a l s A r ch i tek t a n d i es en Din gen F r e ud e e nt w ickel n u n d a n i h r G el i n gen g la uben. Un d i ch d a rf m i ch i n d i e s e n M o m e n t e n auch auf die B ewo h n e r u n d B ewo h n e r i n n e n ve r l a ssen; darauf , d a s s d i e s e B e d ü rf n i s s e vo r h a n d e n s ind u nd dies e Qual it ät e n a u ch i n A n s p r u ch gen ommen werden , s o fe r n d i e A r ch i t e k t u r s i e w i r k l i ch bieten kann. Über d i e F r e u d e a n d e r M a t e r i e k a n n Po s i t i ves entwicke l t u n d k ö n n e n We r t e e r z e u g t we r d en. Dies e Fr e ud e t r o t z d er Vi el fa l t d es h eu ti gen An gebote s a u f r e ch t z u e r h a l t e n i s t e i n e n i ch t ganz einfach e a b e r not wen d i ge A n gel egen h ei t, u m dem Anspruch d e r S chö n h ei t zu gen ü gen .

Ab b .11_Kupferkrug Mundsb urger Damm Hamb urg

Friedel und Thomas hab en uns jeweil s nach den Litera t u r vo r lesungen am Mittwoch empfangen: ‚Ah die Schweizer si n d w i e d e r da!‘ und haben uns drei ‚Küg lis‘ (Bier) mit dem sch ö n s t e n Schaum der Stadt gebracht und bei der zweiten Rund e ge f r a g t , ob wir auch heute gerne etwas W ährschaf tl iches b ei I h n en es s en möchten, I n der Küche ist Thomas, den Matjessal at jed o ch m a ch t Friedel mit fünfundsieb zig Jahren immer noch sel b er. G egen Ende des Ab ends sind wir ab und an noch zu einem o d er zwei Gläser Helbling (echter Hamburger Kümmel) eingela d e n u n d werden mit der Vorfreude auf den kommenden Mittwo ch i n d i e Nacht verab schiedet.


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A b b. 12 _ L a C a n t i n e ll a M e t h fe s s e ls t r a s s e Ham burg

‚ Wi r s i n d e i n e We i n bar‘ lästert Diego of t über seine Kunden, d i e w i e d e r e i n m a l d ie Bionaden und den Biervorrat wegtrinken o d e r i m b e s t e n Fa l l den offenen Wein in der Halbliterkaraffe b e st e l l e n . E r ko ch t jeden Abend seine Pasta-Karte durch und wi l l h a u p t s ä ch li ch den g uten italien is chen Wein verkaufen. Sein H a u p t e i n ko m m e n r egelt er aber über das Internet und liefert D e l i k a t e s s e n u n d Wein in die ganze Welt. ‚Die Russen bezahlen e i n i ge s m e h r f ü r d en Montepulciano als hier die Deutschen.‘ D i e g o ge h t n i ch t a l lzu zimperlich mit seinen Gästen um. Wenn e r ke i n e Lu s t m e h r hat zu kochen , is t ab 18.00 die Küche ges ch l o s s e n u n d d i e noch freien Plätze ausnahmslos reserviert, e r n i m m t a b e r ke i n e Reservationen entgegen: ‚Das machen wir nich t !‘ Um z we i U h r m o rgens ist dann endgültig Feierabend, die S tam m g ä s t e , d i e f ü r ein billiges Glas Wein auf ihr er Tour ihren l e t z t e n Po s t e n a b s o lviert haben werden nach Hause geschickt u n d D i e g o l ä d t s e i ne Angestellten noch auf ein Nachtessen im RIB S e i n , wo e s d i e gan ze Nacht dur ch war m e Ger ich te gib t.


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B ild a n aly s e E i n Fo rs chun g s m odell

Bildanalyse Ein Forschungsmodell

In der B i l d a n a lys e e i n e r M o m e n t a u f n a h m e des

einen Hang zu schönen, seltenen Dosen.

Gewöh n l i ch e n m ö ch t e i ch ve rs u ch e n e i n e weitere Annäh e r ung an d a s Vers tä n d n i s d es S ch ö n e n zu

Diese Beschreibun gen k ö n n ten n un bei all d i e se n

leisten.

kleinen Dingen, die hier stehen ins Unendliche weiter betrieben werden; sämtliche Dinge sind

Die Bet r a ch t u n g d e s B i l d e s l ö s t E r i n n e r u n gen aus

Trä ger ein er k lein eren o der g rö sseren Gesch i ch -

an Mom e nt e , d ie m a n m i t s o l ch en R ä u m en ver-

te, die mehr o der min der in teressa n t ist. Als fas-

bindet. De r B o d e n, d i e H ei zu n g , d a s Fen s ter, a ber

zinierend empfinde ich aber vor allem die Frage,

auch d i e K ü ch e n a pp a r a t e , d i e a u t o n o m u n d nicht

wa rum diese Ko n stella tio n a n Geschichte n von

in Form d e r h e u t e i n Ne u b a u t e n ve r b r e i t e t e n

mir als Betrachter als schön empfunden wird. Sei

Einbau k ü ch e n d a st e h e n , b i l d e n e i n e n p r i m ären

es in einem ersten Schritt, indem ich physisch

Rau m e ind r uck und tr a n s p o r ti er en d em / d er Be-

a n wesen d in diesem Ra um sitze, zeichn e, au fne h -

trachte n d e n e i n e i rge n d w i e b e k a n n t e , h e i m ische

me und vielleicht gar nicht so viel überlege - oder

Stimm u n g . S e k u n d ä r u n t e rs t ü t z t d i e M ö b l i erung

sei es in ein em zweiten Schritt in der Bet rach t u ng

mit dem G us s e is e n ges tel l , T i s ch u n d S tu h l i m Vo r-

un d An a lyse des Bildes, a ls Mo men ta uf n ah m e

derg r und d ie s e Er in n er u n gen a n d a s WG - L e ben in

ein er Atmo sphä re. Vermutlich bin ich übe rwält i g t

der Alt b a uwo hnung . N i ch t zu l etzt s teh t d i e Bia let-

von der Dichte, die diese Geschichten auf mich

ti-Es pre s s o ma s chin e b er ei t f ü r d en n ä ch s ten K a f -

a usstra hlen un d die mich beein druck t. Die Re i ch -

fee au f d e m Ga s he r d . D er A b wa s ch tr o g u n d d ie Ge-

haltigkeit des Herkömmlichen besitzt die Kraf t

schirra b l a ge s i n d ü b e rf ü l l t u n d d e r T i s ch i s t noch

durch ihre Dichte und Selbstverständlichkeit mich

mit dem F r ühs t ück b el eg t. M i l ch u n d O r a n ge n sa f t

in Bann zu ziehen, sie als schön zu empfinden

s teh en im Te t r a p ack d a , n i ch t s ch ö n i n d er K a -

und entsprechend zu bezeichnen.

raffe ‚d e k a n t i e r t ‘ . D i e B u t t e r j e d o ch w i r d n i cht im

I m Auf ba u der Beschreibun g mö chte ich noch -

Alupap i e r s o n d e r n i m d a f ü r ge d a ch t e n Po r z ellan

mals die Unterteilung der primären, sekundären

s er vier t . D as b e r e it s er w ä h n te g u s s ei s er n e G e-

un d tertiä ren Din ge a n sprechen . Als prim är h abe

stell im H i n t e rg r u n d a n d e r l i n ke n Wa n d fa sst

ich die rein architektonischen Elemente, die auf

den ges a mt e n Vo r r a t a n Na h r u n g s m i ttel d i eses

dem Bild zu sehen sin d, erwä hn t: Fen ster, B o-

Zweipe rs o n e n h a u s h a l t e s . D i e m e i s t e n D i n ge sind

den , Decke un d Wä n de, welche dem Ra um e i ne

in unte rs ch i e d l i ch e n D o s e n a u f b ewa h r t . B e reits

primäre Prägung verleihen. Sekundär wi rken die

dieser kl e ine S a chver h a l t tr ä g t ei n e G es ch i chte

ganze Ausstattung und die Möblierung ebenfalls

in sich : D i e e i n e B ewo h n e r i n j o b b t n ä m l i ch als

prägend auf den Raumeindruck und übernehmen

Nebenve r d ie ns t im B a s l er D o s en m u s eu m u nd ha t

hauptsächlich funktionale Aufgaben (Tisch, Stuhl,


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A b b. 0 7 _ K端 ch e S i e r e n z e rs t r a s s e B as el 2011


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Bild an a ly s e E i n Fo rschun g s m odell

Kü ch ene l e me nt e , G ew ü r z u n d Na h r u n g s m i ttelregal, Kühl s chr ank e tc . ) D i e ter ti ä r en E l em en te sin d all diese k l e ine n Di n ge, d i e d em Wo h n en s o na he sind. Au ch d i e A r t w i e s i e b e n u t z t we r d e n ; ob eben der Or a nge ns af t a u s d er Pa ck u n g o d er a u s der Karaf fe kommt .

Ab b .13_Küche Grenzacherstrasse Basel 2011

Die kon z e p t i o n e l l e Un t e r t e i l u n g z w i s ch e n p rimär, s eku nd ä r und t e r t iä r b i l d et n i ch t d i e Bed eu tun g

Vier Zimmer, vier Personen, eine Küche. Al s wir eingezo gen

im Bez u g a u f d i e a t m o s p h ä r i s ch e P r ä g u n g des

sind, war die Wand noch nicht rot, aber eine Woche sp ä t e r wa r

Raume s a b , s o n d e r n a u f e i n e p r a g m a t i s ch e Weise

sie es. Das Gestel l Anfang noch säub erl ich organisiert ü b er qu i llt

die Ver änd e r b ar ke i t d er D i n ge s el b s t. I m G egen -

wegen einer Anhäufung an guten Dingen. Ab und an ve rg i s s t

satz zu r Pe r m a n e nz e i n e s Fe n s t e rs s i n d B u tter,

man, dass man eigentl ich schon ein paar Zwieb el n geh a b t h ä t t e,

Käse u n d S a l z s t r e u e r t ä g l i ch a n d e rs a u f d e m

und man die Äpfel vielleicht ein bisschen früher hätt e e s s e n

Tisch o d e r e b e n a n a n d e r n O r t e n z u f i n d e n ; sie

sollen. Die WG-Küche hat ihren eigenen Rythmus. We i l s i e d e r

sind w i e d a s Fe n s t e r a u ch i n B e n u t z u n g , j e doch

einzige R aum ist der zu einem kol l ektiven Verweil en ei n lä d t i s t

u nter a nd e r e n B e d i n g u n gen . A l l d i es e D i n ge

er hoch frequentiert und durch die Benutzung auch gep f legt .

wirken n i ch t u n we s e n t l i ch a u f d i e Wa h r n e h mung des Ra u m e s u n d d e s B i l d e s e i n u n d fo r m e n eine Ges am t he it , e ine At m o s p h ä r e, i n d er m a n s i ch s ch lu ss e nd l ich wo h l f ü h l en k a n n o d er n i ch t. Die K üche hat mich d es wegen ex tr em i n ter essiert und in s p i r i e r t , we i l s i e d i e Un m i t t e l b a r ke i t der Dinge z w is che n A r ch i tek tu r u n d A l l ta g s o d irek t mitein and e r ve r b in d et.


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A b b. 14 _ Kü ch e

Ab b .15_Thai, China, Asia

Eide ls t e d t e r we g , H a m burg , 2011

Methfessel strasse, Hamb urg

D re i E le m e n t e f ü r zwei Pers on en . Wen n Dir k gekoch t hat, musste

Nicht viele Worte haben wir gewechselt. Sie steh t h i n t e r d e m

e s s ch n e l l ge h e n E i ne Pfanne Spaghetti und im besten Fall eine

Tresen, nickt mir zu, während ich die Nummer a u s d e r Au s wa h l

au f gew ä r m t e S a u c e in ein em zweiten Topf . Die Fer tig- Pesto

zwischen Thai, Chinesisch und Asiatisch ausspr e ch e u n d f r a g t

S au c e k a n n m a n j a auch dir ek t in die Pas ta s tr eichen. Nach ei-

mich: ‚Tee?‘, und ich nicke. Nicht täg lich, aber d o ch o f t h a b e i ch

n e m l a n ge n A r b e i t stag, schnell Essen Fernseher an und geistig

während der Arbeit den Take Away um die Ecke a u f ge s u ch t , s i e

A b s ch a l t e n . O b wo h l wir uns auch gut verstanden haben, war es

kochen da nicht sonderl ich gut, die Ente ist of t i m a lt en Oel ge-

e i n P r o b l e m , d a s s während ich gekocht habe Dampf in der Küche

b raten, die Hol zb änke auf dem Bürgersteig wirken a u ch eh er i m -

e nts t a n d e n i s t , u n d ich s owohl Tis ch als auch an dere Ab l agef l ä-

provisiert. Jedoch war es irgendwie einfach gut. Au ch s ch o n i s t

ch e z u m Au s le ge n i n An s pr uch gen om m en habe.

Jürgen, mein Nachbar, vorbei gegangen und wir h a b e n e i n p a a r Worte gewechsel t. R eza hat mich gefragt: ‚Gehst d u j et zt fr em d ? Warum kommst du nicht zu mir essen? ‘ ... Das Qu a r t i erges p r ä ch .


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Ar ch i t e k t u r d e s K l ei nen E in Fazit

Architektur im Kleinen Ein Fazit

Die par a l l e l e B e a r b e i t u n g vo n t h e o r e t i s ch e r

wandelt sich dann zu etwas, was man nun darf.

Ar beit und Ent w urfs p r o j ek t h a t m i r d i e M ö g lich-

Bei diesem Spiel geht es nicht um Qualitäten,

keit ge ge b e n, me ine n G ed a n ken g ä n gen ü b er da s

so n dern um da s Verteilen vo n E rfo lgschance n.

Schöne a u ch i n d e r m e i n e r a r ch i t e k t o n i s ch en und

Über diese Dinge lohnt es sich meiner Meinung

physis che n A r b e it n a ch zu geh en . I n d em d a rin en t-

n a ch n icht zu disk utieren . Viel in teressa nt e r fü r

s tandene n s e hr komp l exen G eb ä u d e, i n d em run d

die Weiterf ührun g des Fa chdisk urses ist di e Frage

2 ‘0 0 0 Bewo hne r un d Bewo h n er i n n en ei n Z uha use

n a ch messba ren Qua litä ten .

f inden, hab e ich d ie Bezi eh u n g zw i s ch en G r ossmas s täb l ichke it un d d er k l ei n tei l i gen u n d i den ti-

Die Schönheit ist dabei ein nicht ganz einfach

tätstif t e n d e n S t r u k t u r d e s Wo h n e n s u n t e rs ucht.

einzustufender Faktor; sie ist schwer g reif- und

Die kle i n e n D i n ge , d i e e i n Wo h n u m fe l d b ewohnbar,

erklärbar. Die Suche nach dem Schönen muss sich

angenehm und s p e z i f i s ch m a ch en f i n d en R aum

nicht über weite Wege erstrecken, denn sie ist

u nd f ü ge n s ich s e l b s tvers tä n d l i ch i n d en a l l tä g li-

ga n z n a he im Alltä g lichen zu f in den .

ch en A b l auf d e s Wo h n en s ei n . Dies e D inge e r l a ub e n i n ei n em ers ten S ch r i tt mir, als Den ke r d ie s e r A n l a ge, F r eu d e a n i h n en z u en tw ickeln und an ihn en zu a r b ei ten . F r eu d e i st wo hl das wich t i g s t e G e f ü h l , we l ch e s i n j e d e r A r b eit, in jedem T un z uge l as s en wer d en m u s s . Wenn ich d as ar chit ek to n i s ch e T r ei b en d er h eutigen Z e it k r it is ch b eo b a ch te, f ä l l t es m i r o f t schwer I n t e n t i o n e n d e r M a ch e n d e n z u l e s e n. Of t spüre i ch v i e l m e h r e i n e a n ge s t r e n g t e A b s i cht, s ich in e ine r z e it ge m ä s s en zwecken tf r em d eten Ar ch itek t urs p r a che zu ver a n ker n , a l s d i e F reude an der S a che s e l b s t zu vers teh en . E s g i b t ei nen Kodex d a r ü b e r, wa s m a n d a rf u n d wa s m a n nicht darf. We n n m a n d a s , wa s m a n n i ch t d a rf , a u f eine geschick t e A r t u n d We i s e b r i ch t , k a n n m a n als Trends e t t e r E rfo l g h a b e n ; u n d d i e s e r S a ch verhalt


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A b b. 16 _ B e lle a lli a n c e-Str as s e Ham bu rg 2 011

O b wo h l d i e Fa h r z e uge, den rechten Rand des Trotto irs gänzlich d om i n i e r e n , t e i lwe i s e auch der Motor n och läuf t,... Wenn die Sonn e s ch e i n t , we r d e n beim Café Tati an der Bellealliance-Strasse i n H a m b u rg d i e S t ühle und Tische hinausgestellt und somit die S tra s s e be le bt . E s e n ts teht ein Or t, wo m an s ich ger ne hinsetzt.


60

Abbildungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

s äm tliche A b b il d un gen : B i l l , M a tth i a s

Alexa n der, Christo pher ( Hrsg. ) , Alexa n der, Ish i kawa, Silverstein: A Pattern Language - Towns -

mit Au s n a h m e : A b b . 0 3 : B u ch t i t e l : A l e xa n d e r,

Buildin gs - Co n struc tio n , Oxfo rd Un ivers i t y P re ss,

Ishikawa , S i lve rs t e i n : A Pa t t e r n L a n g u a ge - Towns

New Yo rk 1977

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Deutsche Fa ssun g:

P res s , New Yor k 19 77

Czech, Hermann: eine Mustersprache - Städte Gebä ude - Ko n struk tio n , Lö cker Verla g, Wi e n 1995 Rüedy, Peter: Dürren ma tt o der die Ahn ung vom Ga n zen , Dio gen es Verla g, Zürich 2011


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