Basel um 1980 - Zwischen Postmoderne und Swissbox

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Masterstudiengang Architektur Essaysammlung Vertiefungsarbeit Herbstsemester 2016

Basel um 1980 Zwischen Postmoderne und Swissbox

Masterstudiengang Architektur Essaysammlung Vertiefungsarbeit Herbstsemester 2016

Basel um 1980 - Zwischen Postmoderne und Swissbox


Titelbild: Herzog & de Meuron, Blaues Haus, Oberwil, 1979-1980

Masterstudiengang Architektur Vertiefungsarbeit Herbstsemester 2016 Departement Technik und Architektur Modulverantwortung: Prof. Dr. Oliver Dufner Dozierende: Prof. Dr. Oliver Dufner, Dr. Christoph Wieser Assistentin: Patricia Lehner




Inhalt 4

Vorwort Die Grammatik des Details

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Fügung der Einzelteile zum Ganzen Arbeiten von Herzog & de Meuron 1985-1988 Mathieu Gutzwiller Die Aufgabe der Fassade in Diener & Dieners Frühwerk

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Eine Untersuchung der Wechselwirkung zwischen Raum und Fassade anhand des Wohnhauses am Burgfelderplatz Patrick Herger Enthüllende Haut

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Die Fassade als losgelöste Schicht bei Herzog & de Meuron Rushan Sejdini Form und Typus

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Vom Blockrand zum Ensemble bei Diener & Diener Pascal Zwyssig Themenübersicht der weiteren Arbeiten

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Bautensteckbriefe

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Vorwort Die Architekturdebatte der 1980er-Jahre war stark durch einen Diskurs geprägt, der in verschiedenen geisteswissenschaftlichen Disziplinen der Frage nach den Werten und Ausdrucksformen der kulturellen Produktion als Ganzes nachging. Diese Diskussion fand Ihr Abbild einerseits in der Architekturtheorie (beispielsweise in der Debatte zur Semiotik oder dem Umgang mit dem Bildhaften). Andererseits war die damalige architektonische Produktion stark stilistisch geprägt und artikulierte sich in einer eklektischen Vielfalt. Diese, unter dem Titel der Postmoderne geführte Auseinandersetzung lebte stark von der Idee, eine `neue Form der Modernität` (Wolfgang Welsch) zu beschreiben, die sich auf vielschichtige Art von der als zu eindimensional kritisierten Moderne absetzte und eine Pluralität der Meinungen und Formen zuliess. Innerhalb dieser Kulturdebatte suchte die Architektur jedoch bald wieder ihre disziplinäre Autonomie. In der schweizerischen Debatte reklamierten sehr bald die Generation der in den 1970er Jahren ausgebildeten Architekten die Deutungshoheit für sich. Geprägt durch die sorgfältige kritische Lektüre der modernen Architektur und die Ausbildung an der ETH unter Lehrern wie Dolf Schnebli, Paul Hofer und Aldo Rossi, begann diese Generation die Qualität der historischen Stadt wieder zu schätzen und intervenierte mit Bauten, die sich durch eine spezifische typologische Haltung und Formensprache auszeichneten. Dieses historische Phänomen lässt sich am Beispiel der Architekturdebatte in Basel um 1980 treffend beleuchten. Mit Jacques Herzog & Pierre de Meuron und Roger Diener nahmen Architekten ihre berufliche Tätigkeit auf, die durch Ihre Ausbildung an der ETH Zürich an die städtebauliche Tradition anknüpften, im formalen Ausdruck ihrer Bauten aber nicht mehr dem Kanon der avantgardistischen Moderne folgten, sondern in der Verfremdung von Prinzipien aus der anonymen Architektur neue Akzente setzten. Ergänzt wurden sie durch Michael Alder, dessen eingehende Beschäftigung mit Typologie den Wohnbau vorantrieb. Diese Wiederentdeckung der Stadt wurde in Basel zusätzlich durch den Kantonsbaumeister Carl Fingerhuth gefördert und führte innerhalb kürzester Zeit zu einer `Bewegung`, die aus heutiger Sicht am Anfang des Aufschwunges der jüngeren Schweizer Architektur stand. Uns interessiert, welche Themen diese Zeit prägten und welche Bedingungen zu dieser spezifischen Dynamik in Basel beitrugen. Was bleibt von der Zeit des Aufbruchs um 1980? Welche Relevanz haben die damaligen theoretischen Überlegungen und baulichen Umsetzungen aus heutiger Sicht? Mit diesem Thema widmen wir uns auch in diesem Semester einer Fragestellung, die in der Schweiz ihren konkreten, von den lokalen Bedingungen geprägten Niederschlag gefunden hat. Wir tun dies, weil wir der Überzeugung sind, dass entwerfende Architekten und Architektinnen in der Beschäftigung mit der beru-

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flichen Praxis und Theorie von grundlegenden Phänomenen der Architektur wie auch von den konkreten Bedingungen und Themen beeinflusst werden, die innerhalb des Fachdiskurses geführt werden. Deshalb bietet die Auseinandersetzung mit der jüngeren Architekturgeschichte und ihren Planungen, Bauten und Protagonisten ein relevantes Feld, um die eigene entwerferische Tätigkeit zu reflektieren, und innerhalb des historischen Kontextes zu verorten. Das Semester wird in drei Abschnitte gegliedert: Zunächst erarbeiten wir uns mittels Lektüre und gemeinsamer Diskussion von Texten verschiedener Autoren, Exkursionen und Inputreferaten einen Überblick sowie ein Vokabular, um das Thema zu verstehen, einzugrenzen, und für unsere eigene Argumentation nutzbar zu machen. Im Anschluss daran dient dieses Wissen als Grundlage für die eigenständige, schriftliche Auseinandersetzung mit einem selbst gewählten Aspekt zum Thema, das in Form eines Vortrages präsentiert wird. In der dritten Phase werden die formulierten Thesen weiter verfeinert und als umfangreiche Textarbeit in eine verbindliche Form gebracht. Im Fokus unserer Betrachtung steht die differenzierte Beschäftigung mit der Theorie und Praxis der 1980er Jahre unter Berücksichtigung der spezifischen Situation in Basel. Die für diesen Reader ausgewählten, komplett abgedruckten Arbeiten zeigen die inhaltliche und methodische Breite, mit der sich die Studierenden dem Thema genähert haben. Alle Beiträge – aus Platzgründen können meist nur die Abstracts wiedergegeben werden – verbindet das Interesse, das Thema aus heutiger Sicht auszuleuchten und relevante Positionen schweizerischer Prägung auch innerhalb des internationalen Diskurses zu lokalisieren. Wir beschäftigen uns mit Themen der jüngeren Architekturgeschichte weil wir der Meinung sind, dass das entwerferische Handeln von Architekten und Architektinnen neben der eigenen Intuition hauptsächlich durch die Beschäftigung mit dem bereits Vorhandenen, sei dies der Lektüre der gebauten Realität oder die Auseinandersetzung mit theoretischen Texten genährt wird. Wir möchten im Rahmen unseres Seminars das Wissen erweitern und vor allem dazu anleiten, das eigene Handeln als Architekt kritisch zu reflektieren und die persönliche Haltung zu verorten. Wir danken allen Beteiligten für ihr grosses Engagement und ihre wertvollen Beiträge. Oliver Dufner / Christoph Wieser Im Mai 2017

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Studierende Irma Abdagic / Iris Amman / Yannick Bucher / Svenja Dürr / Sonja Fuchs / Dominik Golaszewski / Mathieu Gutzwiller / Christian Hediger / Lukas Heinzer / Patrick Herger / Benjamin Luchsinger / Johanna Markurt / Andri Marugg / Samuel Pasula / Philipp Schaudt / Rushan Sejdini / Jason Thür / Sven von Euw / Kevin Walker / Timo Walker / Stephanie Welte / André Zimmermann / Pascal Zwyssig Vorträge Prof. Dorothee Huber, Kunsthistorikerin und Dozentin für Architekturgeschichte an der FHNW in Basel Vortrag an der FHNW Basel zum Thema Basel in den 1980er Jahren sowie Stadtführung durch Basel Prof. Matthias Ackermann, dipl. Architekt ETH und Dozent für Architektur an der FHNW Basel Vortrag an der FHNW Basel zum Thema Basel in den 1980er Jahren Ulrike Jehle-Schulte Strathaus, Kunsthistorikerin und Mitbegründerin Architekturmuseum Basel Vortrag " Basel der 1980er Jahre" an der HSLU Horw Gastkritiker Schlusskritik Prof. Dorothee Huber, Kunsthistorikerin und Dozentin für Architekturgeschichte an der FHNW in Basel Martin Josephy, Architekt und Stadtplaner, Basel

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Texte Lektüreseminar Seminar 1 Steinmann, M. (1991). Neuere Architektur in der deutschen Schweiz. In Architektur in der deutschen Schweiz 1980-1990. Ein Katalog und Architekturführer. Lugano: Verlag ADV Advertising Company SA. Jehle-Schulte Strathaus, U. (2014). Von heute aus. In Flierl Christian, Jehle-Schulte Strathaus Ulrike, Ehret Roger (Hrsg.), Völlig losgelöst. Architektur der 1970er- und 1980er Jahre in der Nordwestschweiz und den grenznahen Regionen. Zürich: Park Books Hollenstein, R. (1988). Von Basel lernen. Die Suche nach der architektonischen Form der nachmodernen Polis. Neue Zürcher Zeitung, Freitag 9. September 1988 Seminar 2 Steinmann, M. (1997). Eine Architektur für die Stadt. Die Architektur von Diener & Diener. In Jacques Lucan, Bruno Marchand (Hrsg.). Forme forte. Ecrits / Schriften 1972-2002. Basel Boston Berlin: Birkhäuser – Verlag für Architektur Herzog, J. (1981). Das spezifische Gewicht der Architekturen. In Gerhard Mack (Hrsg). Herzog & de Meuron 1978-1988. Das Gesamtwerk Band 1. Basel Boston Berlin: Birkhäuser Verlag Archithese Gespräch Alder M., Herzog J., De Meuron P., Zumthor P. (1985). Reden über Holz. Archithese Zeitschrift und Schriftenreihe für Architektur und Kunst Band 5-85. Bauen mit Holz. S. 2-6 Alder, M. (1980): Elementare Architektur. Archithese Zeitschrift und Schriftenreihe für Architektur und Kunst Band 1-80. Nachkriegs-Generation Schweizer Architekten unter 40. S. 18-19

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Die Grammatik des Details FĂźgung der Einzelteile zum Ganzen Arbeiten von Herzog & de Meuron 1985 -1988 von Mathieu Gutzwiller


DIE GRAMMATIK DES DETAILS FÃœGUNG DER EINZELTEILEN ZUM GANZEN ARBEITEN VON HERZOG & DE MEURON 1985 -1988 Vertiefungsarbeit Herbstsemester 2016 Verfasser Mathieu Gutzwiller Claridenstrasse 9 6003 Luzern Dozent Prof. Dr. Oliver Dufner Dr. Christoph Wieser Lucerne University of Applied Sciences and Arts HOCHSCHULE LUZERN Technik & Architektur Technikumstrasse 21 6048 Horw Master in Architektur Herbstsemester 2016 Datum 17.01.2017

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Abstract Die vorliegende Arbeit befasst sich im Rahmen des Moduls Vertiefungsarbeit unter dem Überthema „Basel um 1980 – Zwischen Postmoderne und Swissbox“ mit der Thematik der Detailfügung und deren Auswirkungen auf die architektonische Erscheinung. Im Zentrum dieser Arbeit stehen zwei Bauten: das Haus für einen Kunstsammler in Therwil und das Haus Schwitter in Basel. Beide wurden von Herzog & de Meuron im Raum Basel erbaut. Durch den Vergleich zweier Details, einerseits das bildhafte und anderseits das konstruktive, können Fügungsprinzipien und deren Einfluss auf die architektonischen Absichten veranschaulicht werden. Es zeigt sich, bei diesen beiden Bauten, ein sensibler Umgang in der Detailierung von Einzelteilen, die ein gefügtes Ganzes ergeben. Um die Balance zwischen Einzelteilen und Ganzem zu gewähren, sind die Materialien und deren Detailierung eine unumgängliche Notwendigkeit. Wobei sich die Konstruktion der Details der Architektursprache einer optischen Verständlichkeit unter ordnet. Die Auseinandersetzung mit dem bewussten Fügen im Detail zeigt sich besonders in den frühen Arbeiten von Herzog und de Meuron als wichtiger Bestandteil ihrer architektonischen Sprache. Dieses Interesse eines sensiblen Umgangs in der Fügung der Materialien, welche die Architektursprache prägen, bildet die Ausgangslage dieser Arbeit.

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INHALT 1. EINLEITUNG

1.1 Haus für einen Kunstsammler, Therwil 1.2 Haus Schwitter, Basel 1.3 Die Bilder als Zeichen 1.3.1 Bild der Baracke 1.3.2 Bild der 50er Jahre Architektur

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2. DAS BILDHAFTE DETAIL 2.1 Haus für einen Kunstsammler 2.2 Haus Schwitter

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3. DAS KONSTRUKTIVE DETAIL 3.1 Haus für einen Kunstsammler 3.2 Haus Schwitter

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4. VERGLEICH DER DETAILS UND DEREN BAUTEN Haus für einen Kunstsammler & Haus Schwitter

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5. FAZIT

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7. LITERATURLISTE

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8. ABBILDUNGSVERZEICHNIS

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9. REDLICHKEITSERKLÄRUNG

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1. EINLEITUNG

„Materials and thier details are the grammer of architecture.“1 Dieses Zitat ist von Mies van der Rohe, der das Detail als Grammatik der Architektur versteht. Die Sprache der Architektur kann sich nur über die Materialien und deren Detail entfalten. Abb. 1.

Eckdetaillösungen von Bauten von Mies van der Rohe: Lake Shore Drive, Chicago. Seagram Building, New York. US Courthouse, Chicago. IBM Office Building, Chicago.

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Lohan (1976), S.4.

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Lohan (1976), S.4.

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In der Architektur nimmt das Detail traditionell eine zentrale Funktion ein. In ihm fügen sich die Bauteile zu einem Ganzen zusammen. Die Fügung von Einzelteilen zu einem Ganzen trifft insbesondere auf die Frühphase des Architekturbüros Herzog und de Meuron zu. Das Zusammenspiel zwischen den einzelnen Bauteilen und dem ganzen Objekt ist ein wesentlicher Bestandteil ihrer architektonischen Sprache. Ihre Projekte zeigen sich als ein, aus Einzelteile gefügtes, Ganzes. Bei diesem Balance Akt zwischen Einzelteilen und ganzem Objekt sind die Materialien und deren Detailierung eine unumgängliche Notwendigkeit. Oder, um es in Mies van der Rohes Worte zu sagen: Um die Sprache der Architektur zu verstehen, muss man die Grammatik des Details beherrschen. 2


Genau dieses Interesse vom Fügen von einzelnen Bauteilen zu einem gefügten Ganzen fasziniert mich an den frühen Arbeiten von Herzog und de Meuron. Gerade die Details und deren Logik der Fügung zeigen sich als wesentlich, um ihre Architekturabsichten zu übertragen. Um diesem Phänomen auf den Grund zu gehen werden in dieser Arbeit exemplarische Details zweier Bauten durchleuchtet und analysiert. Die beiden Gebäude werden einerseits subjektiv am bildhaften Detail beschrieben und andererseits anhand des konstruktiven Details analysiert. Die Beschreibung des Bildhaften Details wird mittels persönlicher Eindrücke der Besichtigungen beschrieben. Beim konstruktiven Detail wird mithilfe eigen erarbeiteten Detailplänen die Konstruktion und Detailierung aufgearbeitet. Am Schluss werden die beschriebenen und analysierten Details miteinander verglichen. Die beiden Konstruktionsprinzipien mit deren Detaillösungen werden gegenübergestellt und Gemeinsamkeiten, aber auch Gegensätze aufgezeigt. Dadurch soll die Beziehung der Einzelteile zum Ganzen, sowie die Haltungs- und Fügungsprinzipien von Herzog und de Meuron ergründet werden. Auf diese Weise zeigt sich, ob und wie die Grammatik des Details sich, im Fall dieser beiden Bauten, auf die Architektur auswirkt.

Für diesen Vergleich wurden zwei Bauten, die zwischen 1985 und 1988 erbaut wurden, ausgewählt: das Haus für einen Kunstsammler in Therwil und das Haus Schwitter in Basel.

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Abb. 2.

Haus für einen Kunstsammler an der Lerchenrainstrasse in Therwil.

1.1 HAUS FÜR EINEN KUNSTSAMMLER, THERWIL

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Mack (1997), S. 131

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Mack (1997), S. 131

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Das Haus für einen Kunstsammler wurde 1986 am Hang eines Wohnquartiers erbaut.3 Der betonierte Sockel und die sich daraus entwickelnde Umfriedungsmauer stehen im abfallenden Hang, wodurch sich das Haus von diesem abgrenzt. Durch den quer zum Sockelgeschosses angelegte Ausstellungsraum und deren Oblichter entstehen zwei Freiflächen. Der Eingangshof, der von der Strasse zum Hauseingang führt und der obere Garten, der auf dem Niveau der Wiesen hinter dem Haus liegt.4 Auf dem Sockel steht etwas auskragend der längliche Wohntrakt, der mit einem Satteldach gedeckt ist. Die Analyse des Details beschränkt sich bei diesem Bau auf den Wohntrakt und deren Fassade, da es sich hier besonders exemplarisch um die Fügung einzelner Teile handelt.


Abb. 3. Abb. 4.

Modell, Haus für einen Kunstsammler. Querschnitt, Haus für einen Kunstsammler.

Abb. 5.

Längsschnitt, Haus für einen Kunstsammler.

Abb. 6.

Grundriss Wohngeschoss, Haus für einen Kunstsammler.

Abb. 7.

Grundriss Sockelgeschoss, Haus für einen Kunstsammler.

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Abb. 8.

Haus Schwitter an der Colmarstrasse in Basel.

1.2 HAUS SCHWITTER, BASEL

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Steinmann (1989), S. 52.

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Steinmann (1989), S. 52.

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Das Wohn- und Geschäftshaus Schwitter wurde zwischen 1987-1988 erbaut.5 Die beiden Strassenfluchten werden aufgenommen und in einer Krümmung der Strassenfassade zusammengeführt. Diese Krümmung wird durch kreisförmig auskragende Balkonscheiben überlagert (Interferenzwirkung).6 Bei diesem Haus ist die klassische Aufteilung eines Stadthauses klar ablesbar: zwei Sockelgeschosse, die Geschäfte beherbergen, vier Hauptgeschosse, die Wohnungen unterbringen und ein Attikawohngeschoss. Bei diesem Bau beschränkt sich die Analyse auf die Fassade der Hauptgeschosse, um die Fügung dieser Teile zu ergründen. Exemplarisch wird die einzige Gebäudeecke der Strassenfassade beschrieben und analysiert.


Abb. 9.

Gipsmodell, Haus Schwitter.

Abb. 10.

Grundriss Attika, Haus Schwitter.

Abb. 11.

Grundriss Wohngeschoss, Haus Schwitter.

Abb. 12.

Schnitt, Haus Schwitter

Abb. 13.

Fassadenabwicklung, Haus Schwitter.

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1.3 DIE BILDER ALS ZEICHEN IN DER ARCHITEKTUR Bei dieser Arbeit geht es nicht um das Bildhafte und deren Zeichen, wie es schon einige Architekturkritiker in den Projekten von Herzog und de Meuron beschrieben haben. Es geht um das, was da ist. In diesem Fall handelt es sich explizit um die Details die zu dem Bau und seiner Erscheinung führen. Denn Jacques Herzog äussert sich selber folgendermassen über das Lesen von Bildern in der Architektur: „Es gibt dieses Wahrnehmen von Architektur in Bildern, dieses „Lesen“ von Architektur. Wir suchen aber nach etwas Anderem; man soll unsere Bauten nicht lesen.“7

Bei dieser Arbeit handelt es sich nicht um das Lesen von Bildern, die in den Werken von Herzog und de Meuron durchaus zu findet sind. Es handelt um die konkrete Konstruktion der Details und wie diese die Erscheinung prägen. Der Begriff des bildhaften Details meint nicht, welche Bilder vermitteln sie. Sondern es handelt sich einzig und alleine um das Bild des Details, wie es ist. Materialien und deren Assoziationen in Bezug auf die Erscheinung spielen sicherlich auch eine Rolle. Aber die Bilder, wie sie beispielsweise Steinmann in den Werken sieht, als Zeichen, welche sich auf etwas Anderes beziehen, wird bewusst nicht behandelt. Und trotzdem wird vollständigkeitshalber die gängigen Bilder, die in der Architekturdiskussion oft bei diesen beiden Bauten genannt wird, erwähnt:

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Jaques Herzog In: Archithese (1985), S.4.


1.3.1 BILD DER BARACKE Das Bild der Konstruktion des Hauses für einen Kunstsammler erinnert an Baracken, wie man sie beispielsweise auf dem Bahnareal vor Basel findet.8 Mit dem Bild einer einfachen, industriell produzierten Baracke, die aber ein Haus für einen Kunstsammler ist, entsteht eine bewusste Gegensätzlichkeit.

Abb. 14.

Bild der Baracke, Beispiel: Barackensiedlung „ImLandauer“ in Basel von Hans Bernoulli.

Abb. 15.

Bild der Architektur der 50er Jahre, Beispiel: Gymnasium Basel von Hans Bernoulli.

1.3.2 BILD DER ARCHITEKTUR DER 50ER JAHRE Beim Haus Schwitter kann man nicht gerade nur von einem Bild sprechen. Aber das Raster der Betonelemente kann auf die Architektur der 50er Jahre bezogen werden, die in Basel durch das Realgymnasium von Hans Bernoulli, vertreten wird.9 Nebenbei bemerkt, gingen Jaques und Pierre, beide zusammen, da zur Schule.10 Bei diesen Bildern handelt es sich um den Ausdruck des Ganzen und deren zeichenhafte Verweise auf andere Architekturen. Im Fall von Herzog und de Meuron verweist ihre Architektur oft auf industrielle oder anonyme Bauwerke. Und oftmals gewinnen sie die Bilder aus ihrer eigenen Erinnerungen. In dieser Arbeit sind diese zeichenhafte Bilder nicht relevant, da es sich um das „Gebaute“ und um deren Details handelt. Oder um es anders zu sagen, handelt es sich um die gebaute Realität der Architektur und um deren Details, die diese bestimmt. 8

Steinmann (1987), S.52

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Steinmann (1989), S.46

10 Jehle-Schulte Strathaus (1996), S.46

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Abb. 16.

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Nordostenansicht, Haus fĂźr einen Kunstsammler.


2. DAS BILDHAFTE DETAIL 2.1 HAUS FÜR EINEN KUNSTSAMMLER An einem kalten aber sonnigen Morgen besichtigte ich das Haus für einen Kunstsammler in Therwil. Die Sonne steht tief am Horizont und die Wiesen sind mit Tau überzogen. Am Hang eines Einfamilienhausquartiers steht dieses Haus, entworfen von Herzog und de Meuron. Es ist mit seinem massiven Betonsockel im abfallenden Hang verankert. Auf dem Sockel hebt sich der längliche Wohntrakt ab, der aus einer mit Betonbretter11 beplankten Holzkonstruktion besteht und mit einem längs gerichteten Satteldach gedeckt ist. Ein Detail, das mich fasziniert ist, die nach Westen ausgerichtete Ecke des Hauses. Dort wo der Sockel fast komplett im Erdreich verschwindet und der Wohntrakt auf beiden Seiten über den Sockel auskragt. Die verschiedenen Bauteile sind in die Komposition des Gebäudes eingebunden und doch als eigenständige Teile erkennbar. Vorfabrizierte Betonbretter stehen auf dem vor Ort gegossenen Betonsockel. Es sind gewöhnliche Betonbretter, oder es erscheint einem zumindest so. Die vertikalen Fugen der aufeinandergestellten Betonbretter werden von roh belassenen Fichtenbretter abgedeckt. Die verwitterten und von der Sonne gebräunten Fichtenbretter werden mit sichtbaren Schrauben befestigt. Es scheint so, als pressten sie sich an die Betonbretter, um diese an Ort und Stelle zu halten. Obwohl die beiden Betonoberflächen offensichtlich unterschiedlich hergestellt worden sind, weisen sie eine hohe Ähnlichkeit auf. Die auskragende Betonplatte des Sockels und die Betonbretter haben dieselbe Höhe und weisen ähnliche Lufteinschlüsse auf. Dadurch kommen die beiden Flächen sehr schön zusammen.

Abb. 17.

Foto von Nordosten, Haus für einen Kunstsammler.

Abb. 18.

Südwestansicht, Haus für einen Kunstsammler.

Abb. 19.

Foto von Südwesten, Haus für einen Kunstsammler.

11 Steinmann (1987), S.54.

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Abb. 20.

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Eckdetail, Sockel- Wandübergang an der Südwest- und Nordwestfassade, Haus für einen Kunstsammler.


Die aufgesetzten, vertikalen Fichtenbretter sind eigenständige Teile, die einerseits mit einer kleinen Überlappung die Betonstirne des Sockels überdecken und andererseits die vertikalen Fugen der Betonbretter verbergen. So entsteht eine Überlagerung dieser Elemente, was diese zu einem Ganzen zusammenbindet. Und doch bleibt jedes als eigenständige Teile erkennbar, als könne man diese jederzeit abmontieren und wegtragen. Diese einfache Fügung der Teile erscheint verständlich und es kann erahnt werden wie die Konstruktion gebaut wurde.

Abb. 21.

Detail, Wand- Dachübergang an der Südwestfassade, Haus für einen Kunstsammler.

Abb. 22.

Detail, Sockel- Wandübergang an der Südwestfassade, Haus für einen Kunstsammler.

Im Eckdetail allerdings, wo sich die beiden vertikalen Fichtenbretter aus zwei verschiedenen Richtungen treffen, erscheint die Fügung nicht auf Anhieb gleich verständlich und einfach wie die übrige Konstruktion. Durch die Verbindung der Elemente wirken sie als ein massives Holzelement, welches die Ecke des Gebäudes markiert. Doch diese Fügung wirkt an dieserm Bau, wenn man die überig Konstuktion betrachtet, etwas fremd. Durch die pragmatische und additive Fügung der Teile wird die Konstruktionsweise ersichtlich. Abgesehen vom massiven Sockel erweckt es den Anschein eines provisorischen Gebäudes und als könne es jederzeit wieder in seine Einzelteile zerlegt werden. Dies liegt wahrscheinlich auch an der Verwendung von rohbelassenen Materialien, wie die unbearbeiteten Fichtenbretter oder die industriellen Betonbretter, welche an unvollendete Bauten erinnern. Die Verwendung von einfachen Materialien und die pragmatische Konstruktionsweise des Baus scheint sich zu identifizieren mit dem, was man in Anlehnung an Venturi „gewöhnliche Architektur“ genannt hat.12

12 Steinmann (1987), S.52

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Abb. 23.

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SĂźdwestansicht, Haus Schwitter.


2. DAS BILDHAFTE DETAIL 2.2 HAUS SCHWITTER Obwohl ich gegen Mittag das Wohn- und Geschäftshaus Schwitter besichtigte, schien es so als würde die Sonne noch nicht lange am Winterhimmel stehen. Das Licht erzeugte längliche Schatten, welches die strukturierte Fassade nachzeichnete. Am Ende der Colmarstrasse steht das Wohn- und Geschäftshaus Schwitter, welches an der Strassenkreuzung die Häuserzeile abschliesst. Die abgerundete Ecke der Fassade leitet von einer Strassenflucht in die andere. Diese Dynamik wird durch die Betonbalkonplatten, welche über einen anderen Radius verfügen, verstärkt. Zwischen den vor Ort gegossenen Balkonplatten sind vorfabrizierte Betonlisenen gestellt, welche das gerundete Volumen auffächert. Die aufeinandergestapelten Geschosse mit den ryhtmisierenden Lisenen zeichnen sich als Raster ab, welches sich über das ganze Gebäude zieht. Das Raster wird mit einem Betonelement ausgefacht oder es dient als strukturelle Fensteröffnung. Bei den Letzteren zeigt sich die komplette Tiefe der Lisene, wobei die Betonelemente auf einer Zwischenebene liegen. Durch die verschiedenen Ebenen der Elemente entsteht eine Hierarchisierung, was eine strenge, strukturierte und reliefierte Fassade ergibt. Die einzige Gebäudeecke der Strassenfassade zeigt sich als spannendes und markantes Detailgefüge. Dort schneidet sich die geschwungenen Geschossplatten mit der orthogonalen Fassadenfront. Die Struktur der Lisenen und der Geschossplatten scheint abgeschnitten zu sein, da das Eckfeld auf etwas mehr als die Hälfte beschnitten ist. Die Ecke bleibt offen und ist nicht mit einer Ecklisene versehen. Daher wird die

Abb. 24.

Gebäudecke an der West- und Südfassade, Haus Schwitter.

Abb. 25.

Detail der Gebäudeecke ohne Ecklisene, West- und Südfassade, Haus Schwitter.

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Abb. 26.

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Detailaufnahme, horizontale Fuge zwischen Geschossplatte und Lisene, wie auch Betonelement, Haus Schwitter.


Ecke, im Gegensatz zum Haus für einen Kunstsammler, nicht betont, was dieser eine schon fast zerbrechliche Leichtigkeit verleiht. Das Raster ist von der Ecke losgelöst und scheint über die Ecke gespannt zu sein, wodurch es von einer Fassade in die andere überleitet. Beim näheren Betrachten wird durch die Ausformulierung der Fugen die Hierarchisierung zwischen den Geschossplatten und den Betonelementen verdeutlicht. Die horizontale Fuge zwischen den Geschossplatten und der Lisenen, sowie auch die Ausfachungselemente, zeigt auf, dass die Lisenen keine statischen Elemente sind.13 Die Differenzierung der Einzelteile wird durch deren verschiedenen Einfärbungen der Betonmischung verdeutlicht. Die Geschossplatten zeigen sich in einem gewöhnlich, hellen Betongrau. Wobei die Lisenen in einer leicht grünlichen Nuance eingefärbt sind. Im Kontrast zu den beiden eher hellen Teilen, wie die Geschossplatten und Lisenen, sind die Ausfachungselemente dunkel eingefärbt. So wird durch den Kontrast das Raster noch besser lesbar. Durch diese Differenzierung in der Farbgestaltung werden die Einzelteile trotz gleicher Materialität voneinander abgehoben und verdeutlichen die Fügung der Konstruktion. Somit entsteht ein aus Einzelteilen gefügtes Ganzes. Nach der Besichtigung des Hauses Schwitter lief ich an der Colmarstrasse entlang und entdeckte eine Strassenzeile weiter ein Eckgebäude mit einer gewissen Ähnlichkeit zum Haus Schwitter. Das ein paar Jahr zuvor erbaute Wohnaus von Hans Zwipfer ist ebenfalls mit vertikalen Betonelementen bestückt.14 Auch die Farben Grün und Rot tauchen in der Fassade auf und zeigen eine gewisse Verwandtschaft mit dem Haus Schwitter. Wie weit dieses Haus als Referenz diente, ist für mich nicht wichtig. Aber es zeigt für mich auf, dass sich Herzog und de Meuron, in gewissen Teilen auch von zeitgenössischer Architektur inspirieren lassen und nicht nur mit Bildern von vergangener, anonymer Architektur arbeiten.

Abb. 27.

Fassadenansicht, gefügte Betonelemente, Haus Schwitter.

Abb. 28.

Ähnlichkeiten zwischen Haus Schwitter und Eckgebäude an der Bünderstrasse 20, Basel.

13 Lucan, (1992), S.30. 14 Jehle-Schulte Strathaus (2014), S.14. 31 21


Abb. 29.

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GSEducationalVersion

Axonometrie der Gebäudeecke mit Konstruktionsschnitt, Haus fßr einen Kunstsammler.


3. DAS KONSTRUKTIVE DETAIL 3.1 HAUS FÜR EINEN KUNSTSAMMLER Der Wohntrakt des Hauses in Therwil, welches auf einem betonierten Sockel steht, wurde aus einer mit vorfabrizierten Betonbrettern verkleideten Holzkonstruktion erstellt. Die aufeinandergestellten Betonbretter werden von vertikalen Fichtenbrettern, die mit Schrauben an die dahinterliegenden Holzständer befestigt sind, gehalten. Die Betonbretter sind zwischen die beiden Hölzer gespannt, ähnlich wie bei einer Schraubzwinge. Die statische Struktur des Wohnkörpers wird über das Sprungmass der Holzständer definiert. Diese Statik wird durch die vertikalen Fichtenbretter, die die vertikale Fuge der Betonbretter verdeckt, im Äusseren sichtbar. Diese Bauweise hat nicht das Ziel die darunterliegende Tragstruktur sichtbar zu machen, sondern ist der Einfachheit der Konstruktion geschuldet. Für das Tragverhalten sind die Fichtenbretter nicht notwendig. Allerdings ermöglichen sie auf pragmatischste Weise eine Befestigung der Betonbretter auf einen Holzständer. Der einfache Umgang mit der Konstruktion zeigt sich im Weiteren dadurch, dass die Schrauben für die Befestigung der vertikalen Fichtenbretter bewusst sichtbar gelassen werden. Somit wird die Funktion der einzelnen Teile und das Fügungsprinzip sichtbar. In Betrachtung dieser einfachen Konstruktionsweise erweist sich die Ecklösung als Widerspruch. Denn die Fichtenbretter sind in der Ecke auf Gehrung gefügt. So wird diese als massives Holzelement gelesen, was der Verständlichkeit der Konstruktion schadet. Im Gegensatz zum Rest der Konstruktion

Abb. 30.

Detailprinzip in Gehrung gefügt beim Haus für einen Kunstsammler.

Abb. 31.

Detailprinzip einer optisch verständlichen Fügung.

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Abb. 32.

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Detailschnitt und Detailgrundriss 1:25, Haus für einen Kunstsammler.

1. Betonbrett (vorfabrizierte Elemente)

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2. Fichtenbrett

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3. Holzständer 4. Wärmedämmung 5. Gipskartonplatten 6. Hinterlüftung 7. Betonsockel (Ortbeton)

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4

8. Eckelement auf Gehrung

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5

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3

9. Schrauben

24 GSEducationalVersion


scheint es, als wolle man die Eckfügung bewusst vertuschen, obwohl eine einfache und optisch verständliche Fügung der Logik der Konstruktion entsprochen hätte. Bei genauem Betrachten des Details zeigt sich zwischen der Betonstirn des Sockels und den Betonbrettern eine feine Fuge, welche den Luftraum zwischen Betonbrettern und der Dämmung hinterlüftet. Im Übergang von der Wand ins Dach findet man oberhalb des Abschlussbretts der Wandkonstruktion ebenfalls dieselbe Fuge. So ist die Hinterlüftung und Austrocknung von allfälliger Feuchtigkeit in der Konstruktion gewährleistet. Um keine Trennung zwischen Wand und Sockel zu erzeugen, wurde die Fuge dazwischen offensichtlich auf ein Minimum reduziert. Dadurch erscheint die Fuge als fast unscheinbarer in dem Gefüge der Fassade. Ein weiteres Detail, welches die Wand mit dem Sockel zusammenbindet, ist die Überschiebung der Fichtenbretter über die Betonstirn des Sockels. Dabei verzahnt sich die Wand mit dem Sockel, was sich aber nicht aus der Konstruktion bedingt. Dies dient vielmehr dem optischen Zusammenhalt der beiden Teile. Aus dem gleichen Grund wurde bewusst auf eine horizontale Schwelle, die sonst bei einer solchen Bauweise üblich wäre, verzichtet. Beispielsweise werden bei den üblichen Militärbaracken die vertikalen Verschalungsbretter mit einer horizontalen Schwelle über dem Sockel gefasst. Eine solche Schwelle trennt die Wandkonstruktion klar vom Sockel ab. Um die beiden Betonoberflächen, die des Sockels und die der Betonbretter, zusammenzubringen, ist das Weglassen der horizontalen Schwelle entscheidend. Dank dieser Ausführung der Details entsteht der Zusammenhalt dieser beiden Teile und das Gebäude bleibt ein aus Einzelteilen gefügtes Ganzes.

Abb. 33.

Vergleich der Konstruktion von Militärbaracken in Kandersteg mit...

Abb. 34.

...dem Haus für einen Kunstsammler, bei welchem auf Schwelle über dem Sockel verzichtet wurde.

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Abb. 35.

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Detailvorschlag angepasst an heutige Wärmedämmvorschriften, Detailschnitt und Detailgrundriss 1:25, Haus für einen Kunstsammler.

1. Betonbrett (vorfabrizierte Elemente) 2. Fichtenbrett

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3. Holzständer

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4. Wärmedämmung 5. Gipskartonplatten 6. Hinterlüftung 7. Betonsockel (Ortbeton)

10

8. Eckelement auf Gehrung

6

4

9. Schrauben

1

5

2

3

10. Zusätzliche Dämmung

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Durch die statische Struktur des Holzständerbaus ergeben sich die Öffnungsmöglichkeiten. So sind die Fenster nur im Sprungmass der Holzständer, ohne Sturzabfangungen, möglich. Der Anschlag der Fenster ist unmittelbar im Anschluss der äussersten Fassadenschicht. So entsteht praktisch keine Leibungstiefe, was sich aus der Logik der Konstruktion ergibt. Damit es keine Leibungsdämmung und Leibungsverkleidung gebraucht wird, wird der Wärmedämmperimeter im Bereich des Fensters nach aussen gestülpt.

Abb. 36.

Wärmedämmperimeter ist im Bereich der Fenster nach aussen gestülpt, Grundrissskizze, Haus für einen Kunstsammler.

Aus heutiger Sicht mit den Energieanforderungen, erstaunt es, dass sich die Betonbretter im direkt Kontakt mit den im Warmbereich befindenden Holzständern sind. So entsteht bei jedem Holzständer eine kleine Wärmebrücke. Jede weitere Schicht, die man zusätzlich eingeführt hätte, wäre ein Verlust der Einfachheit der Konstruktion gewesen. So ist die Reduktion auf das absolut Notwendige nicht nur äusserlich spürbar, sondern auch in der Konstruktion die antreibende Kraft. Bei dem Detailvorschlag, die Konstruktion den heutigen Wärmedämmvorschirften anzupassen, zeigt sich diese in ihrer Fügung komplexer. Allerdings könnte die Anpassung der Konstruktion ohne optische Veränderungen des Äusseren erreicht werden. Um die Dämmwerte zu verbessern und Wärmebrücken zu verhindern wurde eine zusätzliche Dämmschicht eingeführt. Abb.35.

37 27


Abb. 37.

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Axonometrie der Gebäudeecke mit Konstruktionsschnitt, Haus Schwitter.


3. DAS KONSTRUKTIVE DETAIL 3.2 HAUS SCHWITTER Das Wohn- und Geschäftshaus Schwitter ist ein Massivbau, bei welchem betonierte Geschossplatten auf gemauerten und betonierten Wänden ruhen. Dabei übernehmen diese die statische Funktion. Die Fassade besteht im Äusseren aus nichttragenden Betonelementen, die zwischen den geschwungenen Geschossplatten stehen. Ein Raster von vorfabrizierten Lisenen rhythmisiert die Fassade. Es sind keine Säulen oder Pilaster, denn sie üben keine statische Vorherrschaft aus.15 Die vorgefertigten Betonlisenen sind in einem Sprungmass von 1.25 m gesetzt, was im Zusammenspiel mit den Geschossplatten eine vertikalproportionierte Rasterung ergibt. Die Vertikalität wird durch die schmale aber tiefe Proportion der Lisenen unterstützt. Um die Ausfachungselemente zwischen die Lisene zu schieben, sind diese ausgespart. Die dunkel eingefärbten Ausfachungselemente werden von den leicht grünlich eingefärbten Lisenen gehalten, wie dies die Fichtenbretter beim Haus für einen Kunstsammler tun. Die Ausfachungselemente und die Lisenen sind vertikal gestossen, als würden die beiden Teile aneinander reiben. Im Gegensatz zu dieser Fügung zeichnet sich die horizontale Fuge zwischen der Geschossplatte und der Ausfachungselemente, aber auch der Lisenen, stärker ab. Diese Fuge weist nicht nur auf die Loslösung der statischen Funktion der Elemente hin, sondern hat ausserdem den konstruktiven Grund der Hinterlüftung der Fassade. Ähnlich wie beim Haus für einen Kunstsammler wird der Hohlraum zwischen Betonelement und Wärmedämmschicht belüftet, um allfällige Feuchtigkeit in der Konstruktion zu vermeiden.

15 Lucan, (1992), S.30.

39 29


5

5

7 8 7 8

1 2 1 3 2 4 3 4 5

5

Abb. 38.

Detailschnitt und Detailgrundriss 1:25, Haus Schwitter.

1. Lisene (vorfabriziert Betonelemente)

2

2. Ausfachungselement (vorfabriziert Betonelemente)

3

3. Hinterlüftung

2 4 3

6

4. Wärmedämmung 5. Geschossplatte resp. Balkonplatte (Ortbeton)

4 1 7 1 8 7 5 8

6. Backstein 7. Sonnenschutz 8. Fenster

5

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6


Damit die Hinterlüftung auch bei den Brüstungen gewährleistet ist, wurden vier rechteckige Durchstanzungen im oberen Teil des Elements angeordnet. Zusammen mit der mittig eingelegten Scheinfuge wirken diese schon fast ornamental. Neben dem Dekorativen können die Scheinfugen durchaus in Verbindung mit der Platteneinteilung der Ausfachungselemente des Realgymnasiums von Hans Bernoulli gebracht werden. Doch betrachtet man beide Bauten genauer, so zeigen sich doch einige markante Unterschiede in den Konstruktionswiesen. Beispielseise ist das Raster beim „bildhaften Vorbild“ betoniert, wodurch sich keine Fuge zwischen vertikalem und horizontalen Elementen eine Hierarchisierung ergeben würde.

Abb. 39.

Gebäudeecke des Realgymnasiums von Hans Bernoulli in Basel.

Abb. 40.

Wärmedämmperimeter im Bereich des Fensters, Grundrissskizze, Haus Schwitter.

Dass die Betonelemente keine statische Funktion übernehmen, zeigt sich auch an der Ausformulierung der Strassenfassadenecke. Die Ecke wird bewusst nicht mit einer Lisene versehen und die Geschossplatten kragen über diese aus. Dadurch nehmen die Lisenen optisch keine statische oder tektonische Funktion, im klassischen Sinn, wahr. Sie werden optisch als losgelöste, eigenständige Teile im Gefüge der Fassadenstruktur wahrgenommen. Die Fensteröffnungen definieren sich über das Sprungmass der Lisenen, dabei kommt die komplette Tiefe dieser zum Vorschein. Um diese tiefe Leibung zu generieren, in der sich der Sonnenschutz unterbringen lässt, wird das Fenster auf die Lisene angeschlagen, was bauphysikalisch nicht ganz unproblematisch ist.

41 31


5

5

7 8 7 8

1 2 1 3 2 4 3 4 5

5

Abb. 41.

Detailvorschlag angepasst an heutige Wärmedämmvorschriften, Detailschnitt und Detailgrundriss 1:25, Haus Schwitter.

1. Lisene (vorfabriziert Betonelemente)

2

2. Ausfachungselement (vorfabriziert Betonelemente)

3

3. Hinterlüftung

2 4 3

6

4. Wärmedämmung 5. Geschossplatte resp. Balkonplatte (Ortbeton) 6. Backstein 7. Sonnenschutz 8. Fenster

4 1 7 1 8 7 5 8 5

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6


Die Betonstirn des Balkons wird in der gleichen Dimension wie die vertikalen Lisenen ausgebildet. Die Balkonplatte läuft in das Geschossgesims über, wobei die Hierarchie zwischen Geschossplatte und Lisene im Teil ohne Balkonschicht weniger deutlich ist. Um die gleiche Filigranität der Balkonplatte zu erreichen, wie die der Lisenen, wurde eine Stufe zwischen dem Innenraum und dem Balkon in Kauf genommen. Dies hätte verhindert werden können, wenn die Balkonplatte höher als die Geschossplatte betoniert worden wäre und die Geschossgesimse auf die Balkonplatte referenziert worden wäre. Doch dies wurde offensichtlich unterlassen, da die durchgehende Decke vom Innenraum in den Aussenraum höher gewichtet wurde. So wurde die Balkonplatte wie auch die Geschossgesimse mit der Geschossplatte auf demselben Niveau betoniert. Einerseits ist dies baulich einfacher, andererseits erzeugt es im Ausdruck die Einfachheit von gestapelten Geschossen. Und so wird die Hierarchie zwischen den Geschossplatten und den dazwischen gestellten Lisenen und Betonelementen erst ersichtlich.

Abb. 42.

Detailskizze der Stufe zwischen dem Innenraum und dem Balkon, Haus Schwitter.

Abb. 43.

Detailskizze, Vorschlag ohne Stufe zwischen Innen und Aussen, Haus Schwitter.

Um die heutigen Energieanforderungen zu erreichen, müsste sicherlich die Wärmebrücke der rausbetonierten Betonplatte durch ein Kragplattenanschluss ersetzt werden. Um die Dämmwerte einzuhalten, bräuchte es dickere Dämmschichten und Anpassungen an dem Fensteranschlag. Allerdings zeigt sich, durch diese Anpassungen, keine optische Veränderung im Äusseren ab. Abb. 41.

43 33


4. VERGLEICH DER DETAILS HAUS FÜR EINEN KUNSTSAMMLER & HAUS SCHWITTER Trotz der unterschiedlichen Tragkonstruktion der beiden Bauten, weisen sie ähnliche Fügungsprinzipien auf. Beim Haus für einen Kunstsammler werden die Betonbretter von vertikalen Fichtenbrettern gehalten. Beim Haus Schwitter übernehmen diese Funktion die Betonlisenen, wodurch die Ausfachungselemente fixiert werden. Die Ausfachungselemente werden nicht nur zwischen die Lisenen gestellt, sondern regelrecht von ihnen gehalten. Beide Elemente, die Fichtenbretter und die Betonlisenen, haben keine statische Relevanz. Doch beim Haus für einen Kunstsammler wird durch die pragmatische Konstruktionsweise die dahinterliegende Tragstruktur nachgezeichnet. Hingegen wurde beim Haus Schwitter die Lisenen nur als rhythmisierendes Fassadenelement verwendet, wodurch sich ein Konstruktionsprinzip daraus ergibt. Abb. 44.

Ähnliche Fügungsprinzip, Haus für einen Kunstsammler und Haus Schwitter.

Bei beiden Gebäuden sind die Einzelteile so gefügt, dass diese als solche lesbar bleiben. Es scheint so als wäre die Konstruktion jederzeit in ihre Bestandteile zerlegbar. Dieser Eindruck deckt sich mit der Aussage von Jacques Herzog:

16 Herzog In: Lucan (1992), S.30.

44 34

„Wir versuchen, ein Stück Realität zu errichten, das gewissermassen zerlegbar und somit verständlich ist. Wir sind von so vielen Dingen und Ereignissen umgeben, die wir nicht dekodieren können, die uns verschlossen bleiben; eben deshalb stellen wir ein Objekt her, das eine eigene Sprache spricht.“16


Demnach versuchen Herzog und de Meuron eine Verständlichkeit des ganzen Objektes über eine optische Zerlegbarkeit zu erreichen. Obwohl diese nicht in jedem Detail der Fall ist, ist es ihnen bei diesen beiden Bauten im Grossen und Ganzen gelungen. Die beiden Fassadenkonstruktionen sind hinterlüftet, was allerdings erst beim näheren Betrachten und beim Studieren der Details ersichtlich wird. Beim Haus für einen Kunstsammler sind die Belüftungsfuge, zwischen dem Betonsockel und der Betonbretter, auf ein Minimum reduziert worden. Dies um keine Trennung zwischen den Teilen zu erzeugen, so dass die Materialität des Ortbetonsockels in Betonbretter übergeht. Die konstruktive Notwendigkeit der Belüftungsfuge ist zentral für eine hinterlüftete Fassade und doch wäre es besser, gäbe es rein optisch keine. Abb. 45.

Die Belüftungsfuge ist beim Haus für einen Kunstsammler auf ein Minimum reduziert, damit keine Trennung entsteht. Durch die Belüftungsfuge wird beim Haus Schwitter die Lisenen von der optischen Tragstruktur losgelöst.

Die Belüftungsfuge beim Haus Schwitter hingegen ist zwischen den Geschossplatten, den Lisenen und den Ausfachungselementen, ein architektonisches Element. Denn diese zelebriert, bei näherer Betrachtung, die Lisenen als nichttragende Elemente. Diese erscheinen, als zwischen die Geschossplatten gestellte, rhythmisierende Elemente, die keine statische Relevanz haben. Ohne diese Fuge würden die Lisenen optisch bereits eine Tragfunktion übernehmen.

45 35


Abb. 46.

Abb. 47.

46 36

Detailaufnahme der Gebäudeecke, Haus Schwitter.

Detailaufnahme der Gebäudeecke, Haus für einen Kunstsammler.

Auch an der einzigen Gebäudeecke der Strassenfassade wird die Loslösung der statischen Funktion der Betonelemente ersichtlich. Das Weglassen der Ecklisene, welche für eine Tragstruktur entscheidend wäre, zeigt, dass Herzog und de Meuron kein Interesse an einer tektonischen Gliederung haben. Sie interessieren sich vielmehr für die Eigenständigkeit der verschiedenen Teile und die Beliebigkeit des Lisenenrasters, die keinen Bezug auf die Gebäudeecke sucht. Und trotzdem ist die streng, strukturierte Fassade auch ohne statische Relevanz prägend für das Wohnhaus. Allerdings stellt sich die Frage: Wenn die Betonelemente nicht tragend sind, weshalb besitzen sie die massive Materialität des Betons? Hinter der Wahl des Materials steckt sicherlich keine rein konstruktive Überlegung, dabei waren vermutlich eher gestalterische Interessen im Vordergrund. Im Gegensatz zum Haus Schwitter ist die Ecke des Hauses für einen Kunstsammler mit zwei vertikalen Fichtenbrettern besetzt. Dies hat einerseits den konstruktiven Grund, dass die Betonelemente gehalten werden. Andererseits wird der dahinterliegende Eckpfosten Aussen angedeutet, was die Ecke des Gebäudes definiert und gleichzeitig die Tragstruktur Aussen lesbar macht. Um keine Richtung zu bevorzugen, sind die Fichtenbretter auf Gehrung gefügt. Allerdings schwächt dies die sonst einfache Konstruktionsweise des Baus. Hier zeigt sich der Gestaltungswille für eine massiv wirkende Ecklösung, was sich aber nicht aus der Logik der Konstruktion ergibt. Dies schadet der Verständlichkeit, die Jacques Herzog so sehr fordert.


In gewissen Details lassen sich Herzog und de Meuron eine gewisse Versessenheit auf die Umsetzung eines bestimmten Bildes anmerken. Sie setzen sich über lästige technische Probleme hinweg. Dies zeigt sich beispielsweise in den Wärmebrücken der Fassadenkonstruktionen. Beim Haus für einen Kunstsammler haben die Betonbretter direkten Kontakt mit den im Warmraum befindenden Holzständer. Dabei entsteht bei jedem Holzständer eine Wärmebrücke, wenn dies bei Holz, dank seiner geringeren Leitfähigkeit, nicht allzu dramatisch ist. Im Haus Schwitter ist die Situation noch prekärer. Bei diesem ist die Betongeschossplatte ohne Trennung, vom Warmbereich in den Aussenbereich, rausbetoniert. Ebenfalls bei den Fenstern, welche direkt auf die Lisenen angeschlagen wurden, sind einige bauphysikalische Mängel festzustellen. Abb. 48.

Detailskizze der Wärmebrücken; Haus für einen Kunstsammler und Haus Schwitter.

Aus heutiger Sicht, mit den heutigen Energieanforderungen, erstaunen derart pragmatische Detaillösungen. Einerseits ist dies auf die Zeit, in der die Bauten entstanden sind, zurückzuführen. Damals waren die energetischen Anforderungen noch Andere. Andererseits zeigt es aber den Willen eine einfache, verständliche und direkte Konstruktion zu bauen. Man hätte die Details auch anders lösen können, so dass eine zusätzliche Dämmschicht die Wärmebrücken zunichtegemacht hätte. Auch wenn man diese Schicht von aussen fast nicht wahrgenommen hätte, hätte die direkte Einfachheit der Konstruktion gelitten. Allerdings bezweifle ich, dass dies der optischen Verständlichkeit der Konstruktion geschadet hätte. (Abb.35/41)

47 37


Bei beiden Bauten ist der Ausdruck des Montierens oder des Zerlegens für die Fügung der Einzelteile zu einem Ganzen entscheidend.17 Dies wird besonders klar, wenn die Detailausformulierung zwischen Sockel und Wohntrakt beim Haus für einen Kunstsammler betrachtet wird. Dabei wird bewusst auf eine horizontale Schwelle, die bei einer derartigen Baukonstruktion sonst üblich wäre, verzichtet. Das würde zwar der Logik der Konstruktion entsprechen, doch es hätte eine Trennung des Wohntraktes vom Sockel zur Folge. Diese Trennung wurde in der ausgeführten Detaillösung bewusst verhindert in dem man die beiden Betonoberflächen, die der Betonbretter und die des Sockels, zusammenkommen lässt. Somit werden die beiden Bauteile miteinander Verbunden und als optisches Ganzes gelesen. Dies hat aber weder mit dem Bild als Baracke, noch mit rein konstruktiven Überlegungen, zu tun. Es entspringt dem architektonischen Willen, ein aus Einzelteilen gefügtes Ganzen zu kreieren.

Abb. 49.

keine Trennung durch eine Schwelle, somit wird es als optisches Ganzes gelesen, Haus für einen Kunstammler.

17 Steinmann (1987), S.54.

48 38


Es scheint so als suchten Herzog und de Meuron die Balance zwischen Trennen und Verbinden. Einerseits soll es als ein körperliches Ganzes erscheinen, andererseits soll jedes Einzelteil als solches wahrgenommen werden. Dabei ist ein sensibler Umgang in der Detailfügung entscheidend, der diese Qualtität dem Objekt verleiht. Obwohl gewisse parallelen in den Fügungsprinzipen festzustellen sind, scheint jeder Bau seine eigene Grammatik in der Detailierung zu besitzen. Und doch ordnet sich die Konstruktion des Details der Architektursprache einer optischen Verständlichkeit unter. Dabei entsteht ein «verständliches Stück Realität», um es in den Worten von Jacques Herzog zu sagen.18 Abb. 50.

ein gefügtes Ganzes, die beiden Bauten von Herzog und de Meuron; Das Haus Schwitter und das Haus für einen Kunstsammler.

18 Herzog In: Lucan (1992), S.30.

49 39


5. FAZIT

Ähnlich, wie es bei traditionellen und einfachen Bauformen, bei denen sich jedes einzelne Element perfekt und selbstverständlich zu einem Ganzen zusammenfügt und nichts überflüssig bleibt, ist Herzog und de Meurons Anspruch an die Architektur. Das Ziel ein Stück Realität zu schaffen, das verständlich ist und sich auf das Wesentliche beschränkt, zeigt sich bei beiden Bauten. Dadurch, dass die beiden Bauten ihre eigene Sprache sprechen, werden keine stilistischen Elemente gebraucht. Und so entsteht eine zeitlose Architektur die sich nur sehr schwer in eine bestimmte Zeit datieren lässt. Die Absicht von Herzog und de Meuron an einer einfachen und reduzierten Architektur, zeigt sich neben der Einfachheit in der Materialität auch in der Einfachheit der Detailierung der Konstruktion, welche nicht nur Vorteile mit sich bringt. Die Sprache oder auch die Grammatik der Details steht bei ihnen immer in einer Relation zum Ganzen. Dadurch folgen die Details nicht nur der Logik der Konstruktion, sondern sind entscheidend für den architektonischen Ausdruck des Ganzen. Herzog und de Meuron manipuliert bewusst die Details, um eine Architekturabsicht zu verstärken. Dies hat zum Teil konstruktive Nachteile. Um die beabsichtigte Verständlichkeit der Konstruktion radikal durchzusetzen, entstehen Schwachpunkte in der Konstruktion. Wie zum Beispiel Wärmebrücken oder Kompromisse, wie eine Stufe zwischen Balkon und Innenraum, erweisen sich als Nachteile, die aus der radikalen Umsetzung resultieren. Somit kann gesagt werden, dass die Architektursprache einer optischen Verständlichkeit über der Grammatik des Details und deren Konstruktion steht.

50 40


Obwohl es bei diesen beiden Bauten eine grosse Kohärenz zwischen der Grammatik des Details und der Sprache der Architektur gibt, stellt sich die Frage ob, diese beiden nicht identisch sein können. Aber vielleicht hat dies auch mit dem Phänomen des Bauens im Allgemeinen zu tun. Denn jeder Bau muss eine ganze Reihe technischer Probleme, aber auch gestalterische Absichten, unter einen Hut bringen. Um dies zu bewältigen, führt oftmals kein Weg an einem Kompromiss vorbei, was sich zum Nachteil des einen oder anderen auswirkt. Nichtsdestotrotz zeigen diese beiden Bauten eine eindrückliche Balance zwischen Trennen und Verbinden, zwischen Einzelteilen und dem Ganzen. Durch eine optisch verständliche Fügung der Einzelteile entsteht ein körperliches Ganzes. Dieser sensible Umgang in der Fügung von Einzelteilen, sowie in deren Materialität, vermisse ich in den neueren und grösseren Projekten von Herzog und de Meuron. Sicherlich ist es schwieriger bei derart grossen Projekten eine gleiche Sensibilität im Detail zu erreichen. Doch bei einigen neueren, aber kleineren Bauten, zeigt sich für mich wieder ein ähnlich sensibler Umgang in Bezug auf die Materialität und deren Details, wie sie es in der Frühphase bereits bewiesen haben. Es bleibt zu hoffen, dass Herzog und de Meuron diese Qualität in der sensiblen Detailierung weiterhin als ein wichtigen Bestandteil ihrer Architektursprache und ihren Projekten sieht. Denn, dann werden wir noch einige spannende Projekte von ihnen zu sehen bekommen.

Abb. 51.

Bergstation, Chäserrugg 2015 von Herzog und de Meuron realisiert.

Abb. 52.

Detail der Fassade vom Schaudepot, Weil am Reihn 2016 von Herzog und de Meuron realisiert.

51 41


6. LITERATURLISTE Archithese Gespräche; Alder, M. Herzog, J. De Meuron, P. Zumthor, P. (1985). Reden über Holz. In: Archithese Zeitschrift und Schriftenreihe für Architektur und Kunst Band 5-85. Bauen mit Holz. S.2-6.

Disch, P. (1991). Architektur in der Deutschen Schweiz 1980 – 1990. Ein Katalog und Architekturführer. Lugano: ADV.

Herzog, J. de Meuron, P. (2016). Trügerische Transparenz. Chicago: IITAC Press.

Jehle Schulte Strathaus, U. (1996). Architektur ist Denken ausstellen. Kunst + Architektur in der Schweiz. Band 47, 1996. S.44-53.

Jehle-Schulte Strathaus, U. (2014). Von heute aus. In: Völlig losgelöst. Architektur der 1970er- und 1980er Jahre in der Nordwestschweiz und den grenznahen Regionen. Hrsg. Flierl Christian, Jehle-Schulte Strathaus Ulrike, Ehret Roger. S. 8-16.

Lohan, D. (1976) The Farnswoth House. In: Global Architecture Detail. Tokio: A.D.A. Edita. S.4-9.

Lucan, J. (1992). Jacques Herzog und Pierre de Meuron: vers une architecture. Du: die Zeitschrift der Kultur. Band 52, 1992. S.28-33.

Mack, G. (1997). Herzog & de Meuron 1978 – 1988. Basel: Birkhäuser.

Steinmann, M. (1987). Fromen für einfache Bauten: ein Lagerhaus und ein Haus für einen Kunstsammler: Architekten Jaques Herzog und Pierre de Meuron. Werk, Bauen + Wohnen. Band 74, 1987. S.50-57.

Steinmann, M. (1989). Das! : zwei neue Werke : Architekten Jacques Herzog & Pierre de Meuron. Werk, Bauen + Wohnen. Band 76, 1989. S.44-68.

Steinmann, M. (2003). Forme forte. Ecrits / Schriften 1972 / 2002. Basel: Birkhäuser.

52 42


7. ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abb.1: Eckdetaillösungen von Bauten von Mies van der Rohe. Aus: http://socks-studio.com/2014/10/07/corner-solutions-of-mies-van-der-rohes-towers-john-winter-1972/ (06. Januar 2017). Abb. 2: Haus für einen Kunstsammler an der Lerchenrainstrasse in Therwil. Aus: https://www.herzogdemeuron.com/index/projects/complete-works/026-050/034-house-for-an-art-collector.html (27. Dezember 2016). Abb. 3: Modell, Haus für einen Kunstsammler. Aus: Mack (1997), S.135. Abb. 4: Querschnitt, Haus für einen Kunstsammler. Aus: Mack (1997), S.135. Abb. 5: Längsschnitt, Haus für einen Kunstsammler. Aus: Mack (1997), S.134. Abb. 6: Grundriss Wohngeschoss, Haus für einen Kunstsammler. Aus: Mack (1997), S.134. Abb. 7: Grundriss Sockelschoss, Haus für einen Kunstsammler. Aus: Mack (1997), S.134. Abb. 8: Haus Schwitter an der Colmarstrasse in Basel. Aus: https://www.herzogdemeuron.com/index/projects/complete-works/026-050/031-apartment-and-officebuilding-schwitter/IMAGE.html (27. Dezember 2016). Abb. 9: Gipsmodell, Haus Schwitter. Aus: Mack (1997), S.122. Abb. 10: Grundriss Attika, Haus Schwitter. Aus: Mack (1997), S.126. Abb. 11: Grundriss Wohngeschoss, Haus Schwitter. Aus: Mack (1997), S.126. Abb. 12: Schnitt, Haus Schwitter. Aus: Mack (1997), S.127. Abb. 13: Fassadenabwicklung, Haus Schwitter. Aus: Mack (1997), S.127. Abb. 14: Bild der Baracke, Beispiel: Barackensiedlung „ImLandauer“ in Basel von Hans Bernoulli. Aus: Archithese. Hans Bernoulli. Band 6 (1981). S.53. Abb. 15: Bild der Architektur der 50er Jahre, Beispiel: Gymnasium Basel von Hans Bernoulli. Aus: Archithese. Hans Bernoulli. Band 6 (1981). S.7. Abb. 16: Nordostansicht, Haus für einen Kunstsammler. Aus: Autor. Abb. 17: Foto von Nordosten, Haus für einen Kunstsammler. Aus: Autor. Abb. 18: Südwestansicht, Haus für einen Kunstsammler. Aus: Autor. Abb. 19: Foto von Südwesten, Haus für einen Kunstsammler. Aus: Autor. Abb. 20: Eckdetail, Sockel- Wandübergang an der Südwest- und Nordwestfassade, Haus für einen Kunstsammler. Aus: Autor. Abb. 21: Detail, Wand- Dachübergang an der Südwestfassade, Haus für einen Kunstsammler. Aus: Autor.

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Abb. 22: Detail, Sockel- Wandübergang an der Südwestfassade, Haus für einen Kunstsammler. Aus: Autor. Abb. 23: Südwestansicht, Haus Schwitter. Aus: Autor. Abb. 24: Gebäudeecke an der West- und Südfassade, Haus Schwitter. Aus: Autor. Abb. 25: Detail der Gebäudeecke ohne Ecklisene, West- und Südfassade, Haus Schwitter. Aus: Autor. Abb. 26: Detailaufnahme, horizontale Fuge zwischen Geschossplatte und Lisene, wie auch Betonelement, Haus Schwitter. Aus: Autor. Abb. 27: Fassadenansicht, gefügte Betonelemente, Haus Schwitter. Aus: Autor. Abb. 28: Ähnlichkeiten zwischen Haus Schwitter und Eckgebäude an der Bündnerstrasse 20, Basel. Aus: Autor. Abb. 29: Axonometrie der Gebäudeecke mit Konstruktionsschnitt, Haus für einen Kunstsammler. Aus: Autor. erstellt anhand Pläne aus: Mack (1997), S.134. Abb. 30: Detailprinzip in Gehrung gefügt beim Haus für einen Kunstsammler. Aus: Autor. Abb. 31: Detailprinzip einer optisch verständlichen Fügung. Aus: Autor. Abb. 32: Detailschnitt und Detailgrundriss 1:25, Haus für einen Kunstsammler. Aus: Autor. erstellt anhand Pläne aus: Mack (1997), S.134. Abb. 33: Vergleich der Konstruktion von Militärbaracken in Kandersteg mit... Aus: http://www.frutiglaender.ch/2012/08/bauland-sicht.html (03. Dezember 2016). Abb. 34: ...dem Haus für einen Kunstsammler, bei welchem auf die Schwelle über dem Sockel verzichtet wurde. Aus: Autor. Abb. 35: Detailvorschlag angepasst an heutige Wärmedämmvorschriften, Detailschnitt und Detailgrundriss 1:25, Haus für einen Kunstsammler. Aus: Autor. Abb. 36: Wärmedämmperimeter ist im Bereich der Fenster nach aussen gestülpt, Grudrissskizze, Haus für einen Kunstsammler. Aus: Autor. Abb. 37: Axonometrie der Gebäudeecke mit Konstruktionsschnitt, Haus Schwitter. Aus: Autor. erstellt anhand Pläne aus: Mack (1997), S.126. Abb. 38: Detailschnitt und Detailgrundriss 1:25, Haus Schwitter. Aus: Autor. erstellt anhand Pläne aus: Mack (1997), S.122. Abb. 39: Gebäudeecke des Realgymnasiums von Hans Bernoulli in Basel. Aus: Autor. Abb. 40: Wärmedämmperimeter im Bereich des Fensters, Grundrissskizze, Haus Schwitter. Aus: Autor. Abb. 41: Detailvorschlag angepasst an heutige Wärmedämmvorschriften, Detailschnitt und Detailgrundriss 1:25, Haus Schwitter. Aus: Autor. Abb. 42: Detailskizze der Stufe zwischen dem Innenraum und dem Balkon, Haus Schwitter. Aus: Autor. Abb. 43: Detailskizze, Vorschlag ohne Stufe zwischen Innen und Aussen, Haus Schwitter. Aus: Autor. Abb. 44: Ähnliche Fügungsprinzipien, Haus für einen Kunstsammler und Haus Schwitter. Aus: Autor.

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Abb. 45: Ähnliche Fügungsprinzipien, Haus für einen Kunstsammler und Haus Schwitter. Aus: Autor. Abb. 46: Die Belüftungsfuge ist beim Haus für einen Kunstsammler auf ein Minimum reduziert, damit keine Trennung entsteht. Durch die Belüftungsfuge wird beim Haus Schwitter die Lisenen von der optischen Tragstruktur losgelöst. Aus: Autor. Abb. 47: Detailaufnahme der Gebäudeecke, Haus Schwitter. Aus: Autor. Abb. 48: Detailaufnahme der Gebäudeecke, Haus für einen Kunstsammler. Aus: Autor. Abb. 49: keine Trennung durch eine Schwelle, somit wird es als optisches Ganzes gelesen, Haus für einen Kunstsammler. Aus: Autor. Abb. 50: ein gefügtes Ganzes, die beiden Bauten von Herzog und de Meuron; Das Haus Schwitter und das Haus für einen Kunstsammler. Aus: Autor. Abb. 51: Bergstation, Chäserrugg 2015 von Herzog und de Meuron realisiert. Aus: https://www.herzogdemeuron.com/index/projects/complete-works/351-375/374-chaeserrugg/IMAGE.html (27. Dezember 2016). Abb. 52: Detail der Fassade vom Schaudepot, Weil am Reihn 2016 von Herzog und de Meuron realisiert. Aus: http://www.imgrum.net/media/1272309637647397723_1355089571 (27. Dezember 2016).

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Die Aufgabe der Fassade in Diener & Dieners FrĂźhwerk Eine Untersuchung der Wechselwirkung zwischen Raum und Fassade anhand des Wohnhauses am Burgfelderplatz

Patrick Herger


Die Aufgabe der Fassade in Diener & Dieners FrĂźhwerk Eine Untersuchung der Wechselwirkung zwischen Raum und Fassade anhand des Wohnhauses am Burgfelderplatz

Vertiefungsarbeit Herbstsemester 2016 Verfasser Patrick Herger Wiesenstrasse 9a 8910 Affoltern am Albis Dozent Dr. Oliver Dufner Dr. Christop Wieser Lucerne University of Applied Sciences and Arts HOCHSCHULE LUZERN Technik & Architektur Technikumstrasse 21 6048 Horw Master in Architektur Herbstsemester 2016/17 Datum 18.01.2017

Die Aufgabe der Fassade in Diener und Dieners FrĂźhwerk 60

Patrick


Abstract Die vorliegende Arbeit befasst sich im Rahmen des Moduls „ Vertiefungsarbeit“ unter dem Überthema „Basel um 1989 – Zwischen Postmoderne und Swissbox“ mit der Aufgabe der Fassade in Diener & Dieners Frühwerk. Als Untersuchungsobjekt wird das Wohnhaus am Burgfelderplatz (1982-1985) in Basel von Diener & Diener beigezogen. Ziel der Arbeit ist es aufzuzeigen, dass Dieners Fassaden in einer Wechselwirkung zwischen Innenraum und Aussenraum entworfen sind. Durch das Ausarbeiten von verschiedenen Beziehungspaaren(Fassade-Stadtraum; Fassade-Innenraum; Innenraum-Aussenraum) wird diese Wechselwirkung von Raum zu Fassade gezielt aufgezeigt. Um die Haltung von Diener deutlicher zu benennen, werden vergleichend Fassaden und architektonische Haltung des Historismus sowie der klassischen Moderne herangezogen. Die Arbeit verdeutlicht, dass sich Diener in seinem Bau auf die Stadt als räumliche Konstellation bezieht. Die Fassade ist für Diener dabei ein Mittel, gezielt in das räumliche Gefüge der Stadt einzugreifen und Räume in ihrer Charakteristik zu stärken und sie zu hierarchisieren. Die Arbeit zeigt auf, dass die Fassade viel mehr Potenzial besitzt, als man ihr in der heutigen Architektur zuschreibt.

Die Aufgabe der Fassade in Diener und Dieners Frühwerk

Patrick Herger

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Inhalt 1. Einleitung

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2. Die Bedeutung der Fassade

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2.1 Vom Historismus zur klassischen Moderne (Tyrannei der Fassade – Fassade als Ausdruck der inneren Funktion)

3. Beziehungspaare anhand des Wohnhauses am Burgfelderplatz

16

3.1 Beziehungspaar Fassade – Stadtraum

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3.2 Beziehungspaar Fassade – Innenraum

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3.2 Beziehungspaar Innenraum – Stadtraum

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4. Fazit

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6. Abbildungsverzeichnis

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7. Literatur- und Quellenverzeichnis

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Die Aufgabe der Fassade in Diener und Dieners Frühwerk

Patrick Herger

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Abb. 1.

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Skizze zum Wohnhaus am Burgfelderplatz


1. Einleitung „Anonymität, Diskretion oder Reserviertheit“, mit diesen Begriffen beschrieb Ulrike Jehle im Jahre 1983 die Architektur des Büros Diener & Diener.1 Eingebettet in den damaligen kulturellen Kontext ist diese Beschreibung nachvollziehbar. Dies gerade, weil Dieners Architektur wenig gemein hatte mit der expressiven Postmoderne, die zu dieser Zeit auch in Basel weit verbreitet war. Aus heutiger Sicht, rund 34 Jahre später, stellt sich jedoch die Frage, ob Jehle’s Beschreibungen für die damalige Arbeitsweise von Diener & Diener herangezogen werden können? Es mag durchaus sein, dass die Übernahme von gewissen Stilelementen der klassischen Modere bei Dieners Bauten eine gewisse Sachlichkeit und Klarheit evoziert. Doch sind Dieners Ansätze und die Denkweise, die hinter diesem Ausdruck stehen, bei genauerer Betrachtung nicht bedeutend radikaler? Ist Dieners Architektur eben nicht bloss eine Architektur der Zurückhaltung, wie sie oft beschrieben wird?2 Erhebt sie nicht den Anspruch darauf, einen Ort viel entscheidender zu prägen und zu bestimmen als es im ersten Moment den Anschein haben mag? Bei Arthur Rüegg, der Dieners Bauten im St. Alban-Tal als: „Spröde, präzis und fein proportioniert“ beschreibt und dabei fest hält, dass die Bauten in ihrer Umgebung abstrakt und kompromisslos wirken, klingt der beschriebene Anspruch ein erstes Mal an.3 Es wird deutlich, dass Diener trotz seiner kontextuellen Arbeitsweise nicht zwingend eine optische Anpassung an den Bestand sucht und einen durchaus hohen Grad an Eigenständigkeit aufweist. Besonders in den Fassaden des Frühwerks von Diener & Diener ist diese Eigenständigkeit klar abzulesen. Meist zeigt sie sich durch eine ausgeprägte Differenzierung der einzelnen Fassadenseiten.

Die Aufgabe der Fassade in Diener und Dieners Frühwerk

Abb. 2.

Die von Arthur Rüegg beschriebenen Wohnhäuser im St. AlbanTal. Die Gebäude zeichnen sich durch ihre stark differenzierten Fassaden aus.

1

Die Kunsthistorikerin und ehemalige Leiterin des Architekturmuseums Basel, versuchte 1983 in ihrem Artikel anhand von mehreren Projekten die Haltung von Diener & Diener aufzuzeigen und zu benennen. Jehle-Schulte Strathaus, 1983, S. 53.

2

Hubertus Adam betitelt Dieners Arbeitsweise in der Archithese als „Prinzip der Zurückhaltung“ vgl. Adam, 2010, S. 86.

3

Arthur Rüegg ist ein ausgewiesener Le Corbusier Kenner und hat die Wohnhäuser im St.AlbanTal mit Studenten umfangreich untersucht und die Erkenntnisse in einer ausführlichen Dokumentation veröffentlicht. Rüegg, 1998, S. 19.

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Ulrike Jehle sieht in diesen angesprochenen Fassaden der frühen Werke der 80er-Jahre des Büros eine Rehabilitation der Moderne. Sie hält fest: „Die Tradition der Moderne, deren ursprüngliche Bedeutung und Kraft es wieder zu rehabilitieren gilt, steht als Leitidee hinter allen Entscheiden von Diener und Schett. Das äussert sich im Verzicht auf dörfliche oder historisierende Formen.“4 Betrachtet man jedoch die Fassade des Wohnhauses mit Bankfiliale am Burgfelderplatz oder die Wohnhäuser im St.Alban-Tal wird deutlich, dass diese Fassaden nicht bloss mit den Leitideen der Moderne zu ergründen sind. Denn die starke Differenziertheit ist mit Sicherheit nicht im Sinne der klassischen Moderne, lediglich ein Ausdruck der inneren Organisation. Vielmehr scheint die Differenzierung ein Mittel zu sein, um ein Gebäude mit dem Stadtraum in eine dialektische Beziehung zu setzen. Doch wie lassen sich diese durchaus eigenwilligen Fassaden von Diener & Diener einordnen? Und was ist ihr Formgenerator? Könnte man sie vielleicht sogar als eine Art neuen Historismus bezeichnen, in dem anstelle von antiken Elementen Stilelemente der klassischen Moderne neu zusammen collagiert wurden? Sprich, handelt es sich eben doch um eine Art postmoderne Kondition?

4

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Jehle vertrat schon in den frühen 70er-Jahren die Meinung, dass die Architektur die Tradition der Moderne fortzusetzen hat. Sie war stets eine Gegnerin gengenüber historisierender Stilarchitektur. In Dieners Werk sah sie ihre Forderung umgesetzt. Vielleicht hinterfragte sie gerade deshalb zu wenig, ob sich Dieners Methodik nicht doch entscheidend von der Moderne unterschied. Jehle-Schulte Strathaus, 1983, S. 53.

Diese aufgeworfenen Fragen sollen im Folgenden geklärt werden. Die Antworten sollen aus der spezifischen Beschäftigung mit der Thematik der Fassade abgeleitet werden. Dies, da davon ausgegangen wird, dass sich in den Fassaden jeweils die konzeptionellen Haltungen der einzelnen Stile besonders deutlich ausdrücken und sich demnach besonders eignen für einen Vergleich zwischen den verschiedenen Haltungen. Ausgehend von dieser Einschätzung soll demnach anhand einer gezielten Fassadenanalyse des Wohnhauses mit Bankfiliale am Burgfelderplatz (1982-85) die spezifische Haltung von Diener herausgeschält werden. Die Untersuchungen zur Fassade beziehen sich dabei auf die Wechselwirkung zwischen der Fassade und ihren angrenzenden Räumen. Anhand von drei Beziehungspaaren (Stadtraum-Fassade, Innenraum


zu Fassade, Innenraum zu Aussenraum) sollen die Wechselwirkungen zwischen Raum und Fassade aufgezeigt werden. Weiter soll die daraus abzuleitende Haltung von Diener bezüglich der Fassade gezielt mit anderen Haltungen aus anderen Stilepochen (Historismus, klassische Moderne) kontrastiert werden. Dadurch soll veranschaulicht werden, in wie weit Dieners Methodik/ Haltung eine eigenständige Position gegenüber anderen Haltungen (Historismus, klassische Moderne) einnimmt. Weiter hilft die Kontrastierung zu anderen Positionen Dieners Haltung eindeutiger zu benennen. In letzter Instanz stellt sich die Frage, nach der oft angesprochenen Beziehung zwischen Haus und Stadt. Sprich, auf welche Aspekte der Stadt bezieht sich Dieners Architektur und wie artikulieren sich diese Bezüge in den Fassaden? Abb. 3.

Die Aufgabe der Fassade in Diener und Dieners Frühwerk

Das Untersuchungsobjekt. Das Wohnhaus am Burgfelderplatz enthält im Erdgeschoss ein Bankfiliale. In den Obergeschossen befinden sich jeweils zwei grössere sowie eine kleinere Wohnung.

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2. Die Bedeutung der Fassade Bauen ist und war stets ein Abbild der Gesellschaft. Ob gotische Kathedrale, Zeilenbau der klassischen Moderne oder flächendeckende Einfamilienhaus-Teppiche, sie alle spiegeln eine spezifische Gesellschaft und sind Bilder einer physisch gewordenen Wertvorstellung einer jeweiligen Zeit. Trotz unterschiedlichen Haltungen sind jedoch alle Bauaufgaben an gewisse Gegebenheiten geknüpft. Diese lassen sich zwar immer wieder neu interpretieren, in ihrer Grunddisposition entfallen sie allerdings nie. Eines dieser angesprochenen Elemente ist die Fassade als Trennung zwischen Innen und Aussen. Rudolf Arnheim bezeichnet das Errichten einer Grenzlinie zwischen Innen und Aussen sogar als Ursprung der Architektur.5 Abb. 4.

Schematische Skizzen zu den Gedanken von Van der Laan. Es wird deutlich, dass es ohne die begrenzende Wand weder ein Innen noch ein Aussen gibt.

5

Arnheim, 1980, S. 99.

6

Van der Laan, 1992, S. 38.

7

ebd.

8

Colquhoun, 2005, S. 15.

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Eine weitere theoretische Position, die den Stellenwert der Fassade verdeutlicht, sind Hans Dom Van der Laan’s Gedanken zum architektonischen Raum: Wir machen die Wand und dadurch entsteht der Innenraum. Der architektonische Raum erhält also seine Sichtbarkeit erst durch die geformte Wand.6 Während Arnheim die Fassade in ihrer Gegebenheit als Grenze thematisiert, spricht Van der Laan in seinem Zitat den Umstand an, dass die Fassade als architektonische Form als ein raumbildendes Element zu verstehen ist. Erst der Umstand der Fassade ermöglicht es demnach, dass der Innenraum entsteht und eine Form erhält, und dass durch diesen Vorgang ein Aussen entsteht. „Wir machen das Innen und dadurch entsteht das Aussen.“7 Die Gedanken von Van der Laan mögen sehr theoretisch erscheinen und doch klingt in ihnen die für die Fassade prägendste Gegebenheit an. Es ist dies der Umstand, dass die Fassade in einer zwangsläufigen Wechselwirkung zwischen zwei räumlichen Gegebenheiten steht, nämlich dem Innen und dem Aussen. Alan Colquhoun bringt die theoretischen Ausführungen von Van der Laan gut auf den Punkt: „Die Oberfläche eines Gebäudes hat eine Art Doppel-Existenz zwischen zwei unvereinbaren Welten: zwischen der privaten, «geheimen» Welt drinnen und der öffentlichen und geselligen draussen.“8


2.1 Vom Historismus zur klassischen Moderne Die Fassade hat demnach etwas paradoxes an sich. Denn auf der einen Seite trennt sie zwei Welten und auf der anderen verknüpft sie sie miteinander. Sie gehört dem Aussen wie auch dem Innen gleichzeitig. In der historischen Betrachtung zeigt sich, dass die Fassade dieser doppelten Zugehörigkeit über verschiedene Epochen hinweg nicht wirklich gerecht werden konnte. So verpflichtete sich die Fassade entweder inneren oder aber äusseren Entsprechungen, jedoch nie beiden gleichzeitig. Sehr deutlich zeigen sich diese entgegengesetzten Ansätze sowie ihre Konsequenzen in einem Vergleich zwischen dem Historismus und der klassischen Moderne. Beim Historismus beispielsweise wird die innere Realität beinahe komplett ausgeblendet. Alfred Lichtwark, einer der ersten, der sich kritisch zum Historismus äusserte, umschreibt diese Haltung als: „Eine Tyrannei der Fassade, die als ein Ding an sich und nicht als Ausdruck des Grundrisses behandelt wird“.9 Diese angesprochene Tyrannei, zeigt sich beispielsweise in der Verwendung von den immer gleichen Fenstertypen. Das Fenster wurde dabei als Schmuckform aufgefasst.10 Die Platzierung der einzelnen Fenster war bestimmt durch den Rhythmus der Fassade und bezog sich dadurch lediglich auf den äusseren Ausdruck. Daraus hervor ging eine Architektur, die zwar eine ausdrucksstarke Präsenz einnehmen konnte, sich jedoch nur auf sich selbst bezog. In diesen Fassaden gab es keinen Platz für Differenzierungen. Meist ungeachtet von räumlichen Gegebenheiten oder Himmelsrichtungen repetierte sich stetsdas gleiche Segment. Dem Innenraum wurde dadurch ein Fassadenkleid vorgestellt, das sich lediglich noch auf die innere Form, nicht aber auf die innere Funktion oder eine spezifische Beziehung zwischen Innen und Aussen bezog.

Die Aufgabe der Fassade in Diener und Dieners Frühwerk

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Lichtwark, 1905, S. 9.

10 Lichtwark hält fest, dass die Fenster im Historismus ausschliesslich als ein Element der Fenster aufgefasst wurden. Gleich wie Säulen und Gebälk dienten sie als gestalterische Mittel für einen Ausdruck. Die Funktion des Fensters (Licht für Innenraum) schien dabei beinahe sekundär zu sein. vgl. ebd.

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Abb. 5.

Grundriss Geschäftsund Wohnhaus Elisabethenstrasse 46, Basel (1865/67) Johann Jakob Stehlin

Abb. 6.

Aussenansicht Geschäfts- und Wohnhaus Elisabethenstrasse 46. Die von Lichtwark angesprochene Wiederholung der immer gleichen Fenstertypen ist deutlich zu erkennen. Im Bezug auf den Grundriss, wird deutlich, dass die immer gleichen Fenster jedoch unterschiedliche Räume belichten. Dies artikuliert sich allerdings in der Fassade nicht.

11 Greenough, 1947, S. 62. 14 70

Die klassische Moderne hingegen, die als eine direkte Gegenreaktion auf vorangegangene Stile zu verstehen ist, schlug ins andere Extrem aus. „Statt den Funktionen jeglicher Art von Gebäuden eine einzige allgemeingültige Hülle aufzuzwingen, indem eine äussere Form dem Auge oder der Assoziation zuliebe – ohne Bezug auf die innere Struktur – übernommen wird, sollten wir zuerst das Zentrum des Hauses als Nukleus gestalten und von dort gegen aussen weiterarbeiten.“11 Diese Aussage von Greenough verdeutlicht die Forderungen der klassischen Moderne. Forderungen, die sich massgeblich aus der Einnahme einer Gegenposition definierten. Die historisierende Stilarchitektur des 19. Jahrhunderts sollte überwunden werden. Ein Gebäude sollte ausgehend von seiner Funktion von innen nach aussen entwickelt werden.


Für die Fassade hiess dies, dass sie zum Abbild einer inneren Logik wurde. In der Konsequenz führte dies dazu, dass die Fassade im Aussenraum kaum mehr in der Lage war, räumliche Akzente zu setzen. Der Aussenraum war bestimmt durch die Maxime Licht, Luft und Auslaufmöglichkeit.12 „Richtiges Verhältnis von Baumasse zu freiem Raum, das ist die Formel, die einzig und alleine das Problem des Wohnens löst.“13 Paragraphe wie dieser der Charta von Athen verdeutlichen, dass in der Haltung der klassischen Modere der Aussenraum im Wesentlichen durch die Setzung der Volumen zu bestimmen war. Die Ausformulierung der Fassade spielte für die räumliche Disposition keine Rolle. Als aussagekräftiges Beispiel für diese Architektur kann die Siemensstadt herangezogen werden. An den Fassaden der verschiedenen Zeilenbauten lassen sich beispielsweise die verschiedenen Innenräume deutlich ablesen. Dies, indem die unterschiedlichen Fenstertypen Rückschlüsse auf den dahinter liegenden Raum zulassen.

Abb. 7.

Grundriss Siemensstadt, Berlin, Bauteil Häring (1929-1931)

Abb. 8.

Aussenasicht Siemensstadt, Berlin, Bauteil Häring (1929-1931). Die Fassade ist ein Ausdruck der inneren Organisation. Durch die verschiedenen Fenstertypen lassen sich die unterschiedlichen Raumtypen ablesen.

12 Gropius, 1931, S. 26. 13 § 32 der Charta von Athen Hilpert, 1984, S. 136.

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Abb. 9.

Wohnhaus am Burgfelderplatz von Diener & Diener.

Die unterschiedlichen Haltungen zwischen Historismus und klassischer Moderne sind somit hier kurz umrissen. Im Vergleich mit Dieners Bau am Burgfelderplatz werden sie anschliessend noch weiter konkretisiert. Weiter wurde kurz veranschaulicht, inwiefern sich die Fassaden auf die räumlichen Gegebenheiten ausgewirkt haben. Die Frage, die sich nun stellt ist, in wie weit sich Dieners Haltung von den eben beschriebenen Haltungen unterscheidet und wie sie Einfluss nimmt auf die räumlichen Gegebenheiten. „Die Kultur der Nachmoderne muss nach einer Architektur suchen, welche nicht gegen die vorhandene Stadt, sondern mit der Stadt entsteht.“ Gerade diese Forderung von Carl Fingerhuth, die bei Diener eingelöst scheint, sollte bei Diener zu markanten Unterschieden gegenüber dem Historismus oder der klassischen Moderne führen.14 3 Beziehungspaare anhand des Wohnhauses am Burgfelderplatz Im Folgenden stellt sich die Frage, in wie weit sich Dieners Haltung von den eben beschriebenen Haltungen unterscheidet. „Die Kultur der Nachmoderne muss nach einer Architektur suchen, welche nicht gegen die vorhandene Stadt, sondern mit der Stadt entsteht.“ Gerade diese Forderung von Carl Fingerhuth, die bei Diener exemplarisch eingelöst scheint, sollte bei Diener zu markanten Unterschieden gegenüber dem Historismus oder auch der klassischen Moderne führen.14 Um dies zu belegen werden im folgenden die in der Einleitung eingeführten Beziehungspaare anhand des Wohnhauses am Burgfelderplatz durchgearbeitet. (siehe Abb. 10.)

Abb. 10. Schema zu den verschiedenen Beziehungspaaren: 1. Fassade-Stadtraum 2. Fassade-Innenraum 3. Innenraum-Stadtraum

14 Fingerhuth, 1988, S. 46.

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3.1 Beziehungspaar Fassade – Stadtraum „Auf den Punkt, in einem wörtlichen Sinn, kommt der Städtebau dort, wo er einen Ort mit einem Haus in Ordnung bringt.“15 Diese Aussage von Roger Diener selbst, die das Wesen der Architektur von Diener sehr gut beschreibt, ist beim Wohnhaus mit Bankfiliale beinahe exemplarisch eingelöst. Die beiden stark differenzierten Fassaden bewerten den jeweiligen Charakter des vorgelagerten Stadtraums. So widerspiegelt die leicht gebogene Platzfassade, die sich dem Verkehrsfluss anschmiegt, die Dynamik des Ortes wieder. Dies wird neben der Form der Wand zusätzlich durch die horizontalen Fensterbänder verstärkt. Steinmann liest diese Fensterbänder als eine Anspielung auf die Grossstadt, da sie eine Anlehnung an das Telschow-Haus in Berlin sind. In diesem Ausdruck der Fassade hat sich nach Steinmann die Bedeutung der grossstädtischen Architektur der 20er Jahre abgelagert.16 Es ist jedoch anzumerken, dass die Fensterbänder auch ohne dass wir diesen Code kennen, ihre Wirkung entfalten. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die betonte Horizontalität der Fenster durch den Menschen als starke Bewegung wahrgenommen wird. Während die angesprochene Platzfassade mit mehreren architektonischen Mitteln wie angesprochen die Dynamik der Hauptverkehrsachse beschreibt und mitbestimmt, zeichnet sich die Fassade zur Johannes-Ring Strasse durch ihr statisches Moment aus. Somit steht sie bezogen auf ihre Wirkung konträr zur Platzfassade. Dieser statische Moment wird durch die immer gleichen quadratischen Fenster hervorgerufen. Diener gelingt es demnach durch einfache architektonische Mittel, die Fassade mit dem städtischen Raum in Beziehung zu setzen. Die Fassaden sind jedoch nicht nur als ein Abbild der Situation zu verstehen, vielmehr entsteht eine Wechselwirkung zwischen Stadtraum und Fassade. Dieners Fassaden prägen demnach die Lesart des räumlichen Gefüges der Stadt entscheidend mit. Diese Schlussfolgerung wird im Folgenden präzisiert.

Abb. 11. Telschow-Geschäftshaus in Berlin (1928) von den Brüdern Luckhardt und Alfons Anker. Gilt als eine Ikone einer grossstädtischen Architektur der 20er Jahre.

Abb. 12. Wohnhaus am Burgfelderpatz. Die Verwandtschaft zum TelschowHaus ist deutlich erkennbar. Doch es gibt auch Differenzenen. Beim Teschow-Haus werden die Stirnseiten der Wand mit Blech verkleidet und dadurch entsteht das Fensterband. Bei Diener hingegen ist die gesamte Fassade eine vorgehängte Schicht. 15 Steinmann, 1995, S.11. 16 Steinmann, 1991, S. 26.

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Abb. 13. Ausschnitt Frontfassade Haus am Burgfelderplatz. Die Fensterbänder beziehen sich direkt auf den Ort. Die Räume dahinter zeichnen sich nicht an der Fassade ab. Abb. 14. Ausschnitt Seitenfassade Haus am Burgfelderplatz. Die Fenster stehen wiederum im Zusammenhang mit dem Stadtraum. Ihre quadratische Form erzeugt eine statische und in sich ruhende Fassade. Damit wird verdeutlicht, dass der vorgelagerte Nebenstrassenraum einen anderen Charakter besitzt als der Raum der Hauptverkehrsachse. Abb. 15. Ausschnitt Fassade Siemensstadt Bauteil Häring. Die Fenster werden bestimmt durch den dahinterliegenden Raumtyp.

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Es zeigt sich, dass die erwähnte starke Differenzierung in Dieners Fassaden nicht bloss eine Spielerei darstellt, sondern dass dadurch gezielt eine Dialektik zwischen Stadt und Haus erzeugt wird. Gerade durch diese Differenziertheit setzt sich Dieners Bau von Beispielen der klassischen Moderne ab. Einer Haltung, die in den 20er-Jahren zu einer Typisierung der Fenster führte. Unabhängig vom Aussenraum ordnet sich die Fensterverteilung anschliessend nach der vordefinierten Typisierung. Bei der Siemensstadt beispielsweise wird deutlich, wie sich eine solche Architektur, die vom Inneren ausgeht, in der Fassade abbildet. Die Fenster sind typisiert. Für jede Raumkategorie gab es ein passendes Fenster, das die Innenraum spezifischen Anforderungen erfüllen sollte. Diener bricht mit dieser Haltung, indem er für Räume mit gleichen Nutzungen unterschiedliche Fenstertypen verwendet. Jede Wohnung erhält, ihrer Position zur Stadt entsprechend einen spezifischen Fenstertyp. Dadurch spiegeln die Fenster einerseits das Abbild der räumlichen Situation, andererseits erhalten alle Wohnungen über die Fenster ein nach ihrer Situierung folgerichtiges Verhältnis zum Stadtraum.


Steinmann wie auch Jehle17, 18 setzen ihren Fokus beim Projekt am Burgfelderplatz vielleicht gerade deswegen auf die Durcharbeitung der Fenster. Die Fenster sind zwar ein wichtiger Bestandteil des Projektes, doch die Differenzierung der Fenster erzeugt für sich noch keine räumliche Ordnung. Die unterschiedlichen Wandausbildungen wie beispielsweise das Fassadenschild zur Missionsstrasse, sind demnach im Bezug auf die räumlichen Auswirkungen der Fassade entscheidender, als die Differenzierung der Fenster. Doch auf welche räumliche Interpretation stützen sich die angesprochenen differenzierten Wandausbildungen?

Abb. 16. Situationsplan Burgfelderplatz

Der Platz, der keiner sein will In der Betrachtung des Kontextes am Burfelderplatz wird deutlich, dass die Platzfassade kein klares Gegenüber aufweist. Bei einer genaueren Beurteilung der Situation muss man sogar feststellen, dass die Bezeichnung Burgfelderplatz irreführend ist, denn die räumliche Konstellation lässt keinen eindeutigen Platz entstehen. Arnheim spricht bei Plätzen jeweils vom Schwerezentrum, das entsteht, wenn die Kräftefelder der Gebäude bis zur Mitte eines Platzes reichen.19 Verdeutlicht wird dies in seinen Skizzen, in denen er aufzeigt, dass die Gebäude wie Vektoren zum Zentrum laufen.20 Zeichnet man diese Vektoren für den Burgfelderplatz auf, wird deutlich, dass die räumliche Situation nicht als klassischer städtischer Platz gelesen werden kann. Diener reagiert sehr gezielt auf diesen Umstand, der gegebenen räumlichen Disposition. Er tut dies, indem sein Gebäude weniger eine Ecke markiert als vielmehr eine Brücke zur gegenüberliegenden Seite der Johnnes-Ring Strasse schlägt. Diener deutet damit an, dass sich die Strassenfassade entlang der Missionsstrasse (Reihung von aneinander gebauten Häusern) über die Johannes-Ring Strasse hinweg weiterentwickelt. Um diese Beziehung zu schaffen, baut Diener

Die Aufgabe der Fassade in Diener und Dieners Frühwerk

Abb. 17. Schema Rudolf Arnheim. Die Vektoren der Gebäude laufen in einem Punkt zusammen und erzeugen ein sogenanntes Schwerezentrum.

17 Steinmann, 1991, S. 25-26. 18 Jehle-Schulte Strathaus, 1991, S. 35-36. 19 Arnheim, 1980, S. 89. 20 ebd. S. 88

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Abb. 18. Schema zur optischen Verlängerung der Fassade, die eine räumliche Grenze erzeugt (rote Linie)

Abb. 19. Die angesprochene optische Verlängerung der Fassade über die Nebenstrasse hinweg. Abb. 20. Kaufhaus Petersdorf, Breslau, Erich Mendelsohn (1927-1928) Abb. 21. Das überstehende Fassadenschild bei Dieners Wohnhaus.

21 vgl. Steinmann, 1991, S. 16. 22 vgl. Stephan, 1998, S. 125.

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die Fassade so auf, dass beide Seiten als unabhängige zweidimensionale Fassaden wirken. Mit dem Fassadenschild der Frontfassade, das über die Seitenfassade hinausläuft, artikuliert Diener seine Absicht, die Strassenfassade optisch über die Nebenstrasse hinweg fortzusetzen (siehe Abb. 18.). Wegen diesem Detail wird Dieners Bau immer wieder mit dem Kaufhaus Petersdorf in Breslau von Mendelsohn verglichen.21 Es ist jedoch anzumerken, dass die beiden Häuser neben ihrer Verwandtschaft mit der Ausarbeitung der Ecke unterschiedliche Absichten verfolgen. Der abgerundete Erker bei Mendelsohn zum Beispiel ist eine sehr körperhafte Eckausbildung und verbindet die beiden Fassaden miteinander. Diese körperhafte Ecke verleiht dem Gebäude eine Präsenz im Strassenraum und markiert einen Ort.22 Dieners Bau am Burgfelderplatz hingegen verfolgt andere Absichten. Durch das Hinausziehen der Wand wird die relativ dünne Dimension der Wand preisgegeben. Dies zeigt auf, dass die Fassaden als zweidimensionale Elemente gedacht sind. Die Ecke wird durch diese Ausbildung bewusst verneint. Vielmehr verdeutlicht die Wand, dass sie eine optische Brücke zur anderen Strassenseite sein will. Dieners Bau akzeptiert demnach die räumliche Gegebenheit, in der der Burgfelderplatz weniger einen Platz darstellt, sondern vielmehr ein räumliches Gefüge ist, in dem unterschiedliche Strassenräume aneinander stossen.


Doch auch wenn das Gebäude die Ecke an sich nicht bewusst betont, zerfällt der Bau nicht in Einzelteile, denn durch den Dachaufbau, der wie ein eingedrehter Knoten wirkt, werden beide Fassaden optisch wieder zusammengeführt. Ulrike Jehle´s Beschreibung zur Architektur von Diener scheint hier sehr deutlich zum Ausdruck zu kommen: „Es wird nicht mehr der massive Block entworfen, sondern Teile, die sich als Schichten und Gelenke zusammenführen.“23 Abb. 22. Axonometrische Darstellung des Wohnhauses am Burgfelderplatz. Die von Jehle angesprochenen Schichten und Gelenke sind hierbei gut zu erkennen.

Das angesprochene Fassadenschild leistet allerdings noch mehr als nur die optische Brücke zur gegenüberliegenden Strassenseite. Durch das Abknicken in die Horizontale wird ermöglicht, dass die Bank einen gut ersichtlichen Eingang erhält und sich zum Platz hin repräsentieren kann. Durch die Natursteinverkleidung der Eingangspartie wirkt es so, als würde die Bankfiliale als Körper unter dem Fassadenschild an den Platz stossen. Diener kommt dadurch geschickt dem Bedürfnis der Bank nach, sich zum Platz auszurichten und eine Adresse zu erhalten. Ein Bedürfnis, das in einem gewissen Widerspruch steht zur räumlichen Interpretation und ihrer Konsequenz, dass es im eigentlichen Sinne keine Platzfassade/Repräsentationsfassade gibt. Durch diese architektonische Ausformulierung behält das gerichtete Fassadenschild seine Kraft und kann trotz der konträren Ausrichtung der Bank als Verlängerung zur anderen Strasse bestehen. Die Aufgabe der Fassade in Diener und Dieners Frühwerk

Abb. 23. Eingang Bankfiliale, der als Körper unter dem Fassadenschild hindurch zum Platz stösst. 23 Jehle, 1991, S. 36.

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Die Fassade als räumlicher Städtebau

Abb. 24. Nebenstrassenraum Johannes-Ring Strasse

Abb. 25. Hauptstrassenraum, und Verkehrsachse an der Missionsstrasse.

23 Jehle, 1991, S. 36.

24 Steinmann, 1997, S. 59. 25 Diener, 2009.

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In solchen gezielten Eingriffen zeigt sich Dieners Haltung besonders deutlich. Durch das Andeuten der angesprochenen Verlängerung der Fassade beispielsweise wird der Strassenraum massgeblich hierarchisiert. Es entsteht in einer selbstverständlichen Art und Weise ein Haupt- und ein Nebenstrassenraum. Die Fassade spiegelt demnach nicht bloss die räumliche Realität des Stadtraums wider, sondern sie nimmt gezielt Einfluss auf die räumliche Konfiguration der Stadt und wie sie zu lesen ist. Steinmann wirft die Frage auf, auf welche Stadt sich Diener bezieht.24 Eine mögliche Antwort auf diese Frage ist die Feststellung, dass sich Diener auf die Stadt als räumliche Gegebenheit bezieht. Ein räumliches Gefüge, das durch die Konfiguration verschiedener Bauten entsteht. Diener wie auch Snozzi (einer seiner Lehrer) bestehen auf die Notwendigkeit, dass die Unterschiedlichkeit bebauter aber auch unbebauter Räume gewahrt werden muss. Beide behaupten, dass nur eine Vielfalt unterscheidbarer Räume, deren Identität es zu respektieren und zu schärfen gilt, eine Entwicklung vermeiden könne, an deren Ende die totale Bedeutungslosigkeit der Räume steht.25


In Dieners Fassaden kommt dieses Bestreben, die Stadträume in ihrer Eigenheit zu stärken und sie gegeneinander abzugrenzen, besonders deutlich zum Ausdruck. Durch die Fassade am Burgfelderplatz entwickelt Diener die vorhandene Raumkonstellation weiter und ordnet die Stadträume zueinander. Gerade in dieser räumlichen Arbeitsweise zeigt sich Dieners Wille, historische Situationen nicht zu konservieren, sondern fortleben zu lassen.26 Dieners Bauten nehmen sich demnach nicht zurück, sondern haben den Anspruch, räumliche Zusammenhänge zu verdeutlichen oder gar neu zu ordnen. Eine eigenständige Methodik Dieners Methodik könnte demnach als Prozess bezeichnet werden, der durch die ständige Wechselwirkung von Fassade und Stadtraum bestimmt ist. Diener arbeitet zwar hoch kontextuell. Er bezieht sich in seiner Arbeit jedoch nicht wie die analoge Architektur auf spezifische Elemente des Kontextes, sondern geht vom Stadtraum aus. Auch die postmoderne Haltung von Jencks, dass eine Architektur überkodiert werden muss,27 ist Dieners Arbeitsweise fremd. Die Stilelemente der Moderne bei Diener sind demnach so eingesetzt, dass sie die Haltung zum städtischen Raum auf der Ebene der Wirkung verstärken. Sie haben demnach nicht den Zweck eine Mehrdeutigkeit zu erzeugen, sondern zielen darauf ab, der Haltung zum Aussenraum eine Eindeutigkeit zu verleihen. Bemerkenswert ist, dass Diener durch die Differenzierungen der Fassaden räumlichen Städtebau betreibt. Dadurch geht Diener einen entscheidenden Schritt weiter als die klassische Moderne oder der Historismus. Im Vergleich mit der klassischen Moderne wird hier beispielsweise deutlich, dass diese keinen Anspruch darauf erhob, die Aussenräume über die Ausbildung der Fassade aktiv zu gestalten. Die Beschaffenheit des Aussenraumes bestimmte sich bei der klassischen Moderne über das geforderte Verhältnis von Baumasse zu Freiraum.28 Der Historismus auf der anderen Seite brachte ebenfalls keine Fassaden herDie Aufgabe der Fassade in Diener und Dieners Frühwerk

26 Mahro, 2004. 27 Jencks, 1992. 28 In der klassischen Moderne kam es zu einer Verwissenschaftlichung des Bauens. Abstände zwischen Zeilenbauten beispielsweise, waren stets im Zusammenhang mit der Höhe zu bestimmen. Es gab demnach ein richtiges Verhältnis von Baumasse zu Freiraum. Dies sollte möglichst eingehalten werden um dem Menschen ein gesundes Leben zu ermöglichen vgl. Hilpert, 1984, S. 136.

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vor, die gezielt die Stadträume hierarchisierten. Dies liegt daran, dass der Historismus eine Differenzierung der Fassaden verneint. Durch diese fehlende Differenzierung war es der Fassade unmöglich, Räume gegeneinander zu gewichten, denn für eine Hierarchisierung braucht es zwingende Differenzen. Waren diese Differenzen beim Historismus demnach nicht bereits in der volumetrischen Setzung angelegt, so konnte auch die historistische Fassade kaum etwas daran ändern. 3.2 Beziehungspaar Fassade – Innenraum Als zweiter Untersuchungspunkt steht das Beziehungspaar Innenraum-Fassade im Fokus und damit die Wechselwirkung zwischen den Innenräumen und der Fassade. Bei der Grundrissorganisation meidet Diener konsequent die Übernahme von gängigen Typologien und sogar Wiederholungen eigener Lösungen. Die Wohnung wird stets als ein Baustein der Stadt gesehen und ist demnach an jedem Ort individuell.29 Aus dieser Haltung heraus wird bereits deutlich, dass die angesprochene Prägung der Stadt in einem gewissen Widerspruch zur Auffassung der klassischen Moderne steht. „Der Grundriss ist die Basis. Ohne Grundriss keine Grösse der Erfindung und des Ausdrucks, kein Rhythmus, kein Volumen, kein Zusammenhang. Der Grundriss ist die Bestimmung über das Ganze.“30 Diese Forderung von Le Corbusier verdeutlicht die angesprochene Differenz. In der klassischen Moderne war der Grundriss die treibende Kraft eines Projektes, bei Diener hingegen ist es die Charakteristik des Ortes.

29 vgl. Steinmann, 1991, S. 16. 30 Behne, 1923, S. 53.

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Doch Dieners Position ist in keinem Fall eine Absage gegenüber der Funktionalität des Grundrisses. Vielmehr ist es ein Austarieren zwischen den Bedürfnissen des Innenraums und jenen des Aussenraums. Eine Konsequenz, die aus diesem Austarieren hervorgeht, ist dass beim Haus am Burgfelderplatz die innere Form der Fassade nicht direkt der äusseren entspricht.


Die Fassade als räumliches Gefüge Betrachtet man beim Haus am Burgfelderplatz die Frontfassade zur Missionsstrasse, so wird deutlich, was Diener durch diese Differenz von innerer und äusserer Form bezweckt. Seit der Einführung des Zweischalenmauerwerks ist die Fassade im Grunde genommen aus konstruktiven Gründen in eine innere und äussere Schale aufgegliedert. Meist jedoch entsprechen sich diese beiden Schalen in ihrer Form, dies führt zu einem kompakten Wandaufbau, der alle Funktionen in einem mehrschichtigen Element übernimmt. Diener wendet dieses Prinzip der mehrschaligen Wand am Burgfelderplatz zur Johnnes-Ring Strasse ebenfalls an. Zur Missionsstrasse hingegen nutzt er das räumliche Potenzial solcher mehrschaliger Konstruktionen aus. Dies indem er die Fassade in ihrer Funktion auseinander dividiert. Die Fassade ist dadurch nicht mehr länger eine zweidimensionale Grenze, sondern transformiert sich zu einem räumlichen Gefüge. Diener findet darin eine Möglichkeit, dass die Fassade den unterschiedlichen Anforderungen von Innen und Aussen gerecht werden kann. So ermöglicht die innere Schicht unabhängig von der äusseren einen orthogonalen Raumabschluss für die Innenräume. Dadurch entstehen orthogonale und somit gut nutzbare Räume im Inneren. Die äussere Schicht hingegen kann durch die räumliche Distanz zur inneren in ihrer Form die Dynamik des Strassenverlaufs aufnehmen, ohne dabei die Orthogonalität der Innenräume zu tangieren. Weiter entsteht zwischen den beiden Schichten ein Pufferraum. Dieser erzeugt für die Innenräume die nötige räumliche Distanz zur stark befahrenen Missionsstrasse und hat nebenbei den Effekt einer baulichen Schallschutzmassnahme. Doch der Pufferraum dient nicht nur dem Innenraum, sondern befreit auch die äussere Schicht von der Statik (liegt auf Ebene der inneren Schale). Dadurch wird erreicht, dass die Horizontalität der Fensterbänder, welche die angesprochene Dynamik des Ortes wiedergeben soll, nicht durch vertikale Elemente geschwächt wird.31 Die Aufgabe der Fassade in Diener und Dieners Frühwerk

Abb. 26. Schema zum auseinanderziehen der Fassade. Daraus resultiert eine unabhängige äussere Schicht und eine Pufferzone.

31 Steinmann spricht an, dass viele die horizontalen Fensterbänder erst durch das verkleiden der Wandstirnseiten erreichen. Bei Diener ist dies nicht nötig, da die äusserste Schicht losgelöst ist. Steinmann, 1991, S. 28.

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Dieses Prinzip der räumlichen Schichtung findet sich jedoch nicht nur in der Fassade zur Missionsstrasse. Es scheint beinahe, als hätte man das Prinzip der Schichtung aus der Fassade in die Wohnungsgrundrisse überführt. So sind die Grundrisse in verschiedene Schichten aufgeteilt. Dies löst einerseits die Organisation der Räume zueinander und erzielt auf der anderen Seite eine gezielte Abstufung der Privatsphäre.32 Diener setzt durch die Differenzierung zwischen innerer und äusserer Schale ein Potenzial der Fassade frei, die weder im Historismus noch in der klassischen Moderne genutzt wurde. Beim Historismus war die Fassade beinahe komplett von der inneren Organisation losgelöst. Durch dieses Loslösen isolierte sich die Fassade jedoch, die Konsequenz daraus war, dass sie sich nur auf sie selbst bezog und ein autonomes Bauteil darstellte. Diese Fassaden waren in der Lage, durch aufwendige Verzierungen einen repräsentativen Eindruck gegen Aussen zu erlangen. Jedoch war eine Fassadengestaltung, die sich rein nach dem äusseren Ausdruck richtete, nicht in der Lage, für die Innenräume spezifische Beziehungen zum Aussenraum zu schaffen. Die immer gleichen Fenster erzeugen stets den gleichen Bezug gegen Aussen, ungeachtet davon, dass sich unterschiedliche Räume gegenüberstehen.

32 Auch Jehle spricht die erwähnte Schichtung der Grundrisse an. Bezieht diese allerdings direkt auf die Fenster und weniger auf die Stadt Beziehung zur Stadt. vgl. Jehle, 1991, S. 36. 33 Behne, 1923, S. 12.

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Die klassische Moderne hingegen war zu stark dem Willen verpflichtet, „der Logik des Funktionalen zu folgen“.33 Die Fassade entspricht in dieser Logik dem Innenraum. Da sich der Aussenraum in der klassischen Moderne direkt durch die volumetrische Setzung bestimmte, gab es keinen Grund, der Fassade im Äusseren eine autonome, dem äusseren angepasste Erscheinung oder Form zu verleihen. Die Entsprechung zwischen innerer und äusserer Form der Fassade war demnach nie in Frage gestellt. Der Fassade war es dadurch unmöglich, die Charakteristik des Aussenraums zu spiegeln oder gar mitzubestimmen.


Abb. 27. Grundriss Obergeschosse. Die angesprochene Schichtung ist klar zu erkennen.

Abb. 28. Grundriss Erdgeschoss

Abb. 7.

Grundriss Obergeschosse

Abb. 8.

Grundriss Erdgeschoss

Abb. 7.

Grundriss Obergeschosse

Abb. 8.

Grundriss Erdgeschoss

Die 6 Aufgabe der Fassade in Diener und Dieners FrĂźhwerk

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Gehaltene Räume Ein weiterer Punkt, der sich massgeblich auf die Innenräume auswirkt, sind die Fenster. Besonders entscheidend für das Innere ist dabei das Verhältnis vom Fenster zur Wand. Diener gelingt es am Burgfelderplatz ein Verhältnis zu finden, das sowohl im Innenraum wie auch dem Aussenraum seine Wirkung entfaltet. Der Versuch von Diener, beiden Einflüssen gerecht zu werden, zeigt deutlich, dass sich Dieners Haltung klar von einer historistischen Methodik unterscheidet. „Das Fenster wird ausschliesslich als Teil der Fassade aufgefasst, wo es gleich den Säulen und dem Gebälk ausschliesslich als Schmuckform verwendet wird. Es hat nicht mehr die Form und Grösse, die der Raum verlangt, den es erhellen soll, sondern es muss sich nach dem Rhythmus des Fassadenschemas richten. Es sitzt nicht mehr an der Stelle, wo der Innenraum es nötig hat, sondern da, wo die Fassade es verlangt.“34 Dieses Zitat von Lichtwark, das eine Kritik am Historismus darstellt, verdeutlicht die angesprochene Differenz zu Dieners Arbeitsweise.

34 Lichtwark, 1905, S. 8. 35 Jehle, 1991, S. 36. 36 Steinmann spricht bei dem Verhältnis von Wand zu Fenster vom In-der-Schwebe-Halten, Weiter spricht er an, dass dies beim SUVAHaus von Salvisberg von 1930 ebenfalls der Fall ist. Steinmann, 1991, S. 27.

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Ulrike Jehle liefert zu Dieners Auffassung bezüglich der Fenster ein passendes Zitat: „Die Fenster sind relativ gross, sie sind in den Wohnräumen fast bis zu den seitlichen Wänden gespannt.“35 Die von Jehle angesprochene Gespanntheit ist entscheidend, um zu verstehen, welche Wirkung aus dem spezifischen Verhältnis von Wand zu Fenster hervorgeht. Dieners Fenster zur Johannes-Ring Strasse sind nicht von Wand zu Wand gespannt, sondern sitzen als Lochfenster in der Wand. Dadurch entsteht auf beiden Seiten des Fensters jeweils ein Anschlag sowie ein Sturz. Die Wandsegmente sind so proportioniert, dass die Fassade nicht in eine Konstruktion aus Stützen und Platten zerfällt.36 Trotz grosser Fenster wird der Charakter der Wand demnach nicht aufgelöst. Die muralen Elemente prägen das Innenraumgefühl ganz entscheidend.


Die Fassade wirkt innen nicht wie eine losgelöste Schicht, die am Raum vorbeiläuft, sondern wird effektiv als Teil des Innenraums wahrgenommen. Der Raum fliesst dadurch nicht in den Stadtraum aus, sondern erhält mit der Fassade als Teil des Innenraums eine physische Grenze zum Aussenraum. Dies erzeugt im Innenraum ein Gefühl des Gehalten sein. Bei der Beziehung zwischen dem Innenraum und der Fassade handelt es sich demnach um eine sehr bewusst ausformulierte Wechselwirkung, die ein spezifisches Verhältnis zwischen innen und aussen zur Folge hat.

Abb. 29. Innenansicht an eines der quadratischen Fenster.

Abb. 30. Grundrissschema. Die seitlichen muralen Elemente halten den Innenraum.

Abb. 31. Innenaufnahme mit Blick in den Wohnraum.

Abb. 9. Abb. 10.

Wohnung zur Strasse Hoffassade mit Lichthof in der Ecke

Die Aufgabe der Fassade in Diener und Dieners Frühwerk 8

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3.3 Beziehungspaar Innenraum – Stadtraum Innenraum-Stadtraum stellt das letzte Beziehungspaar dar. Hier soll aufgezeigt werden, wie sich die Innen- und Aussenräume trotz der trennenden Fassade aufeinander beziehen. Die Schichtung des Grundrisses mit seinen verschiedenen Zonen der Privatheit wurde zuvor bereits angesprochen. Widmet man sich ihm, sowie den daraus hervorgehenden Räumen etwas genauer, wird deutlich, wie sich Aussen und Innen aufeinander beziehen. Zuwendung zur Stadt

Abb. 32. Schema zu den längs zur Fassade gespannten Wohnräumen, die sich zur Stadt hin ausrichten.

Abb. 33. Schnittschema. Der Sturz lenkt den Blick des Bewohners nach unten. 37 Jehle, 1991, S. 36.

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Die Wohnräume zum Beispiel sind parallel zur Strassenfassade aufgespannt. Die Räume liegen längs zur Fassade, sprich, die längere Raumseite des rechteckigen Raumes liegt entlang der Fassade. Die Räume erhalten dadurch einen starken Bezug zur Stadt. Dies, da die Raumproportion und die Ausrichtung des Raumes dazu führen, dass sich die Raumnutzung sozusagen entlang der Fassade entwickelt und weniger in die Tiefe des Raumes. Somit steht der Bewohner in den Wohnräumen stets im Dialog mit der Stadt. Die Ausformulierung und Positionierung der Fenster unterstützt diesen Bezug. Dies, indem sie den Räumen zusätzlich eine extensive Richtung gegen Aussen verleihen, ohne dass die Räume dadurch im Sinne von Wright ausfliessen.37 Wichtig sind dabei die zuvor angesprochenen muralen Teile, welche die Fenster absetzen. Durch den Umstand, dass die Fenster in den Wohnräumen bis zum Boden laufen und zur Decke einen Sturz aufweisen, wird der Blick des Bewohners bewusst auf die Stadt gelenkt. Die Präsenz der Stadt wird durch diesen Bezug noch einmal gezielt hervorgehoben. Die Wohnzimmer stellen demnach einen sehr direkten Bezug zum Stadtraum her. Dies prägt die Atmosphäre des Raumes entscheidend mit. Die städtische Realität fliesst demnach in die Charakteristik des Raumes ein.


Abwendung von der Stadt Ein ganz anderes Verhältnis zum Aussenraum und somit zur Stadt weisen hingegen die privaten Zimmer der Wohnungen auf. Die Zimmer stehen entgegen den Wohnräumen quer zur Fassade, sprich die jeweils kürzeren Raumseiten der rechteckigen Räume liegen entlang der Fassade. Diese Positionierung des Raumes zur Fassade und somit zum Aussenraum erzeugt einen viel höheren Grad an Privatheit als es bei den Wohnzimmern der Fall ist. Die Nutzung des Raumes entfaltet sich viel mehr in der Tiefe des Raumes. Diese erhöhte Privatheit wird weiter gestärkt durch die Ausformulierung der Fenster. So ist der murale Anteil der Fassade bei den Zimmern höher als bei den Wohnräumen. Weiter besitzen die Fenster abgesehen von den Balkontüren Brüstungen und nicht wie bei den Wohnräumen einen Sturz. Dies deutet wieder darauf hin, dass das Verhältnis von Innenraum zum Aussenraum bewusst anders sein soll als bei den Wohnzimmern. Die Brüstungen führen dazu, dass sich die visuelle Ausrichtung eher zum Himmel hin orientiert. Weiter wird der Raum durch die Brüstungen stärker gefasst. Der Raum bezieht sich demnach viel stärker auf sich selbst, nicht wie die Wohnräume. Steinmann umschreibt zwar die Fenster als den Ort, an dem die Bedingungen zwischen Innen und Aussen konvergieren.38 Doch es wurde ebenfalls aufgezeigt, dass die Raumproportionen und ihre Stellung zur Fassade ebenfalls entscheidend Einfluss nehmen auf die Beziehung zwischen Innen und Aussen. Bei allen Untersuchungspunkten wurde deutlich, dass die Bezüge von Haus zu Stadt immer auf mehreren Ebenen ausformuliert sein müssen, um eine Eindeutigkeit zu erlangen.

Die Aufgabe der Fassade in Diener und Dieners Frühwerk

Abb. 34. Schema zu den Zimmern. Der Raum bezieht sich durch seine Positionierung zur Fassade mehr auf sich selbst.

Abb. 35. Schnittschema. Die Brüstung lenkt den Blick des Bewohners nach oben. 38 Steinmann, 1991, S. 25.

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31 87


Dies ist auch bei den angesprochenen Fenstern und den Raumproportionen der Fall. Nur das Zusammenspiel ermöglicht es, den gewünschten Bezug von Innenraum zum Aussenraum in einer Kraft herzustellen, durch die er für den Bewohner spürbar und erlebbar wird. Gerade darin liegt ein weiterer Unterschied zum Historismus oder auch zur klassischen Moderne. Diener nutzt das volle Potenzial eines Baus aus. Sämtliche Elemente beziehen sich in irgendeiner Form auf die Wechselwirkung zwischen Haus und Stadt.

Abb. 36. Skizze, Beziehung der Räume über die Fassade. Die angesprochenen verschiedenen Ebenen sind angedeutet. (Raumproportinon, Fenster)

32 88


4. Fazit Die Auseinandersetzung mit Dieners Haus am Burgfelderplatz verdeutlicht, dass eine Fassade weit mehr sein kann als nur eine zweidimensionale Grenze zwischen Innen und Aussen. Diener nutzt die Fassade am Burgfelderplatz gezielt, um den Innenräumen eine, dem Ort entsprechende Prägung zu verleihen, aber auch, um die Stadt in ihrer räumlichen Konfiguration entscheidend mitzubestimmen. Entgegen der Haltung der klassischen Moderne oder dem Historismus ist Dieners Fassade demnach ein Versuch, sowohl den inneren wie auch den äusseren Bedürfnissen gerecht zu werden. Aus der Analyse über die Beziehungspaare geht hervor, dass sich Dieners Architektur stets über die Beziehung zum Raum definiert. So beziehen sich sämtliche architektonische Elemente (Fenster, Wände, Innenräume etc.) in verschiedenen Weisen auf die räumliche Gegebenheit der Stadt. Die Frage, auf welche Stadt sich Diener bezieht, kann demnach damit beantwortet werden, dass Diener auf die Stadt als räumliche Konstellation Bezug nimmt. Daraus geht eine neue Auffassung bezüglich der Fassade hervor. Während in der klassischen Moderne wie auch im Historismus die Fassaden kaum als raumbestimmendes Element gesehen wurden, aktivierte Diener die Fassade als ein Bauteil, das entscheidend Einfluss nehmen sollte auf das räumliche Gefüge der Stadt. Um dieses Potenzial zu entfalten, gab Diener die Konvention auf, dass sich die innere und äussere Form einer Fassade entsprechen sollen. Erst durch dieses Loslösen wurde es möglich, die äussere Form so auszuformulieren, dass sie in der Lage war, die Stadträume zu hierarchisieren. So gelang es beispielsweise durch das überstehende Fassadenschild, eine optische Verlängerung zur anderen Strassenseite zu erzeugen und somit das Raumgefüge in einen Hauptund Nebenstrassenraum zu unterteilen. Es zeigt sich, dass Dieners Architektur den Anspruch hat, die Stadträume weiterzubauen und die Räume durch den eigenen Bau in ihrer Charakteristik zu stärken und zueinander zu ordnen. Ein Anspruch, der durchaus von einer gewisse Radikalität und einer selbstbewussten Haltung zeugt. Im historischen Vergleich mit der klassischen Moderne und dem Historismus wird deutlich, dass Dieners Haltung als eigenständige Position in der Entwicklungsgeschichte der Fassade einzuordnen ist. Eine Position, in der die Fassade ein Potenzial entfaltet, dem wir uns heute, rund 34 JahDie Aufgabe der Fassade in Diener und Dieners Frühwerk

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re später, kaum noch bewusst sind. Gemeint ist damit der Umstand, dass Diener mit seiner Fassade am Burgfelderplatz aktiv räumlichen Städtebau betreibt. So beziehen sich die heutigen Fassaden doch mehrheitlich auf sich selbst. Die Fassaden werden nicht mehr als Mittel einer räumlichen Gestaltung interpretiert oder genutzt. Ein Grund für diese Entwicklung findet sich wahrscheinlich in den heutigen Planungsprozessen. Prozesse, die geprägt sind von einer zunehmenden Spezialisierung und der Aufteilung in verschiedene Planungsphasen. Dieses Aufsplitten des architektonischen Werks erschwert eine Wechselwirkung im Entwerfen. Die Dinge bauen zwar aufeinander auf, erzeugen aber rückwirkend keine Änderungen. Dies, da durch die strenge Strukturierung über verschiedene Phasen die Zwischenschritte sozusagen eingefroren werden. Die stadträumliche Komponente, die sich bei Diener durchs gesamte Projekt zieht, scheint sich heute beispielsweise mit der abstrakten volumetrischen Setzung bereits erledigt zu haben. In diesem Verfahren verkommt die Fassade in einem letzten Schritt lediglich zu einer applizierten Fläche, die sich der volumetrischen Setzung unterzuordnen hat. Unsere heutigen Fassaden liegen demnach dem Historismus oder auch der klassischen Moderne näher als man denken mag. Dieser angesprochene Umstand zeigt sich beispielsweise in der Europaallee in Zürich. Die Gebäude des neuen Stadtquartiers verfügen zwar jeweils über ausgearbeitete tektonische Fassaden und erhalten dadurch einen prägenden Ausdruck. Doch im Grunde genommen beziehen sich die Fassaden lediglich auf sich selbst. Sie spiegeln kaum eine stadträumliche Realität, geschweige denn werden sie als Element aufgefasst, welche die Lesart des räumlichen Gefüges entscheidend mitbestimmen können. Sie bleiben in tektonischen Spielereien verhaftet, bei denen es sich jedoch meist nur um vorgehängte Elemente handelt und sind sich ihrem räumlichen Potenzial nicht bewusst. Die Konsequenz sind Bauten, die kaum dazu in der Lage sind, den Stadträumen eine eigene und markante Charakteristik zu verleihen. In einer Zeit, in der die Architektur mehr und mehr zu einem Bebauen von vordefinierten Baufeldern verkommt, wird die heranwachsende Ar-

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chitektengeneration gefordert sein, eine Methodik hervorzubringen, die in der Lage ist, die Gebäude und den Stadtraum wieder stärker in einer Wechselwirkung zu entwerfen. Die städtische Realität kann nur dann gewahrt werden, wenn es gelingt, Räume mit unterschiedlichsten Eigenschaften nebeneinander entstehen zu lassen und gezielt voneinander abzugrenzen. Dieners Bau am Burgfelderplatz verdeutlicht, dass ein möglicher Schlüssel für diese stadträumliche Differenzierung in den Fassaden gefunden werden kann. Über den Ausdruck von Dieners Wohnhaus kann diskutiert werden, auch die ausgeprägte Differenzierung mag teilweise etwas gar didaktisch vorgetragen sein. Doch im Vergleich mit neueren Bauten von Diener, in denen die Mittel der Differenzierung reduziert wurden, wird klar, dass mit der Reduktion der Mittel, die Fassaden den vorgelagerten Raum mehr nur noch bewerten als ihn aktiv zu formen. Die ausgeprägte Differenzierung der frühen Bauten und ihre strikte Durcharbeitung hat demnach eine Berechtigung, da es dadurch gelang, die Stadt auch räumlich zu prägen. Gerade weil sich Dieners Frühwerk sowohl von vergangenen wie auch von heutigen Haltungen unterscheidet, ist ihr ein grosser Stellenwert zuzusprechen und sollte dazu anregen, die eigene entwerferische Haltung bewusst zu hinterfragen. Fassaden bauen wir gezwungenermassen; beginnen wir doch wieder, wie Diener dazumal, uns ihrem vollen Potenzial bewusst zu werden und es auszuschöpfen.

Die Aufgabe der Fassade in Diener und Dieners Frühwerk

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5. Abbildungsverzeichnis Abb. 1. Skizze Wohnhaus Burgfelderplatz. Eigene Grafik: Patrick Herger 2017. Abb. 2. Die von Arthur Rüegg beschriebenen Wohnhäuser im St. Alban-Tal Aus: JehleSchulte Strathaus, U. (1991). S. 102. Abb. 3. Das Untersuchungsobjekt. Aus: Steinmann, M. (1991). S. 97. Abb. 4. Schematische Skizzen zu den Gedanken von Van der Laan. Eigene Grafik: Patrick Herger 2017. Abb. 5. Grundriss Geschäfts- und Wohnhaus Elisabethenstrasse. Aus: Schulz-Rehberg, R. (2015). S. 170. Abb. 6. Aussenansicht Geschäfts- und Wohnhaus Elisabethenstrasse. Aus: http://query. staatsarchiv.bs.ch/query/detail.aspx?ID=401635 (Aufgerufen 03.01.17). Abb. 7. Grundriss Siemensstadt, Berlin Bauteil Häring. Aus: Huse, N. (1987). S. 168. Abb. 8. Aussenansicht Siemensstadt, Berlin Bauteil Häring. Aus: Huse, N. (1987). S. 168. Abb. 9. Wohnhaus am Burgfelderplatz. Eigene Grafik: Patrick Herger 2017. Abb. 10. Schema zu den Beziehungspaaren. Eigene Grafik: Patrick Herger 2017. Abb. 11. Telschow-Geschäftshaus in Berlin. Aus: Steinmann, M. (1991). S. 26. Abb. 12. Wohnhaus am Burgfelderplatz. Aus: Steinmann, M. (1991). S. 98. Abb. 13. Ausschnitt Frontfassade. Eigene Grafik: Patrick Herger 2017. Abb. 14. Ausschnit Seitenfassade. Eigene Grafik: Patrick Herger 2017. Abb. 15. Ausschnit Fassade Siemensstadt. Aus: Huse, N. (1987). S. 168. Abb. 16. Situationsplan Burgfelderplatz. Aus: Steinmann, M. (1991). S. 98. Abb. 17. Schema Rudolf Arnheim. Aus: Arnheim, R. (1980). S. 89. Abb. 18. Schema zur optischen Verlängerung der Fassade. Eigene Grafik: Patrick Herger 2017. Abb. 19. Die angesprochene optische Verlängerung. Eigene Grafik: Patrick Herger 2017. Abb. 20. Kaufhaus Petersdorf, Breslau. Aus: https://www.pinterest.com/ pin/294493263111059637/ (Aufgerufen 03.01.17). Abb. 21. Das überstehende Fassadenschild. Aus: Steinmann, M. (1991), S. 98. Abb. 22. Axonometrische Darstellung. Aus: Jehle-Schulte Strathaus, U. (1983). S. 53. Abb. 23. Die Bankfiliale. Eigene Grafik: Patrick Herger 2017. Abb. 24. Nebenstrassenraum. Eigene Grafik: Patrick Herger 2017.

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Abb. 25. Hauptstrassenraum. Eigene Grafik: Patrick Herger 2017. Abb. 26. Schema zum auseinaderziehen der Fassade. Eigene Grafik: Patrick Herger 2017. Abb. 27. Grundriss Obergeschoss. Aus: Steinmann, M. (1991), S. 96. Abb. 28. Grundriss Erdgeschoss. Aus: Steinmann, M. (1991), S. 96. Abb. 29. Innenansicht an eines der quadratischen Fenster. Aus: Jehle-Schulte Strathaus, U. (1991). S. 102. Abb. 30. Grundrissschema. Eigene Grafik: Patrick Herger 2017. Abb. 31. Innenraumaufnahme. Aus: Steinmann, M. (1991), S. 99. Abb. 32. Schema zu den längs zur Fassade gespannten Wohnräumen. Eigene Grafik: Patrick Herger 2017. Abb. 33. Schemaschnitt. Eigene Grafik: Patrick Herger 2017. Abb. 34. Schema zu den Zimmern. Eigene Grafik: Patrick Herger 2017. Abb. 35. Schemaschnitt. Eigene Grafik: Patrick Herger 2017. Abb. 36. Skizze, Beziehung der Räume über die Fassade. Eigene Grafik: Patrick Herger 2017.

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Eigenständigkeitserklärung Hiermit bestätige ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel verwendet habe. Die Stellen der Arbeit, die dem Wortlaut oder dem Sinn nach anderen Werken entnommen sind, wurden unter Angabe der Quelle kenntlich gemacht.

Affoltern am Albis, 18.01.2017

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EnthĂźllende Haut Die Fassade als losgelĂśste Schicht bei Herzog & de Meuron

von Rushan Sejdini


ENTHÜLLENDE HAUT

DIE FASSADE ALS LOSGELÖSTE SCHICHT BEI HERZOG & DE MEURON

Vertiefungsarbeit Herbstssemester 2016 Verfasser Sejdini Rushan Murtenstrasse 19 3203 Mühleberg Dozent Prof. Dr. Oliver Dufner Dr. Christoph Wieser Lucerne University of Applied Sciences and Arts HOCHSCHULE LUZERN Technik & Architektur Technikumstrasse 21 6048 Horw Master in Architektur Frühlingssemester 2016 Datum 17.01.2017

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Abstract Die vorliegende Arbeit befasst sich im Rahmen des Moduls „Vertiefungsarbeit“ zum Hauptthema „Basel um 1980 – zwischen Postmoderne und Swissbox“ mit der Thematik der Fassade als losgelöste Schicht im Anfangswerk von Herzog & de Meuron. Ziel der Arbeit ist es, zu untersuchen, was eine von der inneren Struktur losgelöste Fassade ausdrückt und welche Verbindung noch zwischen diesen beiden (Fassade und Struktur) besteht. Für die Untersuchung wurden drei Bauten von Herzog & de Meuron aus dieser Zeit ausgewählt, die für das Verständnis von Fassade als losgelöste Schicht als beispielhaft angesehen werden können. Die Ricola Lager Halle (1986-1987), das Wohn- und Geschäftshaus Schwitter (1985-1988) und die Basler SUVA-Filiale (1988-1993) wurden auf die Themen „Verhüllen und Enthüllen“, sowie „Material und Tiefe der Oberfläche“ untersucht. Es hat sich gezeigt, dass die Fassaden auf vielschichtige Weise präsentieren und repräsentieren. Einerseits präsentieren sie sich selber, ihre Materialien, ihre Konstruktion und ihre Struktur. Gleichzeitig deuten sie aber auch fragmentartig an, was sich unter der Haut verbirgt, und verweisen in Form von Bildern auf die Funktion des Gebäudes. Diese Projekte zeigen, dass durch ein Spiel zwischen Verhüllen und Enthüllen eine raffinierte und vielschichtige Verbindung zwischen innerer Struktur und losgelöster Haut möglich ist.

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INHALT 1. EINLEITUNG ZUR FASSADE ALS LOSGELÖSTE SCHICHT

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2. VERHÜLLEN UND ENTHÜLLEN

2.1 LAGERHAUS RICOLA 2.2 WOHN- UND GESCHÄFTSHAUS SCHWITTER 2.3 SUVA-GEBÄUDE 3. MATERIAL UND TIEFE DER OBERFLÄCHE 2.1 LAGERHAUS RICOLA 2.2 WOHN- UND GESCHÄFTSHAUS SCHWITTER 2.3 SUVA-GEBÄUDE 4. FAZIT LITERATUR- UND QUELLENVERZEICHNIS ABBILDUNGSVERZEICHNIS REDLICHKEITSERKLÄRUNG

13 13 17 21 27 27 32 35 39 42 43 47

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1. EINLEITUNG ZUR FASSADE ALS LOSGELÖSTE SCHICHT Die Fassade als losgelöste Schicht ist ein Thema, das in der Architektur immer aktuell ist. Gottfried Semper unterteilt die Architektur in seiner Theorie „Das Prinzip der Bekleidung“ in Tragwerk und Kleid. Es ist eine Theorie, die grossen Einfluss auf die Moderne ausübte und auch heute aktueller ist den je.1 Auch Le Corbusier griff dieses Thema in seinem Manifest „Fünf Punkte zu einer neuen Architektur“ auf, das er 1923 publizierte. Der letzte Punkt behandelt die „freie Fassadengestaltung“, die durch eine Trennung der äusseren Gestaltung von der inneren Einteilung ermöglicht wird.2 Das Architekturgeschehen der 80er-Jahre wurde von der Postmoderne geprägt, welche als Architektur der Erinnerungen gesehen werden kann. Entgegen der Moderne, sieht sie Tradition nicht als etwas an, das überwunden werden muss, sondern als reichhaltige Sammlung an Stilelementen, derer sie sich bedienen kann. Den reinen Funktionalismus lehnt die Postmoderne ab und propagiert stattdessen den „decorated shed“ dem eine Fassade wie ein Ornament vorgeblendet werden kann. Bauliche Struktur und inhaltliche Aussage werden von einander getrennt. Die Architekten verabschiedeten sich völlig von der Doktrin, dass ein guter Entwurf immer eine in sich stimmige Sprache sprechen, quasi ein Gesamtkunstwerk darstellen muss.3 Es entstand eine Collage-Architektur, die mannigfaltige Zitate, Zeichen und Symbole benutzt. In den 80er-Jahren nahmen auch die Basler Architekten Herzog & de Meuron ihre berufliche Tätigkeit auf. Sie arbeiten mit Bildern, aber auf eine andere Weise als die postmodernen Architekten. Sie verwenden persönliche Erinnerungen und lassen alltägliche Bilder einfliessen, die nicht zwingend mit Architektur im Zusammenhang stehen. Sie verwenden die Bilder auf eine viel abstraktere Weise. Betrachtet man einige ihrer Anfangsbauten aus dieser Zeit, so fallen sie hauptsächlich durch die äussere Erscheinung auf, die Grundrisse sind dagegen eher konventionell. Es gibt verschiedene Gründe für die Loslösung der Fassade von der inneren Struktur. In den oben erwähnte Theorien waren es hauptsächlich gestalterische und funktionale Gründe, während heute immer mehr wirt-

01 Schittich 2006, S. 10. 02 Wikipedia 2016. 03 Jehle-Schulte Strathaus 2014, S. 9.

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schaftliche und technische Gründe ausschlaggebend sind. Mit den heutigen mehrschaligen Konstruktionen, die immer höheren bauphysikalischen Anforderungen genügen müssen, wird es immer schwieriger, eine Verbindung von der inneren Struktur und dem äusseren Bild zu realisieren. Das führt dazu, dass die «Haut» als etwas, von der tragenden Struktur des Gebäudes Unabhängiges verstanden wird. Doch was drückt eine von der Struktur losgelöste Fassade aus? Was wiederspiegelt oder repräsentiert sie? Steht sie für sich selbst oder verweist sie auf etwas Anderes. Und ist eine solche Fassade wirklich vollständig losgelöst von der inneren Struktur oder besteht noch eine etwaige Verbindung? Diese Fragen, mit denen sich Architekten heute mehr denn je auseinandersetzen müssen, sind Gegenstand dieser Arbeit.“ Diese Untersuchung verfolgt nicht das Ziel, allgemeingültige Antworten auf diese Fragen zu finden, da es keine solche gibt. Es gibt verschiedene Konzepte, wie z.B. das „decorated shed“ oder die „freie Fassadengestaltung“ nach le Corbusier, die alle ihre Berechtigung haben. Die Untersuchung soll lediglich Möglichkeiten aufzeigen, die als Inspiration dienen können. _ Für die Untersuchung wurden drei Bauten von Herzog & de Meuron aus dieser Zeit ausgewählt, die für das Verständnis der Fassade als losgelöste Schicht beispielhaft sind. Ausserdem sind bei diesen Bauten einige Themen erkennbar, die in ihren späteren Projekten, weiterverfolgt wurden. Das erste Objekt ist die Lagerhalle für die Firma Ricola (1986-1987) in Laufen. Sie ist deshalb interessant, weil sich bereits der Auftrag nur dahin beschränkt hat, eine Fassade für einen Stahlcontainer zu entwerfen. Der Fokus konnte ganz auf die äussere Erscheinung gelegt werden. Das zweite Objekt ist das Wohn- und Geschäftshaus Schwitter (1985-1988) in Basel. Auch bei diesem Gebäude ist es hauptsächlich die Fassade, die auffällt. Die Wohnungsgrundrisse sind dagegen viel traditioneller. Das dritte Untersuchungsobjekt ist die SUVA-Filiale in Basel (1988-1993). Bei diesem Projekt wurden bei der Erweiterung, Bestand und Neubau von einer Glashaut überzogen, die sie zu einem geschlossenen Körper verbindet. Anhand von Literatur, Fotografien und Plänen der Bauten, sowie einer Besichtigung vor Ort, werden die Fassaden der ausgewählten Projekte auf die Themen Verhüllen und Enthüllen (Kap. 2), sowie Material und die Tiefe der Oberfläche (Kap. 3) untersucht. Dabei handelt es sich um Themen, die

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sich bei der Recherche und in der Auseinandersetzung mit dem Werk von Herzog & de Meuron als relevant im Bezug auf die Fassade herausgestellt haben. «Verhüllen» und «Enthüllen» sind zwei zentrale Prinzipien vieler Fassaden von Herzog & de Meuron. Dabei ist, wie die Bedeutung der Begriffe selbst, auch ihr Bezug zum Werk dieser Architekten mehrdeutig zu verstehen. «Verhüllen» bedeutet einerseits rein physisch beispielsweise einen Gegenstand mit etwas zu umhüllen oder einzuhüllen, also genau das, was eine Fassade macht. Es steht aber auch dafür, etwas, im übertragenen Sinn, zu verbergen. «Enthüllen» stattdessen bedeutet auf physischer Ebene, eben diese Bedeckung zu entfernen. Auf einer weiteren Ebene kann es aber auch bedeuten, dass etwas offenbart oder enttarnt wird. Was hier interessiert, ist neben der Mehrdeutigkeit dieser zwei Gegensätze, ihre Gleichzeitigkeit in den Projekten. Diese verschiedenen Aspekte sollen an den drei gewählten Projekten untersucht werden. Im Kapitel Material und Tiefe der Oberfläche wird einerseits untersucht wie das Material eingesetzt wird und welchen Stellenwert es für die Fassade als losgelöste Schicht, und dessen Aussage hat. Anderseits wird die Tiefe der Oberfläche betrachtet. Diese Definition kann jedoch wieder auf unterschiedliche Arten verstanden werden. Einerseits geht es um die Tiefe der Materialoberfläche selbst, anderseits um Tiefe der Hülle, was bei mehrschichtigen Bauteilen interessant ist, da es hier nicht nur um die Plastizität der Hülle geht.

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Abb. 1.

108 12

RĂźckseite mit Felswand.


2. VERHÜLLEN UND ENTHÜLLEN 2.1 LAGERHAUS RICOLA Betrachtet man das erste Objekt, stellt sich zunächst die Frage, was verhüllt wird. Der Auftrag der Architekten war es, eine Hülle für einen Metallcontainer zu erstellen, der zur Lagerung von Kräuterbonbons und getrockneten Heilkräutern dienen sollte. Die Grösse von 60 Metern Länge, 26 Metern Breite und 17 Metern Höhe war bereits durch die Ausmasse des Hochregallagers definiert.4 Den einfachen kubischen Körper setzten die Architekten nahe vor die hohe Felswand des alten Steinbruchs, sodass er zusammen mit den bestehenden Bauten einen Hof bildet, der als Umschlagplatz dient. Die Wirkung der Fassade wird durch horizontale graue Schichten bestimmt, dazu orientierten sich die Architekten am Bild eines Bretterstapels, wie sie in der Region häufig zu finden.5 Für die Haut, die den eisernen Container umhüllt, wurde eine einfache Konstruktion des Tragens und Lastens gewählt. An die direkt auf den Felsboden gegossene Betonplatte wurden Betonrippen angesetzt, auf denen Holzpfosten stehen. An diesen Pfosten sind hölzerne Konsolen befestigt, auf denen liegende und stehende Eternitplatten angeschraubt sind. Sie dienen dem Schutz und zugleich der Durchlüftung der dahinterliegenden Dämmplatten. Das Ricola Lagerhaus wirkt aus der Distanz betrachtet sehr kompakt. Sobald man sich dem Gebäude jedoch nähert, löst sich die objekthafte Erscheinung auf. Die strenge repetitive Ordnung der Fassade zerfällt visuell in ihre Bestandteile. „Eine Wand ist hier eine Ansammlung ihrer Materialien, eine Hülle und ein Raum zugleich“, wie es Mack beschreibt.6 Es kommt zu einer Verunsicherung des Betrachters. Statt zu verhüllen, beginnt die Fassade nun zu enthüllen. Sie entblösst ihre Beschaffenheit, Strukturen und Materialien 7. Jedes Element ist in seiner elementarsten Form als Industrieprodukt erfassbar. So sind beispielsweise die Eternitplatten als ganze Elemente, jede für sich befestigt. Materialien wie die Wärmedämmung, die eigentlich nicht zum Vorzeigen bestimmt sind, werden bewusst gezeigt. Dabei handelt es sich nicht um speziell schöne Materialien, sondern um einfache Glaswollplatten, die zwischen den Eternitplatten mit ihrer typisch gelben Farbe hervorscheinen. Eine Ausnahme bildet die

Abb. 2.

Modell, verdeutlicht Hüllenartigen Charakter der Fassade.

04 Mack 1997, S. 153. 05 Mack 1997, S. 153. 06 Mack 2000, S. 57. 07 Reichlin 1988, S. 20.

109 13


Abb. 3.

Abb. 4.

Nordansicht.

Aus der Distanz wirkt die Fassade objekthaft geschlossen.

110 14

Abb. 5.

Nähert man sich, zerfällt die Fassade in ihre

Einzelteile..

Abb. 6.

Einblick in die Konstruktion. Aktuelle Aufnahme.


Wetterseite, wo eine silberne Folie einen zusätzlichen Schutz gegen die Feuchtigkeit bietet.8 Die Hülle präsentiert sich so, dass die Konstruktion für jedermann verständlich gemacht wird. Im oberen Bereich der Fassade scheint sich die Hülle zu verflüchtigen. Einfache Konsolen, gebildet aus Holzbohlen, die zu einem hohen Dreieck zusammengefügt sind, bilden ein Gesims, das den umhüllten Metallkörper, wie ein Dekolleté bei einem Kleid, hervorschauen lässt, und die Fassade mit einem horizontalen Band aus Eternitplatten abschliesst. So wird auch der eigentlich eingehüllte Gegenstand enthüllt. In Bezug auf die Frage, was eine Fassade, die von der inneren Struktur losgelöst ist, ausdrückt, äussert sich Martin Steinmann in seinem Text «die Unterwäsche von Madonna» folgendermassen : „Die Antwort ist, denke ich: sie drückt sich selber aus. Sie verweist nicht auf etwas anderes, etwa auf die Funktion des Baues, beispielsweise durch warholartige Blumen wie Venturis Best Store, oder auf die Konstruktion des Baues. Sie verweist auf sich, wenn schon, auf ihre Konstruktion.“9 Die Fassade präsentiert sich also in erster Linie selber. Ihre Konstruktion, ihre Materialien und ihre Struktur. Doch welchen Bezug hat die Hülle zum Innern? Wie sich feststellen lässt, wird weder Bezug auf eine mögliche Struktur eines Containers genommen, noch hat man Einsicht ins Innere des Gebäudes. Dennoch scheint die Hülle auf mehr als nur sich selbst zu verweisen, da anhand des Themas des Bildes ein Bezug zur Funktion des Baues hergestellt wird. Die wechselweise stehenden, tragenden und längs darüber liegenden, lastenden Eternitplatten suggerieren das Bild eines Brettstapels. Dieses Bild der Schichtung steht aber auch allgemein für das Lagern von Material, sei es Holz oder die Waren im Inneren der Lagerhalle. Die Konstruktion kann nicht nur als Stapelung von Waren verstanden werden, sie erinnert auch an ein Gestell, an Tablare. Die Funktion des Gebäudes, die Machart seiner Fassade und ihre Bildlichkeit fallen folglich zusammen.10 Aufgrund dieser Beobachtungen kann man Martin Steinmann widersprechen und sagen, dass die Fassade doch auf die Funktion des Baues verweist. Allerdings geschieht dies nicht so plakativ wie bei Venturis Best Store, sondern auf abstraktere Weise.

Abb. 7.

Entwurfsskizze mit wichtigen

Schlagworten.

Abb. 8.

Bretterbeige, wie man sie in Säge-

reien des Laufentales findet.

08 Reichlin 1988, S. 22. 09 Steinmann 2003, S. 220. 10 Mack 1997, S. 153.

111 15


Abb. 9.

Hauptfassade des Schwitterge-

bäudes.

Abb. 10.

Nahaufnahme der Fassade, bei der

die Fugenausbildung erkennbar wird.

112 16


2.2 WOHN- UND GESCHÄFTSHAUS SCHWITTER Das zweite Untersuchungsobjekt ist das Wohn- und Geschäftshaus Schwitter, das 1988 fertiggestellt wurde. Es ersetzte einen Rundbau aus dem Jahre 1931 auf einer Eckparzelle zwischen drei Strassen. Herzog & de Meuron übernahmen die Idee des Rundbaus, dynamisierten allerdings die Krümmung auf die Ecke der Kreuzung zu, sodass ihr Entwurf plastischer hervortritt und die Häuserzeile nun besser um die Kurve leitet.11

Abb. 11.

Ehemaliger Rundbau der ersetzt

wurde.

Das Bild der Fassade des Schwitter Hauses wird bestimmt durch die Dynamik der Überlagerung von zwei Kreisgeometrien und der entgegenwirkenden regelmässig rhythmisierten Gliederung der Betonelemente.12 Der Beton als dominierendes Material tritt in drei verschiedenen Formen auf: als auskragende Geschossplatte, als stehende Lisene und als dunkle Füllplatte. Betrachtet man das Gebäude aus der Ferne, erinnert die Fassade an eine Stützen-Platten-Konstruktion mit Ausfachungen. Wenn man sich nähert, erkennt man, dass es sich nicht um Tragende Elemente handelt, sondern dass es lediglich Zierelemente sind. Die Veränderung der Wahrnehmung durch die Anpassung der Distanz wirkt, wie bei der Ricola Lagerhalle, auch bei diesem Gebäude, da diese feinen Details erst aus der Nähe erkennbar werden. Ablesbar ist dies insbesondere an der Art der Fügung und dem Fugenbild. Diese Fugenausbildung wird im Kapitel Material und Tiefe der Oberfläche genauer betrachtet. Die einzelnen Elemente werden sorgfältig zu einer Einheit zusammengefügt. Dabei war es nicht das Ziel der Architekten, die einzelnen Elemente zu einem Ganzen zu verschmelzen oder zu vermischen. „Wir versuchen ein Stück Realität zu errichten, das gewissermassen zerlegbar und somit verständlich ist.“13 Wie auch beim Ricola Gebäude ist die Fassade eine Summe der einzelnen Elemente. Jedes Element ist als einzelnes erkennbar. Die Fassade offenbart ihre Machart und ihre Zusammensetzung. Unterstützt wird dieses Verständnis für die Konstruktion durch eine Hierarchisierung der Farben. Die tragenden horizontalen Platten

11 Mack 1997, S. 121. 12 Lucan 1992, S. 30. 13 Mack 1997, S. 121.

113 17


Abb. 12.

Regelgrundriss.

Abb. 13.

Beim Loggiatrakt zeigt sich die

Struktur enthĂźllt.

114 18


sind am hellsten, leicht dunkler sind die nicht tragenden vertikalen Elemente und am dunkelsten die Ausfachungen. Das Sichtbarmachen oder Enthüllen der Machart, wodurch ein Gebäude für jeden verständlich gemacht werden soll, scheint also auch bei dieser Fassade die Absicht der Architekten gewesen zu sein. Wie ist aber nun die Verbindung zur inneren Struktur? Was ist von aussen lesbar? Die Tragstruktur besteht aus inneren Stützen und tragenden Zwischenwänden, die auf den tragenden Deckenplatten aus Ortbeton stehen. Die auskragenden Balkonplatten sind über isolierte Ankerverbindungen in die Deckenplatte zurückgehängt. Die Fassade ist ein sekundäres Element aus vorfabrizierten Betonelementen. Die nichttragenden Pfeiler und die Ausfachungen stehen auf den tragenden Betonplatten.14 Die horizontalen Bänder sind also Teil der inneren Struktur, die vertikalen Teile jedoch nicht. Diese stellen auch kein direktes Abbild der inneren Struktur dar, da das Raster viel enger ist. Strukturell sind Fassade und innere Struktur jedoch trotzdem nicht von einander gelöst. Im Grundriss (Abb. 12.) ist zu sehen, dass die Positionierung der Stützen und Trennwände auf das Raster der Fassade abgestimmt sind. So ist trotzdem eine Verknüpfung zwischen der Hülle und der inneren Struktur vorhanden, jedoch ohne das Interesse diese nach aussen erkennbar zu machen. Genau diese Verbindung ist es sogar, die durch das regelmässige enge Raster, welches die Fassade rhythmisiert, die Raumstruktur von aussen nicht erkennen lässt. Durch die Regelmässigkeit wirkt sie sehr homogenisierend, wodurch sie, auf diesen Aspekt bezogen, verhüllend wirkt. Es handelt sich demnach also nicht um eine „freie Fassade“, im Sinne le Corbusiers, wie er sie in der Villa Savoye (Abb. 15.) umsetzt. Dort lässt sich die Raumstruktur dadurch erkennen, dass die Fenster vor die innere Struktur durchlaufen. Gänzlich enthüllt zeigt sich die Tragstruktur des Schwitter Gebäudes beim Terrassentrakt (Abbx) in der Nebenstrasse im Westen. Dieser gewährt Einblick in den erhöhten Innenhof. Also wird auch hier wieder gezeigt, was eingehüllt wurde.

Abb. 14.

Konstruktionsschnitt.

Abb. 15.

Villa Savoye 1928-1981 von Le

Corbusier.

14 Huber 2014, S. 391.

115 19


Abb. 16.

116 20


2.3 SUVA-GEBÄUDE Für die Vergrösserung der Basler SUVA-Filiale entschlossen sich Herzog & de Meuron das bestehend Gebäude von 1950 zu erhalten und zu erweitern. Um dies zu ermöglichen, entwarfen sie eine sehr spezifische Lösung mit einer Glashülle, die sowohl die bestehenden, als auch die neuen Gebäudeteile umfasst.15 Von den drei untersuchten Projekten, erinnert diese Fassade des SUVA-Gebäudes, durch die dünne Glasschicht die sie umhüllt, am stärksten an eine Haut oder ein Kleid. Dieses Umhüllen bedient verschiedene Funktionen zugleich. Zum einen wird so eine städtebauliche Funktion erfüllt, in dem die beiden Teile (alt und Neu) zu einem markanten spitzwinkligen Volumen zusammengeschlossen werden, wodurch dem SUVA-Gebäude die städtebauliche Prägnanz verliehen wird.16 Andererseits erfüllt das Umhüllen aber auch thermische, optische und akustische Funktionen. Hierzu besteht die Hülle aus horizontalen Bändern mit Gläsern mit unterschiedlichen optischen und physikalischen Eigenschaften. Im Sichtbereich des Büros wurden Fensterelemente aus transparentem Isolierglas verwendet, die den akustischen Schutz der bestehenden Fenstergläser verbessern und sich manuell öffnen und schliessen lassen. Das Isolierglas im Brüstungsbereich wurde im Siebdruckverfahren mit dem Logo «SUVA» bedruckt, welches in die Steinfassade des Altbaus gemeisselt war. So wirkt das Material für den Blick durchlässig und verhüllend zugleich. Die prismatischen Gläser im oberen Fensterbereich reflektieren die UV-Strahlen und verhindern eine Aufheizung der Steinfassade des Altbaus. Das Öffnen und Schliessen der bedruckten Fenster und der Prismengläser wird über eine zentrale Computeranlage gesteuert und je nach klimatischen Bedingungen reguliert.17 Das Spiel zwischen Verhüllen und Enthüllen ist bei diesem Projekt primär vom Licht und vom Klima abhängig. Denn je nach Lichteinfall, Tages- oder Jahreszeit wirkt das Gebäude anders. So wirkt auch bei diesem Projekt, wie bei den beiden anderen, die mannig-

Abb. 17.

Das bestehende Gebäude aus 1950.

Abb. 18.

1. Obergeschoss.

15 Wang 1998, S. 70. 16 Mack 1996, S. 37. 17 Mack 1996, S. 37.

117 21


Abb. 19.

Im geschlossenen Zustand, bei hoher Refle-

xion, wirkt das Gebäude wie ein Glasbau

Abb. 20.

Wenn die Reflexion wegfällt wird der

verhüllte Steinbau sichtbar.

Abb. 21.

118 22

Nachts wirkt der Kern stärker als die Hülle.


faltige Wahrnehmung. „Das SUVA-Gebäude erscheint z.B. entweder als Glas- oder als Steinhaus.“18 Betrachtet man das Gebäude in einem geschlossenen Zustand und wenn die Glashaut die Sonnenstrahlen reflektiert, wirkt das SUVAGebäude wie ein Glasbau. Die Reflexion gewährt dem Auge keine Einsicht. Die Fassade wirkt wie eine glatte, abstrakte Haut. Auch die Metallprofile sind scharfkantig und bündig. Es gibt keinerlei Hinweise auf eine Tragstruktur.19 Wenn die Spiegelung wegfällt verändert sich die Wirkung der Hülle. Die Fassade wird transparent und beginnt zu enthüllen. Andere Schichten, die direkt unter der Glashülle liegen, werden sichtbar. Die Steinfassade des Altbaus, aber auch Fensterausschnitte und die Dämmung, die zum Erweiterungsbau gehören, scheinen hindurch. Die Fassade enthüllt, dass es sich bei dem Gebäude um eine Zusammensetzung von zwei verschiedenen Baukörpern handelt. Sie offenbart, dass die Glashaut nur eine Verkleidung ist und keine Curtain Wall.

Abb. 22.

Nahaufnahme der Fassade, bei

der die drei verschiedenen Glassorten erkennbar sind.

Je geringer die Reflexion der Oberfläche, desto mehr wird enthüllt. Der Grad der Durchlässigkeit und die mannigfaltige Erscheinung werden allerdings nicht nur von der Lichtbrechung des Glases beeinflusst. Da sich das Öffnungsverhalten der Fensterelemente den Jahreszeiten anpasst, findet auch eine Veränderung im Laufe des Jahres statt. Im Winter ist das Gebäude eine geschlossene Kiste während es im Sommer für die Klimaregulierung aufgeschuppt erscheint. „Dieser grosse jahreszeitliche Rhythmus der Verwandlung ist demjenigen einer Pflanze verwandt“.20 Die Steinfassade wird jedoch nie ganz enthüllt, da sie ständig von einem Schleier umhüllt ist. Am dominantesten wirkt der Steinkörper nachts, wenn das Gebäude von innen heraus leuchtet, „wenn der Kern stärker wird als die Hülle“, wie es Arthur Rüegg beschreibt.21 Diese Gleichzeitigkeit von Verhüllen und Enthüllen, auf unterschiedliche Aspekte bezogen, wird hier klar ersichtlich: Durch das Verhüllen mit der durchsichtigen, abstrakt wirkenden Haut, wird es möglich die historische Steinfassade mit ihrem klassischen Aufbau und ihrer tektonischen Wirkung zu erhalten. Man kann sogar sagen, dass die Wirkung durch den Kontrast gestärkt wird. Gleichzeitig wird der schich-

18 Kuhnert 1995, S. 20. 19 Rüegg 1994, S. 9. 20 Rüegg 1994, S. 12. 21 Rüegg 1994, S. 14.

119 23


22 Rüegg 1994, S. 10.

Abb. 23.

Bei geringer Reflexion ist die

Zusammensetzung aus zwei Baukörpern, sowie deren Beschaffenheit erkennbar.

120 24

tenmässige Aufbau neuzeitlicher Wandkonstruktionen beim neuen Flügel sinnlich erfahrbar gemacht, „durch die «Tiefe», welche mit dem Material Glas erzeugt wird.“22 Die Wärmedämmung wird auch bei diesem Projekt wieder gezeigt. Die Tiefe der Oberfläche, die hier durch Transparenz erzeugt wird, wird im Kapitel Material und Tiefe der Oberfläche weiter ausgeführt.


3. MATERIAL UND TIEFE DER OBERFLÄCHE 3.1 LAGERHAUS RICOLA „Was ist mehr wert, ein Kilo Stein oder ein Kilo Gold? Die Frage erscheint wohl lächerlich. Aber nur für den Kaufmann. Der Künstler wird antworten: Für mich sind alle Materialien gleich wertvoll.“23 Dieser Satz von Adolf Loos zu Baumaterialien könnte ebenso von Herzog & de Meuron stammen. Sie arbeiten mit den unterschiedlichsten Materialien, wobei kein Material eine privilegierte Stellung einnimmt. Ihr Verständnis von Gleichwertigkeit geht sogar über den Begriff des Materials im herkömmlichen Sinne hinaus. „Wir benutzen tatsächlich alles, was verfügbar ist - Ziegel und Beton, Stein und Holz, Metall und Glas, Worte und Bilder, Farben und Gerüche.“24, wie Jaques Herzog es in einem Gespräch festhält. Die Ricola Lagerhalle ist ein gutes Beispiel für diesen Umgang mit dem Material. Wie bereits im Kapitel Verhüllen und Enthüllen gezeigt wurde, enthüllt die Fassade ihre Materialien, Beschaffenheit und Strukturen. Die verwendeten Materialien sind ihrer elementarsten Form als Industrieprodukte erfassbar. Die Tafeln und Bohlen sind so zusammengefügt und befestigt, dass jedes Element für sich erkennbar ist. Die Radikalität der Umsetzung wird vor allem in den Gebäudeecken sichtbar. Die Platten wurden nicht in Gehrung geschnitten, um sie in den Ecken zu verbinden. Sie sind „wie Karten in einem Kartenhaus“25 zusammengefügt, wodurch das analytische Prinzip des Zusammenfügens erhalten bleibt. Die leichte Neigung der Platten hebt diese radikale Ecklösung hervor. Das Besondere in Bezug auf die Materialien, ist nicht nur die Tatsache, dass einfache Materialien verwendet werden, sondern auch, dass Materialien gezeigt werden, die eigentlich nicht dafür gedacht sind, sichtbar zu sein. Im Genaueren sind dies Materialien wie die Wärmedämmung, die grundsätzlich verdeckt werden. Materialien, die aufgrund ihrer Bestimmung keine besonderen optischen Qualitäten aufweisen. Man nimmt sie als billig oder sogar hässlich war. Doch genau dies nutzen Herzog & de Meuron. Indem sie Materialien in einem ungewohnten Zusammenhang stellen, sorgen sie für Irritation beim Betrachter. Martin Steinmann betrachtet in seinem Text „die Unterwäsche von Ma-

Abb. 24.

Radikale, analytische Ausführung

der Ecken.

Abb. 25.

Aktuelle Aufnahme, bei der die

zerfetzte Isolation erkennbar ist.

23 Glück 1962, S. 99. 24 Kuhnert 1995, S. 23. 25 Reichlin 1988, S. 24.

121 27


donna“ den Umgang mit dem Material in den Werken von Herzog und de Meuron, Diener & Diener und Gigon & Guyer. Diese Architekten setzen die Materialien auf eine ungewohnte Weise ein, wobei beispielsweise Materialien wie die Wärmedämmung, die bis dahin nicht zum Vorzeigen bestimmt waren, bewusst gezeigt werden. Zum Vergleich zieht Steinmann die Popikone Madonna heran, welche auf ähnliche Weise agiert und in Unterwäsche auftritt. Madonna spielt bewusst mit der Kodierung von Zeichen, um zu provozieren und um mit der Meinung aufzuräumen, dass eine Frau nicht schön und stark zugleich sein kann. Bekannte Zeichen werden in einen neuen Zusammenhang gestellt, wodurch ihre Kodierung in Krise gebracht wird. Steinmann hält fest, dass es nur mit bekannten Zeichen möglich ist, Aussagen zu machen. Stellt man diese bekannten Zeichen in einem anderen als den gewohnten Zusammenhang, wird ihre Bedeutung in Frage gestellt, wodurch es möglich wird, ihnen eine neue Bedeutung zu geben. Die neue Bedeutung entsteht aus der Spannung zum Alten. Die alte Bedeutung wird mit der Zeit durch die Neue ersetzt.26 Ähnlich agieren auch Herzog & de Meuron in dem sie gewöhnliche Materialien, die man kennt, in einem ungewohnten Zusammenhang verwenden. Sie lenken so die Aufmerksamkeit auf das Material selbst. Das Material soll nicht nur auf seine Funktion beschränkt werden, sondern auch in Bezug auf Wahrnehmung und Form Bedeutung erlangen. Der Betrachter wird dazu provoziert, genauer hinzusehen und das Material bewusster warzunehmen. Das Material selbst tritt so in den Vordergrund und wird auf eine sinnliche Art erfahrbar gemacht. „Das Material definiert das Gebäude, aber das Gebäude macht das Material erst ‚sichtbar‘.“27

Abb. 26.

Räumliche Fassade.

26 Steinmann 2003, S. 209-212. 27 Kuhnert 1995, S. 23.

122 28

Bei der Ricola Lagerhalle war das Neue und Irritierende, das Zeigen der gelblich schimmernden Wärmedämmung. Betrachtet man die alten Fotografien, so fällt der farbliche Kontrast zwischen der Wärmedämmung und den grauen Eternitplatten auf, welche als Schutz der weichen sensiblen Dämmung dienen. Betrachtet man das Gebäude heute, so lässt sich feststellen, dass sich die Materialien durch die Witterung verändert haben. Nicht nur die Holzteile der Fassade, wie man es von Holzbauten gewohnt ist, sondern auch die Dämmung, die nach der Fertigstellung leuchtend gelb war, ist mittlerweile grau geworden. Ausserdem ist sie stellenweise


von Vögeln, die unter die sehr offene Eternitverkleidung passen, zerfetzt worden. Was einerseits als baulicher Fehler betrachtet werden kann, unterstützt anderseits die Absicht der Architekten die Materialien sinnlich erfahrbar zu machen. Die Beschaffenheit des weichen Materials ist so stärker wahrnehmbar. Die Fassade verändert so ihren Ausdruck nicht nur, wie bereits erwähnt, durch die Betrachtungsposition, sondern auch mit der Zeit. Wie bei der Haut des Menschen, wird auch hier die Alterung der Fassade erfahrbar. Tiefe der Oberfläche Indem Herzog & de Meuron die Aufmerksamkeit auf das Material und dessen sinnliche Wahrnehmung lenken, gewinnt das Thema der Oberfläche vermehrt an Bedeutung. Die Auseinandersetzung mit dem Thema der Oberfläche und der Tiefe der Oberfläche lässt sich schon beim Blauen Haus (1979/1980) erkennen. Bei diesem Projekt ist das ultramarinblaue Farbpigment mit deutlichen Pinselstrichen auf die Kalksandsteinmauern aufgetragen, wobei das Fugennetz deutlich unter der Farbe spürbar bleibt.28 Das Thema der Oberflächentiefe geht jedoch über die Materialoberfläche hinaus. So ist bei Ricola die Tiefe der Fassadenoberfläche an sich interessant. Die Hülle der Lagerhalle kann mehr als Körper als eine Haut gelesen werden. Die durchlässige äusserste Schicht aus Duripanelplatten, lässt in die tieferen Schichten der Konstruktion hineinschauen. Dabei lässt sie einerseits die Wärmedämmung, andererseits aber auch ihr eigenes Skelett hervorscheinen. Für die Haut, die den eisernen Container umhüllt, wurde eine einfache Konstruktion des Tragens und Lastens gewählt. An die direkt auf den Felsboden gegossene Betonplatte wurden Betonrippen angesetzt, auf denen Holzpfosten stehen. An diesen Pfosten sind hölzerne Konsolen befestigt, auf denen liegende und stehende Eternitplatten angeschraubt sind. Sie dienen dem Schutz und zugleich der Durchlüftung der dahinterliegenden Dämmplatten. Die Hülle trägt sich selber und kann deshalb als eine losgelöste Schicht auch im wörtlichen Sinn betrachtet werden. Sie ist Körper und Raum. Die Qualitäten dieses Projekts sind bei kurzer Betrachtung aus einer statischen Perspektive nicht ersichtlich. Die Fassade ist räumlich, weshalb sich

Abb. 27.

Konstruktionsschnitt.

28 Rüegg 1994, S. 11.

123 29


29 Reichlin 1988, S. 20.

Abb. 28.

124 30

ihre Qualitäten erst offenbaren, wenn man das Gebäude aus verschiedenen Perspektiven und Distanzen betrachtet; wenn man es, wie Bruno Reichlin beschreibt, „wie eine riesige Skulptur zu umkreisen“29 beginnt. Erst durch den Perspektivenwechsel eröffnen sich dem Betrachter unterschiedliche Einblicke in die einzelnen Schichten der Haut, respektive wird die Tiefe der Oberfläche für den Betrachter fassbar.


125


3.2 WOHN- UND GESCHÄFTSHAUS SCHWITTER

Abb. 29.

Durch die Kleinteiligkeit ist es

möglich eine runde Fassade aus geraden Teile zu erstellen.

Abb. 30.

Nahaufnahme der imitierten Fuge.

30 Huber 2014. S. 391. 31 Lucan 1992, S. 30. 32 Mack 1997, S. 121.

126 32

Untersucht man von die Oberflächentiefe beim Schwitter Haus, so fällt vorallem das Relief und das Fugenbild der Fassade auf. Die Fassade ist hier ein sekundäres Element und funktioniert wie ein Gewebe bestehend aus den tragenden horizontalen Platten und den nichttragenden Pfeilern, welche jeweils dazwischen mit vorfabrizierten Betonelementen ausgefacht sind. Diese sind gegen die Strasse schwarz und gegen den Hof grün eingefärbt.30 Das dichte, regelmässige Raster der Fassade wirkt der Spannung, die aus den zwei sich ausdehnenden Krümmungen entsteht, entgegen. Sie hilft, die sehr dynamische Fassade zu rhythmisieren.31 Die vertikalen Betonrippen unterteilen den Radius wie Gradlinien, während die Zwischenbereiche mit den Beton- und Holztafeln die Kreissegmente darstellen.32 Das Relief unterstützt die Lesbarkeit dieser Fassade. Durch die verschiedenen Ebenen auf welchen die Elemente liegen, wird eine Hierarchisierung ebendieser erreicht. So liegen die Ausfachungen weiter hinten als die vertikalen und horizontalen Elemente, die das Gitter bilden. Die Fenster liegen noch mal eine Ebene tiefer, in dem sie innen angeschlagen sind. Dieses enge Raster der Fassade und die unterschiedlichen Tiefenebenen sind aber auch ein Hilfsmittel, um eine solche Fassade mit geraden Elementen zu erstellen. Je enger das Raster ist, umso feiner wird die Bogenform. Diese tektonische Ausformulierung der Fassade ermöglicht es in dieser runden Form, gerade Füllplatten und vorallem Fenster zu verwenden, sodass das Bild für das Auge trotzdem stimmig ist. Wirklich verständlich wird die Fassade erst durch die Ausformulierung der Fugen. Die Ausfachungen wirken mit der Unterteilung durch die Fugen wie einzelne, dünne Fassadenplatten. Die Veränderung der Wahrnehmung durch die Anpassung der Distanz wirkt, wie bei der Ricola Lagerhalle, auch bei diesem Gebäude. Wenn man sich dem Gebäude nähert und es genauer betrachtet, erkennt man, dass es sich auf den dunklen Ausfachungen nur imitierte Fugen handelt, die nicht bis an den Rand der Platte laufen. Das Fassadenbild wirkt durch diesen subtilen Eingriff kleinstrukturierter. Diese Einteilung korrespondiert mit der Fensterteilung. Betrachtet man diese Details, nimmt man die Ausfachung als eine grosse Platte war. Nach Erlangen dieser Erkenntnis, werden die hellen Lisenen im Verhältnis


zur Platte nun als noch feiner und zerbrechlicher wahrgenommen. Die Fugen, zwischen den Lisenen und den Betonplatten, erscheinen von Nahem betrachtet stärker. Die Lisenen scheinen geradezu über den Betonplatten zu schweben, wodurch verdeutlicht wird, dass sie keine statische Funktion erfüllen. Sie gliedern und rhythmisieren lediglich die dynamische Fassade. Es entsteht ein Spiel zwischen Leichtigkeit und Schwere. Jene Fugen, die gemäss der Gewohnheit trennen sollten, offenbaren sich als Imitationen, während die Fugen, bei denen die Elemente aneinander stossen sollten, klar trennen. Dieses Projekt zeigt die Wichtigkeit, aber auch das Potenzial der Fugen. Sie gliedern die Fassade, generieren die gewünschte Erscheinung und unterstützen die Verständlichkeit der Konstruktion.

Abb. 31.

Durch die Fuge scheinen die

vertikalen Elemente zu schweben.

127 33


Abb. 32.

Bei Reflexion wirkt die Haut. durch

die Spiegelung erhält die flache Haut eine Tiefenwirkung.

Abb. 33.

Bei Transparenz wirkt der Raum.

Abb. 34.

Bei geringer Reflexion werden die

tieferen Schichten der Konstruktion spĂźrbar.

128 34


3.3 SUVA-GEBÄUDE Die Tiefe der Oberfläche entsteht beim SUVA-Gebäude auf eine komplexere Weise als bei den vorherigen Bauten. Physisch ist die Hülle im geschlossenen Zustand in diesem Falle flach. Wie im vorherigen Kapitel erläutert, gewährt die Hülle je nach Lichtbrechung keine Einsicht. Sie wirkt glatt und abstrakt. Wenn die Spiegelung jedoch wegfällt und die Schichten unter der Glashaut erkennbar werden, wird eine Tiefe erzeugt. Die Tiefe verändert sich je nach Lichtverhältnissen „mal wirkt die Oberfläche, mal wird der Raum, die Tiefe hinter der Haut wirksam“.33 Man kann sagen, dass eine variable Tiefe der Oberfläche entsteht. Die Tiefe, bzw. die Wahrnehmung der Tiefe, verändert sich bei diesem Projekt, wie bereits beim Thema des Verhüllens und Enthüllens, nicht nur durch die Lichtbrechung des Materials, sondern auch durch das Öffnen und Schliessen der Fensterelemente. Durch die Transparenz wird die Zusammensetzung des Gebäudes aus zwei Volumen gezeigt. Ausserdem wird durch das Hervorschimmern der Wärmedämmung, im Bereich des Neubaus, der schichtenmässige Aufbau neuzeitlicher Wandkonstruktionen sinnlich erfahrbar gemacht. Arthur Rüegg sieht in solchen Strategien einen Versuch, die Struktur wieder direkt zu zeigen, respektive durchscheinen zu lassen, da mit den heutigen mehrschaligen Konstruktionen eine „innerliche Verbundenheit von Struktur und wahrnehmbarem Bild“ immer schwieriger zu realisieren ist.34

33 Rüegg 1994, S. 11. 34 Rüegg 1994, S. 10. 35 Rüegg 1994, S. 11.

Abb. 35.

Schnitt durch die Strassenfassade.

Dieses Durchscheinen der Konstruktionen, wie es schon bei der Ricola Lagerhalle thematisiert wurde, versuchen die Architekten in späteren Projekten auf immer komplexere und raffiniertere Weise zu bewerkstelligen, wie z.B. mit durchscheinenden Hüllen aus Marmor, Glas oder Polykarbonat, deren natürliche Wirkung durch Oberflächenbehandlungen wie Ätzen, Sandstrahlen oder Bedrucken manipuliert wird.35 Wenn die Glashülle reflektiert, gewährt sie keinen Einblick ins Innere, wodurch keine räumliche Tiefe im wörtlichen Sinn vorhanden ist. Es ist jedoch nicht ganz korrekt, zu behaupten, dass die Oberfläche in diesem Zustand keine Tiefe aufweist. Durch die Spiegelung in der Glasoberfläche wird eine Tiefenwirkung erzeugt. Die Tiefenwirkung ist jeweils von der Beschaffenheit der Materialoberfläche abhängig. Unterschiedliche Materialien können durch die Lichtbrechung plötzlich ganz ähnlich erscheinen.

129 35


„Diese Fähigkeit, Materialien ganz ähnlich erscheinen zu lassen und dann wieder ganz verschieden, das interessiert uns. Denn das kann die Architektur noch leisten.“39

Abb. 36.

Bibliothek Eberswade. Im unteren

Bereich der Fassade, wo die Reflexion gering ist, ist kaum ein unterschied zwischen Glas und Beton erkennbar, während es oben sehr deutlich ist.

130 36


„Licht ist das Medium, das Unterschiede und Ähnlichkeiten zum Vorschein bringt. Hinter jedem unserer Projekte steht deshalb ein Wahrnehmungskonzept; d.h. jedes Projekt ist ein Versuch, Unterschiedlichkeiten und Ähnlichkeiten zu projizieren und sichtbar werden zu lassen.“36 So scheint auch beim Suva-Gebäude, das Aufzeigen der Gegensätze zwischen den zwei unterschiedlichen Materialien, Glas und Stein, thematisiert zu werden. Einmal ist es ein Glashaus, einmal wirkt der Stein.37 In dieser Auseinandersetzung mit dem Material ist auch der Umgang mit der Beschaffenheit des Glases wichtig. Bei nur einem Drittel der Glasfläche handelt es sich wirklich um durchsichtiges Glas. Ein Drittel besteht aus Prismenglas und der Brüstungsteil ist mit dem Firmennamen bedruckt. Durch den Siebdruck wirken diese Scheiben wie ein Schleier. Die Aufschrift „SUVA“ wirkt durch ihre Grösse und Repetition mehr als eine Textur und verleiht der Oberfläche eine fast textile Qualität, welche dieses spröde Material näher an das faserige Isolierglas rückt. Im Streiflicht erhält die bedruckte Glashaut eine Stofflichkeit, die geschliffenem Stein nahekommt, wodurch auch eine Verbindung zur Plattenverkleidung des Altbaus hergestellt wird.38 Dieses Interesse Materialien gleich und trotzdem unterschiedlich aussehen zu lassen wird in späteren Projekten weitergeführt und noch stärker und raffinierter umgesetzt. Ein wichtiges Beispiel in Bezug auf diese Auseinandersetzung, ist die Bibliothek in Eberswalde, bei der Photos von Thomas Ruff sowohl auf die Glas, wie auch auf die Betonoberfläche gedruckt wurden. Die Unterschiede zwischen den Materialien, die bündig ineinander übergehen, sind nur noch durch die Lichtverhältnisse, mal kaum, mal sehr stark erkennbar.

36 Kuhnert 1995, S. 20. 37 Rüegg 1994, S. 14. 38 Rüegg 1994, S. 15. 39 Kuhnert 1995, S. 20.

131 37


4. FAZIT Wie die Bedeutung der Begriffe «Verhüllen» und «Enthüllen» selbst, ist auch ihr Bezug zum Werk von Herzog & de Meuron mehrdeutig lesbar. Die Begriffe sind bei jedem Projekt ein wenig anders zu interpretieren und wirken auf unterschiedliche Weise. Eine wichtige Eigenschaft in den Projekten von Herzog & de Meuron, die zu dieser Mehrdeutigkeit und auch zur Gleichzeitigkeit von Verhüllen und Enthüllen führt, ist die mannigfaltige Wahrnehmung. Es ist ein Wahrnehmungskonzept, dass in all ihren Projekten erkennbar ist und auf unterschiedliche Arten erzeugt wird. So zerfällt die, aus der Distanz sehr kompakt wirkende Fassade der Ricola Lagerhalle, wenn man sie aus der Nähe betrachtet optisch in ihre Einzelteile und beginnt ihre Beschaffenheit, Strukturen und Materialien zu enthüllen. Die tieferen Schichten wie die Wärmedämmung, die normalerweise verhüllt sind, werden nun gezeigt. Auch die Fassade des Schwitter Gebäudes offenbart ihre Machart und ihre Zusammensetzung, durch die Zerlegbarkeit in ihre Einzelteile, was durch ein subtiles Spiel mit den Fugen noch unterstützt wird. Beim SUVA-Gebäude wird die mannigfaltige Wahrnehmung von der Lichtbrechung der Materialoberfläche, sowie vom Öffnungsverhalten, welches durch Jahreszeiten, Sonnenstand und zufälligem Benutzerverhalten bestimmt ist, verursacht. So entsteht ein komplexes Spiel zwischen Verhüllen und Enthüllen, wodurch die Konstruktion und die dahinterliegenden Schichten, mal mehr, mal weniger, gezeigt werden. Man erkennt, dass die Glashaut nur eine Verkleidung und keine Vorhangfassade ist. Sie zeigt die Steinfassade des Altbaus und lässt die Wärmedämmung beim Neubau hindurchscheinen, wodurch der mehrschichtige Aufbau neuzeitlicher Wandkonstruktionen sinnlich erfahrbar gemacht wird. Es scheint bei allen Projekten ein Interesse da zu sein, die eigene Beschaffenheit und Konstruktion der Fassade zu enthüllen und zu thematisieren. Doch auch was sich unter der Hülle verbirgt, wird bei keinem der drei untersuchten Projekte gänzlich verhüllt. So lässt die Bekleidung der Lagerhalle im Kranzbereich den eingehüllten Metallconainer wie ein Dekolleté hervorscheinen. Beim Schwitter Haus zeigt sich die enthüllte Tragstruktur beim Terrassentrakt. Und beim SUVA-Gebäude wird die Zusammensetzung aus zwei verschiedenen Baukörpern durch die Transparenz der Glaushaut erkennbar.

132


Der Fokus scheint aber bei diesen Projekten stärker auf der Beschaffenheit der Fassade selbst zu liegen. So lenken Herzog & de Meuron durch ihren besonderen Umgang mit dem Material die Aufmerksamkeit auf das Material selber, um es so auf eine sinnliche Art erfahrbar zu machen. In dem die Architekten die Materialien in einem ungewohnten Zusammenhang verwenden, soll der Betrachter durch Irritation dazu aufgefordert werden, das Material bewusster wahrzunehmen und bekannte Materialien neu sehen. In diesem Zusammenhang ist auch der schichtenmässige Aufbau neuzeitlicher Wandkonstruktionen ein wichtiger Aspekt, der durch die Tiefe der Oberfläche inszeniert wird. Dabei ist nicht nur die Tiefe der Materialoberfläche selbst, oder die Tiefe in Form eines Fassadenreliefs gemeint, sondern die Tiefe die durch das Enthüllen der einzelnen Schichten der Konstruktion entsteht. Die Gebäudehüllen werden durch die Wahrnehmung der einzelnen Schichten räumlich. Bei der Lagerhalle ist es die Durchlässigkeit der Konstruktion, welche die tieferliegenden Schichten hervor scheinen lässt, während dies beim SUVA-Gebäude abhängig von der Beschaffenheit der Materialoberfläche ist. Im durchlässigen Zustand wirkt der Raum hinter der Glashaut, während es bei Reflexion, die Oberfläche des Materials ist, die durch die Spiegelungen eine Tiefenwirkung generiert. Unterschiedliche Materialien können so durch die Lichtbrechung plötzlich ganz ähnlich und dann wieder anders erscheinen. Als Beispiel hierfür kann die Bibliothek in Eberswalde genannt werden. Wenn man nun auf die vorangegangene Frage zurückkommt, „Was drückt eine Fassade, die von der inneren Struktur losgelöst ist aus? Drückt sie sich selbst aus oder verweist sie auf etwas anderes?“, kann man sagen, dass Martin Steinmann teilweise recht hat, wenn er behauptet „ die Fassade drückt sich selber aus“. Sie präsentiert sich selber, ihre Materialien, ihre Konstruktion und ihre Struktur. Das ist auch bei den untersuchten Projekten der Fall. Trotz ihrer Richtigkeit, ist die Aussage allerdings zu simpel, um sich mit den Projekten von Herzog und de Meuron vereinbaren zu lassen. Denn neben der Selbstinszenierung wird auch die innere Struktur präsentiert. Dies geschieht fragmentarisch durch Offenlegen oder durch die Transparenz der Hülle. Gleichzeitig repräsentieren sie. Dabei repräsentieren sie nicht etwa einfach eine Konstruktion, die sich unter der Hülle

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verbirgt, sondern vielmehr, was sich im Innern abspielt, wie dies beispielsweise bei der Ricola Lagerhalle, in Form von Bildern geschieht. Die Fassaden präsentieren und repräsentieren sich selber und das Innere. Sie sind sehr vielseitig und mehrfach lesbar. In der Frage, wie man mit der Fassade als losgelöste Schicht umgeht, gibt es viele Möglichkeiten. Das Werk von Herzog & de Meuron ist aber sicherlich ein wichtiger und inspirierender Beitrag. Die Beispiele zeigen, dass die Struktur sowohl verhüllt, wie auch gezeigt werden kann. Ein Spiel zwischen Verhüllen und Enthüllen kann den Reiz ausmachen, wie dies auch teilweise bei der Kleidung bewusst eingesetzt wird. Die untersuchten Projekte zeigen, dass die Verbindung zwischen Innen und Aussen auf komplexere und raffinierter Weise stattfinden kann, als über das direkte Zeigen der Struktur, oder durch ein banales Abbilden. Durch die immer höheren Anforderungen, denen eine Gebäudehülle gerecht werden muss, ist sie heute mehrschichtig wie die Haut des Menschen, wobei jede Schicht eine andere Funktion zu erfüllen hat. Man kann dies als Problem ansehen, da das Zeigen, der inneren Struktur schwieriger wird. Es kann aber auch als Chance genutzt werden, wenn man die Mehrschichtigkeit bewusst thematisiert oder sogar inszeniert.

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LITERATUR- UND QUELLENVERZEICHNIS Glück, F. (1962). Adolf Loos. Sämtliche Schriften. Wien: Verlag Herold. Huber, D. (2014). Architekturführer Basel. Basel: Christoph Merian Stiftung, S AM Schweizerisches Architekturmuseum. Jehle-Schulte Strathaus, U. (1996). Architektur ist Denken ausstellen: Herzog & de Meuron - die achtziger Jahre. Kunst + Architektur in der Schweiz, Band 47, Heft 1, S. 44-53. Jehle-Schulte Strathaus, Ulrike. (2014). Von Heute aus. In: Völlig losgelöst. Architektur der 1970er und 1980er Jahre in der Nordwestschweiz und den grenznahen Regionen. Hrsg. Flierl Christian,Jehle-Schulte Strathaus Ulrike, Ehret Roger. Kuhnert, N., Schnell, A.(1995) Minimalismus und Ornament. Herzog & de Meuron im Gespräch mit Arch+. In: Arch+, 129/130, S. 18-24. Lucan, J. (1992). Jacques Herzog & Pierre de Meuron: vers une architecture. Die Zeitschrift der Kultur, Band 52, Heft 5, S. 28-33. Mack, G. (2000). Die Werke: Chronologie ohne urbanistische Projekte. Du: die Zeitschrift der Kultur, 60. Mack, G. (1997). Herzog & de Meuron 1978-1988 (Vol. 1). Basel: Birkhäuser Verlag. Mack, G. (1996). Herzog & de Meuron 1989-1991 (Vol. 2). Basel: Birkhäuser Verlag. Reichlin, B. (1988). Herzog & de Meuron. Architektur Denkform. (Architekturmuseum in Basel, Hrsg.) Basel: Wiese Verlag. Rüegg, A. (1994). Herzog & de Meuron. Das Suva-Haus in Basel 19881993: Erweiterung und Umbau eines steinernen Geschäftshauses von 1950. Luzern: Edition Architekturgalerie Luzern. Schittich, Chr. (2006) Im Detail. Gebäudehüllen.(2.Aufl.) Basel: Birkhäuser. Steinmann, M. (2003). Die Unterwäsche von Madonna. In: Forme forte. Schriften 1972- 2002 (pp. 209-225). Basel: Birkhäuser Verlag. Steinmann, M. (n.d.). Lagerhaus. Verfügbar unter: http://www.ricola. com/de-ch/Uber-Rico- la/Architektur/Lagerhaus (16.10.2016)

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Steinmann, M. (1989). Das! zu zwei neuen Werken: Architekten: Jacques Herzog & Pierre de Meuron. Werk, Bauen + Wohnen, Heft 9, Band 76, S. 52. Wang, W. (1998). Herzog & de Meuron. (3. Aufl.) Basel: Birkhäuser Verlag. Wikipedia (2016). Fünf Punkte zu einer neuen Architektur. Verfügbar unter https://de.wikipedia.org/wiki/Fünf_Punkte_zu_einer_neuen_Architektur (16.01.2017)

ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abb. 1. Rückseite mit Felswand. Aus: Mack (1997), S. 152. Abb. 2. Modell, verdeutlicht Hüllenartigen Charakter der Fassade. Aus: Ebd., S. 156. Abb. 3. Nordansicht. Aus: Ebd., S. 154. Abb. 4. Aus der Distanz wirkt die Fassade objekthaft geschlossen. Aus: Ebd., S. 160. Abb. 5. Nähert man sich, zerfällt die Fassade in ihre Einzelteile. Aus: Ebd. Abb. 6. Einblick in die Konstruktion. Aktuelle Aufnahme. Autor (2016) Abb. 7. Entwurfsskizze mit wichtigen Schlagworten. Aus: Mack (1997), S. 157. Abb. 8. Bretterbeige, wie man sie in Sägereien des Laufentales findet. Aus: Ebd., S. 156. Abb. 9. Hauptfassade des Schwittergebäudes. Aus: Tektonik-Abgabe, HSLU-HS13. S.67. Abb. 10. Nahaufnahme der Fassade, bei der die Fugenausbildung erkennbar wird. Aus: Mack (1997), S. 123. Abb. 11. Ehemaliger Rundbau der ersetzt wurde. Aus: Ebd., S. 122.

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Abb. 12. Regelgrundriss. Aus: Tektonik-Abgabe, HSLU-HS13. S.67. Abb. 13. Beim Loggiatrakt zeigt sich die Struktur enthüllt. Aus: http://afasiaarchzine.com/2016/02/herzog-de-meuron-70/herzog-de-meuron-apartment- and-of ce-building-schwitter-basel (Abgerufen 27.09.2016). Abb. 14. Konstruktionsschnitt. Aus: Mack (1997), S. 122. Abb. 14. Villa Savoye 1928-1981 von Le Corbusier Abb. 16. Aus.: Mack (1996), S.36. Abb. 17. Das bestehende Gebäude aus 1950. Aus: Ebd. S.42. Abb. 18. 1. Obergeschoss. Aus: Ebd. S.41. Abb. 19. Im geschlossenen Zustand, bei hoher Reflexion, wirkt das Gebäude wie ein Glasbau: Aus: Rüegg (1994), S. 39. Abb. 20. Wenn die Reflexion wegfällt wird der verhüllte Steinbau sichtbar. Aus: Mack (1996), S. 43. Abb. 21. Nachts wirkt der Kern stärker als die Hülle. Aus: Rüegg (1994), S. 41. Abb. 22. Nahaufnahme der Fassade, bei der die drei verschiedenen Glassorten erkennbar sind. Aus: https://fabrzezicki.files.wordpress. com/2016/09/lo-res_dsc03268.jpg (16.01.2017) Abb. 23. Bei geringer Reflexion ist die Zusammensetzung aus zwei Baukörpern, sowie deren Beschaffenheit erkennbar. Aus: Mack (1996), S.46. Abb. 24. Radikale, analytische Ausführung der Ecken. Aus: Mack (1997), S. 161. Abb. 25. Aktuelle Aufnahme, bei der die zerfetzte Isolation erkennbar ist. Aus: Autor (2016) Abb. 26. Räumliche Fassade. Aus: Mack (1997), S.160. Abb. 27. Konstruktionsschnitt. Aus: Ebd. S.162. Abb. 28. Aus: Autor (2016) Abb. 29. Durch die Kleinteiligkeit ist es möglich eine runde Fassade aus geraden Teile zu erstellen. Aus: http://afasiaarchzine.com/2016/02/

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herzog-de-meuron-70/herzog-de-meuron-apartment- and-of ce-building-schwitter-basel (Abgerufen 27.09.2016). Abb. 30. Nahaufnahme der imitierten Fuge. Aus: Tektonik-Abgabe, HSLU-HS13. S.67. Abb. 31. Durch die Fuge scheinen die vertikalen Elemente zu schweben. Aus: Mack (1997), S. 121. Abb. 32. Bei Reflexion wirkt die Haut. durch die Spiegelung erh채lt die flache Haut eine Tiefenwirkung. Aus: R체egg (1994), S. 39. Abb. 33. Bei Transparenz wirkt der Raum. Aus: Ebd., S.52. Abb. 34. Bei geringer Reflexion werden die tieferen Schichten der Konstruktion sp체rbar. Aus: Ebd., S.33. Abb. 35. Schnitt durch die Strassenfassade. Aus: Ebd., S.34. Abb. 36. Bibliothek Eberswade. Im unteren Bereich der Fassade, wo die Reflexion gering ist, ist kaum ein unterschied zwischen Glas und Beton erkennbar, w채hrend es oben sehr deutlich ist. Aus: http://www.swissmade-architecture.com/?seite=Picture&bid=109 (16.01.2017).

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Form und Typus Vom Blockrand zum Ensemble bei Diener & Diener

Pascal Zwyssig


Vertiefungsarbeit Herbstsemester 2016/17 Horw, 17.01.2017

Verfasser: Pascal Zwyssig Gartenstrasse 3 6048 Horw Dozenten: Dr. Oliver Dufner Dr. Christoph Wieser

Lucerne University of Applied Sciences and Arts Hochschule Luzern Technik und Architektur

ABSTRACT Die vorliegende Vertiefungsarbeit befasst sich mit dem Thema der typologischen Analyse der historischen Stadt in der Schweiz um 1980. Dabei werden der Blockrand und die Ensemblebebauung an Hand der Überbauungen Hammerstrasse und Warteckhof vertieft betrachtet. Beide Projekte befinden sich im Norden von Basel und wurden von Diener & Diener gebaut. Es wird der Frage nachgegangen, welche morphologischen und typologischen Gemeinsamkeiten und Differenzen die Überbauungen trotz der dazwischenliegenden Zeitspanne aufweisen. Um eine Antwort zu finden, werden die Siedlungen auf der Ebene des Städtebaus, der Wohnungstypologie und der Fassadengestaltung analysiert und anschliessend verglichen. Dabei zeigt sich, dass trotz der Weiterentwicklung der Bebauungsweise und Formensprache der Architekten viele typologische Eigenschaften der vorangehenden Überbauung Hammerstrasse beim Warteckhof übernommen wurden.

Form und Typus 142

Pascal Zwyssig


INHALT

1. Einleitung 2. Blockrandbebauung 2.1. Ăœberbauung Hammerstrasse (1978-1981) 3. Ensemblebebauung 3.1. Ăœberbauung Warteckhof (1992-1996)

6 10 12 20 22

4. Vergleich

30

5. Konklusion

36

6. Literatur- und Quellenverzeichnis

38

7. Abbildungsverzeichnis

40

8. Anhang

44

Form und Typus

Pascal Zwyssig

5 143


1. EINLEITUNG

1

Aldo Rossi bezieht sich dabei hauptsächlich auf eine Typus-Definition, die der französische Architekturtheoretiker Antoine Quatremère de Quincy bereits 1832 formulierte: „Das Wort Typus bezieht sich nicht so sehr auf das Bild einer zu kopierenden oder vollständig nachzuahmenden Sache als auf eine Idee, die dem Modell als Regel dient...“ Vgl. Rossi (1973). S. 27

2

vgl. Lampugnani (2010). S. 814

3

Luigi Snozzi ist ein Tessiner Architekt, der ebenfalls als Gastprofessor an der ETH war und später Professor an der EPFL wurde. Bekannt wurde er durch die „Tessiner Tendenza“ und seine urbane Haltung, die er unter anderem eindrücklich in Monte Carasso umsetzen konnte. Vgl. Snozzi (2005). S. 184

4

vgl. R. Diener im Gespräch in: Abram et al. (2012). S. 149

5

vgl. R. Diener im Gespräch in: Jehle-Schulte Strathaus. Steinmann (1991). S. 73

6 144

Mit seinem Buch „Die Architektur der Stadt“ kritisiert Aldo Rossi 1966 die urbanistischen Ideen der Moderne der zwanziger und dreissiger Jahre. Im Gegensatz zur funktionalistischen Moderne sucht er in der typologischen Analyse1 der historischen Stadt nach Elementen, die für den architektonischen Entwurf verwendbar sind. Dabei ist er nicht an der Erhaltung, sondern an der Erneuerung der Stadt interessiert. 2 1972 wird er als Gastprofessor an die Architekturabteilung der ETH Zürich eingeladen und prägt durch seine Lehrtätigkeit und Schriften eine neue Generation von Schweizer Architekten. Roger Diener ist einer dieser Architekten, für den nach eigener Aussage Aldo Rossi und Luigi Snozzi4 die bedeutendsten Lehrer an der ETH waren. 3 Die Analyse der historischen Stadt als Entwurfsfaktor zu verwenden wird von seinem Architekturbüro Diener & Diener 1981 bei der Überbauung Hammerstrasse in Basel zum ersten Mal bei einem grossmassstäblichen Städtebauprojekt angewendet. Inspiriert von Aldo Rossi sagt Roger Diener, dass die spannungsvolle Beziehung zwischen Morphologie und Typologie in ihren Projekten schon immer eine wichtige Rolle gespielt habe, auch wenn das ihnen bei dieser Überbauung noch nicht so bewusst war. 5 In Referenz an die Stadt des 19. Jahrhunderts wird die Bebauung als Blockrand ausgeführt. Rund zehn Jahre später wird von Diener & Diener die Überbauung Warteckhof gebaut. Dieses Mal wird jedoch nicht der Blockrand als Bebauungsform gewählt, sondern es werden einzelne Baukörper angeordnet, die als Ensemble funktionieren. Die Überbauungen befinden sich im Norden der Stadt Basel, in einer Luftliniendistanz von rund einem Kilometer und jeweils auf ehemaligen Industriearealen, wobei die typologische Analyse der bestehenden Stadt von Diener & Diener zu unterschiedlichen Bebauungsformen geführt hat. Da beide Projekte vom gleichen Architekturbüro ausgeführt wurden, kann von Gemeinsamkeiten ausgegangen werden. Durch den dazwischenliegenden Zeitraum ist jedoch auch anzunehmen, dass die Weiterentwicklung der persönlichen architektonischen Haltung wie auch gesellschaftliche Veränderungen die Projekte beeinf lusst haben.

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1

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Abb. 1.

Situationsplan vom Norden von Basel mit den Ăœberbauungen Hammerstrasse [1] und Warteckhof [2]

Form und Typus

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FRAGESTELLUNG UND METHODIK 6

Morphologie: „Lehre von der Gestalt, Form der Baukörper und ihrer Teile.“ Vgl. Dudenredaktion (2003). S. 1101

7

Es wird die TypusDefinition von Aldo Rossi verwendet. Vgl. Anm. 1

8

Architekt und Professor an der EPFL, Redaktor der „archithese“ und Autor einer Vielzahl von Texten über die Architektur des 20. Jh. so auch über jene von Diener & Diener. Roger Diener und Martin Steinmann haben unter anderem zusammen an Architekturwettbewerben teilgenommen und Bücher publiziert. Vgl. Diener. Steinmann (1995). S. 92

Der Titel der Arbeit bezieht sich einerseits auf das Interesse von Diener & Diener an der Beziehung zwischen Morphologie 6 und Typologie7 und andererseits auf einen Text von Martin Steinmann8 , in welchem er ihre Architektur beschreibt. Seiner Meinung nach müssen sich die Bestimmung als Form und die Bestimmung als Typus entsprechen, damit der Bau das Gewicht hat, das notwendig ist für eine städtebauliche Wirkung.9 Mit dem Untertitel wird das breite Spannungsfeld des Themas auf zwei spezifische Bebauungsformen eingegrenzt, welche in dieser Arbeit anhand der Projekte Hammerstrasse und Warteckhof von Diener & Diener untersucht werden. Die zu untersuchende Fragestellung lautet: Welche morphologischen und typologischen Gemeinsamkeiten und Unterschiede weisen diese Bebauungen auf?

10 Aldo Rossi unterscheidet in „Die Architektur der Stadt“ zwischen primären Elementen und Stadtarealen. Zu den Ersteren zählen die Monumente und grossen öffentlichen Bauten. Als Stadtareale bezeichnet er die Wohngebiete, die zwar selbst permanent sind, nicht aber die einzelnen Wohnhäuser, da diese stärker als die Monumente mit den gesellschaftlichen Bedürfnissen verknüpft sind und daher regelmässig ersetzt werden. Vgl. Rossi (1973). S. 47-49

Das Ziel ist es die morphologische Entwicklung nachzuvollziehen und Gemeinsamkeiten und Unterschiede der jeweiligen Bebauung aufzuzeigen. Es wird versucht den Wechsel der Bebauungsformen mit Zitaten der Zeit zu hinterlegen, um herauszufinden, welche Überlegungen zu diesen städtebaulichen Strukturen geführt haben. Mit diesem Vorgehen soll untersucht werden, warum die Veränderung der städtebaulichen Form stattgefunden hat und wie sich die architektonische Haltung von Diener & Diener in Bezug auf Morphologie und Typologie verändert hat. Um die Überbauungen zu vergleichen, werden diese auf drei unterschiedlichen Ebenen analysiert: Einerseits auf der übergeordneten städtebaulichen Ebene, andererseits auf ihrer kleinsten Einheit, der Wohnungstypologie und anschliessend auf jener Ebene, in welcher diese Ebenen zusammenkommen, in der Fassadengestaltung. Um das Thema einzugrenzen wird dabei der Fokus auf die Wohnbauten gelegt, da diese einerseits den grössten Anteil der „Stadtareale“ 10 ausmachen und andererseits durch ihre Verknüpfung mit den gesellschaftlichen Bedürfnissen stärker der Veränderung unterworfen sind. Bei der Wohnungstypologie wird die in beiden Überbauungen am häufigsten vorkommende Dreieinhalbzimmer-Wohnung analysiert.

8 146

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9

vgl. Diener. Steinmann (1995). S. 23


Abb. 2.

Form und Typus

Pascal Zwyssig

Blick aus einer Wohnung der Ăœberbauung Hammerstrasse auf den historischen Blockrand

9 147


2. BLOCKRANDBEBAUUNG

Abb. 3.

Der geschlossene Blockrand bestehend aus Wohngebäuden

Abb. 4.

Die Entwicklung eines Blockrandgebäudes zu einer „Mietskaserne“

11 vgl. Kleihues (1979). S. 20 12 vgl. Rossi (1973). S. 136 13 vgl. Lampugnani (2010). S. 836

10 148

Als Blockrand wird eine Gruppe von Wohngebäuden in geschlossener Bauweise um einen gemeinsamen Hof bezeichnet. Die städtebauliche Gruppierung ist dabei allseitig von Strassen umschlossen, wodurch eine klare Unterscheidung zwischen einem öffentlichen Strassenraum und einem privaten Innenhof entsteht. Häufig werden zweispännige Geschosswohnungen verwendet, die von der Strasse her erschlossen werden. Durch die Verdichtung der Innenhöfe kam der Blockrand als „Mietskaserne“ in Verruf und wurde wegen den teilweise prekären hygienischen Verhältnissen Anfang des 20. Jahrhunderts durch die Zeilenbauweise ersetzt, was zwar eine optimale Besonnung erlaubte, aber auch zu einem „Zerfransen“ des Stadtraumes führte.11

Bei seiner typologischen Analyse kommt Aldo Rossi in „Die Architektur der Stadt“ zum Schluss, dass der Blockrand vom hygienischen, technischen und auch ästhetischen Standpunkt aus gesehen nicht den anderen Bebauungsformen unterlegen ist.12 In den darauf folgenden architektonischen Debatten der siebziger und frühen achtziger Jahre wurde das Interesse an der historischen Stadt wiederentdeckt. Dies führte dazu, dass der Zeilenbau und die grossen Siedlungsprojekte, mit der Idee der Verdichtung als Rezept für Urbanität, durch den Blockrand ersetzt wurden. Während dieser in der Moderne noch aus funktionalistischen und hygienischen Gründen abgelehnt wurde, erlebte er nun in der Postmoderne als Zeichen der steinernen Stadt eine Renaissance.13

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Eines der ersten solchen Beispiele wurde von Josef P. Kleihues am Vinetaplatz in Berlin mit dem Block 270 (1975-1977) umgesetzt. Der Blockrand steht im Quartier Wedding, einem ehemaligen Arbeiterquartier aus dem 19. Jahrhundert mit einer blockartigen Stadtstruktur und den typischen eng bebauten Hinterhöfen der „Mietskasernen“. Dem Projekt von Josef P. Kleihues vorangegangen war ein Wettbewerb für Bebauungsvorschläge, wobei die meisten einen Totalabriss mit Ersatzbauten in offener Bauweise und differenzierten Gebäudehöhen vorsahen. Der Bebauungsplan von Fritz Eggeling wurde dabei 1963 als besonders sensibel angesehen, da die „alten Funktionen und Formen nur allmählich in neue verwandelt werden können“.14

Abb. 5.

Strassenansicht Block 270 um 1977

Abb. 6.

Der Block 270 von Josef P. Kleihues

Abb. 7.

Das Quartier Wedding nach dem 2. Weltkrieg

Abb. 8.

Der Bebauungsvorschlag von Fritz Eggeling von 1963

14 vgl. Kleihues (1979). S. 18/19

Form und Typus

Pascal Zwyssig

11 149


2.1. ÜBERBAUUNG HAMMERSTRASSE (1978-1981)

Abb. 9.

Der Blick 1953 über die heutige Überbauung Riehenring auf die Industriegebäude der J. Ochsner AG

Abb. 10. Luftaufnahme der Überbauung Hammerstrasse

15 vgl. Jehle-Schulte Strathaus. Steinmann (1991). S.84

Die Überbauung Hammerstrasse liegt im dichtbesiedelten Matthäus Quartier und wurde auf einem ehemaligen Industriegelände der Mülleimerproduktionsfirma J. Ochsner AG in Basel erbaut. In Analogie zur traditionellen Blockrandbebauung des späten 19. Jahrhunderts mit dem Wohnhaus an der Strasse und kleineren Gewerbegebäuden im Hof, gliedert sich ein fünfgeschossiger U-förmiger Häuserblock um einen privaten Innenhof, der auf der Südseite durch eine Zeile zweigeschossiger Atelierbauten begrenzt wird. Eine öffentliche Allee zwischen den neuen Ateliers und den alten Gewerbebauten stellt dabei die Untertrennung zwischen den Neubauten und dem Bestand dar. Diener & Diener begründen die vielseitige Beachtung dieses Projektes in der damaligen Zeit einerseits durch ihre Auseinandersetzung mit der Stadt des 19. Jahrhunderts und dem modernen Wohnungsbau und andererseits durch die Integration von Wohnen und Kleingewerbe in einer städtebaulichen Form.15

12 150

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100m

Abb. 11. Situationsplan der Ăœberbauung Hammerstrasse

Form und Typus

Pascal Zwyssig

13 151


STÄDTEBAU

Abb. 12. Schema der Überbauung

Abb. 13. Die öffentliche Allee als Untertrennungselement zwischen Neubau und Bestand

Die Überbauung befindet sich in einem Wohnquartier aus dem 19. Jahrhundert, welches hauptsächlich aus kleinparzelligen Wohnhäusern in der Form von geschlossenen Blockrändern besteht. Die durch Aldo Rossi vorgeschlagene typologische Analyse führt Diener & Diener zu einem Häuserblock als Ersatzbau für die ehemaligen Industriegebäude um so die bereits bestehende Blockhälfte zu einem offenen Blockrand zu ergänzen. Entsprechend Aldo Rossis Kritik am „naiven Funktionalismus“ 16 der Moderne wird eine Nutzungsdurchmischung gefördert in dem Wohnen und Kleingewerbe in einem Projekt kombiniert werden. Diese Integration von Gewerbe im Blockrand kann mit der Aufteilung von Gewerbe im Erdgeschoss und Wohnen darüber bis auf die „insulae“ der Römer zurückgeführt werden.17 Die Gebäudehöhen und -f luchten des bestehenden Blockrandes werden übernommen und so die Siedlung in einen Dialog mit der historischen Stadt gesetzt.18 Die öffentliche Allee erzeugt eine klare Trennung zwischen Neubau und Bestand und verknüpft gleichzeitig durch das Öffnen des Blockrandes dessen Innenraum mit dem Strassenraum. Durch diese städtebauliche Form entstehen klar differenzierte Aussenräume. Luigi Snozzi sieht denn auch diese räumliche Definition der „Leere“, wie er den leeren Raum zwischen dem Gebauten nennt, als die Hauptaufgabe des Architekten an.19 Der geöffnete Innenhof des Blockes wird deshalb mit der Atelierzeile abgeschlossen und bildet so einen privaten Aussenraum. Dieser wird entsprechend der Vorstellung der Moderne begrünt wie dies bereits Josef P. Kleihues beim Block 270 vorgezeigt hatte.

16 vgl. Rossi (1973). S. 29-32 17 vgl. ebd. S. 57 18 vgl. Diener (2010). S. 85 19 vgl. Snozzi (2005). S. 184

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Abb. 14. Das Matthäus Quartier 1961 mit dem ehemaligen Industriearel der Überbauung Hammerstrasse

Abb. 15. Schnitt durch den Blockrand

Abb. 16. Volumetrische Darstellung der Überbauung Hammerstrasse

Form und Typus

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WOHNUNGSTYPOLOGIE

Abb. 17. Darstellung der 3 1/2 Zi-Wohnung im Modell

Der Block wird dabei entsprechend der kleinparzelligen Struktur des Quartieres in einzelne Wohngebäude unterteilt, die jedoch im Vergleich zu den bestehenden Bauten eine grössere Wohnungstiefe aufweisen. Die einzelnen Eingangsbereiche werden durch ihre Form und die zweigeschossige Höhe besonders betont und bilden damit die Adresse der einzelnen Gebäude. Die einzelnen Wohnungen werden entsprechend dem historischen Blockrand über einen innenliegenden Erschliessungskern vom Strassenraum aus erschlossen und sind als zweispännige Geschosswohnungen ausgebildet. Die prominenten Ecken des Gebäudes20 sind als Vierspänner ausgebildet und enthalten Speziallösungen wie die auf den Strassenraum ausgerichteten Studios.

Abb. 18. Blick vom Wohnzimmer in den Innenhof

Den Ideen der Moderne folgend weisen die Räume unterschiedliche Grössen und Formen auf, so dass eine klare Funktionszuteilung erkennbar ist. 21 Die Schlafzimmer werden in Eltern- und Kinderzimmer unterschieden und sind zum Strassenraum orientiert. Das Wohnen öffnet sich zusammen mit der Küche und dem verglasten Balkon zum Innenhof. Ein Vorraum erschliesst alle Räume und stellt gleichzeitig auch die Untertrennung zwischen den privaten und öffentlichen Bereichen dar. Diese Orientierung der öffentlichen Räume auf den Innenhof könnte einerseits auf die Besonnung zurückgeführt werden, andererseits aber auch auf die städtebauliche Interpretation von Diener & Diener, die damit den privaten Hof als den Lebensraum definieren. 22

20 Roger Diener begründet die prominente Ausbildung mit der städtebaulichen Situation und der Tradition der Ecke als markantes Zeichen einer Siedlung. Vgl. Roger Diener in: Diener. Schett (1981). S.12 21 Die Wohnungen im Ost- und Westf lügel des Blockes weisen im Gegensatz dazu nutzungsneutrale Räume auf. Diese sind jedoch auch für Wohngemeinschaften mit entsprechender Nutzungsf lexibilität gedacht. 22 Dafür sprechen auch die Baugesuchspläne, in welchen die Wohnungen im Ost- und Westf lügel jeweils einen dem Wohnzimmer vorgelagerten Balkon aufwiesen, der auf den Innenhof ausgerichtet ist. Vgl. Anhang 1

154 16

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Abb. 19. Grundriss 2.-4. OG der Ăœberbauung Hammerstrasse

1 Vorraum 2 Wohnen 3 KĂźche 4 Bad 5 Zimmer 5

5

1

3

4

2

Abb. 20. Schema Grundriss 3 1/2 Zi-Wohnung Abb. 21. Grundriss 3 1/2 Zi-Wohnung

Form und Typus

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FASSADENGESTALTUNG

Abb. 22. Die Westecke der öffentlichen Strassenfassade

Entsprechend Aldo Rossis Vorstellung der Stadt des 19. Jahrhunderts mit ihren klaren Strassenräumen und Plätzen, wird die öffentliche Fassade möglichst f lächig ausgebildet. 23 Um Risalite zu vermeiden werden deshalb die repräsentativ ausgestalteten Eingangsportale in das Volumen eingeschoben. Bei der Gestaltung der Fassade werden Themen der historischen Gebäude aufgenommen und neu interpretiert. Die quadratischen Fenster sind fassadenbündig angebracht, wodurch ein optischer Bezug zu den historischen Vorfenstern entstehen soll und gleichzeitig die klare städtebauliche Form unterstützt wird. 24 Der Sockel wird aus vorgefertigten Betonelementen abgebildet und unterstützt zusammen mit dem weiss lasierten Backstein den erwünschten Eindruck einer „steinernen“ Stadtfassade. Diese wird entsprechend dem kleinparzelligen Charakter des Quartiers mit Hilfe von architektonischen Fugen in kleinere Wohngebäude unterteilt. Der Sockel wird im Hofraum auf ein Minimum reduziert und der weiss lasierte Backstein dient nun als Füllmaterial der Stahlskelettstruktur. Die grossen Längsfenster der Hoffassade bilden die Wohnungstypologie ab, in welchem die öffentlichen Räume grosse Öffnungen erhalten, während die privaten Räume kleine quadratische Fenster aufweisen. Die Abstraktion der Fassaden zeigt eine klare Rasterung der Strassenfassade, wobei durch die kleine Grösse der quadratischen Fenster der Eindruck einer gleichmässig perforierten massiven Wandscheibe entsteht. Bei der Hoffassade werden hingegen die grossen Längsfenster der klassischen Moderne ersichtlich, die durch den Konstruktionswechsel ermöglicht wurden. Durch die gestalterische und konstruktive Unterscheidung der öffentlichen Strassen- und der privaten Hoffassade wird der umschliessende Charakter des Blockrandes mit seiner Unterscheidung der Aussenräume zusätzlich verstärkt.

Abb. 23. Die Hoffassade mit den grossen Längsfenstern der Wohnzimmer 23 vgl. Rossi (1973). S. 66 24 vgl. Roger Diener in: Diener. Schett (1981). S.12

156 18

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Abb. 24. Nordfassade der Ăœberbauung Hammerstrasse

Abb. 25. Strassenfassade Abb. 26. Innenhoffassade

Abb. 27. Schema der Strassenfassade Abb. 28. Schema der Innenhoffassade

Form und Typus

Pascal Zwyssig

157 19


3. ENSEMBLEBEBAUUNG

Abb. 29. Wettbewerbsmodell von Diener & Diener‘s Ensemblebebauung von 1993

25 vgl. Diener. Steinmann (1995). S. 17 26 vgl. Tschanz (2006). S. 42 27 Dr. Martin Tschanz unterrichtete unter anderem an der ETH und der ZHAW. Er ist ehemaliger Redaktor der Zeitschriften „archithese“ und „werk, bauen + wohnen“ und Autor einer Vielzahl von Texten mit dem Schwerpunkt Architektur und Städtebau der Gegenwart und der jüngeren Geschichte in der Schweiz. 28 vgl. Anm. 26. S. 43

20 158

Durch die Postmoderne wurde der Blockrand als Bebauungsform der steinernen Stadt wiederentdeckt. Diese Auffassung führte so weit, dass die Bauweise ohne Rücksicht auf bereits bestehende städtebauliche Muster auf jeden Ort innerhalb der Stadt angewandt wurde und dadurch andere Stadtmodelle wie jene der Moderne verdrängte. Martin Steinmann kritisiert deshalb in seinem Text den unref lektierten Gebrauch des Blockrandes, der als Allzweckmittel im Wiederauf bau von Berlin verwendet wird. Als Alternative zeigt er die sogenannte „Konstellation“ auf, die aus verschiedenen Gebäudekörpern besteht, welche zwar nicht aneinander gebaut werden aber trotzdem zueinander in Beziehung stehen.25 Bei dieser Bebauungsform handelt es sich jedoch nicht um ein vorgegebenes Muster, sondern um einzelne städtebauliche Elemente, die einerseits als Individuen wirken, aber gleichzeitig eine Beziehung zu ihrer Umgebung und den benachbarten Elementen knüpfen. Die Gruppe wird als Ensemble wahrgenommen obwohl ihre einzelnen Elemente durch die individuellen Eingänge und Erschliessungen eigenständig funktionieren. Diese offene Beziehung der Gebäude erlaubt es auch neue Elemente nachträglich aufzunehmen. 26 Ein erstes solches Beispiel zeigt Diener & Diener 1993 mit ihrem Wettbewerbsbeitrag für den Potsdamer Platz in Berlin. Der Entwurf reagiert dabei auf den städtebaulichen Bruch zwischen einem ungeordnet bebauten Quartier und geschlossenen Blockrändern. Dabei wird eine Tendenz für grossmassstäbliche Bautypen erkennbar, die nötig sind, um die gewünschte städtebauliche Wirkung des Ensembles zu erzielen. Der Aussenraum zwischen den Gebäuden wird dabei als öffentlicher Platz definiert. Martin Tschanz 27 sieht die Art von Bebauungsform zwar als enorm leistungsfähig bei uneindeutigen Kontexten und Stadtumbauaufgaben, jedoch kritisiert er genau diese Aufhebung der Umgrenzung. Seiner Meinung nach entstehe durch die fehlende Hierarchisierung des Aussenraums ein Übermass an öffentlichem Raum. 28

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Abb. 30. Luftaufnahme der städtebaulichen Situation

Abb. 31. Das Ensemble an der städtebaulichen Bruchstelle

Form und Typus

Pascal Zwyssig

21 159


3.1. ÜBERBAUUNG WARTECKHOF (1992-1996)

Abb. 32. Die Bierbrauerei Warteck um 1980

Abb. 33. Luftaufnahme der Überbauung Warteckhof

29 vgl. Diener. Steinmann (1995). S. 63 30 vgl. Tschanz (2006). S. 42

22 160

Die Überbauung Warteckhof wurde auf dem Industrieareal der ehemaligen Bierbrauerei Warteck in Basel erstellt. Der ursprüngliche Bebauungsplan des Baudepartementes Basel sah den Abbruch aller bestehenden Gebäude mit einem Neubau in Form einer konventionellen Blockrandbebauung vor. Diener & Diener entschieden sich jedoch für zwei Neubauten, die mit einem Teil der historischen Brauereibauten ein Ensemble bilden. So konnte einerseits das denkmalgeschützte Eckhaus mit der ehemaligen Brauereiwirtschaft und andererseits eine Gebäudegruppe, in welcher unter anderem das Malzsilo und der markante Wasserturm enthalten sind, erhalten bleiben. In diesen Gebäuden finden nun schöpferische Tätigkeiten statt, für die in kommerziell geführten Liegenschaften kein Raum bleibt. 29 Ergänzt werden die historischen Bauten durch ein Bürohaus mit einem Lichthof und ein Wohngebäude bestehend aus sechs Häusern, die sich um einen Hof gliedern. Die Ensemblebebauung erlaubt Diener & Diener somit eine Integration und Verzahnung der Fragmente der alten Bierbrauerei mit den Neubauten. 30

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100m

Abb. 34. Situationsplan der Ãœberbauung Warteckhof

Form und Typus

Pascal Zwyssig

23 161


STÄDTEBAU

Abb. 35. Schema der Überbauung

Abb. 36. Zwischen den einzelnen Elementen des Ensembles wird ein öffentlicher Raum aufgespannt

31 vgl. Lampugnani (2010). S. 814 32 vgl. Diener. Steinmann (1995). S. 17

Die Überbauung befindet sich an einer städtebaulichen Schnittstelle zwischen geschlossenen Blockrändern aus Wohnbauten, einzelnen Industriebauten mit grossen Baukörpern und offenen Bebauungsformen in hauptsächlich Zeilenbauweise. Aldo Rossi’s Vorstellung der Stadt als „riesenhaftes Haus aus Häusern“ 31 wird durch Diener & Diener’s Vorstellung der Stadt als eine „Versammlung von Häusern“ abgelöst. 32 So werden unterschiedliche Nutzungen wie Wohnen, Gewerbe, kulturelle Einrichtungen und Ateliers in einem Projekt kombiniert, aber gleichzeitig in unterschiedlichen „Häusern“ voneinander getrennt. Dabei erlaubt die Ensemblebebauung die architektonische Verknüpfung der Neubauten mit den historischen Gebäuden. „Auf den Punkt, in einem wörtlichen Sinn, kommt der Städtebau dort, wo er einen Ort mit einem Haus in Ordnung bringt.“ 33 Diese Vorstellung zeigt sich in der städtebaulichen Ausformulierung der einzelnen Elemente der Bebauung, die einerseits die Beziehung zueinander suchen, aber andererseits als Solitäre ausgebildet werden. Das Bürohaus übernimmt die Höhe und Flucht der ehemaligen Brauereiwirtschaft und verformt sich zusätzlich, um den Bezug zum bestehenden Gebäude zu verstärken. Diese Veränderung der Form dient laut Martin Steinmann dazu, das „Haus“ zu einem Teil des Ortes zu machen. 34 Um diese Verformung überhaupt wahrzunehmen, muss jedoch die unveränderte Form der Gebäude erkennbar sein. Dies könnte eine Erklärung für die klaren Formen der Neubauten sein. Die Fragmente der historischen Bauten werden also verwendet, um die westlichen Ecken der Parzelle zu definieren und einen öffentlichen Raum zwischen diesen und den Neubauten aufzuspannen. Die Ecken werden gleich wie im Blockrand mit Gebäuden belegt, wobei die Gebäudefluchten leicht verschoben werden, um die Verbindung des Strassenraums mit dem öffentlichen Innenraum der Überbauung zu verstärken. Dieser Raum weist zwar unterschiedliche Formen auf, jedoch ist keine klare Hierarchisierung erkennbar.

33 vgl. Roger Diener in: Diener. Steinmann (1995). S. 11 34 ebd. S. 23

162 24

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Abb. 37. Das Industrieareal der Bierbrauerei Warteck um 1961

Abb. 38. Schnitt durch die Ăœberbauung

Abb. 39. Volumetrische Darstellung der Ăœberbauung Warteckhof

163 Form und Typus

Pascal Zwyssig

25


WOHNUNGSTYPOLOGIE

Abb. 40. Darstellung der 3 1/2 Zi-Wohnung im Modell

Das Wohngebäude wird in sechs Häuser unterteilt, die über sechs innenliegende Treppenkerne erschlossen werden. Die Zugänge zu diesen befinden sich auf der Strassenseite und im öffentlichen Hofraum. Dieser wird über einen Durchgang im Erdgeschoss und eine Öffnung der Gebäudeform erschlossen. Die Wohnungen sind analog zum historischen Blockrand als zweispännige Geschosswohnungen ausgebildet. Die drei in den Ecken liegenden Kerne sind jedoch Vierspänner, welche die Kleinwohnungen erschliessen. Die Dreieinhalbzimmer-Wohnungen erhalten im Bereich der Treppenkerne ein Schaltzimmer. Während die Zimmer eine gleiche Grösse und somit eine Nutzungsflexibilität aufweisen, unterscheiden sich die Wohnzimmer klar durch ihre Form und Grösse. Ein Vorraum erschliesst dabei alle Räume und stellt gleichzeitig auch die Untertrennung zwischen den privaten und öffentlichen Bereichen dar. Durch die städtebauliche Form gibt es keine klare Vorder- oder Rückseite des Gebäudes. Aus diesem Grund werden die Wohnzimmer nicht auf den Innenhof sondern im Stil der Moderne nach Besonnungskriterien orientiert. Durch das Durchziehen des Fensterrasters mit den tiefen Brüstungen weicht dabei die Küchenkombination ins Innere der Wohnungen. Mit der Idee einer städtischen Verdichtung analog zu den Siedlungsprojekten der siebziger Jahre sind die Räume optimiert. Selbst private Aussenräume wie Balkone sind nicht vorhanden, diese werden jedoch mit einer gemeinschaftlichen Dachterrasse kompensiert. 35

Abb. 41. Blick vom Wohnzimmer in den Innenhof

35 vgl. Luchsinger (1996). S. 49

164 26

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Abb. 42. Grundrisse EG und 1.-4. OG der Überbauung Warteckhof

1 Vorraum 2 Wohnen 3 Küche 4 Bad 5 Zimmer 6 Schaltzimmer 6

5

5

1 4

2

3

Abb. 43. Schema Grundriss 3 1/2 Zi-Wohnung Abb. 44. Grundriss 3 1/2 Zi-Wohnung 165 Form und Typus

Pascal Zwyssig

27


FASSADENGESTALTUNG

Abb. 45. Die Strassenfassade auf der Südseite

Die Formen sind so einfach wie möglich gehalten. 36 Martin Steinmann sieht in dieser Reduzierung die architektonische Suche von Diener & Diener nach „der allgemeinen Form“. 37 Dieser allgemeine Ausdruck wird von ihm auf Heinrich Tessenow zurückgeführt, für den „stille Formen“ immer etwas sehr Städtisches oder Gemeinschaftliches haben. Das Städtische verlange von uns, dass wir das Persönliche zugunsten des Gemeinschaftlichen zurückdrängen, da wir äusserlich nicht allgemein genug sein können. 38 In diesem Sinne erhalten die Gebäude durch den Reduktionsvorgang einen städtischen Charakter. Entsprechend dieser Reduktion wird auch der Sockel so weit minimiert bis fast nur noch die rote Backsteinfassade mit den Fensteröffnungen sichtbar bleibt. Im Sinne von Aldo Rossi’s Vorstellung der Stadt mit klaren Strassenräumen und Plätzen sind die Fassaden dabei sehr f lächig ausgebildet, was zu einer klaren Unterscheidung zwischen öffentlichem und privatem Raum führt. Diese Untertrennung wird durch das Anheben des Erdgeschoss-Niveaus noch zusätzlich unterstützt. Die Eingänge werden auf der Strassen- und Hofseite durch das leichte Einrücken der Backsteine gekennzeichnet, was ebenfalls erst durch die reduzierte und flächige Architektursprache ermöglicht wird.

Abb. 46. Blick in den öffentlichen Innenhof

36 vgl. Abram et al. (2012). S. 108 37 Die Suche nach der „allgemeinen Form“ von Diener & Diener ist ein wiederkehrendes Thema, das von Martin Steinmann in mehreren seiner Texte beschrieben wird. Vgl. Diener. Steinmann (1995). S. 15, Steinmann (1998). S. 66-75 und Steinmann (2003). S. 59-63

Das Schema der Fassade zeigt die klare Rasterung durch die grossen Fensteröffnungen, welche die steinerne Wand als Stützenraster wirken lassen. Dieses Raster wird um das ganze Gebäude gezogen, was die Wirkung als eigenständiges „Haus“ und den öffentlichen Charakter des Aussenraums verstärkt. Die Zimmerfunktionen werden dabei in der Fenstergrösse abgebildet, indem die Wohnzimmer längere Fenster erhalten. Die Unterscheidung der Fassaden ist dadurch nicht mehr durch den Aussenraum sondern durch die Wohnungstypologie geprägt, was dazu führt, dass es keine Vorder- oder Rückseite mehr gibt. Dieses regelmässige Raster stellt in Kombination mit dem Material der Fassade einen Bezug zum bestehenden Brauereigebäude her und unterstützt so die Wirkung des Ensembles.

38 vgl. Steinmann (2003). S. 59

166 28

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Abb. 47. Ostfassade der Ăœberbauung Warteckhof

Abb. 48. Strassenfassade Abb. 50. Innenhoffassade

Abb. 49. Schema der Strassenfassade Abb. 51. Schema der Innenhoffassade

Form und Typus

Pascal Zwyssig

167 29


4. VERGLEICH In diesem Kapitel sollen die beiden Überbauungen an Hand der vorangehenden Analysen miteinander verglichen werden. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass auch die dazwischenliegende Zeitspanne und die Wechsel der Mitarbeiter im Architekturbüro Diener & Diener einen Einf luss auf mögliche Veränderungen hatten.

STÄDTEBAU

Abb. 52. Volumetrische Darstellung der Überbauung Hammerstrasse

Abb. 53. Volumetrische Darstellung der Überbauung Warteckhof

30 168

Entsprechend dem historischen Quartier werden unterschiedliche Bebauungsformen gewählt, jedoch ist in beiden Überbauungen eine klare Trennung zwischen Bestand und Neubau erkennbar. Diese architektonische Fuge wird in beiden Fällen mit Hilfe eines öffentlichen Raumes ausgebildet. Dabei nehmen die Neubauten mit ihrer volumetrischen Ausbildung Bezug auf den Bestand und relativieren so die räumliche Untertrennung. Während durch die städtebauliche Form der Überbauung Hammerstrasse eine Hierarchisierung der Aussenräume mit einer öffentlichen Allee und einem privaten Innenhof stattfindet, wird im Warteckhof der gesamte Aussenraum als öffentlicher Raum definiert. Gemäss der Vorstellung eines offenen Blockrandes sind dabei die Ecken der Überbauung Hammerstrasse geschlossen und grenzen damit den Strassenraum klar vom Innenhof ab. Beim Warteckhof werden die Ecken ebenfalls mit Gebäuden belegt, jedoch sind diese leicht nach innen verschoben, womit der öffentliche Zwischenraum noch stärker mit dem Strassenraum verbunden wird. Beide Überbauungen weisen eine Nutzungsdurchmischung aus Gewerbe und Wohnen auf. Diese Unterscheidung der Nutzungsfunktion wird städtebaulich abgebildet; so sind die Ateliergebäude der Überbauung Hammerstrasse und das Bürogebäude am Warteckhof im Vergleich zu den Wohngebäuden morphologisch wie auch typologisch differenziert.

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Abb. 54. Schema der klaren Untertrennung zwischen Bestand und Neubau

Abb. 55. Schema der Gebäudefluchten im Bezug zur Parzellengrenze

Abb. 56. Schema der Aussenraumdefinition durch die Gebäudekörper

Form und Typus

Pascal Zwyssig

31 169


WOHNUNGSTYPOLOGIE

Abb. 57. 3 1/2 Zi-Wohnung der Überbauung Hammerstrasse

Abb. 58. 3 1/2 Zi-Wohnung der Überbauung Warteckhof

Entsprechend dem historischen Blockrand wird die Überbauung Hammerstrasse vom Strassenraum aus erschlossen. Im Gegensatz dazu erhält das Wohngebäude beim Warteckhof durch die Definition des gesamten umlaufenden Aussenraums als öffentlicher Platz eine Erschliessung vom Strassen- und Hofraum aus. Beide Wohnblöcke werden dabei in einzelne Gebäude unterteilt, welche einen eigenen Erschliessungskern erhalten. Diese Unterteilung kann bei der Überbauung Hammerstrasse noch auf das kleinparzellige Quartier zurückgeführt werden, beim Warteckhof wird diese Unterteilung nun aus typologischen Gründen übernommen. Wie beim Blockrand handelt es sich bei den Dreieinhalbzimmer-Wohnungen um zweispännige Geschosswohnungen; nur die Eckgebäude, welche die Kleinwohnungen enthalten, werden als Vierspänner ausgebildet. War bei der Überbauung Hammerstrasse entsprechend der aussenräumlichen Differenzierung eine klare Orientierung des Wohnraumes zum Innenhof feststellbar, werden beim Warteckhof die Wohnungen nach der Besonnung ausgerichtet. Die klare Unterscheidung des Warteckhofs zwischen öffentlichem Aussen- und privatem Innenraum wird mit den fehlenden Balkonen und dem damit verbundenen Wegfallen der Verzahnung des Aussen- und Innenraums zusätzlich verstärkt. 39 Im Grundriss des Warteckhofs kann die Suche nach der „allgemeinen Form“ von Diener & Diener in der Vereinfachung der Räume in klare orthogonale Formen gefunden werden. Die bereits bei der Überbauung Hammerstrasse entwickelte Untertrennung zwischen privaten und öffentlichen Räumen wird dabei beibehalten. Auch die Anordnung der Räume bleibt beinahe gleich, nur die Schlafzimmer werden entsprechend der Vorstellung von grösserer Nutzungsf lexibilität nicht mehr unterschieden.

39 Ähnlich wie beim Warteckhof weisen die Wohnungen im Ost- und Westf lügel der Überbauung Hammerstrasse, die für Wohngemeinschaften geplant wurden, ebenfalls keine privaten Balkone auf

170 32

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Abb. 59. Schema der äusseren Erschliessung und der Gebäudeunterteilung

Abb. 60. Schema der inneren Erschliessung

Abb. 61. Schema der Wohnzimmerausrichtung

5

5

6

5

5

1 1

4 4

3

1 Vorraum 2 Wohnen 3 Küche 4 Bad 5 Zimmer 6 Schaltzimmer

2

2

3

Abb. 62. Grundrissschema mit Unterteilung zwischen privaten und öffentlichen Räumen

171 Form und Typus

Pascal Zwyssig

33


FASSADENGESTALTUNG

Abb. 63. Skelettstruktur der Hoffassade Überbauung Hammerstrasse

Abb. 64. Südfassade des Warteckhofes mit historischem Brauereigebäude

172 34

Das Thema der Unterteilung in einzelne Gebäude wird bei der Überbauung Hammerstrasse in der Fassade abgebildet, um so die Einteilung der Nachbarsgebäude aufzunehmen. Beim Warteckhof wird das Wohngebäude zwar typologisch unterteilt, jedoch wird dies nicht in der Fassade dargestellt. Dadurch wirkt das Gebäude als ein grosses „Haus“ und bezieht sich damit auf die grossmassstäblichen Industriegebäude, womit es zu einem Teil des Ensembles wird. Während bei der Überbauung Hammerstrasse zwischen einer öffentlichen Strassen- und einer privaten Hoffassade unterschieden wird, ist beim Warteckhof auf Grund des umlaufenden Fassadenrasters keine Differenzierung feststellbar. Dies ist auf die Definition des Zwischenraumes als öffentlichen Platz zurückzuführen, womit alle Fassaden zu repräsentativen Vorderseiten werden. Die Unterscheidung der Fensterformen mit einem breiteren Längsfenster für die Wohnzimmer und quadratischen Fenstern für die Zimmer wird dabei beim Warteckhof übernommen, was denn auch die einzige Differenzierung der Fassaden darstellt. Jeweils aus unterschiedlichen Gründen, jedoch immer wegen dem Kontext, wird in beiden Überbauungen Backstein als Fassadenverkleidung verwendet. Bei der Überbauung Hammerstrasse bezieht sich das Material auf die „steinerne Stadt“, wohingegen der Wohnblock des Warteckhofs damit eine Verknüpfung zu den alten Brauereigebäuden herstellt. Bei der Überbauung Hammerstrasse wird eine möglichst flächige Strassenfassade gestaltet, im Verlaufe der Suche nach der „allgemeinen Form“ wird diese im Warteckhof noch weiter reduziert. An der Hammerstrasse mussten noch aufwendige Portale für eine Adressbildung gestaltet werden, während beim Warteckhof auf Grund der reduzierten Form ein leichtes Einrücken der Backsteinfassade genügt, um dieselbe Wirkung zu erzielen. Das Thema der Rasterung ist bereits bei der Überbauung Hammerstrasse erkennbar. Dabei wirkte die Strassenseite noch als massive Wand mit Löchern. Durch das Vergrössern der Fensteröffnungen wird die Wandscheibe beim Warteckhof beinahe aufgelöst, so dass diese auf den Wohnzimmerseiten nur mehr als ein Stützenraster, nicht unähnlich der Hoffassade Hammerstrasse, in Erscheinung tritt.

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Abb. 65. Einteilung der Strassenfassade der Überbauung Hammerstrasse

Abb. 66. Einheitliche Fassadengestaltung der Überbauung Warteckhof

Abb. 67. Schema der Strassen- und Innenhoffassad Überbauung Hammerstrasse

Abb. 68. Schema der Strassen- und Innenhoffassad Überbauung Warteckhof

Form und Typus

Pascal Zwyssig

173 35


5. KONKLUSION

40 vgl. Snozzi (2005). S. 185 41 In dieser Hinsicht gleicht Roger Diener Aldo Rossi, der eine asketische Architektur fordert und seine architektonische Sprache aus der Wiederholung immer gleicher archetypischer Elemente entwickelt. Vgl. Lampugnani (2010). S. 817 42 vgl. Diener. Steinmann (1995). S. 7 43 Dabei bezieht er sich auf Neubau-Areale in Zürich, welche entsprechend der Idee der „Konstellation“ grossf lächig mit autonomen Gebäuden überbaut wurden. Vgl. Tschanz (2006). S. 46 44 vgl. Diener. Steinmann (1995). S. 9

36 174

Luigi Snozzi bezeichnet die Analyse des Ortes als einen der wichtigsten Bestandteile des architektonischen Entwurfsprozesses.40 Dementsprechend wurden beide Überbauungen aus dem Kontext heraus entwickelt, was bei der unterschiedlichen städtebaulichen Situation zu differenzierten Lösungen führte. Beim Vergleich der Siedlungen wird die Suche von Diener & Diener nach der „allgemeinen Form“, wie sie Martin Steinmann nennt, erkennbar. Die Formen und Materialien werden dabei so weit wie möglich reduziert und vereinfacht, wodurch die Form, Grösse und die Beziehung der Fenster um so stärker in Erscheinung tritt.41 Dabei wird dessen Form durchaus von der Wohnungstypologie bestimmt, jedoch hat der Wunsch nach einer Regelmässigkeit der Fassade auch einen Einf luss auf die Grundrissgestaltung. War dies bei der Überbauung Hammerstrasse noch nicht so sichtbar, zeigt sich dies durch den Reduktionsvorgang um so stärker beim Warteckhof. Dabei wird das Interesse von Diener & Diener, die Stadt nicht nur zu erhalten sondern sie zu erneuern, spürbar.42 So wird die typologische Struktur der Überbauung Hammerstrasse weiterentwickelt, um sie einer anderen städtebaulichen Situation anzupassen. Die Vorstellung der Stadt als eine „Versammlung von Häusern“ wird verwendet, um eine neue Bebauungsform zu entwickeln. Die einzelnen Gebäude werden als autonome Körper ausgebildet, welche durch ihre Grösse den industriellen Charakter des Areals aufnehmen. Dabei wird der Aussenraum, der bei der Überbauung Hammerstrasse sorgfältig in private und öffentliche Bereiche unterteilt war, im Verlauf der Vereinfachung auf einen öffentlichen Raum reduziert. Trotz des erfolgreichen Beispiels des Warteckhofs sieht Martin Tschanz durch den Überf luss an jenem öffentlichen Raum die „Konstellation“ als eine Utopie. Er bezeichnet den Raum zwischen den grossen Häusern als Nicht-Ort und damit als Gegenteil von Stadt.43 Es scheint als würde sich die Reaktion von Martin Steinmann, der damals die nicht ref lektierte Verwendung des Blockrandes kritisierte, an Hand der Ensemblebebauung wiederholen.44 Damit stellt sich die Frage, wie es möglich wäre die Ensemblebebauung weiterzuentwickeln, um eine stärkere Differenzierung der Aussenräume zu erreichen.

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Abb. 69. Der öffentliche Platz zwischen den Gebäuden der Überbauung Warteckhof

Form und Typus

Pascal Zwyssig

37 175


6. LITERATUR- UND QUELLENVERZEICHNIS Abram, Joseph. Diener, Roger. Von Fischer, Sabine. Steinmann, Martin. Szymczyk, Adam (2012). Diener & Diener. London: Phaidon Press Diener, Roger. Schett, Wolfgang (1981). Wohnüberbauung Hammerstrasse. Basler Magazin. Nr. 42. S.12/13 Diener, Roger. Schett, Wolfgang (1981). Subventionierter Wohnungsbau in Basel. Architekten Diener & Diener in: Werk, Bauen + Wohnen. Heft 12. S. 36-43 Diener, Roger. Steinmann, Martin (1995). Das Haus und die Stadt. Diener & Diener - Städtebauliche Arbeiten. Edition Architekturgalerie Luzern. Basel, Bosten, Berlin: Birkhäuser Diener, Roger (2010). Stadt fallweise. In: Departement Architektur der ETH Zürich (Hrsg.). Das Haus. Tony Fretton. Peter Zumthor. Roger Diener (S. 82-127). Architekturvorträge der ETH Zürich. Heft 9. Zürich: GTA Dudenredaktion (2003) Duden. Deutsches Universalwörterbuch. 5. Auflage. Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich: Dudenverlag Kleihues, Josef Paul (1979). Berliner Baublöcke. Grundriss einer Typologie. Werk Archithese. Heft 31-32. S. 18-27 Lampugnani, Vittorio Magnago (2010). Die Stadt im 20. Jahrhundert. Visionen, Entwürfe, Gebautes. Band II. Berlin: Klaus Wagenbach Luchsinger, Christoph (1996). Ein Bild von Stadt. Zur Überbauung Warteckhof. Werk, Bauen + Wohnen. Heft 83. S. 45-50 Jehle-Schulte Strathaus, Ulrike. Steinmann, Martin (Hrsg.). (1991).Diener & Diener. Bauten und Projekte 1978-1990. Basel: Wiese Rossi, Aldo (1973) Die Architektur der Stadt. Skizze zu einer grundlegenden Theorie des Urbanen. Bauwelt Fundamente 41. Basel: Birkhäuser Snozzi, Luigi (2005) Stadtformen. Sieben Fragen an Luigi Snozzi. In: Lampugnani, Vittorio Magnago. Noell, Matthias (Hrsg.) Stadtformen. Die Architektur der Stadt. Zwischen Imagination und Konstruktion (S. 184-187). Zürich: GTA Steinmann, Martin (1998). Stadtansichten. Diener & Diener. Zürich: GTA Steinmann, Martin (2003). Forme forte. Schriften 1972-2002. Basel, Bosten, Berlin: Birkhäuser Steinmann, Martin (2011). Dieses ist lange her. Notizen zu Aldo Rossi. In: Moravanszky, Akos. Hopfengärtner, Judith (Hrsg.). Aldo Rossi und die Schweiz. Architektonische Wechselwirkungen (S. 183-196). Zürich: GTA Tschanz, Martin (2006). Stadt der Häuser - Stadt der Heterotopien. Ein Versuch aus Zürichs Westen. Werk, Bauen + Wohnen. Heft 9. S. 42-47

38 176

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7. ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abb. 1.

Situationsplan vom Norden von Basel mit den Überbauungen Hammerstrasse und Warteckhof. Aus: www.stadtplan.bs.ch (16.12.2016). Bearbeitet durch Autor

Abb. 2.

Blick aus einer Wohnung der Überbauung Hammerstrasse auf den historischen Blockrand. Aus: Abram et al. (2012). S. 37

Abb. 3.

Der geschlossene Blockrand bestehend aus Wohngebäuden. Aus: Kleihues (1979). S. 20

Abb. 4.

Die Entwicklung eines Blockrandgebäudes zu einer „Mietskaserne“. Aus: Kleihues (1979). S. 20

Abb. 5.

Strassenansicht Block 270 um 1977. Aus: Kleihues (1979). S. 25

Abb. 6.

Der Block 270 von Josef P. Kleihues. Aus: Kleihues (1979). S. 24

Abb. 7.

Das Quartier Wedding nach dem 2. Weltkrieg. Aus: Kleihues (1979). S. 19

Abb. 8.

Der Bebauungsvorschlag von Fritz Eggeling von 1963. Aus: Kleihues (1979). S. 19

Abb. 9.

Der Blick 1953 über die heutige Überbauung Riehenring auf die Industriegebäude der J. Ochsner AG. Aus: Lodewig, F. (1953). Das Bürohaus der Firma Gempp & Unold AG, Basel. Sonderdruck der Schweizerischen Technischen Zeitschrift. Heft Nr. 50. S. 9

Abb. 10.

Luftaufnahme der Überbauung Hammerstrasse. Aus: Mäder, Roger (2012). Basel aus der Vogelperspektive. Basel: Friedrich Reinhardt. S. 26/27

Abb. 11.

Situationsplan der Überbauung Hammerstrasse. Aus: Abram et al. (2012). S. 38

Abb. 12.

Schema der Überbauung. Aus: Grafik Autor. Nach: www.stadtplan.bs.ch (16.12.2016)

Abb. 13.

Die öffentliche Allee als Untertrennungselement zwischen Neubau und Bestand. Aus: Abram et al. (2012). S. 37

Abb. 14.

Das Matthäus Quartier 1961 mit dem ehemaligen Industriearel der Überbauung Hammerstrasseus. Aus: www.stadtplan.bs.ch (16.12.2016). Bearbeitet durch Autor

Abb. 15.

Schnitt durch den Blockrand. Aus: Abram et al. (2012). S. 38

Abb. 16.

Volumetrische Darstellung der Überbauung Hammerstrasse. Aus: Grafik Autor

Abb. 17.

Darstellung der 3 1/2 Zi-Wohnung im Modell. Aus: Fachbereich Architektur Technische Universität Kaiserslautern (2014) Diener. Hoch 3. Zürich: Park Books. S. 27

Abb. 18.

Blick vom Wohnzimmer in den Innenhof. Aus: Diener. Schett (1981). S. 41

Abb. 19.

Grundriss 2.-4. OG der Überbauung Hammerstrasse. Aus: Abram et al. (2012). S. 39

Abb. 20.

Schema Grundriss 3 1/2 Zi-Wohnung. Aus: Grafik Autor

Abb. 21.

Grundriss 3 1/2 Zi-Wohnung. Aus: Abram et al. (2012). S. 38

Abb. 22.

Die Westecke der öffentlichen Strassenfassade. Aus: Abram et al. (2012). S. 36

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177


178

Abb. 23.

Die Hoffassade mit den grossen Längsfenstern der Wohnzimmer. Aus: Abram et al. (2012). S. 37

Abb. 24.

Nordfassade der Überbauung Hammerstrasse. Aus: Staatsarchiv Basel

Abb. 25.

Strassenfassade. Aus: Diener. Schett (1981). S. 39

Abb. 26.

Innenhoffassade. Aus: Diener. Schett (1981). S. 39

Abb. 27.

Schema der Strassenfassade. Aus: Grafik Autor

Abb. 28.

Schema der Innenhoffassade. Aus: Grafik Autor

Abb. 29.

Wettbewerbsmodell von Diener & Diener‘s Ensemblebebauung von 1993. Aus: Diener. Steinmann (1995). S. 53

Abb. 30.

Luftaufnahme der städtebaulichen Situation. Aus: Diener. Steinmann (1995). S. 46

Abb. 31.

Das Ensemble an der städtebaulichen Bruchstelle.. Aus: Diener. Steinmann (1995). S. 49

Abb. 32.

Die Bierbrauerei Warteck um 1980. Aus: www.werkraumwarteckpp.ch/ geschichte (16.12.2016)

Abb. 33.

Luftaufnahme der Überbauung Warteckhof. Aus: Mäder, Roger (2012). Basel aus der Vogelperspektive. Basel: Friedrich Reinhardt. S. 40/41

Abb. 34.

Situationsplan der Überbauung Warteckhof. Aus: Abram et al. (2012). S. 110

Abb. 35.

Schema der Überbauung. Aus: Grafik Autor. Nach: www.stadtplan.bs.ch (16.12.2016)

Abb. 36.

Zwischen den einzelnen Elementen des Ensembles wird ein öffentlicher Raum aufgespannt. Aus: Nerdinger, Winfried (2004). Von Innen und Aussen bewegt. Diener & Diener. München: TU München Architekturmuseum. S. 12

Abb. 37.

Das Industrieareal der Bierbrauerei Warteck um 1961. Aus: www.stadtplan.bs.ch (16.12.2016). Bearbeitet durch Autor

Abb. 38.

Schnitt durch die Überbauung. Aus: Abram et al. (2012). S. 110

Abb. 39.

Volumetrische Darstellung der Überbauung Warteckhof. Aus: Grafik Autor

Abb. 40.

Darstellung der 3 1/2 Zi-Wohnung im Modell. Aus: Fachbereich Architektur Technische Universität Kaiserslautern (2014) Diener. Hoch 3. Zürich: Park Books. S. 43

Abb. 41.

Blick vom Wohnzimmer in den Innenhof. Aus: Luchsinger (1996). S. 50

Abb. 42.

Grundrisse EG und 1.-4. OG der Überbauung Warteckhof. Aus: Luchsinger (1996). S. 48

Abb. 43.

Schema Grundriss 3 1/2 Zi-Wohnung. Aus: Grafik Autor

Abb. 44.

Grundriss 3 1/2 Zi-Wohnung. Aus: Luchsinger (1996). S. 48

Abb. 45.

Die Strassenfassade auf der Südseite. Aus: Steinmann (1998). S. 44

Abb. 46.

Blick in den öffentlichen Innenhof. Aus: Luchsinger (1996). S. 46

Abb. 47.

Ostfassade der Überbauung Warteckhof. Aus: Luchsinger (1996). S. 50

Abb. 48.

Strassenfassade. Aus: Grafik Autor

Form und Typus

Pascal Zwyssig


Abb. 50.

Innenhoffassade. Aus: Grafik Autor

Abb. 49.

Schema der Strassenfassade. Aus: Grafik Autor

Abb. 51.

Schema der Innenhoffassade. Aus: Grafik Autor

Abb. 52.

Volumetrische Darstellung der Überbauung Hammerstrasse. Aus: Grafik Autor

Abb. 53.

Volumetrische Darstellung der Überbauung Warteckhof. Aus: Grafik Autor

Abb. 54.

Schema der klaren Untertrennung zwischen Bestand und Neubau. Aus: Grafik Autor

Abb. 55.

Schema der Gebäudefluchten im Bezug zur Parzellengrenze. Aus: Grafik Autor

Abb. 56.

Schema der Aussenraumdefinition durch die Gebäudekörper. Aus: Grafik Autor

Abb. 57.

3 1/2 Zi-Wohnung der Überbauung Hammerstrasse. Aus: Fachbereich Architektur Technische Universität Kaiserslautern (2014) Diener. Hoch 3. Zürich: Park Books. S. 27

Abb. 58.

3 1/2 Zi-Wohnung der Überbauung Warteckhof. Aus: Fachbereich Architektur Technische Universität Kaiserslautern (2014) Diener. Hoch 3. Zürich: Park Books. S. 43

Abb. 59.

Schema der äusseren Erschliessung und der Gebäudeunterteilung. Aus: Grafik Autor

Abb. 60.

Schema der inneren Erschliessung. Aus: Grafik Autor

Abb. 61.

Schema der Wohnzimmerausrichtung. Aus: Grafik Autor

Abb. 62.

Grundrissschema mit Unterteilung zwischen privaten und öffentlichen Räumen. Aus: Grafik Autor

Abb. 63.

Skelettstruktur der Hoffassade Überbauung Hammerstrasse. Aus: Diener. Schett (1981). S. 42

Abb. 64.

Südfassade des Warteckhofes mit historischem Brauereigebäude. Aus: Centre culturel suisse (2001). A matter of Art. Contemporary Architecture in Switzerland. Basel: Birkhäuser. S. 39

Abb. 65.

Einteilung der Strassenfassade der Überbauung Hammerstrasse. Aus: Staatsarchiv Basel. Bearbeitet durch Autor

Abb. 66.

Einheitliche Fassadengestaltung der Überbauung Warteckhof. Aus: Luchsinger (1996). S. 50. Bearbeitet durch Autor

Abb. 67.

Schema der Strassen- und Innenhoffassad Überbauung Hammerstrasse. Aus: Grafik Autor

Abb. 68.

Schema der Strassen- und Innenhoffassad Überbauung Warteckhof. Aus: Grafik Autor

Abb. 69.

Der öffentliche Platz zwischen den Gebäuden der Überbauung Warteckhof. Aus: Abram et al. (2012). S. 108

Basel um 1980 - Zwischen Postmoderne und Swissbox

179


8. ANHANG

Anhang 1 Baugesuchsplan Grundriss 2.-4. OG der Ăœberbauung Hammerstrasse

180 44

Basel um 1980 - Zwischen Postmoderne und Swissbox




ThemenĂźbersicht der weiteren Arbeiten


Wohnen in Basel Eine Untersuchung der grossen Siedlungen in den 80er Jahren von Irma Abdagic 184


WOHNEN IN BASEL

EINE UNTERSUCHUNG DER GROSSEN SIEDLUNGEN IN DEN 80ER JAHREN Vertiefungsarbeit Herbstsemester 2016 Verfasser Abdagic Irma Dienerstrasse 7 8004 Zürich Dozent Dr. Oliver Dufner Dr. Christoph Wieser Lucerne University of Applied Sciences and Arts HOCHSCHULE LUZERN Technik & Architektur Technikumstrasse 21 6048 Horw Master in Architektur Herbstsemester 2016 Datum 17.01.2017

Abstract Die vorliegende Arbeit untersucht das Wohnen in den grossen Siedlungen in Basel um 1980. Durch die Methode der Gegenüberstellung der Siedlungen Wiesengarten und Davidsboden, die in dieser Zeit gebaut wurden, kann aufgezeigt werden, welche unterschiedliche räumliche Anordnung sich aus der differenten Vorgehensweise ergibt. Gleichzeitig wird dadurch auch ihr städtebauliches Konzept verdeutlicht, das auf einer dichten Blockrandbebauung basiert. Die zwei Siedlungen werden auf vier unterschiedlichen Ebenen analysiert, und zwar: Städtebau, Wohnungstypologie, Gemeinschaftsräume und Erschliessungssysteme. Es wird herausgestellt, welche Wohnungstypologien in dieser Zeit Verwendung fanden. Zudem wird deutlich, dass Wiesengarten und Davidsboden das gleiche städtebauliche Konzept, die Anordnung der Gemeinschaftsräume und eine ähnliche Erschliessung verfolgen. Die Fassadengestaltung und die Art der Grundrissflexiblität und der Eingänge stehen dem gegenüber.

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WEITERBAUEN IM BESTAND Ein Vergleich zweier Umbauten von Silvia GmĂźr und Michael Alder Iris Ammann

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WEITERBAUEN IM BESTAND

Ein Vergleich zweier Umbauten WEITERBAUEN IM BESTAND von Silvia Gmür und Michael Alder Ein Vergleich zweier Umbauten von Silvia Gmür und Michael Alder Vertiefungsarbeit Herbstsemester 2016 Vertiefungsarbeit Herbstsemester 2016 Verfasserin Iris Ammann Verfasserin Täschmattstrasse 1 Iris Ammann 6015 Luzern Täschmattstrasse 1 6015 Luzern Dozent Prof. Dr. Oliver Dufner Dozent Dr. Christoph Wieser Prof. Dr. Oliver Dufner Dr. Christoph Wieser Lucerne University of Applied Sciences and Arts Lucerne University of Applied Sciences and Arts HOCHSCHULE LUZERN Technik & Architektur HOCHSCHULE LUZERN Technikumstrasse 21 Technik & Architektur 6048 Horw Technikumstrasse 21 6048 Horw Master in Architektur Herbstsemester 2016 Master in Architektur Herbstsemester 2016 17. Januar 2016 Abstract 17. Januar 2016 Im Rahmen des Semesterthemas „Basel um 1980 – Zwischen Postmoderne und Swissbox“, befasst sich die vorliegende Vertiefungsarbeit mit der Thematik des Weiterbauens im Bestand. Ausgehend von der Fragestellung, welche Umbaustrategien in den 1980 Jahren angewandt wurden und welche Funktion dabei die Haltung des Architekten und die historische Substanz spielte, werden zwei Umbauobjekte analysiert und anhand eines Vergleichs Antworten gesucht. Eine einleitende Auseinandersetzung beschäftigt sich mit der Geschichte der Basler Denkmalpflege und der Auslegung des damaligen Denkmalbegriffs und schafft dadurch die geschichtliche und theoretische Grundlage für die Ausarbeitung der Vergleichskriterien. Im Zentrum der Arbeit steht der Vergleich zwischen dem Umbau des Engelhofs (1988-1990) von Silvia Gmür und dem Umbau des Industriegebäudes St.Alban-Tal 42 (1985-1987) von Michael Alder. Der Vergleich wird mittels Zitaten, Plangrafiken, Fotografien und anhand von drei definierten Kriterien, „Der Umgang mit dem Bestand“, „Die architektonische Intervention“ und „Die formale Gestaltung“ durchgeführt. Die Erkenntnisse zeigen auf, dass auf Grund der Ausgangsituation sowie der Komplexität der Aufgabenstellung Silvia Gmür und Michael Alder zwei sehr unterschiedliche Strategien im Umgang mit der historischen Substanz entwickelten.

3 3

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Wiederaufnahme des Blockrandes in den 1980er Jahren Anhand der WohnĂźberbauungen Hammer I und II in Basel von Diener & Diener

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WIEDERAUFNAHME DES BLOCKRANDES IN DEN 1980ER JAHREN ANHAND DER WOHNÜBERBAUUNGEN HAMMER I UND II IN BASEL VON DIENER & DIENER

Vertiefungsarbeit Herbstsemester 2016 Thema Basel um 1980 - Zwischen Postmoderne und Swissbox Verfasser Benjamin Luchsinger Im Rebberg 4 8910 Affoltern Dozent Dr. Christoph Wieser Dr. Oliver Dufner Lucerne University of Applied Sciences and Arts HOCHSCHULE LUZERN Technik & Architektur Technikumstrasse 21 6048 Horw Master in Architektur Herbstsemester 2016 Datum 17.01.2017

Abstract Die vorliegende Arbeit befasst sich im Rahmen des Oberthemas „Basel um 1980 – zwischen Postmoderne und Swissbox“ mit der Wiederaufnahme des Blockrandes in den 1980er Jahren anhand der Wohnüberbauungen Hammer I und II in Basel von Diener & Diener. Anhand des historischen Hintergrundes dieser Bauweise und der Örtlichkeit der Bauten soll beleuchtet werden, weshalb das Architekturbüro Diener & Diener diese Typologie gewählt und wie sie sie im Bestreben, das betroffene Quartier nicht zu konservieren, Wiederaufnahme des Blockrandes in den 1980er Jahren - Benjamin Luchsinger sondern fortleben zu lassen, auf den Stand der Zeit gebracht hat. Ziel der Arbeit ist es, auf dieser Grundlage die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Projekte Hammer I und II in städtebaulicher Hinsicht auf zu zeigen. Die Untersuchung zeigt, dass Roger Diener sehr präzis auf den Ort und die verschiedenen städtebauliche Situationen eingeht.

3

189


Einfach ist nicht banal Die Siedlung BĂźndten von Michael Alder

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EINFACH IST NICHT BANAL DIE SIELDUNG BÜNDTEN VON MICHAEL ALDER Vertiefungsarbeit Herbstsemester 2016 Verfasser Yannick Bucher Unterlöchlistrasse 43 6006 Luzern Dozent Prof. Dr. Oliver Dufner Dr. Christoph Wieser Lucerne University of Applied Sciences and Arts HOCHSCHULE LUZERN Technik & Architektur Technikumstrasse 21 6048 Horw Master in Architektur Herbstsemester 2016 Datum 17.01.2017

Abstract Die vorliegende Abhandlung befasst sich im Rahmen des Moduls «Vertiefungsarbeit» unter dem Überthema «Basel um 1980: Zwischen Postmoderne und Swiss Box» mit der Thematik der ‹Einfachheit› in den 1980er-Jahren. Im Zentrum der Arbeit steht Michael Alder mit seiner architektonischen Haltung und die von ihm 1985 erbaute Genossenschaftssiedlung Bündten in Riehen. Die Vermutung, dass Michael Alders Gedanken zur Architektur ein Abbild der Gesellschaft um die 80er-Jahre ist und sich dadurch der ‹Banalität› behaftet, ist Gegenstand dieser Untersuchung. Dabei wird über die Etymologie und Bedeutung der zwei Begriffe ‹einfach› und ‹banal› in die Thematik eingeführt. Anhand den Grundgedanken Heinrich Tessenows zur immer gültigen Architektur lassen sich Verwandtschaften zu Michael Alder aufzeigen. Die Analyse der Wohnsiedlung Bündten zeigt auf, dass analog zu den Nuancen der beiden Sachbegriffe, die Differenz in der Architektur gleich klein ist. Daher ist es schwierig, in Bezug zur Architektur eine eindeutige und unmissverständliche Aussage zu dieser Thematik zu formulieren.

3 191


Interpretation des Gewรถhnlichen Eine Mehrwertanalyse der Grundrisse im Riehenring von Diener & Diener

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INTERPRETATION DES GEWÖHNLICHEN EINE MEHRWERTANALYSE DER GRUNDRISSE IM RIEHENRING VON DIENER & DIENER Vertiefungsarbeit Herbstsemester 2016 Verfasser Dürr Svenja Bühnenstrasse 4 4600 Olten Dozent Prof. Dr. Oliver Dufner Dr. Christoph Wieser Lucerne University of Applied Sciences and Arts HOCHSCHULE LUZERN Technik & Architektur Technikumstrasse 21 6048 Horw Master in Architektur Herbstsemester 2016 Datum 17.01.2017

Abstract Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Blockrandteil Riehenring im Matthäusquartier in Basel, entworfen und erbaut in den Jahren 1980 bis 1985 vom Architekturbüro Diener & Diener. Eine vergleichende Analyse soll klären, welche Mehrwerte mit den Grundrissen für die Bewohner erzielt wurden. In der Einleitung wird ein Überblick über die drei Blockrandseiten Riehenring, Amerbachstrasse und Efringerstrasse gegeben. Das nachfolgende Kapitel „Normgrundriss“ gibt mit dem darin beschriebenen Beispielgrundriss aus Basel aus dem Jahr 1938 die Basis für die Vergleichsanalyse. Im Zentrum steht der Vergleich mit diesem Beispielgrundriss. Der Vergleich wird in die drei Themenbereiche „Grundrisse im Vergleich“, „Die Beziehung der drei Fassadenseiten“ und „Funktionalität der Grundrisse“ eingeteilt. Die erarbeiteten Erkenntnisse ermöglichen eine Aussage zu den auch heute noch gültigen Mehrwerten der Grundrisse im Riehenring gegenüber den damalig standardisierten Grundrissen.

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Zwischen Minimal Art und postmoderner Architektur Das Museum fĂźr Gegenwartskunst in Basel als Schnittstelle

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ZWISCHEN MINIMAL ART UND POSTMODERNER ARCHITEKTUR DAS MUSEUM FÜR GEGENWARTSKUNST IN BASEL ALS SCHNITTSTELLE

Herbstsemester 2016 Verfasserin Sonja Fuchs Studhaldenstrasse 3 6005 Luzern Dozent Prof. Dr. Oliver Dufner Lucerne University of Applied Sciences and Arts HOCHSCHULE LUZERN Technik & Architektur Technikumstrasse 21 6048 Horw Master in Architektur Herbstsemester 2016 Datum 17.01.2017 Abstract Die folgende Arbeit versucht das Museum für Gegenwartskunst in Basel in einen Kontext ausserhalb von zurückhaltender und dienender Architektur zu setzen. Ausgangspunkt hierfür sind Aussagen und Beschreibungen des Museums, die der Architektur keinen eigenständigen Ausdruck zuschreiben. Konzipiert für die Ausstellung von Minimal Art, wurde das Museum zur Zeit der Postmoderne errichtet. Deshalb wird untersucht in welcher Art und Weise sich das Museum zwischen diesen beiden Strömungen bewegt. Die Analyse stellt Parallelen von der Minimal Art zur Postmoderne her und belegt diese mit bildlichen Untersuchungen von bereits kuratierten Ausstellungen. Weiters wird sie durch die Einarbeitung von theoretischen Positionen zu Minimal Art und Postmoderne unterstützt. Es stellt sich heraus, dass sich das Museum bereits von der Postmoderne gelöst hat und in einem beständigen Dialog zwischen Kunst und Architektur steht.

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ECKPOSITIONEN Der Umgang mit Gebäudeecken im Werk von Diener & Diener in den 1980er Jahren.

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ECKPOSITIONEN

DER UMGANG MIT GEBÄUDEECKEN IM WERK VON DIENER & DIENER IN DEN 1980ER JAHREN. Vertiefungsarbeit Herbstsemester 2016 Verfasser Golaszewski Dominik Hauptstrasse 60 4148 Pfeffingen Dozent Dr. Christoph Wieser Dr. Oliver Dufner Lucerne University of Applied Sciences and Arts HOCHSCHULE LUZERN Technik & Architektur Technikumstrasse 21 6048 Horw Master in Architektur Herbstsemester 2016 Datum 17.01.2017

ABSTRACT In der folgenden Arbeit werden drei Gebäude an Eckpositionen in Basel des Architekturbüros Diener & Diener vorgestellt und untersucht. Es wird der städtebauliche Kontext, die Typologie, sowie die Strassenfassaden und die Ecke untersucht, die zu unterschiedlichen Ausformulierungen der Gebäudeecke beigetragen haben. Ebenfalls wird darauf eingegangen, wie die Architekten die Bauten im städtischen Kontext verortet haben.

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Das einfache Haus Zwei Gebäude von Michael Alder

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Vertiefungsarbeit Das einfache HausHerbstsemester 2016 Zwei Geb채ude von Michael Alder

Das einfache Haus Verfasser

Zwei Geb채ude von Michael Alder

Hediger Christian

Vertiefungsarbeit Herbstsemester 2016 Leopoldweg 1 6210 Sursee Vertiefungsarbeit Herbstsemester 2016 Verfasser Hediger Christian Dozenten Verfasser Leopoldweg 1 Oliver Prof. Dr. Christian Dufner Hediger 6210 Sursee Dr. Wieser Christoph Leopoldweg 1

6210 Sursee Dozenten Lucerne University of Prof. Dr. Dufner Oliver Dozenten Applied Sciences and Arts Dr. Wieser Christoph Prof. Dr. Dufner Oliver Dr. Wieser Christoph HOCHSCHULE LUZERN Lucerne University of Technik & Architektur Applied Sciences and Technikumstrasse 21 Lucerne University of Arts 6048 Horw Applied Sciences and Arts HOCHSCHULE LUZERN Technik & Architektur Master in Architektur HOCHSCHULE LUZERN Technikumstrasse 21 Herbstsemester 2016 Technik & Architektur

6048 Horw Technikumstrasse 21 Datum Abstract 6048 Horw 16.01.2017 Master in Architektur

Herbstsemester 2016 Die vorliegende Vertiefungsarbeit befasst sich mit den Gr체nMaster in Architektur Herbstsemester 2016 von Michael Alder und der architektoden der Arbeitsweise Datum nischen Erscheinung von zwei ausgew채hlten Bauten von ihm 16.01.2017 Datum aus den Jahren 1984 und 1988. Die einleitende theoretische 16.01.2017 Grundlage basiert auf Zitaten und ist Ausgangspunkt der Un-

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tersuchung.

3

Aufgrund der weiteren Vertiefung wird die Verbindung zwi-

3

schen den inspirierenden Grundlagen von Michael Alder und den gebauten Beispielen aufgezeigt. Mit den Erkenntnissen der Arbeit werden die Haltung und die Bauten von Michael Alder eingeordnet.

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Ortsbildschutz als Antwort auf die rationale Stadt Die Sanierung des St. Alban-Tals in Basel in der Ă„ra Carl Fingerhuths Lukas Heinzer

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Ortsbildschutz als Antwort auf die rationale Stadt DIE SANIERUNG DES ST. ALBAN-TALS IN BASEL IN DER ÄRA CARL FINGERHUTHS Vertiefungsarbeit Herbstsemester 2016 Horw 17.01.2017 Verfasser Lukas Heinzer Mangelegg 44 6430 Schwyz Dozent Dr. Oliver Dufner Dr. Christoph Wieser Lucerne University of Applied Sciences and Arts Hochschule Luzern Technik & Architektur Master in Architektur Herbstsemester 2016

Abstract Die vorliegende Vertiefungsarbeit befasst sich unter dem Thema „Basel um 1980: Zwischen Postmoderne und Swiss Box“ mit der Sanierung des St. Alban-Tals in Basel unter Carl Fingerhuth, welcher zwischen 1979 und 1992 Kantonsbaumeister von Basel war. Dieser Altstadtsanierung der 80er Jahren ist ein, auf den Prinzipien der Moderne, basierender Überbauungsplan vorangegangen. Anhand der Gegenüberstellung der 60er Jahre-Planung und der definitiven Ausführung in den 80er Jahren soll untersucht werden, inwiefern Fingerhuts Theorien, das Sanierungsprojekt beeinflusst hatten. Das Buch von Carl Fingerhuth „Die Gestalt der postmodernen Stadt“ dient bei der Untersuchung als theoretisches Fundament. Aufgrund der neu gewonnen Erkenntnisse sollen Rückschlüsse gemacht werden können, ob es möglich ist, bei der Sanierung eines Altstadtquartiers dessen spezifischen, ursprünglichen und lebendigen Charakter zu wahren. Die Arbeit vermittelt die Prozesse, welche die Gestalt des vitalen St. Alban-Tal von heute beeinflusst haben und stellt Bezüge zur Postmodernen Haltung von Carl Fingerhuth her.

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Das Museum fĂźr Gegenwartskunst Basel Zwei Typologien in einem Museum

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DAS MUSEUM FÜR GEGENWARTSKUNST ZWEI TYPOLOGIEN IN EINEM MUSEUM Vertiefungsarbeit Herbstsemester 2016 Verfasser Markurt Johanna Gibraltarstrasse 1 6003 Luzern Dozent Dr. Christoph Wieser Lucerne University of Applied Sciences and Arts HOCHSCHULE LUZERN Technik & Architektur Technikumstrasse 21 6048 Horw Datum 17.01.2017

Abstract In der folgenden Arbeit wird die Typologie des Museums für Gegenwartskunst untersucht. Es wurde 1980 fertiggestellt und liegt im St. Albantal in Basel. Nach intensiver Recherche hat sich herausgestellt, dass es sich in dem Museum um zwei unterschiedliche Typologieformen - dem sanierten Altbau und dem Neubau auf der anderen Seite - handelt. Die Typologie im Altbau ist stark an die Zeit des 18./19. Jahrhunderts angelehnt, die Zeit des klassischen Museumsbau für gesammelte Kunstwerke für Dauerausstellungen. Im Gegensatz dazu ist der Neubau in seiner Typologie viel moderner geplant worden und spiegelt mit den grossen Ausstellungsflächen den Museumsbau der zeitgenössischen Kunst aus dem 20. Jahrhundert wieder. Es stellt sich heraus, dass das Museum für Gegenwartskunst trotz den zwei unterschiedlichen Typologieformen ein harmonisches Erscheinungsbild in der Orientierung der Erschließung und der Kunstausstellung ausstrahlt und diese positiv übermittelt.

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Ăœberraschende Verwandtschaft Untersuchung zweier Bauten von Michael Alder und Jaques Herzog & Pierre de Meuron

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Überraschende Verwandtschaft Untersuchung zweier Bauten von Michael Alder und Jacques Herzog & Pierre de Meuron Vertiefungsarbeit Herbstsemester 2016 Verfasser Marugg Andri Monbielerstrasse 74 7250 Klosters Dozent Prof. Dr. Oliver Dufner Dr. Christoph Wieser Lucerne University of Applied Sciences and Arts HOCHSCHULE LUZERN Technik & Architektur Technikumstrasse 21 6048 Horw Master in Architektur Herbstsemester 2016 Datum 17.01.2017 Abstract Die folgende Arbeit untersucht das Haus Hagmann von Michael Alder und das Blaue Haus von Herzog & de Meuron. Der Fokus liegt in der Gegenüberstellung der beiden Bauten aus den frühen Achtzigerjahren. Ausgangspunkt ist die formale Ähnlichkeit der Häuser mit einer Kinderzeichnung. Diese Vertrautheit der äusseren Form spielt eine entscheidende Rolle in der Faszination des architektonischen Urtypus'. Dabei wird die Auseinandersetzung mit dem Ort, dem Ausdruck und der Typologie analysiert. Als Grundlage werden nicht nur die Häuser als Einzelobjekte betrachtet. Die formende Herkunft der Architekten wird in die Untersuchung miteingebunden. Begrifflichkeiten welche die Haltung und Denkweise der Protagnisten beschreiben und vergleichen, lassen Gleichnisse zur bildenden Kunst und zu der ruralen Architektur entstehen. Es stellt sich heraus, dass nebst der Andersartigkeit der Häuser, die anfänglich vermutete Verwandtschaft in der Form, auf weiteren Ebenen vorhanden ist.

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Die Konstruktion eines Bildes Die Rolle der Einzelteile und der Ausdruck der Komposition anhand von zwei Bauten in Basel aus den 80er Jahren von Herzog & de Meuron

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DIE KONSTRUKTION EINES BILDES

DIE ROLLE DER EINZELTEILE UND DER AUSDRUCK DER KOMPOSITION ANHAND VON ZWEI BAUTEN IN BASEL AUS DEN 80ER JAHREN VON HERZOG & DE MEURON Vertiefungsarbeit Herbstsemester 2016 Verfasser Samuel Pasula Houelbachstrasse 33 6010 Kriens Dozent Prof. Dr. Oliver Dufner Dr. Christoph Wieser Lucerne University of Applied Sciences and Arts HOCHSCHULE LUZERN Technik & Architektur Technikumstrasse 21 6048 Horw Master in Architektur Herbstsemester 2016 Datum 16.01.2017

Abstract Die folgende Arbeit untersucht den Zusammenhang zwischen den Einzelteilen der Konstruktion und dem Ausdruck der Komposition anhand von zwei Basler Bauten aus den 1980er Jahren von den Architekten Herzog & de Meuron. Isoliert werden die einzelnen Teile auf ihre Funktion, Form und Materialisierung untersucht. Weiter wird der Ausdruck der Komposition analysiert, um im dritten Teil die Abhängigkeit und Wechselwirkung dieser zwei Ebenen zu ergründen. Es stellte sich heraus, dass die Architektur mit einem Bild im Kopf anfängt und aus diesem heraus die Komposition zusammengestellt wird, wodurch schlussendlich die Form und Materialisierung der Konstruktion definiert wird. 207 3


ร berbauung am Riehenring Die mรถgliche Entwicklung einer Wohnsiedlung zum Baudenkmal

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Überbauung am Riehenring Die mögliche Entwicklung einer Wohnsiedlung zum Baudenkmal Vertiefungsarbeit Herbstsemester 2016 Verfasser Philipp Schaudt Kellerstrasse 10 6005 Luzern Dozent Dr. Oliver Dufner Dr. Christoph Wieser Hochschule Luzern Technik & Architektur Technikumstrasse 21 6048 Horw Master in Architektur Datum: 10. Januar 2016 Abstract Die Überbauung Riehenring von Diener & Diener in Basel wird auf den folgenden Seiten anhand der typischen Charakter- und Stileigenschaften der Postmoderne analysiert, welche zur Zeit der Fertigstellung im Jahre 1985 ihre Blütezeit erlebte. Die vorliegende Arbeit fundiert auf folgender These: Die Überbauung Riehenring von Diener & Diener wendet die von Aldo Rossi formulierten städtebaulichen Theorie an. Dabei werden sowohl die Theorien von Aldo Rossi wie auch von Léon Krier analysiert und an der Überbauung Riehenring reflektiert, wobei deren postmoderne Haltung bezüglich des städtebaulichen Grundgedankens aufgezeigt wird. 209


Zwischen roh und edel Eine Analyse zweier Holzbauten von Michael Alder und Herzog & de Meuron in Basel

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ZWISCHEN ROH UND EDEL EINE ANALYSE ZWEIER HOLZBAUTEN VON MICHAEL ALDER UND HERZOG & DE MEURON

Vertiefungsarbeit Herbstsemester 2016 Verfasser Jason Thür Untere Feldstrasse 4 6055 Alpnach Dorf Dozent Prof. Dr. Oliver Dufner Dr. Christoph Wieser Lucerne University of Applied Sciences and Arts HOCHSCHULE LUZERN Technik & Architektur Technikumstrasse 21 6048 Horw Master in Architektur Herbstsemester 2016 Datum 17.01.2017

ABSTRACT Die vorliegende Arbeit untersucht verschiedene Faktoren, die dazu beitragen, um ein Gebäude als roh oder edel zu charakterisieren. Es wird der Frage nachgegangen, welche Strategien und Ansätze verfolgt werden können, um diese Charakterisierung vorzunehmen. Anhand der Analyse zweier Holzbauten aus dem Archithese-Gespräch von 1985 mit Michael Alder, Jacques Herzog, Pierre de Meuron und Peter Zumthor wird aufgezeigt, welchen Einfluss das Material (dessen Oberflächenbearbeitung), die Stimmungen (Erfahrungen/Ideologien) und die Körperlichkeit (Beziehung zwischen Baukörper und Betrachter) auf den Gebäudeausdruck haben. Zu diesen Themen werden Zitate der Architekten beigezogen und mit der eigenen Meinung angereichert. So wird ersichtlich, dass nicht nur die naheliegendsten Strategien, respektive Ansätze – wie z.B. das Material – zu einer Charakterisierung in roh und edel führen, sondern noch weitere Fakter dazu beitragen sie effektiv zu beeinflussen.

Titelbild Konstruktion Süd-Ost Ecke des Sperrholzhauses in Bottmingen.

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Gebaute Bilder – vom bildhaften Einzelteil zum architektonischen Ganzen

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GEBAUTE BILDER

– VOM BILDHAFTEN EINZELTEIL ZUM ARCHITEKTONISCHEN GANZEN Vertiefungsarbeit Herbtstsemester 2016 Verfasser Timo J. Walker Dozent Prof. Dr. Oliver Dufner Dr. Christoph Wieser Lucerne University of Applied Sciences and Arts HOCHSCHULE LUZERN Technik & Architektur Technikumstrasse 21 6048 Horw Master in Architektur Hersbtsemester 2016 Datum 17.01.2016

Abstract Die vorliegende Arbeit untersucht das Fotostudio Frei (1981), das Haus für ein Kunstsammler (1985-86) sowie die Lagerhalle von Ricola (1986-87) von den Architekten Herzog und de Meuron. Die Hauptuntersuchung wurde auf zwei Ebenen durchgeführt. Zu einem wurden die Gebäude auf die Zeichen- und Bildhaftigkeit sowie die Kodierung des Materials untersucht und andererseits wie diese dann wieder zusammengefügt wurden. Anschliessend wurden die wichtigsten Erkenntnisse mit Aussagen der Architekten verglichen. Die Analyse zeigte sehr differenzierte Entwurfsansätze bei den jeweiligen Gebäuden auf. Daraus ging hervor, dass die sehr konzeptionelle Entwurfshaltung die explizite Verwandtschaft bzw. Gemeinsamkeit unter den ausgewählten Gebäude ist. Für jedes Gebäude wurde eine individuelle architektonische Sprache entwickelt, welche sich stets aus den Gegebenheiten und Anforderungen für den jeweiligen Entwurf heraus kristallisierten. Die Bildwelten, welche die Architekten schaffen konnten, sind komplexe Gefüge aus verschiedensten konzeptionellen Schichten. 213 3


Die Kunst der Fuge Untersuchung an Bauten von Michael Alder und Herzog & Meuron

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DIE KUNST DER FUGE UNTERSUCHUNG AN BAUTEN VON MICHAEL ALDER UND HERZOG & MEURON Vertiefungsarbeit Herbstsemester 2016 Verfasser von Euw Sven Gartenweg 5 6418 Rothenthurm Dozent Dr. Oliver Dufner Dr. Christoph Wieser Lucerne University of Applied Sciences and Arts HOCHSCHULE LUZERN Technik & Architektur Technikumstrasse 21 6048 Horw Master in Architektur Herbstsemester 2016 Datum 17.01.2017

Abstract Ausgehend von einem Diskurs zwischen Michael Alder und Herzog & de Meuron (im Interview «Reden über Holz», mit Peter Zumthor) wird deren unterschiedlicher Umgang mit der Fuge ersichtlich. Die vorliegende Arbeit untersucht das Phänomen der Fuge anhand von gebauten Beispielen in Basel um 1980. Von Michael Alder werden das Haus in Liestal (1979-81) und das Haus in Itingen (1983-84), von Herzog & de Meuron das Lagerhaus Ricola in Laufen (1986-87) und das Wohnhaus entlang einer Scheidemauer in Basel (1987-88) betrachtet. Mithilfe von selbst gezeichneten Fassadenplänen werden die Bauten auf deren Umgang mit der Fuge analysiert und in einer phänomenologischen Betrachtungsweise erörtert. Es

Abb. 1.

Titelseite «Die Kunst der Fuge». Fassadenstudien von Peter Zumthor

zeigte sich, dass die Bauten stärker als vorher angenommen von der Wirkung der Fuge geprägt werden. Ausserdem tritt in der Fuge die Haltung der Architekten besonders deutlich in Erscheinung, was bemerkenswert ist. 215 3


Das Bild als Entwurfsmittel Bilder und Urbilder in den frĂźhen Holzbauten von Jacques Herzog & Pierre de Meuron und Michael Alder

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DAS BILD ALS ENTWURFSMITTEL Bilder und Urbilder in den frühen Holzbauten von Jacques Herzog & Pierre de Meuron und Michael Alder Vertiefungsarbeit Herbstsemester 2016 Verfasser Walker Kevin Lauerzring 25 6010 Kriens Dozent Prof. Dr. Oliver Dufner Dr. Christoph Wieser Lucerne University of Applied Sciences and Arts HOCHSCHULE LUZERN Technik & Architektur Technikumstrasse 21 6048 Horw Master in Architektur Herbstsemester 2016 Datum 17.01.2017

Abstract Die vorliegende Arbeit untersucht vier frühe Holzbauten von Jacques Herzog & Pierre de Meuron und Michael Alder und deren Umgang mit dem Bild als Entwurfsmittel. Durch die Definitionen der Begrifflichkeiten und unter der Betrachtung der Hintergründe und Entwurfsmethoden der Akteure wird aufgezeigt, mit welchen Mitteln die Bauten projektiert wurden und welche Assoziationen, Zeichen und Vorbilder die Architekten in ihrem Entwurfsprozess begleiteten. Für die Untersuchung wurden je zwei Projekte ausgesucht. Das Fotostudio und das Sperrholzhaus sowie die Wohnhäuser in Itingen und Bottmingen. Es stellt sich heraus, dass Jacques Herzog & Pierre de Meuron und Michael Alder unterschiedlich im Bezug auf ihre «Urbilder» reagierten, jedoch ähnlich mit dem Mittel des «Bildes» umgegangen sind.

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Das Allgemeine und das Spezifische Eine Grundrissanalyse der Wohnbauten Hammer eins und zwei von Diener & Diener

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Das Allgemeine und das Spezifische Eine Grundrissanalyse der Wohnbauten Hammer eins und zwei von Diener & Diener Vertiefungsarbeit Herbstsemester 2016 Verfasserin Welte Stephanie Gallusstrasse 1 6010 Kriens Dozent Prof. Dr. Oliver Dufner Dr. Christoph Wieser Lucerne University of Applied Sciences and Arts HOCHSCHULE LUZERN Technik & Architektur Technikumstrasse 21 6048 Horw Master in Architektur Herbstsemester 2016 Datum 17.01.2017

Abstract Die folgende Arbeit untersucht das Allgemeine und das Spezifische in den Frühwerken des Architekturbüros Diener & Diener. Das Allgemeine ist die Weiterentwicklung des Bekannten und das Spezifische das Neue, welches, im Gegensatz zum Allgemeinen, aus der Erfahrung noch nicht bekannt ist. Abgeleitet aus dieser Definition, werden die Grundrisse der beiden ersten grossen Wohnungsbauten des Büros, Hammer eins und zwei aus den 1980er-Jahren, analysiert. Es wird auf die Erschliessungsräume und Raumstrukturen eingegangen und anhand von diesen Untersuchungspunkten werden die Grundrisse mit Beispielen aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert verglichen. Es stellt sich heraus, dass Diener & Diener das Vorhandene als Ausgangspunkt für ihre Entwürfe ansehen und es neu interpretieren. Dabei wird das Spezifische durch das Allgemeine verdeutlicht, welches sonst nicht sichtbar ist. 219 3


Die Ă„sthetik des Einfachen Michael Alders Architektursprache in den 1980er Jahren

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DIE ÄSTHETIK DES EINFACHEN mICHAEL ALDERS ARCHITEKTURSPRACHE IN DEN 1980ER jAHREN Vertiefungsarbeit Herbstsemester 2016 Verfasser Zimmermann André Obstgarten 16 6402 Merlischachen Dozent Dr. Christoph Wieser Lucerne University of Applied Sciences and Arts HOCHSCHULE LUZERN Technik & Architektur Technikumstrasse 21 6048 Horw Master in Architektur Herbstsemester 2016 Datum 17.01.2017

Abstract Die Vertiefungsarbeit beschäftigt sich mit der Architektursprache vom Architekten, Hochschullehrer und Forscher Michael Alder. Dabei wird aufgezeigt, wie sich seine Haltung, Arbeitsweise und Untersuchungen von elementarer Architektur, auf den architektonischen Ausdruck seiner Häuser ausgewirkt hat. Die Schrift vom Architekturkritiker Martin Steinmann, «Architektur als Sprache», dient als theoretische Grundlage, für die nachfolgende Analyse von drei Einfamilienhäusern Alders. Der Fokus liegt auf der äusseren Erscheinung, Setzung, Form, Materialität und untersucht dies auf ihre Wirkung und Bedeutung hin. Es zeigt sich, dass Michael Alder über eine allgemein verständliche Architektursprache verfügt, welche eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Ort, Material, Konstruktion und sozialer Funktionalität beinhaltet. Seine Bauten strahlen eine Einfachheit aus, die wir heute noch als zeitgemäss empfinden.

Abb. 1 Titelbild: Wohnhaus Hagmann in Itingen.

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Bautensteckbriefe


Gemeinschaftlich genutzter Innenhof

Vertiefungsarbeit Objekt Adresse Architekt Planungsbeginn Realisierung Kurzbeschrieb

Literaturhinweis Birkner, O. (1986). Bauen heute. Zurück zu Einfachen. Heimatschutz. S. 18-19.

Bild: Yannick Bucher Pläne: siehe Literaturhinweis

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Bautenkatalog Genossenschaftssiedlung Bündten, Riehen Vierjuchartenweg 3-9, 4125 Riehen Michael Alder mit Klaus Vogt 1981 (Wettbewerbsgewinn) 1984-85 Das von den 1920er Genossenschaftssiedlungen abgeleitete Projekt ist auf einer Reihenhaustypologie aufgebaut. Die zwei sich nach Norden etwas aufweitende Gebäuderiegel mit je 10 Reihenhäusern bilden einen durchfliessenden Innenhof welcher als gemeinschaftlicher Ort genutzt wird. Dabei ist der gemeinnützige Gedanke nicht nur im Aussenraum ein zentrales Thema. Beinahe auf jeder Wohnebene ist der Austausch mit der Gemeinschaft möglich. Kurz nach Vollendung wird die Siedlung 1987 vom Basler Heimatschutz ausgezeichnet.


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Bautenkatalog Fotostudio Frei Riedlistrasse 41, Weil am Rhein (D) Jacques Herzog & Pierre de Meuron 1981 1982 Im Garten einer 50er Jahre Villa steht das Fotostudio Frei, welches mit einem Verbindungsbau an den Altbau andockt. Das Fotostudio besteht aus einer Holzständerkonstruktion, die auf einem betonierten Untergeschoss steht. Durch das Zusammenfügen verschiedener Bauteile und deren unterschiedlichen Materialien entstehet ein Gebäude- und Material- Collage, die im Bezug zur gewöhnlichen Architektur steht, aber auch als Ganzes eine starke Eigenständigkeit hat.

Literaturhinweis Mack, G. (1997). Herzog & de Meuron 1978 - 1988. Basel: Birkhäuser. Steinmann, M. (2003). Frome forte. Ecrits / Schriften 1972 / 2002. Basel: Birkhäuser.

Bild: Fotostudio; Blick vom Eingagshof. Aus: www.espazium.ch/genealogie--aldorossi-und-herzog--de-meuron (15.Oktober 2016).; Pläne: siehe Literaturhinweis

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Abb.1: Wohngebäude St. Alban-Tal 42, Ansicht von Westen, 2005

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Bautenkatalog Umbau des Industrie- Wohngebäudes in St. Alban-Tal 42 St. Alban-Tal 42, 4052 Basel Michael Alder 1984/1985 1986/1987 Das ehemalige Industrie- und Wohngebäude in St. Alban-Tal 42 wurde 1986-87 von Michael Alder saniert und beherbergt heute Familienwohnungen, Gemeinschafts- und Arbeitsräume. Nebst Teilen der Tragstruktur wurden auch die Gebäudehülle und das Erschliessungskonzept bei der Sanierung neu erstellt.

Literaturhinweis Ackermann, M. Huber, D. Lenherr Wenger, B. (2006). Umnutzung eines Industriegebäudes in Basel 1986/1987. In: Zophoniasson-Baierl, U. (Hrsg.), Michael Alder. Das Haus als Typ. Basel: Birkhäuser – Verlag für Architektur. Alder, M. (1990). Umbau Wohnhaus in Basel. In: Holz Bulletin. Umnutzen/Sanieren. Nr. 25, S. 339-342.

Abb.2: Querschnitt nach der Umnutzung

Bild:

Industriegebäude St.Alban-Tal 42, Gibelfassade vor der Umnutzung. Aus: Ackermann, Lenherr Wenger, 2006, S.86

Pläne:

Abb. 2-4: Industriegebäude St.Alban-Tal 42, Pläne nach der Umnutzung. Eigene Darstellung – nach: Alder, 1990, S. 340

228 Abb.4: Erdgeschoss nach der Umnutzung

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Abb.3: Regelgeschoss nach der Umnutzung


Ostfassade 2016

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Bautenkatalog Wohnhaus in Itingen Hinter den Gärten 23, 4452 Itingen Michael Alder (1940 – 2000) 1983 1984 Das Wohnhaus in Itingen gilt als eines der einfachsten Häuser von Michael Alder, formal sowie auch konstruktiv. Selbstbewusst und auf das Notwendigste reduziert, steht es zwischen den kaum noch traditionsbezogenen Einfamilienhäusern. Das einfache Haus schafft die Verbindung zu den gartenseitigen Schopfbauten im alten Dorfkern. Auf die Einfachheit wird aussen mit der rohen Holzverschalung hingewiesen. Diese nimmt die Sprache der traditionell bäuerlichen Bauweise des Dorfes auf. Wände aus unbehandeltem Mauerwerk formen im Innern die räumliche Atmosphäre. Regelmässig angeordnete Öffnungen, die alle dieselbe Grösse aufweisen, erzeugen eine Gleichwertigkeit der Räume. Einzig die Orientierung der Öffnungen schafft eine Hierarchisierung im Innern des Hauses, jedoch ohne diese baulich zu unterscheiden. Bestrebt, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, verdeutlicht das Wohnhaus einen wichtigen Aspekt in Michael Alders Arbeit. Das Haus wird als Gerüst angesehen, das Leben in sich aufnimmt und durch dieses verändern lässt. Auf diese Weise befindet sich das Projekt in einem andauernden Prozess der nie abgeschlossen sein wird.

Literaturhinweis Zophoniasson-Baierl, U. (2006). Michael Alder Das Haus als Typ. Birkhäuser – Verlag für Architektur. Basel.

Bild: Andri Marugg 2016 Pläne: siehe Literaturhinweis

Grundrisse Sockelgeschoss, Erdgeschoss und Obergeschoss

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Literaturhinweis Steib, K. (1991). Museum für Gegenwartskunst Basel. In: Katalog der Emanuel Hoffmann-Stiftung Basel. Basel: Wiese Verlag Bild und Pläne: siehe Literaturhinweis

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Bautenkatalog Museum | Gegenwart St. Alban-Rheinweg 60 CH-4010 Basel Katharina Steib und Wilfrid Steib 1977 1980 Das Museum | Gegenwart ist eines der ersten europäischen Museen, das sich ausschliesslich der Ausstellung von zeitgenössischer Kunst widmet. Es gliedert sich in einen fünfeckigen Neubau und den umgebauten Teil der ehemaligen Papierfabrik am Rhein. Die beiden Volumen sind über eine Glaspasserelle miteinander verbunden. Zwei identische Treppenhäuser und grosszügige Verglasungen, ermöglichen nicht nur einen abwechslungsreichen Rundgang durch die Ausstellung, sondern auch vielfältige Ausblicke auf die Umgebung des St. Alban Tals. 2005 wurde es durch den ehemaligen Mitarbeiter des Architekturbüros Steib + Steib, Urs Gramelsbacher, renoviert.


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Bautenkatalog «|,«,:-..ss,:,.,,,:, Wohn- und Geschäftshaus Spalenvorstadt 11 in 4051 Basel Ueli Marbach, Arthur Rüegg «¦ ¦¦ 1981 1984-1985 ¦

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Das Gebäude ist in seinem symmetrischen Ausdruck stark duch die Feuerwehreinfahrt geprägt. Diese örtliche Gegebenheit bestimmt die Grundrisse der Wohnungen im Innern auf allen Geschossen. sm^vZ fr sm^vZ fr Strassenseitig reiht sich das Gebäude in die Fluchten der Nachbarhäuser ein und übernimmt deren angrenzende Höhen und Materialität. Im Innenhof orientiert sich das Haus mit verschiedenen Elementen am Hofcharakter. Die überbreite und tiefe Parzelle wurde städtebaulich *f .«:«-«-«= geschlossen.

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Literaturhinweis

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nenseite wurde natürlich verputzt. 1/2/1986 Nr. Bauen+Wohnen Marbach U. RüeggWerk. A.Bauen+Wohnen (1986). Werk. sich auch für die Innen¬ Damit Baulücke:ergibt Wohn- und Geschäftshaus räume eine situationsbezogene Diffe¬ Spalenvorstadt 11 in Basel. renzierung der Fassaden (Strassen¬

Bauen + Wohnen. fassade mitWerk, Sperrholztäfer).

1986 (73), 4-7.der Die weitere Abklärung Frage, ob sich der Bezug des neuen Hauses zur Tradition in einer bloss Verputz vor Ver¬ zen. Die Glashaut, «stilistischen» Bilder: Werk, oder Bauen +«morphologi¬ Wohnen; schen» chnittenen Flächen Anpassung erschöpfe oder ob Pläne: siehe Literaturhinweis als Kontrast zur auch «strukturelle» oder «typologi¬ sche» Merkmale der Situation aufge¬ erwerkes; um sie nommen wurden, lässt sich nur an¬ t erscheinen zu las¬ e Schaufensterkon¬ hand des innern Aufbaus vollziehen. Die Nummer 11 ist allerdings ein päten 19. Jahrhun¬ Sonderfall in der Spalenvorstadt, en und mit gerun¬ n ein Fensterprofil nicht nur wegen der alles bestimmen¬ uch eine Dreifachden Durchfahrt der Feuerwache, son¬ men kann. dern auch wegen der grossen Parzel¬ turalistische» Ver¬ lenbreite, welche dem Typus des mit¬ neller Materialien telalterlichen Hauses nicht ent¬ ofseite fortgesetzt. spricht. Diese beiden Umstände be¬ stimmen denn auch weitgehend die um das Schliessen hen Gassenwand, Grundrisse, zusammen mit der gros¬ Aufnehmen und sen Tiefe des Grundstückes. Die beiden parallelen Mauer¬ Hofcharakters, der scheiben der Durchfahrt zeichnen mannigfache Aus¬ sich in allen Geschossen ab. Auf den ürme und Balkon¬ FH Zentralschweiz ft in Holzbau oder Obergeschossen entstehen so gross¬ . zügige Wohn- und Arbeitsräume.

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Grundrisse UG bis 4. OG

Wohnraum gegen die Strasse

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Sicht von dem Heuwaage-Viadukt auf das Bürogebäude Steinentorberg.

Vertiefungsarbeit Objekt Adresse Architekt Planungsbeginn, Realisierung Kurzbeschrieb

Bautenkatalog Bürogebäude Steinentorberg Steinentorberg/ Innere Margarethenstrasse, Basel Diener & Diener 1984-1990

Der Standort des Bürogebäudes ist geprägt durch die aus den 1920er Jahren stammende Markthalle und dem in den 1960er Jahren gebauten Heuwaage-Viadukt. Durch den Bau dieses Viaduktes entstand die besondere Form der dreieckigen Parzelle. Die Rundung am Eck des Grundstückes verbindet die beiden in der Höhe unterschiedlich ausgebildeten Fassaden und lässt den Baukörper als ein Volumen erscheinen. Der roteingefärbte Betonsockel hebt sich vom Rest der Fassade aus vorfabrizierten Steinen aus grünem Beton ab. Im Sockelbereich sind grosse offene Räume entstanden, in den fünf Geschossen darüber befinden sich Büroräume.

Literaturhinweis Jehle-Schule Strathaus U., Steinmann M. (1991). Diener & Diener. Basel: Wieser Verlag.

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D.R., G.A. (1991). Darstellende Geometrie: Geschäftshaus in Basel Projekte für das Richti-Areal in Wallisellen. In: Werk. Bauen + Wohnen, 7/8, S. 28-41.

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Bild: Aus: Abram J., Diener R., von Fischer S., Steinmann M., Szymczyk A. (2011). Diener & Diener. London: Phaidon Press Limited. Pläne: siehe Literaturhinweis

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Vertiefungsarbeit Objekt Adresse Architekt Planungsbeginn Realisierung Kurzbeschrieb

Bautenkatalog Wohnhäuser St.Alban-Tal St. Alban-Rheinweg 96 Diener & Diener 1981 1981-1986 Die beiden Wohnhäuser stehen im historischen Gewerbequartier St.Alban-Tal an einem Kanal. Sie ersetzen ein altes Mühlenpaar, das vor dem Abbruch der Papierproduktion gedient hat. Die Häuser schliessen eine empfindliche Lücke in der Struktur der St. Alban-Vorstadt. Die gerichteten Baukörper sind mehrschichtig ausgebildet. Wie die gewerblichen und frühindustriellen Bauten des Mittelalters und des 19. Jahrhunderts im St. Alban-Tal folgen sie einfachen morphologischen Regeln. Diener & Diener greifen gezielt Elemente aus der Umgebung auf und überführen diese in die Sprache der klassischen Moderne. Ein weiterer charakteristischer Punkt des Projekts ist die starke Differenzierung der jeweiligen Fassaden.

Literaturhinweis Rüegg, A. (1998). Diener und Diener. Wohnhäuser St.Alban-Tal . Zürich: ETHZ Lehrstuhl Prof. Arthur Rüegg. Jehle-Schulte Strathaus, U. (1983). Tradition der Moderne in der Gegenwart. Werk, Bauen+Wohnen, Band 70, Heft 12, S. 52-61.

Bild: Aus: http://dienerdiener.ch/de/project/ residential-buildings-st-alban-tal (Abgerufen 12.10.16). Pläne: siehe Literaturhinweis

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Bautenkatalog Wohnhaus Hebelstrasse Hebelstrasse 11, Basel Herzog & de Meuron 1984 (Wettbewerb) 1987-1988 Das Wohnhaus steht im Hinterhof eines mittelalterlichen Stadtgevierts aus dem 13. Jahrhundert. Es verlängert einen bestehenden Gebäudeflügel, welcher in den Hof greift, und schmiegt sich an die vorgefundene Scheidemauer.1 Im historischen Kontext verortet es sich, indem es Bezug zu den hölzernen Stallungen und Remisen nimmt, wie sie früher oft in städtischen Hinterhöfen vorkamen. Die gedrechselten Eichenholzsäulen, welche zwischen die balkonartigen Loggien gespannt wurden, treten als expressivstes Element der Fassade auf und fassen einen Luftraum.2 Dieser immaterielle Raum vermittelt zwischen Aussenraum und Innenraum und wirkt wie ein Filter der die privaten Wohnräume vom offenen Hofraum schützt.

Literaturhinweis Mack, Gerhard (Hrsg.): Herzog & de Meuron 1978–1988. Das Gesamtwerk Band 1. Basel 1997, S.108–119 1

Steinmann, Martin: Das!. Zu zwei neuen Werken. In: Werk, Bauen + Wohnen 9/1989, S. 44–68

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Situation

Bild: Mack 1997, S. 108 Pläne: Mack 1997, S. 111

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Bautenkatalog Wohnüberbauung Hammer I Bläsiring Basel Diener & Diener 1978 1978-81 Die Wohnüberbauung Hammer I umfasst etwas mehr als die Hälfte eines Strassengevierts. In Analogie zu traditionellen Blockrandbebauungen mit einem Wohnhaus an der Strasse und einem kleineren Gewerbehaus im Hof, begrenzt eine Zeile zweigeschossiger Atelierbauten einen Wohnhof, der von einem fünfgeschossigen U-förmigen Häuserblock umgeben ist. Eine Allee führt zwischen den alten Gewerbebauten und den neuen Ateliers mitten durch das Geviert und verbindet den halböffentlichen inneren Raum mit dem Quartier ausserhalb der Parzelle.

Literaturhinweis

Abb. 14. Das Qu dem Ind Üb Ha

Steinmann, M., Jehle-Schulte Strathaus, U. (1991). Diener & Diener, Projekte 19781991. Basel: Wiese. Bild: siehe Literaturhinweis Pläne: siehe Literaturhinweis

Abb. 19. Grundriss 2.-4. OG der Überbauung Hammerstrasse

1 Vorraum 2 Wohnen 3 Küche 4 Bad 5 Zimmer 5

Abb. 15. Sch Blo 5

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Innenhof der Siedlung Vogelbach

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Literaturhinweis Zophoniasson-Baierl U. (2006). Michael Alder. Das Haus als Typ. Basel: Birkhäuser. Sparsamkeit als Angemessenheit = L‘économie de rigueur = Thrift as an appropriate measure. Werk, Bauen + Wohnen. 1993. 3. S. 8-17

Bautenkatalog Wohnsiedlung „Vogelbach“ Friedhofweg, 4125 Riehen Michael Alder 1989-1992 Am Ortsrand der Gemeinde Riehen des Kantons Basel- Stadt befindet sich die im Jahr 1992 errichtete Wohnüberbauung „Vogelbach“ des Architekten Michael Alder. Inmitten der überwiegend offenen Struktur zwischen der Stadt Basel und der dörflichen Gemeinde Riehen wurde eine zunehmend städtische Dichte entwickelt, ohne die für Bewohner wichtige Architekturqualität zu vernachlässigen. In der gesamten Bebauung wurden zwei Wohnungstypen realisiert: Die Maisonettewohnungen im Süden der Parzelle ermöglichen durch ihre horizontale Anordnung verschiedene Erweiterungsmöglichkeiten. Sie besitzen neben dem halbprivaten Aussenraum einen eigenen, direkt anschliessenden Garten, welcher als Wohnraumerweiterung genutzt werden kann. Die Geschosswohnungen werden über die horizontale Anordnung ausgebildet. Sie werden im Gegensatz zu den im Erdgeschoss liegenden Maisonettewohnungen und den über den Laubengang im 2. Obergeschoss liegenden Studios und 2- Zimmerwohnungen durch ein innenliegendes Treppenhaus erschlossen. Die Zimmer der Geschosswohnungen selbst werden intern über einen Eingangsbereich, welcher in einen der Fassade anliegenden, verbreiterten Gang übergeht, erschlossen. Die Zimmer sind westlich, der Wohnraum zweiseitig orientiert und letzterer ist direkt mit der jeweiligen Terrasse verbunden. Diese nutzungsorientierte, aber dennoch lokal verankerte Architektur von Michael Alder ermöglicht einen flexiblen Grundriss, der auch in der heutigen Zeit Anklang findet.

Bild oben: Franz Horvath, 2012 Bilder unten: Svenja Dürr, 2016 Plan Grundriss: Zophoniasson-Baierl U. (2006). Michael Alder. Das Haus als Typ. Basel: Birkhäuser. S. 100

Erdgeschoss in Situation

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Blick auf die Terrassen der Geschosswohnungen

Erschliessungskorridor im Erdgeschoss

Sicht auf die Eingänge der Maisonettewohnungen


Südfassade mit Loggia und Laube.

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Bautenkatalog Wohnhaus in Bottmingen Kirschbaumweg 27 in 4103 Bottmingen (BL) Michael Alder 1986 1987-1988 Das Wohnhaus in Bottmingen ist ein von Michael Alder weiterentwickelter Grundtypus, indem er seine Untersuchungen an ruraler Architektur einfliessen liess. Das vornehme Einfamilienhaus besticht durch eine gelungene Kombination von Funktion, Konstruktion mit Ästhetik und wirkt heute noch schlicht, elegant und dauerhaft.

Literaturhinweis Zophoniasson-Baierl U. (2006). Das Haus als Typ. Basel: Birkhäuser-Verlag.

Erdgeschoss mit Umgebung

Bild: André Zimmermann Pläne: siehe Literaturhinweis

Obergeschoss

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Querschnitt


Blick aus der Allschwilerstrasse Richtung Süd- und Westfassade

Vertiefungsarbeit Objekt Adresse Architekt Planungsbeginn Realisierung Kurzbeschrieb

Literaturhinweis Disch, Peter; Steinmann, Martin: Architektur in der Deutschen Schweiz 1980-1990. Lugano: ADV Advertising Company e Publishing house SA, 1991. Jehle-Schulte, Ulrike; Steinmann, Martin: Diener & Diener - Bauten und Projekte 1978 - 1990. Basel: Wiese Verlag, 1991. Bild: siehe Literaturhinweis Pläne: http://www.homegate.ch/ (https://goo.gl/bcfiDa)

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Bautenkatalog Wohnhaus Allschwilerstrasse Allschwilerstrasse 106 Diener & Diener Architekten 1984 1986 Das Wohnhaus liegt auf einem trapezförmigen Grundstück unmittelbar am Rand der französischen Bahntrasse. Das besondere Augenmerk ist ein massiv gerastertes Trapez auf der Westfassade, das auffallend an den Brutalismus der Moderne erinnert. Das Gebäude verfügt über zwei Arten des Wohnungsbaus. Alle Wohnungen erstrecken sich zwischen der Allschwilerstrasse und dem Hof, was Süd- und Nordorientierung für die Räume bringt. Die ersten drei Obergeschosse öffnen sich mittels trapezförmiger Loggien an der Südfassade. Die fünf Maisonette-Wohnungen, welche sich vom vierten Obergeschoss bis zur Dachterrasse erstrecken, sind über zwei Geschosse verglast. Das Gebäude ist massiv ausgeführt, besteht aus verputztem Mauerwerk und rohem Beton.


Vertiefungsarbeit Objekt Adresse Architekt Planungsbeginn Realisierung Kurzbeschrieb

Bautenkatalog Wohnhaus mit Bankfiliale Burgfelderplatz, Basel Diener & Diener 1982-85 Das Haus reagiert stark auf die unterschiedlichen Bezüge zur Stadt. Es liegt an einer dicht befahrenen Kreuzung im Nordwesten der Stadt Basel. Die Aussenwand des Gebäudes am Platz ist gewölbt und schirmt als vorangestellte Schale die Wohnungen von der verkehrsbelasteten Situation ab. Die Fassaden sind mit unterschiedlichen Öffnungen nach der besonderen Städtebaulichen Situation ausgerichtet. Im Erdgeschoss mit Eingang am Platz befindet sich die Bank. Der Eingang zum Wohnhaus befindet sich an der Strasse. In jedem Obergeschoss gibt es zwei grössere und eine kleinere Wohnung. Das Gebäude ist als Massivbau ausgeführt. Aussen ist es verputzt mit Ausnahme der Scheibe zum Platz, die in silbergrau gestrichenem Beton ist.

Literaturhinweis Steinmann, M., Jehle-Schulte Strathaus, U. (1991). Diener & Diener, Projekte 1978-1991. Basel: Wiese.

Bild und Pläne: siehe Literaturhinweis

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