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ECHTE WALDPROFIS

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WOOD COUTURE

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PICHL KANN WALD

Axt, Zugsäge und Brennsterz waren gestern. Heute werden in der Forstlichen Ausbildungsstätte Pichl im Mürztal echte Waldprofis mit umfangreichem Wissen über Wald und Natur ausgebildet. Die Türe steht aber auch allen Waldinteressierten offen.

FOTOS: ROMAN MUSCH, ADOBE STOCK, BEIGESTELLT

„Unser breites Kursangebot orientiert sich am Bekenntnis zu einer ökosozialen Waldwirtschaft.“

STEFAN ZWETTLER

Leiter der Abteilung Forst und Energie in der LK Steiermark

Was darf man sich unter dem Slogan „Pichl kann Wald“ vorstellen?

Stefan Zwettler: Die Landwirtschaftskammer Steiermark betreibt seit 75 Jahren im Schloss Pichl, in St. Barbara im Mürztal, eine forstliche Ausbildungsstätte. Der angeschlossene 350 Hektar große Waldbesitz wird als Lehr- und Versuchsforst genutzt. Durch die Arbeit mit dem Wald im Echtbetrieb verfügt unser Lehrpersonal über ein umfangreiches praktisches Fachwissen, das wir mit Engagement und Begeisterung an unsere Kursteilnehmer:innen weitergeben. Unsere internationalen Kontakte und Projekte gehen über den europäischen Raum hinaus und reichen bis Japan.

Was ist Ihnen im Zusammenhang von Wissensweitergabe und Wald besonders wichtig?

Stefan Zwettler: Man muss den Wald beobachten und die vielfältigen Zusammenhänge verstehen lernen. Der Wald ist Lebensraum, Hort der Artenvielfalt, erfüllt wichtige Funktionen, schützt vor Naturgefahren, liefert den natürlichen Rohstoff Holz und ist dem Klimawandel ausgesetzt. Mit der Bewirtschaftung der Wälder gestalten wir Vielfalt, schaffen Einkommen, schützen Eigentum, sichern Ökosystemleistungen, gestalten den Lebensraum für Wildtiere u. v. m. Um diese Vielfalt unter einen Hut zu bekommen, lehren und vertreten wir eine klimafitte ökosoziale Waldwirtschaft. Im Zusammenhang mit dem Klimawandel ist die richtige Baumartenwahl bei der Aufforstung ein besonderer Ausbildungsschwerpunkt.

Das Interesse am Wald nimmt zu, lässt sich das mit Zahlen belegen?

Stefan Zwettler: Im Schnitt nehmen pro Jahr rund 3.500 Personen an unseren Aus- und Weiterbildungsprogrammen teil. Darunter finden sich Schulkinder und Fachschüler genauso wie Männer und Frauen aus den verschiedensten Berufsgruppen wie Forstpersonal, Arbeitskräfte, Waldeigentümer:innen, Lehrer:innen, Akademiker:innen, Personen mit wissenschaftlichem Hintergrund und/oder Interesse am Wald. Rund 1.000 Personen werden zum Thema „Sichere Waldarbeit“ im Umgang mit Motorsäge und Arbeitsgeräten geschult.

Welche Berufsmöglichkeiten eröffnen sich mit einer Ausbildung in der FAST Pichl?

Martin Krondorfer: Wir führen im Auftrag der Lehrlings- und Fachausbildungsstelle Steiermark einerseits die Facharbeiter:innenausbildung für die Bereiche Forst, Forstgarten-, Forstpflege

AUSBILDUNGSDATEN PRO JAHR

3.500 Kursteilnehmer:innen, 18 % Frauenanteil 200 Veranstaltungen rund um den Wald 140 Forstfacharbeiter:innen 20 Forstwirtschaftsmeister:innen 1.000 Teilnehmer:innen zur sicheren Waldarbeit Onlineplattform „Digitaler Waldmontag“ 3.500 Personen

Weitere Infos unter www.fastpichl.at

und Biomasse durch. Andererseits ist aufbauend auf diese Ausbildungsmöglichkeit die Weiterqualifizierung zum/r Meister:in der Forstwirtschaft möglich. Die Ausbildungsformen zum/r Forstfacharbeiter:in findet auf dem zweiten Bildungsweg statt, das heißt neben einer branchenfremden oder -nahen Ausbildung kann nach einer dreijährigen praktischen Tätigkeit im Wald diese Ausbildung innerhalb von fünf Wochen abgeschlossen werden. Die Meisterausbildung in der Forstwirtschaft dauert elf Wochen und bildet das Rüstzeug zur eigenständigen Bewirtschaftung von Forstbetrieben bis 1.000 Hektar. Die Ausbildung zum Forstschutzorgan ist in der Meisterausbildung integriert.

Weiterbildung für alle am Wald Interessierte?

Martin Krondorfer: Das Erkennen von Pilzen, die Verwendung von Kräutern, die traditionelle Verarbeitung von Holzprodukten zu Schindeln, Bundzäunen und Rundholzbauten ist eine der Weiterbildungsschienen. Das lebenslange Lernen ist auch für den „Waldprofi“ wichtig. Neue technische Entwicklungen, die Themen Unfallverhütung, neue digitale Planungsgrundlagen und die Anpassung an den Klimawandel fordern auch gut ausgebildete Waldbesitzer:innen oder deren Angestellte.

Die Jugend für den Wald begeistern, gibt es dazu Möglichkeiten?

Martin Krondorfer: Die Ausbildung von qualifizierten Waldpädagog:innen bildet bei uns einen besonderen Schwerpunkt. Jährlich werden circa 40 Frauen und Männer in einem Zertifikatslehrgang ausgebildet. Die umfangreichen Zusammenhänge von Wald als Lebensraum für Tier und Pflanzenarten bis hin zur nachhaltigen Holznutzung können so mit Herz, Hand und Hirn an die unterschiedlichsten Zielgruppen von Jung bis Alt weitergeben werden.

Frauen und Waldwirtschaft, gibt es dazu einen Bezug?

Martin Krondorfer: Vor 20 Jahren war der Frauenanteil in der Aus- und Weiterbildung an der FAST Pichl verschwindend gering. Das hat sich Gott sei Dank verändert. Durch verschiedenste Programme wie etwa die Waldspaziergänge, Wald in Frauenhänden, Fem4Forest konnte der Frauenanteil bis dato auf circa 18 % gehoben werden. Waldwirtschaft, auch wenn es auf den ersten Blick harte Arbeit im Wald bedeutet, ist nicht mehr nur der Männerwelt vorbehalten. Frauen, die mit der Motorsäge Bäume fällen, mit einem Forsttraktor Holz zur Straße rücken oder Krananhänger bedienen, sind heute keine Seltenheit mehr.

„Die Transmission von theoretischem Wissen in die praktische Umsetzung macht uns als Bildungshaus besonders interessant.“

MARTIN KRONDORFER

Leiter der FAST Pichl

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