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LAND DER WALDBESITZER:INNEN
LAND DER
WALDBESITZER:INNEN
Fast 40.000 Waldbesitzer:innen gibt es in der Steiermark – viele davon Privatpersonen. Diese haben Rechte und Pflichten. Welche das sind und warum die Einhaltung der Pflichten auch Einfluss auf den Klimaschutz hat, erklären wir hier.
TEXT: LISSI STOIMAIER, FOTOS: THOMAS LUEF, LANDWIRTSCHAFTSKAMMER STEIERMARK, LANDESFORSTDIREKTION , SHUTTERSTOCK
Der Wald als Lebens- und Erholungsraum: Nora Wurzer mit ihren Kindern Annika und Julian in ihrem eigenen Wald M anchmal kann es schnell – und auch ungeplant – passieren und plötzlich ist man durch ein Erbe oder durch den Erwerb eines Grundstückes, zu dem ein Wald gehört, im Besitz eines Stückchen Waldes. Prinzipiell eine schöne Sache, sind Wälder doch wunderbare Naherholungsgebiete, Kraftorte und Lebensräume für Tiere. Was vielen aber nicht bewusst ist: dass mit dem Besitz auch wichtige Rechte und Pflichten einhergehen. Denn Wälder sind noch viel mehr: nämlich Wirtschaftsfaktor und Klimaschützer, daher gehören sie gepflegt.
In der Steiermark, dem wald reichsten Bundesland Österreichs, gibt es fast 40.000 Waldbesitzer:innen. Ein Groß teil davon Kleinwaldbesitzer:innen wie Familie Wurzer. Mit dem Kauf ihres Grundstückes in der Oststeiermark wurden auch sie stolze Eigentümer eines Waldes, der zum Grundstück dazugehört. 1,5 Hektar voller Bäume, Herausforderungen und Chancen.
KLEINER WALD, GROSSE VERANTWORTUNG
Mit Begriffen wie Waldpflege, Baumernte oder Aufforstung hatte die Familie davor nichts zu tun, aber ganz nach dem Motto „Learning by Doing“ haben sich Nora und Philipp Wurzer an das Abenteuer Wald gewagt. Anfängliche Unterstützung bekamen sie dabei von Forstexpert:innen sowie Bekannten, die bereits länger im Besitz eines Waldes waren. Die Forstabteilung der Landwirtschaftskammer Steiermark, der Waldverband oder Forstbetriebsgemeinschaften sind beispielsweise Anlaufstellen, an die sich Privatpersonen mit Fragen wenden können.
„Wir nutzen unseren Wald oft zum Spazierengehen mit den Kindern und zum Erkunden der Natur. Wir sind uns aber auch unserer Rolle, den Wald richtig zu nutzen und zu pflegen, sehr bewusst“, erklärt Nora Wurzer. Und das machen sie mit großer Leidenschaft. Mittlerweile hat sich die Familie auch technisch aufgerüstet, um sich die Arbeit im Wald zu erleichtern. Mit dem eigenen Traktor sowie einer Forstseilwinde können so umgestürzte Bäume leichter entfernt werden. „Es ist unsere Aufgabe, den Wald langfristig gesund zu halten, damit dieser stabil bleibt, den Klimaanforderungen gewachsen ist und den Wert behält. Und diese Aufgabe nehmen wir sehr ernst“, ergänzt Nora Wurzer.
FÜR DIE GENERATIONEN NACH UNS
Ferdinand Attems kennen viele durch seine Tätigkeit als Rechtsanwalt in seiner Kanzlei in der Grazer Weinzöttlstraße. Besprechungen, Verhandlungen und Termine stehen bei ihm auf der Tagesordnung. Mit Forstarbeit im Wald bringen ihn nur wenige in Verbindung. Dabei ist das neben der Juristik seine zweite große Leidenschaft. Schon als Kind konnte er im Familienbetrieb „Forstverwaltung Attems“ erste Erfahrungen in dem Bereich sammeln. Heute verantwortet er gemeinsam mit seiner Mutter ein Waldfläche von rund 330 Hektar im Norden von Graz – ein großer Wald, der viele Aufgaben mit sich bringt. „Diese beginnen bei der regelmäßigen Kontrolle der Bestände und gehen über die Holzeinschlagsplanung bis zur Organisation des Abtransports sowie der Planung der Aufforstung.“ Um bestens dafür gewappnet zu sein, hat Attems neben dem JusStudium die Ausbildungen zum landwirtschaftlichen Facharbeiter beziehungsweise zum Meister der Forstwirtschaft sowie die Ausbildung zum Aufsichtsjäger gemacht „Mein Wissen rund um den Wald lässt sich ideal mit meinem Job als Rechtsanwalt verbinden. So werde ich immer wieder aus ganz Österreich bei rechtlichen Fragen rund um den Forst, Holzlieferverträge oder Jagdrecht kontaktiert.“
Als zweifacher Vater ist es Attems vor allem wichtig, den Wald nachhaltig zu bewirtschaften. „Wälder sind einfach Alleskönner. Sie sind Wirtschaftsraum, Lebensraum und Klimaschützer. Daher gilt es diese heute schon für die nachkommenden Generationen zu erhalten.“ Sooft es geht, genießt der Rechtsanwalt die Naturverbundenheit gemeinsam mit seiner Familie. „Im Wald unterwegs zu sein, ist der beste Ausgleich zur Hektik im Alltag. Wer das nicht glaubt, dem empfehle ich, es einfach einmal auszuprobieren.“
Der Wald ist für Rechtsanwalt Ferdinand Attems ein Wirtschaftsfaktor, aber auch Ort, wo er gerne Zeit mit seiner Frau Barbara und den Kindern Sophia und Leopold verbringt.
EIGENTUM VERPFLICHTET
Familie Wurzer und Ferdinand Attems – zwei Beispielen von vielen Beispielen privater Waldbesitzer:innen, die sich mit viel Einsatz um ihre Flächen kümmern. Und es werden immer mehr. Denn das steirische Waldgebiet nimmt jedes Jahr um eine Fläche von
INITIATIVE WALDSTARK
Der Aufwand der Bewirtschaftung schreckt viele Kleinwaldbesitzer davon ab, sich näher mit den Aufgaben rund um die Forstwirtschaft auseinanderzusetzen. Die Initiative Waldstark unterstützt Waldbesitzer bei der richtigen Bewirtschaftung ihres Waldes. Mit gezielter Beratung soll der „grüne Schatz“ zukunfts- und klimafit gemacht werden.
Unterstützung für Waldbesitzer
Sie haben Fragen zu forstlichen Themen oder brauchen Beratung bei der Aufforstung:
stmk.lko.at/forst
Beratung zu rechtlichen Fragen erhalten Sie unter:
agrar.steiermark.at
Zum Thema am Laufenden bleiben Sie unter: www.waldstark.at Josef Krogger, Forstreferent der Landwirtschaftskammer Steiermark
rund 800 Fußballfeldern zu. Allen NeoWaldbesitzern stehen auch die steirischen Försterinnen und Förster beratend zur Seite. So wie die Teams der Landesforstdirektion und der Landwirtschaftskammer Steiermark. „Es ist wichtig, dass sich Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer, aber auch Waldnutzer ihrer Verantwortung bewusst sind – ihrer Verantwortung gegenüber dem Naturraum und dem KlimaschutzFaktor, den der Wald mit sich bringt, aber auch gegenüber der wirtschaftlichen Komponente. Der Wald als Arbeitsplatz und Quelle einer nachwachsenden Ressource gehört geschützt“, erklärt Forstreferent Josef Krogger. Er unterstützt gemeinsam mit seinen Kolleginnen und Kollegen von der Forstabteilung der Landwirtschaftskammer Steiermark alle, die selbst (noch) kein Fachwissen zum Thema Waldpflege haben, und weiß genau, was die ersten Schritte sind, wenn man plötzlich in den Besitz eines Waldes kommt.
STEP BY STEP
„Schritt 1 wäre die Ermittlung der genauen Grenzen. Wenn Sie einen Wald gekauft oder geerbt haben, gilt es, zuerst herauszufinden, wo die Waldfläche liegt und wo die genauen Grenzen sind. Dazu empfiehlt es sich, die Einlagenzahl und die Grundstücksnummer Ihres Waldes herauszufinden. Diese können Sie bei Ihrem Notar, beim Gemeindeamt – dort, wo das Waldstück liegt – oder beim zuständigen Bezirksgericht erfahren. Ein Grundbuchauszug ist dabei auch hilfreich“, rät der Experte. Der nächste Schritt wäre eine Erhebung des IstZustandes. Dafür kommen die Experten gerne vor Ort vorbei und begehen gemeinsam mit den Besitzern den Wald. Dabei sieht man sich genau den Status quo der Bäume an. Sind sie gesund? Haben die Bäume genug Platz? Besteht Handlungsbedarf, ist jedoch die Arbeit der Forstarbeiter gefragt. „Wenn man selbst nicht Hand anlegen will, kann man sich Expertenunterstützung holen.“
Die geernteten Bäume werden dann weiter in Sägewerke, Papierfabriken oder Heizanlagen gebracht. Lässt sich damit Geld verdienen? „Ja! Einrichtungen wie das Sägewerk zahlen für das Holz. Wird jedoch die Unterstützung von Forstarbeiten angefordert, müssen die auch dementsprechend entlohnt werden.“
Michael Luidold, Leiter der Landesforstdirektion
WAS DEN WALD STARK MACHT
Laut Landesforstdirektor Michael Luidold gibt es drei Säulen, die es braucht, um einen Wald stark zu machen.
Erstens: Vielfalt. „Die richtige Baumart am richtigen Standort und eine große Baumartenvielfalt streuen das Risiko und wappnen den Wald für die Herausforderungen des Klimawandels. So richten Stürme, Trockenheit und Schädlinge weniger Schaden an.“
Zweitens: Pflege. „Mit nachhaltiger Pflege bleibt der Wald gesund und wird klimafit. Pflege bedeutet, das ökologische Gleichgewicht des Waldes in Balance zu halten, damit gesunde Bäume gedeihen können, Schädlinge keine Chance haben und das Ökosystem dem Klimawandel gewachsen ist.“
Und drittens: Holzverwendung. „Holz aus heimischen Wäldern zu verwenden, schützt das Klima und fördert die Gesundheit. Wird Holz beispielsweise für Möbel oder Gebäude genutzt, bleibt das CO2 langfristig im Holz gebunden und ‚entlastet‘ in diesem Zeitraum die Atmosphäre.“
ÜBERBLICK – RECHTE UND PFLICHTEN ALS WALDBESITZER:IN
Wann ist ein Wald ein Wald?
Erst eine Fläche von über 1.000 Quadratmetern, die mit Waldbäumen bewachsen ist, zählt man als Wald. Ein durchschnittlich großes Fußballfeld im Vergleich hat 7.000 Quadratmeter. Darüber hinaus muss ein Wald im Durchschnitt mindestens 10 Meter breit sein und es müssen darin typische Waldbäume wie etwa Fichten oder Buchen stehen.
Welche Gesetze betreffen einen?
Viele Menschen, die einen Wald erwerben oder erben, wissen gar nicht, welche Pflichten und Rechte sich daraus ergeben. Denn als Waldbesitzer:in unterliegt man automatisch dem Forstrecht, das in Österreich durch das Forstgesetz geregelt ist.
Muss man im Wald neue Bäume pflanzen, wenn man Holz erntet?
Ja, Waldbesitzer:innen müssen dafür sorgen, dass für jeden Baum, der geerntet wird, mindestens ein neuer Baum nachwächst. Dies geschieht entweder durch Aufforstung oder durch Naturverjüngung. Bei einer Naturverjüngung werfen die Bäume, die bereits im Wald stehen, ihre Samen ab und so können neue Bäume wachsen.
Was sollte man bei Schädlingen tun?
Wenn man als Waldbesitzer:in im Wald eine größere Menge an Forstschädlingen entdeckt, wie etwa Bäume, die vom Borkenkäfer befallen sind, muss man das der Behörde melden, denn die Schädlinge bedrohen auch Nachbarwälder.
Auf was ist bei der Ernte zu achten?
Holz muss man so ernten, dass der Waldboden und andere Bäume möglichst wenig beschädigt werden. Wenn während der Holzernte für andere Menschen eine Gefahr bestehen könnte, müssen Waldbesitzer:innen außerdem Sperrtafeln, auf denen „Forstliches Sperrgebiet“ steht, aufstellen.
Darf man das Holz über fremde Waldteile abtransportieren?
Waldeigentümer:innen sind berechtigt, Holz auch über fremden Boden zu transportieren und dieses dort im Bedarfsfall auch zu lagern. Über die Notwendigkeit und die Art und Weise der Bringung sollten sich dabei beide Parteien einig sein.
Wer darf meinen Wald betreten?
Jede:r darf den Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort frei aufhalten. Dies betrifft auch Waldgelände abseits von Wanderwegen und Forststraßen. Nicht betreten werden dürfen jedoch Waldflächen mit forstbetrieblichen Einrichtungen wie Forstgärten, Holzlager oder Ähnlichem.
Darf man in Wäldern radfahren und reiten?
Das Radfahren oder Reiten ist im Wald und auf Forststraßen nur auf eigens dafür gekennzeichneten Strecken erlaubt. Auch das Rodeln auf Forststraßen oder Waldflächen ist nur mit Zustimmung der Waldbesitzer:in erlaubt.
Darf ich in meinem Wald ein Lagerfeuer machen?
Die Entzündung eines Feuers im Wald oder in Waldnähe (Gefährdungsbereich) ist für unbefugte Personen verboten. Hierzu zählt auch das Wegwerfen von brennenden oder glimmenden Gegenständen wie Zigaretten oder Zündhölzern.
Wer kann den Wald für einen bewirtschaften?
Es ist wichtig, dass ein Wald stabil und gesund gehalten wird. Für alle, die selbst keine Zeit, kein Interesse oder kein ausreichendes Fachwissen haben den Wald selbst zu bewirtschaften, gibt es Vereinigungen und Organisationen, die diese Aufgabe übernehmen. Eine Liste mit Ansprechpartnern finden Sie unter
www.waldstark.at
Gibt es Förderungen für Waldbewirtschaftung?
Der Waldfonds der Republik Österreich bietet Förderungen für verschiedenste Maßnahmen rund um den Wald an, so auch für die Errichtung klimafitter Wälder. Dabei werden unter anderem Waldpflegemaßnahmen, Maßnahmen gegen Wildschäden und Maßnahmen zur Erhaltung und Verbesserung der genetischen Ressourcen des Waldes gefördert. Die Landwirtschaftskammer Steiermark (stmk.lko.at) hat in Kooperation mit der Landesforstdirektion Steiermark eine Fachbeilage rund um das Thema Förderungen im Forstbereich ausgearbeitet.