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CHURCH LADIES

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HEIDIS SIEGERTEAM

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FRAUENPOWER

Deesha Philyaw hat mit „Church Ladies“ ein eindrückliches Debüt abgeliefert. In ihren Geschichten geht es nicht um Hautfarbe und Rassismus, sondern um das universelle Streben nach Glück.

Text Uschi Scheidl

Deesha Philyaw erzählt von vier Generationen schwarzer Frauen und Mädchen, die für ihren Platz in der Welt kämpfen, mit dem moralischen Korsett hadern, in das sie gesteckt wurden, und wenigstens für kurze Zeit ihren Leidenschaften folgen. Sie alle leben ein zweites Leben im Verborgenen.

look!: Wann hatten Sie die Idee zu diesem Buch?

Deesha Philyaw: Vor etwa sechs oder sieben Jahren ermutigte mich meine Agentin, „Church Ladies“ zu schreiben. Es war ihre Idee. Sie hatte ein paar Geschichten gelesen, die ich geschrieben hatte, und sie dachte, ich könnte eine Sammlung um die Themen in diesen Geschichten aufbauen – schwarze Frauen, Sex und die schwarze Kirche.

Sie schreiben sehr direkt. War es schwierig, die Dinge beim Namen zu nennen?

Überhaupt nicht. Ich habe das Gefühl, dass es Zeitverschwendung ist, wenn ich mir ein Blatt vor den Mund nehme und nicht direkt bin. Ich bin dankbar, die Gelegenheit zu haben, Geschichten über Menschen und Orte zu schreiben, die mir wichtig sind, und ich möchte sie nicht verschwenden, indem ich nett tue oder mir Sorgen darüber mache, wer vielleicht nicht mag, was oder wie ich es geschrieben habe.

Sie schreiben nur über Schwarze. Warum?

Schwarze Menschen sind der fruchtbare Boden, aus dem ich gewachsen bin. Wir sind die Menschen, auf die ich am meisten neugierig bin und die ich am meisten beschütze. Der Dramatiker August Wilson sagte, und ich stimme zu: „Es gibt keine Idee auf der Welt, die nicht in schwarzen Leben enthalten ist. Ich könnte ewig über die Erfahrung der Schwarzen in Amerika schreiben.“

Haben Sie eine Lieblingsfigur in Ihrem Buch?

Das ist hart! Es ist, als würde man sein Lieblingskind auswählen. Wenn ich mich entscheiden muss, wähle ich Jael. Mit 14 wäre ich gerne so wie sie gewesen. Ehrlich und mutig. Eine Kämpferin.

Warum haben Sie die Kirchengemeinde als gemeinsamen Nenner gewählt?

Es gibt keine Geschichte ohne Konflikte, ohne dass etwas auf dem Spiel steht, und die Kirche ist ein fruchtbarer Boden für Konflikte und hohe Einsätze. In der traditionellen schwarzen evangelikalen Kirche gibt es das, was man die „unheilige Dreifaltigkeit“ nennt – Angst, Schuld und Scham. Sie haben Dogmen

CHURCH LADIES. Erzählungen, übersetzt von Sabine Roth und Elke Link, ars vivendi, 200 S., € 22,–.

und schädliche Binaritäten (Himmel oder Hölle, Madonna oder Hure). Es wird mit zweierlei Maß gemessen. Sie haben Heuchelei. Sie haben Skandale. Sie haben eine patriarchalische Führungsstruktur neben einer mehrheitlich weiblichen Gemeinde. Und Sie haben die Besessenheit der Kirche von sexueller Reinheit und der Kontrolle des sexuellen und reproduktiven Lebens von Frauen. Es gibt so viel Potenzial für Konflikte und Unordnung, so viele endlose Handlungsmöglichkeiten von Frauen, die versuchen, sich von diesen Zwängen zu

befreien, um durch ein nuancierteres, erfüllteres Leben zu navigieren.

Wie wichtig ist Religion in Ihrem Leben?

Sie ist nicht mehr wichtig, aber ich war ein Kirchenmädchen, bis ich 34 war. Ich identifi zierte mich bis dahin als Christin, aber ich fühlte nie die warme, verschwommene Verbindung zu Gott, die Christen nach den Grundsätzen des evangelikalen Christentums erfahren sollten. Ich habe Religion als Verpfl ichtung erlebt.

Wie viel Deesha ist im Buch?

Da sind Kerne von mir drin. Zum Glück hatte ich keine Mühe, aus dem „Kirchenschaden“ auszubrechen, wie es meine Charaktere tun; Das Schlimmste blieb mir erspart. Aber das übergeordnete Thema des Strebens, vollständiger, ehrlicher und freier zu leben, stammt defi nitiv aus meinen Lebenserfahrungen. Es gibt nicht den einen Charakter, der komplett ich bin. „Dear Sister“ ist wahrscheinlich die autobiografi schste Geschichte, aber sie ist immer noch Fiktion.

Ihr Stil ist manchmal sehr lustig. Begegnen Sie Herausforderungen oft mit Humor?

Humor zeigt sich organisch. Ich versuche niemals, ihn zu erzwingen. So viel vom Leben ist Lachen und Tränen Seite an Seite.

Was haben Sie von Ihrer Mutter oder Großmutter gelernt?

Sie lehrten mich, rücksichtsvoll, nachdenklich und großzügig zu sein. Was bringen Sie Ihren Töchtern gerne bei? Ich versuche ihnen beizubringen, mutig zu sein, Raum einzunehmen und sich selbst zu vertrauen und zu achten, immer. Sollte jede Frau ein geheimes Leben haben? Ja, aber die freche Art, die Art, die ein schlaues Lächeln auf dein Gesicht zaubert, wenn du darüber nachdenkst. Nicht die Art „Ich muss das verstecken, weil ich

ANGEKOMMEN. Deesha Philyaw schreibt seit Angst vor dem Urteil habe“. 20 Jahren, jetzt erst wurde ihr erster Roman verö ent- Haben Sie Vorbilder? licht. Der Sto wird sogar für das Fernsehen adaptiert. Ja! Kiese Laymon, Robert Jones Jr., Peachie Wimbush-Polk, Tessa Thompson, Eartha Kitt, Viola Davis, Toni Morrison, Jenny Lumet, Imani Perry und Florynce Kennedy. Und meinen Therapeuten! An welchem Thema arbeiten Sie gerade? An so vielen! Einer meiner Favoriten ist ein neuer Roman über die Frau eines Predigers.

aufdrehen!

ImPulsTanz –

Motorrad-Stunts, House-Dance und Schönheitswahn

Von 7. Juli bis 7. August zeigt das ImPulsTanz Festival wieder spannende Tanzstücke und Performances aus der ganzen Welt. Im Wiener Arsenal kann man in über 230 Tanz-Workshops selbst aktiv werden. Und in der Festival Lounge bietet das tägliche Musikprogramm Soçial den perfekten Abschluss für heiße Sommertage.

Schon bald verwandelt sich Wien wieder für einen Monat in den Mittelpunkt der Tanzwelt, wenn es heißt: Der ImPulsTanz-Sommer hat begonnen! In 20 Spielstätten gibt es heuer 54 Produktionen zu entdecken – von virtuosem Tanz, nervenaufreibendem StuntBallett und einem Anti-Musical ist alles dabei.

In Letzterem trifft man sich mit dem queeren bulgarischen Perfor–mance-Superstar Ivo Dimchev in einer Schwulenbar und wird dort erschossen. Das klingt erst mal hart. Aber dem bulgarischen Höllenperformer mit der Engelsstimme sei Dank gibt es in „In Hell with Jesus“ das Wunder der Wiederauferstehung und alle Erschossenen erwachen von den Toten, um 69 Fragen zu beantworten von „Was tut am meisten weh?“ bis „Oprah Winfrey oder RuPaul?“.

Ähnlich skurril wird es bei der gehypten südkoreanischen Performance-Künstlerin Geumhyung Jeong, die in ihrer Arbeit die verschwimmenden Grenzen zwischen Mensch und

SPA & BEAUTY.

Geumhyung Jeong erkundet unsere Schönheitskultur.

HOUSE-CLUB-STIMMUNG

verbreiten Potpourri Dance.

Maschine untersucht. In „Spa & Beauty“ lässt sie sich von Schönheits- und Körperpflegeprodukten inspirieren. In einer spielerischen Erzählung mit Bürsten, Schwämmen, Seifen und all den Objekten, mit denen wir täglich in Berührung kommen, lädt sie ein, unsere Vorstellungen von Schönheit, Intimität und Konsum zu überdenken.

Ein wenig brachialer geht es bei Florentina Holzinger zu. Die österreichische Erfolgschoreografin mit einem Faible für Kampf- und Extremsport inszeniert in „TANZ“ ein wildes StuntBallett mit Witz, vielen Überraschungen, einem Motorrad in den Lüften, Splatter, Pop und getanztem Wahnsinn.

Für alle, die es vermisst haben, bis morgens um 4 zu treibenden Beats durchzutanzen, laden die vier Performerinnen von Potpourri Dance – Farah Deen, Cat Jimenez, Olivia Mitterhuemer und Rosa Perl – in „4 A.M.“ in die Welt des House Dance ein. Beeinflusst von den afroamerikanischen und

IMPULSTANZ-LIEBLING:

Ivo Dimchev performt ein Anti-Musical.

LGBTIQ+-Communitys der frühen 80er Jahre in Chicago und New York lassen sie eine mitreißende Hommage an den House-Club entstehen als einen sicheren Ort, an dem gesellschaftliche Konventionen verschwinden.

SEHR BALD zu sechst

Sie wollten uns irgendwie vom Gegenteil überzeugen, aber sie sind es doch: ein Traumpaar. Denn gerade bei großen Lebensfragen halten die Musicalstars Marjan Shaki und Lukas Perman unaufgeregt zusammen.

Text Viktória Kery-Erdélyi Fotos Perman, Alex Lang, Isabella Abel

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