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QUO WALDIS?

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2030 möchte die EU ein Drittel der Wälder unter Schutz stellen – was das für die Forstwirtschaft bedeutet und wie das dem Klima helfen könnte, diskutieren Befürworter und Gegner der geplanten Waldstrategie äußerst kontrovers.

TEXT: JOSEF PUSCHITZ FOTOS: SHUTTERSTOCK, MM HOLZ, PROHOLZ STEIERMARK, RAGGAM PHOTOGRAPHY, BEIGESTELLT

„Von der EUWaldstrategie wäre die gesamte Wertschöpfungskette Holz massiv negativ betroffen.“

MARTIN HÖBARTH

Abteilungsleiter für Forst- und Holzwirtschaft in der Österreichischen Landwirtschaftskammer A m Wald als Kohlenstoffsenke scheiden sich die Geister: Auf der einen Seite stehen die Vertreter der Holzbranche, für die ein ungenutzter Wald dem Klima mehr schadet als nützt. Die gegenteilige Meinung vertreten Umweltschutz-Organisationen, die bei naturbelassenen Wäldern auch die Böden als CO2-Speicher mitzählen, und daher argumentieren, dass die Waldbewirtschaftung eingeschränkt gehöre. Aktuell scheinen diese Argumente bei der Europäischen Kommission besser anzukommen: Die EU-Waldstrategie 2030 sieht analog zur EU-Biodiversitätsstrategie vor, großflächige Unterschutzstellungen vorzunehmen. 30 Prozent der Landfläche – und damit vornehmlich Wald – wären davon betroffen, zehn Prozent sollen zudem dem strengsten Schutzkriterium unterliegen und gar nicht bewirtschaftet werden.

Ist der Zug damit abgefahren? Nicht zur Gänze, meint Martin Höbarth. Der Abteilungsleiter für Forst- und Holzwirtschaft in der Österreichischen Landwirtschaftskammer gilt als profunder Kenner der gesetzlichen Rahmenbedingungen und erläutert: „Die EU-Waldstrategie gibt den Fahrplan einer beabsichtigten, künftigen Entwicklung wieder, der für sich genommen nicht rechtsverbindlich ist. Allerdings enthält sie sehr viele Elemente, die über Verordnungen und Richtlinien rechtswirksam sein werden.“ Und diese Rechtsmaterien betreffen alle Mitgliedsstaaten direkt – insbesondere die Novelle zur Verordnung über Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft, die im Jahr 2018 vom Europäischen Parlament und vom Europäischen Rat verabschiedet wurde. Sie hat eine Art der Landbewirtschaftung zum Inhalt, die in der Praxis dazu führt, dass die Holzerntemenge deutlich reduziert werden soll. „Davon wäre die gesamte Wertschöpfungskette Holz massiv negativ betroffen“, sagt Höbarth.

LANGFRISTIG DENKEN

Der Forstexperte rechnet vor, dass aus den österreichischen Wäldern ein jährlicher Holzzuwachs von 22 bis 24 Millionen Erntefestmetern auch tatsächlich nachhaltig geerntet werden könnte. Es werden aber im langjährigen Schnitt nur rund 18 Millionen Erntefestmeter genutzt, die Wälder bauen laufend Vorrat auf. „Der Holzvorrat wird seit dem Zweiten Weltkrieg immer größer, zusätzliche Men-

gen würden aufgrund der EU-Waldstrategie ungenutzt bleiben. Wenn wir aber mehr Holz für klimafreundliche Holzbauten und die gesamte Bioökonomie benötigen, wäre dieser Ausbau nicht möglich“, sagt Höbarth. Nachhaltiger Klimaschutz würde an gesetzlichen Vorgaben scheitern. Das sei deshalb problematisch, weil nur verarbeitetes Holz langfristig CO2 speichern könne, ungenutzt im Wald verrotte es irgendwann wieder. „Die EU-Kommission aber meint, der beste Klimaschutz ist der, der im Wald weiterhin Kohlenstoff anreichert und dort belässt. Das ist ein Weg, der uns nur sehr kurzfristig hilft, in den nächsten 20, 30 Jahren. Langfristig gesehen fahren wir mit dieser Strategie klimaschutztechnisch ungebremst an die Wand, weil unsere Wälder auch aufgrund der Klimakrise zu einer Kohlenstoffquelle werden“, sagt Höbarth. Das könne mit aktiver Waldbewirtschaftung verhindert werden.

SCHON LÄNGST PRAXIS

In Österreich ist nachhaltige Waldbewirtschaftung laut Landwirtschaftskammer schon längst im Gange. „Seit 40 bis 50 Jahren stellt sich die heimische Forstwirtschaft schon auf den Klimawandel ein, indem sie die Wälder baumartenreicher macht und Mischwälder aufbaut“, sagt Höbarth mit Verweis auf Daten aus der Österreichischen Waldinventur. Um klimafit zu werden, würden die heimischen Wälder aber auch Baumarten benötigen, die bei uns bisher noch keine Wurzeln geschlagen haben. Höbarth bringt als Beispiel die serbische Fichte, die besser mit den künftigen klimatischen Bedingungen zurechtkommen sollte. Dazu müsse man aber auch von überholten Ideologien abrücken – „nicht jeder fremdländische Baum ist ein Problem“, bringt es Höbarth auf den Punkt.

Seiner Ansicht nach werde die Holzbauoffensive in Österreich nicht funktionieren, wenn das Holz im Wald bleiben muss. Es werde im Wald der Zukunft neben Laubholz auch ausreichend Nadelholz brauchen, um große Holzbauwerke im Sinne eines nachhaltigen Klimaschutzes zu realisieren. Wie genau das mit der EU-Waldstrategie in Einklang gebracht werden kann, soll sich in den nächsten zwei bis drei Jahren zeigen. So lange dauert es laut Höbarth, bis die maßgeblichen Gesetzesmaterien fertig zur Umsetzung auf dem Tisch liegen werden. Wie

„In der EU-Waldstrategie sind durchaus Themen enthalten, die man sich hierzulande anschauen muss.“

THOMAS WAITZ Grünen-Abgeordneter zum Europäischen Parlament

sehr sie das österreichische Recht betreffen, bleibt noch abzuwarten – zumal es bei uns ohnehin schon ein sehr

Die EU-Waldstrategie hat weitreichende Folgen für die gesamte Holzwertschöpfungskette – viele befürchten im negativen Sinn.

strenges und vor allem effektives Forstgesetz gibt.

VORSTOSS BEGRÜNDET

Über dessen Feinheiten weiß der Grünen-Abgeordnete zum Europäischen Parlament Thomas Waitz bestens Bescheid. Als Forstwirt in der Steiermark kennt er es aus der Praxisperspektive – und weiß daher, dass „Österreich nicht unbedingt das erste Zielland für gute Ratschläge und weitere Verordnungen“ der EU sei. Der Rahmen, in dem sich die österreichische Forstwirtschaft bewegt, sei „relativ Okay“, dennoch seien in der EU-Waldstrategie durchaus Themen enthalten, die man sich hierzulande anschauen müsse: „Etwa das Verbot von großflächigen Kahlschlägerungen, die es auch in Österreich leider immer noch gibt. Sie verursachen Probleme mit der Bodenerosion und dem Humusabbau“, sagt Waitz. Daher findet er den Vorstoß der EUKommission gut begründet – zumal er die Kritikpunkte der Forstwirtschaft nicht zur Gänze nachvollziehen könne.

„Man sollte schon die Kirche im Dorf lassen: Unterschutzstellung heißt nicht per se Bewirtschaftungsverbot, die Argumentation ist stark vereinfacht. Die Waldstrategie enthält vielmehr bestimmte schonende Bewirtschaftungsmethoden vor, die weiterhin eine Nutzung der Waldflächen ermöglichen“, sagt Waitz. Als Forstwirt ist er selbst ein Verfechter der naturnahen Waldwirtschaft und kennt die Verflechtung von Nutzungsmöglichkeiten mit ökologischen Herausforderungen, die aber zu meistern wären. Seine Wälder verfügen mit über 16 Baumarten über eine hohe Biodiversität, Bäume aller Altersgruppen sind auf jedem Hektar vorhanden. Waitz setzt auf Naturverjüngung, bewahrt die Wasserspeicherfähigkeit

der Böden und fördert den Humusaufbau. „Durch den gemischten Aufbau haben meine Wälder um 30 Prozent mehr Blatt- und Nadelmasse, die Photosynthese durchführen. Der Holzertrag ist dabei nicht geringer als bei anderen Bewirtschaftungsmethoden“, sagt der Abgeordnete.

ÖSTERREICH STEHT GUT DA

So könne auch auf Waldflächen gearbeitet werden, die unter Schutz gestellt sind. Waitz gesteht aber auch ein, dass die Erntekosten einer solchen ökologischen Waldbewirtschaftung höhere sind, deshalb müsse das so gewonnene Holz bessere Preise erzielen. Auch das ließe sich mit einheitlichen, EU-weiten Regeln leichter durchsetzen. „Österreich wird es nicht schwerfallen, diese Mindeststandards aus der Waldstrategie einzuhalten, die über die heutigen Methoden der nachhaltigen Forstwirtschaft hinaus gehen. Bis auf einige wenige Großwaldbesitzer werden die Vorgaben keine merklichen Auswirkungen haben“, sagt Waitz. Ziel der EU sei es, einen gemeinsamen Goldstandard zu definieren: Wie kann naturnahe Waldwirtschaft aussehen, die Böden schont und gleichzeitig CO2 bindet?

Auch Waitz ist von der wichtigen Rolle, die Holz im Klimaschutz spielt, überzeugt: „Jedes Stück Holz, das verbaut ist, hilft uns kurzfristig, weil es dem Kreislauf entzogen wird. Aber irgendwann kommt auch das in die thermische Verwertung.“ Deshalb sei es wichtig, auch andere Anwendungen für die Biomasse Holz auszubauen und damit fossile Rohstoffe zu ersetzen. Plastik, Öle, Kleidung, Kosmetika – wenn all das mit biogenem Kohlenstoff hergestellt wird, steigen auch die Chancen für die Waldwirtschaft, CO2 in anderen Bereichen außer dem Holzbau zu speichern. Auch dafür könne die EU-Waldstrategie den Weg ebnen.

BLICK RICHTUNG ZUKUNFT

Erste Gesetzgebungsinitiativen im Rahmen der Strategie erwartet Waitz für Ende 2022 oder Anfang 2023. Die Debatte dafür sei durchaus emotional, vor allem die skandinavischen Länder würden sich bis hin zu Drohungen steigern, die EUKlimapolitik als Ganzes nicht mehr unterstützen zu wollen, sollte es für sie Einschränkungen geben. „Man muss aber dazusagen, dass sie die Diskussionen inhaltlich langsam auf eine Einigung zubewegen, weil sich immer größere Teile der skandinavischen Bevölkerung einig sind, dass die Forstwirtschaft zwar wesentlich ist, aber klimafit werden müsse“, sagt Waitz. „Der Klimawandel bedeutet eine Kraftanstrengung für die gesamte Gesellschaft, zu der jeder Bereich einen Beitrag leisten muss – auch die Forstwirtschaft.“

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