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BERNHARD AICHNER
GESCHRIEBEN, UM ZU BLEIBEN
Wir reden über schräge Typen, die Angst vor dem Tod und sein neues Buch „Dunkelkammer“. Wir reden mit Bernhard Aichner – und hören gespannt zu.
Text: Katharina Zierl Fotos: Birgit Pichler
David Bronski porträtiert Leichen. Der Pressefotograf ist die zentrale Figur in Bernhard Aichners Buch „Dunkelkammer“, mit dem der Tiroler Bestsellerautor eine neue Krimireihe startet. Wir treffen Aichner zum Interview in Innsbruck und erfahren, warum wir unter bestimmten Umständen alle fähig sind, einen Mord zu begehen, und das Thema Tod leichter und normaler wird, je öfter wir darüber reden.
OBERÖSTERREICHERIN:
Ist Schreiben manchmal langweilig?
Bernhard Aichner: Absolut nie. Ganz im Gegenteil. Ich tauche ins Schreiben ein und bin immer sehr gut unterhalten von dem, was ich mir ausdenke (lacht).
Was machen Sie bei einer Schreibblockade?
Das gibt es eigentlich nie. Ich habe
drei, vier oder fünf Geschichten im Kopf, die ich gleichzeitig schreiben könnte. Außerdem liebe ich es, Ideen weiterzuspinnen.
Mit Ihrem neuen Buch „Dunkelkammer“ starten Sie eine Krimireihe. Im Zentrum steht mit David Bronski ein Pressefotograf. Sie haben selbst lange als Fotograf gearbeitet. Wie viele eigene Erfahrungen finden sich in dem Roman beziehungsweise in der Figur wieder?
Was das Beschreiben des beruflichen Alltags eines Pressefotografen betrifft, hat sich in den letzten 20 Jahren vermutlich nicht wahnsinnig viel geändert – außer was das Versenden der Bilder betrifft, das durch die Digitalisierung viel einfacher geworden ist. 1997 stand man noch in der Dunkelkammer, heute kann man die Bilder direkt von der Kamera in einer atemberaubenden Qualität senden. Die Themen sind aber dieselben. Und die Themen dieses Polizeifotografen, der für Unfälle, Mord, Totschlag – quasi für alles Unglück dieser Welt – zuständig ist, sind heute ähnlich wie damals. Ich wollte schon immer über einen Pressefotografen schreiben. Jetzt hat es auf der Suche nach einem neuen Helden einfach gepasst. Die Reihe macht extrem viel Spaß. Nach drei Teilen wird es sicher nicht vorbei sein. Es wird fünf, sechs oder mehr geben – solange die Leserinnen und Leser dabeibleiben und den Weg mitgehen wollen.
Bronski porträtiert Leichen. Was fasziniert Sie an der Totenfotografie?
Mein Held interessiert sich für die Totenfotografie des 19. Jahrhunderts. Ich selbst habe am Flohmarkt mal das Foto eines toten angekleideten Kindes gefunden. Es war damals üblich, die Verstorbenen nochmal anzuziehen und teilweise auch im Kreis der Familie zu fotografieren. Das Foto hat mich damals extrem fasziniert. Diese Faszination habe ich dem Helden aufs Auge gedrückt. Er macht von den Verstorbenen, denen er im Rahmen seiner beruflichen Arbeit begegnet, heimlich Porträts. Das tröstet ihn irgendwie. Er hat seine Frau vor sieben Jahren verloren und daheim im Wohnzimmer ein riesengroßes Porträt von ihr hängen, das er beim Bestatter aufgenommen hat, als sie bereits tot war. Das begleitet ihn. Aus dem Loch, in das ich ihn geworfen habe, helfe ich ihm im Buch wieder raus. Schritt für Schritt. Insgesamt ist Bronski ein schräger Typ, aber schräge Typen haben mich immer schon fasziniert.
Was macht es mit Ihnen, sich in Ihren Büchern mit dem Tod und den Toten zu beschäftigen?
Je mehr man sich mit dem Thema Tod beschäftigt und darüber redet, dass man selber sterblich ist und es jeden Tag vorbei sein kann, desto leichter und normaler wird es.
Haben Sie Angst vor dem Tod?
Ich möchte gern so lange wie möglich leben, weil es einfach lässig ist. Aber
Bernhard Aichner
wenn es dann so weit ist, ist es für die Angehörigen viel schlimmer. Jemanden beim Sterben zu begleiten oder jemanden zu verlieren, den man liebt: Das ist es, was richtig schmerzhaft ist. Der Tod macht Angst. Mit dieser Angst umzugehen, ist das Ziel.
Als Krimiautor: Glauben Sie, dass man in der Realität mit einem Mord ungeschoren davonkommen kann?
Ja, das glaube ich schon. Die Aufklärungsrate in Österreich und Deutschland ist sehr hoch. Viele werden geschnappt. Und dennoch gelingt es, immer wieder davonzukommen. Für mich als Autor von Krimis ist es immer die Herausforderung, mir etwas auszudenken, das plausibel ist und so passieren könnte. Ich frage auch immer Kripobeamtinnen und -beamte, ob meine Geschichte überhaupt möglich wäre.
Wäre im Grunde jeder unter bestimmten Umständen fähig zu morden?
Ja. Ich denke schon, dass es Auslöser gibt, die bei allen den Schalter umlegen können.
Ist es einfacher, eine Buchreihe zu schreiben als einzelne Romane?
Es ist total schön, dass nach einem Buch nicht Schluss ist und ich die Heldinnen und Helden mitnehmen kann. Ich mag es, wenn sich die Figuren und Beziehungen weiterentwickeln und nicht immer alles wieder bei null anfängt. Es ist ein bisschen so, als würde ich mit meinen Figuren für fünf Jahre in einer WG leben. Deshalb suche ich sie mir vorher sehr genau aus – auch die Bösen. Es ist immer wichtig, dass auch die Antiheldinnen und -helden interessant sind. Es macht mir generell Spaß, mich nicht nur in die Seele des Guten, sondern auch in die Seele des Bösen hineinzuversetzen. Ich glaube, dass wir alle das Dunkle in uns haben. Bei mir besteht jedenfalls keine Gefahr, dass ich irgendetwas anstelle, weil ich das alles in meinen Büchern ausleben kann (lacht).
Hat Sie die Ausnahmesituation des vergangenen Jahres im Schreibprozess eher kreativ beflügelt oder gehemmt?
Eigentlich beflügelt. Ich hatte mehr Zeit zum Schreiben und zum Konzentriert-Sitzenbleiben. März und April 2020 war man ja quasi eingesperrt. Für mich war das insgesamt gut. Ich schreibe sehr gerne und genieße es, daheim bei der Familie zu sein.
Ihr Buch „Totenfrau“ wird zur Netflix-Serie. Haben Sie Angst, dass die Figuren den ursprünglichen nicht gerecht werden?
Große Angst. Bis ich die Drehbücher gelesen hatte, war ich voller Sorge. Ich kenne den Produzenten seit sechs Jahren und habe viel mit ihm geredet, weil ich genau wissen wollte, wie sie das umsetzen wollen. Ich habe die Bücher gelesen und bin sehr, sehr happy. Mit den Kleinigkeiten, die sie verändert haben, kann ich gut leben. Es wird auch in Tirol gedreht. Das wird sehr spannend. Mitte April geht es los.
Hat sich Ihr Leben und haben sich Ihre Prioritäten durch den großen Erfolg verändert?
Der Hauptfokus liegt auf dem Schreiben und weniger als früher auf dem Fotografieren. Ich wollte immer schon am allerliebsten schreiben. Ich hoffe, dass das auch noch eine Zeit lang so bleibt. Solange die Menschen meine Bücher lesen, geht das (lacht).
Wer lacht, l(i)ebt länger! Dieser Leitsatz war für den Krenglbacher joHannes M. Angerer und den Künstler und Pädagogen Mag. Robert Hirsch der Grundimpuls, ein Buch herauszugeben.
HUMOR IST HEILEND
Als Clown Hanniboi begeisterte er sein Publikum, mit dem Menuetheater „Chaoskellner Dinnershow“ tourte er durch halb Europa. Nun hat der Künstler und spirituelle Wegbegleiter joHannes M. Angerer ein Buch herausgebracht, das hilft, in Krisen einen Sinn zu sehen.
Der Künstler joHannes M. Angerer, Begründer und Chef der Kabarettgruppe Menuetheater und ehemaliger Clown Hanniboi, hat ein Buch über die sinnvolle Bewältigung von Lebenskrisen gestaltet. Die Schicksalsschläge, welche er im Leben vor allem durch den Tod seiner Mutter, Schwestern und seiner ersten Frau auf tragische Weise erleben musste, bezeichnet er als seine persönlichen Lockdowns. Durch das Ende seines ehemaligen Arbeitsgebers Konsum, die Zerstörung seines Hauses durch einen Brand, bei
dem seine Frau ums Leben kam und den Crash seiner ehemaligen Künstlergruppe stand er jedes Mal von Neuem vor den Trümmern seiner Existenz. Trotzdem verlor der Krenglbacher nie seinen Humor und lehrt bis heute noch die heilende Kraft des Lachens. Eine Möglichkeit, wie Menschen einen Weg aus solchen Lebenskrisen finden können, zeigt das Buch: „Nur das CHRISTUSLICHT wirft keinen Schatten.“
OBERÖSTERREICHERIN: Herr Angerer, als ich in Ihrem Buch gelesen habe, dass Sie aus der Kirche ausgetreten sind, hat mich der Titel „Nur das CHRISTUSKIND wirft keine Schatten“, verwundert. Warum dieser Titel?
Ich bin römisch-katholisch erzogen worden und ja, ich bin aus der Institution Kirche ausgetreten. Der Titel des Buches ist mir bereits 2012 bei einer Meditation eingefallen. Das Christuslicht betitelt, was wir alle suchen – die innere Kraft, das innere Licht und den inneren Frieden. Wenn ich von innen heraus strahle, werfe ich keine Schatten mehr. Dann bin ich in der Selbstliebe.
Ist das Buch ein Ergebnis der Coronakrise?
In gewisser Weise schon. Als im Vorjahr die Coronakrise über uns hereinbrach, musste ich mich als Künstler quasi wieder neu (er)finden, da alle Auftritte auf unbestimmte Zeit abgesagt wurden. So produzierte ich auf meinem YouTube-Kanal über 150 Videos, nahm eine CD auf und gemeinsam mit meinem guten Freund Robert Hirsch habe ich dieses Buch geschrieben. In einem Frage-Antwort-Spiel ergründeten wir diejenigen Essenzen, die einem helfen können, durch solche Krisen zu kommen und sich selber neu zu finden.
Egal ob privat oder auch beruflich, Sie haben viele Schicksalsschläge hinnehmen müssen. Was hat Sie das Leben gelehrt? 1982 ist meine Schwester gestorben, sechs Monate später meine Mutter. Damals habe ich auf Gott geflucht. Ich bin ganz stark in die Retter-Rolle geschlüpft und habe mich stark gemacht, obwohl ich ein sensibles, schwaches Kind war. Ich habe mich immer gefragt, wie ich meinem Umfeld helfen kann und meine Trauer unterdrückt. Damals schon habe ich mich nach dem Sinn des Lebens gefragt und ich denke, es war kein Zufall, dass ich später beruflich in die Rolle des Clowns gekommen bin. 1987 habe ich den Clown Hanniboi entwickelt. Als 1989 meine zweite Schwester bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist, habe ich noch als Chemielaborant gearbeitet. Damals habe ich den Entschluss gefasst, das Künstlersein professionell zu machen. Das Wichtigste ist in solchen Fällen die Akzeptanz, dass man alles so akzeptiert, wie es ist. Wir Menschen sind auf der Erde, um Erfahrungen zu machen. Der Sinn des Lebens ist, eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen. Sie schreiben: „Lasse los, dann ist Platz für Neues. Und dieses Neue ist besser als das Alte.“ Hört sich irgendwie logisch an, nur ist es schwierig, wenn man mitten in einer Krise steckt, das anzuerkennen. Haben Sie da einen Rat für uns?
Jemand hat einmal zu mir gesagt: „Das Universum hat immer etwas Schöneres für dich bereit.“ Wenn einem ein Schicksalsschlag widerfährt, steht man vor dem Abgrund. Man kann selber entscheiden, ob man einen Schritt nach vorne oder einen Schritt zurück geht. Der Schritt zurück beinhaltet die Auseinandersetzung mit sich selbst. Zuerst ist man in der Selbstverantwortung, diese führt zur Selbsterforschung, dann erst kommt man zur Selbstliebe und zu sich selbst.
Wir leben in einer sehr lauten Welt, die vollbepackt ist mit Eindrücken von außen. Wie können wir am besten zu uns selbst finden?
Eine der größten Schwierigkeiten des Menschen ist, sich selbst auszuhalten, daher ist es extrem wichtig, in die Stille zu gehen. In der Stille merkt man, wie die Gedanken rattern. Nicht mehr zu denken, funktioniert meistens nicht. Wenn man allerdings den Weg zurück geht und den Gedanken begegnet, dann begegnet man sich auch selbst und findet meistens auch viel Müll.
Was haben Sie gemeinsam mit Mag. Robert Hirsch beim Schreiben dieses Buches gelernt?
Eigentlich wollte ich ein kleines Büchlein mit 52 „Weisheiterkeiten“ fürs Leben machen. Herausgekommen ist ein Buch mit 232 Seiten. Erst im Nachhinein habe ich gemerkt, dass das Schreiben des Buches ein Prozess war, eine Art Trauerarbeit – und die dauert ein Leben lang. Die Todesfälle in meiner Familie berühren mich noch immer. Meine Lieben fehlen mir, aber ich kann loslassen. Der Sinn in solchen Krisen, das Verständnis für den Tod und die daraus folgenden persönlichen inneren Erfahrungen zeigten mir die vielen Möglichkeiten, einen harmonischen und zufriedenen Weg zu gehen. Denn es gibt nur einen richtigen Weg, DEINEN!
Was wollen Sie mit Ihrem Buch erreichen?
Corona wirft viele Fragen auf und stellt uns als Gesellschaft sowie als Individuen auf die Zerreißprobe. Viele Menschen suchen nach Halt im Außen, doch die Antworten auf die drängendsten Fragen findest du im Inneren, bei dir selbst. Wie jeder dazu beitragen kann, bei sich aufzuräumen, um sein inneres Licht zu finden, ist die Grundidee des Buches.
So wie es aussieht, wird uns Corona noch lange beschäftigen. Mit welchem Gefühl gehen Sie in die Zukunft?
Ich habe absolutes Vertrauen in mich selber und auch in die Menschheit. Die Menschheit ist ein Spiegelbild Gottes. Da geht es um das Urvertrauen. Mein Leitsatz lautet: „Wer lacht, l(i)ebt länger.“
„Nur das CHRISTUSLICHT wirft keinen Schatten – WEISHEIT- erkeitEN für dein L(i)EBEN“ von joHannes M. Angerer, Co-Autor Robert Hirsch.