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2. Wintertourismus
Wintertourismus definiert sich auf natürliche Weise durch eine geografische als auch zeitliche Eingrenzung. Diese Form des Tourismus konzentriert sich auf die kalten Wintermonate in Gebirgsregionen mit Schneefall, denn im Zusammenhang mit Wintertourismus werden überwiegend schneegebundene Aktivitäten ausgeübt (Hoy, 2008). Sportliche Aktivitäten, die in winterlicher Umgebung, unabhängig ob natürlich oder künstlich, betrieben werden und von Schnee und Eis abhängig sind, werden unter dem Begriff „Wintersport“ deklariert (der Heiden et al., 2013). Eine besondere Bedeutung wird hierbei dem alpinen Skilauf zugeschrieben (Hoy, 2008). Dieser macht gemeinsam mit dem „Urlaub im Schnee“ den größten Teil des aktiven Wintertourismus aus. Reisen zu einer alpinen Großveranstaltung, oder der „Crowding-in“ Effekt, bei dem Menschen mit Freunden oder Familie in den Winterurlaub fahren, ohne selbst aktiv einen Wintersport auszuüben, werden als passiver Wintertourismus angesehen (Arbesser et al., 2010).
2.1. ENTWICKLUNG DES WINTERTOURISMUS IN DEN ALPEN
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Ein Blick auf die Entwicklungen der letzten hundert Jahre lässt erkennen, dass der Tourismus wesentlich zum kulturellen, aber auch sozialen Wandel in den Alpen beitrug. „Aber es waren vor allem die großen Transformationen der globalen Wirtschaft und die gesellschafts- bzw. agrarpolitischen Weichenstellungen der Europäischen Union, die den Alpenbewohnern eine neue Rolle zuwiesen“ (Luger, 2022, S. 174). Durch den kontinuierlichen Rückgang der Agrarwirtschaft im inneralpinen Raum, sichert der Tourismus in diesen Gebieten die Lebensgrundlage und schafft neue Arbeitsplätze für die Bevölkerung (Luger, 2022). „Der Tourismus im Alpenraum ist nicht das Ergebnis einer kontinuierlichen Entwicklung, sondern jenes eines ständigen Strukturwandels“ (Bieger, 2006, S. 6).
Der Passverkehr hat den Werdegang des Tourismus in den Alpen entscheidend mitgestaltet, denn entlang der Passstraßen entstanden die ersten Gasthäuser auf höher gelegenen Standorten. Die Menschen bevorzugten die hoch gelegen Aussichtsstandorte, welche leicht zu erreichen waren und auch einen gewissen urbanen Komfort aufwiesen. Auf diese Weise entstanden neue Hoteldörfer inmitten der Berge. Doch durch die Erbauung von Eisenbahn- und Straßentunnel wurde diese Form des Tourismus im Verlauf des letzten Jahrhunderts immer unbedeutender (Bieger, 2006).
Im Gegensatz zum Tourismus im Flachland und am Meer, der sich auf bestimmte Ballungszentren und Orte konzentriert, änderten sich die Standorte des alpinen Tourismus stetig (Bieger, 2006). Das Wachstum des Tourismussektors im Alpen- raum ist jedoch seit Jahren beständig und boomt vor allem in Regionen mit guter infrastruktureller Erschließung (Luger, 2022). Auslöser für dieses Wachstum und die Verlagerung der Standorte sind besonders das Aufkommen neuer Sportarten, Entwicklungen im Bereich des Transportes und der Ausbau der Infrastruktur (Bieger, 2006). Trotz anfänglicher Kritik an der technischen Erschließung der Alpen und des Eingriffes in die Natur, wurde über diese Aspekte hinweggesehen, um das Angebot für die Touristen ausbauen zu können (Luger, 2022).
Die hohe Beliebtheit der Alpen als Urlaubs- und Freizeitregion kann auf unser vorherrschendes Gesellschaftsmodell zurückgeführt werden. Häufig ist der Arbeitsalltag der meisten Menschen stark fremdbestimmt und industriewirtschaftlich geprägt. Über die Jahre hinweg bildete sich aus diesen Gegebenheiten eine Gruppe an Menschen, die Gesundheit und Nachhaltigkeit zum Mittelpunkt ihres Lebensstils machen. Sie werden auch unter dem Begriff „LOHAS“ zusammengefasst (lifestyle of health and sustainability) und spielen vor allem für die Entwicklungen im Tourismussektor eine wesentliche Rolle, da dieser Lebensstil heute nahezu in alle Gesellschaftsgruppen hineinwirkt. Die Natur der Alpen gibt den Menschen Einblick in eine natürliche Lebensweise aus der sie Kraft schöpfen, weshalb der Alpentourismus vermutlich auch in Zukunft noch mehr Zuspruch finden wird (Luger, 2022). Der Alpentourismus ist ein „Kind der Moderne aber auch der Postmoderne“ (Luger, 2022, S. 177) und trieb die Ökonomisierung des alpinen Raumes auf die Spitze.
Räumlich konzentriert sich der Alpintourismus auf wenige Gebiete, denn nur etwa fünf Prozent der gesamten Alpenfläche werden touristisch genutzt. 40 Prozent der Gemeinden in den Alpen haben überhaupt keinen Tourismus und fast die Hälfte der touristischen Betten im alpinen Raum konzentrieren sich auf fünf Prozent der Gemeinden. In anderen Worten, die Hälfte der vorhandenen Hotelinfrastruktur des alpinen Raumes entfällt auf nur 300 Gemeinden, große Städte wie Chamonix am Fuße des Mont Blanc in Frankreich eingeschlossen (Luger, 2022).
Die bisher letzte markante Restrukturierung des Alpintourismus ist auf das Aufkommen des Massenskisportes und dem damit verbundenen Aufkommen an typischen Wintersportorten in den Sechziger- und Siebzigerjahren zurückzuführen (Bieger, 2006). Skilifte, Seilbahnen, Pisten, Speicherseen und tausende Kilometer Autobahn sind das Ergebnis einer enorm hochgerüsteten Freizeit-Infrastruktur (Luger, 2022). „[...] So manche Alpenregion wird an ihre Belastungsgrenze stoßen oder auch ihre carrying capacity überschreiten“ (Luger, 2022, S. 176), doch der Wintersporttourismus geht mit einer enormen Wortschöpfung einher.
2.2. WINTERTOURISMUS IN ÖSTERREICH
Unberührte Natur in Verbindung mit einem vielfältigen Kulturangebot, höchste Lebensqualität und Sicherheit, locken Urlauber aus aller Welt nach Österreich (Gahleitner, 2019). Die Alpen prägen den Tourismus in Österreich maßgebend, denn sie nehmen etwa zwei Drittel der österreichischen Landesfläche ein. Die Alpen formen aber nicht nur die Landschaft des Landes, sondern sind zugleich auch eine der wichtigsten Grundlagen der Wirtschaft (Radler, 2018).
Obwohl Österreich ein kleines Land ist, spielt es im Tourismus eine große Rolle und dem alpinen Wintersport in Österreich kommt eine besondere Bedeutung zu (Gahleitner, 2019). Österreich belegt beim „Travel and Tourism Competitiveness Report 2019“ des World Economic Forum den elften Platz. Dieser misst die Wettbewerbsfähigkeit von 140 Volkswirtschaften und deren Faktoren und Strategien, die zu einer nachhaltigen Entwicklung des Reise- und Tourismussektors beitragen. Bei der „Tourist Service Infrastructure“ liegt Österreich dabei auf Platz zwei, knapp hinter Portugal (Calderwood et al., 2019).
Laut Wirtschaftskammer Österreich (2022) wird der Winterurlaub zu 61 % als Wintersport-Urlaub verbracht. Der österreichische Wintertourismus ist mit etwa 77 % geprägt von einem hohen Stammgästeanteil. Während des Winterurlaubes liegt der Fokus klare auf dem Schneesport. Das Skifahren ist mit 59 % die Hauptaktivität während des Urlaubes, gefolgt von Winterwandern (13 %) und Snowboarden (9 %). Ein Vergleich der Zahlen aus dem Jahr 2018 mit 2012 zeigt, dass der Skisport jedoch mit einer Abnahme von 6 % leicht rückläufig ist, das Winterwandern dagegen zunehmend beliebter wird und um 3 % ansteigt. In dem genannten Zeitraum ist das Durchschnittsalter der Wintergäste von 42,6 Jahren auf 45,3 Jahre angestiegen. Mögliche Gründe für diese Veränderungen sind der Wandel der demografischen Struktur, das sinkende Interesse der jüngeren Bevölkerung am Skisport, sowie ein immer breiter gefächertes Angebot, wodurch sich auch die Gästestruktur verändert. Seit den 1980er Jahren ist der Anteil der regelmäßig skifahrenden Österreicher von 13 % auf 5 % gesunken und auch der Anteil der Nichtskifahrer hat seitdem deutlich zugenommen (von 42 % auf 63 %). Der Anteil der Österreicher, die gelegentlich Skifahren gehen, ist jedoch mit 27 % deutlich angestiegen (Steiger et al., 2021).
In Österreich erzielen die Top 20 der Wintersportgemeinden mit ihren Seilbahnen einen höheren Beförderungserlös als die restlichen 298 Gemeinden zusammen. Zudem werden auch 46 % aller Nächtigungen in diesen 20 Gemeinden getätigt. Wirtschaftlicher Erfolg setzt eine ausgedehnte touristische Infrastruktur voraus, insbesondere Unterkünfte und Seilbahnen ziehen daraus einen Vorteil (Luger, 2022). Mit Stand Winter 20/21 umfasst die österreichische Wintersportinfrastruktur 1110 Seilbahnanlagen und rund 1820 Schlepplifte. Diese transportieren die Wintersportler auf die Berge, um dann die rund 23700 Hektar Pistenfläche die Hänge hinunter zu schwingen. 70 % dieser Pistenflächen können beschneit werden (WKO, 2021).
Die landschaftlichen Gegebenheiten in Verbindung mit gastfreundlichen Menschen, die die Leidenschaft am Wintersport verkörpern, legen die Basis für eine anhaltende wirtschaftliche Dynamik im Wintersporttourismus (Arbesser et al., 2010). Der Wintersporttourismus hat besonders in Österreich eine wichtige Bedeutung, denn der Skisport bringt Wohlstand für viele Regionen (Zimmermann, 2017).
Konomische Bedeutung
Der Fachverband der Seilbahnen Österreich meldete allein in der Wintersaison 2018/19 (vor Ausbruch der Coronapandemie) 1,55 Milliarden Euro Umsatz. Infolge der Coronapandemie und den damit verbundenen Einschränkungen der Freizeitaktivitäten, fiel der Umsatz in der Saison 2019/20 zum ersten Mal seit fünf Jahren und lag bei 1,42 Milliarden Euro (Fachverband der Seilbahnen Österreichs, 2021). Mit 55 Millionen Skier Days 2018/19 (Tagesbesuch einer Person in einem Skigebiet) findet inzwischen jeder sechste Skitag weltweit in Österreich statt (Österreichischer Alpenverein, o.J.–b). Die finanzielle Situation der Skigebiete wird maßgeblich durch die immer anspruchsvoller werdende Wettbewerbssituation beeinflusst, denn im Jahr konnten nur 45 % der Skigebiete in der Bilanz einen Gewinn aufweisen (Steiger et al., 2021). Die Entwicklungen des Wintersporttourismus in den letzten zehn Jahren deuten auf eine Stagnation auf hohem Niveau hin, denn das durchschnittliche Wachstum beträgt jährlich lediglich 0,4 %. Eine solche Entwicklung ist für die späte Phase des Produkt- und Destinationslebenszyklus typisch und geht mit der Verschärfung des Wettbewerbs einher (Steiger et al., 2021).
Das Netzwerk des Wintersportes in Österreich erwirtschaftet jährlich etwa 7,4 Mrd. €. Werden die multiplikativen Effekte (misst die Auswirkungen von zusätzlichen Ausgaben des Staates, privater Haushalte oder vermehrter Investitionsausgaben der Unternehmen auf das Volkseinkommen) miteinbezogen, beträgt der jährliche Wertschöpfungsbeitrag sogar etwas mehr als 11,4 Mrd. €. Der alpine Wintersport hat damit einen Anteil am österreichischen Bruttoinlandsprodukt von rund 3,26 % (direkter Effekt) beziehungsweise 4,9 %, gemessen am gesamten Wertschöpfungsnetzwerk. Damit ist der alpine Wintersport beispielweise mit der Wertschöpfung aus dem Einzelhandel gleich zu setzten (Arbesser et al., 2010).
„Üblicherweise wird der Beitrag einer Branche zur Wirtschaftsleistung anhand ihres Anteils an der Gesamtwertschöpfung gemäß der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR) festgemacht. […] Da dieser Ansatz aber die Vielfalt an Verflechtungen von Tourismus und Volkswirtschaft nur unzureichend darstellt, wurde im Jahr 2001 ein eigenes Tourismus-Satellitenkonto (TSA) erstellt. Die in diesem Rahmen errechnete Wertschöpfung des Tourismus bezieht sowohl direkte als auch indirekte Faktoren mit ein“ (Statistik Austria & WIFO, 2021).
Wertsch Pfungsnetzwerk
Diese Aussage verdeutlicht, dass sich der Wintertourismus und vor allem der Wintersport als ein Teilbereich, aus einer Vielzahl an Wirtschaftssektoren und Branchen zusammensetzt. Die Sektoren stehen in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis (Radler, 2018). Der größte Teil der generierten Wertschöpfung ist auf den Wintersporttourismus zurückzuführen. Dieser wird als Querschnittsmaterie angesehen (vgl. Abb. 1). Das heißt, dass er sich aus einer Vielzahl von Branchen zusammensetzt. Der Wintersporttourismus umfasst das Beherbergungs- und Gaststättenwesen, Teile der Transportdienstleistungen, Sport- und Unterhaltungsdienstleistungen sowie den Einzelhandel. Alle Bereiche dieser Querschnittsmaterie generieren jährlich etwa 6,47 Mrd. € an direkter Wertschöpfung. Werden die multiplikativen Effekte miteinbezogen, erhöht sich der erwirtschaftete Beitrag auf 10,1 Mrd. € (Arbesser et al., 2010). Ein Wintersporttourist gibt täglich durchschnittlich 185 € aus, die sich aus 91 € für die Unterkunft, 28 € für Mobilität vor Ort, 26 € für Essen und Getränke und aus 39 € für sonstige Ausgaben zusammensetzen (WKO, 2022). Für die gesamtwirtschaftliche Erfassung dieses Netzwerkes bedarf es einer genauen Definition, welche Faktoren wirtschaftlich zum alpinen Wintersportnetzwerk zählen (Arbesser et al., 2010).
„Der Erfolg im Winter(sport) tourismus ist das Ergebnis des Bemühens eines ganzen Landes: dafür verantwortlich sind die Hotellerie, die Gastronomie, seine lokale Bevölkerung, seine Wintersportler, das Handwerk ebenso wie die Industrie, auch die Politik, der Kreditapparat, alle Interessenvertretungen, natürlich die Medien und ein konsequentes Marketing, eine professionelle Imagepflege und Bewerbung“ (Arbesser, Grohall Günther et al., 2010, S. 3).
Die Hauptprofiteure des Wintersporttourismus sind der Staat, die Unternehmen sowie die privaten Haushalte. Wie in der Grafik sichtbar, investieren Unternehmen durch Sponsoring, Förderungen und Werbung in die Bereiche der Infrastruktur, die Produktion und Vermietung von Sportequipment, das Bildungswesen, den Groß- und Einzelhandel, aber auch in die Werbewirtschaft. Diese Bereiche werden als „vorgelagerte Sektoren“ bezeichnet, da sie vor dem eigentlichen Ausüben des Wintersportes erfolgen. Private Haushalte haben beispielsweise durch Ausgaben für Sportgüter und -dienstleistungen im Gegenzug dazu Auswirkungen auf den „nachgelagerten Sektor“. Durch die Bereiche dieses Sektors kann der Wintersport erst möglich gemacht werden (Zimmermann, 2017).
Aufgrund der Verbindungen all dieser Wirtschaftssektoren ist der Wintersporttourismus eine mächtige Industrie, die auch mit dem Klimawandel konfrontiert ist.
Abb. 1: Wertschöpfungsnetzwerk Wintersport (eigene Darstellung auf Basis von Kleissner, 2012, S. 7)
2.3. WINTERSPORTTOURISMUS UND KLIMAWANDEL
Der Klimawandel ist allgegenwärtig und einer der wichtigen Einflussfaktoren im Zusammenhang mit der nachhaltiger Entwicklung im Tourismus. Die prognostizierte Entwicklung wird eine Vielzahl an Auswirkungen auf ökologische und sozioökonomische Systeme haben (Steiger & Scott, 2020).
Die Vorhersagen für den Verlauf des Klimawandels in den nächsten Jahrzehnten sind für wintersportbegeisterte Menschen ernüchternd. Es wird wärmer, die Schneefallgrenze steigt und die Gletscher ziehen sich immer weiter zurück. Im Alpenraum wird die Klimaerwärmung rasanter und drastischer ausfallen als in Niedriglagen, denn die Berggebiete sind einer beschleunigten Klimaerwärmung ausgesetzt und überdurchschnittlich sensibel in Bezug auf klimatische Veränderungen. Die Alpen sind zu einem großen Teil mit Schnee und Eis bedeckt. Durch den Rückgang dieser Flächen steigt der Anteil der dunklen Erdoberfläche, was zu einem Rückkoppelungseffekt führt. Je nach Entwicklung der Treibhausgasemissionen wird bis 2050 weltweit mit einem Temperaturanstieg von 0,8 – 2,4 °C gegenüber 1990 gerechnet. In den Alpen hingegen wird von einer Erwärmung von rund 1 °C bis 3 °C ausgegangen (Menn, A., Putzing, F., 2019). Vornehmlich durch den unaufhaltbaren Rückzug der Gletscher werden uns die Auswirkungen der globalen Erwärmung nachdrücklich vor Augen geführt (Menn, A., Putzing, F., 2019). Ein Vergleich der Gletscherbestände heute mit denen zwischen 1925 und 1935 machen das Ausmaß deutlich (vgl. Abb. 2, 3) (Österreichischer Alpenverein, o. J.–a).

„Ohne Schnee – kein Skitourismus: Diese simple Aussage bringt die Klimasensitivität dieses wichtigen Tourismuszweiges zum Ausdruck“ (Abegg, 2012, S. 29). Keine andere Tourismusbranche ist so eng mit dem Klima verknüpft. Schnee ist die wichtigste Grundvoraussetzung und auch wenn dieser technisch hergestellt werden kann, kann er nicht substituiert werden (Abegg, 2012). Wetter und Klima sind im Tourismus als Teil des Angebots zu sehen. Daher hat eine Veränderung des Klimas einen Wandel der Rahmenbedingungen zur Folge. Der Klimawandel wird künftig auch eine Zunahme an Extremwetterereignissen hervorrufen. Solche Veränderungen werden für den Tourismus und im speziellen für den Wintersporttourismus gravierende Folgen mit sich ziehen.
Der Tourismus nimmt in der Diskussion um den Klimawandel jedoch eine Doppelrolle ein. Er ist nicht nur vom Klimawandel betroffen, sondern trägt auch selbst zum Klimawandel bei (Bischof et al., 2017).
Einfluss Des Klimawandels
Für die Bewertung der Folgen des Klimawandels für den Wintersport wird vorwiegend die Schneesicherheit der Skigebiete als entscheidendes Kriterium herangezogen. Von Schneesicherheit wird gesprochen, wenn „ein Skibetrieb von mindestens 100 Tagen in zumindest sieben von zehn Jahren gewährleistet werden kann“ (Steiger et al., 2021, S. 111). Ausgehend von dieser 100-Tage-Regel, wurden in einer Studie von Steiger und Abegg (2013) 228 österreichische Skigebiete untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die negativen Auswirkungen des

Klimawandels durch die technische Beschneiung bis zu einer Erwärmung von 2 °C kompensiert werden können. Allerdings gibt es große regionale Unterschiede. Der Osten Österreichs wird diese Auswirkungen des Klimawandels früher und stärker spüren, der Westen Österreichs wird aufgrund seiner größeren Abhängigkeit vom Skitourismus einen größeren wirtschaftlichen Schaden erleiden (Steiger & Abegg, 2013). Bei den derzeitig vorhandenen Beschneiungskapazitäten in den Skigebieten ist absehbar, dass sich die Anzahl der schneesicheren Skigebiete im Laufe des 21. Jahrhundert stark reduzieren wird (Steiger et al., 2021). Wird die 2 °C-Grenze überschritten, geht die Zahl der schneesicheren Skigebiete in allen Bundesländern stark zurück (Abegg, 2012).
Mitte des Jahrhunderts sind bei dem RCP-8,5 „business-as-usual“-Szenario, das mit einem Temperaturanstieg von 4,3 °C bis 2100 rechnet, nur mehr 52 % der österreichischen Skigebiete schneesicher (Steiger et al., 2021). Obwohl der Wintersport stark vom Klimawandel betroffen ist und für viele Gebiete sogar eine existenzielle Bedrohung darstellt, werden die Symptome unterdrückt, während die Ursachen unangetastet bleiben. Die Skigebiete reagieren mit einem Wettlauf um die meisten Schneekanonen (Menn, A., Putzing, F., 2019). Der Ausbau der Beschneiungsinfrastruktur in den Skigebieten wird als maßgebliche Gegenmaßnahme für den Klimawandel gesehen, um ein Ausbleiben der Wintersportgäste zu verhindern (Abegg, 2012). Die Herausforderung besteht nun darin, den Skibetrieb in der frühen Phase des Winters zu gewährleisten, wodurch auch die für den Wintertourismus sehr wichtigen Weihnachtsferien gefährdet sind. Bei unsicheren Schneeverhältnissen würden laut einer Gästebefragung in Österreich in etwa ein Viertel auf einen Skiurlaub verzichten (Steiger et al., 2021).
Neben Grundsatzdiskussionen darüber, ob der Mensch „Frau Holle ins Handwerk pfuschen darf“, werden aber vor allem die ökologischen Folgen kritisch betrachtet. Ein Ausbau der Beschneiungsanlagen bedeutet zusätzlichen Wasser- und Energiebedarf. Dieser Verbrauch nimmt im Gegenzug wiederrum Einfluss auf den Klimawandel (Abegg, 2012).
Einfluss Auf Den Klimawandel
Die Tourismusindustrie verursacht zwischen 3,9 % und 6,5 % der globalen Treibhausgasemissionen (Carbon Footprint). Auch der Wintersporttourismus ist als Mitverursacher maßgebend (Bischof et al., 2017). „Die An- und Abreise in die Berge, der Bau und Betrieb von Hotels und Gastronomie, die Infrastruktur und der Betrieb der Bergbahnen und Kunstschneeanlagen sowie nicht zuletzt das Ski-Equipment und die Bekleidung - all das führt zum Ausstoß von klimawirksamen Treibhausgasen“ (Menn, A., Putzing, F., 2019, S. 421).
Die Ausrüstung und Bekleidung der Wintersportler ist ein wesentlicher Teil des ökologischen Fußabdruckes des Wintersportes. Besonders der Skiverleih spielt hier eine große Rolle. Schätzungen zufolge werden pro Wintersaison weltweit 300.000 Paar Leihski entsorgt, wodurch beträchtliche Mengen an Abfall aus hauptsächlich fossilen Materialien und somit nicht nachwachsenden Rohstoffen produziert werden. Hinsichtlich der Wintersportbekleidung gibt es ebenso Missbilligung, denn die Funktionskleidung wird meist in Billiglohnländern unter kritischen Arbeits- und Umweltbedingungen hergestellt. Eingebettet in einen linearen Lebenszyklus verursachen diese Produkte bei Produktion, Transport, Konsum und Entsorgung erhebliche Umweltbelastungen (Menn, A., Putzing, F., 2019).
In den österreichischen Skigebieten gibt es etwa 20.000 Beschneiungsanlagen, die ihr Wasser aus über 420 Speicherbecken beziehen. Lassen es die Temperaturen zu, wird dieses Wasser mit hohem Energieaufwand in Kunstschnee umgewandelt. Allein im Bundesland Salzburg werden für die Beschneiung jedes Jahr rund sechs Milliarden Liter Wasser verbraucht, was in etwa der Hälfte des Verbrauchs der Stadt Salzburg entspricht (Luger, 2022). Die Emissionen rein in Bezug auf die Wintersportinfrastruktur können exemplarisch anhand der Wintersaison 2000/2001 der Planai-Hochwurzen-Bahnen in der Steiermark dargelegt werden. In dieser Saison wurden dort 834.185 Ersteintritte verzeichnet. Das Gebiet verfügte über Beschneiungsanlagen für 200 ha Pistenfläche und eine Flutlichtanlage. Das Skigebiet generierte in dieser Saison einen CO2 Ausstoß von 2.926 Tonnen. Davon waren 35,5 % auf die Beschneiungsanlagen, 35,2 % auf die Aufstiegshilfen, 25,9 % auf die Pistengeräte und 0,1 % auf die Flutlichtanlage sowie 3,3 % auf sonstigen Energieverbrauch zurückzuführen (Steiger et al., 2021).
Die Wahl des Verkehrsmittels für die An- und Abreise verursachte den größten Einfluss auf die Treibhausgas-Bilanz und den Hauptteil des Ausstoßes (Bischof et al., 2017). Die Wintersportler in Österreich reisen zu 76 % mit dem PKW an. Dieser Anteil bildet damit die absolute Mehrheit, gefolgt von der Anreise mit dem Flugzeug mit 13 %. Nur 7 % der Wintersportler reisen mit der Bahn an und dieser Anteil ist seit 2012 bis heute unverändert. Die geringe Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel zeigt das hohe Optimierungspotenzial auf. In einer Studie des Umweltbundesamtes (2018) wurde dargelegt, dass die Hälfte der Emissionen, nämlich 17 kg CO2 pro Person und Tag, für einen Skiurlaub in Österreich auf die An- und Abreise zurückzuführen sind. Durch die Entscheidung mit der Bahn ins Skigebiet anzureisen, können im Vergleich zur Anreise mit dem PKW die ausgestoßenen Treibhausgase für diesen Skitag um etwa 82 % reduziert werden (Umweltbundesamt, 2018).
Die Zahl der Ankünfte ist seit den 1980er Jahren um 122 % angestiegen und hat sich damit mehr als verdoppelt. Dieser Anstieg hat auch einen nicht außer Acht zu lassenden Einfluss auf das Verkehrsaufkommen in den Tälern und Skigebieten. Eine öffentliche Anreise würde nicht nur die Treibhausemissionen senken, sondern auch durch die resultierende Verkehrsentlastung den Wintersporttourismus sozial verträglicher machen (Steiger et al., 2021). Über Kommunikationsinstru- mente und Anreizsysteme müssen wintersportbegeisterte Menschen zu Verhaltensänderungen in Richtung Nachhaltigkeit bewegt werden, besonders in Bezug auf klimafreundliche Mobilität (Menn, A., Putzing, F., 2019).
2.4. NACHHALTIGKEITSINITIATIVEN IM WINTERSPORTTOURISMUS
Nachhaltige Mobilität ist einer der entscheidenden Erfolgskriterien für den Wintersporttourismus der Zukunft und lässt sich laut Menn und Putzing (2019) auf drei Aspekte herunterbrechen, die wegweisend für den Erfolg sind. Zum einen auf den finanziellen Aspekt, denn die öffentliche An- und Abreise darf nicht teurer sein als die An- und Abreise mit dem PWK. Zum anderen der Aspekt der Erreichbarkeit, um zu verhindern, dass eine öffentliche An- und Abreise viel umständlicher ist. Der letzte Aspekt ist der Informationsaspekt, welcher besagt, dass über die An- und Abreise auf einem zentralen, gut übersichtlichen Informationsportal informiert werden muss. In den letzten Jahren wurden vermehrt Vorzeigeprojekte in Bezug auf Mobilität im Wintersport entwickelt.
Alpine Pearls
Einen Schritt in Richtung „sanfte Mobilität im Winter“ setzen beispielweise die „Alpine Pearls“ (Menn, A., Putzing, F., 2019). Die Alpine Pearls sind 19 Urlaubsdestinationen in Deutschland, Slowenien, Italien und Österreich deren Ziel es ist, ihren Gästen einen nachhaltigen und umweltfreundlichen Urlaub ganz ohne eigenes Auto zu bieten. Die „Perlenorte“ propagieren eine Anreise mit der Bahn oder dem Fernbus, um ihren Gästen eine Anreise ganz ohne Stau und Hektik, dafür aber mit großartigen Ausblicken und Genuss der Natur bieten zu können. Die Perlenorte sind autofrei und verkehrsberuhigt. Für die Mobilität vor Ort bietet jeder Perlenort ein individuelles, klimaschonendes Mobilitätsmodell: von günstiger Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Transfer vom Bahnhof über Shuttlebusse bis zum Fahrradverleih. Im Mittelpunkt steht die bewusste, stressfreie und nachhaltige Erholung der Gäste. Perlenregionen in Österreich sind beispielsweise Werfenweng oder auch Hinterstoder (Alpin Pearls, o. J.).
POW - PROTECT OUR WINTERS
POW ist ein internationales Netzwerks, welches 2007 von dem amerikanischen Profi-Snowboarder Jeremy Jones zum Kampf gegen den Klimawandel und zum Schutz des „Winters“ gegründet wurde. Seither ist POW zu einem weltweiten Netz- werk von mehr als 150.000 Unterstützern und über 200 Athletenbotschaftern herangewachsen und hilft leidenschaftlichen Outdoor-Menschen ihre Lieblingsorte vor dem Klimawandel zu schützen. Das Netzwerk agiert durch Standorte in den unterschiedlichsten Ländern, darunter auch Österreich, lokal und unterstützt nationale Kampagnen und bietet fachkundige Unterstützung, um wirkungsvolle Klimaschutzmaßnahmen zu erreichen.
Für POW ist Mobilität einer der wichtigsten Faktoren zum Schutz unserer Umwelt, denn der Verkehr ist europaweit die zweitgrößte Quelle für die Emission von Treibhausgasen und zudem einer der wenigen Sektoren, in dem die Emissionen immer noch steigen und nicht sinken. Mit ihren Kampagnen setzt sich die Organisation verstärkt für eine umweltfreundliche Anreise in Skigebiete ein und motiviert wintersportbegeisterte Menschen sich auf diese „Abenteuer“ einzulassen (Protect Our Winters Europe, 2022).
„Ohne Stress mit schnellen Zügen zum Skifahren kommen, mit emissionsfreien Autos die Luftqualität in unseren Städten wiederherstellen, durch weniger Verkehr den Lärmpegel in unserer Umgebung senken, Kindern den eigenständigen Schulweg ermöglichen, und durch mehr Mobilität für alle, das Leben und den Bergsport genießen“ (Protect Our Winters Europe, 2022).
Nachhaltige Energiequellen
Neben dem Potenzial eines nachhaltigen Transportes bieten die Bergregionen auch ein überdurchschnittliches Potenzial für die Nutzung von erneuerbaren Energiequellen zur Erzeugung von Ökostrom. Voraussetzung dafür sind die geografische Lage und die bereits vorhandene Infrastruktur. Lawinenverbauungen an Südhängen eignen sich perfekt für ertragsstarke Solarkraftwerke. Beschneiungsanlagen können im Umkehrschwung durch die Nutzung der vorhandenen Höhen- , Druck- oder Wärmedifferenzen auch als Wasserkraftwerke verwendet werden. Die benötigte Infrastruktur ist in den meisten Skigebieten ohnehin vorhaben (Menn, A., Putzing, F., 2019).
„Nachhaltigkeit gilt als ein ethisch begründetes und sich im ständigen Abwägungsprozess befindendes Leitprinzip für eine zukunftsorientierte gesellschaftliche Entwicklung“ (Balaš & Strasdas, 2018, S. 5). Der Mensch und sein Handeln haben einen starken Einfluss auf unsere Umwelt. Daher ist es wichtig sich das Ausmaß vor Augen zu führen und nachhaltige Lösungsansätze für die vorhandenen Probleme zu finden.