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3. Menschen und Umwelt
Unsere westliche Wirtschafts- und Lebensweise geht auf Kosten der uns nachfolgenden Generationen. Sie ist verbunden mit zu hohem Ressourcenverbrauch, Umweltzerstörung und Klimawandel (Unnerstall, 2021). Unsere Wegwerfgesellschaft hat gravierende Auswirkungen auf den Planeten und auf uns Menschen. Wir leben in einer Zeit der Umweltverschmutzung und der Verschwendung, der Ressourcenknappheit, des Rückganges der biologischen Vielfalt und der globalen Erwärmung. Sichtbar werden diese Auswirkungen an den Umweltereignissen, die uns in den letzten Jahren immer häufiger erschüttern: Überschwemmungen, Dürren, Waldbrände und Stürme - allesamt ausgelöst durch das rücksichtslose und konsumorientierte Handeln der Menschen. In den sechs Jahren zwischen der Klimakonferenz 2015 in Paris und der Klimakonferenz 2021 in Glasgow wurde von der Weltwirtschaft 70 % mehr Ressourcen verbraucht, als unsere Erde zur Verfügung stellen kann (Circular Economy, 2022). Der Mensch konsumiert damit so viel ökologische Ressourcen als würden wir auf 1,75 Erden leben (Global Footprint Network, o. J.).
3.1. ÖKOLOGISCHER FUSSABDRUCK
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Der Ökologische Fußabdruck ist die Metrik, die den Ressourcenbedarf von Einzelpersonen, Regierungen und Unternehmen mit der Kapazität der Erde zur biologischen Regeneration vergleicht (Global Footprint Network, o. J.).
Lebensmittelproduktion, Viehzucht, die Herstellung von Konsumgütern, Energiegewinnung, Transport und Reisen – all das verbraucht Ressourcen (Deutsche Welthungerhilfe e. V., 2021). Die Mobilität hat dabei, aufgrund der Nutzung fossiler Brennstoffe im Personen- und Güterverkehr, mit 17,1 Milliarden Tonnen, den größten Emissionsfußabdruck (Circular Economy, 2022). Der Ökologische Fußabdruck vergleicht die menschliche Nachfrage mit der Fähigkeit der Erde, diese Nachfrage zu decken. Entspricht der globale Ökologische Fußabdruck einer Erde („einem Planeten“), würde die Menschheit die gesamte regenerative Kapazität unseres Planeten nutzen, um ihren Bedarf an biologischen Ressourcen zu decken. Bei dem Verbrauch von zwei Erden würden wir doppelt so viel verbrauchen, wie unser Planet erneuern kann (Schneider Electric, 2021). Ausgangspunkt für die Berechnung des ökologischen Fußabdruckes ist die natürliche Biokapazität der Erde, die der Menschheit theoretisch zur Verfügung steht. Diese setzt sich aus den unterschiedlichen Flächen des Planeten, die Kohlenstoffemissionen binden, zusammen, wie etwa Ackerland, Weideland, Fischgründe, bebautes Land, Waldflächen und Landflächen. Zur Berechnung wurde die durchschnittliche biologische Produktivität (Biomasse, die pro Zeit- und Flächeneinheit erzeugt wird) von Flächen ermittelt, der sogenannte „globale Hektar“ (gha) (Deutsche Welthungerhilfe e. V., 2021).
Jeder Mensch sollte nicht mehr Ressourcen verbrauchen, als ihm zur Verfügung stehen. Die Realität sieht jedoch anders aus. In Österreich standen im Jahr 2018 jedem Menschen 2,68 gha zur Verfügung, verbraucht wurden aber 6,06 gha. Würden alle Menschen so leben wie in Österreich, würden jährlich sogar 3,83 Planeten benötigt werden, um den Ressourcenverbrauch zu decken. Im Vergleich dazu wurden zu Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1961 in Österreich 1,15 Planeten benötigt (Global Footprint Network, 2022). Klar ist – wir verbrauchen mehr Ressourcen als auf unserer Erde vorhanden sind.
Der „Earth Overshoot Day“ kennzeichnet den Tag, an dem sämtliche Ressourcen, die die Erde nachhaltig für ein Jahr bereitstellen kann, aufgebraucht sind. In Österreich war der „Earth Overshoot Day 2022“ bereits am 6. April. Von diesem Tag an kann der Rohstoffverbrauch der österreichischen Bevölkerung nicht mehr durch die Bildung neuer Ressourcen gedeckt werden. Wir leben auf Kosten uns nachfolgender Generationen (Bio Austria Bundesverband, 2022).
3.2. CIRCULAR ECONOMY
Die Circular Economy (Kreislaufwirtschaft) ist das Äquivalent der Natur zum „Leben im Rahmen der eigenen Möglichkeiten“. Genauso wie ein Leben über den eigenen wirtschaftlichen Möglichkeiten hinaus gefährlich sein kann, bedroht ein Leben über die planetarischen Verhältnisse hinaus den Planeten und sein sicheres Funktionieren (Circular Economy, 2022). In ihrer Studie konnten Lacy et al. (2015) einen starken Zusammenhang zwischen dem Ressourcenverbrauch und dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) feststellen. Zudem treiben Bevölkerungswachstum und Wirtschaftswachstums den Ressourcenverbrauch nach oben. In den Jahren zwischen 1975 und 2010 nahm das reale BIP um 225 % zu, während es in diesem Zeitraum ein Bevölkerungswachstum von 64 % gab. Daraus resultierte ein Anstieg von 120 % des Materialverbrauchs (Lacy et al., 2015).
Von den 100 Milliarden Tonnen an Ressourcen, die auf der Welt jedes Jahr verbraucht werden, werden nur 8,6 % wieder in den Kreislauf zurückgeführt. Über 90 % dessen, was der Erde entnommen wird, um unsere Bedürfnisse und Wünsche zu erfüllen, landet auf dem Müll. Wie die Ellen MacArthur Foundation schreibt, gibt uns die Kreislaufwirtschaft die Mittel an die Hand, um unsere lineare Wirtschaft in eine Wirtschaft zu verwandeln, in der wir im „Rahmen unserer eignen Möglichkeiten leben“ (Circular Economy, 2022). Die Kreislaufwirtschaft beruht auf den drei designbasierten Grundsätzen: die Vermeidung und Beseitigung von Abfällen und Umweltverschmutzungen, die Wiederverwendung von Produkten und Materialien mit ihrem höchstmöglichen Wert und der Regenerierung der Natur (Ellen MacArthur Foundation, o. J.–b).
„In our current economy, we take materials from the Earth, make products from them, and eventually throw them away as waste – the process is linear. In a circular economy, by contrast, we stop waste being produced in the first place” (Ellen MacArthur Foundation, o. J.).
Die Kreislaufwirtschaft ändert die „ökonomische Logik“. Sie ersetzt Produkte durch Suffizienz. Für Wirtschaftswissenschaftler ist die Schaffung von Wohlstand durch Langlebigkeit von Gütern das Gegenteil ihrer Logik. Die Sorge um Ressourcenschutz, Ethik und Sicherheit sowie Treibhausgasemissionen verändern die Sichtweise dahingehend, dass Materialien als Vermögenswerte betrachten werden, die es zu erhalten gilt, anstatt sie zu verbrauchen (Stahel, 2016). “Reuse what you can, recycle what cannot be reused, repair what is broken, remanufacture what cannot be repaired” (Stahel, 2016, S. 435).
Die Kreisl Ufe Der Circular Economy
Das Konzept der Kreislaufwirtschaft wird anhand des „Schmetterlingsdiagramms“ veranschaulicht (vgl. Abb. 4) und zeigt den kontinuierlichen Materialfluss, der die Basis der Kreislaufwirtschaft bildet. Das Diagramm zeigt kleinere innere „Loops“, die von größeren äußeren „Loops“ umgeben sind. Je kleiner der „Loop“, desto besser kann ein Produkt in seinem Originalzustand erhalten werden und umso mehr Wert bleibt dadurch auch erhalten (Ellen MacArthur Foundation, o. J.–b).
Die Kreislaufwirtschaft unterteilt sich in zwei Hauptkreisläufe – den technischen und den biologischen Kreislauf (vgl. Abb. 4). Der biologische Kreislauf beschreibt die Prozesse, die dem Boden Nährstoffe zurückgeben und zur Regeneration der Natur beitragen. Der technische Kreislauf ist für Produkte relevant, die eher verwendet als konsumiert werden. (Ellen MacArthur Foundation, o. J.–b). Für eine Skitasche zum Beispiel, ist primär der technische Kreislauf von Relevanz und dessen Aspekte werden im Folgenden kurz beschrieben.
Abb. 4: Die Kreisläufe der Circular Economy (eigene Darstellung auf Basis von Ellen MacArthur Foundation, o. J.–b)
Sharing
„Sharing“ ist der innerste Loop im technischen Kreislauf. Wenn dieser auch nicht für alle Produkttypen funktioniert, so bietet dieser Loop großes Potenzial eine effizientere Nutzung von vielen Produkte zu erreichen. Beispielsweise wird eine Bohrmaschine im Laufe ihres Lebens durchschnittlich nur 13 Minuten benutzt. Durch Sharing-Plattformen könnte diese Nutzungsdauer bedeutend intensiviert werden (Ellen MacArthur Foundation, o. J.–a).
Instandhaltung
Durch Instandhaltung und Wartung kann der Wert eines Produktes maximiert und die Nutzungsdauer verlängert werden (Ellen MacArthur Foundation, o. J.–a). Die Instandhaltung ist die effizienteste Methode, um Produkte auf hoher Qualität zu halten und so ihre gewünschte Leistung zu garantieren. Produkte können vor Ausfall oder Verfall geschützt werden. Zudem können durch ein After-Sales-Service und dem Verkauf von Ersatzteilen mehr als das Dreifache des Umsatzes des ursprünglichen Kaufs generiert werden (Evans & Bocken, o. J.).
Redistribution
Die Umverteilung bietet eine weitere Möglichkeit, Produkte in Gebrauch zu halten und zu verhindern, dass sie im Müll landen. Produkte werden in ihrem Markt zu einem anderen Kunden umgeleitet, wodurch das Produkt einer wertvollen Verwendung zugeführt wird. (Ellen MacArthur Foundation, o. J.–a). Durch die Wiederverwendung oder den Weiterverkauf müssen weniger Produkte hergestellt werden, die dem gleichen Zweck dienen. Es kann sich dabei um das gesamte Produkt oder Bestandteile davon handeln (Evans & Bocken, o. J.).
Refurbish
Durch die Wiederaufbereitung kann ein funktionstüchtiger Zustand und der Wert eines Produktes wiederhergestellt werden. Diese Aufbereitung kann das Reparieren oder Ersetzen von Komponenten, das Aktualisieren von Spezifikationen und das Aufbessern des optischen Erscheinungsbilds einschließen (Ellen MacArthur Foundation, o. J.–a).
Remanufacture
Wenn Produkte in ihrem aktuellen Zustand nicht im Umlauf bleiben können und intensiver bearbeitet werden müssen, um weiter verwendet werden zu können, spricht man von Remanufacture. Dabei werden Produkte so lange überarbeitet bis ein neuwertiger Zustand mit dem gleichen oder einem verbesserten Leistungsniveau wie beim Neukauf erreicht wird. Wiederaufbereitete Produkte oder Komponenten werden in der Regel mit einer Garantie versehen (Ellen MacArthur Foundation, o. J.–a).
Recycle
Der äußerste Loop und letzte Schritt im technischen Kreislauf ist das Recycling und der letzte Ausweg der Kreislaufwirtschaft. Der Wert eines Produktes geht zur Gänze verloren und wird auf seine Grundmaterialien reduziert. (Ellen MacArthur Foundation, o. J.–a). Dieser Prozess verhindert das Deponieren von Abfällen, reduziert den Energieverbrauch und vermindert die Auswirkungen auf die Umwelt (Evans & Bocken, o. J.). Für alle Produkte auf dem Markt, die dem technischen Kreislauf angehören, sollte ein recyclinggerechtes Design von Priorität sein, insbesondere aber für Produkte, die für alle anderen Loops im Kreislauf nicht geeignet sind (Ellen MacArthur Foundation, o. J.–a).
In der Designphase eines Produktes werden bereits 80 % seiner Auswirkungen auf die Umwelt bestimmt (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) – Friends of the Earth Germany, o. J.). Neben den zwei Hauptkreisläufen haben sich in der Circular Economy auch fünf Geschäftsmodelle etabliert, die darauf abzielen Produkte und ihre Wertschöpfungskette kreislauffähig zu gestalten.
F Nf Gesch Ftsmodelle Der Circular Economy
Der Aufbau der Circular Economy wird wegweisend durch tiefgreifende Innovationen bei Geschäftsmodellen, Technologien und Wertschöpfungsketten ermöglicht. Es gibt fünf große Geschäftsoptionen, die zunehmend an Bedeutung gewinnen. Mithilfe dieser Modelle können Unternehmen ihre Wertschöpfungskette von linear zu zirkulär entwickeln (Lacy et al., 2015).
CIRCULAR SUPPLY-CHAIN
Vollständig erneuerbare, recyclingfähige oder biologisch abbaubare Materialien, die in aufeinanderfolgenden Lebenszyklen verwendet werden können, um Kosten zu verringern und die Berechenbarkeit und Steuerbarkeit zu erhöhen (Holst et al., 2018).
WIEDERVERWERTUNG & RECYCLING (RECOVERY & RECYCLING)
Durch den Einsatz von Produktions- und Verbrauchssystemen können nutzbare Ressourcen und Energie aus verwendeten Produkten oder Nebenprodukten für andere Zwecke wiederverwertet werden (Holst et al., 2018).
LEBENSZYKLUSVERLÄNGERUNG (PRODUCT LIFE-EXTENSION)
Durch Reparatur, Wiederverwendung, Refurbishment oder Remanufacturing wird der Lebenszyklus von Produkten und Komponenten verlängert. Es entwickelt sich eine Wandel vom Transaktionsmanagement zum Kundenbeziehungsmanagement (Holst et al., 2018).
KOLLABORATIONSPLATTFORM (SHARING PLATFORM)
(Digitale) Plattformen ermögliche es, Güter, welche im Besitz von Privatpersonen oder Unternehmen sind, durch einen geteilten Zugang stärker zu nutzen. Gegenstände können vermietet, getauscht, geteilt und ausgeliehen werden (Holst et al., 2018).
Product As A Service
Der Zugang zu einem Produkt wird als Dienstleistung angeboten. Die Produzenten oder Händler bleiben Eigentümer der Produkte und übernehmen die gesamten Betriebskosten, während Kunden die Produkte nur mieten oder je nach Gebrauch dafür bezahlen. Dadurch wird erzielt, dass die Leistung und Haltbarkeit eines Produktes wichtiger ist als die Masse. Außerdem bauen Unternehmen und Kunden eine stärkere Beziehung auf (Holst et al., 2018).
Nach dieser Betrachtung der verschiedenen Themenschwerpunkte, die als Wissensgrundlage für die empirische und gestalterische Arbeit dienen, folgt im nächsten Teil der Arbeit die Untersuchung zur Erfassung der sozialen Realität. Es wird erläutert, wie sich die An- und Abreise der Wintersportler in ein Skigebiet gestaltet und welche Aspekte hierbei von Bedeutung sind. Mithilfe einer quantitativen Umfrage werden verschiedenste Zusammenhänge dargestellt und erklärt.