Marburger Magazin Express 9/2020

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Mit Larry Coryell (li.) und Alphonse Mouzon gaben sich 1986 zwei internationale Superstars die Ehre. Fotos: privat

„Mächtig viel gute Musik“ 40 Jahre JIM

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ieses Jahr hagelt es die Jubiläen. Auch die Jazzinitiative Marburg e.V (JIM) ist da mit von der Partie. Zum Vierzigjährigen sprachen wir mit Vorstandsmitglied und Programmplaner Carsten Degner. Express: Wir wollen zu Beginn nicht Frank Zappa bemühen, aber dennoch: Wie kommt man darauf, zu Hochzeiten von Punk und New Wave ausgerechnet eine Jazzinitiative zu gründen? Carsten Degner: Nun, ich selbst bin zwar erst ein halbes Jahr später dazu gekommen, aber die damals wie heute sehr lebendige kreative Musiker*innenszene suchte eine Bleibe mit Bühne und Möglichkeiten des Austauschs, für Konzertveranstaltungen und Musikertreffs. Vereinsgründer Roman Klöcker jobbte damals in der noch recht neuen Kneipe Cavete und hatte das Angebot bekommen, die zu übernehmen. Die Bedingung für ihn war: es sollten sich Menschen finden, die bereit waren, sich für den Jazz und Artverwandtes in dem Laden zu enga-

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gieren. Und das macht mensch dann hier am besten in Vereinsform. Aber um auf deine Frage zum Punk zurückzukommen: die 80er waren auch die Hochzeit des punk jazz, und mit James Blood Ulmer hatten wir einen der führenden Köpfe auch live in der Cavete. Und dass ich selbst, weil ich zu faul bin Saxophon zu üben, inzwischen auch in einer Punkband spiele, tut hier wohl nichts zur Sache. Und das Vorhaben fiel hier in Marburg auf fruchtbaren Boden? Da bin ich ja das beste Beispiel. Frisch als junger Studi in Marburg, suchte ich wie viele andere den Ort, wo man wirklich außergewöhnlich gute Musik hören und auch selbst machen konnte. Und im Jazzclub konnten wir das finden. Marburg selbst war schon früher ein gutes Pflaster für kreative Musik gewesen, schon in den 70ern hatte die UDJ - Union Deutscher Jazzmusiker, heute Deutsche Jazzunion - ihr großes Festival in Marburg.

Was waren denn die bislang besten Momente in den vergangenen vierzig Jahren? Das sind so viele ... Natürlich die ganz großen Namen in den 80ern, wie Chet Baker oder Max Roach, Elvin Jones, John Scofield – alle auf der kleinen Bühne. Dann die Festivals, die wir im Audimax und auf der Schlossparkbühne organisiert haben. Aber wirklich: für mich sind es eigentlich immer wieder die neuen „kleinen“ Entdeckungen mit fantastischer Musik, die das Publikum so positiv überraschen. Dass regelmäßig großartige Nachwuchsbands sich nach dem Durchbruch dran erinnern, dass für sie auch schon zu Beginn in der Cavete Platz war. Nur ein Beispiel: Als der Pianist Michael Wollny Anfang des Jahrtausends mit seiner Band bei uns war, kannte ihn kaum jemand. Dass er einige Jahre später als junger Star des deutschen Jazz vor ausverkauftem Haus das Abschlusskonzert von „3TM“ spielt, machte uns schon ein bisschen stolz.

Und was war der Horror? Neben den Schulden aus den „big name“-Konzerten in den 80ern? Und der Nachzahlung eines fünfstelligen Betrages zur sogenannten „Ausländersteuer“ um die Jahrtausendwende? Die wir übrigens ohne Engagement von ein paar sehr guten Freunden nicht überlebt hätten? Eigentlich nur das Konzert mit Archie Shepp, bei dem er so stoned war, dass er nach der Pause wieder mit den gleichen Stücken von vorne anfing und das Publikum ausgesprochen unruhig wurde ... Es hat uns etwas Überredungskunst gekostet, beim Superstar eine Programmänderung durchzusetzen. Wie ist die J.I.M. aktuell aufgestellt? Was läuft gut und wo kneift’s? Vieles funktioniert prima. Die Open Stage am Montag ist eine der wenigen Sessionbühnen, die fast seit 30 Jahren ohne bezahlte Rhythmusgruppe läuft und von den Musiker*innen selbst organisiert wird. Unsere Programmgruppe stellt für die Dienstage ganz demokratisch ein hochklassiges Programm quer durch alle Stilschubladen zusammen, das vom Publikum regelmäßig gefeiert wird. Die Zusammenarbeit mit anderen Trä-


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