6 minute read

Frage an

Der Landtag hat in der Juni-Session die Petition für ein «aktives Wahlalter 16» behandelt und an die Regierung überwiesen. Wie stehen Sie persönlich zur Eingabe der Jungen Liste?

David Gstöhl, FBP

Aktiv wählen zu dürfen, ist nicht nur ein Recht, sondern auch eine Pflicht. Um diese Wahlpflicht erfüllen zu können, muss man sich mit den jeweils aktuellen Themen auseinandersetzen, was wiederum ein gewisses Interesse voraussetzt. Insbesondere bei jungen Menschen ist dieses Interesse meines Erachtens bei vielen Themen häufig noch nicht gegeben. Dabei sind nicht explizit die 16- bis 18-Jährigen gemeint, auch junge Erwachsene kann das betreffen. Zwar lässt sich in jüngster Vergangenheit eine zunehmende Politisierung von jungen Menschen, vor allem bei Themen wie Umwelt und Klima, feststellen, diese Themen machen jedoch nur einen kleinen Teil der Politik aus.

Ein weiterer wichtiger Faktor bei der eigenen, insbesondere politischen, Meinungsbildung sehe ich in der Selbstständigkeit. Ein Grossteil der 16- bis 18-Jährigen lebt noch bei den Eltern, befindet sich in der Erstausbildung, geniesst etliche finanzielle Erleichterungen im Alltag und erfährt allgemein von vielen Seiten in allen möglichen Bereichen eine gewisse Unterstützung. Dies hat zur Folge, dass eine eigenständige Meinungsbildung in vielen Bereichen schlicht nicht möglich ist, da die erforderlichen Erfahrungen und Bezugspunkte noch nicht gegeben sind.

Auch die junge FBP hat sich mit dem Thema «Wahlalter 16» intensiv auseinandergesetzt. Eine in diesem Zusammenhang durchgeführte Mitgliederumfrage hat ergeben, dass der Grossteil der Mitglieder der jungen FBP das «Wahlalter 16» nicht befürwortet. Viel wichtiger scheint es, das politische Interesse der unter 18-Jährigen aktiv zu fördern, sie bestmöglich auf ihre mit dem vollendeten 18. Lebensjahr einhergehende Wahlpflicht vorzubereiten und ihre Anliegen wahrzunehmen. Nicht wählen zu dürfen, heisst nämlich nicht, sich nicht politisch einbringen zu dürfen.

Peter Frick, VU

Ich denke, in der VU gibt es Befürworter und Gegner des Wahlalters 16. Eine repräsentative Umfrage bei den 16-, 17- und 18- jährigen Bürgern wäre sicher hilfreich, um herauszufinden, wie die «Betroffenen» dazu stehen und ob dies wirklich gewünscht wird oder nicht. Politisch Interessierte und Uninteressierte gibt es in jeder Altersgruppe. Die einen sehen es als Bürde, die anderen als ein Privileg. In der Petition «für ein aktives Wahlalter 16» steht, der Staat müsse sich bemühen, die Jugendlichen für den demokratischen Staat zu gewinnen. Diese Aussage finde ich nicht passend, weil eben der Staat vieles in puncto Partizipation bei Kindern und Jugendlichen unternimmt. Diesem Ansinnen wird der Staat heute schon gerecht. So haben Kinder und Jugendliche früh die Möglichkeit, sich durch Partizipation einzubringen. Seine Meinung kann man auch äussern, wenn man nicht stimmberechtigt ist. Die Offene Jugendarbeit ist sehr bemüht, Jugendliche mitbestimmen zu lassen, in der Schule wird engagiert Staatskunde unterrichtet, werden Klassensprecher gewählt, Klassensprechervollversammlungen durchgeführt und es gibt auch die Jugendbeteiligung (JUBEL), die Jugendbeteiligung fördert. Die Schule arbeitet sehr eng mit JUBEL zusammen. Was ich in den Diskussionen vermisse, ist die Betonung der Verantwortung des Elternhauses, aus unseren Kindern und Jugendlichen verantwortungsbewusste Menschen zu machen. Der Schrei nach dem Staat und dessen Verantwortung ist wieder einmal unüberhörbar. Den reifen, jungen Menschen, die sich wirklich die Wahlpflicht mit 16 Jahren wünschen, möchte ich die Chance nicht nehmen, mit 16 abstimmen zu dürfen. Es wäre damit nichts verschenkt, daher kann ich dieses Anliegen auch befürworten. Dennoch erlebe ich viele Jugendliche, die sich in diesem Alter nichts aus Politik machen, weil ihre Interessen berechtigterweise anderswo liegen. Daher hätten mich Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage, wie Eingangs schon erwähnt, sehr interssiert.

Patrick Risch, FL

Es freut mich sehr, dass die politisch engagierte Jugend das Zepter selbst in die Hand genommen hat und eine Petition für die Senkung des Wahlalters auf 16 einreicht.

In Österreich beschloss das Parlament im Jahr 2007, das Wahlalter auf 16 zu senken. Eine Wahlanalyse, die nach den Nationalratswahlen 2017 durchgeführt wurde, hat gezeigt, dass die bei der Einführung des Wahlalters 16 vorgebrachten kritischen Bedenken im Nachhinein als haltlos bewertet wurden und schliesslich als positiv zu betrachten sind. Die Analyse kam zum Schluss, dass die 16- und 17-Jährigen gut vorbereitet an die Wahl gingen und über die nötigen politischen Ressourcen verfügten.

Mit 16 müssen sich die meisten Jugendlichen für einen Weg in ihrem beruflichen Werdegang entscheiden. Eine persönliche Entscheidung, die bei vielen den Grundstein für das lebenslange Lernen und die berufliche wie auch persönliche Entwicklung legt. Für mich verfügen sie also über die nötige Reife, um auch an der Urne die für sie richtige Wahl zu treffen.

Die Welt steht vor einem Wandel, der uns alle, aber vor allem die heranwachsende Generation betrifft. Es stehen grosse Entscheidungen an, die ein Umdenken unserer Gesellschaft erfordern: weg vom fossilen CO2 belasteten Zeitalter, hin zur klimaneutralen nachhaltigeren Zukunft. Aber auch die demografische Entwicklung mit der zunehmenden Überalterung der Gesellschaft wird einige Entscheidungen mit sich bringen, die wiederum vor allem die Jungen ein Leben lang begleiten werden.

Es ist an der Zeit, dass auch die Jungen mitbestimmen, sich so an der gelebten Demokratie beteiligen und mit ihrer Stimme die Zukunft aktiv mitgestalten können.

Pio Schurti, DU

Die Petition wurde nach einer Debatte überwiesen, die ein Politik-Lehrstück für junge Menschen sein konnte. Da konnten die politik-interessierten jungen Menschen mal mithören, was Politik auch ist: viel schwatzen.

In unserem Land kann man sehr jung politisch aktiv sein, z.B. für ein Referendum Unterschriften sammeln, protestieren … die Klimaproteste zeigen ja deutlich, wozu die noch nicht wahl- und stimmberechtigte Jugend weltweit imstande ist.

Die Junge Liste begründete ihre Petition u.a. auch mit dem Argument, dass eine «Senkung des Wahlalters eine Identifikation mit der Demokratie erleichtern» würde. Wer hat ihnen das vorgeschwatzt? Vermutlich die «Alte Garnitur» der FL.

Wo lernen wir Demokratie? In der Familie. Der Umgang mit anderen, das Verständnis für unterschiedliche Interessen, all das beginnt in der Familie. Damit die «Demokratie-Erziehung» in der Familie funktioniert, muss der Staat nicht das Wahlalter senken.

Der Staat muss unsere Werte durchsetzen. Gemäss Kinderrechtskonvention muss er z.B. jedem Kind, das fähig ist, sich eine eigene Meinung zu bilden, das Recht gewährleisten, diese Meinung in allen das Kind berührenden Angelegenheiten frei zu äussern. Die Meinung des Kindes hat die Gesellschaft angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife zu berücksichtigen.

Aus diesen Zeilen wird klar, dass Nichtmündige mitreden sollen und dürfen, dass sie aber (noch nicht) entscheiden (abstimmen, wählen) können, weil sie letztlich die Verantwortung für ihre Entscheidungen noch nicht übernehmen können.

Wenn man wählen und abstimmen darf, muss man auch fähig sein, den Grind dafür hinzuhalten. Ich bin sofort dafür, den 16.Jährigen das Stimm- und Wahlrecht (aktiv und passiv) zu geben, wenn wir als Gesellschaft beschliessen, dass 16-Jährige volljährig sind und entsprechend volle Verantwortung für ihr Tun und Lassen übernehmen können.

Pascal Ospelt, DPL

Es ist zu begrüssen, dass die Jugend sich politisch engagiert. Dafür danke ich der Jungen Liste. Mit der Herabsetzung der Volljährigkeit von 20 auf 18 Jahre gewährte man den Jugendlichen die Möglichkeit, selbständig darüber zu entscheiden, ob sie beispielsweise Mietverträge, Kaufverträge oder eine Ehe eingehen oder abschliessen wollen. Ich mag mich sehr wohl an die eingehenden Diskussionen erinnern, ob ein Mensch mit 18 wohl schon reif und lebenserfahren genug sei, um über solche wichtigen «Geschäfte» selbständig und auch unbeeinflusst zu entscheiden. Mit der Herabsetzung der Volljährigkeit auf 18 Jahre wurde den 18-Jährigen ebenfalls das Wahlalter (also die politische Mitbestimmung) gewährt. In unserer Gesellschaft wird von unserer Jugend immer früher immer mehr verlangt. Der Leistungsdruck ist in den letzten Jahren stetig gestiegen.

Ich sehe mit der Herabsetung des Wahlalters auf 16 Jahre einen weiteren gesellschaftlichen Druck, welcher unseren Jugendlichen aufgebürdet wird, und dies genau zu der Zeit, in der sie ohnehin mit Leistungsdruck in der Schule oder in der Ausbildung belastet sind. Das Interesse und Wissen rund um die Politik werden nicht durch Herabsetzung des Wahlalters geweckt – davon bin ich überzeugt. Vielmehr sehe ich die Verantwortung für das «Wecken» des politischen Interesses in unserer Gesellschaft und gegenständlich bei unseren Jugendlichen, in der Aufklärung und Bildung.

Es wäre zu begrüssen, wenn an unseren Schulen ein verstärktes Augenmerk auf Staatskunde gelegt würde, damit unsere Jugendlichen über das nötige politische Rüstzeug verfügen. Gewähren wir unserer Jugend doch diese zwei Jahre bis zu Volljährigkeit, um sich auf das gesellschaftspolitische Leben vorzubereiten und belasten sie nicht noch mit mehr Verantwortung und entsprechendem Druck.

This article is from: