Medijuana 7

Page 1

Nr.7 2013 März-April

Medical & Harm Reduction Magazine

CBD – CANNABIDIOL Der Krampflöser der Natur

LAND OF THE FREE In Amerika entsteht das System der Legalisierung

WAS IST EIN GUTES GANJA? PERSONAL JESUS Wenn die Gebete der Drogenhändler erhört würden

18+



ALSO

Medical Medical && Harm Harm Reduction Reduction Magazine Magazine

Schwarz oder weiß n unserer letzten Ausgabe haben wir uns viel mit Europa und seiner uneinheitlichen Drogenpolitik beschäftigt. Im Zusammenhang mit der amerikanischen Legalisierung sprachen wir in der Redaktion darüber, wie man es sich eigentlich vorzustellen hat, dass in einer größtenteils einheitlichen, freizügigen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung die BürgerInnen zweier benachbarter Mitgliedsstaaten für die gleiche Handlung mit zwei vollkommen unterschiedlichen Urteilen rechnen müssen. Wir dachten darüber nach, wie wohl, nach der vollkommenen Legalisierung, ein texanischer Richter sein Urteil – Freiheitsentzug wegen Konsum und Besitz – begründet, ohne sich lächerlich zu machen. Denn mit klarem Verstand ist das nicht begreifbar; es ist ein Unding, dass der Besitz von ein paar Gramm Gras auf der einen Seite der Straße (in Texas) solche gesellschaftlichen Schäden verursachen soll, dass man mit den strengsten Mitteln dagegen vorgehen muss, während das auf der anderen Straßenseite (in Colorado) niemanden schädigt und ungeahndet bleibt. Was ist das für ein Land, wo weder die BürgerInnen noch die GesetzgeberInnen und VollstreckerInnen der Gesetze wissen, welche Taten der Gemeinschaft wirklich schaden?! Auf welcher moralischen Grundlage fällt ein texanischer Richter Urteile, wenn im Nachbarstaat dieser Straftatbestand nicht einmal existiert? Die Gesetze der beiden Bundesstaaten basieren auf der gleichen Rechtsgrundlage, diese nennt sich Verfassung der Vereinigten Staaten. Wie kann die Beurteilung und Auswirkung des gleichen Joints in den Staaten Texas und Colorado so unterschiedlich ausfallen? Die Bürger von Colorado sagen, passt schon, die Texaner sagen, passt nicht, wer Gras will, soll nach Colorado gehen. Das beantwortet aber keinesfalls die Frage nach der Auswirkung der Handlung. Denn wenn man keinem schadet, niemand der Tat zum Opfer fällt und auch der Gemeinschaft kein Schaden zugefügt wird – mit welchem Recht mischen sich dann im Interesse der Gemeinschaft und mit deren Vollmacht die Behörden ein? Mit welchem Recht wird man aus Texas verjagt oder wird einem immerhin nahegelegt, nach Colorado zu gehen? Ob es Geschädigte und Opfer gibt oder ob die Gemeinschaft Schaden genommen hat, das ist keine Frage von Glauben und Vorstellung, sondern von Fakten. Die es entweder gibt oder nicht. Entweder schwarz oder weiß, das muss eindeutig entschieden werden. In der Europäischen Union, auch wenn hier die wirtschaftlichen und kulturellen Unterschiede größer sind als die zwischen den amerikanischen Bundesstaaten, verhält sich das ganz genauso. Wir sprechen von einem einheitlichen europäischen Wertgefüge und können uns nicht darüber einigen, ob das Rauchen eines Joints der Gesellschaft ernsthaften Schaden zufügt. Weshalb zum Schutz der Gemeinschaft ihre Repräsentanten antreten müssen (Ungarn), oder aber im Gegenteil, es keinerlei Auswirkung auf die Gemeinschaft hat, und daher auch nicht verboten werden muss, ja, es das Recht jedes/r mündigen BürgerIn ist, selbst zu entscheiden, ob er/sie raucht oder nicht (Spanien). Mancherorts kann man gegen Zahlung der Umsatzsteuer sogar Handel treiben (Niederlande). Zudem hat auch Europa eine Verfassung mit gemeinsamen Werten, nach der sich die Gesetze der Mitgliedstaaten und ihr Rechtswesen richten müssen. Natürlich kann man nach Holland gehen. Aber trotzdem: Auf welcher Rechtsgrundlage wird man von den Herrschenden vertrieben, bzw. wird empfohlen, nach Holland zu gehen? Vollkommen offensichtlich, dass viele Staaten der Union (Texas eingeschlossen) ihre BürgerInnen bestrafen – für Dinge, für die es nicht notwendig wäre, beziehungsweise bei denen es ihnen nicht einmal zusteht. Das Cannabisverbot ist weder aus gesellschaftlicher oder medizinischer, noch aus sozialer Hinsicht begründbar, hauptsächlich weil dessen Kriminalisierung bewiesenermaßen größeren Schaden verursacht als der Konsum. Das Verbot ist in erster Linie politisch begründet.

I

www.de.medijuana.eu

Cover image: Shiva Shanti (Sensi Seeds)

Der Redakteur

INDEX ALL24.at 19 ATAMI 9, 17 BABYLON GROW 47 BIO NOVA 11, 28 BUSHDOCTOR 24–25 BUSHPLANET 4–5 EUPHORIA SHOP U3 FUTURE GROW 13 GROWSHOP.AT 31 HANF im GLÜCK 29 HANF UND HANF 15 HASH MARIJUANA & HEMP MUSEUM 13 HERBALIST 37 HUG’s 45 INDRAS PLANET 9 MR. SMART 37 NACHTSCHATTEN VERLAG 48 NIRVANA 12 PARADISE GROW 33 PLAGRON 9, U4 PRIMA KLIMA 2 ROYAL QUEEN SEEDS 7 SCHALL & RAUCH 26 SENSI SEEDS CO. U2 SERIOUS SEEDS 43 SONNENALLEE 26 1



MEDI+GREEN LEGALISIERENDE BRITISCHE ABGEORDNETE

6 Medical & Harm Reduction Magazine

SIEBEN WEITERE STAATEN KÖNNTEN LEGALISIEREN THC-UNIVERSITÄT IN COLORADO

7

ZUCHT BEVORZUGT

8

Chefredakteur: Gabor Holland Autoren: Bob Arctor, G.B.I.

VIRTUELLE SEIDENSTRASSE NORDKOREANISCHER KUSH

IMPRESSUM

10

Jack Pot, Martin Müncheberg Tomas Kardos Lektorin: Helen Bauerfeind

JOSH-VON-SOER-PREIS FÜR DIE LEIPZIGER “DRUG SCOUTS”

Design & Photo: Gergely Vaska

GROW HANF UND HANF

Verantwortlicher Herausgeber: Peter Perjesi

14

CK & MEDIJUANA PUBLISHING KN Advertising s.r.o.

Wiener Walzer trifft Reggae

945 05 Komarno 5. Eötvösa 57/20. E-mail: medijuana.at@gmail.com

CANNA+GLOBE FUNNY LAWS

Web: www.medijuana.eu

16

Die Folgen absurder Gesetzgebung LAND OF THE FREE

EXPERTEN

18–19

In Amerika entsteht das System der Legalisierung MEXIKANISCHES ECHO

20–21

Die möglichen Auswirkungen der Legalisierung in Amerika PERSONAL JESUS

22–23

Wenn die Gebete der Drogenhändler erhört würden

MEDI+GREEN HARBORSIDE WIRD NICHT GESCHLOSSEN

27

ES SCHMERZT, ABER DU SPÜRST NICHTS TARANTINOS KRIEG

28

OBERVERWALTUNGSGERICHT ENTSCHEIDET:

29

Patienten dürfen Cannabis zur Selbsttherapie anbauen

MEDIZIN DIE TAGUNG DER CANNABISFORSCHER

30–31

EPILEPSIE UND CANNABIS

32–33

CBD – CANNABIDIOL

34–36

Der Krampflöser der Natur

VOLLBLUT SHIVA SKUNK AUTOFLOWERING WHITE RUSSIAN #1

39 40–42

Serious Seeds’ Premiere auf der Sorten-Autobahn

GROW WAS IST EIN GUTES GANJA? Die Pflicht zur Qualitätskontrolle, ob gekauft oder gezogen

44–46

Der Herausgeber von Medijuana weist alle Leserinnen und Leser darauf hin, dass der Handel mit lebensfähigen Hanfsamen sowie Verkauf, Besitz und Lieferung derselben in mehreren Mitgliedsstaaten der Europäischen Union als illegal gelten! Sämtliche Inhalte sind zu Informations- bzw. Unterhaltungszwecken gedacht. Wir möchten keineswegs dazu beitragen, dass jemand in seiner Heimat bestehenden Gesetzen zuwiderhandelt. Es ist nicht Anliegen des Herausgebers von Medijuana, irgendjemanden zur illegalen Nutzung der in der Broschüre erwähnten Produkte anzuregen. Der Herausgeber trägt keine Verantwortung für Aussagen, die auf verkauften Anzeigenflächen erscheinen. Sämtliche Meinungen im Redaktionsteil stammen von den Autoren und decken sich nicht in jedem Falle mit dem Standpunkt des Herausgebers. Gelegentlich ist es nicht möglich, den/die Inhaber des Urheberrechts zu identifizieren oder mit ihm/ihr Kontakt aufzunehmen, daher übernehmen wir im Falle des Nachweises von begründeten Urheberrechtsansprüchen auch im Nachhinein die Zahlung einer bestimmten Vergütung. Wir gehen bei sämtlichen Texten und Bildern bis zur Erklärung des Gegenteils davon aus, dass sie uns zur Veröffentlichung zugesandt wurden. Für die Vervielfältigung der Broschüre – auszugsweise oder als Ganzes – ist die schriftliche Erlaubnis des Herausgebers erforderlich, auch wenn die Vervielfältigung nicht zu kommerziellen Zwecken erfolgt. Alle Rechte vorbehalten!

3




MEDI+GREEN

Legalisierende britische Abgeordnete ls Ergebnis ihrer einjährigen Forschungsarbeit verkündete eine Gruppe von britischen Abgeordneten, dass der logischste Schritt in der Drogenpolitik die Freigabe von Marihuana sei. Im Verlauf dieses einen Jahres hatten sie Interviews gleichermaßen mit SpezialistInnen, DrogenkonsumentInnen und Abhängigen nach dem Entzug geführt. Sie drängen auf die Einrichtung eines staatlichen Komitees, damit noch vor den nächsten Wahlen die Frage der Legalisierung auf die Tagesordnung kommt. Gleichzeitig erwarten sie von der Regierung, dass diese eine Studie über die Kosten der Marihuana-Legalisierung und die zu erwartenden Auswirkungen in Auftrag gibt. Die Abgeordneten betrachten die Entkriminalisierung in Portugal als beispielhaft. Unhaltbar sei jedoch, dass Banden von so genannten organisierten Kriminellen die Banken zur Geldwäsche benutzten, deshalb wünschen sie eine umfassendere Lösung. Neben der legalen Regelung halten sie es für nötig, die Drogenprävention und die Schadensbegrenzung in den Schulen zu verstärken. Die Regierung

A

zögerte nicht mit der Antwort. Durch ihren Sprecher ließ sie mitteilen, dass bestimmte Drogen illegal seien, weil sie schädlich sind und Leben zu Grunde richteten (siehe Alkohol? – der Red.). Der Regierungssprecher fügte hinzu, man denke überhaupt nicht daran, die Risikoeinstufung für Marihuana

zu ändern, und an Legalisierung schon gar nicht. Wir werden sehen, was die Abgeordnetengruppe erreichen wird. Nebenbei bringt sie auch den Willen des Volkes zum Ausdruck, denn der Untersuchung YouGov 2012 zufolge sind 60 % der britischen Bevölkerung für die Legalisierung.

Sieben weitere Staaten könnten legalisieren iner der Hauptmotoren der aktuellen Legalisierungsbewegung in den Vereinigten Staaten, das Marijuana Policy Project (MPP), hat sieben Staaten ausgewählt, in denen in den nächsten Jahren Abstimmungen über die legale Regelung des Gebrauchs und des Handels mit Marihuana initiiert werden sollen An erster Stelle der Liste steht Alaska, wo die medizinische Anwendung

E

6

von Marihuana schon seit 15 Jahren gestattet ist und wo nach den Hoffnungen des MPP die Bevölkerung stärker als in allen anderen US-Staaten die Besteuerung des Marihuanas befürworten wird. Der zweite könnte Rhode Island sein, wo die Erlaubnis zur therapeutischen Nutzung 2009 und deren Legalisierung letztes Jahr in Kraft trat. Chancen für die vollständige Legalisierung in den beiden Staaten

rechnete man sich auch schon für dieses Jahr aus. Das MPP beabsichtigt, 2014 in Maine die Initiative einzureichen, über die 2016 abgestimmt werden soll. Hier hatte die große Mehrheit der Bevölkerung noch 1999 für die Erlaubnis zur therapeutischen Nutzung gestimmt, sodass auch hier die Aussichten gut sind. In Massachusetts haben ebenfalls über 60 % der BürgerInnen für die Entkriminalisierung und die Erlaubnis zur therapeutischen Nutzung gestimmt. Weil aber diese Änderungen erst in den vergangenen Jahren eingetreten sind, möchte man die Legalisierungskampagne für etwas später, nämlich 2016, terminieren. Im selben Jahr will man in Oregon einen zweiten Versuch der Legalisierungsabstimmung unternehmen – der erste Versuch im November 2012 scheiterte mit dem Verhältnis 46:54. Natürlich fehlt noch Kalifornien, ohne das die Legalisierung nicht vollständig wäre – hier bot die Annahme des Programms für Medizinalmarihuana im Jahre 1996 den Marihuana-Reformern eine Plattform für ganz Amerika. Bereits 2010 wurde hier ein erstes Legalisierungs-Referendum abgehalten. Sollten die Anstrengungen von Erfolg gekrönt sein, lässt sich auch eine Legalisierungswelle in den Gestaden von Europa und Lateinamerika auslösen – dann gingen die 2010er Jahre als jene der Aufhebung des Marihuana-Verbots in die Geschichte ein.


THC-Universität in Colorado Nur kurze Zeit nach der Legalisierung in den beiden US-Staaten wurde im Dezember die Eröffnung einer THC-University in Denver, Colorado, bekannt gegeben. Deren primäres Ziel ist die Weitergabe von Züchterwissen, gleichermaßen für therapeutische wie für rekreative KonsumentInnen. ie Universität wurde von dem 24-jährigen Unternehmer Matt Jones gegründet, der vorläufig einige Vorlesungsräume in der Auraria High School in Denver angemietet hat. Die Ausbildung bietet den Studenten B.A.- und M.A.-Diplome – damit können sie dann den enthusiastischen Züchtern der Zukunft ihre Hilfe anbieten. Trotz Obamas Aussage “Es kann für uns keine Priorität haben, in den Staaten, die legalisiert haben, den Konsumenten nachzustellen”, ist nach Meinung von Jones in diesen beiden Staaten der häusliche Anbau die sicherste Lösung. Der junge Institutsgründer ging auch auf den Anbau für den Eigenbedarf ein, den er als Hobby bezeichnet, dessen Endergebnis jeden Gärtner mit der Blütenqualität seiner Lieblingspflanze belohne. Anders als beim Kauf auf der Straße könne der Züchter selbst entscheiden, ob er seine Pflanzen in Erde, Hydrokultur oder mit organischen Methoden ziehen will. In Colorado sei zwar das Marihuana legalisiert, aber dessen Handel noch nicht freigegeben, deshalb sei das Züchten die beste Lösung, behauptet Jones. Die Universität stellt außer dem Wissen auch die nötige Ausrüstung

D

zur Verfügung. In Zukunft sollen – so hofft der Universitätsgründer – auch Samen und Pflanzen angeboten werden. Ziel sei es, bei den Bürgern von Colorado das Interesse für die Zucht zu wecken und ihnen beizubringen, wie man dies sicher und legal, auf vergnügliche, bequeme und umweltfreundliche Art tun könne. Es sei geplant, dass die ausgebildeten GärtnerInnen ihr Züchterwissen wöchentlich eine Stunde lang auch in mehreren anderen Städten Colorados lehren.


MEDI+GREEN

Virtuelle Seidenstraße Eins der Hauptziele des fünfzig Jahre andauernden Krieges gegen die Drogen war es, die Straßen von Drogen zu säubern. Wie unsere Abbildung zeigt, ist das bis heute nicht gelungen, aber bei der heutigen Informationsflut wäre das auch nicht genug. Denn wenn man den Dealer zur Tür rauswirft, klopft er am Fenster – genauer gesagt, am Bildschirm. it dem Auftreten von Designerdrogen wurde auch in Europe klar, dass die Zeit der Straßendealer zu Ende ist, denn der Großteil der Drogengeschäfte wird heutzutage nicht in dunklen Gassen, sondern im virtuellen Raum abgeschlossen. Man schaut sich was an, registriert sich, bestellt es, und am Abend liegt es vor der Tür, auf‘s Gramm genau in einem unauffälligen Postpaket. Der Erfolg von Ebay und vom Online-DesignerHandel mag vor zwei Jahren die Gründer von Silk Road inspiriert haben. Hier kann man nicht die Nervengifte, die auf die CListe gehören und nicht einmal an Ratten getestet worden sind, beschaffen, sondern die guten, alten Klassiker: Heroin, Kokain und Marihuana in tausend Varianten. “Aber warum wird das denn nicht verboten?”, könnte man mit gesundem Bauernverstand fragen. Aber die Schöpfer dieser Webseite sind keine Bauern, sondern gewiefte Informatiker, welche die Seite für die klassischen Suchmaschinen unerreichbar im Deep Web versteckt haben und Transaktionen nur mit virtuellem Geld, den so genannten Bitcoins, zulassen. Für die Qualität des angebotenen Stoffs übernehmen sie sogar eine Garantie, und anhand der Reaktionen der Besuche-

M

Zucht bevorzugt ach einer Untersuchung des Kings College zieht der größte Teil der Londoner Konsumenten das natürliche Marihuana synthetischen Cannabinoiden vor. Dieses Forschungsergebnis wurde in der wichtigen Fachzeitschrift Drug and Alcohol Dependence veröffentlicht. Die Forscher hatten etwa 15.000 Testpersonen nach ihren Konsumvorlieben befragt und herausgefunden, dass 99 % der KonsumentInnen von synthetischem Cannabis in der jüngeren Vergangenheit auch natürliches Marihuana konsumiert hatten. Die Publikation stellt die Behauptung auf, dass 93 % von ihnen das natürliche Marihuana bevorzugten, weil sie seine Wirkung als angenehmer beurteilten und es nach dem Gebrauch die Körperfunktionen weniger beeinträchtige. Demgegenüber berichteten die KonsumentInnen synthetischer Varianten von einer kürzeren Wirkung und dem schnelleren Erreichen des “brain high”, wozu sich in vielen Fällen zahlreiche negative Erfahrungen gesellten, beispielsweise Paranoia und Kater. Die Studie schließt mit dem Ergebnis, dass natürliches Cannabis hinsichtlich seiner Wirkung über ein günstigeres Profil verfüge und bestärkt die vorherige Feststellung, wonach der Gebrauch von Marihuana kaum so gefährlich sei wie der von synthetisch erzeugten Cannabinoiden.

N

8

rInnen erhalten sie Informationen darüber, welcher Dealer zuverlässig ist und welches Dope gefragt ist. Nixon würde sich sicher im Grabe umdrehen, aber hilflos drehen sich auch die Beamten der Drug Enforcement Administration (DEA), die sie seit dem Start der Webseite im Februar 2011 weder eliminieren noch den Betreibern auf die Spur kommen können. Silk Road setzt jährlich einige zehn Millionen Dollar um. Kann es sein, dass die Dealer in der virtuellen Welt der Polizei einen Schritt voraus sind? Kurz gesagt, wurden die DeepWeb-Technologie und die dazugehörigen Suchmaschinen von Aktivisten für die für Redefreiheit kämpfenden, oft in Diktaturen lebenden Menschen entwickelt, denen im Leben keine Online-RauschgifthandelsVariante in den Sinn gekommen wäre. Die Geschichte wiederholt sich – zwischen Verbot und Unterdrückung bricht immer wieder das Freiheitsstreben durch, oft in einer viel extremeren Form als zuvor. Hören wir also auf die Politiker, hauptsächlich auf die Nachfolger Nixons, und legen wir die Webseiten still, die illegale Drogen in positiven Farben schildern und warten dann ab, in welcher Form sie wieder auftauchen. Sicher ist, dass es einem nicht gedankt wird.


SUGAR ROYAL VON PLAGRON Stimuliert die Bildung von Harz / Kristallen Seit 2012 gibt es Plagron Sugar Royal. Aus unseren Untersuchungen und aus den Reaktionen der Züchter geht hervor, dass es ein sehr wertvolles neues Produkt ist. Teste es selbst und erfahre die Vorteile!

Was genau ist Sugar Royal? Sugar Royal ist ein wirkungsvoller organischer Stimulator auf Basis von Aminosäuren, der die Produktion von Blattgrün und somit die Bildung von Harz / Kristallen stimuliert. Dies sorgt für den besten Duft und Geschmack sowie eine Wirkungssteigerung. Einige dieser Aminosäuren haben dieselbe Wirkung wie Trockenstress in den letzten Wochen der Blühphase. Bei Trockenstress hat die Pflanze den Eindruck, dass sie vertrocknet. Dadurch reift sie schneller und schützt sich vor Austrocknung, indem sie mehr Harz / Kristalle bildet. Sugar Royal bietet dieselben Vorteile wie Trockenstress – ohne das Risiko, dass die Pflanze zu wenig Wasser bekommt. Je nach Entwicklung kann die Pflanze so eine Woche früher geerntet werden. Wir empfehlen, Sugar Royal immer mit Green Sensation zu kombinieren. Dieser Stimulator enthält im Gegensatz zu Sugar Royal Blühhormone, Enzyme sowie Phosphor und Kalium, damit die Früchte kompakt und fest werden.

Die Vorteile von Sugar Royal: – bester Duft und Geschmack – erhöhte Wirksamkeit – mehr Gewicht

Inhaltsgrößen: 100 ml, 250 ml, 500 ml und 1 Liter Hast Du noch Fragen? servicedesk@plagron.com Mehr Infos über Sugar Royal und unsere sonstigen Produkte findest Du auf www.plagron.com

9


MEDI+GREEN

Nordkoreanischer Kush Wenn es einen Ort auf der Welt gibt, wohin ein Mensch, der die Idee der Freiheit, den Rauch des Ganja und auch den Frieden liebt, nicht einmal mit dem Finger auf der Landkarte reisen würde, dann ist das Nordkorea. Totale kommunistische Diktatur, Zensur, Hunger, Armut, vollkommene Weltabgeschlossenheit, die Regimekritiker im Lager – um es kurz zu fassen. er würde es für möglich halten, dass dort Marihuana nicht nur nicht verboten ist, sondern bei der Bevölkerung als Mittel zur Verbesserung des Gemütszustandes in hohen Ehren steht? Dies erfährt man wenigstens aus den Publikationen der NK News, die auf Nachrichten aus Nordkorea spezialisiert ist. Obwohl der Präsident, ohne mit der Wimper zu zucken, Metamphetamin-Händler zum Tode verurteilt und die KonsumentInnen in Arbeitslager steckt, steht Marihuana nicht nur nicht auf der Rauschgiftliste – der Handel mit ihm ist auch nicht speziell geregelt, der Gebrauch erst recht nicht. Der Konsum der Pflanze, die für viele die Freiheit symbolisiert, ist in Nordkorea nicht illegal, sondern ein natürliches Phänomen. Den Redakteuren der NK News zufolge berichteten mehrere TouristInnen, dass dort Cannabis am Straßenrand wachse und einem nicht selten der süßliche Rauch des Ganjas in die Nase steige. Das Gras gilt nicht als Tabu und ist unter jungen Soldaten außerordentlich beliebt. Nach den Erzählungen drehen viele die Zigaretten aus reinem Gras und vermeiden den teuren und abhängig machenden Tabak. Wer nun glaubt, in Nordkorea das neue

W

Kifferparadies entdeckt zu haben, den müssen wir enttäuschen. Das Land lässt selten TouristInnen einreisen, und wer es dennoch schafft, hat keine Möglichkeit, sich frei zu bewegen. Ihnen wird ein “Fremdenführer” zugeteilt, dem die Frage nach Cannabis zum einen Ohr rein-, zum anderen Ohr raus-

geht. Wahrscheinlich zählen die Sorten am Wegesrand nicht zu den potentesten. Aber das sollte man trotzdem mal überprüfen, wenn die Sortenjäger von Greenhouse mal ein paar koreanische Samen aus dem Land schmuggeln und in ihren Labors die exotischen Gene veredeln.

Josh-von-Soer-Preis für die Leipziger “Drug Scouts”

er Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik – oder kurz “akzept e.V.” – setzt sich nun schon seit über 22 Jahren für akzeptierende Drogenarbeit ein und vergibt seit 2005 jährlich den Josh-vonSoer-Preis, mit dem besonders innovative, beispielhafte Leistungen der akzeptierenden

D 10

Drogenarbeit ausgezeichnet werden. Am 25. Januar 2013 wurde der Josh-von-Soer-Preis für das Jahr 2012 an die Leipziger Initiative “Drug Scouts” verliehen – in der Laudatio für die Preisträger hieß es auf der akzeptMitgliederversammlung in Berlin: “Die Drug Scouts wurden 1996 von jungen Menschen aus der elektronischen Musik- und Partyszene gegründet. Ihr Anliegen ist es, sachlich und umfassend über legale und illegalisierte psychoaktive Substanzen und deren Konsum zu informieren und aufzuklären. Akzeptanz gegenüber den individuellen Entscheidungen der KonsumentInnen ist dabei ein Grundsatz ihrer Arbeit.” Weiterhin heißt es in der Laudatio: “Seit 2011 ist die Initiative Drug Scouts durch den Leipziger Polizeipräsidenten und die Medien massiv unter Beschuss geraten und verdient umso mehr unsere Solidarität und Anerkennung. Es gibt nur ganz wenige Initiativen

und Drogenhilfen, die sich dieser schwierigen Aufgabe widmen und die sie mit so viel Kompetenz, Durchhaltevermögen und ehrenamtlichem Engagement durchführen wie die Drug Scouts. Die Stadt Leipzig sollte stolz sein auf diese bundesweit hochgeachtete und beispielhafte Initiative und sie weiter fördern.”


11



13


GROW auptsächlich werden im Hanf und Hanf Grow- und Smart-Artikel, Hanfsamen und Hanfpflanzen vertrieben. Es gibt einfach alles, was man zum IndoorAnbau braucht; den größten Sektor bildet jedoch der Verkauf von Hanfstecklingen. “Das ist mein persönliches Fachgebiet, und auch die meisten, die hier arbeiten, beschäftigen sich mit dem Anbau”, sagt Drazen. “Natürlich haben wir auch Grow-Artikel, Pfeifen und Bongs, aber diese haben andere Geschäfte auch im Angebot. Wir sind vielleicht ein bisschen billiger als die anderen, und wir haben ständig Aktionen. Bei den Samen sind wir jedoch unschlagbar: Wir bieten 500-600 Sorten an, vor allem aus Spanien und Holland.” Auf unsere Frage nach Kundenpräferenzen erhielten wir eine diplomatische Antwort: “Jeder hat seine Lieblingssorte, die KäuferInnen sind da sehr informiert. Es werden natürlich auch klassische Sorten angeboten wie AK47 oder White Russian. Unser Kundenkreis ist sehr bunt, fast aus allen Ländern kommen Leute zu uns. Am meisten werden Sorten mit hohem THC-Gehalt, kurzem Wachstumszyklus, reichhaltigem Blütenstand und gutem PreisLeistungs-Verhältnis gesucht. Da die meisten unserer KundInnen zu Hause growen, ist der Stecklingsverkauf unsere Stärke. Seit der Eröffnung im Jahre 1997 beschäftigen wir uns mit dem Klonen; aktuell werden 24 verschiedene Sorten angeboten – zum Teil sind da auch Kundenwünsche ausschlaggebend. Unsere StammkundInnen senden uns ständig Rückmeldungen oder Bilder von ihren Grows. Anhand dieser machen wir Auswertungen, die uns wiederum helfen, die besten Ergebnisse zu erzielen. Unsere KundInnen bekommen registrierte Pflanzen, so-

H

Wiener Walzer trifft Reggae

Hanf und Hanf Wer Wien besucht, dem werden sicherlich Anzahl und Größe der ansässigen Growshops auffallen. Einer der größten von ihnen ist Hanf und Hanf – in seinem reichhaltigen Angebot findet jede/r GärtnerIn oder begeisterte/r HanfliebhaberIn alles, was er/sie braucht. Im Geschäft hört mann immer Reagge und wir sind im Wien ein Treffpunkt für Blumenliebhaber. dass wir lange genug beobachten können, wie die wachsen und selektieren. Jährlich wird viermal geerntet, wobei wir die Qualität kontrollieren. Wir schauen nicht nur, welche die besten Männchen und Weibchen sind, sondern es wird auch nachselektiert. Die Mutterpflanzen werden nach einem bis anderthalb Jahren gewechselt, weil sie mit der Zeit schwächer werden. Wir haben uns in Wien als Verkäufer von Hanfstecklingen etabliert, das ist unser Schwerpunkt. Wir sind nicht nur beim Selektieren, sondern auch bei unserer Technologie einzigartig. Am interessantesten ist vielleicht unser organischer Würfel, aus dem Pflanzen wachsen können. Innerhalb Österreichs und Deutschlands wird dieser spezielle Würfel nur bei uns benutzt. Er besteht aus Erde, Kokos und einem speziellen organischen Klebstoff. Der Würfel ist deswegen so vorteilhaft, weil er sehr elastisch ist und für alle Anbautechnologien angewendet werden kann. Noch dazu ist er biologisch abbaubar. Der Würfel muss täglich nur einmal gegossen

14

werden – im Vergleich dazu muss Steinwolle zwei- bis dreimal täglich gegossen werden. So ist es erheblich leichter für die KundInnen, die Pflanze zu betreuen. Ein weiterer großer Vorteil besteht darin, dass der Stamm der Pflanze bedeutend dicker wird. Die Hanfstecklinge verkaufen wir ausschließlich in unserem Geschäft, weil eine Paketauslieferung die Pflänzchen beschädigen würde. Hanf und Hanf gibt es schon neun Jahre. Angefangen haben wir als kleiner Head- und Growshop mit zwei bis drei Mitarbeitern – heute beschäftigen wir schon 17 Mitarbeiter. Neben dem Geschäft betreiben wir noch einen wunderschönen Garten und einen sehr guten Webshop. Wir sind kein Großhändler, auch wenn es sich vom Angebot her so anfühlt. Was das Wichtigste ist, wir haben nicht nur schöne Bilder auf unserer Internetseite, sondern auch unser Lager ist immer gut gefüllt. In unserem Webshop erwartet Euch ein nettes Spiel, bei dem ihr Rabatte gewinnen könnt!


Hanf Museum feiert Geburtstag & Legalisierung

BLOSSOM BUILDER LIQUID Blossom Builder Liquid ist das neuste Produkt von Atami. Da Pflanzen in der Blütephase ein größeres Verlangen an Phosphor und Kalium haben, hat Atami in der Nachfolge von seinen Blossom Builder Tabzz jetzt eine flüssige Version des Produkts entwickelt, genannt Blossom Builder Liquid. Durch sein einzigartiges Verhältnis an Phosphor 20 % und Kalium 32 % sorgt Blossom Builder Liquid für starke, gesunde, schöne, große und wohlriechende Blumen und / oder Früchte. Ihr gewünschtes Zuchtresultat erreichen Sie durch diese einzigartige Formel (P:K 1:1,5). Blossom Builder Liquid ist sehr stark konzentriert (0,25ml auf 1 Liter, oder mit 1 Liter bereiten Sie 4000L Nährstofflösung zu), wodurch es sehr sparsam im Gebrauch ist. Möchten Sie diese neue Hi-Tech Entwickelung mit eigenen Augen wahrnehmen?? Fragen Sie ihren nächstgelegenen Händler oder informieren Sie sich bei uns zu Atami Händlern in ihrer Nähe, 073-5223256.

15


CANNA+GLOBE Cannabisverbote sind absolut nicht witzig. Davon können am besten die Leute erzählen, die langwierige rechtliche Scherereien hinter sich bringen mussten, oder hoffnungsvolle JurastudentInnen, die zu einem Laufbahnwechsel gezwungen wurden. Nach einer Entkriminalisierung würde sich zu Recht die Frage aufwerfen, warum ihre Leben aufgrund eines Gesetzes versaut wurden, von dem man schon lange weiß, dass es nur viel Lärm um nichts ist... n vielen Orten der Welt gibt es natürlich viel absurdere und schrecklichere Gesetze – es genügt, an die ostasiatischen Länder zu denken – und auch wenn es schwer vorstellbar ist, so gab es doch geschichtliche Epochen, als bürgerliche Rechte im heutigen Sinne gar nicht existierten. Das heutige Europa vor Augen, erscheinen sowohl einige jahrhundertealte Gesetze als auch gewisse Gesetze in Südostasien als vollkommen verwirrend. Für die Durchsetzung witziger oder unverständlicher Vorschriften jedoch haben die GesetzeshüterInnen wahrscheinlich niemals allzu große Anstrengungen unternommen, auch nicht in deren Urheimat, den Vereinigten Staaten. Die meisten von ihnen sind aller Wahrscheinlichkeit nach das Ergebnis von Volksabstimmungen, die keine Gültigkeit mehr haben und deren Übertretung vielleicht niemals irgendwo geahndet wurde. Nach einem zeitgenössischen Gesetzesartikel aus Florida kann eine Frau bestraft werden, die unter einer Haartrockenhaube einschläft; die Sanktionen festzusetzen, liegt in der Befugnis des Friseursalonbesitzers. Ein unbegreifliches Gesetz verbietet auch jetzt noch ledigen Frauen das Fallschirmspringen an Sonntagen. Mit dem Übertreten des Paragrafen riskieren sie ihre Verhaftung. In Florida existiert eine Vorschrift, die besagt, dass für geparkte Elefanten – wie für Fahrzeuge – ein Ticket zu lösen ist. Weiterhin ist es verboten, an öffentlichen Orten in Bade-

A

16

Funny Laws Die Folgen absurder Gesetzgebung kleidung laut zu singen oder sexuelle Beziehungen mit einem Igel zu pflegen. Und der Geschlechtsakt mit einer Frau war lange Zeit nur in der Missionarsstellung erlaubt. Gegen den letzteren Paragrafen haben die aufrechten BürgerInnen von Florida sehr wahrscheinlich am häufigsten verstoßen. Illegal war es weiterhin, auf öffentlichen Plätzen zu furzen, aber nur donnerstagabends nach sechs, und außerdem das Nacktduschen. Ein Gesetz verbot ferner den Oralsex sowie dem Mann, die Brüste seiner Frau zu küssen. Pferdediebstahl war in Florida ein so schwerer Straftatbestand, dass er mit dem Tode durch den Strick bestraft wurde. In Arkansas durfte ein Mann seine Frau nicht öfter als einmal im Monat schlagen. In Georgia durfte man sonntags keine Eiscreme in der Gesäßtasche tragen. In Illinois war es zu einer gewissen Zeit verboten, Englisch zu sprechen, in Massachusetts durfte man sich nicht ungebadet schlafen legen. In Indiana war es verboten, sexuelle Gelüste zu erregen, Getränkeläden durften keine Milch verkaufen, und zu einer Zeit sagte das Gesetz, dass Pi nicht 3,14, sondern 4 ist. Lange spürten die GesetzgeberInnen, dass das einzig mögliche und nötige Mittel das Verbot ist, deshalb waren zahlreiche Dinge lange Zeit verboten, was heute ziemlich absurd erscheint. In Texas war beispielsweise

die ganze Encyclopedia Britannica verboten, weil sie eine Beschreibung enthält, nach der man auch zu Hause Bier brauen kann. Oft gab die Kirche den Anstoß zum Verbot, zumeist war die Einführung und Aufrechterhaltung der Beschränkung von wirtschaftlichen Interessen geleitet. Ihr ist es zu verdanken, dass im Mittelalter lange Zeit der Anbau von Salbei, Rosen und Lilien verboten war sowie der Genuss von Pfeffer, Kaffee und Schokolade, nachdem sie nach Europa gelangt waren. Die Kartoffel nannte die Kirche damals ohne Umschweife die Pflanze des Teufels. Es schadet nicht, von Zeit zu Zeit die rechtliche Umgebung zu überprüfen, die unser Leben bestimmt, und sie zeitgemäßer zu gestalten. Die Regeln, die das Cannabis verbieten, sind genau solche, die eine gründliche Überprüfung und Aktualisierung verdienen. Natürlich wird es immer selbst ernannte WeltverbesserInnen und messianische PolitikerInnen geben, die, wenn sie ihre Macht erhalten oder sich beschaffen, mit großem Fleiß und wenig Sachverstand anderen das Leben vermiesen. Manchmal mit idiotischen Gesetzen.

text: G. Holland


17


CANNA+GLOBE

Land of the Free In Amerika entsteht das System der Legalisierung Seit der Legalisierung in Colorado und Washington sind kaum ein paar Monate vergangen, und schon wird das neue System mit Volldampf ausgebaut, womit die USA dem Titel “Land der Freiheit”, den sie stolz tragen, ein wenig näher kommen könnten. Während Aktivisten und Geschäftsleute an der schnellstmöglichen Umsetzung des legalen Grasmarktes arbeiten, beobachten die anderen amerikanischen Bundesstaaten mit Besorgnis oder Neid die Entwicklungen. n Denver, Colorado, konnten einige Glückliche das alte Jahr in einer neuen Cannabisbar verabschieden. Der Club 64, der seinen Namen dem Aktenzeichen der Volksabstimmungsinitiative verdankt, öffnete um 4:20 Uhr, und eingelassen wurde nur, wer bereit war, 30 Dollar Mitgliedsbeitrag zu bezahlen. Einer CNN-Reportage zufolge scheuten die Gäste die Ausgabe nicht, um endlich legal ihrer Lieblingsfreizeitbeschäftigung nachgehen zu können. Der Besitzer ei-

I

nes Washingtoner Billardklubs machte keine langen Umschweife und verkündete einfach, dass bei ihm von nun an jeder jederzeit einen Joint anzünden könne. Um die Aufmerksamkeit der Kiffer noch zu steigern, könnten sich seine Gäste auch an einem Menü aus Leckerbissen gütlich tun, für lausige 4,20 Dollar. Auch in anderer Hinsicht bereitet sich Colorado professionell vor. Auf zahlreichen Events versuchte man zu ergründen, welche Summen die nunmehr legale Hanfindustrie

ungefähr umsetzen wird. Denn vor der Eröffnung der ersten Fachgeschäfte für den Cannabishandel müssen die Staatsbeamten die Standards für die Genehmigung und die auf Produkte erhobenen Steueranteile ausarbeiten. Die örtlichen Behörden müssen auch entscheiden, ob sie Einzelhandel zulassen und wenn ja, unter welchen Bedingungen. Das Colorado Center on Law and Policy rechnet mit jährlich fast 270 Millionen Dollar (ca. 200 Millionen Euro) Einnahmen aus dem Marihuanahandel, woraus sich 35 Millionen Euro an Steuern ergeben. Durch den Wegfall der Strafverfolgung wird die Polizei etwa 9 Millionen Euro einsparen, und diese Einnahmen sind noch nicht alles. Allein der Steueranteil, der auf den Bau von Schulen entfällt, wird Arbeitsplätze für mehrere tausend Menschen schaffen.

Demokratische Umgestaltung Was aber sagt die Bundesregierung dazu? Obwohl die zur praktischen Umsetzung der Legalisierung nötige Einführung des Marktmodells, die Ausgabe der Konzessionen für Anbauer und Händler, noch im Gange ist, verkündete Präsident Obama schon jetzt, dass die Bundesbehörden der beiden Bundesstaaten die Konsumenten nicht belästigen werden. Natürlich wäre es ein gewaltiges Eigentor, etwas anderes zu sagen, denn Untersuchungen zufolge bilden die Hanfliebhaber die Wählerbasis der Demokraten. Wenn er erfolgreich seine zweite Amtszeit absolvieren will und den Präsidentensitz mit der Hoffnung auf eine weitere Regierungszeit der Demokraten verlassen will, dann liegt es in seinem elementaren Interesse, die Umsetzung der Legalisierung wenigstens nicht zu behindern. Auch der amerikanische Drogenzar erkennt den historischen Sieg der Legalisierer an. Gil Kerlikowske, der zuvor noch verkündet hatte, dass “die Legalisierung in meinem Wörterbuch nicht vorkommt, und auch in dem des Präsidenten nicht”, kom-


mentierte jetzt die Ereignisse folgendermaßen: “Es ist klar geworden, dass wir mitten im gesellschaftlichen Dialog über das Marihuana stehen.” Ja, er fängt an zu begreifen, dass die Bevölkerung schon ein neueres Wörterbuch benutzt, in dem Marihuana nicht mehr illegal ist. Nicht die Bürger müssen upgedatet werden, sondern die irreale Vorstellung vom Krieg gegen die Drogen und einer drogenfreien Welt, für die sich ernsthafte Menschen in Amerika immer weniger hergeben. Leichter hat es der ehemalige demokratische Präsident und Nobelpreisträger Jimmy Carter, der von 1971 bis 1975 Gouverneur des Staates Georgia war. Carter unterstützte schon während seiner Präsidentschaft (19761980) die Entkriminalisierung und ist auch jetzt der Meinung, dass die Legalisierung, für welche die beiden Staaten gestimmt haben, vollkommen in Ordnung ist – er verfolge mit Interesse, wie der amerikanische Traum Form annimmt. Wir sind sicher, dass Carter während seiner Präsidentschaft weitaus weniger Geld in das Geschäft mit dem Drogenkrieg investiert hat als Obama.

Des Nachbarn Gras Gleichzeitig kann die lokale Legalisierung mit Nachteilen einhergehen. Beispielsweise erhöht sie den Grasabsatz in die benachbarten Bundesstaaten – wenigstens meint das der Polizeichef einer Stadt in Wyoming, die an Colorado grenzt. Mike Thompson, Sheriff von Casper/WY, sagte, dass ohnehin schon regelmäßig Bürger aufgegriffen würden, die therapeutisches Marihuana aus dem Nachbarstaat beschafften. Auch wenn der Arzt es verschrieben hätte, ist es in Wyoming gegenwärtig illegal, erklärte Thompson, der schon des Öfteren auf überraschte Gesichter stieß. Nach den Gesetzen von Wyoming kann für den Besitz von Marihuana sogar ein Jahr Gefängnis oder eine Geldstrafe von 1.000 Dollar stehen, unabhängig davon, dass das Ganja aus einer nur ein paar Kilometer entfernten Apotheke stammt. Das wird jedoch die nach

legalem Hanf lechzenden Bürger von Wyoming nicht aufhalten. Viele teilen die Vision, dass Colorado für die Nachbarstaaten das bedeuten wird, was Holland für Europa ist – in Anbetracht seiner günstigen Lage könnte es das zweite Grasparadies nach Kalifornien werden. Fraglich, ob die damit verbundenen Sorgen berechtigt sind. Zu diesem Phänomen liefert der Bürgermeister der Kleinstadt Tilburg, die an der belgischen Grenze liegt, die Antwort: Bitte in Belgien auch Coffeeshops eröffnen. Dann muss man sich nicht weiter mit dem Drogentourismus der Bevölkerung beschäftigen! So einfach ist das! Im konservativen Wyoming könnte in der ersten Runde die Freigabe des medizinischen Marihuanas auf der Tagesordnung stehen. Also wahrscheinlich schon bald, denn nach der letzten Untersuchung würde die Bevölkerung zu 65 % mit “Ja” stimmen. Damit würde der Tourismus zur Beschaffung von Medizinalmarihuana sein Ende finden. An-

dere möchten jedoch dem Bürgermeister von Tilburg Folge leisten und möglichst bald das Marihuana bei sich zu Hause legalisieren. Zu ihnen gehört ein Senator in Pennsylvania, der Anfang Januar erklärte, dass er den Weg Colorados einschlagen möchte und den über 21-Jährigen nicht nur medizinisches Marihuana erlauben wolle, sondern auch solches, das der Entspannung dient. Das Marijuana Policy Projekt, eine hochrangige Organisation zur Drogenreform, hat schon den Zeitplan der Volksabstimmungen über die Legalisierung für die nächsten Jahre in sieben weiteren Bundesstaaten ausgearbeitet. Demzufolge könnten, wenn die Wähler es wünschen, bis zum Ende des Jahrzehnts Alaska, Maine, Rhode Island, Massachusetts, Oregon und natürlich Kalifornien legalisieren.

text: Bob Arctor

19


CANNA+GLOBE

Mexikanisches Echo Die möglichen Auswirkungen der Legalisierung in Amerika Es ist vielleicht nicht allgemein bekannt, dass Mexiko beim Cannabisanbau weltweit an erster Stelle steht. Seit Jahren steht es mit jährlich 7.500 Tonnen an der Spitze und lässt die Vereinigten Staaten mit etwa 4.500 Tonnen hinter sich, Kanada liegt mit 3.500 Tonnen auf dem dritten Platz. Dieses Kräfteverhältnis hat sich in den vergangenen Jahren nicht verschoben. Ein Großteil der mexikanischen Ernte strömt nach Amerika, wo – wie man sagt – an jeder Unze Gras mexikanisches Blut klebt.

text & photos: Tomas Kardos

20

60 % des Stoffs, den die Kartelle Zeta und Sinaloa in die USA exportieren, ist Marihuana – für das die amerikanischen Kiffer natürlich zwanzigmal mehr bezahlen als die mexikanischen Anbauer dafür bekommen. Auf den gewaltigen Gewinn sind mehrere Gruppen von Kriminellen scharf. Im nördlichen Grenzgebiet wird der Kampf der Kartelle in erster Linie um die Kontrolle der Transportwege geführt. Polizei und Armee haben sich unter der Regierung des ehemaligen Präsidenten Felipe Calderón im Jahre 2006 in diesen Kampf eingeschaltet, mit einem frappierenden Ergebnis: 500.000 Tote und den vollkommenen Verlust der öffentlichen Sicherheit in den Städten des Nordens kann die Regierung vorweisen, ohne dass die Kartelle nur ein wenig von ihrer Macht eingebüßt hätten. Das weiß in Mexiko jedes Kind, denn die Nachrichten berichten über nichts anderes.

An einem gewöhnlichen Morgen, auf dem Weg zur Arbeit, kann jeder Einwohner von Mexiko City auf den Titelseiten von zwei bis drei Tageszeitungen die verstümmelten, zerstückelten Opfer der Drogenkartelle sehen, auf Fotos, die in Europa Minderjährigen nicht gezeigt werden dürften. Reporter, die sich mit Nachrichten über die Kartelle beschäftigen, sind eine bedrohte Spezies, aber vorläufig gibt es keinen Mangel an Nachrichten über den Drogenkrieg. Jede belie-

bige Nachrichtensendung, ob morgens oder abends, widmet die Hälfte ihrer Sendezeit den Drogenkartellen. In den Sendungen bemüht man sich, über erfolgreiche Polizeiaktionen zu berichten, aber wegen der Fakten und zur Aufrechterhaltung des Feindbildes muss auch über die brutalen Taten der Verbrecherorganisationen gesprochen werden. Demnach ist es kein Wunder, dass die besonnenere Hälfte Mexikos ernsthafte Hoffnungen in die amerikanischen Volksabstimmungen über die Legalisierung setzt, denn es ist einsichtig, dass die Legalisierung beim Nachbarn einen ungleich größeren Schlag für die Kartelle bedeutet als die Larifari-Aktionen der Polizei.

Dann soll die ganze Welt legalisieren! Mehrere der Sachverständigen, die der Regierung nahestehen und das Verbot befürworten, sind der Meinung, dass nach einer weitgehenden Legalisierung in Amerika die Kartelle, die sich momentan auf die nördliche Grenze und den amerikanischen Markt


Argument geht auf das Konto der mexikanischen Staatssicherheit. Nach der Beweisführung ihres Sprechers öffneten sich mit der Legalisierung die Pforten der USA, was die Kartelle zu weiterem Export ermuntern würde. Die Situation ist jedoch die – das wissen wir seit der Chicagoer Alkoholmafia –, dass die Illegalität die Verbrecherorganisationen anreizt, mit überteuerter Sativa die Nachfrage zu befriedigen. Die Legalisierung wird voraussichtlich nur den Preis des Grases senken, und kurzfristig wird das gezüchtete amerikanische Qualitätsgras eine anziehende Alternative zu dem “blutigen mexikanischen” Gras sein. In Verbindung damit ist entscheidend, was die Kartelle nach der Legalisierung in Colorado und Washington, und – noch wichtiger – nach einer möglichen in Kalifornien, anfangen werden.

konzentrieren, ins Landesinnere gehen könnten, um dort das geerntete Marihuana loszuschlagen. Es steht also zu befürchten, dass der Konsum in Mexiko steigen wird. Eine andere Frage ist, ob die Nachfrage das Angebot bestimmt oder umgekehrt. Dennoch ist dies immer noch das einzige akzeptable Argument gegen die einseitige Legalisierung in den USA. Es steht außer Zweifel, dass die Vertreter des obigen Mottos nur deshalb so selbstsicher sein können, weil eine globale Legalisierung ausgeschlossen ist (man denke nur an die Drogenpolitik Russlands oder einiger asiatischer Länder). Ein weniger verstecktes, dafür aber lächerliches

Wenn und falls … Die in Mexiko kursierenden Mutmaßungen stellen gar nicht mehr die Frage, ob ein geregelter Markt für Gras entstehen wird, sondern bis wann er ganz ausgebaut sein wird und ob er auch auf der mexikanischen Seite verwirklicht wird. Das Ergebnis des Referendums wurde – nach Amerika – hier mit Sicherheit am meisten erwartet und die Köpfe der Drogenabteilung dachten schon damals darüber nach, was die Kartelle anfangen werden, wenn der amerikanische Staat ihrem erstklassigen Produkt wirklich das Wasser abgräbt. Dieses Dilemma entstünde auch dann, wenn die ganze Welt mit einem Schlag für

die Legalisierung stimmen würde. Im Großen und Ganzen ist sicher, dass ein auf Konkurrenz basierender, geregelter Markt die Macht der Verbrecherorganisationen erschüttern und ihre Präsenz in den staatlichen mexikanischen Institutionen zurückdrängen würde. Die mexikanische Demokratie, die noch nie existiert hat, könnte einen Schritt näher rücken. Jorge Hernández Tinajero, der Präsident der Organisation Kollektiv für eine integrale Drogenpolitik (CUPIHD) ist der Meinung, dass die Legalisierung in den USA der öffentlichen Meinung hilft, die bisherige Drogenpolitik einem kritischeren Blick zu unterziehen, und anstelle der bisherigen moralischen, dogmatischen Meinungsbildung aufgrund pragmatischer Gesichtspunkte die Frage zu prüfen. Der Leiter von Mexikos wichtigster drogenpolitischer Organisation wies auch darauf hin, dass der Markt, den die Prohibition hat entstehen lassen, für die Ärmsten der Armen, also die wehrloseste Gesellschaftsschicht, das Überleben sichert, was eine Zerschlagung dieses Marktes fast undenkbar macht. Viele sehen den Marihuana-Anbau als die größte Chance, ihr persönliches Glück zu machen, und so erhält das System, das auf dem momentanen Verbot basiert – während es versucht, die Kartelle zu liquidieren – praktisch selbst den Kreislauf der organisierten Kriminalität am Leben. Auch aus diesem Grunde meint der Präsident der CUPIHD, dass – in einen echten gesellschaftlichen Kontext versetzt – die amerikanische und die eventuelle mexikanische Legalisierung eine Menge neuer Fragen aufwerfen würden, auf die man möglichst bald Antworten finden müsse. 21


CANNA+GLOBE

Personal Jesus Wenn die Gebete der Drogenhändler erhört würden Wenn man eine Gemeinsamkeit finden möchte zwischen den nordmexikanischen Besitzlosen und den Mitgliedern der Drogenkartelle, die zum Ausbruch aus der Armut den illegalen Handel gewählt haben, folgt man am besten den Spuren der Religionsforscher und schaut beispielsweise, zu wem diese Menschen beten. Denn katholisches Land hin oder her, sie erwarten von ihren Volksheiligen – die der Vatikan vehement ablehnt – dass sie ihnen Glück, Schutz und das tägliche Brot bringen.

text : Tomas Kardos

22

esucht man die Heimat einer der ältesten mexikanischen Drogenkartelle, Culiacán, die Hauptstadt des nördlichen Staates Sinaloa, kommt man nach einigem Suchen bald zum Gnadenort eines gewissen

B

Jesús Malverde Es ist ratsam, dort nicht lange zu verweilen, wenn man nicht mit allzeit bereiten, Gebete murmelnden Drogendealern zusammentreffen will. Der Heilige Nummer Eins des Sinaloa-Kartells ist nämlich nicht Jesus von Nazareth, sondern Jesús Malverde, dessen Leben sich im Dunkel der Sagen verliert. Es gibt Studien, nach denen er nicht einmal existiert hat. Seinen Anhängern zufolge war er jedoch ein Bandit vom Kaliber eines Robin Hood. 1909 wurde er von der Obrigkeit hingerichtet. Ob mit Schüssen oder durch Erhängen ist umstritten, wie auch die Frage, ob er bei der Eisenbahn oder auf dem Bau gearbeitet hat, bevor er sein Leben daransetzte, die Reichen zu bestehlen, um die Armen zu beschenken. Der Legende zufolge verachtete der großherzige Bandit weder Alkohol noch Glücksspiel, weder Frauen noch gute Musik – damit weicht er stark vom Archetyp des enthaltsamen katholischen Heiligen ab. Seine Anhänger platzieren neben Kerzen oft auch alkoholische Getränke, brennende Zigaretten

und ein paar Pesos auf dem Altar. Wegen der nahen US-Grenze ist Sinaloa einer jener Staaten Nordmexikos, in denen der “Eintritt ins Kartell” die populärste Methode ist, um der Armut zu entfliehen. Und wer diesen Weg beschreitet, tut gut daran, sich gegen die Obrigkeit abzusichern. Die Anhänger des “mexikanischen Robin Hood” glauben, dass das Tragen einer Statuette, einer Medaille oder die Einrichtung eines Hausaltars die Überlebenschancen deutlich erhöht, ja sogar die geschmuggelten Drogen unsichtbar machen kann. Während einige ihm für geglückte Drogendeals danken, erklären andere, dass sie sich – ausgerechnet mit Gebeten an Malverde – von der Drogenabhängigkeit befreien konnten. An Malverdes Altar in Sinaloa tauchen oft Kartellmitglieder auf, die in der Realität nichts mit Robin Hood zu tun haben: Vor heiklen Aktionen erflehen sie den Schutz des Heiligen, um dann mit gewaltigen Autos und dicken Geldbündeln zurückzukehren und ihm ihren Dank auszusprechen. Doch es pilgern auch Arme an den Gnadenort von Culiacán und sind empört, dass die Kartelle ihren seit Jahrzehnten verehrten Heiligen für sich einspannen. Sie schreiten gewöhnlich an den Altar, um Geld und Glück zu erflehen, unter anderem zum Überschreiten der amerikanischen Grenze. Dass dies schon vielen gelungen ist, beweist die Tatsache, dass es dank der mexikanischen Migration in die


südlichen US-Staaten dort viele Geschäfte gibt, die auf Statuen, Amulette, T-Shirts, Kerzen und ähnlichen Banditenkrimskrams mit Abbildungen von Malverde spezialisiert sind. Da in der mexikanischen Folklore die Grenzen von Naturheilkunde und Glauben verschwimmen, findet man solche Statuetten auch in Heilpflanzengeschäften. Die Reliquien nützen aber nicht nur den BenutzerInnen, sondern auch der Polizei. Wenn sie an einem Tatfahrzeug Bilder von Malverde finden, folgen sie wahrscheinlich einer heißen Spur. Außer der Polizei ziehen auch andere ihren Nutzen aus der Heiligenverehrung der Stadt. Vor drei Jahren brachte eine westmexikanische Brauerei aus dem Staat Jalisco – nach gründlicher Analyse der Zielgruppe – die Biermarke “Malverde” auf den Markt, welche die in sie gesetzten Hoffnungen in höchstem Maße erfüllte. Nach den Worten des Besitzers trinken die Drogendealer den Gerstensaft, als sei er Weihwasser.

Der Heilige Tod In den vergangenen Jahrzehnten bekam Malverde in der Person von Santa Muerte (Heiliger Tod) eine Thronfolgerin, die eine eigentümliche Verquickung der präkolumbianischen Glaubenswelt und des Katholizismus verkörpert. Durch die Analyse der Glaubensrituale wissen wir, dass die mittelamerikanischen Kulturen – allen voran die Azteken – engen Kontakt mit den Toten pflegten. Sie glaubten an ein Leben nach dem Tod. Diesen hielten sie, nach Geburt und Hochzeit, für den dritten und letzten Wendepunkt des Lebens. Die Azteken verehrten Mictlantecuhtli, den “Herrscher des Totenreiches”, als Gott und versuchten, mit Menschenopfern seine Gunst zu erringen und auf seine Entscheidungen Einfluss zu nehmen. Nach der Bekehrung zum Christentum haben sich die Ureinwohner Mexikos scheinbar von den aztekischen Göttern entfernt, obwohl sich bei

kulturanthropologischen Untersuchungen herausstellte, dass sich im mexikanischen Synkretismus hinter fast jedem christlichen Heiligen eine präkolumbianische, aztekische Gottheit verbirgt. Und obwohl sich drei Viertel der MexikanerInnen zum Katholizismus bekennen, steht nach Meinung der ForscherInnen außer Zweifel, dass sie in der Person von Santa Muerte den aztekischen Totengott verehren, dem man, wie seinem Ahnen, ein echtes oder symbolisches Opfer bringen muss, damit er die Bitten der Gläubigen erfülle. Die Gläubigen der bis in die 1990er Jahre nur in Untergrundriten verehrten Santa Muerte sind überwiegend Katholiken, die sie – wie auch die Namensgebung zeigt – mit den übrigen Heiligen auf eine Stufe stellen. Doch in den Augen vieler erheben ihre besonderen Fähigkeiten sie über die anderen Heiligen. Man glaubt, dass Santa Muerte außergewöhnliche Bitten erfüllen kann, beispielsweise durch Magie erreichen kann, dass die Erwählte sich in den Betenden verliebt. Aber sie kann auch die Bösen verfluchen und um ihren Besitz bringen, ja sogar

den Tod des/der Betreffenden verursachen. Gleichzeitig bietet sie Schutz vor Unfällen, Angriffen und dem Eintritt eines gewaltsamen Todes. In den letzten zwanzig Jahren sind ihre AnhängerInnen aus dem Dunkel ans Tageslicht gekommen. Es gibt Schätzungen, nach denen die Heilige gegenwärtig etwa zwei Millionen AnhängerInnen hat – sie wird überwiegend von den untersten Volksklassen und den Gesetzlosen verehrt. Zu der letzten Kategorie gehören die Mitglieder der Drogenkartelle, welche man meist weder als Christen noch als Atheisten bezeichnen kann. Sie haben einen Glauben entwickelt, der ihre Umwelt reflektiert. In dieser Welt ist der gewaltsame Tod ein alltägliches Ereignis, daher ist es verständlich, dass sie bei der Heiligen des Todes Schutz bzw. den Sieg über den Feind erflehen. In gewisser Weise personifizieren Malverde und Santa Muerte auch die Enthaltsamkeit. Sie lehnen Drogen zwar nicht ab, aber sie helfen – wenn man ihren AnhängerInnen glauben will – bei der Bekämpfung der Abhängigkeit. In dem Dokumentarfilm La Santa Muerte von Eva Aridijs aus dem Jahre 2007 sieht man beispielsweise, wie ein Gläubiger den Rauch seines Joints, an dem er ohne Unterlass gezogen hatte, auf die Statue der Santa Muerte bläst und, bevor er weggeht, den Stummel auf dem Altar zurücklässt, um so eine positive Wirkung auf die irdische Statthalterin des Todes auszuüben. In einer anderen Szene bittet eine große Gruppe von Menschen die Heilige, sie und ihre Angehörigen vor der Drogenabhängigkeit zu bewahren. Drogen tauchen zwar mit gegensätzlichen Konnotationen auf, trotzdem ist das gemeinsame Element die Suche nach Hilfe und Schutz. Obwohl viele AnhängerInnen glauben, dass sie durch ihre Gebete ihre Drogenprobleme abgeschüttelt haben, müssen wir uns trotzdem nicht wundern, dass die katholische Kirche weder Jesús Malverde noch Santa Muerte in die Reihe ihrer Heiligen aufgenommen hat. 23




MEDI+GREEN

26


HARBORSIDE WIRD NICHT GESCHLOSSEN Nach einem Spruch des Bundesgerichts im Januar kann das Harborside Health Center (HHC) seine Arbeit fortführen. Die Richterin folgte der Bitte der Stadt Oakland, die Rechtsbestrebungen der Bundesbehörden aufzuheben, die Harborside schließen wollten. ir sind dankbar, dass Richterin James die Tatsachen und Argumente im Fall Harborside sorgfältig abgewogen hat, und dass das Gericht zu unseren Gunsten entschieden hat, freute sich Steve DeAngelo, Generaldirektor des HCC. “Wir haben immer geglaubt, dass das Gericht von Bay Side anerkennt, welche Werte Har-

W

borside der Öffentlichkeit vermittelt und die Absicht der Bundesregierung ablehnt, die zu unserem Betrieb erforderlichen Besitztümer zu beschlagnahmen. Mit Spannung erwarten wir die Möglichkeit, vor dem Gericht die Rechtmäßigkeit unserer Sache unter Beweis zu stellen, und glauben daran, dass wir den Sieg davontragen werden. Gleichzeitig bitten

Es schmerzt, aber du spürst nichts önnen wir von Schmerz sprechen, wenn unser Gehirn kein Signal zum Schmerzempfinden empfängt? Diese schon philosophische Frage ergründete eine aktuelle Untersuchung der Oxford University, nach der Cannabis in Wahrheit die Schmerzen nicht verringere, sondern nur erträglicher mache. Zu dieser zunächst vielleicht außergewöhnlich scheinenden Schlussfolgerung führt die Erfahrung, dass die unter Schmerzen leidenden Patienten unterschiedlich auf Canna-

K

bis, genauer gesagt, auf Cannabinoid-Therapien ansprachen. Die Forschung untersuchte nämlich nicht die Wirkung von Marihuana, sondern die seines bekanntesten Wirkstoffes, des THC-Schmerzstillers. Ein Teil der Testpersonen bekam 15 mg THC, die andere Hälfte Placebos, worauf ihre Füße mit schmerzauslösender Creme eingerieben wurden. Den Berichten zufolge wirkte das THC bei mehreren Testpersonen wie die von Dr. Zacher oft erwähnte “Scheißdrauftablette”. Sie spürten

wir das Justizministerium, die Maßnahmen gegen die Organisationen, die Cannabis für PatientInnen zur Verfügung stellen, einzustellen und mit den Gesetzen des Bundesstaates zusammenzuarbeiten. Die Ordnungshüter unserer Nation müssen sich auf die echten Straftaten konzentrieren können. Auch der Anwalt von Harborside zollte der Richterin Anerkennung. Ihr zufolge kann das HCC sich auf Grundlage des Urteils auch in möglichen Folgeprozessen vor Gericht rechtfertigen, wozu es in näherer Zukunft vermutlich Gelegenheit geben wird. Vertrauen wir darauf, dass der Richterspruch bewirkt, dass die Bundesregierung die Angriffe auf Medizinalmarihuana-Zentren unterlässt.

zwar den Schmerz, aber er störte sie nicht. Das Ergebnis bekräftigte ein MRI-Scan am Gehirn der Testpersonen. Die für das Schmerzempfinden zuständige Gehirnregion zeigte niedrigere Aktivität. Im Zusammenhang mit der Untersuchung müssen wir jedoch auf mindestens zwei Dilemmata hinweisen: Einerseits, ob es nicht besser wäre, die medizinische Marihuana-Therapie mit natürlichem Cannabis anstelle von synthetischem THC durchzuführen, oder mit Cannabiserzeugnissen, die das für seine schmerzlindernde Wirkung bekannte Cannabidiol (CBD) enthalten. Es wäre nämlich sinnvoll, sich ein Bild von der schmerzstillenden Wirkung des THC zu machen. Noch mehr wäre es zu begrüßen, wenn man endlich den Wirkungsmechanismus des seit Jahrzehnten zur Schmerzdämpfung benutzten Cannabis erkennen würde. Andererseits: Ist es wirklich wichtig, zwischen der Beseitigung von Schmerz und dem Schmerzempfinden zu unterscheiden, wenn der Patient sich in beiden Fällen besser fühlt? Anders gefragt: Ist es notwendig, den wirklichen Schmerz zu beseitigen, wenn es auch anders möglich ist, den Alltag des/der PatientIn lebenswerter zu machen? Für nichts in der Welt möchten wir Euch die Freude des Nachdenkens ersparen. Zerbrecht Euch also die Köpfe! 27


MEDI+GREEN

Tarantinos Krieg ei Redaktionsschluss stieg das allgemeine Djangofieber. Drei Jahre nach den Inglourious Basterds liefert Tarantino wieder einen Film ab, den die KritikerInnen entweder in den Himmel heben oder verreißen. Wir hatten noch nicht die Freude,

B

das Werk zu sehen, dafür erwischten wir ein Interview mit dem Regisseur, in dem er sich in Fahrwasser vorwagt, die weit vom Western entfernt liegen. Der Reporter fragte ihn, ob er in den USA des 21. Jahrhunderts Rassenvorurteile sehe. Tarantino antwortete nach

kurzem Grübeln, dass sich die Situation im Alltag stark verbessert habe, aber der Drogenkrieg der letzten fünfzig Jahre und die mit ihm verbundenen Masseninhaftierungen vorzugsweise die Gesellschaftsschicht der schwarzen Männer ins Visier nähme, womit praktisch eine neuzeitliche Form der Sklaverei entstanden sei. Der Drogenkrieg verbreite unter den Schwarzen genau die gleiche Furcht, die sie in den 1800er Jahren durchlebten, sagte er mit Bezug auf seinen neuen Film. Und ähnlich wie man einst mit Sklaven gehandelt habe, trieben heute, grob gesagt, in den staatlichen und privaten Gefängnissen die Verurteilten untereinander ihr Business. Der Drogenkrieg habe nämlich einen kompletten Industriezweig geschaffen: die Gefängnisindustrie! Die Drogenreformer beeilten sich klarzustellen, dass Tarantino viele wahre Worte gesprochen habe, die Parallele aber zu vereinfacht sei, denn der Drogenkrieg habe mehr Aspekte als nur die Unterdrückung der Schwarzen, doch sei der Vergleich als Reklametrick ausgezeichnet. Da nach den Umfragen nur ein Fünftel der AmerikanerInnen glaubt, die Milliarden, die in den Drogenkrieg geflossen sind, seien gut angelegt, könnte Tarantinos postmoderner Western, der Rassenfragen berührt und die Sklaverei zeigt, großes Interesse erregen.

MicroLife ™ MicroLife enthält eine große Anzahl von unentbehrlichen Bodenorganismen, wie Mykorrhiza sp., Bacillus sp., Hefen und Enzyme in einer organischen Mischung aus Algen, Knochenmehl, Kakaobohnen, Kalk und Kompost. Dieses Produkt stimuliert nicht nur das Wachstum von Mikroorganismen, sondern auch das Wachstum und die Blüte aller Pflanzen durch eine Vielzahl von Spurenelementen und natürlichen Hormonen. Die einzigartige Zusammensetzung von MicroLife bereichert und stimuliert das Leben im Boden, wodurch sich die Bodenstruktur, die Wurzeln und die Gesundheit der Pflanzen insgesamt verbessern. In diesem erweiterten Umfeld werden organische und anorganische Partikel optimal vermischt, und so entsteht ein effizienter Luft- und Wasserhaushalt. Es werden mehr Nährstoffe für die Pflanzen freigesetzt. Innerhalb kurzer Zeit macht sich die Wirkung bemerkbar. Mit einem schönen Geruch nach Wald bietet dieses Bodengemisch eine Umgebung, in der sich jede Pflanze sichtlich besser entwickelt. Inhaltsstoffe: Knochenmehl, Kakaopellets, Kalk, Tonminerale (Bentonit), Kompost und Seetang (Ascophyllum nodosum) Mikroorganismen: Mykorrhiza sp. (Endo und Ecto): Glomus intraradices, Glomus deserticola, Rhizopogon amylopogon, Glomus mosseae, Glomus brasillianum, Rhizopogon villosuli, Glomus aggregatum, Gigaspora margarita, Rhizopogon fulvigleba, Glomus Clarum, Pisolithus tinctorius, Rhizopogon luteolus, Glomus monosporus, Laccaria bicolor, Sceloderma citrinum, Glomus etunicatum, Laccaria laccata, Sklerodermie cepa Bacillus sp.: B. licheniformis, B. subtilis, B. pasteurii, B. laevolacticus, B. amyloliquefaciens, B. Azotofixans Weitere Mikroorganismen wirken als Antagonisten und rufen antibiotische Wirkungen hervor, wie die Pilze der Familien Penicillium, Trichoderma und Aspergillus. Darüber hinaus sind Actinomyceten aus der Familie der Streptomyceten und die Stickstoff bindenden Bakterien der Azotobacterzellkette enthalten. Weiterhin die Aminosäure Glycerin und geringe Mengen der Vitamine C, B1 und E. Schließlich sind die Tonminerale und Algen gute Rohstoffe für eine Vielzahl von Spurenelementen, die für die gesunde Entwicklung des Bodenlebens und der Pflanzen nötig sind. Mit diesem Produkt erlangen Sie einen höheren Ertrag, weniger Krankheiten oder Wurzelprobleme und eine wesentlich höhere Stressresistenz, die vor Pflanzenschock und Verlust schützt. Die Lichtempfindlichkeit wird erhöht, was zu höheren Erträgen führt, insbesondere für Pflanzen, die bei künstlichem Licht wachsen. Dosierung: 1-2 kg pro m³ Blumenerde oder pro 25 m², je nach Bodenqualität. Beim Kulturenwechsel wiederholen: 1 kg pro m³ Blumenerde, das Produkt gut in die Erde einarbeiten.

28


Oberverwaltungsgericht entscheidet: Patienten dürfen Cannabis zur Selbsttherapie anbauen iner Pressemitteilung der ACM zufolge dürfen schwerkranke Bundesbürger möglicherweise bald unter strengen Voraussetzungen Cannabis selbst zu Hause anbauen. Patienten, für deren Erkrankungen keine anderen und zumutbaren Therapien zur Verfügung stehen, jedoch von Cannabisprodukten medizinisch profitieren, können einen Antrag an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn stellen, um im Rahmen einer ärztlich begleiteten und überwachten Selbsttherapie Cannabispflanzen in ihrer Wohnung anbauen zu dürfen. Bislang wurden solche Anträge auf Anweisung des Bundesgesundheitsministeriums grundsätzlich abgelehnt. Diese Praxis erklärte das Oberverwaltungsgericht nun für rechtswidrig. Zudem wurden die Argumente der Bundesopiumstelle gegen eine grundsätzliche Erteilung einer Genehmigung für den Eigenanbau durch Patienten klar zurückgewiesen. In dem noch nicht rechtskräftigen Urteil heißt es: “Fehlt eine erschwingliche Behandlungsalternative, kommt die – im Ermessen des BfArM stehende – Erteilung einer Erlaubnis für den Eigenanbau von Cannabis in Betracht.” Allerdings haben Patienten, deren Krankenkassen die Kosten einer Therapie mit

E

cannabinoidhaltigen Medikamenten übernehmen, keinen Anspruch auf eine Genehmigung zum Eigenanbau. Dies stellte das Gericht im konkreten Fall eines an Multipler Sklerose erkrankten Klägers fest und gab in diesem Einzelfall der beklagten Bundesrepublik Deutschland recht, die die Erlaubnis zum Eigenanbau hier verweigert hatte. Der Kläger habe bisher nicht überzeugend darlegen können, dass das von seiner Krankenkasse bezahlte Medikament Dronabinol bei ihm nicht die gleiche medizinische Wirkung habe wie das von ihm selbst angebaute Cannabis. Nichtsdestotrotz zeigte sich Dr. med. Franjo Grotenhermen begeistert: “Das Urteil ist ein Meilenstein auf dem Weg zu einer besseren Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten auf Cannabisbasis, denn Cannabisprodukte aus der Apotheke sind für viele Patienten unbezahlbar. Durch einen legalisierten Eigenanbau eröffnet sich für sie erstmals eine erschwingliche Alternative.” Die Krankenkassen verweigern bisher überwiegend die Erstattung der Kosten einer Behandlung mit Cannabismedikamenten. “Dass viele Patienten deshalb auf illegale Quellen oder einen illegalen Selbstanbau ihrer Medizin angewiesen sind, ist unerträglich”, erklärte Grotenhermen. 29


MEDIZIN iner der maßgeblichen Veranstalter der Tagung war Professor Rudolf Brenneisen. Der Leiter des Labors für Phytopharmakologie an der Universität Bern gilt schon seit Langem als einer der wichtigsten Köpfe der Schweizer Cannabisforschung. Mitte der neunziger Jahre führte er in der Schweiz die erste klinische Studie durch, die an einer Gruppe von 25 Querschnittgelähmten aufzeigte, dass THC Spastiken erheblich lindern kann. Der Schweizerische Nationalfonds (SNF) lehnte damals die Finanzierung der Studie mit der Begründung ab, dass das Sponsoring von klinischen Cannabisforschungen Sache der Pharmaindustrie sei. Und an dieser Haltung hat sich bis heute nichts geändert – auch wenn sich auf der Tagung selbst Toni Berthel, Präsident der Eidgenössischen Kommission für Drogenfragen, und FDP-Ständerat und Präventivmediziner Felix Gutzwiller für mehr klinische Cannabisstudien aussprachen. Wir sprachen mit Prof. Dr. Brenneisen über seine Eindrücke von der Konferenz und (s)einen Blick in die Zukunft.

E

Die Tagung der Cannabisforscher Am 22. Januar 2013 fand an der Universität Bern eine Tagung der Schweizer Arbeitsgruppe für Cannabinoide in der Medizin (SACM) statt, auf der aktuelle wissenschaftliche, gesundheitspolitische, rechtliche und regulatorische Fakten präsentiert wurden, die sich als Basis für eine sachliche Diskussion zu Pro und Contra Cannabis in der Medizin anbieten.

Wer nahm alles an der SACM-Tagung in Bern teil? Die Tagungsteilnehmer waren Wissenschaftler, Studenten, Medizinalpersonen wie Ärzte oder Apotheker, Pflegepersonal, Patienten, Angehörige von Patienten, Patientenorganisationen, Behörden, Politiker, Industrievertreter, Pressevertreter und interessierte Privatpersonen. Die Mehrzahl von ihnen kam aus der Schweiz, es waren aber auch einige Teilnehmer aus dem angrenzenden Ausland gekommen – was dazu führte, dass die Tagung restlos ausverkauft war. Was waren die Themen der Konferenz? Am Vormittag des Tagungstages ging es vor allem um pharmazeutische Optionen und mögliche medizinische Anwendungsbereiche von Cannabinoiden. Es wurden Erkenntnisse zum Endocannabinoidsystem des Menschen und verschiedene Cannabinoid-Medikamente diskutiert. In weiteren Vorträgen ging es um den möglichen Einsatz von Cannabis 30

bzw. Cannabis-Präparaten bei neurologischen Erkrankungen, Krebserkrankungen, bei ALS oder Schmerzpatienten, bei Asthma, Aids, Glaukom bis hin zur Verwendung bei bestimmten psychiatrischen Erkrankungen. Am Nachmittag wurde dann die rechtliche und politische Situation für Cannabis als Medizin in der Schweiz betrachtet und die verschiedenen legalen Verschreibungsmodelle der Staaten Holland, Deutschland, Österreich, Kanada, Schweiz und USA erläutert. Zum Abschluss der Tagung fand dann auch noch eine Diskussionsrunde statt, in der gemeinsam nach Schlussfolgerungen gesucht wurde. Was war Ihrer Meinung nach das Ergebnis der Tagung? Aus der Sicht der Organisatoren und Teilnehmer war die Tagung extrem erfreulich und nicht nur für die SACM sehr motivierend und ermutigend. Offensichtlich sind mittlerweile einige verhärtete Fronten etwas aufgeweicht worden – dies signalisierte auch das Schweizer Bundesamt für Gesundheit.

Unsere Tagung hat mit ihrem ausgewogenen Programm, den hochkarätigen Referenten und der sehr offenen, sachlichen und evidenzbasierten Diskussion sicherlich auch ein Stück weit dazu beigetragen. Welches persönliche Fazit würden Sie als Organisator ziehen? Und was würden Sie sich noch für die Zukunft wünschen? Auf jeden Fall wollen wir die Tagung in Zukunft wiederholen. Die Schweizer Arbeitsgruppe Cannabinoide in der Medizin wird in Zusammenarbeit und Koordination mit unserer internationalen Partnerorganisation IACM, in deren Vorstand ich bin, ihre Bemühungen zur möglichst baldigen Remedizinalisierung und zum legalen therapeutischen Einsatz von Cannabis und Cannabispräparationen verstärken – zumindest, soweit es unsere personellen und finanziellen Kapazitäten erlauben. Hilfreich wäre ein offizielles Mandat, das bis jetzt noch fehlt, aber in naher Zukunft durchaus möglich ist. Spätestens bis zum Jahr 2015 ist ein wissenschaftliches Follow-Up und Update geplant. Das


bereits gut funktionierende Netzwerk, bestehend unter anderem aus in- und ausländischen Fachpersonen, -organisationen sowie nationalen Entscheidungsträgern in Politik und Verwaltung, soll noch weiter ausgebaut werden. Dies bedingt weiterhin sehr intensives Lobbying auf wissenschaftlich-rationaler Basis und möglichst nicht polarisierende, unpolemische Öffentlichkeitsarbeit. Eine sachliche Diskussion über die medizinischen Möglichkeiten von Cannabis wäre tatsächlich mehr als überfällig und überaus wünschenswert. Doch wie realistisch ist die Hoffnung darauf? Würde Cannabis erst heute im südamerikanischen Dschungel entdeckt werden, würde sich die medizinische Fachwelt sicherlich viel unvoreingenommener der Erforschung des medizinischen Potenzials widmen. Doch die Geschichte dieser Heilpflanze, die lediglich in den letzten knapp 100 Jahren zu Unrecht als gefährliches “Rauschgift” verschrien wurde, scheint eine wirklich sachliche Diskussion nahezu unmöglich zu machen. Denn was für eine Lobby steht schon hinter der Erforschung einer uralten, nicht patentierbaren Heilpflanze? Wer hat Interesse an der Cannabinoid-Forschung? Schaut man sich die letzte Seite der SACM-Tagungsunterlagen an, dann sieht man es und kommt fast ein

wenig ins Staunen: Sponsoren der Konferenz waren neben der Uni Bern auch die Almirall AG, die Schweizer ALS-Vereinigung, der holländische Medizinalhanfproduzent Bedrocan B.V. Veendam, die Bionorica Ethics Austria GmbH, die Hänseler AG Herisau, der Nachtschatten Verlag, Quadrimed Crans-Montana, die Schweizerische Multiple Sklerose Gesellschaft, die Storz & Bickel GmbH Tuttlingen sowie die THC-Pharm

GmbH aus Frankfurt am Main. Der Schweizerische Nationalfond übernahm zudem die Defizitgarantie für die Tagung, die aber erfreulicherweise gar nicht in Anspruch genommen werden musste. Und wie haben die vielen Teilnehmer die SACM-Tagung empfunden? Die zahlreichen positiven Kommentare im Internet sprechen eine deutliche Sprache. Stellvertretend dafür hier das von einem schweizer Teilnehmer hinterlassene persönliche Feedback: “Die Tagung war sehr informativ, auch die angenehme und sehr konstruktive Atmosphäre wurde sehr geschätzt. Ich bin überzeugt, dass Cannabinoide in der Medizin ein Thema mit einem großen Entwicklungspotenzial sind und wenn wir es klug angehen, dann wird es uns schließlich auch gelingen, dieses Potenzial auszuschöpfen. Der Tunnel ist vielleicht noch lang, aber das Licht am Ende ist bereits sichtbar.” Wer daran interessiert ist, etwas tiefer in die fachliche Materie einzutauchen, dem sei das Fachbuch Die Behandlung mit Cannabis und THC – Medizinische Möglichkeiten, Rechtliche Lage, Rezepte, Praxistipps in der 2012 überarbeiteten Ausgabe empfohlen.

text: Martin M.


MEDIZIN

Epilepsie und Cannabis Thomas M. leidet an Epilepsie und konsumiert daher täglich Cannabis, um ohne Anfälle durch seinen arbeitsreichen Tag zu kommen. Wir befragten den mit einer eigenen Firma selbstständig Tätigen zu seiner Krankheitsgeschichte und seinen ganz persönlichen Erfahrungen mit der in Bayern noch illegalen Medizin Cannabis. Medijuana: Bitte erzähl uns doch zunächst deine Krankengeschichte und wie du dabei auf Cannabis als Medizin gestoßen bist. Thomas M.: Bis zu meinem 18. Lebensjahr wusste ich noch gar nicht, dass ich selbst Epileptiker bin. Ich komme ja aus dem bayrischen Land – und da sind die Ärzte oft nicht so hinterher. Erst mit 18 Jahren bin ich dann selbst mal zu einem Arzt gegangen, weil ich es nicht mehr ausgehalten habe – ich wusste, bei mir ist körperlich irgendetwas nicht in Ordnung. Aber ich wusste noch nicht, was der Grund für meine Anfälle war – bzw. ich wusste noch nicht mal, dass ich bereits epileptische Anfälle hatte. Ich ging also zu meinem damaligen Hausarzt, erzählte ihm von meinen Beschwerden und daraufhin überwies er mich in die nächstgrößere Stadt zu einem Neurologen. Nachdem mich dann der Neurologe nur etwa fünf Minuten befragt hatte, erklärte er mir unverblümt, dass ich an Epilepsie leide. Er musste mir dann

text: Martin Müncheberg

32

erstmal erklären, was das bedeutet, da ich von Epilepsie bis dahin noch gar nichts gewusst hatte. Dann begann die lange Phase der Suche nach dem für mich geeigneten Medikament und der passenden Dosis. Da ich damals auch schon mal Cannabis konsumierte, bemerkte ich bald, dass mir die Medikamente in Kombination mit Cannabis ein nahezu anfallfreies Leben ermöglichten – zuvor hatte ich immer zwei oder drei Anfälle pro Tag. Inzwischen bin ich auf das für mich passende Medikament eingestellt und nach einer langen Zeit des Suchens habe ich schließlich auch die für mich am besten geeignete Cannabis-Genetik gefunden. Da ich beruflich selbstständig tätig bin, muss ich einfach funktionieren um voranzukommen – da kann ich mir nicht schon in der Früh eine dicke Mörderblüte reinpfeifen, die mich dann für den Rest des Tages plättet. Insofern vergleiche ich mein Glück, eine für mich passende Genetik gefunden zu haben, gerne mit einem Sechser im Lotto – denn bei der “Euphoria” ist der Name wirklich Programm. Was jetzt aber nicht heißt, dass mich diese Genetik übertrieben euphorisch macht. Tat-

sächlich bleibe ich mit der “Euphoria” immer weitgehend klar und vollkommen arbeitsfähig. Diese Sorte ist für mich wirklich gut – trotz etwa 25 Prozent THC-Anteil. M: Wie hast du deine Medizin konsumiert? TM: Anfangs immer pur mit dem Vaporiser – in vielen kleinen Dosen über den Tag verteilt. Allerdings kann ich das nicht wirklich empfehlen, denn nach etwa einem Jahr intensiver Vaporiser-Nutzung kann einem durchaus die Lunge verkleben. Mir ging das jedenfalls so – ich konnte einfach nicht mehr vernünftig abhusten, da war einfach kein Schleim mehr in der Lunge, den man heraushusten konnte. Das vom Vaporiser verdampfte bzw. verflüchtigte Harz verklebt mit der Zeit die feinen Lungenbläschen – das beginnt man aber erst nach einem halben Jahr zu merken. Wenn man zum Beispiel beim Sport keine Luft mehr bekommt. Oder wenn man merkt, da ist irgendwas in der Lunge, aber du kriegst es einfach nicht heraus. Jedenfalls habe ich mir dann eine kleine Purpfeife mit integriertem Aktivkohle-Filter zugelegt und damit ist es dann langsam wieder besser geworden – ich kriegte wieder besser


Luft und konnte mit der Zeit auch wieder vernünftig abhusten. M: Konsumierst du deine Medizin eigentlich legal? TM: Nein, schließlich lebe ich in Bayern – da wird dir kein Arzt ein solches Rezept ausstellen. Ich habe schon eine ganze Reihe Ärzte dahingehend angesprochen, aber ganz egal ob nun Allgemeinärzte, Neurologen oder Fachärzte – alle verdrehten nur die Augen, drehten sich um und wollten nichts weiter davon hören. Das ist bayrischer Standard. Insofern musste ich mir hier auch eine gehörige Leck-mich-am-Arsch-Attitüde zulegen, denn ich muss ja regelrecht auf Behörden und Gesetze scheißen, wenn ich regelmäßig eine verbotene Substanz konsumiere, die mir hilft, ohne Anfälle durch den Tag zu kommen. Was bleibt mir da anderes übrig? Hier geht es schließlich um mich und nicht um den Freistaat. Medijuana: Hast du selbst auch schon mal die repressive Seite des Freistaats kennengelernt? TM: Ja, als ich 18 Jahre alt war, wurde bei mir eine Hausdurchsuchung vorgenommen – dabei fand man ganze neun Gramm Marihuana. In der Anklageschrift stand dann aber etwas von 360 Gramm, die verkauft worden seien. Das ist natürlich hirnverbrannter Blödsinn, aber so läuft das nun mal in Bayern: Da

wurde aus den Aussagen irgendwelcher Leute einfach mal eine virtuelle Menge hochgerechnet. Als ich die Anklageschrift las, fragte ich mich, was das eigentlich mit mir zu tun hat – schließlich hatte ich das Kraut nie verkauft. Aber die wollten mir partout Handel unterstellen, und selbst ein paar lokale Medien sprangen mit auf und berichteten über meinen Fall – danach war ich für die meisten Freunde und meine Familie nur noch der asoziale Drogenhändler, mit dem keiner mehr was zu tun haben wollte. M: Wie, nicht mal deine Familie hielt dabei zu dir?

TM: Leider nein. Ich weiß noch, wie meine Mutter damals etwas sagte wie: “Da hast du dir wohl wieder dein Hasch gespritzt.” Wenn du so was hörst, weißt du eigentlich schon ziemlich genau, was in den Köpfen dieser Leute vorgeht – für die bist du dann wirklich einer, der Spritzen verteilt und Heroin durch die Gegend schleppt. Das ist in Bayern leider immer noch so und da kommt man einfach nicht gegen an. Das war auch bei meinen Eltern so – und das, obwohl mein Vater selbst ein Hardcore-Alkoholiker war, der sich vor fünf Jahren totgesoffen hat. Aber das ist eine andere Geschichte.

33


MEDIZIN

CBD – Cannabidiol Der Krampflöser der Natur s wäre übertrieben zu behaupten, dass die obige Nachricht das CBD im Allgemeinwissen verankert hätte. Vielen wurde aber klar, dass Marihuana nicht nur ein paar Stunden Entspannung bieten kann, sondern bei zahlreichen Krankheiten (Multiple Sklerose, Morbus Crohn, Epilepsie, Glaukom, Tourette-Syndrom) sowie zur Behandlung vieler medizinischer Erscheinungen (Schmerz, Appetitlosigkeit, Krämpfe und Entzündungen) Linderung bietet. Neu ist an der von den Medien aufgegriffenen Cannabissorte, dass sie die wichtigsten Wirkstoffe in umgekehrtem Verhältnis enthält: 15 % CBD, bei einem THC-Gehalt von unter 1 %. Sie eignet sich also nicht zum Kiffen. Es wäre jedoch ein Irrtum zu glauben, dass die israelische Firma Tikun Olam dieses Pulver erfunden hat, denn die Wissenschaft liefert schon seit Jahrzehnten Beweise für die wohltuende Wirkung des CBD, was schon mehrere Züchter veranlasst hat, Hanfsorten mit hohem CBD-Gehalt zu züchten. Wir haben schon

E Letzten Sommer kursierte die Schlagzeile “Kiffen ohne Rausch” in den Medien und erregte viel Aufsehen. Von einer neuen, praktisch THCfreien, für Heilzwecke ausgezeichnet geeigneten Cannabissorte war die Rede. Da die Mehrheit der Hanfraucher – mangels ausreichender Informationen – Wert auf einen hohen THC-Gehalt legt, nehmen wir uns nachfolgend eine andere Komponente vor: die Vorzüge des Cannabidiols (CBD), das nicht ohne Grund schon seit dreißig Jahren die Wissenschaft beschäftigt.

text: Jack Pot

34

darüber berichtet, wie das CBD die eventuell vom THC verursachten unangenehmen Erscheinungen ausgleicht (s. unseren Artikel Natürlich gemeinsam – CBD löst Psychosen nicht aus, sondern heilt sie. In: Medijuana 2013/1 – der Red.). Nun wollen wir das Thema etwas vertiefen und wissenschaftliche Analysen über die wichtigsten krampflösenden Wirkungen des CBD vorstellen.

Von Menschen und Mäusen Das erste bahnbrechende Forschungsergebnis stammt aus dem Jahre 1982. Der brasilianische Professor Antonio Waldo Zuardi stellte klar, dass die regelmäßig beim Grasrauchen auftretenden Beklemmungen durch den hohen THC-Gehalt verursacht werden, was durch eine entsprechende Menge an CBD gelindert oder unterbunden wird. Bei seiner Untersuchung bekamen die TeilnehmerInnen 0,5 mg THC pro Kilogramm Körpergewicht und zusätzlich 1 mg/kg Canna-


bidiol. Die Ergebnisse belegen, dass das CBD wirksam die vom THC verursachten Krämpfe löst und dabei die euphorische, psychoaktive Wirkung vertieft. Die Natur hat also hervorragende Arbeit geleistet, als sie im Cannabis diese beiden Substanzen kombinierte. Dies vor Augen, ist es schwer zu verstehen, warum die Medizin ausgiebig mit der Anwendung von reinem THC experimentiert und sich immer wieder über die von ihm ausgelösten Beklemmungen wundert. Ebenfalls brasilianische Forscher testeten 1990 und 1994 die krampflösende Wirkung des CBD an Mäusen – diesmal ganz ohne Beigabe von THC. Bei ihrem Experiment wurde das so genannte elevated plus maze (EMP) eingesetzt, welches nach der gegenwärtigen Auffassung der Wissenschaft eine der wirksamsten Methoden darstellt, Beklemmungen nachzuweisen. Das Experiment beruht darauf, die Mäuse in eine Zwangslage zu bringen. Man baut ihnen in 50 cm Höhe einen Sicherheit bietenden, aber reizarmen Unterschlupf, aus dem auf zwei Seiten je eine schmale Planke herausragt. Sich dort hinauszuwagen, bedeutet für die Mäuse Gefahr, aber sie haben keine andere Möglichkeit, ihre Neugier auszuleben und ihre Umgebung zu erkunden. Unter dem Einfluss von wirksamen Krampflösern trauen sich die Mäuse aus dem sicheren Raum auf die Planken, gehen aber kein zu großes Risiko ein. Die Forscher weisen darauf hin, dass eine angemessen dosierte Menge CBD genau diese Wirkung hat, nämlich bei Tieren Beklemmungen zu lösen. Dieselbe Forschergruppe führte 1993 auch Experimente an Menschen durch, welche sie 2011 mit einer strengeren Methodik

wiederholten. Sie untersuchten, ob CBD im Kreise von Personen mit diagnostizierter sozialer Phobie die Beklemmungen verringert, die mit einer öffentlichen Rede vor großem Publikum einhergehen. Keine große Überraschung: Es verringert sie!

Löschen von Traumata Das National Institute on Drug Abuse (NIDA), das die weltweite Drogenforschung zu gut 80 % finanziert, unterstützte in den vergangenen Jahren praktisch nur Forschungen zu den bedenklichen Wirkungen von illegalen Drogen und dem Entstehen von Abhängigkeit. Es ist nur wenige Jahre her, dass Humanexperimente mit illegalen Substanzen in Schwung kamen, mit der Behandlung der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTSD) als vielversprechendem Forschungsfeld. Nachdem ein paar Jahre vergangen sind, kann man behaupten, dass der früher vorherrschende Wirkstoff der Ecstasy-Tabletten, das MDMA, beziehungsweise das in Zauberpilzen vorkommende Psilocybin in

Zukunft wirksame Therapiemittel werden könnten. Das CBD hat sich auf diesem Sektor ebenfalls schon bewährt. 2008 zeigte eine Untersuchung mit konditionierter Angst bei Ratten PSTD auf, die sich beim Menschen durch das Erleiden von Gewalt oder anderen Traumata herausbildet. Da diese Anomalie viele aus dem Krieg heimgekehrte Soldaten betrifft, gäbe die US-Regierung viel für eine wirksame Therapie. Leicht möglich, dass neben dem MDMA das CBD die wirkungsvollste Therapie darstellt, denn die Gabe von Cannabidiol zeigte bei Ratten Erfolge im Auslöschen unheimlicher Erinnerungen, und dadurch eine Linderung beziehungsweise Beseitigung der PTSD. Bezüglich des genauen Wirkmechanismus bestanden in der Vergangenheit ebenfalls Zweifel, den Großteil davon konnte schließlich eine Untersuchung im Jahre 2009 zer-

35


MEDIZIN

streuen. Die im British Journal of Pharmacology publizierten Forschungsergebnisse zeigen, dass CBD die Funktion des im Hirn vorwiegenden Rezeptors, dem 5-HT1ARezeptor, positiv beeinflusst oder als Agonist wirkt. Das bedeutet – ohne zu tief auf die Neurobiologie einzugehen – dass CBD den Rezeptor aktiviert, was unter anderem mit einer Linderung von Depressionen und Krämpfen einhergeht. Die Autoren der Studie behaupten, CBD könne ein wirksames Mittel bei der Behandlung psychiatrischer Anomalien wie der Depression und der schon erwähnten Posttraumatischen Belastungsstörung sein.

Anstelle von Synthetischem Auch bekannte wissenschaftliche Zeitschriften erkannten in den letzten Jahrzehnten die Chancen, die das CBD in sich birgt. Im Oktober 2010 veröffentlichte Nature, eins der populärsten britischen Wissenschaftsmagazine, einen Artikel über die Rolle des CBD beim Erinnerungsverlust in Verbindung mit Marihuanakonsum. Mit Berufung auf eine damals erschienene Londoner Studie schreibt das Fachblatt, dass bei der Untersuchung des Kurzzeitgedächtnisses nur die KonsumentInnen der Sorte Skunk schlechter abgeschnitten hatten, während bei den RaucherInnen von Blüten anderer Varianten oder von Haschisch die Erinnerung unverändert blieb. Die ForscherInnen bestätigten damit frühere Untersuchungsergebnisse mit synthetischen Substanzen, wonach hoher THC-Gehalt bei geringer CBD-Menge – was für Skunk charakteristisch ist – zeitweise das Kurzzeitgedächtnis verkürzt, was eine ent36

sprechende Menge CBD jedoch verhindert. Da die Veredlerfirmen typischerweise das Bedürfnis der KonsumentInnen nach höherem THC-Gehalt zu befriedigen suchen und sich weniger damit beschäftigen, das Verhältnis von THC:CBD zu erhalten, empfehlen die ForscherInnen den KonsumentInnen, ihre Aufmerksamkeit auf Sorten mit höherem CBD-Gehalt zu lenken. Es scheint, als würden die Aktivitäten der Firmen, die an der THC-Maximierung interessiert sind, das Gegengewicht zu Programmen mit medizinischem Cannabis bilden. Während die ForscherInnen immer mehr Beweise über die förderlichen physiologischen Wirkungen des CBD erbringen. Hanfveredler, die ein offenes Ohr für die Bedürfnisse

der Medizin haben, begannen, Sorten mit hohem CBD-Gehalt zu züchten. Neben der oben schon erwähnten Firma Tikun Olam sollte man sich den Namen CBD Crew merken. Von ihrem ausgezeichneten Geschäftssinn zeugt die erste Skunk-Züchtung mit hohem CBD-Gehalt, CBD Skunk Haze. Ebenfalls erwähnenswert sind die Aktivitäten des kalifornischen Project CBD, auf dessen Webseite nicht nur von Forschungen in Verbindung mit CBD und therapeutischen Möglichkeiten die Rede ist, sondern die auch Beschreibungen von zahlreichen CBD-reichen Cannabissorten enthält. Letzten November behauptete Dr. Tamás Freud, der namhafteste ungarische Forscher, der über Endocannabinoide arbeitet, in einem Vortrag im Festsaal der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, dass das Vorhandensein von Pflanzen mit Cannabinoidgehalt reinem Zufall zu verdanken ist, sie aber ganz sicher nicht entstanden sind, damit wir uns mit ihnen berauschen. Seiner Meinung nach wäre es besser, wenn wir unseren Cannabinoidpegel mit Produkten der Pharmaindustrie in Ordnung bringen würden, beispielsweise mit einem Medikament, das ein Extrakt aus der Wurzel der Echinacea enthält, an dessen Entwicklung er selbst beteiligt war. Auch wenn wir teilweise mit dem Herrn Professor übereinstimmen, wollen wir eine Kleinigkeit nicht außer Acht lassen, dass nämlich der Gebrauch von Cannabis zu Heilzwecken die Menschheit im Laufe ihrer Geschichte begleitet hat, und auf der Basis neuester Forschungen als sicher gelten kann, dass die medizinischen Marihuanaprogramme immer bewusster dieses besondere Zufallsergebnis der Natur anwenden.


37



VOLLBLUT

Shiva Skunk he Lord of Bhang (Herr des Bhang) ist einer der vielen Titel, unter denen die Hindu-Gottheit Shiva bekannt ist, und die Legende besagt, er habe die erstaunlichen Eigenschaften des Cannabis entdeckt, während er mitten in einem Ganja-Feld am Meditieren war. Von allen bekannten Göttern ist Shiva derjenige, der am häufigsten während des Genusses von Ganja – in einer seiner vielen Formen – abgebildet wird, und viele seiner AnhängerInnen nehmen Cannabis als heiliges Gewächs zu sich. Als stärkste Vertreterin aus der Skunk Familie, und damit als eine der potentesten Indica-dominanten Sorten, die überhaupt erhältlich sind, hat Super Skunk ihren Namen also vom ‚Lord of the Dance‘ (Shiva, Herr des Tanzes) bekommen. Gleich bei ihrer Veröffentlichung 1987 als NL#5xSK#1 wurde Shiva Skunk direkt zum Schlager. Der simple Code aus Buchstaben und Zahlen erregte alsbald die Aufmerksamkeit der Züchter, die darin die zwei berühmten Eltern der Pflanze erkannten. Eine neue Sorte mit deutlichen, aber stabilen Genotypen ist natürlich immer ein ganz besonderes Ereignis, aber dieser Arbeitstitel ließ hoffen auf noch viel mehr. NL#5xSK#1 zeigte allen Züchtern und Pflanzern einen Vorgeschmack des Cannabis ‚im Quadrat‘ – ein Super-Hybride, der die beiden stärksten zu dieser Zeit bekannten Cannabissorten in sich vereinte. Schon bevor die Pflanze ihren offiziellen Namen bekam, war Shiva Skunk bereits im Begriff, als neuer Etappenschritt der Züchtung von Marihuana bekannt zu werden. Die überaus reiche Struktur der Blüten und die Knock-out-Potenz dieser Sorte stammen von den beiden beteiligten Eltern. Im Verlaufe der Blütezeit häufen sich die Buds immer mehr und bekommen langsam die für diese Sorte typische Beschichtung aus übergroßen Haaren, freundlicherweise zur Verfügung gestellt durch die eine und einzige Northern Light #5. Mit seiner enormen Vitalität als Hybride bringt Shiva Skunk es tatsächlich fertig, selbst seine außergewöhnlichen Eltern zu übertreffen, wenn es um den Ertrag an Harz geht. Das Bouquet erinnert an Musk, versetzt mit süßen Noten von Zitrusfrucht. Der Rauch ist dick und harzig, Fans beschreiben ihn als ‚cremig‘, während Novizen ihn manchmal etwas ‚ölig‘ oder gar ‚schwer‘ finden. Die extra starken Effekte auf Körper und Geist von Shiva Skunk reichen von geröteten Augen über viel Gelächter bis zu Abenteuerlichkeit und tiefer Kontemplation. Dies ist kein Gras, das man auf die leichte Schulter nehmen sollte. Bitte immer daran denken, dass der erste Name von Lord Shiva ‚The Destroyer‘ – ‚der Zerstörer‘ ist!

T

39


VOLLBLUT

Autoflowering White Russian #1 Serious Seeds’ Premiere auf der Sorten-Autobahn 40


s brauchte seine Zeit, bis Serious Seeds mit einer eigenen Auto-Sorte auf den Autoflowering-Wagen aufsprang – solche Sachen dauern dort stets etwas länger, aber der löbliche Grund dafür liegt in dem hohen Qualitätsanspruch, dem sich Serious Seeds verschrieben hat, zum Wohle des Kunden. Sie haben es nie eilig, werfen nicht hastig minderwertige oder mittelmäßige Sorten auf den Markt, nur um möglichst schnell einem aktuellen Hype zu folgen. Schon seit Längerem waren in den Testgärten von Serious Seeds Autoflowering-Zuchtexperimente im Gange und Simon, der Inhaber und Züchter von Serious, benötigte über zwei Jahre, um seine allererste Auto-Sorte Autoflowering White Russian #1 (AWR #1) zu züchten. Über die legendäre White Russian braucht man hier nicht viele Worte zu verlieren, mit 22 % THC zählt dieser superbe Evergreen zu den potentesten Sorten, die es gibt. Sie ist eine Mostly-Indica-Kreuzung aus Serious Seeds’ eigener AK 47 und der berühmten White Widow. Simon wählte Joint Doctor’s Lowryder #2 als Kreuzungspartner für White Russian aus, um Autoflowering White Russian #1 (Lowryder #2 x White Russian) zu kreieren. Der Zusatz “#1” zeigt an, dass Serious Seeds beabsichtigt, diese Sorte auch in Zukunft weiterzuentwickeln. Eines Tages wird also Autoflowering White Russian #2 folgen. Und Simon gibt auch ganz ehrlich zu, dass AWR #1 noch nicht rundum perfekt ist. Während ihr Flavour und ihre Potenz bereits hervorragend sind, produziert sie momentan noch zwei unterschiedliche Phänotypen: einen mit einer etwas luftigeren Blütenstruktur, der weniger Ertrag abwirft als der zweite, welcher dichtere Buds bildet und glücklicherweise öfter vorkommt als der erste. Die Erträge können also variieren bei AWR #1, laut Serious Seeds zwischen 10-20 g, was recht wenig klingen mag, verglichen mit den Auto-Strain-Ernteangaben, die andere Seed Banks versprechen. Aber meiner Erfahrung nach fallen etliche andere Auto Strains in Wahrheit ebenfalls in die Erntekategorie 1020 g... Serious Seeds wirbt seriöserweise eben nur nicht mit irreführend hohen Ertragszahlen. Autoflowering White Russian #1 hat vom Samen (nach erfolgter Keimung) bis zur Reife einen Lebenszyklus von 70-80 Tagen und erreicht allgemein Höhen von 70-100 cm. Serious Seeds weist indessen ausdrücklich darauf hin, dass es eminent wichtig bei der Kultur von AWR #1 ist, vom Start weg große Töpfe zu verwenden – nur so kann das ganze Potenzial dieser Sorte ausgereizt werden. Während natürlich auch andere Anbaufaktoren wie Licht und Temperatur hierauf Einfluss haben, hat Simon in zwei groß angelegten Topfgrößen-Vergleichskulturen herausgefunden, dass es für mehr Höhe und Ertrag von zentraler Bedeutung ist, erstens große Töpfe, z. B. 9 Liter, zu verwenden, und

E

zweitens, die gekeimten Samen direkt in den Endtopf zu pflanzen und nicht erst in einen kleineren Topf: “Bei einem Test-Grow verwendeten wir anfangs kleine Erdtöpfe, und als die Pflanzen die ersten echten Blätter gebildet hatten, topften wir sie in größere Töpfe mit einem Volumen von 9 Litern um. Die Endhöhen betrugen dann im Wesentlichen um 40 cm, einige Pflanzen hatten auch ca. 60 cm erreicht. Bei einem zweiten Test, bei dem wir die Sämlinge direkt in die 9-lEndtöpfe einpflanzten, erreichten wir jedoch Pflanzenhöhen von 80-100 cm und teilweise sogar 110-120 cm. Dies veranlasste mich zu der These, dass die Rückmeldung, die von der Pfahlwurzel an die gesamte Pflanze gegeben wird, wenn sie schnell auf eine undurchdringliche Wand stößt (den Boden eines kleinen Topfes), offenbar einen ganz direkten, hemmenden Einfluss auf die Endhöhe der Pflanze hat. Und außerdem: Wenn die Pflanze einen kleinen Topf bereits zu einem frühen Zeitpunkt voll durchwurzelt hat (“root-bound” ist), scheint sie eher in Blüte zu gehen. Aber ich muss erst noch eine direkte Vergleichskultur mit 50 % kleinen und 50 % großen Töpfen durchführen, um all diese Beobachtungen zu erhärten. Die Ergebnisse eines deutschen Outdoor-Growers bestätigten allerdings, was Simon herausgefunden

hatte, sodass man getrost davon ausgehen kann, dass bei der Kultur von AWR #1 die Verwendung großer Töpfe und das direkte Einpflanzen gekeimter Samen in den Endtopf wesentliche Einflussfaktoren sind. Je mehr Licht Autoflowering White Russian #1 erhält, desto besser ist ihre Wachstums- und Blüte-Performance. Es ist also empfehlenswert, sie rund um die Uhr mit Licht zu versorgen. Was die Outdoor-Kultur anbetrifft, weist Simon darauf hin, dass AWR #1 anfällig für Mehltau sein kann in einer Periode dauerhaft regnerischen Wetters. Er empfiehlt daher, die Pflanzen jeden Tag daraufhin zu prüfen und sie womöglich lieber etwas früher zu ernten, wenn bereits Mehltau aufgetreten ist und die Reife nicht mehr weit entfernt ist. Zwei andere deutsche Grower, Mr. Power Planter und Ellis D., unterzogen AWR #1 in diesem Sommer ebenfalls einem Anbautest – beide unter natürlichem Licht, der eine im Garten, der andere auf dem Balkon. Ellis D. startete seine Kultur jedoch drei Wochen früher als Mr. Power Planter, am 2. Juni. Zu diesem Zeitpunkt wusste er nichts von der Empfehlung, von Anfang an große Töpfe zu verwenden, ebenso wenig Mr. Power Planter. Und so setzte Ellis D. drei AWR #1-Seeds in Jiffy Pots und pflanzte diese nach der 41


VOLLBLUT

Keimung zunächst in 1-l-Töpfe, befüllt mit Sämlingserde. Weil das Wetter schlecht war – kalt und regnerisch, entschied er, die Sämlinge unter zwei fluoreszierende Röhren zu stellen, wenn es draußen bewölkt oder regnerisch war, und sie nur dann auf den Balkon zu stellen, wenn dort die Sonne schien. Durch den Lampeneinsatz verlängerte er die Photoperiode auf ungefähr 22 Stunden pro Tag. Diese Praxis behielt er fünf Wochen lang bei. Nach 12 Tagen pflanzte Ellis D. die drei Plants in 6,5-l-Töpfe um, befüllt mit Plagron Standard Mix. Nach drei Wochen waren sie sehr kompakt gewachsen und maßen 18, 21 und 23cm. Zu diesem Zeitpunkt hatten alle drei bereits die ersten weiblichen Vorblüten gebildet, sie waren also dabei, sich auf den Eintritt in die Blütephase vorzubereiten. Nach fünf Wochen wurde das Wetter besser, mit viel Sonnenschein, und die Vorhersage für die nächsten Wochen war gut, sodass Ellis D. die Pflanzen von nun an nur noch auf dem Balkon hatte. Sowohl der Blüte-Einfluss als auch das Sonnenlicht veranlassten die drei Pflanzen dazu, sich in den ersten drei Blütewochen noch etwas zu strecken, aber im Alter von sechs Wochen schien das Höhenwachstum dann am Ende angelangt zu sein, bei nur 24, 30 und 33cm

text & photos: G.B.I.

42

und kurz angelegter Seitenverzweigung. Was, wie wir wissen, wohl der Tatsache geschuldet war, dass Ellis D. am Anfang kleine Töpfe verwendete und dann auch nur in 6,5-l-Töpfe umtopfte. Auch das weißblaue Spektrum der beiden Cool-White-Röhren, die er in den ersten fünf Wochen eingesetzt hatte, dürfte zu der niedrigen Höhe beigetragen haben. Nun, die drei AWR #1-Plants waren zwar klein in der Höhe, aber zum Glück ziemlich groß in der Blütenproduktion! Nach acht Wochen, also nach fünf Wochen Blüte, war die Blütenformation bereits sehr dicht und hübsch anzusehen, die Buds sahen sehr Indica-mäßig aus, wiesen aber ein ansprechend hohes Blüten/Blätter-Verhältnis auf. Und an den Blüten befanden sich auch schon gute Harzmengen, die für einen fruchtig-süßen Geruch sorgten. Die mittlere Pflanze entsprach indessen dem Phänotyp mit nicht ganz so dichter Blütenbildung, wobei sie den anderen in Sachen Harzproduktion aber nicht nachstand. Ungefähr zwei Wochen später, als die Pflanzen nach 71-, 74- und 79-tägigen Lebenszyklen vollständig zur Reife gelangt waren, hatten sie schöne TopColas von sehr respektabler Größe gebildet. Die beiden fetteren Exemplare waren sogar recht klobig und steinhart, sie erinnerten an die originale White-Russian-Sorte. Mit dem Harzbesatz der drei AWR #1-Plants war Ellis D. sehr zufrieden, und ihr Geruch war fan-

tastisch – total süß und auch etwas fruchtig. Die Erntearbeit war naturgemäß schnell erledigt, und nachdem er die Buds getrocknet hatte, war er nicht allzu überrascht davon, dass die beiden etwas besseren Pflanzen mit ihren Erträgen von 15 bzw. 17 g im oberen Bereich des von Serious Seeds angegebenen Ertragspotenzials rangierten, dank ihrer exzellenten Budstruktur. Die dritte Pflanze lag bei 12 g Ertrag. Das Testrauchen der AWR #1-Buds ergab, dass diese erste Serious Auto-Sorte erstaunlich potent ist, einen starken Indica Head- und Body-Turn erzeugt, der über eine Stunde lang anhält und Ellis D. nicht total paralysierte, sondern tief entspannte, und als die Wirkung am Ende abgeklungen war, auch mit einem Gefühl von Erfrischtheit zurückließ. Daumen hoch auch für den angenehm süßen und milden Geschmack. Mr. Power Planter kultivierte ebenfalls drei Autoflowering White Russian #1-Plants, im Gegensatz zu Ellis D. jedoch pflanzte er die gekeimten Samen direkt in 9-l-Töpfe, und er startete seine Kultur drei Wochen später als sein Testkollege. Was sich als gute Entscheidung erweisen sollte, weil das Wetter dann zwei Wochen später viel besser wurde – wärmer und heller. Eine Woche nach der Keimung stellte Mr. Power Planter die AWR #1-Pflanzen in seinen Garten mit Südausrichtung. Wo sie sich sehr gut machten und schon bald anschickten, größer und höher als die Pflanzen von Ellis D. zu werden, zudem bildeten sie deutlich längere Seitentriebe. Eine Pflanze war jedoch etwas kleiner als die anderen beiden. Nach 3-3,5 Wochen setzte der Autoflowering-Effekt ein und sorgte in den folgenden Wochen für überraschend fette und rundliche Top-Buds, die auch hübsch harzig waren, wie die von Ellis D.; tatsächlich sogar noch etwas harziger und dementsprechend auch noch etwas intensiver riechend, wobei das Aroma an sich genau gleich war, fruchtig-süß. Mr. Power Planters AWR #1-Plants waren nach 72, 74 und 79 Tagen reif. Sie waren am Ende bei Höhen von 37, 49 und 55 cm angelangt und hatten entsprechend höhere Erträge geleistet als die Pflanzen von Ellis D.: 18, 21 und 23g, die Erntezahlen von Serious Seeds waren in zwei Fällen also sogar leicht überschritten worden. Und die These, dass es besser ist, große Töpfe zu verwenden und die gekeimten Samen direkt in den Endtopf zu setzen, ist abermals bestätigt worden. Auch Mr. Power Planter war beeindruckt von der Indica-Stärke von Autoflowering White Russian #1 – diese Sorte erwies sich als die potenteste Auto Strain Smoke-Erfahrung, die er bisher gemacht hatte. Nun freuen sich Ellis D. und Mr. Power Planter auf Auto Kali Mist (die nächste Serious AutoSorte, befindet sich in Arbeit), Auto AK-47, Auto Bubble Gum und Auto Chronic...


VOLLBLUT

43


GROW

Was ist ein gutes Ganja? Die Pflicht zur Qualitätskontrolle, ob gekauft oder gezogen Wenn wir etwas mögen, dann meist nicht auf die gleiche Art und Weise. Und oft mögen wir nicht das Gleiche – aber das macht nichts. Jeder soll für sich selbst entscheiden, wie gut das jeweilige Gras ist. Sativa oder Indica, Freiland oder Treibhaus, rot oder schwarz – das ist Geschmackssache. Trotzdem ein paar Anhaltspunkte, was bei der Beurteilung zu beachten ist. text: Gabor Holland

44

ie Entfaltung und Verfeinerung unserer Sinnesorgane ist wichtig – man erreicht sie am besten durch Erfahrung. Leider ist die Zahl der Sorten, die den meisten Konsumenten zur Verfügung steht, ziemlich begrenzt. Da die Züchter meist die Quantität über die Qualität stellen, bleiben viele Sorten dem geschätzten Publikum wohl für immer vorenthalten.

D

Das Äußere Schon durch den Augenschein können wir viel über die Qualität erfahren – zum Beispiel, wie blättrig der Blütenstand ist, ob er rundum gut beschnitten wurde oder ob kleine Stacheln und Blättchen daran geblieben sind. Im Allgemeinen sind solche Sorten nicht wünschenswert, bei denen der Blütenstand stark mit Blättchen besetzt ist, weil deren Cannabinoidgehalt geringer ist. Dies lässt sich mit Maniküre beheben, die zum Ziel hat, dass möglichst wenige Blättchen und Blattstiele am Blütenstand bleiben. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass der Blütenstand ursprünglich dicht oder wenigstens licht und locker war. Wenn der Blütenstand leicht brüchig ist, also zu trocken, wurde er möglicherweise zu lange und auf nicht angemessene Art und

Weise gelagert – dann sinkt der THC-Gehalt und die Wirkung wird eher “körperlich” (davon später mehr). Wenn man ihn kneten und zerbröseln kann, ohne dass er zu Staub zerfällt, das Gewebe also noch elastisch ist, dann ist er frisch, was bedeutet, dass er nur schwerlich brennen wird und der Rauch kratziger wird. Wenn die äußeren Teile trocken sind, die inneren aber noch leben, war die Reifung unzulänglich. Das Wichtigste ist, dass der Blütenstand genügend Harz und Drüsenköpfe aufweist. Wichtig sind Zustand und Farbe der Köpfe und ob es unter ihnen solche gibt, die ihren Kopf verloren haben, braun geworden sind oder noch über durchsichtige Kopfteile verfügen. Je harziger eine Blüte, desto besser ist sie hinsichtlich des Wirkstoffgehalts. Auch über den Grad der Reife verraten die Drüsenköpfe viel. Wenn die Mehrzahl über durchsichtige Köpfe verfügt, dann sind sie noch unreif. Wenn sie milchfarben sind, sind sie reif; wenn sie schon braun geworden sind, ist die Pflanze überreif. In den braunen Drüsen beginnt schon der Zersetzungsprozess des THC. Substanz, Potenz, Wirkungsgrad und Typ der Pflanze verändern sich permanent im Verlauf der Reife und der Lagerung. Die Qualität eines Blütenstandes hängt nicht nur mit dem Reifegrad einer Pflanze zusammen,


sondern auch damit, wie man später mit ihr umgeht. Wird sie nicht mit der nötigen Vorsicht behandelt, können die Drüsenköpfe zerquetscht werden, die Harztröpfchen können herunterfallen oder sich verschmieren, was zur schnelleren Zersetzung der Cannabinoide und damit zum Potenzverlust führt. Diese Tropfen schützt normalerweise eine dünne Wachsschicht, und wenn sie verletzt wird, oxidieren die wertvollen Substanzen schnell.

Geschmack und Geruch Hier ist der persönliche Geschmack des Konsumenten entscheidend – muffigen, holzigen und strohigen Geschmack schätzen jedoch nicht viele Menschen. Der Geschmack ist ein wichtiger Faktor bei der Qualifizierung des Hanfs. Die Menge der Aromen, die sich in den Hanfsorten offenbaren, ist wirklich außerordentlich und charakteristisch. Keine andere Pflanze auf der Welt kann so mannigfaltige Geschmäcke und Gerüche aufweisen. Maßgebend kann das primäre Aroma des Blütenstandes sein (siehe Aromakreis), wie es nach dem Abbrechen ist, sowie seine Intensität. Durchdringend, angenehm oder so, dass es dich umhaut. Der Hindukusch beispielsweise ist für die letztere Eigenschaft berühmt. Das Aroma des Hanfs kann holzig, würzig, fruch-

tig oder erdig sein – das Spektrum ist hier sehr breit. Man kann spezifizieren: Tanne oder Zeder (in der Kategorie holzig), staubig oder muffig (in der Kategorie erdig), Heidelbeere oder Mango (in der Kategorie fruchtig) usw. Die meisten Aromen kann man durch Kreuzung verschiedener Sorten erzielen. Die ursprünglichen Aromen kommen am besten zur Geltung, wenn die Pflanzen im Freien an ihren Ursprungsorten wachsen. Es ist zu beachten, dass Geruch und Geschmack sich periodisch verändern können. Das Aroma der Rispe der lebenden Pflanze, der getrockneten und reifen Rispe und das Aroma des ausgestoßenen Rauchs unterscheiden sich

voneinander. Bei der Veredelung achtet man primär auf Qualität und Wirkung der in einem entsprechenden Reifegrad befindlichen, beschnittenen, gereiften Blütenstände.

Rauch Einen richtigen Genuss bietet der Rauch nur ohne Tabak. (Die Tabakfabriken sind berechtigt, etwa 5.000 verschiedene Zusatzstoffe im Produktionsprozess zu verwenden.) Das Aroma der Blüten kommt am besten mit einer kleinen gläsernen Pfeife rüber. Wichtig ist, welche Form des Konsums der “Kritiker” bevorzugt. Es ist nicht gleichgültig, ob es

45


GROW schön gleichmäßig brennt oder ausgeht, ob es prasselt oder knistert. Ob die Asche grau ist und leicht zu Staub zerfällt oder hart ist und zusammenhält oder schwarz wie Teer ist. Daran lässt sich erkennen, mit welcher Technologie angebaut wurde, ob der Boden ein, zwei Wochen vor der Ernte gründlich gewässert wurde, damit weniger Düngemittel und Chlorophyll (das für das Kratzen im Hals verantwortlich ist) im Gewebe bleiben. Langsame Trocknung und lange Reifung sind wichtig für den Abbau schädlicher Substanzen. Es zeugt von guter Qualität und einem umsichtigen Züchter, wenn die Asche hellgrau ist und leicht zu Staub zerfällt. Tatsache ist, dass der Rauch zum Husten reizt. Bei Cannabis kann man zwei Arten von Husten unterscheiden: Eine wird vom Teer verursacht – bei ihr kratzt es eher im Hals, sie ist schmerzhaft und zwanghaft. Die andere betrifft einfach und schmerzfrei die Bronchien und wird verursacht durch deren plötzliche Ausweitung. Manche mögen das sogar.

Wirkung Es gibt viele Ähnlichkeiten zwischen dem Weinbau und der Hanfindustrie. Eine davon ist, dass beide den “Geschmack von Sachverständigen” einsetzen, um die Charakterzüge der Produkte zu erkennen und zu unterscheiden. Ein großer Unterschied ist aber, dass die Wirkung der unterschiedlichen Weinsorten ähnlich ist und eine Überdosis zur Vergiftung führt, während der Hanf ein breites Spektrum von Wirkungen bietet und sein Wirkstoff kein Gift ist. Manche Sorten mögen mental angenehm wirken, während ihr Geschmack vielleicht weniger ankommt – wieder andere mögen sehr lecker sein, aber unerwünschte Wirkungen hervorbringen. Der erste zu untersuchende Gesichtspunkt sind die Wirkungen “high” und “stoned”. “High” bedeutet die stimulierende Wirkung des Cannabis und “stoned” seine beruhigende Wirkung. Die eine stimuliert die Sinne, inspiriert die Soziabilität und die Gesprächigkeit, die andere ist lindernd und beruhigend. Manche spüren den stimulierenden Zustand im Kopf und nennen ihn daher “brain high”, den beruhigenden aber im Körper: “body high” – und obwohl die Benennungen teilweise zutreffend sind, führen sie trotzdem in die Irre. Die zu frühe oder zu späte Ernte beeinflusst nämlich, ob sich die Wirkung eher im Hirn oder im Körper entfaltet. Je später geerntet wird, desto eher verursacht es “body high”. Natürlich bestimmen die genetisch ererbten Eigenschaften die Wirkung einer Pflanze am stärksten. Es empfiehlt sich auch, die zeitliche Dauer zu prüfen. Einige Sorten entfalten ihre Wirkung in 15 bis 30 Minuten, während andere ein Erlebnis von fünf bis sechs Stun46

Northern Lights

Black Domina

Cherry Pie

Orange Kush

Snow Cap

den bieten. Hier ist zu erwähnen, dass dies überwiegend von den Ernte- und Beschneidetechniken beeinflusst werden kann, aber größtenteils sind die ererbten Eigenschaften entscheidend. Der vielleicht wichtigste Aspekt des Graskonsums ist die sich einstellende Toleranz: ob das Produkt in der Lage ist, eine gleichbleibende Wirkung auf längere Zeitintervalle zu bieten – über Monate, Jahre, Jahrzehnte. Dies ist der Faktor des Burnouts, der für Patienten, die Medizinalmarihuana gebrauchen, besonders wichtig ist. Die Toleranz der meisten Sorten auf dem Markt ist furchtbar: Charakteristisch ist die schnelle Gewöhnung, nachdem das Gefühl der Neuheit verflogen ist, was unter Umständen innerhalb einiger Wochen eintreten kann. Der andere Aspekt der Toleranz ist, wie hoch der Konsument mit einer gegebenen Sorte kommen kann. Das heißt, wie viele man von ihr rauchen muss bzw. soll, bis der nächste Zug keinen nennenswerten Unterschied mehr macht. Bei den meisten Indica liegt die Schwelle niedrig, maximal zehn Züge, aber z. B. beim 22-prozentigen White Widow braucht man fünf Züge, um sich zu bedröhnen. Wenn man mehr raucht, ganz egal wie stark das Indica ist, erreicht man keine höhere Stufe des Genusses, sondern schläft meist ein. Bei einigen Sativa liegt die Schwelle jedoch sehr hoch, oder es scheint, als hätten sie keine! Je mehr man raucht, desto höher kommt man. Oaxaca Highland Gold, Black Magic African und Highland Thai sind Sorten, deren Schwelle sehr hoch liegt. Bei den mentalen Wirkungen empfiehlt es sich, zu prüfen, in welchem Maße die Proben der veredelten Sorten Beklemmungen verursachen. Manche Sorten steigern die Beklemmungen, andere senken sie. Dies hängt zumeist vom Vorhandensein des CBD und dem Verhältnis von THC zu CBD ab. Je höher der THC-Gehalt und je niedriger das CBD, umso eher kann die jeweilige Sorte Beklemmungen verursachen. Das kann aber auch mit anderen Gefühlen der Fall sein, die verstärkt oder gemildert werden. Im Allgemeinen rufen die stimulierenden, auf das Hirn wirkenden Sorten Beklemmungen hervor, aber das trifft nicht immer zu. Zu schnell getrockneter Blütenstand, zu frühe Ernte oder zu kurze Reife tragen zur Erhöhung des Beklemmungsfaktors bei. Zucht und Veredlung von qualitativ hochwertigem Marihuana ist nach Meinung vieler eher eine Kunst als eine Wissenschaft. Um auf diesem Gebiet Erfolg zu haben, benötigt man ein kreatives Element und Fantasie. Die andere Voraussetzung ist ein verfeinerter Geschmack, der in der Lage ist, kaum wahrnehmbare Unterschiede in der Vielzahl der Geschmäcke, Aromen und mentalen Zustände und psychischen Wirkungen festzustellen.


47





Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.