Nr. 16 / 2014 Sept-Okt
Medical & Harm Reduction Magazine
KIFFENDE ELTERN Gefahr oder Chance für die Kinder?
FREIHEITSRECHTE ÜBER ALLES Die Kämpfe des Cannabis-Prinzen auf beiden Seiten des Gitters
BLÜTEZEIT FÜR CANNABISPATIENTEN Cannabis Social Clubs auch in Österreich
VERÄNDERTE NATUR Landwirtschaft im Dienste des Menschen
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MEDI+GREEN
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“Ich bin ein Berliner” Die Typen, die Medijuana verteilen, meist Grow- und Headshops, sind natürlich genauso toll wie überall, und auch in Wien sprach mich schon mal jemand in einem Lebensmittelgeschäft wegen meines Medijuana-T-Shirts an. Um uns zu beglückwünschen natürlich, obwohl wir auch Streitgespräche nicht scheuen, denn in den vergangenen Jahren haben wir uns gut mit Argumenten gewappnet und wir wissen auch, wo unsere Gesinnungsgenossen übertreiben und gegebenenfalls verzerren. Sie sollen wissen, dass man uns nie nachsagen wird, wir wären nicht ein wenig voreingenommen. Sind wir auch. Eines Abends fragte uns ohne Umstände auf einer Kreuzberger Terrasse ein junges Paar, das gerade über der Speisekarte brütete, ob es mal die gebratenen Süßkartoffeln von unserem Teller probieren dürfe, bevor es sie selbst bestellt. Hier in Berlin? Natürlich! Am Nachmittag rief ein Typ auf einem Einrad, der die große Aufschrift “Medijuana” erblickt hatte, ins Auto: “Hallo, gebt ihr mir eine Zeitung?“ “Klar”, sagten wir, und er gab uns Zeichen, ihm zu folgen. Natürlich bekam er eine. Wir freuten uns sehr darüber, dass man uns ansprach, über das persönliche Echo auf die Zeitschrift natürlich besonders. Und danke auch für den White Russian. Es genügt zu erwähnen, dass wir das Wort “sehr” noch nie so oft in einem Satz gehört haben, in einem positiven Kontext, wofür wir uns hier auch bedanken. In unserer Verstörung vergaßen wir tatsächlich, ihm ein Medijuana-T-Shirt und einen Kühlschrankmagneten zu geben - wenn er diese Zeilen liest, kann er sich ruhig über Facebook bei uns melden! Wir murmelten nur das Mantra „Vielen Dank, vielen Dank“. Wir machen das Ganze nämlich hauptsächlich für Euch und ein bisschen wegen solcher Augenblicke. Der Rest ist nur Text.
ielleicht verraten wir kein großes Geheimnis, wenn wir sagen, dass wir natürlich Berlin lieben, obwohl wir uns gern als österreichische Cannabiszeitschrift apostrophieren - denn dort begann die Geschichte von Medijuana. Nicht in erster Linie wegen der Hanfparade, die wir natürlich sehr mögen, aber so etwas Ähnliches gibt es ja auch in Wien. Vielleicht wird es dort auch bald ein Hanfmuseum geben. Friedrichhain-Kreuzberg gibt es jedoch nicht, auch nicht Tempelhof, und schon gar keinen seit Langem stillgelegten Flughafen. Überhaupt gibt es nur sehr wenig verlassene, vernachlässigte oder gerade ungenutzte Gelände, die überdies im Besitz des Magistrats oder der Stadt wären. Das garantiert ein angenehmes, beruhigend geordnetes Stadtbild, macht es aber unmöglich, dass ein öffentlicher Bereich wie der Flughafen Tempelhof sich von unten heraus entwickeln könnte. Dadurch sind natürlich auch die Menschen und die Stimmung anders. Nicht besser, nicht schlechter, einfach anders. Liebenswert aus einem anderen Grund. Es ist sicher nicht allgemein bekannt, dass wir seit Jahren einen Teil der Zeitschriften selbst in die Läden nach Wien und Berlin bringen. Nach Berlin fahren wir seit dem Frühjahr jeden Monat und es ist jedes Mal ein Auftanken, eine Energiebombe, wenn wir nur ein paar Tage dort verbringen können. Alle sind so direkt, verzichten manchmal vollkommen auf Formalitäten. Ich meine, obwohl nicht alle Leute meine Verwandten sind, habe ich mit allen irgendwie etwas zu tun und es ist nur natürlich, jemanden anzusprechen oder angesprochen zu werden. Es wäre auch keine Tragödie, im Schlafanzug in den Eckladen zu gehen. Von Amsterdam bis Mumbai habe ich wenige Städte gesehen, die offener wären. Manche Dinge können hier geschehen, und sie geschehen auch.
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IMPRESSUM
Der Redakteur
IN ZUSAMMENARBEIT MIT
Chefredakteur: Gabor Holland Autoren: Bob Arctor, Jack Pot, Marcel Klos Markus Berger, Martin Müncheberg, G.B.I. Tomas Kardos, Peter Laub, Theodor Eisenschwert Robert Schamane, H.S. von Vogelsang Lektorin: Helen Bauerfeind Design & Photo: Gergely Vaska Verantwortlicher Herausgeber: G. Holland CK & MEDIJUANA PUBLISHING KN Advertising s.r.o. 945 05 Komarno 5. Eötvösa 57/20. E-mail: medijuana.at@gmail.com Web: www.medijuana.eu
Hanf-Institut
Medical & Harm Reduction Magazine
INDEX ADVANCED HYDROPONICS
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AEROPONIK SYSTEMS
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BUSHPLANET GmbH
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BUSHPLANET DISTRIBUTION
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CANNAFEST CITY GROW – BUSHPLANET DINAFEM SEEDS ENCOD FUTURE GROW
4 U2–1 13 2 11
GH POWDER FEEDING
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GROWFIX
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GROWSHOP.AT
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HANF im GLÜCK
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HANF UND HANF
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HANF MUSEUM BERLIN
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HERBALIST
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HUG’s
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INDRAS PLANET
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JELLY JOKER
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LAMOTA DISTRIBUCIÓN
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MIHA GMBH
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MEDICAL CANNABIS BIKE TOUR NACHTSCHATTEN VERLAG ÖSTERREICHISCHER HANF VERBAND PLAGRON
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PLANTNATION
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PUFF AND STUFF
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QUICK GRINDER
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ROYAL QUEEN SEEDS SEEDPLANET SERIOUS SEEDS
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SWEET SEEDS
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TIROLER HANFHOUSE
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UNITED SEED BANKS
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VERDAMPFTNOCHMAL
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Der Herausgeber von Medijuana weist alle Leserinnen und Leser darauf hin, dass der Handel mit lebensfähigen Hanfsamen sowie Verkauf, Besitz und Lieferung derselben in mehreren Mitgliedsstaaten der Europäischen Union als illegal gelten! Sämtliche Inhalte sind zu Informations- bzw. Unterhaltungszwecken gedacht. Wir möchten keineswegs dazu beitragen, dass jemand in seiner Heimat bestehenden Gesetzen zuwiderhandelt. Es ist nicht Anliegen des Herausgebers von Medijuana, irgendjemanden zur illegalen Nutzung der in der Broschüre erwähnten Produkte anzuregen. Der Herausgeber trägt keine Verantwortung für Aussagen, die auf verkauften Anzeigenflächen erscheinen. Sämtliche Meinungen im Redaktionsteil stammen von den Autoren und decken sich nicht in jedem Falle mit dem Standpunkt des Herausgebers. Gelegentlich ist es nicht möglich, den/die Inhaber des Urheberrechts zu identifizieren oder mit ihm/ihr Kontakt aufzunehmen, daher übernehmen wir im Falle des Nachweises von begründeten Urheberrechtsansprüchen auch im Nachhinein die Zahlung einer bestimmten Vergütung. Wir gehen bei sämtlichen Texten und Bildern bis zur Erklärung des Gegenteils davon aus, dass sie uns zur Veröffentlichung zugesandt wurden. Für die Vervielfältigung der Broschüre – auszugsweise oder als Ganzes – ist die schriftliche Erlaubnis des Herausgebers erforderlich, auch wenn die Vervielfältigung nicht zu kommerziellen Zwecken erfolgt. Alle Rechte vorbehalten!
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INHALT “ICH BIN EIN BERLINER”
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MEDI+GREEN WHO FORDERT ENTKRIMINALISIERUNG
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30 JAHRE NACHTSCHATTEN VERLAG Großes Symposium und Party
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ABRECHNUNG IN ALBANIEN
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CANNAFEST 2014
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UNBEZAHLBARE QUALITÄT
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IM HANFBIODIESEL LIEGT DIE ZUKUNFT
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MEILENSTEIN: DEUTSCHES GERICHT ERLAUBT ERSTMALS
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CANNABIS-EIGENANBAU ZU THERAPEUTISCHEN ZWECKEN
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ÖSTERREICHISCHE AKTIVISTEN FORMIEREN SICH IN CANNABIS SOCIAL CLUBS
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CANNABIS WIRD IN ÖSTERREICH EIN POLITIKUM Erste parlamentarische Bürgerinitiative für die Legalisierung gestartet
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CANNA+GLOBE 25 JAHRE GROW-KULTUR Österreichs erster Head- und Growshop
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MEDI+GREEN LEGALES GRAS ÜBERALL
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ÜBEREIFRIGER POLIZIST
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RIDE FOR THE RIGHTS
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CANNA+GLOBE FREIHEITSRECHTE ÜBER ALLES Die Kämpfe des Cannabis-Prinzen auf beiden Seiten des Gitters
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HANFPARADE 2014
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BLÜTEZEIT FÜR CANNABISPATIENTEN Cannabis Social Clubs auch in Österreich
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“ICH WÜRDE ALLES NOCHMAL GENAUSO MACHEN” 30–31 48 6
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INHALT MEDI+GREEN 34
FINGER WEG: COLCHICIN UND CANNABIS
CANNA+GLOBE 36–37
RECHTSPRAXIS IN ÖSTERREICH Geldstrafe oder bedingte Freiheitsstrafe?
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EIN (FIKTIVES) FALLBEISPIEL
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MEDI+GREEN
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KRANKENKASSEN ZAHLEN DRONABINOL?
MEDIZIN 42–44
KIFFENDE ELTERN Gefahr oder Chance für die Kinder?
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WARUM TRAGBARE VAPORIZER IMMER BELIEBTER WERDEN
CANNA+GLOBE
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VERÄNDERTE NATUR Landwirtschaft im Dienste des Menschen
VOLLBLUT 19
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SWEET SKUNK F1 SCHNELLVERSION MOTAVATION THC-Hammer mit Überraschungsfaktor
A‘LA CANNA 60
FRANZÖSISCHE GANJASUPPE
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ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT Linkin Park: The Hunting Party
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DER JÜNGSTE BUB Ed Sheeran: X
63 ES IST NIE ZU SPÄT E.F. Schumacher: Die Rückkehr zum menschlichen Maß 63 46
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FIKTIVE AUTOBIOGRAFIE Eugen Ruge: In Zeiten des abnehmenden Lichts 7
MEDI+GREEN
WHO fordert Entkriminalisierung ir sind daran gewöhnt, dass Politiker, Sachverständige und Forschungsinstitute von Zeit zu Zeit ihre Stimme gegen die Bestrafung von Dro-
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genkonsumenten erheben. Nun aber tat dies die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die als Institution der UN immer ein großes Mitspracherecht und relevanten Einfluss auf die
30 Jahre Nachtschatten Verlag Großes Symposium und Party om 5. bis 7. September feiert der Schweizer Fachverlag für Drogenaufklärung, der Nachtschatten Verlag aus Solothurn, seinen 30. Geburtstag. Fast alle Autoren des Verlages werden dabei sein, u. a. Stanislav Grof, Ralph Metzner, Wolf-Dieter Storl und Christian Rätsch. Außerdem viele namhafte Künstler der psychonautischen Bewegung, beispielsweise Gerhard Seyfried, Nana Nauwald, Luke Brown, Fred Weidmann und Steve Stoned. Am Freitag werden viele interessante Vorträge geboten; am Samstag kann man an diversen Workshops teilnehmen, bevor am Samstagabend die Party “PsychonauticaHelvetica” mit Live-Musik von Der Dritte Raum und Akasha Project sowie vielen DJs und anderen Künstlern startet. Alle Infos und Möglichkeiten zur Anmeldung gibt’s auf www.nachtschattenverlag.ch/symposium.
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Ausgestaltung des War on Drugs hatte, und daher kann man ihre Initiative nicht außer Acht lassen. In den 60er Jahren hatte die WHO Geburtshilfe bei den internationalen Vereinbarungen zum Verbot von Opium, Cannabis und anderen Drogen geleistet und Vorschläge unterbreitet, welche Drogen auf die Liste zu setzen seien. Daher ist der aktuelle Schritt eindeutig ein Zeichen dafür, dass die bisherigen Verbots- und Strafregelungen gescheitert sind. Den Anlass bot ein Bericht über die weltweite Verbreitung von HIV, in dem offen für die Rechte und Bedürfnisse intravenöser Drogenkonsumenten eingetreten wird. In allen Ländern der Welt sei jeglicher Drogenkonsum zu entkriminalisieren, damit die Hilfsprogramme ungehindert greifen könnten – die Drogenkonsumenten sich nicht fürchteten, um Hilfe zu bitten. Die außerordentliche Sitzung der UNO (UNGASS) zum Thema Drogen wird 2016 stattfinden. Auf der letzten Sitzung im Jahre 2009 entstand eine politische Erklärung, in der die Hoffnung auf eine drogenfreie Welt zum Ausdruck kommt, obwohl schon längst klar war, dass dieser Ansatz unhaltbar ist. Wenn die WHO nun ernsthaft ihre Stimme gegen eine Drogenpolitik erhebt, die auf Verbot und Strafrecht basiert, dann wird der nächste Aktionsplan vielleicht von der Utopie der Drogenfreiheit abrücken und sich mit den Problemen der Konsumenten auseinandersetzen, beziehungsweise mit den gesellschaftlich wirklich relevanten medizinischen und sozialen Problemen.
Abrechnung in Albanien Vor kaum einem halben Jahr haben wir Euch einen Einblick in den unbekanntesten Winkel Europas gewährt, aus dem mehr Marihuana an die verschiedensten Punkte des Alten Kontinents gelangt als aus Holland und Spanien. In dem auf den Cannabisanbau spezialisierten kleinen Dorf hat erstmals seit langer Zeit die Polizei den Sieg davongetragen.
ur Erinnerung sei angemerkt, dass in Albanien der Cannabisanbau genauso illegal ist wie in den übrigen Ländern der südosteuropäischen Region. Und es steht zu vermuten, dass die Taten eines Menschen, der die Bevölkerung eines ganzen Dorfes, auch Frauen und Kinder, für einen Hungerlohn für die Cannabiszucht einspannt, nicht von den wohltuenden Eigenschaften des Cannabis geleitet werden und er sogar bereit ist, auch Menschenleben zu opfern, um sein Jahrhundertunternehmen zu schützen, nach dem sich angesichts der Umsatzzahlen auch ein mexikanischer Drogenbaron die Finger lecken würde. Offiziell produziert Lazart mit seinen 5.600 Einwohnern jährlich etwa 900 Tonnen Marihuana im Wert von 4,5 Milliarden Euro, was die Hälfte des Bruttonationalprodukts von Albanien ausmacht. Kein Cent von dieser Summe wird für die Gesundheitsvorsorge der Arbeiter ausgegeben, die sich zu Tode schuften: Auf den Hanffeldern des Dorfes erkranken sie in Massen – allem Anschein nach durch das Einatmen der zur Zucht verwandten Chemikalien. All das zusammengenommen, lässt das gelungene Eindringen der Polizei auf diese gigantische Plantage ausgesprochen begrüßenswert erscheinen. Doch der Landbesitzer gibt natürlich nicht so leicht auf – die anrückende Polizei erwartete er mit Granatwerferen und Maschinenpistolen, unter der Dorfbevölkerung nahm er Geiseln. Die Zahl der Polizisten, die an der Aktion teilnahmen, wurde in der Zwischenzeit von 500 auf 800
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erhöht, und dank des lokalen Fernsehsenders konnte man live verfolgen, wie während des Sturms Spezialeinheiten mit schusssicheren Autos und Panzerfahrzeugen das Dorf umstellten und dann auf die Plantagen losgingen. Im Verlauf der Aktion am 16. Juni vernichtete die Polizei 11.000 Cannabispflanzen und mehrere Säcke Marihuana. Ins Zentrum des Dorfes waren sie aber nicht vorgedrungen, weil sie einerseits befürchteten, beim Erwidern des Feuers unschuldige Zivilisten zu verletzen, andererseits waren sie sich darüber im Klaren, dass die Anführer über ein ähnliches Arsenal verfügten wie sie. Als dieser Artikel entstand, war es gelungen, sechs Personen aus der Gruppe der organisierten Kriminellen festzusetzen, und wir hoffen, dass die Aktion mit weiteren Erfolgen abschließen wird und die versklavten Züchter von Lazart bald befreit werden.
MEDI+GREEN
Unbezahlbare Qualität en Erfolgen in Sachen Umsetzung der neuen Cannabisgesetze, wie sie Colorado geschafft hat, kann sich endlich auch Washington anschließen, wo im Juli die ersten Grasgeschäfte eröffnet wurden. Die Käufer haben jedoch keinen Grund, zufrieden zu sein, denn hier wird Cannabis zum Zwei- bis Dreifachen des Straßenpreises verkauft; gelegentlich gibt es auch Qualitätsprobleme. “Sie operieren mit astronomischen Summen. Es ist einfach lächerlich. Der vernünftige Preis für Ganja guter Qualität liegt bei 300 Dollar pro Unze. Ich zahle 60 Dollar für zwei Gramm, was 840 Dollar für eine Unze entspricht. Das ist doch empörend“, beschwert sich ein Käufer. Andere vermissen in den Geschäften Fachverkäufer, die ähnlich wie in Weinhandlungen mit ein paar Fragen die Vorlieben des Käufers in Erfahrung bringen und ihm die entsprechende Sorte empfehlen können. Ein weiterer Punkt ist die Frage der Qualität. Ein Geschäft schloss demonstrativ, als es Ganja minderer Qualität eines neuen Züchters hatte verkaufen sollen. Nach ihrer Ansicht richte dies das gesamte System zugrunde
D it dem Slogan “Der weltgrößte Cannabis- und Heilpflanzenmarkt für jedes Alter” wirbt das 5. Cannafest – und wer in den letzten Jahren daran teilgenommen hat, weiß, was die Veranstalter meinen. Das gigantische Ausmaß der Veranstaltung wird jedes Jahr noch ein wenig größer, und parallel dazu erweitert sich auch die Palette der ausgestellten Produkte und Aktivitäten. Das Cannafest entfernt sich immer mehr von der Hanfausstellung im eigentlichen Sinn des Wortes, wo sich alles um unsere geliebte Pflanze dreht. Das Wort “Heilpflanzenmarkt“, das im Slogan auftaucht, gibt Anlass zu vermuten, dass durch eine Erweiterung des Fokus weitere Pflanzen auf der Veranstaltung eine Rolle spielen werden. Um den Hanf muss man sich aber keine Sorgen machen. Die enthusiastischsten Hanfkonsumenten Europas sind bekanntlich die Tschechen, daher geben sich die Veranstalter alle Mühe, ihren Geschmack zu treffen: Natur, Nahrungsmittel, Kunst, Medizin und erneuerbare Ressourcen, um nur ein paar der charakteristischen Themen zu nennen, die an den Ständen, bei den Vorträgen oder im Kino behandelt werden. Und wir haben noch nicht das Spielhaus erwähnt, das Zelt des kreativen Schaffens, sowie die Konzerte, die das verdienstvolle Vergnügen unvergesslich machen wollen. Hast Du am zweiten Novemberwochenende schon was vor?
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und treibe die Kunden auf den Schwarzmarkt. Diese Fälle bezeugen, dass die Züchtererlaubnis alleine noch keinen guten Züchter macht und dass den Unterstützern der Legalisierung, wenn sie nach langem Warten nur schlechte Qualität bekommen, doch wieder nur die gewohnten Quellen bleiben.
Im Hanfbiodiesel liegt die Zukunft ie Zeitschrift Applied Energy publizierte jüngst eine Forschungsarbeit pakistanischer, italienischer und malaysischer Autoren über eine Methode zur Umwandlung von Hanföl in Biodiesel. Der auf diese Art gewonnene Treibstoff könnte mit der Zeit das aus Mais und Soja hergestellte Biodiesel ersetzen. Die Umweltkosten des aus Erdöl hergestellten Benzins überragen bei Weitem jene des aus Pflanzenöl – meist Mais oder Soja – hergestellten Biodiesels. Der Gebrauch von Mais- und Sojaöl aber beeinflusst die Lebensmittelversorgung der Welt negativ, weil sich dadurch die Preise erhöhen. Aus diesem Grund suchte man nach Alternativen – nach Pflanzen,
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aus denen man genügend Öl gewinnen kann, die gleichzeitig leicht anzubauen und anspruchslos sind und in der Lebensmittelindustrie kaum verwendet werden. Hanf erfüllt all diese Kriterien, außerdem sind seine starken Fasern in der Textilindustrie zu verwerten. Die Forschergruppe setzt die magnetische Katalysemethode zur Produktion ein, die nicht nur effektiver, sondern auch kostensparender ist als die traditionelle Katalyse. Am Ende des Prozesses sind die benutzten Oxide auch leicht zu extrahieren. Sollte diese Methode in die Massenproduktion gehen, ist es gut möglich, dass wir in den nächsten Jahrzehnten weltweit auch Hanfbiodiesel tanken können.
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Meilenstein: Deutsches Gericht erlaubt erstmals Cannabis-Eigenanbau zu therapeutischen Zwecken in deutsches Gericht hat am 22. Juli 2014 erstmals den Klagen von drei Cannabispatienten stattgegeben und ihnen den Eigenanbau von natürlichem Cannabis zu therapeutischen Zwecken erlaubt. Das geht aus einer Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts in Köln hervor. Zwei weitere Kläger scheiterten mit ihren Anträgen, da das Gericht bezweifelte, dass in einem Fall der unbefugte Zugriff Dritter auf das angebaute Cannabis ausgeschlossen werden könne. Im anderen Fall hieß es, der Kläger habe nicht alle konventionellen Therapieoptionen ausgeschöpft. In den Urteilsbegründungen hieß es unter anderem: “Dieses Urteil ist ein Meilenstein in der europäischen Cannabis-Politik, weil damit erstmals der individuelle Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken in Deutschland gestattet wird, was für die Betroffenen enorme Ersparnisse bei der Behandlung ihrer Leiden bringt“, kommentierte Hanf-Institutsobmann Toni Straka die Entscheidung des Gerichts.
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Österreichische Aktivisten formieren sich in Cannabis Social Clubs sterreichs Cannabispatienten haben lange genug gelitten. Angesichts fast täglich neuer Forschungsergebnisse wollen sie endlich ihre beste Medizin legal erhalten und formieren sich nun in einer wachsenden Zahl von Cannabis Social Clubs (CSC). Diese haben das Ziel, nach entsprechenden Gesetzeslockerungen Cannabis für ihre bedürftigen Mitglieder produzieren zu können. Vorerst ist dies aber aufgrund der geltenden Rechtslage nicht möglich, da die Behörden in dem Moment eingreifen müssen, in dem der Straftatbestand “Vorsatz zur Suchtmittelgewinnung” erfüllt ist. Den größten Zulauf hat bisher der im vergangenen Mai als erster österreichischer CSC gegründete CSC Salzburg. Gründer ist der Flachgauer Schmerzpatient Wilhelm Wallner, der sich jetzt um eine Ausnahmegenehmigung für den Anbau von medizinischem Cannabis bemüht. Eine kurzzeitige Arrestierung von Wallner wegen einer ausstehenden Verwaltungsstrafe von einigen 100 Euro endete in einer Sympathiewelle österreichischer Medien. Diese stellten seinen Fall ausführlich dar und zeigten ebenfalls Unverständnis dafür, dass der Staat
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dem nach einem Berufsunfall seit zehn Jahren an starken Schmerzen leidenden Mann nicht sein Cannabis als Medizin erlaubt, obwohl er damit die ungleich schädlicheren synthetischen Opiate bis hin zu Morphium absetzen könnte. Wallner zufolge bekämpfe Cannabis
seine Schmerzen besser als alles, was ihm die Ärzte im Rahmen seines jahrelangen Kampfes gegen die Schmerzen verschrieben hätten. “Von den Opiaten war ich nur benebelt und konnte mich nicht konzentrieren”, sagte Wallner. Einen etwas anderen Weg geht der von Gerald Wagner gegründete CSC Wiener Neustadt. Wagner wolle vor allem bei der Forschung ansetzen, heißt es in den Vereinsstatuten: Der Verein möchte Aufzucht, Verarbeitung und Forschung aus den unterschiedlichsten Bereichen, auch mit bereits freigegebenen Hanfprodukten fördern und durchführen. … Mit dem Ziel, die Freiheit von mündigen Bürgern auch im Umgang mit Cannabis als Konsummittel bzw. Genuss- und vor allem aber als Heilmittel ohne Pharmaindustrie zu erreichen. Lokalpolitiker scheinen auf die Vorteile von Cannabis als Medizin aufmerksam zu werden und haben den CSC Wr. Neustadt aufgefordert, ein Modell vorzulegen, wie die Produktion von Cannabis zu Forschungszwecken aussehen könnte. Neben diesen beiden Clubs wurde auch der CSC Wien von den Behörden bisher genehmigt. Dies steht bei den CSC Mattersburg, Tirol, Eisenstadt und Graz noch aus. Fest steht aber, dass sich in Österreich immer mehr Aktivisten und Cannabispatienten formieren, um der Prohibition ein baldiges Ende zu bereiten.
MEDI+GREEN
Cannabis wird in Österreich ein Politikum Erste parlamentarische Bürgerinitiative für die Legalisierung gestartet Cannabis-Sommerloch? Davon kann in Österreich keine Rede sein! Nach Grundsatzbeschlüssen von vier der neun Landesorganisationen des Koalitionsführers SPÖ, die sich für die Legalisierung von Cannabis aussprachen, macht jetzt die erste parlamentarische Bürgerinitiative mit dem Titel “Herausnahme von Cannabis aus dem österreichischen Suchtmittelgesetz” weiter Druck auf das österreichische Parlament, das die Interessen der eine Million Cannabiskonsumenten bisher ignorierte. it parlamentarischen Bürgerinitiativen können österreichische StaatsbürgerInnen ihre Anliegen direkt an den Nationalrat herantragen, die dann von diesem behandelt werden müssen. Die vom Obmann des Vereins “Legalize! Österreich“, Bernhard Amann, gestartete Initiative wird vom Hanf-Institut unterstützt und erreichte bereits am ersten Tag über 1.000 Unterschriften. Kernpunkte der Initiative sind unter anderem die Legalisierung des Eigenanbaus für den persönlichen Verbrauch. Wer mehr als für seinen persönlichen Konsum produzieren will, muss um eine staatliche Lizenz ansuchen und eine Steuer von ein bis zwei Euro je Gramm an den Staat abführen, schlägt die Bürgerinitiative vor. Die Erzeugerlizenz muss dem Vorhaben zufolge ab einer Produktionsmenge von 500 Gramm Cannabis pro Jahr eingeholt werden. Der Besitz von 10 Gramm Cannabis soll generell straffrei werden. Mit dem Erreichen des Wahlalters soll der Cannabiserwerb und -besitz erlaubt werden, analog zu leichten Alkoholika und Nikotin, also ab 16 Jahren. Die Abgabe soll bestehende Strukturen nützen und über Trafiken, Apotheken und andere lizenzierte Abgabestellen erfolgen. Mit dieser Maßnahme seien auch große Ersparnisse innerhalb der Strafverfolgung von Cannabis-Delikten zu erwarten, die Amann mit rund 100 Millionen
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Euro jährlich bezifferte. Zum heiß diskutierten Thema ”Cannabis und Straßenverkehr” will Amann den § 5 Abs 1 Satz 3 StVO einführen, wobei er einen Grenzwert von 10 Nanogramm THC, dem psychoaktiven Wirkstoff in der Cannabispflanze, je Milliliter Blut für realistisch
hält. Zum Vergleich: Snowboarder dürfen bei internationalen Wettbewerben bis zu 150 Nanogramm je Milliliter aufweisen. Die Bürgerinitiative kann elektronisch auf der ParlamentsWebseite unterzeichnet werden. Hanf-Institut
GROWMIX VON PLAGRON SUBSTRATE / FERTILISED Problemlos züchten auf vorgedüngter Erde Plagron Growmix ist speziell zusammengestellt für eine einfache Wachstumsphase und eine kontrollierbare Blütephase. Durch die fein abgestimmte Kombination von hochwertigem Weiß- und Schwarztorf wird eine optimale Luftfeuchtigkeit erreicht. Plagron Growmix enthält relativ viel Weißtorf – die obere, jüngste Schicht des Torfs. Diese Schicht ist sehr luftig und dräniert außerordentlich gut. Eine optimale Mischung von Weißtorf, Schwarztorf und Wurmhumus sorgt für eine problemlose Wachstumsphase und erspart die Benutzung von Wachstumsdünger. Der Wurmhumus sorgt, zusammen mit den zugesetzten mineralischen Düngemitteln, für ausreichend Nahrung für junge Pflanzen. Damit ist Plagron Growmix eine sehr geeignete Erde für die Anpflanzung von jungen Stecklingen und gewurzelten Sämlingen. Growmix ermöglicht Plagron dem Züchter einen schnellen Start mit einer ausgezeichneten Basis für eine reichhaltige Blütephase. Wie alle Plagron-Qualitätserden ist Growmix luftig, sauerstoffreich und schrumpft nicht. Vorteile von Growmix: – luftige Bodenstruktur – in der Blütephase ganz nach eigenem Belieben düngen – mit oder ohne Perlit erhältlich
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CANNA+GLOBE
25 Jahre Grow-Kultur Österreichs erster Head- und Growshop Den ersten österreichischen Head- und Growshop WAS DENN ... gibt es jetzt schon seit 1989 - und damit ein Fachgeschäft in Wien, das sich auf die Head- und Grow-Landschaft spezialisiert hat. Heuer begeht das Team seinen 25. Geburtstag und feiert ein Vierteljahrhundert Headund Growshop-Kultur. Wir haben mit Inhaber Peter Vardjan gesprochen. Medijuana: Was war vor 25 Jahren eure Motivation, den Shop zu gründen? Peter Vardjan: Wir haben 1989 den ersten Head- & Growshop Österreichs in der Schaumburgergasse im 4. Wiener Gemeindebezirk eröffnet. Die Idee ist damals meiner Exfrau Sylvia und mir gekommen, als wir noch in Utrecht (Holland) gewohnt haben. Wir saßen an einem highteren Abend mit ein paar Freunden im nicht weit entfernten Amsterdam zusammen, als mich Henk von Dutch Passion fragte, ob wir nicht Lust hätten, seine Samen in Österreich zu verkaufen. Da es hierzulande noch keine Geschäfte gab, die Grow-Equipment, Hanfsamen, geschweige denn Literatur darüber verkauften, dachten wir uns, so etwas sollte es doch auch bei uns geben, und legten keine neun Monate später den Grundstein für die heutige GrowSzene in unserem Land! Tja, und so machten wir unser größtes Hobby zum Beruf und eröffneten die erste WAS DENN ...-Filiale. MED: Ihr feiert in diesem Jahr euren 25. Jahrestag, ein echtes Jubiläum! Habt ihr zu diesem Anlass bestimmte Aktionen geplant? Wird es auch ein Fest geben? 16
PV: Kaum zu glauben, wie die Zeit vergeht, aber so ist es, wir feiern heuer wirklich schon unser 25. Firmenjubiläum und sind auch schon mitten in den Party-Vorbereitungen. Wir haben natürlich einiges für unsere Geschäftspartner, Kunden und Freunde geplant, aber da möchte ich jetzt lieber noch nicht zu viel verraten! Ihr werdet es rechtzeitig erfahren! (grinst) MED: Wie hat sich euer Geschäft im Lauf der letzten 25 Jahre entwickelt? PV: Es hat sich sehr viel getan die letzten 25 Jahre! Der Kundenstamm ist mittlerweile enorm breit gefächert, die Produktpalette hat sich vervielfacht, und somit haben wir uns natürlich an die Bedürfnisse unserer Kunden angepasst. Wir haben dank sehr großer Nachfrage und größtenteils positiver Resonanz Mitte der 90er Jahre vier weitere Head- & Growshops und einen Großhandel eröffnet, denn die Szene wächst stetig. 1995 gab es schon mehr als zwölf Head- oder Growshops und das allein in Wien! MED: Erzähle uns doch ein wenig von eurer Produktpalette. Was bekommen eure Kunden im WAS DENN …-Shop?
PV: Wir haben uns in den letzten fünf Jahren wieder auf den Grow-Sektor fokussiert und unter anderem damit begonnen, eigene LED-Leuchtsysteme zu entwickeln – davon aber später mehr. Unseren Headshop im Obergeschoss mussten wir zu einem Showroom umwandeln, damit wir noch mehr Ausstellungsfläche zur Verfügung haben. Natürlich bekommt der Kunde bei uns auch alles für den Gärtnerbedarf, egal ob Anfänger oder Profi. Unser Bücherregal mit der wichtigsten Literatur für den Anbau, die Vermehrung
25 Jahre WAS DENN In diesem Jahr wird das WAS DENN …-Team ein rauschendes Fest anlässlich des 25. Jahrestags veranstalten. Genauere Informationen gibt das Team um Peter und Samuel Vardjan aber noch nicht bekannt – Zitat: “Es ist noch einiges zu klären! – Infos folgen natürlich zur rechten Zeit!” www.was-denn.at
und Tipps und Tricks für den Zierpflanzenbau befindet sich im Showroom, im Obergeschoss, wo unsere Kunden sich auf einer großen Couch ein wenig einlesen und dabei relaxen können. Da wir seit 2007 keine Stecklinge mehr produzieren und verkaufen, haben wir uns ein sorgfältig ausgewähltes Samensortiment zusammengestellt! Wir bieten unseren Kunden seitdem Hanfsamen von Dutch Passion, Dinafem, Paradise Seeds und Royal Queen Seeds an. Nur hochwerti-
ge Samen, denn: Wer günstig kauft, kauft teuer. MED: Nun haben es österreichische Hanfshops zurzeit auch nicht gerade leicht. Gibt es bei euch auch Probleme mit der Staatsgewalt? PV: Nein, da habe ich zum Glück seit fast zwei Jahren endlich Ruhe! Ich habe in Summe mehr als 22 Jahre gegen den österreichischen Staat prozessiert und dabei auch sehr, sehr viel Geld verloren, aber dafür auch jeden
Prozess gewonnen – und ich bin mit einer weißen Weste ausgestiegen! MED: Engagiert ihr euch auch ideell? Sprich: Setzt sich das Team von WAS DENN … auch für eine neue und bessere Drogenpolitik ein? PV: Klar, wir unterstützen seit Jahren den ÖHV, sind auch am Hanfwandertag mit eigenem Truck vertreten, wir unterstützen außerdem die CAM – die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin, die diesjährige Medical Cannabis Motorcycles Tour und natürlich die Cultiva, auf der wir heuer unsere eigenen LEDs präsentieren wollen. MED: Und hat sich die Kundschaft im Lauf der Zeit auch verändert? Kann man das sagen? Früher waren es ja eher die “Freaks”, die in Headshops einkauften. Ist das heute anders? PV: Und wie sich die Kundschaft verändert hat! Zu meinen Anfängen waren die Leute bei Weitem noch nicht so offen wie heute, es gab die typischen, sagen wir mal “Hippies”, die Esoteriker und, wie du schon so schön gesagt hast, die “Freaks”, die einkaufen kamen. Mittlerweile kommen die Kunden aus allen Gesellschaftsschichten, vom Studenten zum Tischler bis hin zum Großvater ist jeder vertreten.
text: Markus Berger
MEDI+GREEN ie Schauspielerin Susan Sarandon träumt von der globalen Marihuanalegalisierung, die unausweichlich in eine schönere Welt führe, weil sich die vom Alkohol angeheizte häusliche Gewalt in ein großes gemeinsames Lachen auflöse. In einem Interview mit Daily Beast sagte sie, dass man den Zugang zu Lebensmitteln mit Cannabisgehalt regulieren müsse, um Kinder vor ihnen zu schützen und Erwachsene vor dem zu häufigen Genuss zu bewahren. Sie fügte hinzu, dass der Alkoholgenuss zu einer großen Zahl von Toten geführt habe, am Marihuana aber noch niemand gestorben sei. Die gegenwärtige Situation bezeichnet sie als “Wahnsinn“, da gewaltige Summen für die Verfolgung und den Drogenkrieg ausgegeben würden, die Drogenkartelle unterdessen eine Blüte erlebten. Ihr persönliches Glaubensbekenntnis ist: “Sei nie stoned, wenn du dann so tun musst, als wärst du es nicht.” Daher würde sie nie Cannabis rauchen, wenn sie auf ihre Kinder aufpassen müsste, sondern eine Gelegenheit wählen, wenn keine Verpflichtungen bestehen und sie sich auf das Erlebnis einlassen könnte. In dem Interview spricht Sarandon offen über ihre Vorliebe für psychedelische
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Legales Gras überall
Drogen, Erlebnisse mit Magic Mushrooms und Ayahuasca, die sie am liebsten im Wald oder gar im Grand Canyon zu sich nehme. All das klingt aus dem Mund der Schauspielerin so natürlich, dass wir
Übereifriger Polizist er hätte gedacht, dass in Seattle (Washington) im Zeitraum zwischen der Abstimmung über die Legalisierung und ihrer Einführung die Festnahmen wegen Besitzes von Marihuana zu 80% der segensreichen Tätigkeit eines einzigen, übereifrigen Polizisten zu verdanken sind? Der Wermutstropfen dabei ist allerdings, dass sich das Polizeipräsidium mittlerweile von diesem hyperaktiven Kollegen verabschiedet hat. Mitte Juli erschien die Erklärung der Seattle Police, aus der hervorgeht, dass von den 83 Festnahmen im ersten Halbjahr 2014 66 sicher auf das Konto des gleichen Officers gingen. Der Chef der Polizei verriet auch, dass es unserem Mann ausgesprochenes Vergnügen bereitete, sich an die Delinquenten heranzupirschen und dass er vor den Aktionen mit dem Wurf einer Münze entschied, wo er seine Opfer suchen würde. Das Genick brach ihm allerdings nicht der Jagdinstinkt, den er an Gelegenheitskonsumenten auslebte, sondern der offene Rassismus, der seiner Motivation zugrunde lag. 36% der Menschen, die dieser Prozedur unterzogen wurden, waren Afroamerikaner, ob-
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wohl deren Bevölkerungsanteil in Seattle bei insgesamt 8% liegt. Der Polizeiführung stach der unverhältnismäßig hohe
schon von Hunderten von Berühmtheiten träumen, die sich für eine globale Legalisierung einsetzen und sich zu ihrem eigenen, verantwortlichen Konsum offen bekennen.
Anteil von Menschen schwarzer Hautfarbe in den Statistiken sofort ins Auge und sie trennte sich von dem Polizisten, der sich nach der Eröffnung der Washingtoner Grasläden am 8. Juli nun wirklich eine neue Arbeit suchen muss.
Ride for the rights ei der Medical Cannabis Motorcycle Tour kann man sich die Frage stellen: Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Mit Wohltätigkeit, Massenläufen, Schwimmen oder gemeinsamem Motorradfahren, Tischtennis oder Tischfußball lassen sich alle möglichen Anliegen verbinden. Ja, es muss gehen! Ungefähr so dachten die Wiener Vertreter der Cannabisszene, die sich hauptsächlich um Indras Planet und dessen Besitzer, den Harleyfahrer Hannes, gruppieren. Also gaben auch wir Gas und begaben uns unter die Motorradfahrer, die für die Rechte und Interessen der Medizinalcannabis konsumierenden Patienten eintraten. Eine bunt gemischte Brigade hatte sich versammelt. Es gab kleine und große Chopper, Enduros, Speed Bikes – je nach Geschmack. Unter den Motorradfahrern aus Deutschland, Ungarn und natürlich Österreich waren neben den Vertretern des ÖHV auch die des vor Kurzem
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gegründeten Hanf-Instituts und des Salzburger Cannabis Social Clubs. Das gemeinsame Ziel, die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung der vollkommenen Umsetzung der Patientenrechte zu lenken, verwischte jedoch schnell die unbedeutenden Unterschiede. In dieser Gesellschaft war es leicht zu begreifen, dass die von allen vertretene Sache, das Ziel, das die Teilnehmer hierher geführt hatte, weit über die Einzelinteressen hinausreichte. Selbst wirtschaftliche Interessen geraten da in den Hintergrund. Natürlich wäre es ohne die Sponsoren und die Beiträge der Teilnehmer schwer, der Sache des therapeutischen Cannabis handfeste Hilfe zukommen zu lassen. Die vor und während der Veranstaltung gesammelten Spenden gelangen an den dafür geeignetsten Ort – die Organisation Cannabis als Medizin, zur Unterstützung der Medizinalcannabispatienten.
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CANNA+GLOBE Nach einer gut vierjährigen Haftstrafe gelangte im Juli 2014 der Prinz des Cannabis wieder auf freien Fuß. Marc Emery, Begründer der Zeitschrift Cannabis Culture und Führer der ersten Cannabispartei Kanadas, war wegen internationalen Hanfsamenhandels verhaftet und in den USA gefangen gehalten worden. Wer aber spielt die Rolle der neuen Public Enemy? Wen jagt man so wie seinerzeit Timothy Leary?
Freiheitsrechte über alles Die Kämpfe des Cannabis-Prinzen auf beiden Seiten des Gitters as ist alles Nonsens. Sie hätten mich nie der amerikanischen Regierung ausliefern dürfen. Meine eigene Regierung hat mich verraten, deshalb werde ich mich, sobald ich heimkomme, mit einem entsprechenden politischen Skandal revanchieren und eine Kampagne gegen die Konservativen starten, erklärte Marc Emery in seinem ersten Interview nach seiner Freilassung dem Nachrichtenkanal CBC, als er noch auf seine Überstellung nach Kanada wartete. Mit seiner Frau Jodie Emery hatte er schon während seiner Haft Cannabisdemonstrationen in 30 kanadischen Städten angekündigt, sodass die erlebnishungrigen Aktivisten sich schon die Hände reiben können. Was aber bewegt einen fast Sechzigjährigen nach einer langen Gefangenschaft dazu, sich mit frischer Kraft in den Kampf zu stürzen? Wie es in exponierten Aktivistenkreisen nicht selten vorkommt, ist Emery in erster Linie Politiker, den nicht die Legitimierung des eigenen Graskonsums zum Hanfaktivismus
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geführt hat, sondern einer, dessen gesamte Denkweise von Ideen bestimmt wird, für die er genauso entschlossen eintritt wie für die Sache der Legalisierung.
Die Idee der persönlichen Freiheit Marc Scott Emery wurde 1958 in London, Ontario, geboren, nach eigenen Angaben in einer liebevollen Familie, in der niemand seine Fähigkeiten einschränkte. Diesem Geiste entsprang sein politischer Aktivismus, der darin gipfelte, dass er mit 22 als Kandidat der kanadischen Liberalen antrat. Ein Jahr später gab er sein erstes Enthüllungsblatt heraus, das nichts mit Cannabis zu tun hatte, sondern Korruptionsfälle und andere Ungerechtigkeiten aufgriff, welche ansonsten nicht die nötige Medienpublizität bekamen. Kurz nach dem Scheitern des Blattes trat Emery mit einer neuen Zeitung unter dem Namen London Metro Bulletin hervor, auf die er seine ganze
Arbeitskraft verwandte – von der Recherche, der Herstellung der Fotos, dem Schreiben der Storys und der Redaktion bis zum Vertrieb. In der Zwischenzeit von den Liberalen enttäuscht, gründete er die Unpartei (Unparty), die sich die Einschränkung der Regierungsmacht zum Ziel gesetzt hatte. Diese beiden Projekte boten Emery den Rahmen, um seine individualistischen Ansichten, die die Unabhängigkeit des Menschen und seinen freien Willen in den Mittelpunkt stellten, auszudrücken. Auf die bald aufgelöste Partei der Regierungsgegner folgte 1984 die Partei der Freiheit, für die Emery die Wahlkampagne leitete. In den 80ern demonstrierte er für zahlreiche Anliegen – von den Austragungsorten der Winterspiele, Regulierungen für Mülldeponien bis zur Ladenöffnung an Sonntagen – nur die Cannabisfrage war nicht darunter. Das Eintreten für Dinge, die offensichtlich nicht zusammenhängen, begründete Emery mit dem Gedanken, dass man die Umsetzung der Freiheitsrechte nicht vom Staat erwarten
schriften geführt hätten, drohende Gefängnisstrafen hielten ihn nicht vom Engagement ab und er erreichte mit klarer Argumentation mehrfach die Änderung von Gesetzen. 1990 wandte er sich von der Politik ab und verkündete: Wenn man eine Veränderung will, soll man nicht die eine oder andere Partei wählen, sondern man soll die Gesetze brechen, die der eigenen Meinung nach die Rechte verletzen.
Die ungerechteste Sache
dürfe, sondern man sie nur mit tatkräftigen Aktionen erreichen könne. Die Rechtsbrüche, die er bei seinen Aktivitäten beging, waren seiner Meinung nach moralisch berechtigt, da die kritisierten Maßnahmen und Gesetze die friedliche und lautere Ausübung der Persönlichkeitsrechte verletzten. Er argumentiert, dass in der Geschichte immer wieder Rechtsbrüche zur Überarbeitung von Rechtsvor-
1984, als Paul McCartney wegen Marihuanabesitzes verhaftet wurde, sprach Emery sich gegen das Grasrauchen aus. Im gleichen Jahr verkündete er seine Quasiabstinenz gegenüber allen bewusstseinsverändernden Drogen, Tabak und Alkohol eingeschlossen, weil er meinte, diese behinderten sein klares Nachdenken über philosophische Fragen. 1990 las er Jack Herers Klassiker “Die Wiederentdeckung der Nutzpflanze Hanf” (engl. The Emperor Wears No Clothes), der mit einem Schlag seine Meinung über das Cannabis veränderte. Zu seiner größten Überraschung verboten die Gesetze den Verkauf von Büchern oder Videomaterial mit Darstellungen von Produktion, Konsum oder Vertrieb illegaler Drogen, für Zuwiderhandlungen standen 100.000 Dollar Geldstrafe, sechs Monate Gefängnis oder beides zusammen. Emery besaß seit seinem siebzehnten Lebensjahr einen Buchladen, wo er auch das Buch von Herer verkaufte. Der Prinz des Cannabis beging sein erstes Drogendelikt, als er noch keine Ahnung davon hatte und sich ihres Konsums enthielt; sie zu vertreiben, war ihm nicht einmal in den Sinn gekommen. Als er erkannte, dass die Gesetze versuchten, die Wahrheit über einzelne Mittel zu verschleiern, war das schon genug. Schnell deckte er die rassistischen Ursprünge des Marihuanaverbots auf und erkannte, dass es sich außer gegen die schwarze Gemeinschaft in erster Linie gegen Nonkonformisten und Systemkritiker richtete. Da er wusste, in welchem Maße die Praxis, Konsumenten zu inhaftieren, ganze Familien zerstörte, fand Emery sich plötzlich mit der größten Ungerechtigkeit der modernen Geschichte konfrontiert. Ein vollkommenes Betätigungsfeld für ihn. Einer seiner Freunde behauptet, Emery sei Cannabisaktivist geworden, weil er über diese Schiene seine Auffassung von der Freiheit am einfachsten zum Ausdruck bringen konnte. Nach der Erkenntnis der Tatsachen schritt er zur Tat und bestellte alle Ausgaben des legendären New Yorker High Times Hanfmagazins und verkaufte sie in seinem Laden. Damit die Aktion den Behörden nicht verborgen blieb, versah er seinen Laden mit einem Transparent: Bei ihm sei erstmals die High Times, die in Kanada schon sechs Jahre auf dem Index stand, erhältlich. Und er
CANNA+GLOBE lud auch ihren Chefredakteur ein, den Fans die Zeitschrift zu signieren. Doch egal wie er sich bemühte, er organisierte sogar eine Hanfdemo vor der Polizeiwache, man wollte ihn einfach nicht bestrafen. Er musste größere Pläne aushecken. Da er wusste, dass in Vancouver die größte Zahl von Grasrauchern und Züchtern beheimatet war, zog er 1994 dorthin und eröffnete den Hanfsamenladen Hemp BC, wo er auch Bongs, Pfeifen und andere Gerätschaften verkaufte, die zu dieser Zeit in Kanada überhaupt nicht erhältlich waren. 1995 startete er die Zeitschrift Cannabis Canada, die er drei Jahre später in Cannabis Culture umtaufte. Damit gelang es ihm, die Hemmschwelle der Polizei zu überschreiten, die schließlich im Januar 1996 eine Razzia in seinem Laden abhielt, die Waren beschlagnahmte und eine Strafe von mehreren Tausend Dollar verhängte. Emery ließ das kalt und er eröffnete von Neuem. Ein Jahr später verpasste man ihm in einem Interview mit CNN den Namen “Prinz des Cannabis“, den er seitdem stolz trägt. Im Dezember 1997 wurde Emery nach einer neuerlichen Razzia ein paar Tage inhaftiert, jedoch nicht des Samenhandels angeklagt, sondern weil er einen Polizisten, der seine Angestellten beleidigt hatte, anspuckte. In den folgenden Jahren wurde er mehrmals des Samenhandels angeklagt, aber er musste jeweils nur eine Nacht im Knast verbringen, was auf ihn keine abschreckende Wirkung hatte. Um die Sache auch im Parlament zu vertreten, gründete er 2000 die kanadische Marihuanapartei, bei der die völlige Legalisierung des Cannabis an erster Stelle des Programms stand. Ein Jahr später gründete er eine neue Formation mit dem Namen British Columbia Marijuana Party, deren Vorsitz er übernahm. 1999 schloss er sich dem Global Marijuana March an und unterstützte begeistert alle Demonstrationen gegen das Cannabisverbot. 2005 wurde die bisher schärfste Anklage gegen ihn erhoben: Lenkung des internationalen Samenhandels zwischen Kanada und den USA. Schließlich erreichte er, dass man an ihm ein Exempel statuierte. Bei Gefangennahme drohte ihm
eine Strafe von mindestens zehn Jahren, doch es konnte auch lebenslänglich werden! Emery schloss seinen Frieden mit dem Gedanken, denn er hatte immer mit einer längeren Haftstrafe gerechnet, er bat nur darum, sie in einem kanadischen Gefängnis absitzen zu können. Dieser Wunsch ging nicht in Erfüllung. Das endgültige Urteil erging Ende 2009 und lautete auf fünf Jahre gemäßigten Vollzug. Die Strafe trat er 2010 in den USA an. Wegen guter Führung wurde er nach gut vier Jahren am 9. Juli 2014 entlassen, aber die Überstellung nach Kanada zog sich noch Wochen hin.
Wo er aufgehört hatte In seinem ersten Interview mit CBC nach seiner Freilassung sagte er, dass er auch jetzt noch auf seine Taten stolz sei, denn nach seinen zwanzig Jahren Aktivismus zeigten sich jetzt deutliche Ergebnisse: Washington und Colorado geben als erste Staaten Marihuana reguliert frei, und in ganz Amerika und Kanada neigt die öffentliche Meinung
zur Legalisierung. Er hob hervor, dass seine Arbeit auch im Gefängnis anerkannt worden war, auch von den Gefangenen, die ihn freundlich behandelten. Er lernte Bassgitarre spielen und wurde Mitglied einer Gefängnisband, sodass er sich mit neuen Kenntnissen und Erlebnissen verabschiede. Man glaube aber nicht, dass Emery im Gefängnis eitel Freude erlebt habe! Abgesehen davon, dass seine Frau sich von ihm trennte, verbitterte ihn, dass die Regierung seines Landes ihn an die Vereinigten Staaten ausgeliefert hatte. Diese Verletzung erwähnte er sofort bei seiner Freilassung und fügte hinzu, dass er alles unternehmen werde, die konservative Regierung zu stürzen. In der Gefängniszeit sei sein Cannabisaktivismus nicht verschlissen und er sei bereit, die begonnene Schlacht für die Legalisierung des Marihuanas zu Ende zu führen, bei der er immer größere Unterstützermassen hinter sich wisse.
text: Jack Pot
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Hanfparade 2014 Am 9. August zog die HANFPARADE zum mittlerweile 18. Mal durch Berlins Mitte – in diesem Jahr folgten ca. 6.500 Menschen dem Demonstrationsaufruf. b 13 Uhr füllte sich der Washingtonplatz vor dem Berliner Hauptbahnhof, bis er schließlich gegen 14 Uhr nahezu vollständig gefüllt war – erste Ansprachen von Aktivisten, Politikern und Geschäftsleuten der Branche schworen die sich versammelnden Teilnehmer auf die diesjährige Massendemonstration für legales Cannabis ein, bevor sich der Zug mit 14 Paradewagen und drei Kleinfahrzeugen kurz nach 14 Uhr in Bewegung setzte und über die Invalidenstraße zur Bundesgeschäftsstelle der Grünen zog, wo gegen 15 Uhr die erste Zwischenkundgebung stattfand.
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Weiter ging es dann durch die Friedrichstraße, wo vor dem Bundesministerium für Gesundheit die zweite Zwischenkundgebung abgehalten wurde. Als die Parade mit einer knappen Stunde Verspätung am Brandenburger Tor und damit auf dem Gelände der Abschlusskundgebung mit großer Hauptbühne und vielen Infoständen ankam, verdunkelte sich der Himmel und heftiger Wind kam auf. Was viele eh schon erwartet hatten, trat nun ein und ein heftiger Sommerregen ging auf die Demonstranten nieder, die sich ihre Laune davon aber nicht verderben ließen. Schon wenig später riss der Himmel dann auch schon wieder auf und die Sonne schien erneut und bis zu ihrem Untergang. Das Bühnenprogramm präsentierte ab ca. 17 Uhr eine bunte Mischung aus Musik und politischen Ansprachen und konnte so bis 22 Uhr Tausende auf der Straße des 17. Juni halten. Das lag sicherlich vor allem an den namhaften Künstlern, die sich in diesem Jahr musikalisch für eine Legalisierung aussprachen – u. a. Uwe Banton & Ganjaman, Martin Jondo, D-Flame und Götz Widmann.
Auch wenn die diesjährige HANFPARADE etwas hinter den Erwartungen der Berliner Veranstalter zurückblieb, konnte sie doch wieder Tausende Menschen zusammenbringen, die keine Angst hatten, sich für Cannabis einzusetzen. Solange sich die 6.500 Teilnehmer derart amüsieren, werden sie auch im nächsten Jahr wiederkommen – und dann vielleicht wirklich noch einen weiteren Freund mitbringen, damit die 10.000er-Marke endlich wieder geknackt werden kann.
text & photos: M. M. & Hanfparade
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Blütezeit für Cannabispatienten Willi Wallner ist 55 und selbst ein Cannabispatient, der mit der aktuellen Situation in Österreich nicht zufrieden ist. Deshalb hat er sich mit Gleichgesinnten zusammengetan und in Salzburg den ersten Cannabis Social Club (CSC) des Landes gegründet. 26
Cannabis Social Clubs auch in Österreich Medijuana: Seit wann ist es rechtlich möglich, in Österreich CSCs zu gründen und zu betreiben? Willi Wallner: Gründen und betreiben sind ja schon mal zwei völlig verschiedene Sachen – wir machen hier einfach nur einen Schritt nach dem anderen. Meine Krankengeschichte ist ja in gewisser Weise ein Beleg dafür, dass hier noch eine ganze Menge getan werden muss – deshalb habe ich mich mit Legalize! Europe in Verbindung gesetzt und vorgeschlagen, ganz konkret hier in Salzburg etwas zu tun. Am besten wäre es doch, hier gleich einen CSC zu gründen. Das fand man dort sehr interessant und so hat sich die Sache entwickelt – man hat dann
die Statuten des CSC verfasst und ihn als Verein gegründet. Das hat in Salzburg soweit ganz gut geklappt, in Linz dagegen wurde die Gründung eines ähnlichen Vereins abgelehnt – obwohl hier identische Statuten verwendet wurden. Schon daran kann man sehen, dass in Österreich nicht alles überall gleich ist. MED: Wie werbt ihr in der Öffentlichkeit dafür, den CSC nach der Gründung auch wirklich betreiben zu können? WW: Zum einen nehme ich jede Möglichkeit für Interviews und öffentliche Erklärungen wahr – außerdem versuche ich auch immer, möglichst viele Gleichgesinnte zusammenzukriegen, wenn wir zum Beispiel
den “Hanfwandertag” in Salzburg im Rahmen des GMM organisieren. Ansonsten planen wir auch eine mediale Eröffnungsphase, in der wir mit unserem Anliegen und ganz vielen Aktivisten, Patienten und Ärzten an die Öffentlichkeit gehen und über unsere Ziele informieren. Während dieser medialen Aktion, die drei bis sechs Monate laufen wird und an der 30 bis 40 Aktivisten und Ärzte beteiligt sind, werden wir neben Pressevertretern auch Behördenvertreter und die Polizei einladen – so hoffen wir nach der medialen Eröffnungsphase einen großen öffentlichen Druck aufgebaut zu haben, der uns entsprechend Rückendeckung gibt und es uns ermöglicht, einen Antrag auf Ausnahmegenehmigung einzureichen bzw. einen von den Grünen unterstützten Modellversuch zu beginnen – der Modellversuch würde dann unter meiner Leitung als Obmann zunächst ein Jahr lang lau-
ben bisher schon eine Menge Geld und Arbeit investiert. Was wir hier gerade planen, ist ja kein normaler CSC, wie es ihn zum Beispiel in Spanien gibt – uns schwebt hier eher ein CSC für Cannabispatienten vor. Dabei müssen wir natürlich genau darauf achten, dass wir uns stets im legalen Rahmen bewegen – schließlich will ja keiner von uns strafrechtlich belangt werden. Sobald der Club dann soweit aufgebaut ist – so wie ein vernünftiger CSC eben aufgebaut sein muss – werden wir so tun, als ob unser CSC bereits läuft. Dann können da auch gerne Leute vorbeikommen und sich alles im Detail erklären lassen: wie die Buchführung geht oder wie ein Patient als Mitglied aufgenommen werden kann bis hin zu den konkreten Modalitäten der Ausgabe. MED: Wie soll es dann weitergehen? WW: Wir arbeiten ja derzeit nach einem bestimmten Plan, der auch von Legalize!
fen. Danach wird dann jeder erkennen, wie wichtig und notwendig ein medizinischer CSC in Salzburg ist, und die Behörden werden den Club dann hoffentlich weiterlaufen lassen. MED: Welche konkreten Schritte seid ihr auf dem Weg zum ersten österreichischen CSC bereits gegangen? WW: Ja, immerhin haben wir inzwischen schon eine geeignete Lokalität mit passenden Räumlichkeiten gefunden – die könnten wir drei Monate lang kostenlos renovieren und dann für ein Jahr mieten. Konkret fehlt es uns da noch an einem ausgefeilten Konzept und Kostenplan, um loslegen zu können. Ich selbst und viele Mitstreiter ha-
EU begleitet wird – das heißt, wir gründen jetzt Fachabteilungen, die die notwendige Struktur reinbringen, und versuchen dann hier in Salzburg, den ersten CSC durchzubringen. Dann kommt der nächste CSC in Wien und so weiter. Das Schöne daran ist, dass wir ja alle miteinander vernetzt sind und so alles immer wieder benutzt werden kann – ich glaube, genau das ist der Weg. Wir müssen einfach eine starke Gemeinschaft bilden, die sich gegenseitig unterstützt.
text: Martin Müncheberg
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“Ich würde alles nochmal genauso machen” Günter Ulrich war ein unbeschriebenes Blatt mit einer weißen Weste, bevor er mit seinem Hanfshop in den Fokus der Grazer Staatsanwaltschaft geriet – im letzten Jahr wurde er wegen seiner Geschäftstätigkeit verurteilt und muss seitdem eine Fußfessel tragen.
text: M. M.
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Medijuana: Wie kam es ganz konkret dazu, dass du heute eine Fußfessel tragen musst? Günter Ulrich: Dazu muss ich kurz ein wenig ausholen: Ich bin ja nun schon seit fast 14 Jahren in der Hanfbranche tätig. 2001 habe ich mich mit dem Hanf Paradies in Graz selbstständig gemacht – das Geschäft hat sich dann auch ganz gut entwickelt, 2010 gründeten wir eine GmbH und stellten neue Mitarbeiter ein. Gleichzeitig kam es zu der Zeit auch zu einem Staatsanwalt-Wechsel in Graz – der alte Staatsanwalt ging in Pension und zwei neue Staatsanwälte kamen und übernahmen. Diese zwei neuen Staatsanwälte haben sich dann das Missionsziel gestellt, die angebliche Einstiegsdroge Cannabis weitestgehend aus Graz zu verbannen. Sie waren der Meinung, dass – wenn Cannabis und die Hanfshops erstmal verbannt sind – es auch keinerlei Probleme mehr mit irgendwelchen anderen Drogen gäbe. So rückte auch mein Geschäft in den Fokus der Beamten, da wir schon einer der größeren Shops in Graz waren und ja auch das ganze Rundum-Package angeboten haben. Bei uns gab es ja von Samen über Dünger bis hin zu Stecklingen und Homeboxen so ziemlich alles, was man braucht, um anzubauen –
auch die einschlägige Literatur war bei uns zu haben. So begann die Staatsanwaltschaft sehr schnell mit ihren Ermittlungen gegen unser Geschäft wegen “Beitragstäterschaft“. Das hat dann letztendlich zu dem Konstrukt der Anklageschrift geführt – darin wurde uns vorgeworfen, dass wir wissentlich und billigend in Kauf genommen haben, dass viele Kunden bei uns Pflanzen erwarben, aus denen sie dann “Suchtmittel” herstellten. In der ersten Instanz wurde ich dann wegen “Beitragstäterschaft” zu drei Jahren ohne Bewährung verurteilt, was wir natürlich erst einmal angefochten haben. Der Oberste Gerichtshof hat dann jedoch bestätigt, dass eine “Beitragstäterschaft” allein dann schon besteht, wenn wir unsere Kunden entsprechend beraten und hier aus einer Hand alles anbieten können, was für den illegalen Anbau benötigt wird. Da hier alles nötige Equipment zusammen mit dem Know-how und Stecklingen angeboten werde, könne man in meinem Fall von einer “Beitragstäterschaft” ausgehen. Damit hatte die Staatsanwaltschaft nun eine Art Präzedenzfall geschaffen, der auch auf andere Growshops übertragen werden könnte, die Stecklinge neben Growequipment anbieten.
MED: Ich dachte, in Österreich darf man Stecklinge ganz legal verkaufen – trotzdem wurdest du ja dafür verurteilt, innerhalb von zweieinhalb Jahren 155.000 Stecki’s verkauft zu haben, aus denen angeblich 870 Kilo “Cannabiskraut” erzeugt wurden… GU: Das stimmt schon, als Zierpflanzen darf man Hanfpflanzen nach wie vor verkaufen, nicht aber zur Suchtmittelproduktion. Doch genau die wurde uns ja unterstellt, und dann hat man aufgrund unserer Kundendaten einfach mal hochgerechnet, was da zusammengekommen sein könnte. Zuvor haben sie unser Geschäft ca. sieben Monate lang observiert – auch meine Frau und ich wurden komplett überwacht. Außerdem mietete die Staatsanwaltschaft zwei Wohnungen an – eine beim Vordereingang und eine beim Hintereingang – und observierten so in diesem Zeitraum auch 29 unserer Kunden. Etwa acht Wochen nach dem Kauf der Pflanzen in unserem Geschäft suchte dann die Staatsanwaltschaft diese 29 Kunden zu Hause auf und fand hier in den meisten Fällen auch die Hanfpflanzen, die inzwischen auch schon etwas “Suchtmittel” produziert hatten. Allerdings schien es den Beamten gar nicht so sehr um die Sicherstellung der Hanfpflanzen zu gehen, sondern eher darum, uns wegen Beihilfe dranzukriegen. Die Befragung unserer Kunden ging nämlich vor allem in die Richtung, ob wir die Kunden auch entspre-
chend beraten und vielleicht auch genau gewusst hätten, was sie mit den Stecklingen vorhaben. Leider haben sich dann einige unserer Kunden dazu hinreißen lassen auszusagen, dass wir im Prinzip schon gewusst hätten, was sie mit den Pflanzen vorgehabt haben – dabei hatten wir in jedem Verkaufsgespräch darauf hingewiesen, dass der Anbau von Cannabis zur Suchtmittelgewinnung strafbar und damit verboten ist. Natürlich war uns damals schon klar, was 95 % unserer Kunden mit den Stecklingen vorhaben – insofern konnte ich dann vor Gericht auch nicht den völlig Ahnungslosen spielen. Dazu kam dann ja noch, dass von Seiten des slowenischen Außenministeriums ein Schreiben an das österreichische Innenministerium ging, in dem darauf hingewiesen wurde, dass in Graz auch an slowenische Kunden Stecklinge in größeren Mengen verkauft würden – der österreichische Staat möge sich daher um die Einschränkung dieser Verkäufe bemühen. Und da wir in unserem Geschäft niemanden diskriminiert oder Reisepässe kontrolliert haben, sondern auch ausländischen Kunden Stecklinge als Zierpflanzen verkauft haben, gerieten wir schließlich ins Visier der Staatsanwaltschaft, die an uns wohl auch ein Exempel statuieren wollte. MED: Konntest du rechtlich gegen dieses Urteil vorgehen und z. B. eine Beschwerde dagegen einreichen?
GU: Wir sind gleich in Berufung gegangen und landeten so vor dem Obersten Gerichtshof, der dann aber die Sichtweise der Grazer Staatsanwaltschaft bestätigte und den Fall zurück nach Graz überwies. Immerhin wurde hier im September letzten Jahres das Strafmaß ein klein wenig reduziert – und da wir zu dem Zeitpunkt auch so ziemlich am Ende unserer finanziellen Möglichkeiten waren, akzeptierte ich letztendlich das Urteil, obwohl man noch einmal in Berufung hätte gehen können. Da Rechtsanwälte aber nun mal nicht gerade preiswert sind, haben wir das lieber gelassen. MED: Wie lange musst du nun noch die Fußfessel tragen? GU: Normalerweise bis zum 30. Januar 2015 – ich hoffe allerdings, dass ich schon beim Zwei-Drittel-Straftermin am 20. Oktober das “staatliche Freundschaftsband” wieder abgenommen bekomme. MED: Offensichtlich haben die Behörden kein Problem damit, dass du derzeit in einem Headshop arbeitest – hättest du mit der Fußfessel auch wieder in einem Growshop arbeiten dürfen? GU: Nein, mir ist ausdrücklich untersagt worden, wieder in einem Growshop zu arbeiten, selbst wenn dort gar keine Stecklinge verkauft werden. Denn wenn ich nochmal wegen “Beitragstäterschaft” angeklagt werden würde, dann wäre ich in den Augen der Justiz ein Wiederholungstäter, der dann noch deutlich härter zu bestrafen sei. Kurioserweise darf ich in unserem Headshop sogar Lehrlinge ausbilden – da stört die Fußfessel überhaupt nicht. Es gibt da schon einige Widersprüche in der behördlichen Wertung meiner Taten. MED: Würdest du rückblickend alles nochmal so machen? GU: Ja, denn es war mir immer das Wichtigste, nicht nur zufriedene, sondern glückliche Kunden zu haben – und glückliche Kunden hat man nur bei entsprechender Beratung. Aber ich würde mich rechtlich noch etwas besser absichern – obwohl ich ja der Meinung war, das bereits ganz vernünftig getan zu haben. Schließlich habe ich mich immer rechtlich beraten lassen und aktuell informiert – und genau das sollte mir zum Verhängnis werden. Denn nachdem dann auch meine Computer beschlagnahmt wurden, entdeckten die Ermittler eine E-MailKommunikation mit meinem Anwalt, der mir mitteilte, dassman Stecklinge nicht verkaufen dürfe, wenn man genau weiß, was die Kunden damit machen. Leider hatte ich darauf geantwortet, dass wir dann halt so tun werden, als ob wir das nicht wüssten. Das war schon ziemlich blöd und hat letztendlich auch zu meiner Verurteilung beigetragen. Aber abgesehen davon würde ich alles nochmal genauso machen. 31
MEDI+GREEN icht ist eine spezielle Form der Arthritis und insbesondere unter Männern eine weit verbreitete Krankheit. Die sehr schmerzhafte Entzündungserkrankung äußert sich in bestimmten Gelenken der Hände oder Füße (Podagra im Fuß, Chiragra in der Hand) und wird vor allem durch einen Überschuss an Harnsäure hervorgerufen, der wiederum entsteht, wenn zu viele purinhaltige Lebensmittel konsumiert werden. Gicht kann gut mit Cannabis behandelt werden. THC, CBD und andere Cannabinoide wirken schmerzlindernd und entzündungshemmend – ein heftiger akuter Anfall ist jedoch bei manchen Cannabispatienten nur unzureichend mit Hanfblüten zu behandeln, möglicherweise verschreibt der Arzt ein zusätzliches Medikament. Hier gelten Diclofenac und Kortisonpräparate als Mittel erster Wahl – nicht sehr häufig, aber immer noch wird auch der Wirkstoff der Herbstzeitlosen, das Colchicin, verordnet. Und hier kann ein Problem seinen Anfang nehmen. Ein Cannabispatient berichtet über genau diese Kreuzmedikation Cannabis/Colchicin. Diese ist nach mehrfacher Überprüfung offensichtlich nicht kompatibel und kann, wie in diesem Fall, übelste Symptome hervorrufen (alle zeitgleich): Herzrasen, Schwindel, Kribbeln am ganzen Körper, Gefühl der Vergiftung, nasser Schweiß, gestörte Wahrnehmung, Todesangst.
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Finger weg: Colchicin und Cannabis Die Herbstzeitlose (Colchicum autumnale) ist eine Pflanze aus der botanischen Familie der Liliengewächse (Liliaceae). Hauptwirksamer Inhaltsstoff ist Colchicin, das in der gesamten Pflanze vorkommt, dessen Konzentration jedoch in den Samenschalen am höchsten ist. 7 bis 20 Milligramm gelten als tödliche Dosis. Das Medikament Colchicum-Dispert enthält pro Tablette 0,5 Milligramm Colchicin und wird über den Tag verteilt hoch dosiert eingenommen (Dosierungsanleitung: alle 1 bis 2 Stunden 1-3 Tabletten, also 0,5 bis 1,5 mg, bis die Schmer-
zen aufhören). Die gleichzeitige Einnahme von Cannabispräparaten führte im Fall des Cannabispatienten zu oben genannten Symptomen. Möglicherweise gibt es Cannabispatienten, die andere – bessere – Erfahrungen mit dieser Kombination gemacht haben. Da jedoch über die Wechselwirkung von Colchicin und Cannabinoiden/Cannabis bislang keine Untersuchungen vorgenommen wurden, kann jedem Gicht- und Cannabispatienten bis auf Weiteres nur davon abgeraten werden, diese Stoffe gleichzeitig einzunehmen.
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Rechtspraxis in Österreich Geldstrafe oder bedingte Freiheitsstrafe? Folgen einer Verurteilung nach dem Suchtmittelgesetz oder Warum eine unbedingte Geldstrafe besser ist als eine bedingte Freiheitsstrafe as Suchtmittelgesetz (fortan genannt SMG) steht unter dem Schwerpunkt „Therapie statt Strafe“. Das bedeutet, der Straftäter soll zuerst einer Therapie zugeführt werden und die Strafe soll ultima ratio – das letzte geeignete Mittel – sein. Normalerweise wird bei einem ersten Vergehen nach dem SMG, sofern die Menge nicht mehr als ca. 0,5kg Marihuana überschreitet, seitens der Staatsanwaltschaft eine Diversion gem. § 35 SMG Abs. 1 angeboten. Hiervon ausgenommen ist die Weitergabe an Minderjährige sowie die gewerbsmäßige Begehung. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine Muss-Vorschrift für die Staatsanwaltschaft. Des Weiteren kann auch das Delikt des Suchtgifthandels gem. § 28a Abs. 1 SMG (dieser liegt vor, wenn mehr als ca. 0,5kg
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Marihuana erzeugt wurde) im Verfahren mittels Diversion eingestellt werden. Beachte: Die gesetzliche Bezeichnung Suchtgifthandel ist irreführend, da das Gesetz darauf abstellt, dass eine die Grenzmenge übersteigende Menge erzeugt wurde; wobei es auf die Weitergabe nicht ankommt. Im Klartext: Auch der für sich selbst anbauende Grower, der mehr als ca. 500 g Marihuana aberntet, ist laut Gesetz nach dem Delikt des § 28a Abs. 1 SMG Suchtgifthandel zu bestrafen. Kommt es zu einem weiteren Vergehen, dies muss nicht unbedingt ein Vergehen nach dem SMG sein, kann die Diversion widerrufen und die Sache vor Gericht verhandelt werden. Auch vor Gericht besteht jedoch gemäß § 37 SMG die Möglichkeit, das Verfahren noch einmal mittels Diversion zu
erledigen. Meist erfolgt die Auflage, sich sogenannten gesundheitsbezogenen Maßnahmen zu unterziehen (beispielsweise Kombination aus Therapie und Drogentests). Bei einer Diversion handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine Maßnahme besonderer Art. Dies ist wichtig, da durch die Erledigung mittels Diversion weder der Führerschein noch die Gewerbeberechtigung oder der Pass gefährdet werden. Man ist daher, wenn man sich bei einem neuen Arbeitgeber vorstellt und dieser ein Leumundszeugnis verlangt, gerichtlich unbescholten. Zu beachten ist jedoch, dass auch eine diversionelle Erledigung registriert wird und zehn Jahre in einem eigenen – nur für Behörden einsehbaren – Register aufscheint. Eine weitere Besonderheit im SMG ist die Regelung des § 42 Abs. 1 SMG. Verurteilun-
gen nach § 27 SMG, welche sechs Monate nicht überschreiten, unterliegen der sogenannten beschränkten Auskunft. Dies bedeutet, dass die Vorstrafe nur für Behörden ersichtlich ist, nicht jedoch in einem Leumundszeugnis aufscheint. In der Praxis ist allerdings zu beobachten, dass insbesondere bei Mandanten, die
Es wäre daher bei vielen Suchtmitteldelikten zuerst eine Geldstrafe statt einer Freiheitsstrafe zu verhängen. Was ist das Tagessatzsystem? Der Mindesttagessatz beträgt 4,00 Euro, der Höchsttagessatz 5.000,00 Euro. Zwei Tagessätze entsprechen einem Tag Ersatzfreiheitsstrafe. Dies ist relevant, sofern die Geldstrafe nicht bezahlt wird. Das Existenzminimum beträgt gerundet 850,00 Euro pro Monat.
eine längere Suchtmittelkarriere und mehrere Diversionsverfahren hinter sich haben, geringe bedingte Freiheitsstrafen verhängt werden. Ex lege ist dies jedoch nicht richtig, da § 37 StGB lautet: § 37. (1) Ist für eine Tat keine strengere Strafe als Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren, sei es auch in Verbindung mit einer Geldstrafe, angedroht, so ist statt auf eine Freiheitsstrafe von nicht mehr als sechs Monaten gleichwohl auf eine Geldstrafe von nicht mehr als 360 Tagessätzen zu erkennen, wenn es nicht der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe bedarf, um den Täter von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten oder der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken.
Beispiel: Bei einem Gesamtjahresnettoeinkommen von 24.000 Euro (inklusive Urlaubs- und Weihnachtsgeld) abzüglich 850 Euro x 12 = 10.200 Euro, verbleibt ein pfändbarer Betrag von 13.800 Euro, dieser dividiert durch 360 ergibt einen Tagessatz von 38,33 Euro. Viele Mandanten bevorzugen allerdings die bedingte Freiheitsstrafe, da diese keinen finanziellen Verlust bedeutet. Dies ist allerdings kurzfristig gedacht, da die Gefahr des Widerrufes der bedingten Freiheitsstrafe bei einer neuerlichen Tatbegehung in der Probezeit besteht. Der Oberste Gerichtshof hat sich erst unlängst zu diesem Thema ausführlich geäußert und in seiner Entscheidung vom 28.1.2014 zu 14 Os182/13s (RIS-Justiz RS0090783):
“Bei wahlweiser Androhung von Geldstrafe und Freiheitsstrafe hat sich die richterliche Ermessensentscheidung zwischen diesen beiden gesetzlichen Strafalternativen daran zu orientieren, dass die Freiheitsstrafe die Ausnahme sein soll.” Anmerken möchte ich abschließend, dass grundsätzlich jederzeit die Möglichkeit besteht, auch nach rechtskräftiger Beendigung des Gerichtsverfahrens, das Urteil nachträglich auf seine Gesetzeskonformität überprüfen zu lassen. Dies kann gemäß § 23 StPO mittels Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes an die Generalprokuratur erfolgen. text: Mag. Arthur Machac
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Ein (fiktives) Fallbeispiel Am 22. Juli urteilte das Kölner Verwaltungsgericht, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte bestimmten Cannabispatienten den privaten Eigenanbau von Cannabisblüten unter weniger strengen Auflagen genehmigen muss. Bis dahin wurden diese Anbau-Anträge abgelehnt.
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nter bestimmten Umständen, vor allem der Unerschwinglichkeit des Apothekenproduktes, dürfen Cannabispatienten in Deutschland also bald ihr Gras selber züchten (das Urteil ist noch nicht rechtskräftig). Schauen wir uns einmal an, wie die Kostenfrage in Österreich aussieht und womit ein Patient, der sich Dronabinol nicht leisten kann, rechnen muss. Von den fünf Klägern in Köln leiden zwei unter Multipler Sklerose, zwei unter chronischen Schmerzen und einer unter anderem unter ADHS. Laut der Bonner Behörde müsste in einem der fünf Fälle der Kläger rund 25 Hanfpflanzen gleichzeitig anbauen, um seinen Monatsbedarf von 100 Gramm Cannabisblüten zu decken. Der regelmäßige Kauf dieser Medizinalblüten sei aber unerschwinglich, sagte der Anwalt eines Klägers. Die Kosten von monatlich 800,- bis 1000,- Euro übernehme die Krankenkasse nicht. Und eine
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Therapie-Alternative gebe es nicht, wie die behandelnden Ärzte bescheinigten. Was würde dieser Patient in Österreich machen? Übernehmen wir die Zahlen aus Deutschland, verdient der (hier fiktive) Patient monatlich 1500,- Euro netto und kann sich somit die erforderliche Menge Dronabinol nicht leisten. Es bleibt ihm also auch in Österreich nur der Eigenanbau. Aber mit welchen Konsequenzen hat er damit derzeit noch (Stand Sommer 2014) zu rechnen und kann ihn eine mögliche Strafe sogar noch teurer kommen oder gar seine Freiheit kosten? Das österreichische Suchtmittelgesetz unterscheidet nicht zwischen dem Gebrauch als Medizin und dem Gebrauch als Genussmittel. Wobei es den Begriff “Genussmittel” im österreichischen Recht gar nicht gibt. § 27(2) SMG sagt: Wer jedoch die Straftat ausschließlich zum persönlichen Gebrauch begeht, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs
Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen. Um in diesen § zu fallen, sollte derzeit die Grenzmenge von 20 g THC bzw. 40 g THCA nicht überschritten werden, jedoch soll in naher Zukunft auch eine Überschreitung möglich sein, wenn nicht gedacht war, “dass es in Verkehr gesetzt werde“. Denn selbst wenn der Patient für seine monatlichen 100g Cannabisblüten zeitversetzt pflanzen würde, würden ihm die Mengen seiner fortlaufenden Handlung addiert werden. Man kann aber davon ausgehen, dass es jeder Staatsanwalt in so einem Fall auch derzeit bei § 27(2) belassen würde. Wird der Patient jedoch zum ersten Mal wegen Eigenanbaus belangt, erfolgt üblicherweise der “vorläufige Rücktritt von der Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft“. § 35(1) SMG: “Die Staatsanwaltschaft hat unter den in den Abs. 3 bis 7 genannten Voraussetzungen und Bedingungen von der Verfolgung einer Straftat nach den §§ 27 Abs. 1 und 2 oder 30, die ausschließlich für den eigenen persönlichen Gebrauch oder den persönlichen Gebrauch eines anderen begangen worden ist, ohne dass der Beschuldigte daraus einen Vorteil gezogen hat, unter Bestimmung einer Probezeit von einem Jahr bis zu zwei Jahren vorläufig zurückzutreten.“ Wird der Patient danach zum zweiten oder dritten Mal beim Eigenanbau “erwischt” und verspricht erneut, auf Dronabinol zu wechseln, kommt es zu einer Geldstrafe. § 19(2) StGB: “Der Tagessatz ist nach den persönlichen Verhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Rechtsbrechers zum Zeitpunkt des Urteils erster Instanz zu bemessen. Der Tagessatz ist jedoch mindestens mit 4 Euro und höchstens mit 5 000 Euro festzusetzen.
Ein Tagessatz berechnet sich aus dem Nettomonatsgehalt minus Existenzminimum durch 30 Monatstage. Im Fall unseres (fiktiven) Patienten also 1500,- Euro minus 850,- Eurodividiert durch 30 ergibt 21,66 Euro Tagessatz. Rechnet man mit ein paar Milderungsgründen und einer unbedingten Drittelstrafe von 120 Tagessätzen, hätte der (fiktive) Patient ca. 2600,- Euro zu bezahlen. Geht man des Weiteren von Anwaltskosten in Höhe von 2.500,- Euro aus und rechnet über drei Jahre mit 3250,- Euro Kosten für den Eigenanbau (1000,- Euro Equipment und Vaporizer sowie jährlich 750,- Euro für Strom (400 Watt), Samen, Dünger …), so hat der (fiktive) Patient inkl. Strafe mit ca. 8350,- Euro zu rechnen. Stellt man diesen Wert wie in Deutschland den Kosten für drei Jahre Dronabinol (28.800,- bis 36.000,- Euro) gegenüber, so ergibt sich eine Differenz von über 20.000,Euro. Eine medizinische Abwägung von Dronabinol und echten Cannabisblüten steht uns nicht zu, aber die Kostendifferenz am Beispiel des deutschen Urteils zeigt auch für Österreich Handlungsbedarf. Abschließend sei gesagt, dass wir niemanden zum Gesetzesbruch auffordern, sondern lediglich den derzeitigen Unterschied zu den deutschen Genehmigungen aufzeigen wollten. Es bleibt für hiesige Patienten zu hoffen, die politischen Ambitionen, den “persönlichen Gebrauch” von Cannabisblüten straffrei zu stellen, mögen rasch im Gesetz umgesetzt werden.
text: Black Domina
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Krankenkassen zahlen Dronabinol? ie die International Association for Cannabinoid Medicines (IACM) in den aktuellen News berichtet, übernehmen hessische Ersatzkassen ab sofort die Kosten für das THC-Pharmakon Dronabinol. Allerdings nur als Arzneimit-
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tel für die Palliativbehandlung (sprich: die Versorgung nicht mehr behandelbarer Erkrankungen). Der Vorsitzende Dr. Franjo Grotenhermen erklärte in den IACM-News: “In einem Schreiben an den Fachverband SAPV Hessen e.V. vom 4. November 2013 erklärt
die Landesvertretung Hessen des Verbandes der Ersatzkassen, dass THC (Dronabinol) im Rahmen der Palliativmedizin von den Ersatzkassen erstattet wird. SAPV bedeutet spezialisierte ambulante Palliativversorgung.” Was bedeutet das nun? Letztlich nichts anderes, als dass Dronabinol, das als Appetitanreger und brechreizhemmendes Mittel beispielsweise für Krebspatienten im Endstadium der Krankheit angewendet wird, von den Ersatzkassen in Hessen übernommen wird. Dies ist zwar ein erster Schritt in die richtige Richtung, jedoch noch kein sonderlich großer. Erstens sollte Dronabinol auch für Patienten verfügbar sein, die nicht sterbenskrank sind, deren Leiden jedoch die Lebensqualität enorm einschränken. Zweitens sollten nicht nur die Ersatzkassen auf die Idee kommen, Cannabinoid-Medikamente zu bezahlen, sondern am besten alle. Und drittens ist mit Hessen lediglich ein einziges Bundesland im Gespräch, wo die Krankenkassen sich zumindest über die Versorgung kranker Menschen mit Cannabis-Heilmitteln Gedanken machen – auch das dürfte sich gern ausweiten. Am Ende des kurzen Artikels in den IACM-News formuliert Dr. Grotenhermen einen Wunsch, den wir alle unterzeichnen sollten: “Wir hoffen, dass dieses Modell Schule macht und dass andere Krankenkassen diesem Beispiel folgen.“
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Weltweit verschwindet das Gras-Tabu: Immer mehr Länder erlauben Erwachsenen den Gebrauch von Cannabis und damit geraten auch jene Eltern in den Fokus, die gelegentlich oder regelmäßig Marihuana konsumieren. Eine wichtige Frage hierbei ist, ob den Kindern durch das Rauchen Schaden zugefügt wird beziehungsweise wie sich die Elternrolle mit dem therapeutischen oder rekreativen Hanfgebrauch vereinbaren lässt. text: Tomas Kardos
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Kiffende Eltern Gefahr oder Chance für die Kinder? llgemein wird gesagt, dass Gelegenheitskiffen mit Anfang Dreißig oder mit der Gründung einer Familie aus dem Leben eines Menschen verschwinden würde. Doch trifft das nicht auf alle zu. Wer nicht aus Rebellion oder wegen der Gesellschaft Cannabis konsumiert, sondern weil er darin ein Mittel zur Entspannung oder eine Medizin entdeckt hat, wird wohl über die Dreißig hinaus am Konsum festhalten. Nachfolgend beschäftigen wir uns weniger mit den Eltern, die es aus medizinischen Gründen konsumieren, sondern mit den Müttern und Vätern, die Cannabis gelegentlich zur Entspannung genießen. Auch Eltern sind nur Menschen und daher gibt es Situationen im Leben, in denen man sich sagt, dass nun ein paar Züge an einem Joint fällig sind, und diese vielleicht sogar sinnvoller sind, als ein paar Getränke zu kippen. Dahinter verbirgt sich oft nicht das selbstsüchtige Verlangen, es sich angenehm high unter Ausschluss der Umwelt in seiner eigenen kleinen Wirklichkeit bequem zu machen, sondern die positive Erwartung, den Alltagsstress abzulegen und sich eingehender mit den Kindern befassen zu können – statt Spannungen weiterzugeben, heitere Momente mit ihnen zu verbrin-
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gen. Das Experiment ist aber nicht ungefährlich, daher sollte man sich ein paar Dinge vor Augen führen.
Rauchen oder Trinken Eltern, die zu Hause Alkohol trinken, sind kulturell akzeptiert – manchmal wird Müttern mit jungen Kindern sogar geraten, die Anspannung des Tages mit ein bis zwei Gläsern Wein nach dem Zu-Bett-Bringen zu lösen. Das führt dazu, dass sich Kinder schon früh an alkoholische Getränke gewöhnen und an den Anblick trinkender Eltern. Jedoch machte es einen Unterschied, ob die Eltern maßvoll trinken oder sich gelegentlich vor ihren Kindern betrinken. Abgesehen davon, dass der Alkohol die Haupttriebfeder der Gewalt in der Familie ist, sollte man wissen, dass das Trinken zu Hause viele Gefahren in sich birgt. Nach einer Erhebung haben 46% der britischen 10- bis 14-Jährigen ihre Eltern schon betrunken gesehen und wahrscheinlich ist die Lage im übrigen Europa auch nicht vorteilhafter. Kinder, die beobachtet haben, dass ihre Eltern regelmäßig trinken, werden doppelt so oft dem Komasaufen (binge drinking) frönen wie ihre Altersgenossen. Eine
vergleichbare Erhebung zum regelmäßig insgeheim konsumierten Cannabis steht vorläufig nicht zur Verfügung, doch kann man sicher zu Recht annehmen, dass regelmäßiges Rauchen vor dem Kinde früher als nötig sein Interesse weckt, wobei das Rauchen im frühen Teenageralter besonders risikoreich ist. Ein unerhörter Vorteil im Vergleich zum Alkohol liegt darin, dass Marihuana keine aggressiven Verhaltensmuster weckt und somit nicht zur Ausbreitung häuslicher Gewalt beiträgt. Man bedenke, in welchem Maße diese zurückgehen würde, wenn jeder Vater, der betrunken seine Familie verprügelt, das Glas mit der Pfeife vertauschen würde. Ob es ratsam wäre, den verborgenen Problemen dieser Menschen auf den Grund zu gehen, die den familiären Alltag nur betrunken oder bekifft ertragen können, ist eine andere Frage.
Grenzen und Risiken kennen Mit mentalen Problemen in der Familiengeschichte sollte man sich ohnehin vom Cannabis fernhalten. Wer als Elternteil dennoch ein solches Risiko eingeht, sollte wissen, dass er seine Familie stark gefährdet. Es ist nicht so sehr im kollektiven Bewusstsein präsent, dass dies auch für den Alkoholkonsum zutrifft, der schon in einer geringen Menge zur Ausbildung einer latenten Psychose führen kann. Es spielt ebenso eine Rolle, welche Wirkung das Ganja entfaltet und was mit dem Ganjakonsum bezweckt wird. Wenn man kifft, um dann vor der Glotze hockend in Serien abzudriften, gleichmütig den Inhalt des Kühlschranks mampfend, kann es nicht schaden, daran zu denken, dass man mit diesem Schauspiel seinem Kind keinen erbaulichen Anblick bietet, sondern ein vollkommen ungesundes Verhaltensmuster. Außerdem ist es nicht sicher, dass man in Gefahrensitua-
tionen angemessen reagieren kann. Wenn man aber mit ein wenig Ganja offener für die Umwelt wird, leichter mit anderen in Einklang kommt und auch die Stimmung sich verbessert, dann ist es sicher kein größeres Problem, sich so vor seinem Kind zu präsentieren. Aber mit den roten Augen und dem etwas schweren Zungenschlag geht der Auftritt ohnehin bald schief und daher sollte man überlegen, ob es sich überhaupt empfiehlt, bekifft in Kontakt mit Familienangehörigen zu treten. Um nicht nur zu theoretisieren, kommen nun ‘echte’ Eltern zu Wort, die an der Onlinebefragung des Guardian teilgenommen und anderen ihre eigenen Erfahrungen mit dem Dilemma Kiffen vs. Kindererziehung mitgeteilt haben.
Am rechten Ort zur rechten Zeit “Im Allgemeinen rauche ich, nachdem sich alle schlafen gelegt haben. Das Gras gehört zu meinem Zeitvertreib in den letzten Stunden des Tages. Vor meinen Kindern würde ich nicht rauchen, weil ich fürchte, damit das Vertrauen und die Konsequenz zu untergraben, die man als Vater bieten muss.” – Buddy 47, Los Angeles “Mein Mann und ich rauchen nur im Freien, wenn die Kinder schon schlafen, und ich übertreibe es auch nicht. Wenn die Eltern vor den Augen ihrer Kinder ohne Weiteres Bier oder Wein konsumieren können, sollte das Rauchen eines Joints auch nicht anders beurteilt werden.” – Merry, London “Ja, ich rauche Gras. Ja, ich habe zwei wunderbare Söhne, der eine ist acht, der andere vier Jahre alt. Abends rauche ich in ihrer Anwesenheit, aber wenn es geht, gehe ich raus ins Freie oder in ein anderes Zimmer. Ich habe das Gefühl, dass das Rauchen mich nicht nur zu einem besseren Elternteil, sondern allgemein zu einem besseren Menschen macht.” – anonym “Wenn die anderen Bier, Wein oder Cocktails trinken, springe ich runter in die Garage. Man muss im Sinn behalten, dass es für alles einen Ort und eine Zeit gibt. Wenn die Zeit nicht gut zum Trinken ist, dann ist sie auch nicht gut zum Rauchen. So einfach ist das.” – Rob 59, Washington “Vor meiner Tochter rauche ich nicht. Ich ziehe mich in das Dachzimmer des Hauses zurück, in angemessenem Abstand zu ihr. Es macht mich geduldiger, weniger reizbar. Wenn ich tagsüber Cannabis rauche, dann werde ich schlaff und spiele nicht wie sonst, deshalb warte ich lieber bis zum Abend.” – Tannis, Halifax 43
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Ebenfalls wichtig scheint das Dilemma, “ob ich es meinem Kind sagen soll”: “Es hat uns noch nie rauchen sehen. Wir haben ein Zeichen, wenn einer von uns rauchen will, dann passt der andere auf oder bringt das Kind ins Bett, bevor er mitraucht.” – Elizabeth, New York “Mein Kind ist noch zu klein für gute Gespräche, aber ich werde es nie zum Cannabiskonsum ermutigen, wenn die Rede darauf kommt. Ich werde ihm einfach reine Tatsachen vermitteln, wenn es erwachsen wird, genauso wie wir unsere Kinder über Alkohol, Kaffee, zu viel Dörrpflaumen oder Reinigungsmittel aufklären.” – anonym, Southampton “Ich habe schon Kinder gesehen, die mit ihren Eltern rauchen, manchmal habe ich auch mitgeraucht. Zuerst habe ich mich unwohl gefühlt, obwohl das ein Erlebnis ist, das die Verbindung stärkt. Mit meinen Kindern würde ich nicht rauchen, solange sie keine 18 sind. Ich denke, dass das Rauchen den Eltern hilft, sich besser in den Blickwinkel der Kinder zu versetzen, was oft bei den Entscheidungen der Eltern fehlt. Wie alles andere sollte man es auch maßvoll benutzen, und den größten Nutzen hat es vielleicht beim Nachdenken, beim Entscheiden und der Entspannung.” – Jonathan, Boston
Es macht die Eltern besser Das hört man oft, aber mit Verallgemeinerungen kann man auch in diesem Fall wenig anfangen. Es kommt vor, dass sich jemand als besserer Elternteil fühlt, wenn er mit den Angelegenheiten der heranwachsenden 44
Kinder toleranter umgeht. Andere, wenn sie strenger sind, aber trotzdem gerecht. Die Erfahrungen der Betroffenen sind trotz ihrer Subjektivität interessant. “Ich habe das Gefühl, dass das Gras mich zu einer besseren, ruhigeren und interaktiveren Mutter macht. Ich stelle meiner Tochter mehr Fragen, setze mich geduldiger mit ihr hin und bringe ihr neue Sachen bei, ich unternehme Entdeckungsspaziergänge und spiele mehr mit ihr, als wenn ich nicht geraucht habe. Ich sehe das so, dass es uns einander näher bringt.” – Lucy 25, Portsmouth “Meiner Meinung nach hilft es mir, mich auf dem Niveau meiner Tochter zu den Dingen zu verhalten. Ich bin verspielter und verrückter, spiele mit Begeisterung, führe verrückte Tänze auf, mache Rollenspiele und wir gehen in den Wald auf Expedition. Gleichzeitig macht es ruhiger und vertreibt die ständige Zielgerichtetheit des nüchternen Erwachsenseins. Ich dränge nicht, lenke nicht ständig, ich ziehe mich eher in den Hintergrund zurück und überlasse ihr die Show.” – Shawn 30, Massachusetts “Es ist wunderbar, bekifft bei meinen Kindern zu sein. Ich habe zwei Kinder, eins vier, das andere acht Jahre alt. Bei dem älteren neige ich zum ‘hart’ sein, und wenn er nicht auf mich hört, rege ich mich über Kleinigkeiten auf. Wenn ich aber etwas geraucht habe, lasse ich die Kleinigkeiten durchgehen, und als ‘taktischer’ Vater bestrafe ich nur wegen schwerwiegender Dinge. Außerdem komme ich viel leichter auf ‘ihr Niveau’, weiß ihre Vorstellungskraft mehr zu würdigen und bin in der Lage, stundenlang mit ihnen zu spielen. Da kann ich den Alltagsstress leicht ablegen und verwandle mich in den ‘witzigen, verrückten Papa’, statt ein bissiger Vater zu
sein, der sich nach der Arbeit nach Einsamkeit und Ruhe sehnt.” – Dan, Lemington “Ich bedauere, dass ich nicht mehr geraucht habe, als meine Tochter noch klein war. Natürlich nicht Tag für Tag, aber wenigstens am Wochenende. Wenn ich nämlich high bin, kann ich viel besser darauf achten, was sie mir sagt, und gehe viel mehr im Spiel auf, wenn wir zusammen spielen. Das Marihuana ist für mich die Droge des ‘totalen Interesses’, die in das ‘Hier und Jetzt’ versetzt. Prinzipiell bin ich eine ruhige Person, aber im Menschen gibt es immer eine Art Ungeduld und die Sorge um sich selbst. Übrigens habe ich jetzt aufgehört zu rauchen.” – Paul, Schottland “Ich habe chronische Angstzustände und das Marihuanarauchen hilft sehr dabei, sie unter Kontrolle zu halten. So kann ich eine witzige, lockere Mutter sein. Mein Sohn mag das und wir lachen den ganzen Tag zusammen.” – Matahina 27, England “Kein Mensch ist besorgt, wenn im Beisein der Kinder Alkohol getrunken wird, obwohl das eine viel gefährlichere und schädlichere Droge ist. Ich war immer der Meinung, dass das Marihuana zu einem besseren Elternteil macht. Es hilft, meine bedrückenden, überflüssigen Frustrationen und Sorgen über meinen Tagesumsatz und darüber, was der Staat tut, in dem ich lebe, abzulegen. Es hilft mir dabei, bei meinen Kindern ich selbst zu sein und auf ihrem Level mit ihnen in Verbindung zu treten. Mein Sohn ist inzwischen erwachsen und das gemeinsame Rauchen von ein bisschen Gras wird immer Teil unserer Beziehung sein.” – Frank, North Carolina Quelle: The Guardian – Pot-smoking parents explain the rules of getting high at home around the kids
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Warum tragbare Vaporizer immer beliebter werden Wer denkt, der Erfolg der Vaporizer liege im Marketing und im hohen Budget, welches große Firmen wie Storz & Bickel, Oglesby & Butler, Arizer & Co. jährlich in die Werbung ihrer Produkte stecken, liegt an dieser Stelle definitiv falsch. as Vaporisieren bzw. das flüchtig machen von Aromen und Wirkstoffen, um mittels Aromatherapie vom Körper aufgenommen werden zu können, geht weit in die Geschichte zurück, um genau zu sein, sogar bis ins 5. Jahrhundert v.Chr. Schon in dieser Zeit wurden Samen und Kräuter verwendet und auf glühenden Steinen ausgebreitet, sodass sich ein wohlriechender Dampf, ohne Kontaminierung mit Rauch, ausbreiten und erfolgreich zur Behandlung von Krankheiten und zum spirituellen Einsatz während der Zeremonien eingesetzt werden konnte. Dieses Prinzip machten sich über die Jahrzehnte auch die indischen “Ingenieure der Vorzeit” zunutze und entwarfen den Großvater der heutigen Hookah, der damals noch weniger an eine Wasserpfeife erinnerte, sondern lediglich aus Kokosnussschalen und Blättern bestand.
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Wie aus der Hookah ein Vaporizer wurde Bis zu der Form eines Vaporizers, wie wir ihn heute kennen, war es noch ein langer Weg. Erst ab 1970 war die Technik so weit fortgeschritten, dass erste Produkte entworfen wurden, die auf dem Markt verkauft werden konnten. So wurde der damalige “THE TILT” Verdampfer entworfen, der damit warb, auf Grund der nicht einsetzenden Verbrennung von Tabak bis zu 96 % (!!!) weniger Teer abzugeben als beim klassischen Rauchen.
Der eigentliche Vaporizer war geboren Auch wenn sich der TILT auf Grund des damals relativ hohen Preises und des anfänglichen Misstrauens seiner Anwender nicht lange auf dem Markt halten konnte, erkannten in den folgenden Jahren dennoch viele Be-
nutzer die mittel- und langfristigen Vorzüge dieser alternativen Art der Wirkstoffinhalation. Viele Firmen machten sich, parallel zur immer größer werdenden Nachfrage nach Tischverdampfern, an die Entwicklung von Vaporizern für unterwegs.
Die Mobilmachung Genügend Ideen waren vorhanden, die Skizzenbücher waren voll, doch die damalige Akku- und Batterietechnik war noch nicht wirklich weit fortgeschritten – eine verwendbare, tragbare Stromquelle brauchte noch extrem viel Platz und war nicht wirklich leistungsfähig. (Man rufe sich die ersten Mobiltelefone in Erinnerung, die mehr an ein Funkgerät der Army erinnerten als an ein Handy für den privaten Anwender).
Und dann machte die Technik einen richtig großen Schritt nach vorne Als im Jahre 2006 die Forschung endlich so weit fortgeschritten war, kleine, leistungsfähige und wiederaufladbare Akkus herzustellen, stand dem tragbaren Vaporizer, wie wir ihn heute kennen, nichts mehr im Wege. Parallel zum Erscheinen immer interessanterer Modelle und Konzepte wuchs auch die Euphorie, die Nachfrage und die Akzeptanz von Vaporizern. Was wir täglich miterleben, ist nicht weniger als ein grundlegender Wandel in unserer Kultur. Zugunsten der Verbraucher gibt es stetig Fortschritte in dieser Technologie; völlig neue Lösungen werden geschaffen, um der Nachfrage in Sachen Mobilität und Effizienz gerecht zu werden. Innovative Unternehmen wie Discreet Vape oder Arizer haben die Gelegenheit genutzt, das Konzept der mobilen Vaporisierung einer stilvollen Verjüngungskur zu unterziehen,
und dadurch auch begonnen, das öffentliche Interesse an der gesamten Branche zu steigern. So ist es kein Wunder, dass mittlerweile sogar die New York Times über diese Geräte berichtet und sich immer mehr Prominente mit ihren kleinen “Begleitern” im Rampenlicht zeigen. Informiere Dich in der kommenden Ausgabe im dritten und letzten Bericht aus der “Vaporizer Info – Reihe” über detaillierte und wissenschaftlich belegte Vorteile des Vaporisierens in Hinsicht auf Deine Gesundheit und finde heraus, warum dieses Thema gerade heute immer mehr an Bedeutung gewinnt. Außerdem hast Du die Chance, einen Vaporizer zu gewinnen!
Der Ascent Vaporizer (http://www.vapstore.de/DaVinci-Ascent bzw. erhältlich auf Vapstore.de), ca. 229 Euro, von DaVinci (USA) zählt zu den hochwertigsten mobilen Vaporizern auf dem aktuellen Markt (Stand: August 2014). Absolut gesellschaftsfähig im Design, steckt in diesem Gerät modernste Digitaltechnik zur Temperaturregelung sowie ein Dampfpfad, der vollständig aus hochwertigem Laborglas besteht. Weitere Features wie ein Bewegungsmelder mit Abschaltautomatik und eine Füllkammer aus Keramik runden das Profil des “perfekten Tragbaren” ab. 47
CANNA+GLOBE Das genetische Material der Pflanzen – wie auch das der übrigen Lebewesen – verändert sich von Generation zu Generation. Es können winzige Veränderungen sein, aber auch größere, etwa Ortsveränderungen, Auslöschung oder Verdopplung großer Genabschnitte. Diese Veränderbarkeit bietet Möglichkeiten, welche die natürliche oder die menschliche Selektion ausnutzt. Denn dadurch entstanden die Charakteristika der als nützlich betrachteten Kulturpflanzen, die von den Agronomen im Verlauf der Veredlung als vorteilhaft betrachtet, ausgewählt und verbreitet wurden.
Veränderte Natur Landwirtschaft im Dienste des Menschen ine bedeutende Entdeckung von Forschern, die sich mit Pflanzenkrankheiten befassten, war die Erkenntnis, dass für die gewaltigen Rindenwucherungen an Weiden und für die tumorartigen Gebilde bei Weinreben der DNS-Abschnitt eines im Boden vorkommenden Bakteriums (Agrobakterium) verantwortlich ist. Ein DNS-Abschnitt davon ist in der Lage – indem es eine abnorme Zellteilung generiert – sich in den genetischen Stamm der Wirtspflanze einzubauen. Zusätzlich kann zwischen diesen Plasmidabschnitten eine qualifizierende DNS mit beliebigen Eigenschaften eingebaut werden. Dieser Erkenntnis – und einigen Großunternehmen – ist es zu verdanken, dass die “Pflanzenveredelung” eine neue Richtung eingeschlagen hat.
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Die rekombinante DNA-Technologie text: Theodor Eisenschwert
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... baut solche Bakteriengene in Pflanzen ein, die eine schädlingsbekämpfende Wirkung haben oder eine Resistenz gegen ein
Schädlingsbekämpfungsmittel auslösen. Die eingebauten Fremdgene nennt man Transgene und die so geschaffenen Pflanzen – die in der Natur gewöhnlich nicht entstehen – transgenetische Pflanzen, kurz GMO (Genetically Modified Organisms). Das erste GM-Gewächs brachten (1983– 84) parallel eine amerikanische und eine europäische Forschergruppe zustande, als sie einer Tabakpflanze ein Antibiotikum-Gen aus einem Bakterium einbauten. Vom Erfolg ermutigt, berichteten die Forscher 1986 von der Produktion von viren- und insektenresistenten GM-Pflanzen der wichtigsten Kulturpflanzen (Mais, Soja, Kartoffel, Baumwolle und Raps). Kaum zehn Jahre später begann der gewerbliche Anbau auf 1,6 Millionen Hektar. Die Fläche beträgt heute viel mehr als 150 Millionen Hektar weltweit – und wächst jährlich um 7 Prozent. Bedeutende Produzenten sind die USA, Argentinien, Brasilien und Kanada, im großen Maße verbreitete sich die GM-Baumwollproduktion auch in Indien, China und Südafrika. Die Hälfte
der GM-Pflanzen-produzierenden Länder ist wirtschaftlich entwickelt, trotzdem sind 90% der Landwirte arme Kleinproduzenten in Entwicklungsländern. In Europa sind GM-Pflanzen auf 0,7 Promille der Anbaufläche zu finden, und das zum größten Teil in Spanien, das auf dem Lebensmittelmarkt permanent an Ansehen verliert. Um eine europäische Anbauerlaubnis für GM-Pflanzen zu erlangen, wird eine Umweltwirkungsstudie benötigt. Deren Erstellung bedeutet für die Sorteneigner im Moment das größte Hindernis. Gegenwärtig verfügen nur zwei GM-Pflanzen über eine Genehmigung der EU: erstens der gegen den Maiszünsler resistente Mon810-Mais von Monsanto (USA), für den Österreich erstmals ein Aussaatverbot verhängte, dem sich seitdem weitere zehn europäische Länder an-
schlossen; zweitens Amflora, die Industriekartoffel von BASF mit hohem Stärkegehalt. Im Zusammenhang mit den Anbaugenehmigungen liegen mehrere europäische Länder mit der EU im Rechtsstreit. Einige Länder nahmen sogar die GMO-freie Landwirtschaft in ihre Verfassung auf! Trotzdem importieren fast alle europäischen Länder GM-Soja zu Futterzwecken aus Südamerika. Das Futter ist kennzeichnungspflichtig, wenn das GM-Soja 0,9% überschreitet. Jedoch besteht nach den Regelungen der EU keine Verpflichtung, auf den Milch-, Eier- und Fleischprodukten auszuzeichnen, dass den Tieren genveränderter Mais gefüttert wurde. Dieser juristische Missstand ist die Ursache dafür, dass entgegen aller politischer und gesellschaftlicher Ablehnung die Menge des in die EU strömenden
genmanipulierten Sojas und Mais wächst. Beziehungsweise, dass die Anbaufläche für genbehandelte Pflanzen weltweit steigt. Das Futter eines typischen europäischen Tieres besteht nämlich zu 30% aus genveränderter Pflanzennahrung. Das bedeutet, dass jährlich 20 Millionen Tonnen genmanipulierten Materials in die Lebensmittelketten gelangt. Viele Menschen vertreten die Meinung, den GM-Pflanzen könnte eine Schlüsselstellung im Kampf gegen den weltweiten Hunger zukommen. Wenn man aber weiß, dass die GM-Sorten sich im Besitz internationaler Großkonzerne befinden, ist es weniger wahrscheinlich, dass sie die Lösung des Hungerproblems herbeiführen werden. Die in ihnen enthaltenen veränderten DNS-Abschnitte stehen als geistiges Eigentum unter dem Schutz des Urheberrechts. Die Landwirte müssen für
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den Anbau von GM-Pflanzen jedes Jahr neue Lizenzverträge mit den Saatgutherstellern schließen, in denen die Firma ausschließt, dass Teile der Ernte gelagert werden, dass die Pflanzen vermehrt oder weitergegeben werden. Wegen (angeblicher) Vertragsbrüche wurden zahllose Prozesse angestrengt und von den Firmen gewonnen, die heutzutage annähernd 67% des Saatgutmarktes der Welt beherrschen. Auf der Top-10-Liste stehen überwiegend amerikanische, europäische und japanische Firmen. Unter diesen verdient Monsanto besondere Aufmerksamkeit: 23% des Saatguthandels der Welt konzentriert sich in ihren Händen. Ein solcher Anteil stellt für sich genommen schon eine große Gefahr dar, kann aber in Verbindung mit der Produktion von GM-Pflanzen Grund zu weiterer Besorgnis geben. Mit ihren Aktivitäten kann fast überall der Anbau solcher Pflanzen und die Produktion von Grundstoffen ermöglicht werden, die für die Wirtschaft zahlreicher Entwicklungsländer die Haupt- oder einzige Exporteinnahmequelle bedeutet (z. B. Palmöl, Kakaobutter usw.).
Codierter Schutz Der Bacillus thuringiensis, ein Bakterium, das im Boden vorkommt, produziert ein kristallines Eiweiß (Bt-Toxin), das für bestimmte Insektengruppen giftig ist. Wird dieses Gen in den Mais eingebaut, produziert er selbst dieses Insektizid. Der Unterschied zwischen dem traditionellen Spritzen und diesem Verfahren besteht darin, dass das gespritzte Mittel beispielsweise vom Regen abgewaschen werden kann, beim GM-Mais die Giftproduktion in 50
den Genen codiert ist und es ständig produziert wird. Der Prozess ist auch dann unaufhaltsam, wenn sich eventuell schädliche Wirkungen herausstellen. Das Bt-Toxin tritt im Futtermittel auf und auch im Fleisch, das für den menschlichen Verzehr gedacht ist. Mehr als 80% des Maisanbau der Vereinigten Staaten enthält Gentechnologie von Monsanto. Daher konsumiert dort jeder mit Lebensmitteln, die auch Maisstärkesirup enthalten, oder jeder, der Rindfleisch kauft, mit großer Wahrscheinlichkeit GMO.
Im heutigen biotechnischen Anbau sind noch häufiger als Bt-Pflanzen die sogenannten RR-Pflanzen (Roundup Ready), die Unkrautbekämpfungsmittel abbauen können, vertreten. Ihre Existenz ist einer zufälligen Entdeckung zu verdanken. Man entdeckte, dass im Abwasserspeicher des Total-RR-Herbizidherstellers Monsanto bestimmte Bakterien am Leben blieben, also in der Lage waren, mit chemischer Umwandlung das RR-Herbizid wirkungslos zu machen. Die Forscher identifizierten das mit
dieser Eigenschaft codierte Gen, das sie RRGen nannten, und seitdem bei zahlreichen Arten (hauptsächlich bei Soja) verwenden. So können wir mit dem Total-Herbizid auf einer Plantage alles Leben vernichten, und nur das resistent gemachte Soja überlebt das Spritzen. Mit der herbizidresistenten Fähigkeit der RR-Pflanzen und der intensiven Landwirtschaft in Monokulturen könnte eine Überchemisierung der Böden ausgelöst werden, welche die Lebewesen im Boden schädigt und auch das Grundwasser. Die Re-
sistenz der Schädlinge und Unkräuter entwickelt sich mit der Zeit, was einen ständig sich erhöhenden Verbrauch von Pflanzenschutzmitteln notwendig macht. Die britische Regierung wendet jährlich 10 Millionen Euro dafür auf, zu ergründen, welche Wirkung der Anbau von herbizidresistenten GM-Sorten für die Lebewesen der Umgebung hat. (Im Normalfall wären diese Tests die Aufgabe der Hersteller oder der Zulassungsbehörden.) Im Verlauf der Untersuchungen bemerkte man, dass die Artenvielfalt in der Umgebung von GM-Pflanzen um 34–44 % zurückging. Die Risiken der GMO für die Umwelt, die Ökologie und die Gesellschaft kennen wir noch nicht genau. Zum Beispiel ist es schwer zu prophezeien, ob die Verbreitung der Transgene in den natürlichen Nutzpflanzenbestand beziehungsweise auf die wilden Verwandten zu verhindern ist. Möglicherweise “selektiert” die Natur sie und dämmt damit ihre Verbreitung ein. Aber es kann auch vorkommen, dass, mit anderen Pflanzen gekreuzt, die Ursorten verdrängt werden, und sich damit die Biodiversität verringert. Selbst wenn die empfohlenen Schutzabstände zwischen den Anbauflächen im Falle des vom Wind bestäubten Mais “wirklich” einen Damm gegen die Kreuzbestäubung darstellen sollten, lässt diese sich bei der Bestäubung durch Bienen nicht verhindern. Infolgedessen kann man heute keinen garantiert GM-freien Mais mehr bekommen. (Der Patentschutz für Roundup-Ready-Soja läuft dieses Jahr aus, was für Monsanto einen jährlichen Ausfall von 500 Millionen Dollar bedeutet.) Ungarn ist der zweitgrößte Hersteller von Maissaatgut, wovon es 3/4 im Ausland absetzt. Doch das in den letzten Jahren entdeckte verunreinigte Saatgut hat dem guten Namen des ungarischen Samenmarktes geschadet. Von den Schäden für die Landwirte und den Staat ganz zu schweigen. Und überhaupt, warum führt ein Unternehmen Maissaatgut aus dem Ausland in das Land des zweitgrößten Produzenten ein? Nach Ansicht unabhängiger Wissenschaftler müsste man die in den Geschäften erhältlichen Lebensmittel, die GM-Pflanzen enthalten, aus dem Verkehr ziehen und gründlichen lebensmitteltechnischen Untersuchungen unterziehen. Viele behaupten indessen, sie seien vom wissenschaftlichen Standpunkt aus bisher für eine zu kurze Zeit eingesetzt worden, um potenzielle Gefahren gezeitigt zu haben und um Langzeitwirkungen aufzuzeigen. Denn Ernährungsprobleme entwickeln sich im Laufe vieler Jahrzehnte und ebenso lange dauert es auch, die Zusammenhänge von Ursache und Wirkung zu erkennen. Wird fortgesetzt. 51
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Sweet Skunk F1 Schnellversion weet Skunk F1 Schnellversion ist eine der neuesten Sorten aus der Samenbank der spanischen Firma Sweet Seeds. Sie ist eine Kreuzung ausgewählter Vertreter der Gattungen Sweet Skunk Auto und Early Skunk, die rasant Blüten treibt und munter wächst. Das F1Hybrid ist das Ergebnis einer Kreuzung aus automatischem und nicht-automatischem Skunk-Genmaterial und als solches nichtautomatisch, aber seine Gene bewirken eine sehr schnelle Blüte, die selbst den erfahrensten Züchter entzückt. Die Pflanzen fühlen sich sowohl im Freiland als auch im Treibhaus wohl. Sie sind sehr homogen und wachsen in zwei, drei Wochen auf 30 Zentimeter heran, bei einem Lichtverhältnis von 18/6. Sweet Skunk F1 Schnellversion ist eine wunderbare Wahl für SOG-Züchter, denn die Pflanzen bilden
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einen starken Stiel aus, der mit Leichtigkeit die schweren zentralen Blütenstände trägt. Die Seitenzweige sind nicht zu lang, aber stark genug, um die ansehnliche Menge von Blüten zu tragen. Die Abstände zwischen den Blüten sind ziemlich klein, daher hängen viele Blüten auf wenig Raum und bilden zusammen eine große Knospe. Neben dem rasanten Wuchs begeistert die Züchter an dieser Pflanze die Ausbildung von dichten, steinharten und schweren Blütenständen. Die Gerüche sind ebenfalls erhaben, extrem süß und würzig, das klassische Skunkaroma. Es gibt reichlich dichte Blütenstände, die aromatisches Harz absondern. Der süßliche Geschmack nach Skunk bleibt nach dem Rauchen oder Vaporisieren noch eine halbe Stunde im Mund. Sweet Skunk F1 Schnellversion ist im Allgemeinen nach sieben Wochen bei ei-
ner Lichtperiode von 12/12 erntereif, einige Phänotypen aber schon früher. Die Wahl von Mutterpflanzen des schnellen Typs kann eine gute Lösung für alle Züchter sein, die bedauern, dass die selbstblühenden Pflanzen nicht geklont werden können. Eine gute Mutterpflanze von Sweet Skunk F1 Schnellversion, ausgewählt wegen ihrer Produktivität und des schnellen Reifens, bietet Klone, die schneller reifen als die selbstblühenden Sorten. Für die Produktivität der F1 Schnellversion sind nicht nur die Zuchtumstände entscheidend, sie hängt auch von der Vegetationszeit ab, deren Länge für die Zucht entscheidend ist. Im Treibhaus kann man auf einem Quadratmeter unter den entsprechenden Umständen – in einer Umgebung frei von Giften und Verunreinigungen – mit einer Ernte von 400–500 Gramm rechnen. Im Freiland bei viel Sonnenschein und entsprechender Erde kann man 350–600 Gramm erwarten und viele süße, skunkige Blüten.
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Motavation THC-Hammer mit Ăœberraschungsfaktor 56
it der Übernahme von Magus Genetics hielt auch die 70/30 Indica/ Sativa-Sorte Motavation Einzug in das erlesene Sortiment von Serious Seeds. Die Entwicklung dieses Strains durch MagusZüchter Gerrit datiert ungefähr zehn Jahre zurück, und sie verlief auf ungewöhnliche Weise. Am Anfang stand ein von Gerrit entwickelter Vorläufer namens “Starwarz“. Einst berichtete er: “Starwarz war eine Pflanze, die aus der Kreuzung des besten Sensi StarKlons des bekannten Coffeeshops Bluebird und meiner besten männlichen Warlock entstand. Später begann ich, von dem Bluebird-Klon sowie einigen Samen, die ich vom Grower Mosca Negra erhalten hatte, eigene Sensi Star-Linien zu ziehen. Ich führte eine Reihe von Testkreuzungen mit den daraus resultierenden Pflanzen und der gleichen männlichen Warlock durch, die ich für die Kreation von Starwarz verwendet hatte. Es gab gewisse Unterschiede zwischen den verschiedenen Linien, die aus diesen Experimenten entstanden, aber ich mochte irgendwie alle Pflanzen und brachte es nicht fertig, den entstandenen Samenüberschuss zu vernichten. Stattdessen verschenkte ich diese Experimental-Seeds, einige in Form des “Bargain Mix“, zusammen mit anderen Samen, einige aber auch separat, unter der Bezeichnung “SS F2 x WL“. Einige dieser Seeds gingen an einen österreichischen Grower und Medizinalhanfpatienten, der einige Monate später mitteilte, dass die Ergebnisse superb gewesen seien, er die Sorte “Medizin Power” genannt habe und sie auch bei anderen Medizinalhanfpatienten sehr populär geworden sei. Für einen Bericht im Heads Magazine verwendete ich dann diese deutsche Bezeichnung als vorübergehenden Sortennamen.” In anderen Publikationen aber bezeichnete Gerrit die später “Motavation” getaufte Sorte dann als “London Memories“. Wie kam es dazu? Gerrit: “Im Oktober 2004 wurde in England in der Wembley Conference Hall die erste London Hemp Fair abgehalten. Ich hatte zu der Zeit die Auswertung erster Testkreuzungen zwischen Sensi Star und Warlock abgeschlossen und etwas mehr als 1.000 Samen von der besten Linie übrig. Weil das aber nicht genug war, um mit der, entschied ich stattdessen, sie auf der Londoner Messe als “Freebies” zu verschenken. Zu dieser Zeit hatte ich den (bereits ausgewählten) Sortennamen “Motavation” noch nicht registrieren lassen, sodass ich fand, dass “London Memories” ein weiterer netter Übergangsname sein würde. Auf diese Weise konnte ich in Ruhe den Namen “Motavation” rechtlich schützen lassen und in der Zwischenzeit neue Samen produzieren und die Sorte perfektionieren. Fast unmittelbar nach ihrem offiziellen Markteintritt im Jahre 2005 errang Motavation bereits einen bemerkenswerten Sieg, als sie die Indica-Wertung des
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International Cannagraphic Cup 2005 gewann – und das mit Blind-Testing durch eine bunte Schar aller möglichen internationalen Grower und Smoker! Zwei weitere Cup-Auszeichnungen sollten im Laufe der Jahre folgen, zuletzt 2013 der Sieg in der Indica-Kategorie des renommierten Expogrow-Cups in Spanien. Motavation wird als eher flach wachsende, kompakte Pflanze beschrieben, der man eine etwas längere Wachstumszeit als gewöhnlich geben sollte, Serious Seeds empfiehlt für Sämlinge fünf bis sechs Wochen. Ihre Blütezeit liegt bei 50–60 Tagen, am Ende ist ein Ertrag von 300–500 g/m2 zu erwarten. Unter natürlichem Licht gelangt Motavation Ende Oktober zur Reife. Sie zeichnet sich durch dichte, große Buds, einen reichen Harzgehalt sowie ein sehr besonderes, intensives süßes Aroma aus, das in seinen Untertönen geruchlich an frische Farbe oder Terpentin erinnert. Die Wirkung besteht in einem überwältigend starken Indica-Körpereffekt;
auf geistiger Ebene jedoch soll Motavation trotz aller Stonedheit einen Kreativschub bewirken. “Allerdings muss die Ausführung der vielen Ideen, die man dann hat, warten, bis die Wirkung verklungen ist“, merkt Serious Seeds augenzwinkernd an. Motavation ist auch medizinisch wertvoll, z. B. als schmerzlinderndes oder einfach Tiefenentspannung bringendes Mittel. Mr. Power-Planter braucht genau solch eine Sorte, um von seinem anstrengenden Tagewerk abschalten zu können und auf andere Gedanken zu kommen. Also beschloss er, Motavation einem Test-Grow zu unterziehen. Die vegetative Vorzucht übernahm dieses Mal aufgrund von Platznot allerdings sein Kumpel Ellis D., der in einem beheizten Mini-Gewächshaus fünf feminisierte Motavation-Samen zur Keimung brachte. Sie kamen zeitig nach ungefähr drei Tagen aus ihren Jiffy-Pots hervor und wuchsen in den ersten zwei Wochen dicht platziert unter zwei 36 Watt starken fluoreszierenden Cool 57
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White-Röhren (nach einigen Tagen hatte Ellis D. die Jungpflanzen in 7,5-Liter-Töpfe mit PlagronGrow-Mix gesetzt). Dies führte zu einem sehr kompakten Anfangswachstum, schon bald zeigten sich die Ansätze der ersten Seitentriebe. Nach zwei Wochen kamen die fünf Motas dann unter eine 250-Watt-HPS-Lampe und gediehen prächtig und sehr homogen, wurden buschig, sattgrün und waren sehr hübsch anzuschauen. Als Ellis D. sie nach drei Wochen in die Obhut Mr. Power-Planters übergab, waren sie um die 30cm hoch. In Mr. Power-Planters Quartier erfreuten sich die fünf Motas dann einer Quadratmeter-Beleuchtungsstärke von 600-Watt-HPS, was zusammen mit der Tatsache, dass sie ein weiteres Mal umgepflanzt worden waren (in 18-Liter-Töpfe), noch einmal einen Wachstumskick ergab. Nach einer Woche, insgesamt also vier Wochen Wachstum, leitete Mr. Power-Planter die Blüte ein, bei Höhen von 45–50 cm. Aufgrund des für die Blüte zu erwartenden lediglich moderaten Streckungseffekts hätten die Pflanzen sicherlich noch mehr vegetative Höhe vertragen können, aber Mr. Power-Planter musste im vegetativen Raum schon die nächste Pflanzengeneration aufstellen. Im Verlauf der Blüte streckten sich die schon vorher nicht kurzen Seitentriebe noch einmal gut und bildeten um den starken Leittrieb und seine Top-Cola herum einen dichten, ausladenden Teppich voller fet58
ter Blütenköpfe. Überraschenderweise legte die Indica-dominante Sorte Motavation bei der Blütestruktur einen deutlichen SativaEinschlag an den Tag: Alle Buds wiesen ein hohes Blüten/Blätter-Verhältnis auf, mit unzähligen eng gepackten kleinen Blütenkelchen, und eine der fünf Plants zeitigte darüber hinaus auch eine längliche, oben spitz zulaufende Bud-Form (dieses Exemplar setzte sich auch höhenmäßig etwas von den anderen vier ab). Gleichzeitig besaßen alle Blütenstände die Dichte und Härte einer Indica. Auch das Aroma, das sie verströmten, war identisch: Es gab geruchlich tatsächlich jenen “frischen Anstrich“, einen Anflug von frischer Farbe, der in diesem Fall aber völlig unbedenklich in tiefen Zügen einzuatmen war, weil 100% biologisch! Mr. PowerPlanters Nase sagte dieses im Verlaufe der Blüte immer schwerer werdende Aroma sehr zu, und das Gleiche galt für den stattlichen Harzgehalt: Viele Blütenblätter waren von Anfang bis Ende mit Harzdrüsen besetzt, sodass Mr. Power-Planter schon freudig an die Zubereitung von feinstem Hasch per Wasserextraktion dachte. Am Ende der Kultur hatten sich die Pflanzen bei 68–87 cm eingependelt, wobei die Höhe in Orgelpfeifen-Manier mit jeder einzelnen Pflanze leicht abnahm. Die leichten Höhenunterschiede bewegten sich also in einem Bereich, den man insgesamt noch als homogene Performance bezeichnen konnte.
Zumal alle fünf Motavation-Plants mit einer wahren Parade an blütenmäßig hervorragend bestückten langen Seitenzweigen beeindruckten, die oben von voluminösen dichten Head-Buds gekrönt waren, die es teilweise fast mit der jeweiligen Top-Cola des Haupttriebs aufnehmen konnten. Und auch die Blütenreifung verlief schön einheitlich: Nach 54–57 Tagen konnte Mr. Power-Planter alle fünf Pflanzen ernten, pünktlich innerhalb des angegebenen Erntezeitfensters. Nach der Trocknung der Buds ergab sich ein ausgezeichnetes Erntegewicht von insgesamt 385g, durchschnittlich also knapp 80g pro Pflanze. Und bei längerer Wachstumsphase hätte Mr. Power-Planter mit Motavation sicherlich die 100g-Marke knacken können. So wie es eine Überraschung gewesen war, dass die Mota-Blüten einen deutlichen Sativa-Einschlag gezeigt hatten, kam es beim Testrauchen der Buds ebenso überraschend, dass diese durch die Bank einen verdammt heftigen Indica-Stone lieferten, der sich schon nach wenigen Zügen wie Blei über Mr. Power-Planters Körper legte und auch seinen Kopf zunächst stark benommen in wattige Wolken hüllte. Denn angesichts jener gewissen Sativa-Attribute der Buds hatte er damit gerechnet, dass die Mota-Wirkungsweise etwas von der Beschreibung abweichen könnte, dass auch im High mehr Sativa-Anteil spürbar gewesen wäre. Allerdings fiel Motavations Sativa-Genetik bei der Wirkung nicht ganz unter den Tisch, sondern machte sich ganz genauso bemerkbar wie von Serious beschrieben: Durch eine muntere, kreative Gedankenwelt, die sich nach einer kleinen Weile in Mr. Power-Planters Kopf auftat und ihm unter anderem die Lösung für ein bestimmtes technisches Problem in seinem Grow-Raum eingab. Er fühlte sich also zwar mächtig stoned und tiefenentspannt, gleichzeitig aber geistig auch sehr beweglich und leicht euphorisiert. Diese Wirkung hielt annähernd zwei Stunden an. Geschmacklich erwiesen sich die Mota-Buds als ebenso aromatisch und würzig, wie es ihr auch nach der Trocknung noch an frische Farbe erinnerndes Aroma verheißen hatte. Wobei diese Assoziation beim Flavour dann selbstverständlich nicht mehr aufkam, sondern einer komplexen süßen Würzigkeit wich, die eine lange Verweilzeit im Mund hatte. “Eine unkompliziert zu growende, mächtig potente und ertragreiche Sorte mit besonderem Duft und ungewöhnlicher Wirkungsweise“, befand Mr. Power-Planter und fügte hinzu: “Ein Segen, dass diese Sorte nach Gerrits Demission durch Serious Seeds erhalten worden ist!“
text & photos: G.B.I.
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Französische Ganjasuppe Zutaten für 4 Personen 5 rote Zwiebeln
1 Stange Lauch 5 Knoblauchzehen 100 g Butter Olivenöl 1 gehäufter Esslöffel Mehl 1 Brühwürfel 1 Liter Wasser 200 ml saure Sahne 300 g (geräucherter) Reibekäse Salz Muskatnuss 8 Scheiben (Toast-)Brot 20 g gerebeltes Cannabis
ie Zwiebel ist eines der wichtigsten Würzmittel für Speisen. Ihren Wert machen nicht die in ihr enthaltenen fast 1.000 Kohlenhydrate, die 300 verschiedenen Eiweißarten und die unglaubliche Menge Vitamin C aus – die natürlich nicht nebensächlich sind – sondern ihre ausgezeichneten Würzeigenschaften. Ihren charakteristischen scharfen Geschmack verdankt sie der schwefelhaltigen Aminosäure Isoalliin. Schon seit zweitausend Jahren wird die aus Asien stammende Zwiebel in Indien als Heilpflanze zur Behandlung von Herzund Gefäßkrankheiten und rheumatischen Schmerzen verwendet. Wahrscheinlich wurde sie im Iran “domestiziert” und gelangte von dort nach Ägypten und auf den üblichen Wegen auch nach Europa. Später wählten die Franzosen sie zur Grundlage eines ihrer Nationalgerichte.
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text: Theodor Eisenschwert
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Zubereitung Wozu das Cannabis, fragt man sich, wenn wir doch die Zwiebeln in reiner Cannabutter anbraten könnten. Die Antwort ist einfach: Gerebeltes Cannabis ist zu bevorzugen, weil sein Geschmack sich besser mit dem der Zwiebel verbindet und weitere Fettzugabe das schnelle Einziehen fördert. Den Brühwürfel in kochendem Wasser auf kleiner Flamme 3–4 Minuten auflösen.
In der Zwischenzeit schneiden wir die Zwiebeln klein. Die Butter lassen wir in einem dickwandigen Kochtopf schmelzen und dünsten die Zwiebeln unter Beigabe von Salz glasig. Wir beginnen mit den roten Zwiebeln und etwa nach der Hälfte der Zeit geben wir den Lauch hinzu, und wenn er fast gar ist, das gerebelte Cannabis und den Knoblauch. Weiter rösten, bis die Zwiebeln fast braun sind. Dann nehmen wir den Topf vom Feuer, bestreuen den Inhalt mit Mehl, gut verrühren. Dann einen Deckel auf den Topf geben und bei kleiner Hitze etwa fünf Minuten köcheln lassen. Die Suppenbrühe zugeben und auf kleiner Flamme 5–10 Minuten köcheln lassen. Unter Rühren geben wir die saure Sahne und 40% des geriebenen Käses zu. Von der Sahne und dem Käse kühlt die Suppe etwas ab und wir erwärmen sie auf kleiner Flamme, bis sie wieder aufkocht. (Wer Zwiebelstückchen nicht mag, kann sie nun mit dem Pürierstab zerkleinern.) Vom Feuer genommen verfeinern wir die Suppe mit etwas Muskatnuss (eine Messerspitze gemahlene Muskatnuss oder die ganze Nuss 2–3 Mal über die Reibe gezogen). Das (Toast-)Brot würfeln wir zu Stückchen von etwa 1x1 cm und rösten sie in einer Pfanne mit Olivenöl. Vor dem Servieren gut umrühren und mit dem gerösteten Brot bzw. dem restlichen Käse bestreuen. Bon appetit!
A’LA CANNA enn eine Band zu ihren Wurzeln zurückkehren will, kündet das im Allgemeinen von schweren Problemen. Überflüssig, bei Linkin Park von Vorzeichen großer Probleme zu sprechen, denn die haben sie schon hinter sich, auf Minutes to Midnight (2007), auf der Stadionscheibe A Thousand Suns (2010) und auf Living Things (2012), der unfruchtbaren Verbindung mit Elektronik. Während sie sich meilenweit von ihrem ursprünglichen Stil entfernten, erreichten sie mit ihrer Musik die Massen. Zum Glück blieben sie die sympathischen Jungs, als die wir sie 2000 kennengelernt haben, und trotz der Enttäuschungen verfolgten viele immer mit Interesse, womit die Band von Zeit zu Zeit herausrückte. Bei The Hunting Party hat sich das Warten gelohnt. Nach “klassischen” Nu-Metal-Riffs darf man nicht suchen. Stattdessen findet man Punk- (War) und Metalsongs (All for Nothing). Guilty All The Same – eine Nummer feat. Rakim – hat Drive und stampft in den Boden. Wastelands ist ein korrekter Linkin Park-Song, in dem Mike Shinodas Rap-Verse und der melodische Refrain von Chester Bennington sich absolut ergänzen. Until It’s Gone und Final Masquerade bringen die schmalzigen Unisono-Schlager der letzen drei Alben, aber als Farbtupfer
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ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT Linkin Park: The Hunting Party zwischen den härteren Stücken sind sie akzeptabel. Rebellion, zusammen mit Daron Malakian aufgenommen, erinnert an System of a Down und ist die vielleicht beste Nummer auf der Scheibe. Das langsame Instrumentalstück Drawbar entstand zusammen mit Tom Morello und bleibt kaum in Erinnerung, obwohl der Gitarrist mit
den goldenen Händen den Linkin-Jungs ein “morelliges” Fundament baut. The Hunting Party ist bei Weitem nicht so spannend, wie es Hybrid Theory seinerzeit war, und auch nicht so genial wie Metadora, aber es enthält ein paar tolle Songs. Insgesamt eine korrekte Rockplatte. Macht mal die Probe, vielleicht bleibt sie im Player.
eine Menge Songs. Er lernte Menschen kennen, alltägliche und solche mit Einfluss. Schließlich erschien seine erste Platte. Ein Song schaffte es auf Platz 3 der britischen Hitparade. Er wirkte auf den Scheiben vieler Vortragskünstler mit. Gutes zu tun zahlt sich aus! Von seinem neuen Album mit dem Titel X gelangte der Song Sing, den er mit Pharrell Williams einspielte, im Mai
auf YouTube, wo ihn bereits 25 Millionen sahen. Aber das ist nur der Anfang. Soweit das Märchen, jetzt zu den Tatsachen. Ed Sheeran ist 23 Jahre alt. Seine charakterlose, weiche, angenehme Stimme begleitet er mit der Gitarre. Er geht in Richtung langsamer und gefühlvoller Popmelodien, knüpft aber auch an HipHop und Soul an. Grundsätzlich arbeitet er mit minimalistischer Instrumentierung, daher dominiert bei den meisten Nummern das sechssaitige Instrument. Die Songs werden mit Schlagzeug, Klavier, Synthi und Effekten angereichert. Die meisten Lieder kann man vergessen, aber drei, vier richtig schlagerverdächtige Kompositionen bleiben hängen. Das schon erwähnte Sing, das schwungvolle Nina, das langsame One, Bloodstream im mittleren Tempo, das poppige Runaway und das unbeschwerte Afire Love. Es fällt auf, wenn wir die zwölf Tracks des Albums durchhören, dass es keinen Höhepunkt gibt. Angenehme Hintergrundmusik zum Autofahren, zum romantischen Abendessen, zum Spaziergang oder zum Liebemachen, je nach Belieben. Warum ausgerechnet er ein Star geworden ist? Die Antwort liegt auf der Hand, wenn wir uns ein Foto von ihm oder einen Clip mit ihm ansehen. Seine persönliche Ausstrahlung, seine Demut und seine Ausdauer erhoben ihn zu den Sternen. Sein Erfolg wird von Dauer sein, man sollte ihn im Auge behalten.
DER JÜNGSTE BUB Ed Sheeran: X r war einmal ein sympathischer, rothaariger Britenbub. Eines Tages stand er auf und beschloss, dass er von nun an vom Musizieren leben wird – egal, was geschieht. Er ging nach London. Er ging nach Amerika. Er gab Konzerte, und wenn der Club schloss, spielte er auf der Straße Gitarre, für alle, die nicht reingekommen waren. Er schrieb
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ES IST NIE ZU SPÄT E.F. Schumacher: Die Rückkehr zum menschlichen Maß rnst Friedrich Schumacher wurde Anfang des vergangenen Jahrhunderts in Bonn geboren. In seinem wirtschaftswissenschaftlichen Werk Die Rückkehr zum menschlichen Maß fasst er die Grundthesen des grünen Denkens und der grünen Weltanschauung zusammen. Auch wenn in Schumachers Buch Zahlen und Tabellen vorkommen, sollte die Bezeichnung “wirtschaftswissenschaftlich” also niemanden abschrecken – es ist eher eine wirtschaftsphilosophische Arbeit als eine fachspezifische Studie. Obwohl das Buch 1973 erschienen ist, hat es seine Aktualität bis heute bewahrt. Seine Sprache ist gut verständlich und stilistisc hansprechend. Heute sind den meisten Menschen die Gedanken und Begriffe, die er entwickelt – Überbevölkerung, Umweltverschmutzung, Megalopolen usw. – geläufig. Dennoch ist es nicht überflüssig, das Buch zur Hand zu nehmen, denn in jedem Kapitel rückt Schumacher unsere Denkschablonen zurecht, die schon seit unserer Jugend im Kopf verankert sind, und
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die infrage zu stellen uns nie eingefallen wäre. Der Autor trägt sie Stein für Stein ab und ordnet sie neu. Daraus entsteht ein verändertes Weltbild, in dem die Verkettung von Ursache und Wirkung deutlich erkennbar wird. Im Mittelpunkt der Theorie steht der Mensch mit seinen Bedürfnissen. Aus diesen Bedürfnissen leitet er seine Gedanken her und empfiehlt den Schutz der Ackerböden, die Verringerung des übermäßigen Konsums, die Verlangsamung des Lebensrhythmus, die Neuorganisation der Landwirtschaft und die Überprüfung des Begriffs der Rentabilität. Er spricht aber auch vom schädlichen Charakter der städtischen Lebensweise, oder wenigstens von ihren Problemen, und natürlich auch vom Tierschutz. Es ist müßig, einfach Worte und Gedanken aus dem Text zu klauben, denn man muss ihn vollständig lesen. Mehrmals. Langsam, und sich hineinvertiefen. Denn es ist nie zu spät, zu verändern, verändern zu lassen. Damit das grüne Denken nicht nur
ein Farbklecks auf der politischen Palette bleibt, sondern ein lebensgestaltendes Prinzip, eine Grundidee im Interesse einer besseren, lebenswerteren Welt.
FIKTIVE AUTOBIOGRAFIE Eugen Ruge: In Zeiten des abnehmenden Lichts ugen Ruge wurde in Sibirien geboren, wuchs in der DDR auf und übersiedelte dann nach Westdeutschland. Als Sohn eines ostdeutschen Historikers, der aus einem sowjetischen Arbeitslager heimkehrt, beginnt er seine Karriere als Mathematiker, um in einer möglichst ideologiefreien Umgebung arbeiten zu können. Doch bald macht er sich als Theater-, Hörspiel- und Drehbuchautor, Regisseur, literarischer Übersetzer und Dokumentarfilmer einen Namen. Sein erster Roman In Zeiten des abnehmenden Lichts, der 2011 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde, spiegelt die Vergangenheit und die Identität der DDR wider. Die Kritik vergleicht Ruges Familienroman, der sich über vier Generationen erstreckt, mit den Buddenbrooks, und er ist – wie auch des Werk Thomas Manns – die Chronik des Endes einer Epoche und des Zerfalls einer Familie. Das Buch gliedert sich in Episoden und spielt zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten. Wir erfahren immer wieder Neues aus dem Leben der Akteure, die durch wiederkehrende Motive verknüpft sind. Die Zeitebenen wechseln in jedem Ka-
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pitel. In der Jetztzeit, im Jahre 2001, erzählt der totkranke Alexander Umnitzer von einem Aufenthalt in Mexiko. Der zweite Hauptstrang erzählt von der Geburtstagsparty zum 90. von Alexanders Stiefgroßvater. Hier nehmen wir in einigen Kapiteln den Blickwinkel eines jeweils anderen Akteurs ein. Der dritte Strang umfasst die Ereignisse von 1952 bis 1995 chronologisch und präsentiert Charakteristisches aus dem Leben der Familie Umnitzer in der DDR. Die Familie besteht aus mittleren Beamten, die das kommunistisch-sozialistische System am Laufen halten und von ihm profitieren. Während wir ihre Schicksale verfolgen, erhalten wir Einblick in das Funktionieren der Kommunistischen Partei, können den Aufbau und den Alltag in der DDR verfolgen und darüber hinaus auch die Auswüchse und Widersprüche des Systems. In Zeiten des abnehmenden Lichts ist ein gut lesbarer Roman, die Chronik einer untergegangenen Welt.
text: Peter Laub
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