Nr. 17 / 2014 Nov-Dez
Medical & Harm Reduction Magazine
HUICHOL Der mexikanische Peyote-Glauben
KIFFENDE ELTERN Ich bin Mutter und rauche Gras
HANF MIT HERZ UND HIRN Neue Cannabis Social Clubs in Ă–sterreich
CBD POWERED CANNABIS STRAINS Nebula II CBD & Durga Mata II CBD
18+
MEDI+GREEN
4
Gemeinsam rauchen, gemeinsam lachen Tagesordnung zu setzen. Für dieses Unternehmen hatten sie vor etwa zwei Monaten um unsere Hilfe gebeten – und um einige Hundert Medijuana-Magazine. Der Bitte waren wir gern nachgekommen. Als sie nun unser Medijuana-Auto sahen, liefen sie sofort los, um „Nachschub“ für ihre Demonstration zu besorgen. Diesmal waren sie weniger bescheiden und baten fürs Nächste aufgrund ihrer bisherigen Erfahrungen gleich um tausend Exemplare, die sie auch bekamen. Und auch wir ließen uns von ihnen mitreißen und gaben ihnen nicht nur Zeitschriften, sondern auch Plakate, Transparente, Flyer und T-Shirts, die sie hocherfreut entgegennahmen. Auch von der Nummer, die Ihr gerade lest, wollten sie tausend Exemplare. Sie gingen auf Nummer sicher. Und warum ich das alles erzähle, außer um klar zu machen, dass unser Lager am rechten Ort ist? In erster Linie, weil wir Medijuana genau mit diesem Ziel gegründet haben und deswegen fortführen, und das ist auch einer der Gründe, warum wir es gratis verteilen. Damit ein paar Aktivisten und zivile Organisationen es für uns alle auf sich nehmen, sogar in der Urheimat des Biers vor ihre Mitbürger zu treten und alle damit verbundenen Unannehmlichkeiten hinzunehmen, um allen die wichtigsten Informationen über medizinisches Cannabis zukommen zu lassen, den Kranken bei der Wahrnehmung ihrer Rechte zu helfen und eine differenziertere Denkweise zu verbreiten. Sie sind die Hauptpersonen dieser Geschichte, sie haben die größte Ehrerbietung verdient, und obwohl die Zeitschrift nicht nur für sie erscheint, ist es uns eine große Freude, dass sie Medijuana als nützliches Werkzeug für ihre Arbeit ansehen. Wir danken Euch! Weiterhin unterstützen wir mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln jeden entschlossenen Aktivisten, zivile Organisationen, Initiativen und Bewegungen. Ihr könnt auf uns zählen!
icht weit von der Wiener Veranstaltungspyramide entfernt, in der auch die Cultiva stattfindet, liegt Grow City – das größte Grow-Warenhaus Mitteleuropas – das gleichzeitig auch als österreichisches Basislager der Medijuana dient. Vom kostenlosen Parkplatz hat man einen guten Blick auf das Gebäude in Leichtbauweise mit seinen mehreren Tausend Quadratmetern Fläche sowie auf den Parkplatz daneben, auf dem sogar ein Laster wenden könnte. Wir waren gerade dabei, die Magazine, Ständer und Transparente für die Veranstaltung zu packen, als ein paar Gestalten entschlossenen Schrittes von dem oberen Parkplatz auf uns zukamen. Als sie uns erreicht hatten, stellte sich heraus, dass sie wegen etwas „Versorgung“ mit Medijuana gekommen waren. Im Gespräch erfuhren wir, dass sie Aktivisten aus Bayern waren, die in der Münchner Innenstadt eine permanente Demonstration abhalten, mit der sie ihre Mitbürger/innen auf das medizinische Potenzial von Cannabis und seine therapeutischen Anwendungsmöglichkeiten aufmerksam machen wollen. In der Heimat von ausgezeichnetem bayerischem Bier und Oktoberfest haben sie sich zusammengetan, um allen mitzuteilen, dass Cannabis nicht nur ein Mittel zur rekreativen Bewusstseinsveränderung ist, sondern auch ein Heilmittel, das zahlreichen Menschen Linderung verschafft und für viele chronische Kranke die einzige Behandlungsmethode bietet. Aber es geht ihnen nicht nur darum, Aufmerksamkeit zu erregen und Informationen zu verteilen; ihr erklärtes Ziel ist es, das Bundesland zur Veränderung der Rechtsvorschriften zu zwingen und jedem Menschen freien Zugang zu Cannabis zu verschaffen, der es aus medizinischen Gründen benötigt. Dafür sammeln sie Unterschriften, die nicht nur den Willen des Volkes ausdrücken, sondern darüber hinaus das bayerische Parlament verpflichten sollen, das Thema auf die
N
IMPRESSUM
IN ZUSAMMENARBEIT MIT
Chefredakteur: Gabor Holland Autoren: Bob Arctor, Jack Pot, Marcel Klos Markus Berger, Martin Müncheberg, G.B.I. Tomas Kardos, Peter Laub, Theodor Eisenschwert Robert Schamane, H.S. von Vogelsang Lektorin: Helen Bauerfeind Design & Photo: Gergely Vaska Verantwortlicher Herausgeber: G. Holland CK & MEDIJUANA PUBLISHING KN Advertising s.r.o. 945 05 Komarno 5. Eötvösa 57/20. E-mail: medijuana.at@gmail.com Web: www.medijuana.eu
Medical & Harm Reduction Magazine
INDEX ADVANCED HYDROPONICS
27
AEROPONIK SYSTEMS
37
BUSHDOCTOR
19
BUSHPLANET GmbH
U3
BUSHPLANET DISTRIBUTION
64
CANNAFEST CITY GROW – BUSHPLANET
4 U2–1
DINAFEM SEEDS
13
FUTURE GROW
11
GH POWDER FEEDING
11
HANF im GLÜCK
25
HANF UND HANF
51
HANF MUSEUM BERLIN
53
HERBALIST
55
HUG’s
14
INDRAS PLANET
15
JELLY JOKER
38
LAMOTA DISTRIBUCIÓN
59
MIHA GMBH
47
MEDICAL CANNABIS MOTORCYCLE TOUR NACHTSCHATTEN VERLAG ÖSTERREICHISCHER HANF VERBAND PLAGRON PUFF AND STUFF ROYAL QUEEN SEEDS SEEDPLANET
2 61 21 15, U4 57 9 30, 35
SERIOUS SEEDS
39
SWEET SEEDS
49
TIROLER HANFHOUSE
12
UNITED SEED BANKS
14
VAPSTORE.DE
29
VERDAMPFTNOCHMAL
55
Der Herausgeber von Medijuana weist alle Leserinnen und Leser darauf hin, dass der Handel mit lebensfähigen Hanfsamen sowie Verkauf, Besitz und Lieferung derselben in mehreren Mitgliedsstaaten der Europäischen Union als illegal gelten! Sämtliche Inhalte sind zu Informations- bzw. Unterhaltungszwecken gedacht. Wir möchten keineswegs dazu beitragen, dass jemand in seiner Heimat bestehenden Gesetzen zuwiderhandelt. Es ist nicht Anliegen des Herausgebers von Medijuana, irgendjemanden zur illegalen Nutzung der in der Broschüre erwähnten Produkte anzuregen. Der Herausgeber trägt keine Verantwortung für Aussagen, die auf verkauften Anzeigenflächen erscheinen. Sämtliche Meinungen im Redaktionsteil stammen von den Autoren und decken sich nicht in jedem Falle mit dem Standpunkt des Herausgebers. Gelegentlich ist es nicht möglich, den/die Inhaber des Urheberrechts zu identifizieren oder mit ihm/ihr Kontakt aufzunehmen, daher übernehmen wir im Falle des Nachweises von begründeten Urheberrechtsansprüchen auch im Nachhinein die Zahlung einer bestimmten Vergütung. Wir gehen bei sämtlichen Texten und Bildern bis zur Erklärung des Gegenteils davon aus, dass sie uns zur Veröffentlichung zugesandt wurden. Für die Vervielfältigung der Broschüre – auszugsweise oder als Ganzes – ist die schriftliche Erlaubnis des Herausgebers erforderlich, auch wenn die Vervielfältigung nicht zu kommerziellen Zwecken erfolgt. Alle Rechte vorbehalten!
5
INHALT GEMEINSAM RAUCHEN, GEMEINSAM LACHEN
5
36
MEDI+GREEN CHILE: DAS ERSTE SÜDAMERIKANISCHE PROGRAMM FÜR THERAPEUTISCHES MARIHUANA BEGINNT
8
GROSSINVESTOREN AUF DEM HANFMARKT
8
ARGE CANNA STELLT SICH VOR
9
USA: LEGAL IST UNCOOL …
10
KIFFER AUF PARTNERSUCHE
10
GESTUTZTES GESETZ
10
GROSSREINEMACHEN IN BARCELONA Ein Drittel der Cannabis Clubs schließt
12
„DIE SPIELEN AUF ZEIT“ Günter Weigleins Kampf ums Growing
14
CANNATRADE 2014
15
ÖSTERREICHISCHE AKTIVISTEN ... formieren sich in Cannabis Social Clubs
16
CULTIVA 2014
18
24 22
56
CANNA+GLOBE HANF MIT HERZ UND HIRN Neue Cannabis Social Clubs in Österreich
20–21
42
12
HANF UND FÜHRERSCHEIN 22–23 Ein Joint im Grünen und der Führerschein ist weg? „MIT RAUSCHZUSTÄNDEN UMGEHEN“ 24–25 Der Nachtschatten Verlag feierte seinen 30. Geburtstag
52
MEDI+GREEN LEGAL VS. ILLEGAL Medizinische Cannabis-Wirkungsstudien
26
MEDIZIN DIE AUSWAHL DES RICHTIGEN VAPORIZERS
28–29
CANNA+GLOBE KIFFENDE ELTERN 2. Ich bin Mutter und rauche Gras 6
36–38 62
18
INHALT MEDI+GREEN 41
HANF-PSYCHEDELIKATESSEN FÜR PATIENTEN
41
SPENDENAKTION: STRAFFREIHEIT FÜR CANNABISPATIENTEN
MEDIZIN 42–43
„MEIN URLAUB VON DER KRANKHEIT“ Cannabis und Morbus Bechterew
15 20
VOLLBLUT 44–46
PARADISE SEEDS IM CBD-FIEBER Ein neues Kapitel der Veredelung von medizinischem Cannabis: Durga Mata II CBD & Nebula II CBD
48
CREAM MANDARINE F1 SCHNELLVERSION (Sweet Seeds)
50
EINE SERIÖSE MEDIZINALE PFLANZE: SERIOUS HAPPINESS (Serious Seeds)
CANNA+GLOBE
44 52–54
VERÄNDERTE NATUR 2. Landwirtschaft im Dienste des Menschen
56–58
HUICHOL Der mexikanische Peyote-Glauben
16
A‘LA CANNA 26
28
60
MEXIKANISCHES GRÜN Quesadillas mit Guacamole
62
UNSCHULDIGE ROCKSTARS U2: Songs of Innocence
62
OFFENE TÜREN, VERSCHLOSSENE FENSTER Lana del Rey: Ultraviolence
63
TEUFEL UND ENGEL Salman Rushdie: Die Satanischen Verse
63
WAS IST – SCHON WIEDER – MIT DER WELT LOS? Mario Vargas Llosa: Alles Boulevard
60 7
MEDI+GREEN
Chile: Das erste südamerikanische Programm für therapeutisches Marihuana beginnt Chile ist das erste südamerikanische Land mit einem Programm für therapeutisches Marihuana. Ziel des Projekts der Daya Stiftung (Fundación Daya), die Alternativtherapien anbietet, ist die Herstellung von Cannabisöl, das die Leiden von Krebspatienten lindern soll. auf eine Initiative der Daya Stiftung und der Gemeinde La Florida, die 360.000 Einwohner zählt, zurück. Der Termin ist gut gewählt, denn im Lande wird die Diskussion über die Gesetze, die Cannabis kriminalisieren, immer lauter. Die Reformbewegung weiß zahlreiche hochrangige Unterstützer auf ihrer Seite – Berühmtheiten, Wissenschaftler und auch Politiker, selbst den ehemaligen Präsidenten. Die Daya Stiftung wird in Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Chemie und Pharmazie der Universität von Valparaiso Medizinal cannabisöl von therapeutischer Qualität herstellen. Angestellte aus dem öffentlichen Gesundheitswesen werden mit der Anwendung des Cannabisöls für palliative Behandlungen vertraut gemacht. Die Organisation hat fünf Sorten von Paradise Seeds, unter anderem Pandora und Nebula, die für ihre medizinischen Eigenschaften berühmt sind, ausgewählt. Weiterhin eine neue, veredelte Sorte mit hohem CBD-Gehalt: Durga Mata 2 CBD. Luc Krol von Paradise Seeds drückte seine Freude über die progressive Einstellung der chilenischen Regierung aus und brachte sein Vertrauen in die erfolgreiche Zusammenarbeit mit der Daya Stiftung zum Ausdruck. Krol ist sicher, dass die Krebspatienten, denen dieses Projekt zugutekommt, schon bald positive Veränderungen erfahren werden.
artner des Programms wurde die legendäre holländische Samenbank Paradise Seeds, welche geeignete Samen für therapeutische Zwecke bereitstellt. Das Pflanzenöl wird anfangs ergänzend zur Therapie von 200 Krebspatienten eingesetzt
werden. Am 8. September wurde das Projekt schon vom Landwirtschaftsdienst der chilenischen Regierung genehmigt und verkündet. Das Programm, das auch Patienten aus der öffentlichen Gesundheitsversorgung und Begünstigte der Stiftung einbezieht, geht
annabisaktien gehen ab wie Raketen, ihre Kritiker aber betrachten die Anlageform vorwiegend als riskant und prognostizieren einen steilen Fall nach einem kurzen Boom. Sieht man sich die Investoren an, ist der Rückfall jedoch sicher nicht in naher Zukunft zu erwarten. Nach Informationen von Bloomberg macht sich gerade kein anderer als der viertreichste Mann der Welt, der Aktieninvestor Warren Buffett, daran, einzusteigen. Eine der Hauptinvestmentgesellschaften des Gurus, die ehemalige Textilfabrik Berkshire Hathaway, fing an, Flyer über ein Hochparterresystem, mit dem man die Ernte verdoppeln kann, an Hanfgärtner zu verteilen. Auf der Anzeige findet sich auch das Logo des Tochterbetriebs Cubic Designs. Der Marketingdirektor erklärte Bloomberg dies folgendermaßen: „Wir verkaufen schon ein paar Hochparterresysteme auf diesem Markt, deshalb dachten wir, warum sollte man nicht ein bisschen Reklame dafür
Großinvestoren auf dem Hanfmarkt
P
C
8
machen?“ Wir glauben trotzdem nicht, dass die Flyer die Ausgeburten eines unschuldigen Brainstormings im Büro waren. Cubic Designs arbeitet mit Immobilienmaklern zusammen, daher können sie leicht zur Zucht geeignete
Anlagen aufspüren, wo sie die Verdopplung der Anbaufläche verkaufen können. Es sieht so aus, dass Buffett mit dem Schritt auf den Ganjamarkt wieder das große Los gezogen hat und viele andere seiner Strategie folgen werden.
ARGE CANNA stellt sich vor m Frühjahr dieses Jahres wurde die „ARGE CANNA – Arbeitsgemeinschaft Cannabis als natürliche, nebenwirkungsarme Arznei“ gegründet. Sie ist eine unabhängige, überparteiliche Arbeitsgemeinschaft in Österreich, welche sich für die Verwendung von Cannabis als Arzneimittel einsetzt und die Forschung auf dem Feld der medizinischen Verwendung von Cannabinoiden vorantreiben will. Die Arbeitsgemeinschaft CANNA ging aus der Arbeitsgruppe Suchtmittel hervor, die der Piratenpartei angehört. Nachdem sich dieser Arbeitsgruppe immer mehr Personen anschlossen, die einer anderen Partei angehörten oder parteilos waren, entschloss sich die Gruppe, eigenständig zu werden, um parteiunabhängig agieren zu können. Die ARGE CANNA hat es sich zum Ziel gesetzt, für Österreich passende Regelungen des Einsatzes von medizinischem Cannabis zu erarbeiten, die vom Standpunkt der derzeitigen Gesetzeslage am realistischsten sind. Diese Ziele sind vielseitig. Gefordert wird die sofortige Straffreistellung von Besitz und Erzeugung von Cannabis bei Patienten und Initiativen/Kollektiven von Patienten (Cannabis Social Clubs. Es soll erreicht werden, dass die
I
Kostenübernahmepraxis der Krankenkassen für Cannabinoidarzneien verbessert wird und dass Cannabisblüten über die Apotheken an Patienten abgegeben werden. Der letzte Punkt könnte eigentlich schnell umgesetzt werden, da bereits die AGES in Österreich medizinisches Cannabis erzeugt, welches jetzt noch über den Arzneimittelhersteller Bionorica zu Dronabinol (THC) verarbeitet wird. Die ARGE CANNA arbeitet auch als Informationsquelle für Patienten und Interessierte; sie stellt laufend Anfragen an Minister und Politiker, bringt Broschüren und Folder heraus, sammelt wissenschaftlich und medizinisch relevante Studien und Publikationen und plant in Zukunft Seminare und Workshops. Auf der Homepage www.arge-canna.at finden sich viele Informationen rund um das Thema medizinisches Cannabis sowie genauere Infos über die ARGE CANNA selbst!
ARGE CANNA ist die Interessenvertretung für Patienten in Österreich; für kranke Menschen, die vom Zugang zu medizinischem Cannabis profitieren könnten, und für die, die bereits Cannabisarzneien verwenden.
MEDI+GREEN
USA: Legal ist uncool … nd zwar das Kiffen für die Teenager in Colorado. Das geht aus einer Statistik der US-Regierung hervor, die den Graskonsum bei Jugendlichen nach der Legalisierung im Jahre 2012 untersucht. Viele glauben jedoch, dass der Trend im Konsumverhalten nicht einfach auf die Regel „verbotene Früchte sind süß“ zurückgeht. Zunächst muss
U
man feststellen, dass der Rückgang undramatisch ist: Die Zahl der jugendlichen Ausprobierer sank von 24,8% auf 22%. Die Legalisierung ist also scheinbar nicht die Wunderwaffe, um Jugendliche vom Grasgenuss abzubringen. Die Ergebnisse der Untersuchung untermauern aber eine 2012 veröffentlichte These, nach der die bessere Verfügbarkeit von Can-
Kiffer auf Partnersuche m Frühstadium einer aufblühenden Beziehung kann es unangenehm sein zu sondieren, ob man gelegentlich eine witzige Zigarette rauchen will oder es wenigstens keine Vorurteile gegenüber Kiffern gibt. Das Phänomen ist schon so verbreitet, dass sich auch Partnersuchportale bemühen, unangenehme Überraschungen zu verhindern. Die beiden aktivsten Portale sind 420singles.net und my420mate.com. Man sollte meinen, dass die Seiten in erster Linie die Bewohner von Ländern ansprechen, wo Cannabis legalisiert ist, man kann sich aber aus allen Ländern der Welt ein Profil anlegen. Die Idee zu 420singles kam einem 20-jährigen Typen in Kalifornien, dessen Traumfrau auch eine begeisterte Kifferin sein sollte. Er scheint mit seinem Traum nicht allein zu sein, denn auf der Seite haben sich schon 30.000 Menschen registriert. Fachleute, Geschäftsleute und therapeutische Patienten brachten bald die Annahme zu Fall, dass sich dort nur einsame Kiffer und Blumenseelchen von Hippies registrieren würden.
I
10
Gestutztes Gesetz it großer Mehrheit – mit 43 zu 7 Stimmen – passierte das Gesetz über die therapeutische Verwendung von Cannabis den Senat von Pennsylvania und wurde an das Abgeordnetenhaus
M
nabis für medizinische Zwecke die Zahl der jugendlichen Ausprobierer nicht steigert. Wir prophezeien jetzt schon, dass die gesetzliche Regulierung das auch nicht tun wird. Die Phänomene interpretiert jeder anders. Scheinbar ist es so, dass etwas, das für Erwachsene oder ausgerechnet für Kranke zum Konsum freigegeben wird, bei Weitem nicht so cool ist wie etwas Illegales. Das scheinen auch die jüngsten Erfahrungen in Staaten zu untermauern, in denen die Zulassung von therapeutischem Cannabis nicht zu einer größeren Zahl von ausprobierenden Teenagern geführt hat, wirft jedoch einen Schatten auf den Alkoholgenuss, der ebenfalls nur für Erwachsene freigegeben ist, sich aber ungebrochener Popularität unter den älteren Schülern erfreut. Die Behörden führen die positive Entwicklung selbstverständlich auf ihre Anti-Gras-Kampagnen zurück und erwähnen zusätzlich die verringerte Zahl von Rauchern, die sie ebenfalls als Erfolg ihrer Kampagnen verbuchen. Und was sagen schließlich die Väter der Legalisierung von Colorado dazu? Dass eins der Grundelemente der Regulierung der Jugendschutz ist und die Prävention. Und siehe da, sie zeigt sofort Ergebnisse! Gleichgültig, wer Recht hat; die Hypothese, dass infolge der Legalisierung mehr junge Menschen Gras probieren, ist mit beispielhafter Schnelligkeit widerlegt worden.
weitergeleitet. Dennoch kann sich nicht jeder aus vollem Herzen freuen, denn im letzten Augenblick kamen ein paar Details von grundlegender Wichtigkeit ans Licht. Das Gesetz sichert zwar den Zugang zu Cannabisöl, Lebensmitteln und Tinkturen; die Liste der zur Therapie zugelassenen Patienten wurde aber am Tag vor der Abstimmung von 40 auf 11 verkürzt. Damit fielen wichtige Krankheitsbilder wie Glaukom, Morbus Crohn, Rheuma und HIV/AIDS aus der Vorlage. Außerdem wurde nicht nur das Rauchen, sondern auch das Vaporisieren gestrichen. Nach Ansicht von Jay Lassiter, dem in New Jersey mit HIV lebenden Aktivisten für therapeutisches Marihuana, wird das Abgeordnetenhaus nicht über ein Gesetz für medizinisches Marihuana abstimmen, sondern über eine „beschränkte Regulierung von Cannabisprodukten“. Wegen der Änderungen im Gesetz meldete sich auch das Marijuana Policy Project zu Wort. Es kritisierte die Herausnahme von drei Vierteln der Symptome und Krankheiten und gab außerdem zu bedenken, dass mit dem Ausschluss des Vaporisierens viele Patienten betroffen würden, für deren Leiden diese Art des Konsums sofortige Linderung bedeutet – im Gegensatz zu Cannabis in Lebensmitteln, das nur langsam vom Körper aufgenommen wird.
MEDI+GREEN
Großreinemachen in Barcelona Ein Drittel der Cannabis Clubs schließt Bei unserem Besuch auf der Spannabis im März diesen Jahres machten wir eine Runde durch die Welt der Cannabis Social Clubs von Barcelona. Dabei gelangten wir zu der Erkenntnis, dass einige CSCs die Gesetze respektieren und sich bemühen, ihren Mitgliedern in allen Ansprüchen gerecht zu werden, während andere als Dealerzentren für Ganja operieren. Scheinbar teilen auch die spanischen Behörden unsere Ansicht – im August schlossen sie nämlich ein Drittel der Clubs. uxusrestaurant vs. Wurstbude auf dem Prater – ungefähr so verhielten sich die beiden Cannabis Clubs zueinander, die wir besucht hatten, und zu unserer Überraschung war die Wurstbude sogar teurer. Schon im Vorjahr waren wir Mitglieder des Resin Clubs geworden, daher wurden wir an dem Ort, der mit angesagten Bars in Aussehen, Angebot und Programmen konkurrieren kann, als Bekannte begrüßt. Den zweiten Club fanden wir zufällig, als wir in der Innenstadt herumschweiften und uns als naive Touristen auf der Suche nach Gras ausgaben. Unser moderner Dealerfreund führte uns, um sich eine Touristenfangprämie zu verdienen, in einen nahegelegenen Club, der an ein besetztes Abrissgebäude erinnerte. An dem kein bisschen sympathischen Ort ließ bereits eine ansehnliche Zahl von Touristen ihre frische und teure Beute in Rauch aufgehen. Sie waren wahrscheinlich zum ersten und letzten Mal in einem CSC; wir blieben auch nicht lange. Den Nachrichten zufolge möchten die Behörden genau solche Orte liquidieren. Die Aktion begann schon im Juni mit der Schließung des ersten CSCs, wo dem Vernehmen nach illegale Drogen gehandelt worden waren. Eine Woche später verkündete der Magistrat der Stadt Barcelona, dass ein Jahr lang keine neuen Lizenzen für Cannabis Clubs vergeben würden. Begründung: Die Ausbreitung der CSCs und der verstärkte Drogentourismus in die katalanische Hauptstadt zeuge davon, dass ein Teil der Clubs nicht wie gesetzlich vorgeschrieben als Non-Profit-Züchter- und Konsumentenvereinigung operiert, was nicht nur einen Ver-
L
stoß gegen die Gesetze darstellt, sondern auch die Gesundheit der Bevölkerung und ihr Wohlergehen schädigt, mit besonderem Blick auf Minderjährige. Es wurde außerdem gefragt, ob die Cannabis Clubs der Vorschrift Genüge tun, sich von öffentlichen Plätzen fernzuhalten, keine Reklame zu machen und nicht zum Konsum zu animieren. Im Rückblick auf die Spannabis verletzten die Flugblätter eines CSCs, die am Ausgang verteilt wurden, alle aufgeführten Bedingungen. Auf das Bild der unbescholtenen CSCs fiel ein Schatten, als im Juli der Leiter der FEDCAC (European Coalition for Just and Effective Drug Policies) und mehrere Mitglieder, die Cannabis Clubs betreiben, unter der Anklage der Geldwäsche verhaftet wurden. In diesem
Licht kann es nicht verwundern, dass die Polizei nach Überprüfung von 145 Clubs 49 von ihnen sofort schloss. Zur Begründung wurden illegaler Marihuanahandel, funktionelle Mängel, Probleme mit den Nachbarn und Betrug an Touristen angeführt. Die Ankündigung führte dazu, dass die zweite große Pro-Cannabis-Organistion, die Cat FAC, einen Dialog zwischen den Clubs und den Behörden im Interesse der Bereinigung der Betriebsbedingungen anregte. Wir vertrauen darauf, dass damit die Lage der Cannabis Clubs von Barcelona geklärt wird, denn es wäre traurig, wenn wegen einiger geldgieriger Pseudoclubs das ganze System der CSCs, das auch wir für verfolgenswert halten, gefährdet würde.
MEDI+GREEN
„Die spielen auf Zeit“ Günter Weigleins Kampf ums Growing Medijuana-Leser kennen Günter Weiglein. Der im deutschsprachigen Raum bekannte Cannabispatient ist ein wahrhafter Kämpfer, wenn es um Gerechtigkeit und Freiheit geht. Zurzeit kämpft Weiglein zusammen mit anderen Cannabispatienten um das Recht, ihre Medizin zu Hause anbauen zu dürfen. Grund sind die immensen Kosten für medizinische Cannabisblüten aus der Apotheke sowie die Verfügbarkeit von gerade mal vier verschiedenen Sorten. rst im Juli hatte das Verwaltungsgericht in Köln entschieden, dass die Bundesopiumstelle innerhalb des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nicht pauschal alle derartigen Anträge ablehnen darf, sondern den jeweiligen Einzelfall berücksichtigen muss (medijuana berichtete). Jetzt ist das BfArM gegen das Urteil in Berufung gegangen. Wir haben Günter Weiglein dazu gesprochen. Medijuana: Das BfArM hat tatsächlich Berufung gegen das Urteil des Kölner VG eingelegt. Was ist die Begründung? Günter Weiglein: Die offizielle Begründung für die Berufung liegt noch nicht vor. Natürlich nicht. Denn das BfArM
E
spielt in jeder Hinsicht auf Zeit. Auch die Berufung haben sie erst am letzten Tag der vierwöchigen Einspruchsfrist angemeldet. Jetzt heißt es, auf die Begründung warten. MED: Wie lange kann das dauern? GW: Das kann sich nach Angaben meines Anwalts durchaus bis in den Winter ziehen. Aber viel länger wird es nicht mehr dauern, bald geht ihnen die Luft aus. Und da ich jetzt seit über vier Jahren kämpfe, lässt mich diese Hinhaltetaktik mittlerweile einfach nur kalt. Dann warte ich eben noch ein paar Wochen. MED: Was könnte das BfArM denn für Gegenargumente bringen?
GW: Keine Ahnung, was die vorbringen wollen – jedenfalls haben sie nun einen externen Anwalt eingeschaltet, und der hat wohl bei Gericht beantragt, dass die Frist zur Begründung des Einspruchs bis zum 1. Dezember aufgeschoben wird. Ich sage es ja: Die spielen auf Zeit. MED: Was glaubst du, wie wird es weitergehen? GW: Mein Anwalt ist optimistisch. Und ich gehe davon aus, dass das BfArM auch in der nächsten Instanz verlieren wird. Über kurz oder lang werden wir anbauen.
CannaTrade 2014 und 8.000 Menschen besuchten an drei Tagen die in Zürich abgehaltene Hanfausstellung. Damit blieb sie ein wenig hinter den größten europäischen Hanfexpos zurück, aber die CannaTrade strebt auch nicht nach diesem Lorbeer. Dafür herrschte auf der Ende August stattfindenden schweizerischen Ausstellung eine fröhliche und ausgelassene Stimmung. Dass die größten Hanfexpos in Europa momentan in Tschechien, Spanien und Österreich zu finden sind, ist nur zum Teil mit geschickter Organisation erklärbar. Der zweite, wenigstens genauso wichtige Grund ist der, dass in diesen Ländern der Handel mit Cannabissamen erlaubt ist. Die Samenbanken müssten verrückt sein, diese Gelegenheiten auszulassen – ihre Anwesenheit zieht viele Besucher an. Die Frage des Hanfsamenhandels ist in der Schweiz noch nicht hinreichend geklärt, weswegen die Samenbanken dem Ereignis fernblieben. Ein Gesetz, das im Januar 2012 in Kraft trat, erlaubt in vier Kantonen der Schweiz den Anbau von bis zu vier Pflanzen zum Eigenbedarf, weswegen Firmen, die Düngemittel und andere Artikel für die Zucht vertreiben, reichlich vertreten waren. So bestimmte dieses Publikum auch die Atmosphäre der Veranstaltung, was ihr aber nicht schadete. Wer an den Übermut der Spannabis in Barcelona gewöhnt ist, dem wird vielleicht die Zurückhaltung der CannaTrade seltsam vorkommen. Uns aber fehlten die Plätze nicht, an denen dichter Grasgeruch waberte, und auch nicht das gewaltige Gedränge. Trotz des bewölkten, regnerischen Freitags kamen Besucher in ansehnlicher Zahl. Dass es nicht
R
zu viele waren, ermöglichte es den Interessierten, mit den Händlern zu sprechen, oder mit den zivilen Aktivisten und Schlüsselfiguren der therapeutischen Bewegung. Es fehlte auch nicht an Programm und wir sahen nicht nur eine Familie, bei der das Gesellschaftsspiel zur Cannabiszucht gut ankam. Wer geschickte Hände hatte, konnte bei einem Jointdrehwettbewerb glänzen; über die Entwicklungen auf dem Gebiet der Therapie und der Drogenpolitik konnte man sich bei Vorträgen und Gesprächen an zwei Orten informieren. Im Freien erwarteten zahlreiche Imbissstände die Besucher – von mexikanischen Spezialitäten über vietnamesische Küche bis hin zu leckerem Käse reichte das Angebot. Zu unserer Überraschung war das Essen nicht teurer als in der Innenstadt. Am Samstag wurde uns noch eine kleine Extravorstellung geboten: Vor dem Gebäude erschienen Demonstranten mit Transparenten, die versuchten, die Menge von den verhängnisvollen Folgen des Cannabiskonsums zu überzeugen. Wie man auf einem der Fotos sieht, hatten sie damit bei den therapeutischen Patienten keinen Erfolg; dennoch war es eine Freude, die Argumente der Besucher und der Aussteller (!) zu hören, die den Botschaften der Transparente vollständig widersprachen. Jemand legte Flyer und einige Nummern des Magazins Medijuana, das sich mit therapeutischem Marihuana beschäftigt, zu den Transparenten, damit den Demonstranten klar werde, dass diese vielseitige Pflanze sicher nicht vom Teufel stammt und bei entsprechendem Gebrauch Wunder wirkt. Wir hoffen, die Demonstranten nächstes Mal unter den Besuchern begrüßen zu können. 15
MEDI+GREEN
Österreichische Aktivisten ... formieren sich in Cannabis Social Clubs sterreichs Cannabispatienten haben lange genug gelitten. Angesichts fast täglich neuer Forschungsergebnisse wollen sie endlich ihre beste Medizin legal erhalten und formieren sich nun in einer wachsenden Zahl von Cannabis Social Clubs (CSC). Diese haben das Ziel, nach entsprechenden Gesetzeslockerungen Cannabis für ihre bedürftigen Mitglieder produzieren zu können. Vorerst ist dies aber aufgrund der geltenden Rechtslage nicht möglich, da die Behörden in dem Moment eingreifen müssen, in dem der Straftatbestand „Vorsatz zur Suchtmittelgewinnung“ erfüllt ist. Den größten Zulauf hat bisher der im vergangenen Mai als erster österreichischer CSC gegründete CSC Salzburg. Gründer ist der Flachgauer Schmerzpatient Wilhelm Wallner, der sich jetzt um eine Ausnahmegenehmigung für den Anbau von medizinischem Cannabis bemüht. Eine kurzzeitige Arrestierung von Wallner wegen einer ausstehenden Verwaltungsstrafe von einigen 100 Euro endete in einer Sympathiewelle österreichischer Medien. Diese stellten seinen Fall ausführlich dar und zeigten ebenfalls Unverständnis dafür, dass der Staat dem nach einem Berufsunfall seit zehn Jahren an starken Schmerzen leidenden Mann nicht sein Cannabis als Medizin erlaubt, obwohl er damit die ungleich schädlicheren synthetischen Opiate bis hin zu Morphium absetzen könnte. Wallner zufolge bekämpfe Cannabis seine Schmerzen besser als alles, was ihm die Ärzte im Rahmen seines jahrelangen Kampfes gegen die Schmerzen verschrieben hätten. „Von den Opiaten war ich nur benebelt und
Ö
konnte mich nicht konzentrieren“, sagte Wallner. Einen etwas anderen Weg geht der von Gerald Wagner gegründete CSC Wiener Neustadt. Wagner wolle vor allem bei der Forschung ansetzen, heißt es in den Vereinsstatuten:
„Der Verein möchte Aufzucht, Verarbeitung und Forschung in den unterschiedlichsten Bereichen, auch mit bereits freigegebenen Hanfprodukten, fördern und durchführen. Der Verein ... bezweckt durch eine internationale Vernetzung der Hanfverbände/Vereine, sachliche und seriöse Informationen über Cannabis zu verbreiten und sich für die Legalisierung von Cannabis für erwachsene Menschen (Anbau, kontrollierter Handel, Konsum) aktiv einzusetzen.“ Mit dem Ziel, die Freiheit von mündigen Bürgern auch im Umgang mit Cannabis als Konsummittel bzw. Genuss- und vor allem aber als Heilmittel ohne Pharmaindustrie zu erreichen. Des Weiteren arbeitet der Verein „CSCWr. Neustadt“ an Ausnahmegenehmigungen in europäischer Zusammenarbeit mit Ärzten und drogenpolitischen Institutionen, um eine Einführung von „Cannabis Social Clubs“, bevorzugt für Cannabispatienten, und in weiterer Hinsicht für Genusskonsumenten, voranzuführen. Lokalpolitiker scheinen auf die Vorteile von Cannabis als Medizin aufmerksam zu werden und haben den CSC Wr. Neustadt aufgefordert, ein Modell vorzulegen, wie die Produktion von Cannabis zu Forschungszwecken aussehen könnte. Neben diesen beiden Clubs wurde auch der CSC Wien von den Behörden genehmigt. Dies steht bei den CSC Mattersburg, Tirol, Eisenstadt und Graz noch aus. Fest steht aber, dass sich in Österreich immer mehr Aktivisten und Cannabispatienten formieren, um der Prohibition ein baldiges Ende zu bereiten.
TERRA-AKTIONSPACKUNG BASIC NUTRIENT Kompletter Mineraldünger für die Wachstums- und Blühphase Zusammen garantieren Terra Grow und Terra Bloom den höchsten Ertrag! Mit Terra Grow und Terra Bloom profitierst Du von einem stabilen, selbstregulierenden pH-Wert und kannst den EC-Wert der Nährlösung bestimmen. Die Wurzeln nehmen die optimale Nährstoffmenge auf, wodurch die Pflanze schnell wächst. Zudem kannst Du mit Terra Grow und Terra Bloom schnell auf den Nährstoffbedarf der Pflanze reagieren. Das Ergebnis zeigt sich bereits nach einem Tag, da diese Dünger von den Wurzeln sofort aufgenommen werden können. Hast Du noch nie Plagron Terra Grow und Terra Bloom in Kombination mit Plagron Lightmix benutzt? Dann hast Du noch nie den optimalen Ertrag erzielt! Plagron Lightmix, Terra Grow und Terra Bloom sind genau aufeinander abgestimmt, um einen hohen Ertrag und beste Qualität zu erzielen. Plagron bietet das beste Preis-Leistungs-Verhältnis und ist super einfach im Gebrauch. Befolge die Instruktionen auf dem Zuchtschema und Du wirst über das Ergebnis staunen! Die Vorteile von Terra Grow und Terra Bloom: – garantiert einen optimalen Fruchtansatz – wird sofort aufgenommen – geeignet für alle Bewässerungssysteme
Hast Du noch Fragen? servicedesk@plagron.com Mehr Infos über Terra Grow, Terra Bloom und sonstige Produkte findest Du auf www.plagron.com
17
MEDI+GREEN
2014
18
CANNA+GLOBE In Österreich gründen sich immer mehr Cannabis Social Clubs mit dem Ziel, die Bevölkerung über Cannabis aufzuklären – denn mehr lässt das österreichische Recht im Augenblick nicht zu. Dabei steht eigentlich auch die medizinische Versorgung von Patienten mit Hanfblüten in den Statuten der als Verein gegründeten CSCs – und häufig auch eine vollständige Legalisierung der uralten Nutzpflanze. Wir sprachen mit Geri Wagner – Vorsitzender des Cannabis Social Club Wiener Neustadt. Medijuana: Wann und wie wurde der CSC Wiener Neustadt gegründet? Geri Wagner: Im Prinzip hat alles im März diesen Jahres begonnen, als ich einen Fernsehbeitrag über den Cannabis Social Club in Salzburg gesehen habe. Ich hatte diesen Beitrag nur kurz auf meinem Handy gesehen und bin dann nach Hause gekommen, zu meiner Frau, und habe gesagt: „Schatz, so etwas machen wir jetzt auch!“ Als DiplomKrankenpfleger und erklärter Pharma-Gegner lehne ich die meisten Medikamente in Tablettenform ab und versuche lieber, natürliche Alternativen zu finden. Schließlich sehe ich tagtäglich bei meiner Arbeit im Krankenhaus, wie die Patienten mit Pharmazeutika vollgepumpt werden – also habe ich damit begonnen, jede Menge Infos über Cannabis als Medizin zu sammeln, ein Team zusammenzustellen und mich mit den anderen CSCs in Österreich in Verbindung zu setzen, die gerade im Aufbau waren. Anfang Juli haben wir dann im Laufe einer Woche unseren eigenen CSC ganz offiziell als Verein gegründet – von nun an treffen wir uns einmal im Monat und besprechen die nächsten Aktionen oder bilden uns selbst erstmal weiter – zum Beispiel 20
Hanf mit Herz und Hirn Neue Cannabis Social Clubs in Österreich über die Funktionsweise des Endocannabinoid-Systems oder diverse andere Themen. Auf diesen Treffen geht es aber auch um soziale Kontakte und gegenseitigen Austausch – wir haben zu fünft begonnen und die Anzahl der Leute, die unseren CSC voranbringen wollen, wächst stetig. MED: Sind Cannabisblüten für dich eigentlich die einzige natürliche Alternative zu Pharmazeutika oder würdest du auch Präparate wie Sativex oder Dronabinol empfehlen? GW: Bei der derzeitigen Gesetzeslage und der Möglichkeit einer Kostenübernahme durch die Krankenkassen finde ich solche Präparate zurzeit gar nicht so schlecht – schließlich gibt es in Österreich bisher noch nicht so wie in Deutschland die Möglichkeit, natürliche Cannabisblüten aus der Apotheke zu beziehen. Da sind dann solche Präparate die einzige Möglichkeit, etwas CannabisÄhnliches verschrieben zu bekommen. Aber das ist für mich nicht die Zukunft, denn da sehe ich ganz klar die natürliche Pflanze im Vordergrund, da sie viel kostengünstiger herzustellen ist und ein viel breiteres Wirkspektrum aufweist. Deshalb haben wir ja unseren
CSC gegründet: Um all den Patienten helfen zu können, die sich solche teuren Präparate einfach nicht leisten können – und um der Pharmaindustrie endlich mal Paroli bieten zu können. MED: Euer CSC ist ja als Verein gegründet worden, der über Cannabis als Medizin aufklären will – wie macht ihr das konkret? GW: Wir wollen den Menschen ja nicht nur Informationen über Cannabis als Medizin näherbringen, sondern auch über Cannabis als vielseitigem Rohstoff informieren – konkret bedeutet das, dass wir auf allen möglichen Messen dabei sind, Flyer produzieren und verteilen oder auch selbst Veranstaltungen organisieren. So fahren wir auch schon mal in dieses oder jenes Hanf-Tal und schauen uns dort an, wie da zumindest schon der Hanf als THC-armer Rohstoff wächst. Natürlich findet man hier keine Menschen, die noch nichts über Hanf wissen – dabei geht es ja darum, genau die zu erreichen. Deshalb sind wir auch sehr aktiv im Internet – zum Beispiel auf Facebook oder Twitter. Und natürlich nehmen wir auch jede Möglichkeit wahr, unsere Botschaft durch die Medien zu transportieren. In unseren Statuten steht
ebenfalls, dass wir uns auch mit dem Anbau, der Aufzucht und der Weiterverarbeitung von Medizinalhanf beschäftigen werden, sobald das legal möglich sein wird. Aber damit das möglich wird, müssen wir erstmal noch fleißig Aufklärungsarbeit leisten. Schließlich sind wir kein Kifferverein – was immer noch viele denken – wir setzen uns zwar auch für eine Legalisierung ein, an erster Stelle steht bei uns jedoch die medizinische Versorgung der Patienten. Nach dem Motto: Hanf mit Herz und Hirn. MED: Gibt es denn in Österreich zumindest die theoretische Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung für den Anbau von Medizinalhanf? GW: Leider ist das gerichtliche Erstreiten einer Anbaugenehmigung in Österreich eher schwierig – hier muss man einen beschwerlichen Weg über die Ministerien gehen, Gerichte können hier so etwas gar nicht entscheiden. Was aber möglich sein könnte, wäre eine Anbaugenehmigung im Rahmen einer Studie, die sich zum Beispiel mit den Wirkungen von natürlichem Hanf im Vergleich zu beispielsweise Dronabinol beschäftigt. Es ist ein offenes Geheimnis, dass fast jeder, der in Österreich Dronabinol verschrieben bekommt, auch irgendwo ein paar Hanfpflanzen anbaut – das ist auch genau der Grund, warum sich derzeit noch nicht so
viele Patienten in die Öffentlichkeit wagen. Es wird wohl noch eine ganze Weile dauern, bis wir tatsächlich Cannabis für medizinische Zwecke anbauen und verteilen können – aber wir bemerken schon heute, dass wir immer mehr Zustimmung erhalten, wenn wir über Hanf als Medizin aufklären. MED: In Graz hat sich auch schon ein CSC gegründet – steht ihr mit diesem und vielleicht auch mit anderen österreichischen CSCs in Verbindung? GW: Ja, neben Salzburg und Graz gibt es auch schon CSCs in Wien, Linz, Kärnten und Tirol. Wir arbeiten alle zusammen und planen jetzt auch ein CSC-Aktivistentreffen – das alles unter dem Dachverband Legal Europe. Insofern nehmen wir auch an internationalen Aktionen wie den GMMs teil. Außerdem haben wir nun über Legalize!Europe auch damit begonnen, verschiedene Fachabteilungen zu bilden – für die Pressebetreuung, Internetaktivitäten, die Gestaltung von Flyern und anderen Infomaterialien usw. Diese Fachabteilungen stehen dann jedem CSC zur Verfügung, sodass nicht jeder Club die gleiche Arbeit doppelt oder dreifach leistet. MED: Arbeitest du und andere CSCAktivisten eigentlich alle ehrenamtlich? GW: Bei uns arbeiten alle ehrenamtlich und entstehende Kosten begleichen wir bisher noch komplett aus unserer eigenen Ta-
sche – wenn unsere Statuten noch einmal überarbeitet worden sind, werden wir auch die ersten Mitgliederanträge herausgeben können, woraufhin dann auch erste Mitgliedsbeiträge reinkommen, mit denen man dann arbeiten kann. MED: Wie hoch ist denn so ein Mitgliedsbeitrag in eurem CSC? GW: Der beträgt 50 Euro jährlich – wobei ein Teil davon an den Dachverband geht, der ja auch schon im Vorfeld Flyer und einiges andere für uns gemacht hat. MED: Glaubst du, dass sich auch in Österreich bald etwas ändern wird und ihr dann nicht nur über Cannabis aufklären könnt? GW: Da sich in Österreich in Sachen Legalisierung im Augenblick sehr viel tut und selbst die sozialistische Jugend und Teile der SPÖ darauf setzen, bin ich schon recht optimistisch, dass es nicht mehr allzu lange dauert. Im nächsten Jahr sind Wahlen, und dann werden wir ja sehen, ob manche der im Wahlkampf gemachten Versprechen tatsächlich umgesetzt werden. Wir bereiten uns aber schon mal darauf vor, ab dem nächsten Jahr die Medizinalhanfversorgung vieler Patienten übernehmen zu können.
text: Markus Berger
21
+GLOBE+GLOBE CANNACANNA
Hanf und Führerschein Ein Joint im Grünen und der Führerschein ist weg? erbert B. wird von einem Zivilpolizisten mit zwei Gramm Cannabis auf einem Festival in NÖ erwischt. Der Polizist ist sehr freundlich zu Herbert B. Er meint, Cannabis sei doch keine wirkliche Droge. Ginge es nach ihm persönlich, würde er gar keine Anzeige erstatten. Herbert B. fühlt sich verstanden. Endlich mal ein Polizist, mit dem man offen reden kann. Im Wachzimmer kommt es dann zu einer „niederschriftlichen Einvernahme als Beschuldigter“. Der Polizist meint freundschaftlich und lächelnd: „Kiffen ist ja schon fast Alltag heutzutage. Wir können ja offen reden. Und? Wie oft entspannst du dich mit einem Joint?“ Herbert B. kann es kaum glauben. So nett hätte er sich den Kontakt mit der Polizei niemals vorgestellt. Ein lockeres Gespräch, mehr nicht. Er hat daher kein Problem, die Frage zu beantworten. „So ca. zwei bis drei Joints am Wochenende. Unter der Woche rauch´ ich nichts, sonst komme ich nicht auf in der Früh.“
H
Ein Monat später … Herbert B. hat den Vorfall mit der Polizei schon fast vergessen. Umso verwunderter ist er, als er eine Ladung von der Führerscheinbehörde erhält mit folgendem Text: 22
„Sie werden aufgefordert, sich binnen zwei Wochen zur Überprüfung Ihrer Fahrtauglichkeit amtsärztlich untersuchen zu lassen. Bei Nichterscheinen verlieren Sie Ihre Lenkberechtigung.“ Herbert B. ist ratlos. Er ist nie betrunken oder unter Drogeneinfluss Auto gefahren, was will die Führerscheinbehörde? Zwei Tage später geht er zum Amtsarzt. Der Amtsarzt wirkt sehr streng. Er meint: „Wenn Sie jedes Wochenende kiffen, dann sind Sie süchtig. Ich schick Sie zum Psychiater und zum Verkehrspsychologen. Die sollen Sie anschauen und ein Gutachten
machen. Zudem bringen Sie mir alle zwei Monate – unaufgefordert – einen Urintest. Herbert B. ist fassungslos. Allein die Gutachten kosten nahezu 1.000 Euro. Das psychiatrische Gutachten fällt immerhin gut aus; nicht aber jenes vom Verkehrspsychologen. Herbert B. ist angeblich stark suchtgefährdet und eine Befristung der Fahrerlaubnis wird dringend empfohlen. Herbert B. bringt die Gutachten zum Amtsarzt. Der Amtsarzt prüft sie kurz und schickt Herbert B. mit den Worten „Sie hören von uns“ nach Hause.
Zwei Wochen später kommt der Bescheid „Ihre Fahrerlaubnis wird vorläufig befristet für die Dauer von einem Jahr erteilt. Dies ist auch in der Führerscheinurkunde einzutragen, ebenso auch der Code 104 (gesundheitsbezogene Maßnahmen). Nach Ablauf eines Jahres ist eine weitere amtsärztliche Untersuchung vorzunehmen. Zum Nachweis der Drogenabstinenz ist die Vorlage von Urintests – alle zwei Monate – erforderlich.“ Herbert B. kann nicht glauben, dass ein Joint auf einem Festival solch weitreichende Folgen nach sich zieht.
Wichtige rechtliche Hinweise zu diesem Fall 1.) Als Beschuldigter keine Angaben zum Konsumverhalten machen. Der „freundliche“ Polizist hat die Angabe „zwei bis drei Joints am Wochenende“ umgehend der Führerscheinbehörde gemeldet. Als Beschuldigter hat man das Recht, die Aussage zu verweigern. Ebenso darf man sich zu den Vorwürfen äußern. Auch hat man das Recht, mit einem Verteidiger Kontakt aufzunehmen. Der Verein „TakeYourRights“ (siehe Vorstellung) bietet zu diesem Zweck Notfallkarten im Scheckkartenformat an, damit die Mitglieder sofort und jederzeit telefonisch Kontakt zu versierten Strafverteidigern aufnehmen können. 2.) Die Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung rechtlich bekämpfen! Die Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, erfolgt meist durch eine Ladung oder durch einen Bescheid. TakeYourRights berät gerne über die rechtlich geeignete Vorgehensweise. Achtung: Häufig sind Fristen von zwei Wochen zu wahren! 3.) Die meisten Aufforderungen zur amtsärztlichen Untersuchung sind rechtswidrig. Gelegentlicher Konsum von Drogen (nicht häufiger als alle zwei Wochen) darf nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) nicht zu einer führerscheinrechtlichen Untersuchung führen. 4.) Haaranalysen sind unzulässig. Seit zwei Jahren verlangen manche Amtsärzte Haaranalysen. Dafür gibt es keine gesetzliche Grundlage. Haaranalysen enthalten viele sensible Daten und sind daher abzulehnen. Das Strafverfahren wird bei reinen Konsumenten ohnehin gemäß § 35 Abs. 1 SMG auf eine Probezeit von maximal zwei Jahren eingestellt. Demnach gelangt diese Sache sowieso nie vor Gericht. Die eigentlichen Probleme kann ein Cannabiskonsument so nur im Zusammenhang mit seiner Lenkberechtigung bei der Führerscheinbehörde bekommen (Bezirkshauptmannschaft oder Verkehrsamt).
Die Führerscheinbehörden erfahren meist über die polizeiliche Niederschrift vom Drogenkonsum der Betroffenen. Sie sind sehr aktiv – vorgeladen wird fast jeder. Oft reicht schon der Besitz eines Joints, und die Betroffenen geraten sogleich in die Behördenmaschinerie. Gerade die Gutachten durch die Verkehrspsychologen empfehlen nahezu ausschließlich die Befristung der Lenkberechtigung. Auch die Behörden müssen sich an die Gesetze halten. Die Betroffenen sollten ihre Rechte kennen, damit diese überhaupt erst in der Lage sind, sich gegen rechtswidrige Vor-
gehensweisen der Behörden zu wehren. So darf nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtes ein gelegentlicher Konsum eines Joints für sich alleine betrachtet nicht zur Untersuchung durch Amtsärzte, Psychiater und Psychologen führen. TakeYourRights unterstützt die Mitglieder gegen Behördenwillkür und ist vernetzt mit kompetenten Psychiatern, sollte ein Gutachten unvermeidlich sein.
text: Verein „TakeYourRights“
Der Verein TakeYourRights Liebe Leser/innen, viele kennen den Verein TakeYourRights bereits; für alle, die uns kennenlernen wollen, hier eine kurze Vorstellung: TakeYourRights bietet kostenlose telefonische Rechtsberatung durch ehrenamtlich tätige Anwälte, die auf Drogen- und Führerscheinrecht spezialisiert sind, an. Voraussetzung dafür ist die (kostenpflichtige) Vereinsmitgliedschaft, um zumindest einen Kostenbeitrag zu den Ausgaben des Vereins zu leisten. Da sich viele unserer Mitglieder keine üblichen Anwaltstarife leisten können, haben wir, Dr. Martin Feigl und Mag. Gottfried Hudl, vor fünf Jahren den Verein TakeYourRights gegründet. Durch die große Anzahl an Vereinsmitgliedern ist ermöglicht und sichergestellt, dass alle unsere Mitglieder kostenlos und vor allem rasch von unseren praxiserfahrenen Rechtsexperten beraten werden. TakeYourRights versteht sich als Solidargemeinschaft. Durch unsere Gemeinschaft ist rechtlicher Beistand in belastenden und krisenhaften Lebenssituationen für jede/n sichergestellt und auch erschwinglich. TakeYourRights leistet jährlich über 1.000 Rechtsberatungen. Daher kennen wir die rechtlichen Problemstellungen bestens aus der Praxis. Wir versenden regelmäßig Newsletter zu Themen wie „Homegrow und Recht“, „Wie behalte ich meinen Führerschein?“, „Richtiges Verhalten auf Festivals“, „Muss ich pinkeln gehen?“ etc. an unsere Mitglieder. TakeYourRights bekommt viel Feedback von seinen Mitgliedern aus ganz Österreich, sodass der Verein einen sehr guten Überblick über die Behörden- und Gerichtspraxis erhält. Der Vereinsname TakeYourRights bringt es auf den Punkt: Nur wer seine Rechte kennt, ist in der Lage, sich und seine Freunde/Familie vor rechtswidrigen Übergriffen der Exekutive sowie vor ungerechtfertigten Behörden- und/ oder Gerichtsverfahren zu schützen. Nur ein informierter Bürger ist ein mündiger Bürger! Kämpfe für Deine Rechte – mit Hilfe von TakeYourRights kannst Du Dich im Falle des Falles über Deine Rechte rasch und kompetent informieren, ohne gleich ein Anwaltshonorar von mehreren hundert Euro auszulegen. TakeYourRights verzichtet seit den Anfangstagen auf öffentliche Fördermittel. Diese Freiheit und Unabhängigkeit des Vereins TakeYourRights hat den Preis, dass wir uns ausschließlich durch Mitgliedsbeiträge und Spenden finanzieren. Durch die Mitgliedschaft bei TakeYourRights werden hochqualifizierte Rechtsberatungen geboten, die den Wert eines Jahresbeitrages um ein Vielfaches übersteigen. TakeYourRights kämpft für Deine Rechte! Wenn Du TakeYourRights unterstützen willst: http://takeyourrights.at/mitgliedwerden.html Herzliche Grüße, Dein TakeYourRights-Team
23
CANNA+GLOBE
„Mit Rauschzuständen umgehen“ Der Nachtschatten Verlag feierte seinen 30. Geburtstag rei Jahrzehnte Drogenforschung, drei Dezennien rauschkundlicher Kompetenz. Der Schweizer Nachtschatten Verlag feierte kürzlich genau das: den 30. Jahrestag des Verlagshauses, welches in der Landschaft der psychonautischen Kultur längst eine feste Größe darstellt. Und sie waren alle da: die LSD-Forscherlegenden Stanislav Grof, Ralph Metzner und Peter Gasser. Die Ethnobotaniker und Drogenforscher Christian Rätsch, Wolf-Dieter Storl, Claudia Müller-Ebeling und Arno Adelaars. Die alten Hasen der Bewegung Hans Cousto und Thomas Kessler (von denen Letzterer 1984 das allererste Buch im Nachtschatten Verlag herausgebracht hat), der kolumbianische Ayahuasca-Schamane Kajuyali Tsamani, der Journalist und Schriftsteller Mathias Bröckers, der Fliegenpilz-Experte Wolfgang Bauer, die Künstler Luke Brown, Steve Stoned und Fred Weidmann und viele andere mehr. Insgesamt mehr als 50 Autoren, Referenten, Künstler und Freunde des Nachtschatten Verlags kamen vom 4. bis zum 7. September im Städtchen Solothurn zusammen, um miteinander den 30. Geburtstag des Fachverlags für Drogenaufklärung zu feiern. „Unser Symposium bringt die Nachtschatten-Familie zusammen“, sagte Verlagsgründer und Nachtschatten-Chef Roger Liggenstorfer, der sich freute, das gewichtige Ereignis gemeinsam mit so vielen Freunden, Mitstreitern und Kollegen begehen zu dürfen. Am Donnerstag trafen sich dann all jene Angehörige der Nachtschatten-Family zu einer gemeinsamen Bootsfahrt mit anschließendem Essen und Harfen-Konzert im Örtchen Büren an der Aare. Am Freitag lockte ein Tag voller Vorträge und Podien Hunderte von Besuchern nach Solothurn. Der Samstag bot den zahlreichen Besuchern zehn Workshops und diverse Referate sowie die Party Psychonautica Helvetica ab Mitternacht. Etwa 500 Besucher/innen waren gekommen, um bei der Gesamtveranstaltung oder an einem der Einzelanlässe dabei zu sein. Die Themen des Symposiums: holotropes Atmen, alchemistische Divination, LSD, Zauberpilze, psychoaktive Kakteen, Ayahuasca-Kultur, DMT-Pflanzen, Drogenmischkonsum, Nachtschattengewächse, psychedelische Kunst und viele andere mehr. Was vor 30 Jahren schließlich zur Gründung des Nachtschatten Verlags führte, waren Probleme mit der Staatsanwaltschaft und der Justiz, und zwar, weil Roger Liggenstorfer als Marktfahrer Literatur zum Hanfanbau
D
24
Roger Liggenstorfer und Albert Hofmann
und zur akzeptanzorientierten Drogenkunde verkaufte. Was folgte, war nicht nur eine Verurteilung Liggenstorfers zu drei Wochen Knast auf Bewährung (wegen Aufforderung zum Drogenkonsum), sondern darüber hinaus eine offizielle Bücherverbrennung der besagten Werke. Die Ironie der ganzen Story: Während Roger Liggenstorfers Bücher im Angesicht gesellschaftlich-juristischer Panikmache vernichtet wurden, durfte jede „normale Buchhandlung“ die fraglichen Titel nach wie vor bestellen, anbieten und verkaufen. Aber es war die letzte Verbrennung von unkonventionellen Buchwerken in der Schweiz, und zumindest Roger Liggenstorfer wurde seitdem – insbesondere motiviert durch diese zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit
– nicht müde, mit den Büchern und anderen Medien des Nachtschatten Verlags für eine Verbesserung der Situation innerhalb der Drogenpolitik einzutreten. Jetzt sollte es erst richtig losgehen – das war vor ziemlich genau 30 Jahren. „Angefangen hatte alles auf der Frankfurter Buchmesse, wo ich Roger kennenlernte“, sagte Autor und Forscher Hans Cousto zur Eröffnung der mehrtägigen Veranstaltung. Er ist Roger Liggenstorfer seit Jahrzehnten freundschaftlich verbunden und hat im Lauf der Jahre einige Bände im Verlag herausgebracht. „Damals gab es den Verlag noch gar nicht“, erklärte Cousto weiter. „Weil es aber schon vor mehr als 30 Jahren den dringenden Bedarf gab, Menschen, die Drogen konsumieren, aufzuklären, war der NachtMarkus Berger, einer unserer ständigen Autoren, moderiert.
Wolf-Dieter Storl
Konsum anderer sozusagen vorschreibe. Dem hält der Nachtschatten Verlag vernünftige Inhalte entgegen. Aufklärung statt Verbotspolitik ist die Maxime des kleinen, aber gewichtigen Verlagshauses – übrigens des bislang weltweit einzigen Fachverlags, der sich ausschließlich um die Themen Drogen, Rausch und Bewusstsein verdient macht. Bleibt zu hoffen, dass der renitente, aber längst ebenso seriöse Nachtschatten Verlag auch in Zukunft seinem Motto treu bleibt und auch weiterhin die Aufgabe übernimmt, die Menschen mit wahrheitsgetreuen Informationen zum psychonautischen Lebensstil zu versorgen. „Es wird auf jeden Fall weitergehen – es muss weitergehen“, sagt Roger Liggenstorfer. „Und zwar so lange, bis unsere Gesellschaft fähig ist, mit Rauschzuständen umzugehen, ohne dass man kriminalisiert
Die Referent/innen des Symposiums
schatten Verlag von Anfang an eine ganz besonders wichtige Institution.“ Heute ist der Nachtschatten Verlag erwachsen geworden, das Symposium war der beste Beweis dafür. Und auch das Publikum des Verlagshauses ist mittlerweile reifer als noch vor wenigen Jahren. Überhaupt sei der Drogenkonsument von heute deutlich mündiger als noch vor drei Jahrzehnten, „und das ist eines der Verdienste des Nachtschatten Verlags“, sagte Hans Cousto. Denn die Vermittlung von Bildungsinhalten zur Verbesserung der eigenen Lebenssituation und letztlich zur Verbreitung von Kompetenz im Umgang mit psychoaktiven Substanzen sei das Wichtigste im Dschungel der verqueren Drogenpolitik. Diese verbiete auf rein willkürlicher Basis bzw. wirtschaftlich begründet die einen Substanzen, während sie den
wird.“ Und: „Es ist wichtig, dass man lernt, mit Drogen umzugehen, weil sie zur Realität unserer Welt einfach dazugehören. Wer glaubt, dass in dieser Hinsicht Ignoranz der Weg zum Erfolg sei, der irrt sich gehörig.“ Nun sind das alles nicht nur schnöde Worte, die schön klingen. Vielmehr hat Roger Liggenstorfer sich das Gesagte seit Jahr und Tag auf die Fahnen geschrieben – und macht uns allen täglich aufs Neue vor, dass eine alternative Sichtweise nicht nur in der Theorie, sondern auch praktisch lebbar ist. Auf die nächsten 30 Jahre. Und auf die Vernunft. Prosit, lieber Roger Liggenstorfer! Prosit, Nachtschatten Verlag!
text: Markus Berger
25
MEDI+GREEN
Legal vs. illegal Medizinische Cannabis-Wirkungsstudien Allein im August 2014 entstanden zwei Studien über die Auswirkungen der Zulassung von therapeutischem Marihuana. Sie liefern die nötigen Argumente, um diesen Ansatz weltweit zu verfolgen. Kein Wunder, dass die Bewegung auf der politischen Ebene zunimmt und weitere Staaten diese Form der Regulierung aufgreifen.
ach vorsichtigen Schätzungen sind fünf bis zehn Prozent der Erwachsenen in der westlichen Welt alkoholabhängig. Außerdem ist bekannt, dass Gewalt innerhalb der Familie meist im Zusammenhang mit Alkohol steht. Das kommt so häufig vor, dass jeder Mensch über seine Familie, Freunde oder Bekannte damit konfrontiert ist. Daher ist die kürzlich im Fachblatt Psychology of Addictive Behaviors erschienene Studie interessant, die jeweils die letzten neun Jahre im Leben von insgesamt 600 Ehepaaren untersucht hat und zu dem Schluss kommt, dass in Familien, in denen Marihuana konsumiert wird, häusliche Gewalt viel seltener ist als bei den anderen. Die Autoren der Studie weisen darauf hin, dass es in der Untersuchung nicht darum ging, ob der Cannabiskonsum an einem ganz bestimmten Tag die Wahrscheinlichkeit einer gewaltsamen Handlung verringert, sondern um eine langfristige Betrachtung über den Zusammenhang zwischen Grasrauchen und der Entstehung von Gewalt. Die Forscher untermauern die Kifferweisheit, dass man nach einem Joint keinen Streit sucht, sondern Geselligkeit – Menschen, mit denen man seine gute Stimmung und seinen Seelenfrieden teilen kann. Einer der Autoren formuliert es folgendermaßen: „Möglicherweise stimmen beispiels-
N
26
weise Paare, die gemeinsam Marihuana konsumieren – wie es auch bei Trinkkumpanen der Fall ist –, in ihren Werten überein, verfügen über gemeinsame soziale Kontakte, und diese Ähnlichkeit ist die Erklärung für die geringere Wahr-
scheinlichkeit für den Ausbruch von Konflikten.“ Außerdem lässt sich die Wirkung von Cannabis nicht mit der von Alkohol und rezeptpflichtigen Beruhigungs- und Schmerzmitteln mit ihren schädlichen Folgen vergleichen. Das zeigt sich daran, dass in den Staaten der USA, in denen die Verwendung von Cannabis für medizinische Zwecke gestattet ist, die durch Überdosierung stark opiumhaltiger Beruhigungstabletten verursachten Todesfälle um ein Viertel zurückgingen. In einigen Staaten gingen sie um 33% zurück! Zur Wertung des Ergebnisses muss man wissen, dass in den letzten Jahrzehnten die meisten Todesfälle in den Vereinigten Staaten im Zusammenhang mit dem Konsum irgendwelcher Mittel – Alkohol und Tabak nicht inbegriffen – im Zusammenhang mit der Einnahme von rezeptpflichtigen Medikamenten stehen. Die Studie erwähnt auch, dass es sich bei 60% der Todesfälle um Überdosierung von Tabletten handelte, die von einem Arzt verschrieben wurden. Und da sprechen wir noch immer von „Nebenwirkungen“ bei der Zulassung von medizinischem Marihuana und lassen außer Acht, dass diese vielseitige Pflanze vielen Patienten das Leben ermöglichen und darüber hinaus der Ökonomie des Landes guttun würde! Nicht verwunderlich, dass immer mehr Länder mit dem Gedanken spielen, medizinisches Cannabis zuzulassen. Der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos hat dabei ein zweifaches Ziel im Auge: die Verbesserung der Lebensqualität von Patienten im Endstadium ihrer Krankheit und die Einschränkung der Macht der Drogenmafia beziehungsweise der mit ihren Aktivitäten verbundenen Gewalt. Ähnliche Argumente führte Norman Baker, Staatssekretär im britischen Innenministerium an, nach dessen Meinung es an der Zeit sei, die Hexenjagd auf Marihuanakonsumenten zu beenden, den Patienten eine Therapie mit Cannabis zu ermöglichen und sie nicht mehr zur Beschaffung auf den Schwarzmarkt zu treiben. Zu ihnen gesellt sich der Vertreter der australischen Arbeiterpartei im Staat Victoria Daniel Andrews, der auch Kindern eine Cannabistherapie sichern möchte. Er meint, dass Eltern oft nur zwischen einer Rechtsverletzung und dem Anblick ihrer leidenden Kinder die Wahl hätten und es deshalb nötig sei, die Gesetze zu ändern und legale Therapien auf Cannabisbasis zu ermöglichen. Diese Liste könnte man noch lange fortsetzen. Die Zeichen weisen weltweit darauf hin, dass die Zeit der sturen Politiker zu Ende geht und die Wiederkehr der Verwendung von Cannabis zu Heilzwecken nicht aufzuhalten ist …
27
MEDIZIN
Die Auswahl des richtigen Vaporizers In den letzten Berichten, die wir für Euch zusammen mit Vapstore.de ausgearbeitet haben, informierten wir Euch über die Vorteile des Vaporisierens und brachten Euch die einzelnen Gerätetypen und deren Bauweisen näher. m dritten und letzten Artikel möchten wir allen, die wir für diese moderne Art der Aroma- und Wirkstoffaufnahme begeistern konnten, die Auswahl des richtigen Vaporizers etwas erleichtern und ein paar grundsätzliche Fragen beantworten:
I
Welche Bauweise passt am besten zu Dir? Grundsätzlich solltest Du die Entscheidung treffen, ob Du ein Gerät suchst, welches Dir zu Hause ein paar gemütliche und intensive Stunden bereiten soll, oder ob Du einen „Kumpel“ suchst, der Dich immer und überallhin begleitet und Dir sowohl in der City als auch beim Spaziergang im Wald „on demand“ köstlichen Dampf liefert. Wie bereits im letzten Bericht beschrieben, produzieren „Tischvaporizer“ in der Regel wirkstoffhaltigeren Dampf als tragbare Geräte (was nicht heißen soll, dass mobile Vaporizer nur ein „befriedigendes bis aus28
reichendes“ Ergebnis liefern). Sie sind allerdings aufgrund ihrer Bauweise schwer zu transportieren und brauchen fast immer eine Steckdose. Du musst Dich also fragen: Möchte ich meinen Vaporizer nur zu Hause benutzen oder ist es mir wichtiger, ihn auch unterwegs einsetzen zu können?
Wie viel Geld möchtest oder kannst Du investieren? Wenn Du Dich im Vaporizer Shop von Vapstore umsiehst, wirst Du kaum Tischgeräte unteren Preissegment finden – dies hat einen Grund. Das Team von Vapstore vertritt die Meinung, dass gerade bei Tischgeräten, die nicht selten über mehrere Stunden eingeschaltet bleiben und über Jahre hinweg benutzt werden, die Qualität der einzelnen Bauteile – wie etwa die des Heizelements und der Füllkammer – von enormer Bedeutung sind. Hochwertige Bauteile werden bei
So werden die tragbaren Vaporizer von IOLITE und der Hammer Vaporizer mit handelsüblichem Feuerzeuggas betrieben. Dies kann von Vorteil sein, wenn Du mehrere Tage „outdoor“ bist und keine Möglichkeit hast, Deinen „Kumpel“ mit Strom nachzuladen.
„Billigprodukten“ in der Regel nicht verbaut, was besonders bei der Dampfentwicklung, beim Inhalationserlebnis allgemein und bei der Zuverlässigkeit deutlich zu spüren ist. Günstige tragbare Modelle bringen meist erhebliche Defizite in der Akkulaufzeit und der Batterielebensdauer mit sich, zudem verbrennen sie den Inhalt eher, als ihn zu verdampfen (warum wolltest Du noch gleich vaporisieren?). Lange Rede, kurzer Sinn: Für einen qualitativ hochwertigen Tischvaporizer solltest Du ein Budget ab etwa 150 Euro einplanen, für ein zuverlässiges tragbares Gerät um die 100 Euro. Auch wenn es sich etwas verrückt anhört – in dieser Branche gilt: Je höher der Preis, desto mehr Möglichkeiten bietet das Gerät, desto besser sind die Ergebnisse …
Abschließend die Frage der Garantie und des Service im Fall der Fälle Durch die steigende Nachfrage und die ständigen Neuerungen auf dem VaporizerMarkt steigt selbstverständlich auch die Anzahl der Anbieter im World Wide Web. Viele von ihnen versenden ihre Ware „overseas“, also direkt aus den Staaten oder aus Ländern außerhalb von Deutsch-
land und Österreich. Günstigere Preise entstehen oftmals durch den Wegfall der Mehrwertsteuer, die bei der Einfuhr aber dennoch fällig wird. Im Problemfall sind die Wege des Hinund Rückversands recht lang und oftmals übersteigen deren Kosten den Betrag, den Du beim Kauf eigentlich gespart hättest. Wir empfehlen Dir deshalb, Deinen Vaporizer beim lokalen Headshop zu kaufen (yes, support your local dealer!) oder bei einem renommierten Online-Fachhändler, wie beispielsweise dem Vaporizer Shop von Vapstore.de.
Gas oder Strom? Ein kleines, aber vielleicht wichtiges Kriterium, das Dir bei der Entscheidungsfindung helfen könnte, ist die Energiequelle, mit der Du Deinen zukünftigen Vaporizer betreiben möchtest. Dabei gilt: Fast alle Geräte laufen mit elektrischem Strom aus der Steckdose oder mit Akku, wie immer gibt es aber auch hier ein paar wenige Ausnahmen.
Copyright Storz & Bickel
29
facebook.com/MedijuanaMagazin
facebook.com/MedijuanaMagazin
CANNA+GLOBE Im ersten Teil unserer Reihe haben wir erörtert, wie man verhindern kann, dass sich Cannabiskonsum ungünstig auf die Kindererziehung auswirkt. Diesmal richten wir unser Augenmerk auf die amerikanischen Mütter und untersuchen, ob sich in den Staaten, die legalisiert haben, die Vorurteile gegen kiffende Mütter verringert haben. Außerdem zeigen wir am konkreten Beispiel, wie eine ganze Familie von der Therapie der Mutter mit medizinischem Cannabis profitieren kann. iskussionen über den Cannabiskonsum von Eltern sind vorwiegend in Colorado und Washington an der Tagesordnung, wo die neuen Gesetze es Eltern erlauben, zu Hause Cannabis zu konsumieren. Manche nehmen sich des Themas mit Humor an. Eine Episode der Comedyserie Jus‘ Sayin‘ Productions, die dieses Jahr an den Start ging, trägt beispielsweise folgenden ausgesprochen präventiven Titel: „5 untrügliche Zeichen, dass deine Eltern kiffen“. Ebenfalls keine Seltenheit: Zwischen zwei Bierreklamen lauschen Fernsehreporter mit erstaunten Gesichtern, wie Eltern über ihre keineswegs extremen Kiffgewohnheiten berichten. Die Antipathie gegen kiffende Mütter erscheint in einer Alkoholkultur unerklärlich. Sind Eltern verantwortungsloser, wenn sie mit ihrem Kind unter einem Dach Cannabis statt Alkohol konsumieren? Kennt man die Rolle, die Alkohol bei häuslicher Gewalt spielt, und das relativ niedrige Gewaltrisiko bei Cannabis, dann sollte man das Verhältnis zum maßvoll genannten Alkoholkonsum von Eltern bedenken, bevor man kiffende Eltern abstempelt.
D
36
Aimee Shuman und ihre Mutter Cheryl Shuman (Beverly Hills Cannabis Clubs)
Kiffende Eltern 2. Ich bin Mutter und rauche Gras Der werfe den ersten Stein auf mich … Ende September brachte ABC News einen interessanten Bericht über einige Mütter aus Denver, die zu ihrem Cannabiskonsum stehen. Nach einem Einblick in die gemeinschaftliche Entspannungsrunde der Mütter – natürlich ohne ihre Kinder – fragt die Reporterin mit ernstem Gesicht eine von ihnen, Jane West, wie man bekifft noch verantwortungsvoll auf Kinder aufpassen könne, beziehungsweise, was die Mutter empfinden würde, wenn ihr Sprössling eines Tages anfangen würde zu kiffen. Die Antworten von Frau West sind verblüffend einfach: Erstens konsumierten verantwortungsvolle Eltern oder Babysitter im Beisein ihrer Kinder we-
der Cannabis noch Alkohol, obwohl man bei Letzterem gern die Augen verschließe. Zweitens gebe es keinen wesentlichen Unterschied, ob ein Heranwachsender anfängt Alkohol zu trinken oder Gras zu rauchen. In Colorado ist beides legal, aber erst ab 21. Die normale Reaktion der Eltern darauf ist, mit den Kindern über die Risiken dieser Mittel und ihres Konsums zu sprechen und zu versuchen, sie bis zum Erreichen des Alters von 21 davon abzuhalten. Die Mutter aus Denver macht sich den wissenschaftlichen Standpunkt über die Gefahren des Cannabiskonsums in der Adoleszenz zu eigen und zündet deswegen nie vor ihren Kindern einen Joint an. Auf die Frage jedoch, ob sie sich nicht einmal leicht bekifft vor ihnen zeige, gibt sie resolut zurück, wie lächerlich die Frage auf
„das Cannabiserleben zu maximieren und mit Events, die unglaubliche Erfahrungen bieten und einer künstlerischen Choreografie folgen, den verfeinerten Geschmack, das Riechen und Hören zu stimulieren“. Unter anderem veranstalten sie all-inclusive Events in Privatgalerien, bei denen neben Kunstwerken himmlische Speisen und Getränke sowie Produktionen von Live-DJs geboten werden, die für höchste Bewusstseinszustände sorgen. Es wäre naiv zu glauben, dass die Grasliebhaber unter den Eltern wegen der Erziehungspflichten solche Ereignisse aus ihrem Leben verbannen müssten und für sie nur Ablenkung mit Alkohol infrage käme. Andererseits hatte man jenseits des Ozeans schon Zeit genug, sich mit der therapeutischen Nutzung von Cannabis anzufreunden, die gelegentlich auch Mütter in Anspruch nehmen. Ihre Familien berichten von gewaltigen Veränderungen – Mütter, die Cannabis konsumieren, erscheinen in einem ganz anderen Licht.
zurückbekommen“, fasste sie zusammen. Die Marihuana-Stereotypien kann man auf Cheryl kaum anwenden. Seit 1996 – seit den Anfängen der Bewegung für therapeutisches Marihuana – ist sie als Aktivistin und Patientin dabei. Sie gründete unter anderem Beverly Hills NORML, NORML Women’s Alliance und die National Cannabis Industry Association, um nur die wichtigsten Institutionen zu erwähnen, und wurde mehrfach als einflussreichste Frau der Cannabisreformbewegung bezeichnet. Aus dem Zusammenhang des Beverly Hills Club kann man auch die Geschichte von Simmi Dhillon herausstellen, die nach einem Autounfall gegen ihre Schmerzen bärenstarke Schmerzmittel bekam, die ihr neben den Schmerzen auch ihr klares Bewusstsein nahmen. Die Schmerzen kehren leider immer noch periodisch wieder, und wenn sie tage-
Ich habe meine Mutter zurückbekommen
ein Glas Bier bezogen wirken würde. Jane ist der Meinung, dass man den Graskonsum von Eltern ganz einfach offener behandeln müsse: Wenn es vollkommen in Ordnung ist zu sagen: „Mensch, war ich gestern besoffen“, warum dann nicht auch: „Gestern war ich aber bekifft“. West ist fest davon überzeugt, dass man sich für den Genuss von Cannabis nicht schämen muss. Sie gründete die Firma Edible Events, deren Mission es ist,
Die bekannteste dieser Mütter dürfte die Leiterin des Beverly Hills Cannabis Clubs, Cheryl Shuman sein, die nach eigenen Aussagen durch Cannabis nicht nur eine bessere Mutter, sondern auch ein besserer Mensch geworden sei. Cheryl wurde vor zehn Jahren geschieden und blieb mit ihren zwei Kindern allein, was sie so mitnahm, dass sie depressiv wurde. Die rezeptpflichtigen Arzneimittel konnten ihr nicht nur nicht den Seelenfrieden zurückgeben, sondern sperrten sie auch in das Gefängnis von Abhängigkeit und Isolation. Als sie ihrem Therapeuten eingestand, dass ihr das Steuer vollkommen entglitten sei, empfahl ihr der Arzt einen Versuch mit Cannabis. Das Experiment gelang, ihre Lebenslust kehrte zurück und sie fühlte sich viel ausgeglichener als mit den herkömmlichen Medikamenten. Das bestätigt auch ihre Tochter, die endlich keinen medikamentös sedierten Zombie mehr vor sich sah, sondern eine lächelnde Mutter, die wieder am Familienleben teilnahm. „Ich habe meine Mutter
January Thomas und ihre Tochter Zeena
37
Jane West (Edible Events)
lang im Bett liegt, erinnert sie ihr 10-jähriger Sohn: „Mama, es ist Zeit, dich zu kurieren“ – das heißt, es ist an der Zeit, etwas Cannabis zu sich zu nehmen, damit sie wieder zu ihnen zurückkehrt. Ihrer Meinung nach müssten auch Erwachsene die Heilwirkung des Cannabis verstehen können, wenn ein 10-jähriges Kind das kann. Wenn sich jemand immer noch nicht mit dem Bild der Marihuana-konsumierenden Mutter anfreunden kann, dann rufen wir die Wissenschaft zu Hilfe.
Der Standpunkt der Wissenschaft Therapeutischer Konsum ist nicht die einzige Anwendungsmöglichkeit, aber es scheint, dass man selbst in Colorado eher geneigt ist, ihn zu akzeptieren als das Kiffen als Teil der Entspannung. Sollte jemand daran zweifeln, dass Cannabis besser als jedes andere Arzneimittel die Schmerzen von Simmi Dhillon und vielen Leidensgenoss/innen lindert, dem sei wissenschaftlich erklärt, warum das so ist. Rebecca Craft, Professorin für Psychologie an der Washington State University, bestätigte durch Experimente an Ratten, dass Frauen 30% empfänglicher für die schmerzlindernde Wirkung des THC sind als Männer. Auf Deutsch gesagt: Bei ihnen werden die Schmerzen viel wirksamer gelindert. Craft macht darauf aufmerksam, dass die Tendenz bei Forschungen stets dahin geht, dass Ergebnisse aus Untersuchungen zum Cannabisgebrauch anhand von männlichen Probanden herangezogen werden, obwohl nicht klar ist, ob sie bei Frauen ähnliche Ergebnisse erhalten 38
würden. Die Psychologin und ihre Forschergruppe konzentrieren sich seit Jahren auf die abweichenden Wirkungen auf Frauen, für die das Östrogenhormon der Schlüssel sein könnte. Zur Zeit des Eisprungs, wenn der Östrogenspiegel das Maximum erreicht, sind Frauen noch empfänglicher für die THC-Wirkung und damit auch für die Schmerzlinderung. Die erhöhte Empfänglichkeit geht aber auch mit einer gesteigerten Aufnahmebereitschaft für die negativen THC-Wirkungen einher, daher untersuchen Craft und ihr Team auch die Wirkungen des CBD, das sich gleichfalls im Cannabis befindet und das die unerwünschten Wirkungen des THC ausgleicht. Craft ist außerordentlich froh über die Legalisierung, da sie größere Möglichkeiten eröffnet, die Geschlechtsunterschiede in Humanexperimenten zu beobachten, und so ein umfassenderes Bild über die Wirkungsunterschiede der verschiedenen THC- und CBD-haltigen Sorten bietet, sowohl aus dem therapeutischen als auch aus dem rekreativen Blickwinkel. Zumindest dafür schulden wir den Bürger/innen von Colorado und Washington Dank, denn durch die erwähnten Diskussionen können immer mehr Menschen zu der Einsicht gelangen, dass der Hanf nicht vom Teufel stammt und mit der nötigen Umsicht auch Eltern seine entspannenden beziehungsweise heilenden Wirkungen genießen können.
text: Tomas Kardos
MEDIZIN
40
MEDI+GREEN
Hanf-Psychedelikatessen für Patienten icht alle Cannabispatienten sind willens, ihre Medizin zu rauchen. Keine Frage, das Rauchen an und für sich ist zwar eine uralte schamanische Technik und letzten Endes bei korrekter Handhabe und passendem Maß nur halb so gesundheitsschädlich wie immer behauptet. Als gesund kann man die Gewohnheit, täglich mehrmals zu rauchen, jedoch nicht gerade bezeichnen. Zum Glück haben Cannabispatienten die Wahl zwischen verschiedenen Einnahmetechniken. Und solche beschreibt ein neues Buch des US-amerikanischen Cannabiskenners und Kultautoren Ed Rosenthal , das er zusammen mit dem CoAutoren David Downs geschrieben hat. Beyond Buds – Marijuana Extracts liegt bislang nur in der englischen Originalausgabe vor, wird aber möglicherweise vom Autor dieses Artikels ins Deutsche übersetzt werden. Der Band bietet eine gute Übersicht über die diversen Cannabiskonzentrate und -extrakte, zum Beispiel über Hasch und Waterhash,
N
Hasch-Öl, BHO (Butane Honey Oil) und Tinkturen. Er informiert aber auch über alternative Konsumformen wie das Dabben und die Technik des Vaporisierens sowie über die vielfältigen Möglichkeiten, Cannabis in Nahrungsmitteln und Getränken zu sich zu nehmen. Ein Kapitel beleuchtet explizit die Thematik rund um Cannabis als Medizin, wo unter anderem exotischere Hanfprodukte und -anwendungen vorgestellt und besprochen werden, zum Beispiel Behandlungen mit Hanfwurzeln, mit Cannabis-Umschlägen und -Wickeln, die Anwendung und Herstellung von Salben, Ölen und Tinkturen. Hier wird z. B. auch das legendäre und megapotent heilkräftige Rick-Simpson-Öl ausführlich unter die Lupe genommen. Beyond Buds ist druckfrisch und brandneu – herausgekommen im US-amerikanischen Verlag Quick American Publishing, den Ed Rosenthal zusammen mit seiner Frau und Managerin Jane Klein betreibt. Wer des Englischen mächtig ist, der werfe
einen Blick in diesen Band – gerade für Cannabispatienten, die keine Lust auf Joint, Bong, Pfeife & Co. haben, wird es sich lohnen. Ein Buch, das inspiriert. 248 Seiten, englisch.
Spendenaktion: Straffreiheit für Cannabispatienten emeinsam Ketten sprengen! Patientenrechte achten und Schwerstkranke nicht kriminalisieren! – mit diesen Slogans werben die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM) und das Selbsthilfenetzwerk-Cannabis-Medizin (SCM) um Spenden für von der Regierung verfolgte Cannabispatienten. Auf der eigens eingerich-
G
teten Internetseite www.cannabis-patienten. de wird erklärt, worum es bei dieser „Spendenaktion gegen Angst und Drangsalierung zu Gunsten von Patienten mit einer Ausnahmeerlaubnis, die von Strafverfolgung bedroht sind“ geht – nämlich darum, den von der irrsinnigen und menschenverachtenden, verfassungswidrigen Drogenpolitik betroffe-
nen Patienten zu helfen. Die Webpräsenz gibt Auskunft: „Mindestens fünf Patienten mit einer Ausnahmeerlaubnis zum Erwerb von Cannabisblüten aus der Apotheke durch die Bundesopiumstelle werden gegenwärtig wegen des illegalen Anbaus von Cannabis strafrechtlich verfolgt, darunter Frank Josef Ackerman (chronische Schmerzen und posttraumatische Belastungsstörung), Robert Strauss (chronische Schmerzen) und Thomas Keilwerth (posttraumatische Belastungsstörung und chronische Schmerzen). Nun kommt es darauf an, dass möglichst alle der fünf strafverfolgten Patienten von den zuständigen Strafgerichten vom illegalen Besitz von Betäubungsmitteln aufgrund eines rechtfertigenden Notstands im Sinne des Urteils des Oberlandesgerichts Karlsruhe aus dem Jahr 2004 freigesprochen werden.“ Drei der betroffenen Patienten werden auf www.cannabis-patienten.de vorgestellt – auch namentlich. Der Deutsche Hanf Verband hat nun noch einen draufgelegt, und zwar sprichwörtlich: DHV-Chef und Gewinner einer Fernseh-Millionärsshow Georg Wurth hat jede Spende bis zu 5.000 Euro, die bis zum 31. Oktober eingegangen ist, verdoppelt. Zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Hefts standen 4.481 Euro auf dem Spendenbarometer – wir hoffen, dass sich dieser Betrag mindestens verdoppelt hat. Jetzt nachschauen auf www. cannabis-patienten.de. 41
MEDIZIN
„Mein Urlaub von der Krankheit“ Cannabis und Morbus Bechterew Matthias (53) lebt in Krefeld und leidet unter Morbus Bechterew, einer rheumatischen Erkrankung der Wirbelsäule und der peripheren Gelenke. Diese Krankheit lässt die Wirbelsäule ganz versteifen und verknöchern – ähnlich einem Bambusstock. Wegen seiner Erkrankung bezieht Matthias eine Erwerbsunfähigkeitsrente – und Cannabis aus der Apotheke.
text: Martin Müncheberg
42
Medijuana: Bitte erzähle uns zunächst von deinen gesundheitlichen Problemen durch Morbus Bechterew und wie du zu dieser seltenen Erkrankung gekommen bist. Matthias: Alles fing Ende 1987 mit einem Hexenschuss an, dann kam der nächste und der übernächste. Mit der Zeit wurden dann auch die Rückenschmerzen immer schlimmer. Ich bin dann auch ein paar Mal geröntgt worden, doch man konnte auf den Aufnahmen nichts erkennen. So ging meine Odyssee dann immer weiter – ich lief von Arzt zu Arzt, zu Orthopäden und Rückenspezialisten, doch niemand konnte sich anfangs einen Reim darauf machen. Morbus Bechterew wurde bei mir – einem gerade erst 30-jährigen Mann – damals ausgeschlossen. Zu meinen immer chronischeren Rückenschmerzen kamen dann auch noch Magenbeschwerden – offensichtlich vertrug ich die vielen antirheumatischen Medikamente nicht gut, die meinen Magen mittlerweile schon etwas ruiniert hatten. Ich wurde dann von einem Spezialisten zum nächsten geschickt, erhielt verschiedenste Medikamente bis hin zu Tilidin oder Novosulfamin und galt schließlich bei manchen Ärzten sogar schon als Simulant, weil man sich einfach nicht erklären konnte, an welcher Krankheit ich leide. Irgendwann wurde dann auch mal über familiäre Vorerkrankungen gesprochen und ich erwähnte, dass mein Großvater Morbus Bechterew hatte – so begann man ab 1996 dann auch in dieser Richtung nachzuforschen und mit der Zeit wurde immer deutlicher, dass es das
war. Bis heute gibt es in der medizinischen Fachwelt noch keine klare Diagnose, wie oder wodurch genau man Morbus Bechterew kriegt. MED: Wie bist du dann auf Cannabis als Medizin gestoßen? M: Durch eine Patientin, die ich kennenlernte, als ich – vom Arzt verordnet – um die zehn mit Kodein versetzte Paracetamol pro Tag einnahm. Ich wusste, das geht stark auf die Leber, und als mir dann besagte Patientin erklärte, dass sie mit ihrer Oma ab und zu mal nach Holland fahre, da gegen das Rheuma ihrer Oma Cannabis hilft, erinnerte ich mich an meine Zeit als 20-Jähriger, in der ich auch gerne mal etwas Haschisch geraucht habe und zum Zwecke der Beschaffung über
die holländische Grenze kam. Nun – über 20 Jahre später – fuhr ich wieder nach Holland und probierte Cannabis erstmals als Medizin. Ich kaufte fünf Gramm von einer starken Indica-Sorte, rollte einen Joint, rauchte ihn und dachte: „Moment mal, du bist ja total entspannt!“ Ich spürte nun ganz deutlich die befreiende Linderung, die mir dieser erste Joint nach so langer Zeit verschafft hatte. Nach einigen Tagen hatte ich die fünf Gramm dann weggeraucht und meine Frau sagte mir, dass ich viel entspannter wirke und auch wieder deutlich besser aussehe. MED: War dir zu diesem Zeitpunkt schon klar, dass man mit der „richtigen“ Krankheit Cannabis auch in Deutschland aus der Apotheke beziehen kann? M: Nein, aber ich habe mich dann ziemlich schnell schlau gemacht und wollte die Medizin meiner Wahl auch ganz legal konsumieren dürfen. Ich bin dann ganz viel hin und her gelaufen, bis ich irgendwann Dr. Hanf kennengelernt habe, der mir empfahl, es einmal mit Dronabinol zu versuchen. Nun begann meine lange Suche nach einem Arzt, der meinen Fall unterstützen und begleiten würde – manch einer wusste gar nichts mit dem Thema anzufangen, andere lehnten es sogar strikt ab. Dronabinol sei viel zu teuer – so etwas könne er mir gar nicht verschreiben. Schließlich wären wir hier nicht in Frankfurt am Main und ich wäre kein reicher Mann. Als Alternative wurde mir dann u. a. auch Morphium gegen meine chronischen Schmerzen angeboten – doch das wollte ich nicht, da ich kein Risiko eingehen wollte, morphiumsüchtig zu werden. Also habe ich dann die THC-Farm angerufen und gefragt, ob in Krefeld eine Apotheke existiert, die THC-haltige Medikamente anbietet. So erfuhr ich, dass es zumindest eine solche Apotheke hier gibt. Einen in der Nähe praktizierenden Arzt, der auch Hanfpatienten begleitet, konnte man mir zwar nicht nennen, aber nach einigem Drängen nannte mir der Apotheker den Namen des Arztes, der ihm die Patienten mit den Dronabinol-Rezepten schickt.
MED: Da wirst du dir sicher ganz schnell einen Termin geholt haben … M: Korrekt, und ich habe alle meine Unterlagen mitgenommen und dem Arzt meinen Fall ausführlich geschildert. Er verschrieb mir dann tatsächlich Dronabinol und schickte mich mit dem Rezept in die mir schon bekannte Apotheke. Anfänglich bekam ich drei mal zwei Tropfen am Tag und merkte auch eine gewisse Linderung – allerdings nicht in dem Maße, wie ich es vom Rauchen kannte. Also habe ich die Dosis langsam auf drei mal fünf Tropfen am Tag gesteigert, womit es mir dann schon deutlich besser ging. Allerdings hatte ich damit nun ein Geldproblem – denn wie sollte ich mir diese teure Medizin auf Dauer leisten können? Das waren ja immerhin um die 300 Euro für so ein kleines Fläschchen und ich hätte zweieinhalb Fläschchen pro Monat gebraucht. Ich schrieb meiner Krankenkasse und fragte, ob sie mir
das Medikament finanzieren – doch wie schon befürchtet, erhielt ich nur eine knappe Absage. Als ich dann mitkriegte, dass man sich inzwischen auch natürliche Blüten aus der Apotheke holen kann, sprach ich nochmals mit meinem Arzt, der sich damit aber noch gar nicht auskannte. Also machte ich mich schlau und teilte dann mein Wissen mit ihm, woraufhin er sich ein eigenes Bild machte und mir schließlich fünf Gramm pro Tag verschrieb. Wir waren dann beide etwas überrascht, als die Genehmigung kam – nun hatte ich, ähnlich wie bei Dronabinol, nur wieder das Finanzierungsproblem, denn natürlich übernahm meine Krankenkasse auch nicht die Kosten für die Blüten aus der Apotheke. Also muss ich die von meiner kleinen Erwerbsminderungsrente auch weiterhin selbst bezahlen – aber was bleibt mir anderes übrig? Nur so komme ich zu meinem Urlaub von der Krankheit.
VOLLBLUT
Paradise Seeds im CBD-Fieber Ein neues Kapitel der Veredelung von medizinischem Cannabis: Durga Mata II CBD & Nebula II CBD 44
Lange Zeit konzentrierten sich die Erforscher von medizinischem Cannabis auf ein einziges Cannabinoid, das THC, das in erster Linie für die psychoaktive Wirkung – dafür, „Träume hervorzurufen“ – verantwortlich ist. Es wurde im Jahre 1964 von dem israelischen Wissenschaftler Raphael Mechoulam entdeckt. Eine Gruppe von unabhängigen Wissenschaftlern hatte schon 1940 ein anderes Cannabinoid in der Pflanze entdeckt, das Cannabidiol (CBD). 1963 entdeckte Professor Mechoulam die chemische Struktur des CBD und ein Jahr später legte er mit der Identifizierung des THC die Grundlage für die zeitgenössische Cannabisforschung und -medizin. as CBD verhält sich im Cannabinoidsystem als Antagonist des THC, es mildert seine psychoaktive Wirkung und die negativen Erlebnisse. Forscher fanden heraus, dass beim Konsum von Sorten mit einem hohen Verhältnis CBD zu THC schizophrene Symptome seltener auftreten. Die Forscher wiesen dem CBD viele positive medizinische Eigenschaften nach. Es löst Krämpfe und lindert Brechreiz, Entzündungen und Beklemmungen. Große Hoffnungen bestehen auch für die Verwendung in der Krebstherapie. In klinischen Untersuchungen zeigte es Wirkung bei Hirntumoren und Brustkrebs, bei Lungenkrebs bremste es die Ausbreitung der Tumore. Neurobiologischen Untersuchungen zufolge schützt CBD, da es
D
Nebula II CBD
antioxidant ist, die Gehirnzellen. Auch finden sich glaubhafte positive Ergebnisse für die Prophylaxe von Gehinschädigungen im Zusammenhang mit Schlaganfällen, bei der Behandlung von Alzheimer- und ParkinsonErkrankungen sowie bei der Vorbeugung von Herzinfarkten. Darüber hinaus kann Cannabidiol eine wichtige Rolle bei der Krampf- und Schmerzbehandlung bei Multipler Sklerose, ja sogar bei der Epilepsieprophylaxe spielen. Patienten mit ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit/Hyperaktivitätsstörung) berichten nach dem Konsum von Cannabis mit hohem CBDGehalt von größerer Ruhe und einer angemessenen Fokussierung ihrer Aufmerksamkeit – ohne jene schweren Nebenwirkungen, die bei den vom Arzt verschriebenen Medikamenten auftreten. Wenn man sich die Millionen von ADHS-Patienten vor Augen führt, die mit harten, rezeptpflichtigen Medikamenten in einen zombieartigen Zustand versetzt werden, ist sofort klar, welch ein Segen eine nicht psychoaktive, gut verträgliche Cannabinoidtherapie ohne Nebenwirkungen für sie sein kann. Luc Krol von Paradise Seeds widmete sich der Erforschung dieser therapeutischen Eigenschaften. Er rief die spanische Radtour für medizinisches Cannabis ins Leben, mit der er bereits ernsthafte Beträge für die unabhängige Forschung über die Wirkung von Cannabis bei der Krebsbehandlung beschafft hat. Außerdem züchtete er zwei therapeutische
CBD-Sorten namens Durga Mata II CBD und Nebula II CBD. Nachdem er Anfragen nach Sorten mit weniger euphorisierender als medizinischer Wirkung erhalten hatte, beschäftigte er sich eingehender mit dem CBD. Die Tatsache, dass CBD den vom THC verursachten Rausch kompensiert, die medizinischen Eigenschaften aber nicht dämpft, sprach für die Veredlung CBD-haltiger Sorten. Mit ihrer Hilfe können Patienten die wohltuenden Eigenschaften des THC genießen, ohne sich ungewollt in einen Rauschzustand versetzen zu müssen. Von den schon erwähnten positiven medizinischen Eigenschaften des CBD, das bei vielen weiteren Krankheiten und Symptomen wirksame Hilfe bietet, ganz zu schweigen. Gesagt, getan – nach zweijähriger Veredelungsarbeit waren die sativa-dominanten Sorten Nebula und Durga Mata auf Indica-Basis mit einem Verhältnis von etwa 1:1 von THC und CBD entstanden. Sie enthalten 8% THC und 7% CBD. Durga Mata treibt in ihrer ursprünglichen Form kompakte und sehr harzige Blüten, die nach acht Wochen vollkommen entwickelt sind, während Nebula in 60–65 Tagen ähnlich harzige und dichte Blüten treibt. Mr. Power Planter, der die Ausgangssorten gut kennt, prüfte die neuen Sorten. Er nahm acht feminisierte Samen, die Sprösslinge setzte er dann in Töpfe von sechd Liter Fassungsvermögen. Nach einer einwöchigen vegetativen Periode begann er, die Pflanzen bei Kunstlicht zum 45
VOLLBLUT
Durga Mata II CBD
Blühen zu bringen, und nach neun bis zehn Tagen erschienen die ersten Knospen. Während die vier Nebula II CBD dank ihrer Indica/ Sativa-Natur schnell zu wachsen begannen, Zweige und Blütenspitzen auszubilden, entwickelten die vier Pflanzen der Sorte Durga Mata II CBD einen starken Stamm, um den herum bald Blütenkelche vom Typ Indica erschienen. Mr. Power Planter stellte zwischen den Pflanzen bezüglich des Wachstums und der Harzbildung keinen Unterschied zu den Ausgangssorten fest und es erwies sich, dass sich hoher CBD-Gehalt nicht auf die Harzbildung auswirkt. Zum Harzreichtum kam nun auch das Aroma – dieses erinnerte den Züchter ebenfalls an die Vorgänger. Durga Mata II CBD roch parfümartig, süßlich, Nebula II CBD hingegen nach Honig und Früchten. Trotz der kurzen Vegetationsphase trieben beide Pflanzen eine große Menge von dichten, harzreichen Knospen und bei der Ernte zeigte sich die größere Anzahl von Blattkelchen bei der Nebula II CBD. Die Pflanzen wuchsen zu einer gleichmäßigen Höhe heran, Abweichung höchstens10 cm: Nebula 55–65 cm, Durga Mata 40–50 cm. Zur vollständigen Entwicklung benötigte Durga Mata 56–58 Tage, Nebula 60–63 Tage, was ebenfalls mit den Eigenschaften der Ausgangssorten übereinstimmt. Mit Erträgen von 21–25 g (Durga Mata II CBD) und 28–33 g (Nebula II CBD) pro Pflanze trotz des verkürzten Entwick46
lungszyklus war der Züchter vollauf zufrieden. Mr. Power Planter hatte vorher noch nie Sorten mit einem Verhältnis 1:1 bei THC:CBD konsumiert und wusste daher nicht, mit welcher Wirkung er rechnen konnte. Er begann mit Nebula und war überrascht, dass der Nebula II CBD
Joint, obwohl das Endprodukt harzig war, nicht in den Kopf stieg. Dort spürte er nur ein leichtes Kribbeln und eine angenehme mentale und physische Ruhe. Der hohe CBD-Gehalt wirkte angenehm beruhigend, glich aus und fokussierte. Obwohl er sich vor dem Versuch nicht angespannt gefühlt hatte, stärkte diese Sorte sein inneres Gleichgewicht, unterdessen sein Bewusstsein klar genug blieb, um unterschiedliche Aufgaben erledigen zu können. Wie zu erwarten, dauerte der Zustand eine Stunde an, danach stellte er auch Durga Mata II CBD auf die Probe. Da auch bei ihr das Verhältnis 1:1 von THC:CBD liegt, spürte Mr. Power Planter keinen großen Unterschied zur Nebula. Durga Mata schenkte ihm eine weitere Stunde Ruhe und inneren Frieden. Der größte Unterschied zeigte sich im Geschmack. Beide Sorten erwiesen sich als süß, Durga Mata jedoch würziger und Nebula fruchtiger. Der Züchter gab eine Probe an einen Freund, dessen 20-jähriger Sohn an ADHS leidet, das er in den letzten Jahren ohne Medikamente unter Kontrolle hielt. Eine Woche später berichtete ihm der Freund, dass die Sorten mit dem hohen CBD-Gehalt sichtlich dazu beitrugen, dass sein Sohn ruhig blieb und sich erfolgreich auf die Aufgaben des Tages konzentrieren konnte. Die beiden CBD-reichen Pflanzenzüchtungen von Luc hatten sich also als medizinisch wirksam erwiesen und ergänzen seitdem das stattliche Angebot von Paradise Seeds. Die Gruppe beabsichtigt, in der Zukunft weitere CBDhaltige Sorten auf den Markt zu bringen.
text & photos: G.B.I.
47
VOLLBLUT
Cream Mandarine F1 Schnellversion ream Mandarine F1 Fast Version® ist eine ultraschnell wachsende Pflanze mit starker medizinischer Wirkung. Eine von Indica dominierte Hybride, die sich zur Zucht im Treibhaus und im Freiland gleichermaßen hervorragend eignet. Bei ihrer Veredelung wurden die genetischen Eigenschaften der besten selbstblühenden Cream Mandarine® verwandt. Um das automatische Blühen zu verzögern und die Charakterzüge des Aromas zu verstärken, wurde sie mit Klonen von Diesel-Abkömmlingen mit erstklassiger Genetik und Mandarinen- und Zitronenaromen gekreuzt. Die Pflanze ist sehr leicht zu ziehen und kann in der Regel schon 50 Tage nach der Blüte geerntet werden. Da die Blüte nur bei einer Lichtperiode im Verhältnis 12:12 beginnt, kann man die Mütter abgesondert bei einer Tagesperiode von 18:6 halten – wie alle anderen von Lichtperioden abhängigen Pflanzen auch. Die Genetik ist außerordentlich stark, die Pflanze treibt Büsche mit der Form von Tannen, für welche die gewaltigen zentralen Blütenstände an den Seitentrieben und zwischen ihnen charakteristisch sind. Dank der attraktiven Vorfahren ist auch die Harzbildung beträchtlich, ebenso das Verhältnis von Kelchen zu Blättern – eines der besten auf dem gegenwärtigen Markt –, was das Schneiden der aromatischen Blüten erleichtert.
C
48
Ebenfalls wichtig zu erwähnen ist, dass die Blütenstempel der Cream Mandarine F1 Fast Version® in den letzten zwei Wochen der Blüte in der Regel eine elegante orangene Farbe aufweisen, was eine vollkommene Kombination mit dem Aroma der getrockneten Blüten ergibt. Beim Zerbröseln der sehr harten Blütenstände nimmt man schon das intensive Aroma überreifer Mandarinen wahr, das dank der Zuckergärung leicht nach Alkohol riecht. Dieses komplexe Aroma erinnert bei getrockneten Pflanzen am ehesten an den Geruch eines Mojito aus Mandarinen und Limetten. Geraucht oder im Vaporizer inhaliert, verändert sich das Aroma der Perle der Genetik von Sweet Seeds ein wenig. Der Hauch von Alkohol verschwindet, an seine Stelle treten leichte Zitronenaromen, die ein wenig an Orangenbonbons erinnern. Innerhalb weniger Minuten entfaltet das Vergnügen für den Mundund Nasenraum seine kräftige medizinische Wirkung. Cream Mandarine F1 Fast Version® empfiehlt sich genetisch ausgesprochen für Therapiepatienten, die physische Erleichterung suchen und dabei aktiv bleiben wollen. Diese sich schnell entwickelnde Genetik bietet lang andauernde Erlebnisse und viele glückliche Minuten mit Indica-Wirkungen, die jeden Liebhaber von süßen, aromatischen Sorten elektrisieren.
VOLLBLUT
Eine seriöse medizinale Pflanze:
Serious Happiness erious Seeds stellt im Oktober 2014 eine neue limitierte Ausgabe vor: Seriously Limited. Davon werden nur 4.000 Packungen produziert und die Erfahrungen und Rückmeldungen der Grower an Serious Seeds entscheiden, ob die Sorte in den Standardkatalog aufgenommen wird. Die erste Sorte in dieser neuen Limited Edition heißt Serious Happiness.
S
Serious Happiness: Macht zweimal happy! Zwei Legenden wurden gekreuzt, um diese Sorte zu produzieren. Wir kombinierten den berühmten Warlock-Vater mit unserer legendären AK-47-Mutter und das Ergebnis war pure Fröhlichkeit! Dieser Hybrid macht gleich zweimal happy. Zuerst wird man froh, weil sie so leicht anzubauen ist. Serious Happiness hat die perfekte Wachstums- strukur für den Indooranbau; mit mehrfachen Seitenästen nicht zu eng wachsend. In der Blüte entwickelt jeder Ast große und kompakte Blüten mit wenigen Blättern. Ihr Aroma und Geschmack sind süß und fruchtig, manchmal mit würzigen Untertönen. Beim Genuss macht sie zum zweiten Mal echt fröhlich. Ihr Effekt ist lang anhaltend und kombiniert ein gutes Stoned (= Gefühl im Körper) mit einem unglaublich starken High (= Gefühl im Kopf). Nach dem Genuss von Serious Happiness wurde uns ihr Name erst richtig bewusst, denn dies ist exakt, wie wir uns fühlten – fröhlich, während sie wächst, und seriös fröhlich, wenn sie fertig ist. 50
CANNA+GLOBE Wie wir im ersten Teil unseres Beitrags skizziert haben, verändert sich das genetische Material der Pflanzen – wie das aller Lebewesen – von Generation zu Generation. Diese Veränderbarkeit nutzt die natürliche und künstliche Selektion gleichermaßen aus. Dadurch bedingt sind heute solch günstige Eigenschaften vorhanden, welche die Landwirte im Verlauf der Veredelung als positiv ausgewählt und verbreitet haben. s sind aber auch solche Pflanzeneigenschaften vorhanden, welche die multinationalen Landwirtschafts- und/oder Chemiekonzerne im Interesse des größeren Profits durch größere Erträge schaffen (und damit einhergehend: die Beseitigung des Hungers in der Welt, hahaha), also zum Unterhalt der Jacht des Eigentümers in Monaco und seines Palastes. Natürlich glauben manche bis heute, dass den GM-Pflanzen eine Schlüsselrolle im Kampf gegen den Hunger zukommt. Wenn man aber weiß, dass sich die GM-Arten im Besitz internationaler Unternehmen befinden und durch die Ausdehnung der Anbaugebiete von Futtermais, dem Ausgangsstoff für Bioethanol, Millionen Menschen in Afrika hungers sterben, neigt man schon weniger zu dem Glauben, dass diese Firmen und ihre Produkte irgendwann einmal das Hungerproblem lösen werden. Die Genabschnitte in den GM-Pflanzen sind nämlich urheberrechtlich geschütztes Eigentum.
E
Geistiges Eigentum Das heißt, sie stehen unter dem Schutz des Urheberrechts wie ein Film oder eine Musikkomposition. Die Landwirte müssen also jedes Jahr aufs Neue Lizenzverträge mit den
text: Theodor Eisenschwert
52
Veränderte Natur 2. Landwirtschaft im Dienste des Menschen Saatgutproduzenten schließen, in denen die Firmen sich unter anderem auch ausbedingen, dass von der Ernte keine Pflanzen gespeichert, vermehrt und verkauft werden dürfen. Wegen der (angeblichen) Vertragsverletzungen wurden zahllose Prozesse angestrengt und von den großen Firmen gewonnen, die heute den Saatgutmarkt der Welt zu etwa 67% beherrschen. Auf der Liste der Top 10 finden sich amerikanische, europäische und japanische Unternehmen. Unter ihnen verdient die Monsanto Company besondere Aufmerksamkeit, die ein Viertel des Weltsaatguthandels besitzt. Ein solch hoher Anteil birgt an sich schon Gefahren, aber in Verbindung mit der Herstellung von GM-Pflanzen kann er tiefergehende Sorgen bereiten. Durch sie kann fast überall der Anbau solcher Pflanzen und Ausgangsprodukte verwirklicht werden, die für zahlreiche Entwicklungsländer die Haupt- oder einzige Einnahmequelle darstellt (z. B. Palmöl, Kakaobutter usw.).
Monsanto verbuchte 2012 2,2 Milliarden Dollar Nettogewinn, die Absatzerlöse steigen durchschnittlich um 10% jährlich. Ihre PRPublikationen werfen ein Licht darauf, dass sie sich - die Macht ihres gewaltigen Kapitals und ihren Einfluss ausnutzend – auch mit traditionellem, also nicht genmanipuliertem Samen befassen. Daher ist die Firma auch auf den Märkten von Ländern präsent, die gegenwärtig noch zum GM-freien Gürtel zählen. Ein gutes Beispiel dafür, dass es gut wäre, die beiden Tätigkeitsbereiche voneinander zu trennen (wiewohl nicht sicher ist, dass man es kann), ist die GM-Verunreinigung, die im Jahr 2011 die ungarischen Aussaatgebiete betraf. Die lehrreiche Geschichte wirft jenseits der Schäden für die Landwirte weitere Fragen auf. Warum liefert eine ausländische Firma Maissaatgut an den zweitgrößten Maissaatguthersteller? Oder sind die Riesenfirmen, die gleichzeitig traditionelles und GM-Saatgut herstellen, nicht in der Lage, die von ihnen entwickelte Technologie
präzise alle Lebensmittel untersucht, bevor sie in den Handel kommen. Natürlich auch solche, die für den Export nach Europa gedacht sind. Ähnliche Kontrollen führen auch die Organe für Lebensmittelsicherheit der EU regelmäßig durch. Das als maßgeblich erwähnte amerikanische Genehmigungssystem untersucht jedoch keine GM-Lebensmittel. Die FDA verpflichtet die Unternehmen nicht einmal dazu, die Ergebnisse ihrer eigenen Untersuchungen zu veröffentlichen. Es sagt auch nicht viel Positives über die Lebensmittelsicherheit in den USA und die Arbeit der staatlichen Kontrollorgane aus, dass sich nach der offiziellen Statistik der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) die Erkrankungen durch Lebensmittel in den letzten Jahrzehnten verdoppelt haben, und dass mindestens 80% davon durch Viren und Pathogene ausgelöst wurden, welche die Forscher nicht einmal klassifizieren konnten. Der Propaganda der Gentechnologiefirmen zufolge werden die eingebauten DNSSequenzen im Verdauungsprozess vollkommen vernichtet. Diese Behauptung basiert auf Versuchen mit Verdauungsenzymen im Reagenzglas. Das ist ein wenig irreführend, weil – im Gegensatz zu den Verhältnissen im Darm – sich dort die meisten Eiweißstoffe in Sekundenschnelle auflösen.
unter Kontrolle zu halten? Oder gefährden sie absichtlich die Position der GM-freien Länder auf dem Markt?
Nicht gerade unabhängige Wissenschaftler Fachleute, die von den Firmen betraut und daher nicht unabhängig sind, beruhigen die Verbraucher damit, dass in den USA die Food and Drug Administration (FDA) streng und
Eingestellte Forschungen Im Verlauf eines Experiments an der Universität von Newcastle, an dem zwölf gesunde Menschen teilnahmen und sieben andere, denen der Dickdarm chirurgisch entfernt worden war, verzehrten die Probanden eine Speise, die GM-Soja enthielt. Die Forscher untersuchten, wie die Transgene im Darm verdaut wurden. Wenn auch in geringem Maße, so war doch bei jedem Kranken die Transgensequenz des Gensojas in voller Län-
53
CANNA+GLOBE
ge nachweisbar. In drei Fällen bauten einzelne Darmbakterien die modifizierte DNSSequenz in sich selbst ein. Ebenfalls in Großbritannien, an der Universität von Leeds, beobachtete man, dass im Magen von Wiederkäuern, beispielsweise bei Rindern, die Magenbakterien ebenfalls die Transgene aufnahmen. Mit anderen Worten: Der Gentransfer hat begonnen. Das im Magen des Rindes lebende Bakterium kann daher ebenfalls antibiotikumresistent werden, wenn sich im GM-Futtermittel auf Antibiotikaresistenz codierte Gene befinden. Zu dem überraschendsten Versuchsergebnis kamen Professoren der Kölner Universität. Bei schwangeren Mäusen erschien – nach einer Ernährung mit einer bestimmten Art von Genen – dieses Gen auch im Embryo. Das beweist, dass die DNS nicht im Magen abgebaut wurde. Das Gen überwand sogar zwei der wichtigsten Schutzwälle des Embryos: den Mutterkuchen und den Damm zwischen Blut und Hirn. In einem Experiment eines Mitglieds der Russischen Akademie der Wissenschaft, Irina Ermakova, starb die Hälfte der Rattenjungen drei Tage nachdem das sie säugende Muttertier GM-Sojamehl aus dem Supermarkt gefressen hatte. Nach einer wissenschaftlichen Konferenz im Oktober 2005, auf der sie ihre Ergebnisse vorgelegt hatte, begann ein wahrer Feldzug gegen sie. Man ruinierte ihre fachliche Reputation und ihre Aufzeichnungen und Forschungsmaterialien wurden unter bis heute ungeklärten Umständen gestohlen. Ebenfalls 2005 sammelten türkische Wissenschaftler in der ganzen Türkei Pflanzen54
samen, um festzustellen, in welchem Maße GM-Pflanzen verbreitet sind. Direkt nach der Auswertung der Ergebnisse wurde die gesamte Gruppe versetzt und durfte nie wieder ihre Laboratorien betreten. Prof. Árpád Pusztai, der in Schottland lebende ungarische Biochemiker (Entdecker der biologischen Wirkung der Pektine) und seine Forschungsgruppe erhielt unter 29 Konkurrenten den Auftrag, die Sicherheit genmanipulierter Lebensmittel zu untersuchen. Nach den Forschungsergebnissen des Instituts Rowett übten mit einem Lektin (GNA) gegen Blattläuse immunisierte GM-Kartoffeln eine schädliche Wirkung auf das Wachstum der inneren Organe von Versuchsratten beziehungsweise die Funktion ihres Immunsystems aus. Im Oktober 1998 brachte der ungarische Wissenschaftler (in Absprache mit dem Institutsleiter) in einer Abendsendung von Granada TV World in Action mit ein paar Sätzen seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass die GMLebensmittel, bevor sie in Umlauf kommen, nicht genügend getestet werden, und fügte hinzu, dass es keine saubere Sache sei, aus Menschen Versuchskaninchen zu machen. Der Leiter gratulierte ihm am nächsten Tag zu seinem erfolgreichen Auftritt und suspendierte dann den Professor zusammen mit seiner Forschungsgruppe. Die Aufzeichnung über die Experimente und die errechneten Daten wurden beschlagnahmt. Seine bis dahin offenen akademischen Forschungen wurden zur Geheimsache deklariert und der Kontakt zu seiner 20-köpfigen Forschungsgruppe untersagt. Außerdem machte man ihn auf einen Passus in dem mit ihm ge-
schlossenen Vertrag (vom Format eines Buches) darauf aufmerksam, dass er das Recht hätte zu schweigen, und sonst gar keins. Ähnliche Versuchsreihen bezüglich der Wirkung von GM-Lebensmitteln, unabhängig von biotechnologischen Unternehmen, wurden nicht durchgeführt. Professor Pusztai erhielt 2000 den Gandhipreis, der in Indien für ehrenhafte Wissenschaft verliehen wird. 2005 bekam er von der Vereinigung Deutscher Wissenschaftler den Whistleblower Award. Zusammen mit seiner Frau Prof. Zsuzsa Bardócz wurde er mit dem Stuttgarter Friedenspreis für seinen Mut und seine wissenschaftliche Verpflichtung sowie für seine ausdauernden Bemühungen im Interesse der Information der Öffentlichkeit geehrt. Ob GM-Lebensmittel sicher sind oder nicht, wissen nur die Großunternehmen, die diese Technik anwenden, und sie werden dieses Wissen nicht an die Öffentlichkeit bringen. Würde jemand anderes dies versuchen, bekäme er – dank der aggressiven Lobbyarbeit und der Fehlinformationen der Unternehmen – ohnehin keinen Platz in den Medien beziehungsweise keine Aufmerksamkeit. Eine gesellschaftlich akzeptable Antwort auf diese Frage können nur unabhängige – und vor der Öffentlichkeit durchgeführte – wissenschaftliche Untersuchungen geben. Das Argument, dass es keinen eindeutigen Beweis dafür gibt, dass GMLebensmittel gefährlich für die Umwelt und die menschliche Gesundheit sind (welches man oft von Wissenschaftspolitikern hört), kann so nicht akzeptiert werden. Die Ungefährlichkeit ist zu beweisen!
55
CANNA+GLOBE
In Lateinamerika gibt es nur noch wenige Gemeinschaften, die so erfolgreich ihre jahrtausendealte Tradition bewahrt haben wie die Peyote-Gemeinschaft. Ihre Kultur und ihr Lebensraum sind heute vielen Bedrohungen ausgesetzt. Sie aber bemühen sich, mit heiterer Gelassenheit zu reagieren. Ihre erstklassigen psychedelischen Handwerksprodukte begeistern Hunderttausende von Kunstliebhabern.
Huichol Der mexikanische Peyote-Glauben ls Tamatz Kayaumari, der älteste der Großen Blauen Hirschbrüder, die Erde Mexikos erblickte, beanspruchte er den Besitz der Götter für sich und beschoss die Erde mit Pfeilen, um Zugang zu ihr zu erlangen. Die ersten Pfeile drangen nicht durch und verwandelten sich in Palmen, Wälder, Kokos, Sand und Felsen. Danach schoss Kayaumari im Traum seinen fünften Pfeil ab, nachdem er ihn mit seinem Blut bestrichen hatte. Der Pfeil und seine Flugbahn wurden zu einem Weg, der die Menschen mit der Welt der Götter verband. Die Götter gingen über diesen Weg auf die Erde. Als aber am nächsten Tag die Sonne aufging, verbrannten sie und wurden unsichtbar. So lautet eine der zahlreichen Mythen der Huicholen – jenes Volkes, das auch den Weg ins Jenseits und das Mittel für den Übergang, den halluzinogenen Peyote-Kaktus, gefunden hat.
A
In Harmonie mit der Welt text: Tomas Kardos
56
Als Ursprungsort der Huicholen-Indios gilt San Luis Potosí. Von dort wanderten sie später an die Westküste Mexikos, an den Punkt,
wo die Staaten Nayarit, Jalisco, Zacatecas und Durango aufeinandertreffen. Historiker und Ethnologen streiten bis heute über den genauen Zeitpunkt der Migration. Funde belegen, dass sie vor der spanischen Eroberung lag. Neben der Tapferkeit des Volkes kann der Schutz durch die hohen Berge als Erklärung dafür dienen, dass sie die Konquistadoren zurückschlagen und ihre Glaubenswelt und ihre Traditionen bis auf den heutigen Tag bewahren konnten. Die Gemeinschaft der Huicholen, die sich selbst Wixáritari (das Volk) nennen, kann auf eine etwa zweitausendjährige Geschichte zurückblicken, die auch die Kolonisierung überstand. Schätzungen zufolge ist die Gemeinschaft der Huicholen, die Anfang des 16. Jahrhunderts noch 300.000 Köpfe zählte, heute auf 40.000 geschrumpft. Die Hälfte von ihnen lebt einen modernen Lebensstil, die andere Hälfte lehnt aber noch immer den Katholizismus und die moderne Kultur ab und praktiziert ihren schamanistischen Glauben. Man sagt, sie gehörten zu den letzten nordamerikanischen Ureinwohnern, die den Bestrebungen der Eroberer und Missionare trotzten und ihre präkolumbianischen Traditionen bewahrten. Für
sie manifestiert sich das universale Leben in jeder natürlichen Daseinsform, daher ist jede Seele mit allen anderen Seelen verbunden. Jedes Lebewesen ist aus den vier Grundelementen der Natur geschaffen: Feuer, Luft, Wasser und Erde. In unseren Seelen verbunden, sind wir alle ein Miniaturuniversum mit ebensolchem Aufbau, der die natürliche und spirituelle Welt gleichermaßen widerspiegelt. Folglich ist alles Wissen der beiden Welten und das Geheimnis in uns zu finden und die Welt ist perfekt eingerichtet. Nach Ansicht der Schamanen kann sich jeder, der mit der natürlichen und spirituellen Welt in Harmonie lebt, davon überzeugen. Es gibt mindestens einen Grund, ihnen Glauben zu schenken, denn in den zweitausend Jahren ihrer Geschichte kannten sie keine Kriege. Wer sich aber tiefere Erkenntnisse über die Natur und das Wirken der spirituellen Kräfte verschaffen möchte, dem sei statt Lektüre ein praktischer Weg empfohlen: der Gebrauch von Peyote – neben Mais und dem Blauen Hirsch ihr dritter Hauptgott.
Pilgerfahrt zum Wissen Das Beschaffen des richtigen Kaktus selbst ist schon eine ordentliche Reise, denn bei den Huicholen wächst kein Peyote und auch auf den Märkten in der Nähe ist er nicht zu bekommen. Eins der wichtigsten Rituale des Jahres ist Wirikúta, die Pilgerfahrt in der Trockenzeit zwischen März und Oktober, bei der die Schamanen und ihre Familien 400 Kilometer in die Wüsten ihrer Urheimat bei San Luis Potosí zurücklegen. Nach dem Mythos hatte der Blaue Hirsch sich hier geopfert, um zu Peyote zu werden. Das erklärt, warum in dieser Gegend die meisten Peyote-Kakteen zu finden sind. Traditionell legten sie den Weg in drei Monaten zu Fuß zurück. Heute beschleunigen Busse die Ankunft; trotzdem nimmt die Reise zehn bis 15 Tage in Anspruch. Den Blauen Hirsch bitten sie um eine erfolgreiche Reise und machen sich mit Pfeilen ausgestattet, welche die Jagd nach dem Peyote symbolisieren, auf den Weg. Unterwegs sind sexuelle Berührungen untersagt
und an einer Station der Reise legen die Pilger Rechenschaft über ihre sexuelle Untreue ab. Damit lassen sie die menschliche Unreinheit hinter sich, um mit neuer, göttlicher Identität ihren Weg fortsetzen zu können. Das Kakteensammeln muss immer mit dem Auffinden einer fünfköpfigen „Peyote-Familie“ beginnen, danach können Einzelkakteen folgen. Schon am ersten Abend konsumieren sie ein wenig von dem Peyote. Dabei rezitiert der älteste Pilger aus der Mythologie der Huicholen – über das Ziel der Pilgerreise und den Ursprung des Universums. Dem schließt sich ein gemeinsames Gebet für die Menschheit und das Universum an. Die Pilger las-
sen an den heiligen Orten Opfer zurück, um das Wohl ihres Volkes zu sichern. Der Konsum von Peyote und das Eintauchen in die Geisteswelten ziehen sich durch die gesamte Reise. Fünf Tage vor der Heimkunft jedoch essen sie keinen Kaktus mehr, da sie nicht als Götter, sondern als Menschen in ihr Dorf zurückkehren.
Bedrohte Kultur Die Traditionen der Huicholen sind durch mehrere Faktoren bedroht. Mit den Berichten über die Pilgerreise Wirikúta setzte in San Luis Potosí der Drogentourismus ein. Ob-
57
CANNA+GLOBE
wohl die internationalen Drogenabkommen nur den traditionellen, rituellen Gebrauch von Peyote erlauben, gibt es immer wieder einige Ortsansässige, die reichen Besuchern bereitwillig aus ihren Vorräten zu einem satten Peyote-Erlebnis verhelfen. Andere Touristen machen sich auf die Suche nach den Pflanzen. Die mexikanische Regierung setzte den Peyote schon 1991 auf die Liste der bedrohten Pflanzen, was aber den rekreativen Gebrauch nicht eindämmte. Berücksichtigt man, dass der Peyote langsam wächst und in seiner natürlichen Umgebung gut zehn Jahre benötigt, um sich voll auszubilden, und nicht sachgerechtes Pflücken die Pflanze ihr Leben kosten kann, ist es kein Wunder, dass die Huicholen wegen der Plünderung der Peyotefelder immer größere Schwierigkeiten haben, ihre tausendjährige Tradition auszuüben und ihre Kontakte zur Geisterwelt zu pflegen. Der mexikanische Staat bietet den heiligen Gebieten der Huicholen, die offiziell auch unter dem Schutz der UNESCO stehen, nicht den nötigen Schutz. Neben dem Tourismus gibt es eine noch ernstere Gefahr: den Silberbergbau. Das Bohren gewaltiger Tunnel, die Ausbeutung der Naturschätze und das Hinterlassen von Geisterstädten nach Beendigung der Arbeiten bedroht das Verhältnis der Huicholen zur Natur. Der kürzlich vorgestellte Dokumentarfilm „Huicholes: The Last Peyote Guardians“ (Die Huicholen: Die letzten Wächter des Peyote) zeigt im Detail, wie ein kanadisches Bergbauunternehmen das Leben eines kleinen Huicholendorfes auf den Kopf stellte und wie unvorteilhafte 58
Verträge nicht nur die Huicholen, sondern ganz Mexiko schädigten. Die aufgebrachten Wortführer des Dorfes organisierten eine Demonstration in Mexiko-Stadt und bezichtigten den ehemaligen Präsidenten, seine Versprechen zum Schutz des Kulturerbes gebrochen zu haben. Außerdem sprachen sie auf zahlreichen internationalen Veranstaltungen, woraufhin die Bergwerke vorüber-
gehend geschlossen wurden – gegenwärtig weiß man nicht, für wie lange.
Psychedelische Kunst Der Peyote selbst hilft den Huicholen, in diesen schweren Zeiten zu überleben – über die Inspiration zu ihrer Kunst. Eine größere künstlerische Vielfalt als bei den Mexikanern
ist schon schwer zu finden; die Werke der Huicholen jedoch, die reich an lebhaften Farben und Symbolen sind, lassen sich unmöglich mit den Werken anderer Urvölker vergleichen. Wer schon einmal einen Handwerksmarkt in Mexiko besucht hat, dem sind sicher die auf blauem Hintergrund mit bunten Perlen gelegten Tierformen aufgefallen oder die aus bunten Fäden gewebten Geschichtsabbildungen in Bilderrahmen – die charakteristischsten Schaffensformen der Huicholen. Für sie ist die Kunst eng mit dem Glauben und ihrer Mythologie verbunden. In ihr erscheinen auch ihre Visionen unter dem Einfluss von Peyote. Die Schöpfungen sind also als Kommunikation mit dem Göttlichen zu interpretieren. Nach ihrem Glauben tragen sie zum Wohl der Gemeinschaft bei, zu ihrer Gesundheit, ihrer Fruchtbarkeit. Und nicht zuletzt schmeicheln sie ihrem ästhetischen Empfinden. Auf den meisten Werken sieht man die wichtigsten Götter – den Mais, den Blauen Hirsch und den Peyote. Letzteren immer mit Sicht von oben, in seiner runden Form, in grüner oder blauer Farbe. Jedes gewebte Bild, jede Perlenfigur verfügt über eine solch kräftige psychedelische Erscheinung, die auf jedem Psy-Festival Furore machen würde. Kein Wunder, dass es in den 70er Jahren, als die westliche Kultur über die Arbeiten der Ethnologen die Kunst der
Huicholen kennenlernte, eine starke Nachfrage nach den farbenfrohen Kunstwerken gab. Die Ureinwohner fertigen seitdem mit Vergnügen Handarbeiten auch für das breite Publikum an, denn für viele Dörfer bietet dies eine gute Einnahmequelle – nach der Arbeitslosigkeit, die der Schließung der Silberminen folgte. Die Nachfrage beeinflusst natürlich die Kunst grundlegend, sodass man heute nicht nur mit Perlen gelegte und mit Peyote-Mustern verzierte blaue Hirsche
und Jaguarköpfe findet, sondern auch Colaflaschen, Gitarren und sogar VW-Käfer, bei denen fraglich ist, ob sie der Handarbeit der Ureinwohner zur Ehre gereichen. Selbst vor der Computerdesign-Welt machte die Kunst der Huicholen nicht Halt. Beim Surfen in Videoportalen findet man zahlreiche Animationen mit Figuren, die in moderner Technik die Mythologie der Huicholen erzählen. Auch nach einem Joint verheißen sie einen angenehmen kulturellen Ausflug.
59
A’LA CANNA
Mexikanisches Grün Quesadillas mit Guacamole Zutaten für 4 Personen Guacamole: 2 reife Avocados Saft einer Limone 1 kleine Tomate 1 kleine grüne (kalifornische) Paprika 2 Knoblauchzehen 1 kleine Zwiebel (Schalotte wäre ideal) 1 Handvoll frischer Koriander Salz, Pfeffer ein paar Tropfen Tabasco oder eine Messerspitze Chilipulver 10 g spezielles Grüngewürz (Blätter, Stängel) ls eines der berühmtesten Gerichte der mexikanischen Küche sind Quesadillas schnell und einfach zubereitet und unbedingt frisch zu genießen, weil sie schnell braun werden. Es folgt ein Grundrezept, das nach Belieben verändert und gewürzt werden kann. Die einzige wichtige Zutat ist die Avocado, die wegen ihrer mehrfach ungesättigten Fettsäuren ein ausgezeichnetes Mittel gegen hohen Blutdruck, Arterienverkalkung und Magenprobleme ist. Außerdem fördern ihre B-Vitamine die Produktion des Schlafhormons (Melatonin) in den Hirnzellen.
A
60
Quesadillas: 8 fertige Tortillas 100 g Reibekäse (mit möglichst markantem Geschmack) Olivenöl zum Braten optional: Senf, Tomatenscheiben, geröstete Zwiebeln, Koriander etc. (Blätter, Stängel oder 1–1,5 g Blüten)
Zubereitung Zwei Teelöffel Chilipulver oder Tabasco mit dem Limonensaft verrühren, dann das fein gemahlene (!) spezielle Grüngewürz dazugeben. Das Gemisch eine Stunde ziehen lassen. Die Avocados halbieren und das Fruchtfleisch zusammen mit der klein geschnittenen Zwiebel in den Saft geben. Mit einem Pürierstab gründlich bearbeiten, aber darauf achten, dass es nicht zu cremig wird. (Die originale Guacamole ist auch etwas klumpig. Das Fleisch der reifen Avocado wird mit der Gabel zerdrückt, die Zutaten werden kleingeschnitten dazugegeben. Diese Variante ist auch eine fantastische Sandwichfüllung.) Die Creme kann man auch anders zubereiten: Das Grüngewürz mit einer halben Tasse Öl in der Pfanne erhitzen, ergibt Cannaöl. Dazu gibt man die Avocados, die Zwiebel und das Chiligemisch, am Ende mit etwas Zitronensaft verfeinern. Letzteres gibt der Creme einen besonders pikanten Geschmack, gleichzeitig wird das THC aufgenommen, was Essig verhindern würde. Für die Quesadillas zuerst den Käse reiben. Dann in der Pfanne mit etwas Olivenöl erhitzen, die Tortilla hineingeben und darauf den geriebenen Käse streuen. Die übrigen Zutaten können nach Geschmack variiert werden. Wenn die Tortilla unten braun wird und der Käse schmilzt, kommt eine weitere Tortilla darauf. Vorsichtig wenden, damit die andere Seite auch braun wird. Die Ränder backen dabei zusammen, sodass die fertige Quesadilla nicht auseinanderfällt. In Stücke geschnitten warm servieren. In Guacamole getunkt ist das eine tolle Vorspeise und dank des Grüngewürzes kann man sicher sein, dass man die Hauptspeise – was auch immer das sein mag – noch mehr genießt.
A’LA CANNA u der neuen Scheibe von U2 erschienen zahllose Blogeinträge und Artikel in den Online- und Druckmedien. Die permanente Kritik der Journalisten – schon seit Jahrzehnten – an der Band und besonders an Bono schlägt sich jetzt darin nieder, dass die Kollegen fast ausschließlich über die „empörenden“ Umstände der Veröffentlichung sprechen, aber nur gelegentlich über die Qualität des Albums. Mit The Joshua Tree revolutionierten U2 in den 70er Jahren den Poprock, in den 90ern experimentierten sie mit einer neuen Klangwelt und alternativen Ausdrucksformen und 2000 kehrten sie schließlich mit dem Album All That You Can’t Leave Behind in die Charts zurück. Schon eine dieser drei Perioden für sich genommen wäre Grund genug, die Band in die Rockgeschichte aufzunehmen; mit ihrer 13. Platte öffnen sie ein weiteres großes Tor. Zwar nicht so revolutionär wie bei den Vorgängern, aber auch das neue Material ist ein radikaler Versuch, die Klangwelt und den Stil von U2 zu erneuern. Die elf neuen Songs entfernen sich weit von dem Sound der Band auf ihrem Höhepunkt in den 80er und 90er Jahren. Die meisten sind langsam oder in einem mittleren Tempo, nur der Aufmacher The Miracle sowie Volcano haben mehr Drive. Die Gitarre
Z
Unschuldige Rockstars U2: Songs of Innocence tritt in den Hintergrund und in den meisten Songs dominiert der Gesang. Songs of Innocence ist daher keine Rockmusik, sondern erstklassiger Pop. Das heißt nicht Mainstreampop, sondern stromlinienförmige, zu Herzen und ins Ohr gehende Musik. Als hörte man die Musik zu einem noch nie gezeigten Film. Abwechslungsreiches, buntes Material.
Offene Türen, verschlossene Fenster Lana del Rey: Ultraviolence as Album Born to Die machte die Schauspielerin Lana del Rey, die mit melancholischen, depressiven Songs auftritt, zu einem Weltstar. In den seitdem vergangenen zwei Jahren war sie nicht untätig. Auf Born to Die und der ergänzenden The Paradise Edition waren 23 Songs zu hören, 2013 folgte ein Bootleg mit dem Titel Die for
D 62
Me, das weitere 15 Tracks enthielt. Sie hielt das Tempo. Im Januar 2014 begannen im Studio von Dan Auerbach die Aufnahmen zum Album Ultraviolence, das dem Publikum Anfang Juni vorgelegt wurde. Die elf neuen Songs sind intimer als die alten. Die Popmusik wird in den Hintergrund gedrängt und die früher schon bemerkbaren
Neu sind die Zurückhaltung, Makellosigkeit und Rundheit, die für U2 nie charakteristisch waren. Das Album ist natürlich ein Querschnitt des Lebenswerks, aber es klingt doch ganz anders. Beim ersten Hören meint man, es vergessen zu können; beim dritten, vierten Mal überzeugt es glatt und wir ertappen uns dabei, dass wir den Refrain eines Liedes summen, während wir den Hund spazieren führen.
Einflüsse von Indie und alternativer Musik dominieren, was nicht bedeutet, dass Schlager fehlen. Money Power Glory und West Coast können leicht auch die Hörer von Mainstreamsendern erobern. Die Hip-Hop-Gesangsthemen sind verschwunden und an ihre Stelle treten Soul- und Retro-Melodien, die in der Zwischenzeit zum Markenzeichen von AntiGaga wurden. In dem neuen Material klingen die Gitarren wieder frisch. Verzerrte Soli, klug zurückhaltende Riffs, etwas abgehobenes, lautes Geklimper. Es ist ein Albumantstanden, das melancholischer ist als die Vorgänger, ja ausgesprochen traurig und introvertiert. Statt digitaler Klänge hört man überwiegend akustische Instrumente. Ultraviolence kann beim ersten Hören vielleicht eindimensional, zu langsam wirken. Wenn man aber den Songs Zeit lässt, man sich an sie gewöhnt, sie zu Ohrwürmern werden lässt, entfalten sie ihre Wirkung in dem schon bekannten Raum. Lana del Rey ging durch die Veränderung ihres Erfolgsrezepts ein ökonomisches Risiko ein. Gut möglich, dass viele etwas anderes erwarten, die Scheibe anhören und sie enttäuscht beiseitelegen, aber genau dieser Wagemut unterscheidet sie von den durchschnittlichen Vorzeigediven. Das beweist am besten die Tatsache, dass sie ihre Musik und Texte selbst schreibt, sie nicht nur eine Vortragende, sondern auch eine wahre Schöpferin ist.
A’LA CANNA
Teufel und Engel Salman Rushdie: Die Satanischen Verse or 25 Jahren verhängte Ayatollah Chomeini über Salman Rushdie wegen der Satanischen Verse die Fatwa, die nicht nur den Ausschluss aus der Gemeinschaft, sondern auch den Tod bedeutete. In den letzten mehr als zwei Jahrzehnten wurde der Roman in viele Sprachen übersetzt. Sein Autor ist seit mehr als zehn Jahren gezwungen, sich zu verstecken; durch den Roman aber und die Aufmerksamkeit, die er erhält, wurde er zu einem der bekanntesten und anerkanntesten Schriftsteller der Welt. Die beiden Protagonisten der Geschichte, Gibril Farishta und Saladin Chamcha, reisen in einem Flugzeug nach England. Die Maschine wird von Fundamentalisten entführt und schließlich an der Küste des Inselstaates gesprengt. Die beiden Männer überleben – durch einen glücklichen Zufall oder eher ein Wunder – den Absturz, ihr Leben aber verändert sich grundlegend. Saladins Körper verändert sich, ihm wachsen Hörner, und er verwandelt sich in einen Teufel, während Gibril zu dem Gibril aus dem Koran mutiert und dem Engel Gottes zu ähneln beginnt.
V
Die Satanischen Verse beziehen sich auf eine apokryphe Sure des Koran. In ihnen erkennt Mohamed angeblich die Verehrung von drei heidnischen Göttinnen an, die Fürsprecher vor Allah hätten werden sollen. Dies wurde später verneint, da es sich nicht um eine Eingebung der Engel Gottes, sondern des Teufels gehandelt haben soll. Eins der Hauptthemen des Buches ist also der Glaube, die Religion. Deshalb spielt diese magisch-realistische Erzählung in der Traumwelt und den Grenzregionen der Realität. Die Grenzüberschreitung thematisiert er nicht durch die Gegensatzpaare göttlich– menschlich, Traum–Realität, sondern auch über die Heimat: Indien–England, Zuhause–Fremde. Rushdies monumentales Werk überschreitet die Grenzen von Raum und Zeit, seine Helden sind zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten gleichzeitig. Das trifft ganz besonders auf Farishta zu, der die Rolle des Erzengels Gibril übernimmt. Mythos, Realität und Traum vermischen sich in dem Werk des indischen Schriftstellers. Ein
großartiger Roman über Glauben, Zweifel, Emigration und Vaterlandsliebe, West und Ost gleichermaßen.
Was ist – schon wieder – mit der Welt los? Mario Vargas Llosa: Alles Boulevard er Nobelpreisträger behauptet in seinem neuen Buch, dass die Kultur im traditionellen Sinne, also jene, die auf Büchern, unter anderem auf der Bibel basiert, im Sterben liege und an ihre Stelle immer stärker die von audiovisuellen Medien beherrschte Boulevardzivilisation trete. Man muss Mario Vargas Llosa nicht zustimmen, aber die Symptome, die er aufzeichnet und in gründlicher, ausdauernder Arbeit sammelt, verdienen in jedem Fall Aufmerksamkeit. Das Buch ist trotz des ernsten Themas gut lesbar und offenbart uns seine Gedanken in sieben Kapiteln. Die Kapitel eröffnet jeweils ein Essay zu einem großen Thema – der Begriff der Kultur, die Lage der Bildung, die Erotik, die Verbindung von Politik und Medien beziehungsweise Glauben. Ihnen schließen sich zwei aus aktuellem Anlass entstandene, schon veröffentlichte Artikel an. In seinen Texten geißelt Llosa vieles und erhebt Einwände gegen die Frivolität, die Allmacht der Vergnügungen, die Oberflächlichkeit, die Herrschaft der Bilder über die Texte, die Entartung der bildenden Kunst, den Tod
D
der Kritik, den Mangel an Respekt, die Gleichgültigkeit gegenüber den öffentlichen Angelegenheiten, die Verblödung durch das Internet, die leichten Drogen usw. Seine Argumente sind gut strukturiert; seine Gedanken formen ein Weltbild. Mit dem Denker, der sich selbst als Liberaler bezeichnet, könnte man über zahllose Punkte diskutieren; wie gesagt, muss man nicht mit ihm konform gehen, aber es lohnt sich, das Buch zu lesen, nicht nur weil es lohnt, der Meinung des letzten Dinosauriers Aufmerksamkeit zu schenken, sondern weil die eine oder andere seiner Feststellungen auch unser eigenes Weltbild bereichern kann. Das Buch seziert nicht nur die spannenden Fragen unserer Zeit; es handelt sich um eine der in der heutigen Kultur dringend notwendigen Wortmeldungen angesehener Intellektueller, wie es seinerzeit Aldous Huxley oder Konrad Lorenz taten.
text: Peter Laub
63