Medijuana 19

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Nr. 19 2/2015 April-Mai

Medical & Harm Reduction Magazine

TIKUN OLAM OLAM:: CANNABIS SOLL MEDIZIN SEIN! Von der Kabbala zur modernen Medizin

DER SKUNK-MYTHOS UND DIE CANNABINOIDE KALIFORNISCHE MANIKÜRE Als Trimmarbeiter in San Francisco

KOALITION DER CANNABISPATIENTEN Die Lehren der Prager Gesundheitskonferenz

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Liebe Leute! ie Frühjahrsausgabe des Medijuana Magazins wird auch auf mehreren Veranstaltungen ausliegen, über die wir hier ausführlich berichten. Neben dem Marijuana March im Mai werden wir dieses Jahr auch an einigen Mainstream-Events teilnehmen, bei denen es nicht ausdrücklich um Hanf geht und nicht unbedingt Hanffreunde angesprochen werden. Denn wir möchten auch jene Leute über die medizinischen Werte des Cannabis informieren, die bisher noch nicht davon gehört haben. Frühling Vital in der Wiener Neustadt ist eine dieser Veranstaltungen, wo wir mit unseren Partner/innen und Aktivist/innen zusammen die Medijuana Hanfstraße aufbauen werden, um die Vielfalt des Hanfs zu zeigen – sein industrielles und wirtschaftliches Potenzial ebenso wie seine medizinischen, therapeutischen Werte. In diesem Zusammenhang dürfte von Interesse sein, dass sich in den letzten Monaten mehrere Firmen und Organisationen gemeldet haben, die zu einer Zusammenarbeit bereit sind und gerne als Vertriebsorte fungieren würden. Wir denken, dass es für die Durchsetzung der Patientenrechte und zur Förderung der gesellschaftlichen Akzeptanz der von ihnen gewählten Therapieform hilfreich wäre, wenn sich Akteure anschlössen, die nicht mit der rekreativen Cannabisszene in Verbindung stehen. Zu ihnen zählt auch Tikun Olam aus Israel: Dieses Unternehmen baut für etwa 5000 Patient/ innen Cannabis an. Ihre neuesten Züchtungen sind – zumindest hier in Europa – aus medizinischer Sicht hervorzuheben. Wir berichten über verschiedene Cannabissorten und ihre Wirkung in Bezug zu Multipler Sklerose, weiterhin über die medizinische Frühjahrskonferenz in Prag, wo der Zusammenschluss von Medizinalcannabispatient/innen und Aktivist/innen auf diesem Sektor die International Medical

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IMPRESSUM Chefredakteur: Gabor Holland Autoren: Bob Arctor, Jack Pot, Marcel Klos Markus Berger, Martin Müncheberg, G.B.I. Tomas Kardos, Peter Laub, Iga Jeziorska Kevin Herzig, Toni Straka Lektorin: Helen Bauerfeind Design & Photos: Gergely Vaska Verantwortlicher Herausgeber: G. Holland CK & MEDIJUANA PUBLISHING KN Advertising s.r.o. 945 05 Komarno 5. Eötvösa 57/20. E-mail: medijuana.at@gmail.com Web: www.medijuana.eu

Cannabis Patients Coalition ins Leben rief, und wie üblich stellen wir Euch Patientengeschichten vor. Weniger medizinischen Bezug haben die urbanen Legenden, die sich um SkunkSorten ranken und vom erhöhten Risiko des Auftretens mentaler Erkrankungen wie Schizophrenie handeln. Unsere Recherchen zu diesem Thema erbrachten interessante Ergebnisse. Überflüssig zu sagen, dass die Wissenschaft diesen Glauben inzwischen nicht mehr teilt. Erstaunlich ist allerdings, dass irreführende Medieninformationen auf die ungenaue Ausdrucksweise der Wissenschaft zurückzuführen sind. Details in unserem Artikel. Weiterhin berichten wir über die Erfahrungen, die ein junger Freund von uns in der kalifornischen Cannabisindustrie machte, wo er eine Saison als Trimmer arbeitete. Und es geht um unsere eigenen Erfahrungen, die wir in Barcelona sammelten, als wir uns anlässlich der Spannabis in der katalanischen Hauptstadt umsahen, wo es letztes Jahr noch getürkte Cannabis Clubs in Hülle und Fülle gab. Parallel zu einer der größten Hanfausstellungen Europas fanden in aller Stille die World Cannabis Conferences statt, mit namhaften Teilnehmer/innen, die ebenfalls interessante Themen diskutierten. Auch Nachrichten mit politischem Bezug gibt es, diesmal hauptsächlich aus Österreich. Und wie gewohnt stellen wir ein, zwei ausgezeichnete Cannabissorten vor. Wir empfehlen Euch Vaporizer, mit denen man nicht nur ein reineres Erlebnis erzielt, sondern auch eines, das weniger schädlich ist als das Rauchen eines Joints. Da für viele in dieser Hinsicht der Genuss in Speisen am besten geeignet ist, haben wir eine populäre Süßspeise mit ein wenig Cannabis getunt. Wir wünschen angenehme Lektüre!

Der Red.

IN ZUSAMMENARBEIT MIT

Medical & Harm Reduction Magazine

INDEX AEROPONIK SYSTEMS ATAMI

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BUSHPLANET

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CITY GROW

U3

DINAFEM SEEDS

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FUTURE GROW

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FRÜHLING VITAL

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GH POWDER FEEDING

13

GREEN CLUE

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GROW CITY RETAIL GROW & MORE

2–3 38

HANF MUSEUM BERLIN

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HEMP EMBASSY VIENNA

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HERBALIST

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HUG‘s

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INDOOR-GROW.AT

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INDRAS PLANET

15

JAH B COFFEE

35

JELLY JOKER

45

LAMOTA DISTRIBUCIÓN

53

MIHA

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MEDICAL CANNABIS BIKE TOUR

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MEDICAL CANNABIS MOTORCYCLES TOUR NACHTSCHATTEN VERLAG ÖSTERREICHISCHER HANF VERBAND PLAGRON PUFF AND STUFF

4 63 58 10, U4 14

ROYAL QUEEN SEEDS

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SEEDPLANET

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SERIOUS SEEDS

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STECK-IT

25

SWEET SEEDS

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UNITED SEED BANKS

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VAPOSHOP

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Der Herausgeber von Medijuana weist alle Leserinnen und Leser darauf hin, dass der Handel mit lebensfähigen Hanfsamen sowie Verkauf, Besitz und Lieferung derselben in mehreren Mitgliedsstaaten der Europäischen Union als illegal gelten! Sämtliche Inhalte sind zu Informations- bzw. Unterhaltungszwecken gedacht. Wir möchten keineswegs dazu beitragen, dass jemand in seiner Heimat bestehenden Gesetzen zuwiderhandelt. Es ist nicht Anliegen des Herausgebers von Medijuana, irgendjemanden zur illegalen Nutzung der in der Broschüre erwähnten Produkte anzuregen. Der Herausgeber trägt keine Verantwortung für Aussagen, die auf verkauften Anzeigenflächen erscheinen. Sämtliche Meinungen im Redaktionsteil stammen von den Autoren und decken sich nicht in jedem Falle mit dem Standpunkt des Herausgebers. Gelegentlich ist es nicht möglich, den/die Inhaber des Urheberrechts zu identifizieren oder mit ihm/ihr Kontakt aufzunehmen, daher übernehmen wir im Falle des Nachweises von begründeten Urheberrechtsansprüchen auch im Nachhinein die Zahlung einer bestimmten Vergütung. Wir gehen bei sämtlichen Texten und Bildern bis zur Erklärung des Gegenteils davon aus, dass sie uns zur Veröffentlichung zugesandt wurden. Für die Vervielfältigung der Broschüre – auszugsweise oder als Ganzes – ist die schriftliche Erlaubnis des Herausgebers erforderlich, auch wenn die Vervielfältigung nicht zu kommerziellen Zwecken erfolgt. Alle Rechte vorbehalten!

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INHALT LIEBE LEUTE!

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MEDI+GREEN WENN GOOD NEWS LEIDER GAR KEINE NEWS SIND

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NEUE VORSCHRIFTEN FÜR DIE KATALANISCHEN CSCS

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HOLLAND KONTERT

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COLORADO ÜBERTRIFFT SICH SELBST

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ÖSTERREICH: GEPLANTES ENDE VON STRAFANZEIGEN BEI EIGENGEBRAUCHSMENGEN

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MEDIZIN URBANE LEGENDE: SKUNK-WAHNSINN Der Skunk-Mythos basiert auf oberflächlichen Kenntnissen über Cannabinoide

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CANNA+GLOBE SPANNABIS 2015 feat. World Cannabis Conferences

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MEDI+GREEN VORBEREITUNGEN ZUR LEGALISIERUNG UN-Drogenkonferenz in Wien

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MEDIZIN TIKUN OLAM: CANNABIS SOLL MEDIZIN SEIN! Von der Kabbala zur modernen Medizin

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CANNA+GLOBE KONZENTRATE VERDAMPFEN

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MEDIZIN KOALITION DER CANNABISPATIENTEN Die Lehren der Prager Gesundheitskonferenz

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INHALT MEDIZIN 40–41

„ICH STELLE MEIN LEBEN ÜBER EIN UNSINNIGES GESETZ”

MEDI+GREEN 42

HOCHAGGRESSIVER BRUSTKREBS UND CBD

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MEDIZINISCHE RADTOUR IN DEN NORDEN

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FRÜHLING VITAL Die Gesundheitsmesse in Wiener Neustadt

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MEDIZIN 44–45

CANNABIS STATT OPIATEN Die Geschichte des Vorsitzenden der ARGE CANNA

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CANNABIS: MEDIZINISCHE SORTEN UND DIE BEHANDLUNG VON MULTIPLER SKLEROSE

VOLLBLUT 48–50

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10 JAHRE MIT SWEET SEEDS In der Saison 2015 feiern wir unser zehnjähriges Bestehen BIDDY EARLY: GESCHAFFEN FÜR DIE FREIE NATUR (Serious Seeds)

CANNA+GLOBE 42

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KALIFORNISCHE MANIKÜRE Als Trimmarbeiter in San Francisco

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DIE JAH B COFFEE STORY Ein Rasta wird Jamaikas erster unabhängiger Kaffee-Produzent

A´LA CANNA 62

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REFORMPALATSCHINKEN

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MEDI+GREEN

Wenn Good News leider gar keine News sind ür kräftige Verwirrung sorgte der österreichische Justizminister Wolfgang Brandstetter Mitte März mit seiner Ankündigung, den Besitz kleinerer Mengen von Drogen straffrei stellen zu wollen. Doch die erste Euphorie verflog bei näherer Betrachtung der spärlichen Details rasch. Denn der Justizminister will lediglich den Justizapparat entlasten, Cannabiskonsument/ innen müssen sich weiterhin den umstrittenen „gesundheitsbezogenen Maßnahmen” unterziehen. Damit bleibt eigentlich alles beim Alten. Die viel diskutierte Freimenge einiger Gramm Cannabis wird so bald nicht kommen. Wenn man mit einer kleinen Menge erwischt wird, ist wie bisher eine Mitteilung an die Gesundheitsbehörde vorgesehen. Neu wäre, dass diese Behörde überwachen bzw. kontrollieren muss, ob der/die Drogenkonsument/in die gesundheitsbezogenen Maßnahmen auch befolgt. Tut er/sie das nicht, schaltet die Gesundheitsbehörde die Justiz ein. Bei der geplanten Änderung handelt es sich damit um eine Verfahrensstraffung, aber keine Liberalisierung. Von den rund 28.000 jährlichen Anzeigen nach dem Suchtmittelgesetz (SMG) entfallen rund 25.000 ausschließlich auf Cannabiskonsum. Schon jetzt werden diese Anzeigen im Regelfall auf eine Probezeit von zwei Jahren zurückgelegt. Für Konsument/innen bedeutet dies aber vor allem regelmäßige Harntests während der Probezeit und zumeist auch die kostenaufwendige Beibringung diverser ärztlicher Gutachten für Führerscheinbesitzer/ innen. Dies, obwohl der österreichische Verwaltungsgerichtshof schon vor über zehn Jahren entschied, dass gelegentlicher Can-

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nabiskonsum keine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit darstellt. Instanz sieht „Raum für legalen Cannabisanbau” Während es an der Legalisierungfront für Konsument/innen also weiterhin unverändert aussieht, konnte die österreichische Grow-Branche einen wichtigen Etappensieg beim Wiener Oberlandesgericht einfahren. Ein Cannabisgärtner aus der Wiener Neustadt hatte gegen die Beschlagnahme von rund 4000 Stecklingen Widerspruch eingelegt und dabei ausgeführt, dass er nichts anderes als die anderen Betriebe der Branche mache.

Das Gericht folgte dieser Argumentation: „Der Schlussfolgerung der Anklagebehörde, wonach bei lebensnaher Betrachtung schon der Anbau potenter Cannabispflanzen den auf Suchtgiftgewinnung gerichteten Vorsatz begründe, kann ohne weiteres Beweissubstrat in dieser Allgemeinheit nicht beigetreten werden”, erkannte das OLG. Dies „käme einem generellen Anbauverbot derartiger potenter Cannabispflanzen gleich. Dem Gesetz ist jedoch ein generelles Aufzuchtsverbot von Cannabispflanzen, mag es sich auch um THC-haltige Sorten handeln, nicht zu entnehmen.” Die Richter schlussfolgerten: „Im Rahmen dieser Grenzen gibt es daher Raum für legalen Cannabispflanzenanbau.”

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MEDI+GREEN

Neue Vorschriften für die katalanischen CSCs Die spanischen Cannabis Social Clubs erleben stürmische Zeiten. Während alle Welt glaubt, in Katalonien das neue Amsterdam zu entdecken, wurden die Betriebsbedingungen für die CSCs verschärft und ein Drittel der Clubs geschlossen. as katalanische Gesundheitsministerium gab Informationen für den reibungslosen Betrieb der CSCs heraus. Von den 17 Punkten sind folgende hervorzuheben: Die Mitglieder, also die regelmäßigen Cannabiskonsument/innen, müssen spanische Staatsbürger/innen und über 18 Jahre alt sein;

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sie können nur in einem CSC Mitglied werden. Für die Aufnahme benötigen sie die Empfehlung eines anderen Mitglieds. Die Clubs dürfen täglich acht Stunden geöffnet sein und sonntags sowie in der ersten Wochenhälfte spätestens um 22 Uhr schließen, freitags und samstags um Mitternacht. Der Verkauf von Alko-

hol und anderen Drogen ist in den Clubs verboten. Der Verband der katalanischen Cannabisvereine (CatFAC) begrüßte die Klärung der rechtlichen Voraussetzungen, die nicht nur den reibungslosen Betrieb garantierten, sondern darüber hinaus klarmachten, dass die Verwaltung ein offenes Ohr für gesellschaftliche Initiativen hätte. CatFAC merkte gleichzeitig an, dass mit der Regulierung des Anbaus und des Handels noch mehr für die Gesundheit der Clubs und der Mitglieder getan werden könne. Auch Oriol Casals würdigte im Namen der zivilen Drogenbeobachter (Observatorio Civil de Drogas) diesen Schritt. Das Parlament jedoch beanstandete, dass die Verwaltung die Angelegenheit mit ihren Vorschlägen beiseiteschieben würde, und diese Vorschläge zum Teil wenig mit dem Gesundheitswesen zu tun hätten, andererseits die Freiheit der Vereine unangemessen beschränkten. In diesen Zusammenhang fällt die Forderung, dass die Mitglieder spanische Staatsbürger sein müssen und nur einem Club angehören dürfen. Dies sei eine Einschränkung der verfassungsmäßigen Rechte der Clubs. Vorläufig ist nicht bekannt, ob in den übrigen Landesteilen Spaniens ähnliche Änderungen der Vorschriften zu erwarten sind.

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Holland kontert as Tauziehen um die Legalisierung in Washington, D.C. geht weiter. Obwohl das Gesetz schon in Kraft ist, gibt der Kongress nicht nach und versucht den Start des legalen Cannabismarktes nach Kräften zu verzögern. Der Oberbürgermeister argumentierte unter anderem, er wolle nicht, dass Washington, D.C. das „neue Amsterdam“ werde. Die niederländische Botschaft in der amerikanischen Hauptstadt reagierte geistreich auf die Beleidigung und zeigte mit einer Infografik, warum die Amsterdamisierung keine so große Katastrophe wäre. Die Bevölkerungszahl beider Städte ist ähnlich, in Amsterdam leben 150.000 Menschen, den Bewohner/innen stehen aber in der Stadt 250 Meilen Radwege zur Verfügung, im Vergleich zu den 50 Meilen in Washington, D.C. Wer mit der Straßenbahn fahren möchte, hat in Amsterdam 15 Linien zur Auswahl, in der amerikanischen Hauptstadt keine einzige. Eine Darstellung der Vorzüge der Grachten konnte man natürlich auch nicht auslassen. Ein wesentlicher Unterschied ist aber, dass die Justiz in Amsterdam den Besitz von fünf Gramm Cannabis, das heißt 0,176 Unzen, toleriert, und man in Washington, D.C., nach dem am 26. Februar 2015 in Kraft getretenen Gesetz, mit bis zu 2 Unzen, also 56 Gramm Cannabis in der Tasche, unbehelligt vor dem Weißen Haus herumlaufen kann. Über 21-Jährige können pro Kopf maximal sechs Pflanzen und pro Haushalt zwölf Pflanzen ziehen. In Amsterdam ist der Anbau von Cannabis verboten, obwohl die Justiz einen Kleinanbau von bis zu fünf Pflanzen pro Haushalt als geringfügigen Gesetzesverstoß behandelt. In den niederländischen Coffeeshops kann ein Erwachsener pro Besuch maximal fünf Gramm Cannabis kaufen und der Laden darf pro Tag 500 Gramm auf Vorrat halten. Dies ist außerdem nicht gesetzlich verankert, sondern fällt in die Kategorie Duldung. Es ist daher ausgeschlossen, dass die Käufer Schlange stehen und pro

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Kopf 30–40 Gramm bekommen, wie man es in Colorado sehen kann. Washington, eines der geistigen Zentren des Drogenkrieges, wird sich Amsterdam also nicht anpassen; es wird die Cannabisfrage liberaler behandeln. Auch andere Zeichen deuten darauf hin, dass sich das Paradies der Hanffreunde nach Amerika verlagern wird. In Holland trat am 1. März 2015 ein Gesetz in Kraft, das die Growshops, deren Zahl mit dem Hanfanbau gestiegen ist, praktisch verbietet. Der Verkauf von zum Cannabisanbau nötigen Utensilien – Nährmittel, Lampen, Zelte etc. gilt ab sofort als Beihilfe zum Cannabisanbau und fällt unter Strafe. Einen Tag nach Inkrafttreten des – der „Cannabistoleranz“ vollkommen unwürdigen – Gesetzes wurden in der Provinz Brabant schon in drei Läden Razzien durchgeführt, wobei unter anderem Wasserfilteranlagen, Rohre, Folienzelte bzw. Leuchtstoffröhren beschlagnahmt wurden. Die Betreiber der Anlagen müssen mit Anklagen rechnen. Wenn die Amsterdamisierung so aussieht, ist es sogar besser, dass Washington, D.C. seinen eigenen Weg geht.


MEDI+GREEN ur schwer kann man bestreiten, dass die Legalisierung in Colorado von A bis Z eine Erfolgsgeschichte ist. Es ist gelungen, den Cannabishandel zu legalisieren und gleichzeitig die Zahl der Gras rauchenden Teenager, dem Trend der vergangenen Jahre folgend, weiter zu senken. Die Zahl der Gewaltverbrechen ging ebenfalls zurück, der Tourismus wuchs und die Steuereinnahmen übertrafen alle Erwartungen. Denkt man an die Kampagne von 2012 zurück, erinnert man sich vielleicht, dass der Plan Verbrauchssteuern von 15% auf der Großhandelsebene vorschrieb und die ersten eingenommenen 40 Millionen Dollar aus der Legalisierung in den Schulbaufonds fließen sollten, der Rest in den Staatssäckel. Nun betrugen die Einnahmen mehr als 50 Millionen Dollar und nach der Erfüllung seiner Verpflichtungen sieht sich der Staat mit einem unerwarteten Dilemma konfrontiert. Die Verfassung von Colorado legt nämlich fest, dass den Bürger/innen eine Rückerstattung zusteht, wenn die Einnahmen ein gewisses Maß übersteigen. Die Steuereinnahmen aus dem Cannabishandel haben diese Summe bereits überschritten, sodass die Bürger/innen von Colorado berechtigt

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Colorado übertrifft sich selbst sind, an den hohen Steuereinnahmen zu partizipieren. Die Parteien sind allerdings anderer Meinung – weder die Demokraten noch die Republikaner wollen der Bevölkerung einen Cent zukommen lassen. „Ich glaube, am besten würden wir das Geld aus dem Marihuana für etwas verwenden, das die Bürger wollen“, sagte zu diesem Thema der Senatspräsident der Republikaner, Bill Cadman , der von dem berechtigten Anliegen der

Wähler/innen, die das Geld am Liebsten in der eigenen Tasche hätten, nichts hören will. Stattdessen müssen die Bürger/ innen von Colorado nun entscheiden, ob mit ihren Steuergeldern ein Vorbeugungsprogramm organisiert oder es für die Fortbildung der Polizei verwendet werden soll. Ein schwacher Trost, dass sie ihre Empörung wenigstens legal mit einer frei gewählten Ganjasorte lindern können.

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MEDI+GREEN

Österreich: Geplantes Ende von Strafanzeigen bei Eigengebrauchsmengen leinere Mengen Cannabis und anderer sogenannter Suchtmittel, deren Besitz für den Eigengebrauch gedacht ist, könnten in Zukunft nicht mehr zu einer Strafanzeige führen. Das soll im Zuge einer Strafrechtsnovelle umgesetzt werden. Geplant ist, dass zukünftig nur noch eine Meldung an die Gesundheitsbehörde erfolgt, welche dann „gesundheitsbezogene Maßnahmen“ auferlegt. Sollten diese nicht befolgt werden, wird der Fall an die Justiz weitergeleitet. Die geplante österreichische Reform ähnelt dem portugiesischen Modell. In Portugal ist der Besitz von Drogen für den Eigengebrauch entkriminalisiert: Wird man erwischt, muss man einen Termin mit einem Psychologen, einem Sozialarbeiter und einem Juristen wahrnehmen. Das Modell funktioniert gut, Todesfälle bei „harten Drogen“ sind rückläufig, die Konsumentenzahlen stabil bis rückläufig, und in der Regel wird der Besitz zum Eigengebrauch auch nicht mehr groß durch die Polizei verfolgt. Als Obergrenze bei Cannabis soll eine Menge von 20 Gramm THC in Reinsubstanz

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gelten. Darunter wird schon jetzt in der Regel das Verfahren eingestellt. In Cannabisblüten umgerechnet sind das zirka 100 Gramm bei zwanzigprozentigem Material. „Es geht nicht um eine Entkriminalisierung, sondern man versucht hiermit dem Umstand zu begegnen, dass eine Sucht eine Erkrankung ist und man darauf auch schnell reagieren muss“, heißt es aus dem Justizministerium. Auch das Gesundheitsministerium betont, dass somit das in Österreich seit Langem verfolgte Prinzip „Therapie statt Strafe“ stärker in den Vordergrund gestellt werden soll. Hierbei handelt es sich nicht um eine Cannabis-spezifische Regelung, somit sind auch keine Verbesserungen für Cannabispatienten geplant. Deshalb gibt es noch dringenden Handlungsbedarf für das Gesundheits- sowie Justizresort: Es muss Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit dahingehend geleistet werden, dass Cannabispatienten auf ihre Medizin in ausreichender Menge, konstanter Verfügbarkeit und einwandfreier Qualität angewiesen sind.



MEDIZIN

„Die Gefahr einer Psychose liegt beim täglichen Konsum von Skunk-Sorten fünfmal höher.“ Diese Nachricht geisterte im Februar durch die Weltpresse. Wer das Glück hat, eine Sorte nach seinem Geschmack zu konsumieren, und wer die Palette der Ganjasorten ein wenig kennt, wird sich fragen: Warum ausgerechnet Skunk? Sind einige der vielen Skunk-Varianten wirklich gefährlich? text: Bob Arctor

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Urbane Legende: Skunk-Wahnsinn Der Skunk-Mythos basiert auf oberflächlichen Kenntnissen über Cannabinoide er Name „Skunk“ klingt heute nicht mehr so verlockend wie Anfang der 2000er Jahre. Er kommt in Kreuzungen vor und die Gruppe der Skunk-Sorten ist heute ziemlich heterogen. Man denke nur an das legendäre Skunk #1, an das mit Hindu Kush veredelte Hindu Skunk oder an das mit Cannabidiol getunte CBD Skunk Haze. In die geschlossenen Räume der Laboratorien dringen selten die Aromen der neuen Zeit, daher glauben einige Vertreter der britischen Wissenschaft seit einem Jahrzehnt unerschütterlich daran, dass man einige Symptome eindeutig den Skunk-Sorten zuschreiben kann.

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Erstmalig traten die Skunks 2007 ins Rampenlicht, als der britische Independent sich für seine jahrzehntelange Unterstützung der Cannabislegalisierung entschuldigte. Die „schädlichen“ Wirkungen der Skunk-Sorten mit hohem THC-Gehalt, die sogar psychische Erkrankungen hervorrufen könnten, hatten die Zeitung von der Gefährdung für die Cannabiskonsument/innen überzeugt. Die aufgekommene Hysterie führte dazu, dass sachkundige Vertreter/innen der Wissenschaft die Kenntnisse des Independent auffrischten und der medizinische Chefredakteur des Blattes nach ein paar Monaten des Nachdenkens seine Einstellung überdacht


hatte. Die superpotenten Cannabissorten bezeichnete er als Kuriosa und erklärte, es gäbe Belege dafür, dass der Cannabiskonsum im schlimmsten Fall das Risiko der Ausbildung von Schizophrenie um 1% steigern könne. Zwei Jahre später argumentierte das britische Innenministerium – sich auf eine andere Studie berufend – für die Eingruppierung des Cannabis in die Kategorie der gefährlichsten Drogen.

Nur das Verhältnis entscheidet Die Studie, welche die Forscher des King´s College im Februar vorlegten, spricht wie ihre Vorläufer konsequent von Skunk-Sorten als Synonym für starke Cannabissorten, obwohl sie anmerkt, dass diese Sorten nicht so sehr ein hoher THC-, sondern ein geringer Cannabidiol (CBD)-Gehalt auszeichne. In der Studie ist zu lesen, dass „die geringe Menge Cannabidiol in den Skunk-Cannabissorten ebenfalls relevant sein kann, denn es gibt Nachweise dafür, dass das Cannabidiol die Psychosen erregende Wirkung des THC ausgleicht und eventuell auch antipsychotisch wirkt.“ Das ist der Punkt. Lassen wir den veralteten Skunk-Kult der Wissenschaftler beiseite, dann bleibt, dass der CBD-Gehalt die Wahrscheinlichkeit einer mentalen Störung verringert. Die Forscher bieten dafür auch experimentelle Beweise. In ihrer Studie be-

Lemon Skunk

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MEDIZIN

Grape Skunk

ziehen sie sich auf einen Bericht über gesunde Cannabiskonsument/innen. Unter jenen, die öfter schizophrene Symptome aufwiesen, fand man nur THC in den Haarproben, während sie bei Personen, die Proben mit CBD abgaben, seltener vorkamen. Aus dieser Sicht erscheint die holländische Vorstellung, nach der Sorten mit einem THC-Gehalt von mehr als 15% gefährlicher sind und als (harte) Drogen behandelt und entsprechend sanktioniert werden müssen, als verfehlt. Wenn die Vorstellung auf volksgesundheitlichen Argumenten basiert, dann müsste man eher die Sorten mit niedrigem CBD-Gehalt zurückdrängen oder ein CBDMinimum vorschreiben.

Partner in der Therapie Auch die Cannabissorten mit hohem THCGehalt haben einen Platz in der Therapie, da sie eine ausgezeichnete schmerzstillende Wirkung haben. In erster Linie werden sie von Patienten benutzt, die vorher starke Opiate gegen ihre Schmerzen genommen haben, deren Organismus sich also schon an psychoaktive Stoffe gewöhnt hat. Für sie können THC-reiche Sorten die Erlösung bedeuten. Neben der effektiven Schmerzstil18

lung ermöglichen sie ihnen, sich Schritt für Schritt von den Opiaten und ihren schweren Nebenwirkungen zu befreien. (Weitere Ausführungen dazu im Interview mit Tikun Olam.) Neben dem THC verfügt auch CBD über zahlreiche positive medizinische Wirkungen und gleicht außerdem die euphorisierende Wirkung des THC aus. Die Verbreitung und Akzeptanz der Therapie mit medizinischem Marihuana steckt in Europa im Vergleich zu den USA noch in den Kinderschuhen, obwohl der Bedarf offenkundig ist und immer mehr Menschen zugeben, dass sie es gegen verschiedene Symptome benutzen. Aufgrund wissenschaftlicher Belege und der positiven Resonanz auf die Therapie erlauben immer mehr europäische Staaten verschiedene Cannabisprodukte und den Gebrauch von Cannabis auf ärztliches Rezept. Der Anbau zu therapeutischen Zwecken ist jedoch in den meisten Ländern weiterhin gesetzlich verboten. Es ist daher ein typischer Weg, dass die Patient/innen ihr Cannabis für den medizinischen Gebrauch aus Holland bestellen. 2001 entstand das niederländische Büro für Medizinisches Cannabis (BMC), das Cannabis für Wissenschaft und Therapie anbaut und mit der entsprechenden Erlaubnis und gegen

ärztliches Rezept Hanf in die europäischen Apotheken exportiert. Das Institut züchtet vier Arten von Cannabis, die den Patient/innen bei verschiedenen Symptomen Linderung bieten. Der THCGehalt reicht von 6,3% bis 22%. Letztere Sorte würden die Wissenschaftler des King´s College wahrscheinlich zu den potentesten Skunks zählen, obwohl die Patient/innen es nicht zu sich nehmen, um high zu werden, und sie zum Glück keine psychotischen Symptome aufweisen. An das BMC wenden sich Patient/innen unter anderem wegen der Symptome von Multipler Sklerose, Parkinson und Alzheimer oder zur Linderung der Nebenwirkungen einer Chemotherapie. Es entbehrt also jeder Grundlage, die Skunk-Sorten anzuprangern und nur den hohen THC-Gehalt für den Ausbruch psychiatrischer Anomalien verantwortlich zu machen. Wichtig ist es, das Verhältnis von THC zu CBD der einzelnen Sorten und auch das Ziel des Konsums zu betrachten. Statt Hysterie zu schüren und anschließend übereilt politische Maßnahmen anzuordnen, wäre es ein aus medizinischer Perspektive wünschenswerter Schritt, Erwachsenen das Cannabis zugänglich zu machen, wenigstes aber den Patient/innen. Nach der Lektüre einer detaillierten Produktbeschreibung könnte jede/r leicht die Sorten mit niedrigem CBD-Gehalt meiden und damit das Risiko eines eventuellen Ausbruchs der Schizophrenie aufgrund einer erblichen Disposition verringern. Es wäre möglich, die passende Sorte nach den eigenen Symptomen und dem individuellen Geschmack auswählen. Aus diesem Grund ist es notwendig, so bald wie möglich einen regulierten Cannabismarkt zu schaffen.


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CANNA+GLOBE

Spannabis 2015 feat. World Cannabis Conferences Eine unglaublich lange Menschenschlange empfing uns am Freitag, als wir kurz nach der Eröffnung die Spannabis – Spaniens und vielleicht Europas größte Hanfausstellung – in Barcelona erreichten. ie lange Reihe wartender Journalisten zeugte vom großen Medienecho – selten dauert es eine gute halbe Stunde, bis man seinen Presseausweis bekommt. Und nachdem sich die Regenwolken verzogen hatten, erschienen die Massen. Die Veranstalter zählten 34.000 Besucher/innen, die von etwa 200 Aussteller/innen erwartet wurden. Wegen ihres riesigen Ausmaßes vergleicht jeder die Spannabis mit dem Prager Cannafestival, doch je mehr die beiden Veranstaltungen ihr eigenes Image entwickeln, fallen auch immer mehr Unterschiede ins Auge. Während die tschechischen Veranstalter den Hanf der gesamten Gesellschaft nahebringen wollen und Familien mit allerlei Spielen und einer organisierten Kinderbetreuung empfangen, stehen auf der Spannabis, die in einer der Partyhauptstädte stattfindet, Erholung, Ausspannen und eine selbstvergessene Stim-

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mung im Vordergrund. Die Veranstalter sind sich darüber im Klaren, dass die Besucher/ innen – trotz der viertelstündlich wiederholten Aufforderung, in der Pyramide nicht zu kiffen – dies unentwegt tun. Deshalb dürfen Jugendliche unter 18 Jahren nur in Begleitung Erwachsener hinein. Als ein Ergebnis der liberalen spanischen Drogenpolitik und der Cannabis Clubs steht auf allen weggeworfenen Beutelchen die Grassorte – ein Zeichen dafür, dass die Einheimischen ihre Sorten bewusst nach Geschmack und Stimmung auswählen. Beim Blättern in einer Dokumentation der Organisation für Schadensbegrenzung, die auch Wirkstoffkontrollen durchführt, sehen wir, dass in den letzten Jahren Sorten mit hohem CBD-Gehalt populärer geworden sind. Dies legt die Annahme nahe, dass eine große Zahl der Konsument/innen Cannabis


aus medizinischen Gründen zu sich nimmt. Deshalb misst auch die Spannabis, im Vergleich zu den Vorjahren, den medizinischen Anwender/innen größeres Gewicht bei. Auch die Qualität der Konferenz zu diesem Themenbereich hat sich gut entwickelt, ebenso die Durchführung. Zudem ist Barcelona eine Station der Veranstaltungsreihe World Cannabis Conferences, die dieses Jahr in das elegante Auditorium übersiedelte, das eine der Relevanz angemessene Umgebung bietet. Neben spanischen Referenten trugen auch viele Gäste aus Holland, Amerika und Kanada zu den Gesprächen über wissenschaftliche, medizinische und politische Themen bei. Natürlich fehlte auch das Thema Legalisierung nicht. Unter der Mitwirkung des vielleicht

bekanntesten Aktivisten, des Herausgebers des kanadischen Cannabis Culture Magazins, Marc Emery, und Julio Calzada, einem der Väter der uruguayischen Legalisierung, wurde ein interessanter interaktiver Vortrag mit anschließender Diskussion abgehalten. Auf dem Hof war die ganze Zeit Musik zu hören, Rauch stieg auf und man sah allseits breites Lächeln. Die Sonne hätte etwas mehr scheinen können – vielleicht können die Veranstalter nächstes Jahr auch dafür sorgen.

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MEDI+GREEN

Vorbereitungen zur Legalisierung UN-Drogenkonferenz in Wien Bei den Vereinten Nationen setzt nach 52 Jahren Prohibition ein Umdenken ein. Beim 58. Treffen der Commission on Narcotic Drugs (CND) Mitte März in Wien lag das Augenmerk auf Cannabis, weil der medizinische Gebrauch der Hanfpflanze weltweit zunimmt. as diesjährige Treffen stellte die Weichen für die UN-Konferenz UNGASS 2016, bei der Beobachter ein Abweichen von der bisherigen Prohibitionslinie und eine Verschiebung der Thematik in den Gesundheitsbereich erwarten, wie er etwa schon in den HIV-Richtlinien der WHO im vergangenen Winter angedeutet wurde. Erstmals war in diesem Jahr mit dem HanfInstitut auch eine österreichische Organisation vertreten. Sie wies auf die immer noch nicht zufriedenstellende Lage von Cannabispatient/innen in Österreich hin.

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Hanf-Institut-Obmann Toni Straka machte in seinem Vortrag zur Situation von Cannabispatient/innen deutlich, dass Patient/innen in Österreich nach wie vor nur einen teuren oder einen kriminellen Zugang zu Cannabis haben. Zwar werde das synthetische Cannabisextrakt Dronabinol in Österreich verschrieben. Mit Kosten von 600 Euro je Gramm Reinsubstanz THC, die von den Krankenkassen nach einem nicht nachvollziehbaren Muster nur fallweise erstattet würden, bleibe Patienten nur der Weg auf den Schwarzmarkt oder der Kauf einer eigenen Growbox. Diese Alter-

Hanf-Institut-Obmann Toni Straka

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native drücke die Kosten allerdings auch um bis zu 90 Prozent. Straka wies darauf hin, dass auch Patient/innen, die die Ausgaben für Dronabinol erstattet bekommen, natürliches Cannabis bevorzugten. „Alle Patienten, mit denen ich gesprochen habe, würden entweder die Blüten oder Cannabis-Öl bevorzugen”, sagte Straka. Ausschlaggebend dafür sei, dass es sich bei den in der Apotheke angebotenen Produkten um Monosubstanz-Präparate handelt. Viele Patient/innen verspürten jedoch beim Konsum von natürlichem Cannabis eine bessere Heilwirkung, da hier auch die anderen rund einhundert Cannabinoide – von denen die große Mehrzahl noch nicht erforscht wurde – enthalten sind. In der nur langsam voranschreitenden Legalisierungdebatte gebe es für Patient/ innen daher zwei Prioritäten. Zum einen sollte mit einer sofortigen Entkriminalisierung von Patient/innen die bisherige Kriminalisierungsstrategie begraben werden und zum anderen sollte die Erlaubnis zum Eigenanbau gegeben werden. Damit könnte man Kranken den zusätzlichen Stressfaktor der Kriminalisierung ersparen. Bei einer Legalisierung von Cannabis als Medizin sei großer Zuspruch zu erwarten, sagte Straka: „Ausgehend von den Daten in Colorado können wir in Österreich mit bis zu 200.000 Cannabispatienten rechnen.”


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MEDIZIN Das Tätigkeitsspektrum von Tikun Olam, Israels erstem Zentrum für Medizinalcannabis, ist breit: Es reicht von der Sortenveredelung bis zur Behandlung von Patient/ innen. Das Unternehmen machte mit Sorten auf sich aufmerksam, die einen hohen CBD-Gehalt besitzen und ohne psychoaktive Wirkung unangenehme Symptome lindern. Mit Ma‘ayan Weisberg, der zuständigen Mitarbeiterin für internationale Beziehungen, führten wir ein Gespräch über die Aktivitäten von Tikun Olam und die Zukunft des therapeutischen Cannabis.

Tikun Olam: Cannabis soll Medizin sein! Von der Kabbala zur modernen Medizin

text: Tomas Kardos photos: Tikun Olam

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Medijuana: Unseres Wissens bedeutet der Name Tikun Olam: „die Welt verbessern“. Die ganze Welt zu retten, ist das nicht ein hoch gestecktes Ziel? Ma’ayan Weisberg: Stimmt. Der Name entstammt dem jüdischen Glauben, genauer gesagt der Kabbala, und besagt: Wenn wir alle sie ein bisschen besser machen, können wir gemeinsam die Welt verbessern. Dieses Streben steckt hinter dem Namen, den der Gründer Tzahi Cohen gewählt hat. Cohen stammt aus einer kleinen, gläubigen Stadt im Norden, wo viele die Kabbala studieren. Cohens Vision ist es, möglichst vielen lei-

denden Menschen Cannabis zukommen zu lassen. Cannabis hilft nicht nur bei vielen Krankheiten, sondern ist auch ökologisch der Gesellschaft zuträglich, denn es ist billig, leicht anzubauen und verschmutzt die Umwelt nicht, wie viele andere Medikamente es tun. Außerdem hat es sehr wenige Nebenwirkungen, was dem Arzt einen anderen Blick auf den Patienten erlaubt. Nach langer Orientierungsphase und Forschungsarbeit gab Cohen erstmals 2007 Patienten im Endstadium Cannabis und ersuchte dann die Regierung um eine Erlaubnis, für unseren Bedarf anbauen zu


MED: Wie wird therapeutisches Cannabis heutzutage in Israel behandelt? MW: Es wird weiterhin als gefährliche Droge behandelt, aber wir haben eine Genehmigung für den Anbau und die Therapie. Patienten mit einer Spezialgenehmigung können bei uns kaufen. Momentan gibt es einen ernsten Streit unter den Wissenschaftlern, und wenn sie unseren Standpunkt teilen und auch vertreten, wird es leicht sein, die Gesellschaft vom Nutzen des therapeutischen Cannabis zu überzeugen. Ich sehe es so, dass momentan die Hälfte der Menschen diese Behandlungsmethode akzeptiert, was an sich schon einen gewaltigen Fortschritt bedeutet. Man muss aber auch hinzufügen, dass es gegenwärtig lediglich erlaubt ist, den Patienten Cannabis als letzte Möglichkeit zu geben. Das bedeutet, dass jeder Patient erst alle bekannten Therapien durchlaufen muss. Nur wenn diese erfolglos bleiben, können wir ihm Cannabis geben. MED: Wie sieht die Ausrichtung von Tikun Olam aus, wo liegt das Hauptgewicht? MW: Obwohl es viel Energie erfordert, versuchen wir allen Bereichen große Auf-

merksamkeit zukommen zu lassen, daher unterhalten wir besondere Gruppen für Forschung, Zucht und Anbau. Angebaut wird in klimatisierten Räumen, aber wir verwenden auch Sonnenlicht. Ein Computerkontrollsystem stellt sicher, dass alle Pflanzen genau die Nährstoffe, Licht und Temperatur bekommen, die sie benötigen. Wir benutzen keine schädlichen Chemikalien und bemühen uns, so organisch wie möglich zu züchten. Im Laboratorium arbeiten Biologen und Wissenschaftler an der Herstellung und Analyse unserer Produkte. Hier besteht die Möglichkeit Moleküle zu isolieren, mit denen man unterschiedliche Experimente durchführen kann, beziehungsweise zur klinischen Forschung in Zusammenarbeit mit Universitäten und Krankenhäusern. Behandelt wird in Kliniken, wo von uns speziell ausgebildetes Pflegepersonal arbeitet. Hier beraten wir die Patienten und nehmen ihre Daten auf. Im Lauf der Jahre ist eine große Datenbank entstanden, mit deren Hilfe wir den Symptomen die entsprechende Sorte zuweisen können. Dadurch können wir sehr erfolg-

Die Züchtungen “Raphael” & “Avidekel” im Treibhaus

dürfen. Nach ihrer Erteilung war er der erste Mensch in Israel, der therapeutisches Cannabis anbauen und den Patienten darreichen konnte. MED: Seitdem ist Tikun Olam stark gewachsen, gegenwärtig ist es das größte Unternehmen für therapeutisches Cannabis in Israel. Wie viele Beschäftigte habt ihr? MW: Wir haben 60 Mitarbeiter und versorgen 5000 Patienten.

“Raphael”-Baby-Klone werden gepflanzt- viel CBD wenig THC

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MEDIZIN reiche Behandlungen anbieten. Außerdem klären wir die Patienten darüber auf, was sie nehmen, mit welchen Nebenwirkungen sie rechnen müssen und im Falle der Einnahme anderer Medikamente teilen wir ihnen die Gegenanzeigen mit. Schließlich liefern wir den Patienten die Cannabisprodukte ins Haus. Die Auslieferung unterliegt strengen Sicherheitsvorschriften und geschieht mit Panzerwagen und bewaffneten Sicherheitskräften. MED: Ich nehme an, dass nicht der Patient die Wahl trifft, welche Sorte bei seinen Symptomen am besten geeignet ist. MW: Patienten mit einer Genehmigung, die sich an uns wenden, laden wir zuerst zu einer Beratung ein. Die Schwestern erfassen die Daten und nach deren Auswertung empfehlen wir eine bestimmte Sorte, die sie bei uns im Geschäft kaufen oder bestellen können. Alle Sorten, die wir anbauen, sind in mehreren Darreichungsformen erhältlich: als Kapseln, als Öl, als getrocknete Blüten oder in vorgefertigten Zigaretten. MED: Welche Mengen baut ihr an? MW: Dazu kann ich nichts sagen, aber ich nenne ein paar Zahlen zur Kalkulation. Bei uns arbeiten sechzig Menschen, es gibt insgesamt 5000 Patienten, die durchschnittlich 40–50 Gramm im Monat benötigen. MED: Welche Sorten gibt es bei euch in erster Linie? MW: Wir haben THC-reiche Sorten, solche mit gleichem Anteil von THC und CBD sowie CBD-reiche Sorten mit niedrigem THC-Gehalt. Letztere wirken am ehesten bei Entzündungen und sind durch ihre antipsychotischen Eigenschaften besonders sicher.

Unsere Sorte Avidekel wird beispielsweise bei Kindern zur Vorbeugung epileptischer Anfälle benutzt. Das ist übrigens die berühmte Sorte mit hohem CBD-Gehalt, die von der Hebrew University getestet wurde. Die Forscher haben herausgefunden, dass Avidekel, im Gegensatz zu anderen Medikamenten, über Wochen Entzündungen hemmt und die Organe keine Toleranz entwickeln, sodass die Dosis nicht erhöht werden muss und sich keine anderen Symptome einstellen. Das ist einzigartig! Die Forschungsergebnisse wurde gerade veröffentlicht und sind auf unserer Webseite abrufbar. “Erez Mutter”

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MED: Ist es mit solch erfolgreichen Sorten noch nötig, weitere Varianten zu veredeln, oder sind die vorhandenen für die vielfältigen Symptome ausreichend? MW: Selbstverständlich besteht die Notwendigkeit! Die meisten Sorten, die heutzutage erhältlich sind, wurden zur Entspannung gezüchtet, mit hohem THC-Gehalt, um sie teuer verkaufen zu können. Die Sorten AK47 und Bubba Kush klingen nicht sehr medizinisch; das sind keine Sorten, die man einem Patienten geben kann. Wir sammeln Sorten aus allen Teilen der Welt und bauen sie an, und wenn wir sie dann den Patienten geben, stellt sich heraus, dass viele eine eher therapeutische Wirkung haben als eine psychoaktive. Und darum geht es. Ich möchte nicht, dass unsere Patienten high werden, sondern dass sie sich besser fühlen und sich ihre Lebensqualität steigert. Dass sie ein normales Leben führen können, wieder arbeitsfähig werden und mit ihrer Familie zusammen sein können. Beim therapeutischen Cannabis geht es nicht darum, dass der Patient den ganzen Tag bedröhnt herumsitzt, sondern darum, ihm die Lebensqualität wiederzugeben. MED: Auf eurer Webseite gibt es Sorten mit hohem THC-Gehalt und kaum CBD, ähnlich den Sorten für den rekreativen Konsum. Wem empfehlt ihr diese Sorten? MW: Viele Patienten leiden unter chronischen Schmerzen und sie brauchen THC. Neuen Patienten geben wir keine Sorten mit hohem THC-Gehalt, nur solchen, die schon lange Zeit ihre Schmerzen mit Opiaten gestillt haben, deren Körper sich also an den Gebrauch von psychoaktiven Stoffen gewöhnt hat. Die meisten Patienten, die Sorten mit hohem THC-Gehalt benutzen, haben früher starke Opiate genommen, zum


“Eran Almog”

Beispiel Oxyconitin, aber durch den Umstieg auf Cannabis können sie sich langsam aber sicher von den Opiaten befreien. Sie berichten nicht von High-Sein, aber ihr Schmerzgefühl verschwindet, sie können wieder ihrer Arbeit nachgehen und für ihre Familie und Gemeinschaft da sein. MED: In welchen Fällen zeigen die Sorten mit gleichem Anteil von THC und CBD ihre Wirkung? MW: Nehmen wir zum Beispiel unsere Sativa-Sorte Midnight, die THC und CBD im Verhältnis 50:50 enthält. Sie ist sehr gut für onkologische Patienten geeignet, sie steigert

ihren Appetit, senkt ihre Beklemmungen und wirkt wohltuend auf das schützende Endocannabinoidsystem. MED: Wenn wir schon beim Immunsystem sind: Gibt es eine Möglichkeit, dass Patienten, die nach langer Krankheit, hauptsächlich Krebs, wiederhergestellt sind, Cannabisprodukte vorbeugend benutzen, um einem Rückfall entgegenzuwirken? MW: Ich würde mich sehr freuen, wenn das möglich wäre, ist es aber leider nicht. Bei Krebs können die Ärzte Cannabis nur verschreiben, wenn der Patient eine Chemotherapie bekommt, als vorbeugende Therapie wird es aber nicht akzeptiert. Die Genehmigung für die Patienten gilt nicht auf Lebensdauer, sondern nur sechs Monate, daher verlieren die Patienten, die den Krebs überwunden haben, sie automatisch. Wenn der Patient gesund wird und sich wieder besser fühlt, wird der Arzt ihm kein Cannabis mehr empfehlen, was traurig ist, denn die Nebenwirkungen einer Chemotherapie stellen sich nicht von einem Tag auf den anderen ein. Die Ärzte haben jedoch die präventive Nutzung noch nicht anerkannt. MED: In den Vereinigten Staaten und Europa besteht ein immer größerer Bedarf an CBD-reichen Sorten und ich weiß, dass ihr ihn gern befriedigen würdet. Wie steht es um dieses Projekt? MW: Der Staat Israel erlaubt uns keinen Export. Wir können aber gemeinsame Unternehmen gründen und Geschäftskooperationen eingehen, wie im Fall der kanadischen Firma Medreleaf. Sie verkaufen unsere Sorten und verwenden unser Know-how. Ich hoffe, dass die Regierung uns in Zukunft

Produkte von Tikun Olam (Öle, Kapseln, vorgedrehte Joints, getrocknete Blüten, Speisen)

mehr zugestehen wird, denn es wäre auch für das Land nutzbringend, man denke nur an die Steuermehreinnahmen. MED: Habt ihr einen Standpunkt bezüglich des Konsums von Cannabis zur Entspannung? MW: Für uns ist diese Frage nicht relevant. Obwohl viele Israelis es zur Entspannung nutzen, konzentrieren wir uns auf das therapeutische und medizinische Potenzial. Aus unseren Forschungen geht jedoch eindeutig hervor, dass Alkohol, Rauchen und die in weiten Kreisen benutzten rezeptpflichtigen Medikamente viel gefährlicher sind als Cannabis. Allgemein kann man sagen, dass der therapeutische Gebrauch von Cannabis sicher ist, und viele rekreative Konsumenten wissen vielleicht nicht einmal, dass sie Cannabis zur Eigentherapie verwenden. Vielleicht haben sie Kopfschmerzen oder sie sind nervös. In der modernen Welt leben wir sehr unter Stress. Wahrscheinlich nehmen viele rekreative Konsumenten es als eine Art Therapie anstelle von Tabletten und Beruhigungsmitteln. Das Wichtigste aber ist, dass Cannabis immer medizinische Qualität haben muss. Darunter verstehe ich, dass der Züchter strenge Regeln einhalten muss, beispielsweise bei Gebrauch von gesundheitsschädlichen Insektiziden und Hormonen. Wenn du etwas zur Entspannung nimmst, möchtest du gesund bleiben und keine unangenehmen Wirkungen hervorrufen, oder? Ich glaube, dass das Cannabis beim Anbau nach entsprechenden Regeln ohne Chemikalien und bei richtiger Lagerung ein Medikament ist. Und das gilt nicht nur für Medizinalcannabis, sondern allgemein. Wenn die Welt das verstanden hat, wird der Streit über den therapeutischen oder rekreativen Gebrauch irrelevant sein. MED: Wie siehst du die Rolle von Cannabis in der Medizin in zehn Jahren? Glaubst du, dass große Veränderungen bevorstehen? MW: Da bin ich sicher. Die gängigen Therapien verschmutzen die Welt, denn die Chemikalien gelangen durch den Urin in die Umwelt. Andererseits wollen die Menschen weniger Medikamente konsumieren – es genügt daran zu denken, wie viele Menschen in den Vereinigten Staaten abhängig werden und täglich an Schmerzmitteln sterben. Nun gibt es ernste Diskussionen darüber und ich meine, dass die Welt in zehn Jahren erkennen wird, dass es eine andere Wahl gibt. Die Welt, in der Ärzte und Medikamente für Patienten göttergleich waren, geht zu Ende. Ich vertraue darauf, dass sich die Menschen bewusster werden, was sie konsumieren und wie das auf sie oder die Umwelt wirkt. Und darauf, dass Cannabis für immer mehr Krankheitsbilder eingesetzt wird und Krankheiten mit seinem Gebrauch verhütet werden können. Ich glaube, mit der Zeit wird das unweigerlich eintreten. 27


CANNA+GLOBE

Konzentrate verdampfen

Dr. Dabber Ghost

onzentrate sind weltweit am Boomen; es wird geschätzt, dass sie in den USA (auf dem legalen Cannabismarkt) bereits beliebter sind als Blüten. Parallel zu diesem Trend wird auch Dabbing immer populärer. Doch was hat es mit dem Verdampfen – anstatt Rauchen – Deines Lieblingskonzentrats eigentlich auf sich? Es handelt sich hierbei nicht nur um eine gesündere Form des Konsumierens, es bietet auch viel mehr Aroma und ist um einiges effizienter! Wir werfen einen genaueren Blick auf die Geräte, die für diesen Zweck geeignet sind.

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Geeignete Arten von Konzentraten Bevor wir beginnen, ist es wichtig zu wissen, dass nicht alle Arten von Konzentraten in einem Pen Vaporizer verdampft werden können. „Gewöhnlich“ gepresstes Haschisch (das auch anderes Pflanzenmaterial enthält) kann in den meisten Vape Pens nicht verwendet werden, da es Rückstände hinterlässt, welche die Spule (Heizdraht) verstopfen und so permanenten Schaden anrichten können. Diese Vaporizer sind ausschließlich für hochqualitative Full-Melt-Konzentrate (Shatter, Wachs, Öl) geeignet. Ice-o-Lator von hoher Qualität sollte keine Rückstände hinterlassen und kann deshalb auch verdampft werden. 28

pe Pans r der besten Va ne ei t is st ho G abber rgestellt, diskrete) Dr. D ten Grades he nd er vi (u r s e in de le n rk ta rt er auf eine t aus Ti Der supe erdem operie ie Heizspule is uß D . A . kt ht ar et hö M et er bi m k d auf de er un uer star n Pen Vaporiz en ihre Lebensda eisten andere m r dem Überhitz wodurch sich e vo di s us al na r hi tu r ra be pe rü m da Te t ird en is röße niedriger Konzentrat w Durch seine G r Aroma. Das !) geschützt. ht ieht wie eine te ss ts dadurch meh au en er pf h statt Dam gnet; und da uc ei Ra ge s t werden. ch ur eg od en rw (w t für unte rten verw de O ek n rf he pe lic er nt riz fe dieser Vapo obleme an öf nn er ohne Pr 300 Züge aus. E-Zigarette, ka ht für 250 bis ic re ie er tt Ba e Die aufgeladen

Dabstar Dieser Pen Vaporizer wurde von VaporizerLiebhabern in Großbrita entwickelt und ist etw nnien as größer als der Dr. Da bber, aber auch etwas Er ist der erste Vape Pe kräftiger. n mit einstellbarer Sp annung, wodurch der die Stärke des Hits än Anwender dern kann. Der Preis de s Dabstar ist sehr attrak er produziert gutes Aro tiv und ma bzw. Hits. Er ist mi t einigen nützlichen Ac ausgestattet, z. B. ein cessoires er Glaskugel, in der ma n die Dampfproduk tio beobachten kann, bevo n r man inhaliert.

Vape Pens und wie sie funktionieren Es gibt viele (billige) Vape Pens auf dem Markt, man sollte jedoch beim Kauf vorsichtig sein. Gewisse Lötstoffe können gefährliche Gase abgeben. In diesem Artikel stellen wir Euch ausschließlich hochqualitative Vape Pens vor, die lange halten und garantiert aus sicheren Materialien hergestellt sind. Der wichtigste Teil dieser Pens ist die Heizspule, ein Draht, der die notwendige

Hitze erzeugt, um Konzentrate zu verdampfen. Die Konzentrate werden mithilfe eines Metallstochers (Dabber) oder eines anderen Gerätes direkt auf die Spule gegeben. Das Aufheizen dauert nur einige Sekunden, wodurch diese Methode eine der schnellsten und einfachsten für die Verwendung von Konzentraten ist. Die Spule ist ein sehr empfindlicher Teil (der hin und wieder ausgetauscht werden muss) und sollte nicht direkt angefasst werden.


Muad-Dib (von Magic-Flight) r berühmten den Machern de ese kleine Von Magic-Flight, der Muad-Dib. Di ch au t m m ko x, Launch Bo entwickelt, um Holzkiste wurde e ön ch rs de un w und ampfen. Wie alle nzentrate zu verd rizer in San ausschließlich Ko auch dieser Vapo ist e kt ar du ro t-P Magic-Fligh Bedienung ist zw ndgefertigt. Die ha , en ni lle or to lif s Ka da Diego, Pen, aber ger als bei einem etwas aufwendi wer t. Der Muadtiv ni fi de Investition Aroma ist diese ir (Ahornholz No len erhältlich: el od M ei zw in Dib ist d Walnuss. Was he-Lackierung) un sc Tu r die ze ar hw sc mit hr anspricht, ist Dib außerdem se uns beim Muadntie. lebenslange Gara

Andere Vaporizer Alle aufgeführten Vaporizer wurden speziell für die Anwendung mit Konzentraten entwickelt. Trotzdem gibt es immer mehr „Kräutervaporizer“, die optional auch Konzentrate verdampfen können. In den meisten Fällen braucht man dafür spezielle Konzentratsiebe oder -behälter, um zu verhindern, dass das Heizelement verstopft wird. Die deutsche Marke Storz & Bickel (die auch die Volcano Vaporizer entwickelt hat) hat kürzlich zwei tragbare Vaporizer, den Mighty und den Crafty, auf den Markt gebracht. Beide funktionieren auch mit Konzentraten sehr gut, wenn man ein Tropfenkissen verwendet. Eine billigere Option ist der Vaponic – ein Glasgerät, das durch die Hitze eines (Flammen-) Feuerzeugs Deine Kräuter oder Konzentrate verdampft. Man sollte im Hinterkopf behalten, dass bei Konzentraten eine etwas höhere Temperatur (über 200°C) einfacheres Verdampfen erlaubt. Wir empfehlen außerdem, immer die Bedienungsanleitung des jeweiligen Geräts zu lesen oder Informationen online abzurufen.




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MEDIZIN

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MEDIZIN

Koalition der Cannabispatienten Die Lehren der Prager Gesundheitskonferenz Vom 4. bis 7. März fand in Prag die internationale Medical Cannabis Conference statt. Zu der Veranstaltung kamen Ärzte, Apotheker, Aktivisten und Patienten aus zahlreichen Ländern und aus unterschiedlichen Fachrichtungen. Im Verlauf der Konferenz wurde die International Medical Cannabis Patients Coalition (IMCPC) gegründet. ie große Bedeutung der dreitägigen Zusammenkunft, wurde nicht zuletzt dadurch unterstrichen, dass sie vom tschechischen Gesundheitsminister und der Global Commission on Drug Policy (GCODP) eröffnet wurde. Es waren Vorträge von hohem Niveau zu hören, wobei die Vortragsthemen in der Hauptsache Spezialgebiete der Therapie im Fokus hatten, unter anderem Krebs und Tumore, Dermatologie und psychische Anomalien wie Posttraumatischer Stress (PTSD) und Psychosen. Aus drogenreformerischer Sicht war es großartig zu sehen, dass so viele Fachleute die medizinische Anwendung des Cannabis unterstützen, dass sie wissenschaftliche Beweise für die Wirksamkeit bei vielen Krankheiten vorlegen und unterdessen auch die Notwendigkeit politischer Veränderungen kundtun. Drei Tage nach der Konferenz sprachen wir mit zwei französischen Aktivisten, die an der Organisation der Konferenz beteiligt waren. Farid Ghehiouèche ist einer der Gründer von Cannabis Sans Frontières, Kenzi Riboulet ist Mitglied von Chanvre et Libertés. Medijuana: Vor drei Tagen ging die Medical Cannabis Conference zu Ende. Nun sind wir in Wien auf der alljährlichen Sitzung des

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Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung. Welche Eindrücke habt ihr von den beiden Ereignissen? Farid Ghehiouèche: Im Zusammenhang mit Prag meine ich, dass es die erste internationale Cannabiskonferenz war, die dem

Publikum vollkommen offenstand. Früher hatten wir die Vorträge einiger anerkannter Wissenschaftler, Forscher und Patienten, jetzt aber bereiten wir das Terrain vor, um die Ergebnisse auf dem Gebiet der Wissenschaft auch dem Durchschnittsbürger zugänglich zu machen. Die Datenerfassungen und Forschungsarbeiten dauern schon seit zwanzig Jahren an und es erscheinen Berichte und Studien, sodass wir über ein immer größeres Wissen zum medizinischen Potenzial des Cannabis verfügen. Die Vortragenden kamen durch ihre Forschungen zu einem gänzlich anderen Bild von Cannabis als dem, welches in vielen Ländern vorherrscht, sehr negativ ist und zum größten Teil der UNO zu verdanken ist. Auf der einen Seite verfügen Millionen von Menschen über persönliche Erfahrungen mit der medizinischen Anwendung von Cannabis und immer mehr Forscher sind auf diesem Gebiet tätig – in erster Linie in der Onkologie, in der Behandlung von Psychosen und PTSD, sowie in der Therapie vieler Infektionen, zum Beispiel HIV und Hepatitis C. Unterdessen bezeugt auf der anderen Seite die politische Welt eine sehr negative Haltung zum Cannabis. 37


MEDIZIN MED: Da es sich nun um die erste Konferenz dieser Art handelt, meinst du, dass wir Zeugen einer entsprechenden Orientierung der Politik hin zum Cannabis werden? FG: Hier in Wien sieht man, wie weit wir von diesem Denken noch entfernt sind. Was aber auf jeden Fall positiv ist und mich mit Optimismus erfüllt, ist die Tatsache, dass die auf der Prager Konferenz versammelten Patienten, Vereinigungen und zivilen Organisationen ein neues, globales Netz mit dem Namen Medical Cannabis Coalition schaffen. Während der drei Tage der Konferenz hatten wir mehrere Treffen, auf denen wir die Deklaration erstellten, die die erste Verlautbarung dieser Patientengruppe sein wird. MED: … und der Ausgangspunkt weiterer Aktivitäten? FG: Stimmt. Wir hatten beschlossen, vor der Sitzung in Wien an der Prager Konferenz teilzunehmen, damit wir ihre Botschaft überbringen können. In Prag war auch klar, dass im offiziellen Programm der UNO-Sitzung auch Patienten über die medizinische Anwendung des Cannabis berichten werden. (Einer von ihnen war der Gründer des Wiener Hanf Instituts und unser ständiger Autor Toni Straka – Der Hrsg.) Letztes Jahr fand

eine kleine Sektion die Aufmerksamkeit der österreichischen Regierung. Ein Sprecher war der österreichische Arzt Eberhard Pirich, der auch jetzt an der Prager Konferenz teilnahm. Damals auf der Wiener UNO-Sitzung hörten wir den ersten schönen Vortrag darüber, wie Cannabis bei Schmerzen und bei weiteren medizinischen Problemen hilft. Ich erinnere mich an die Eröffnungsrede des UNO-Beauftragten Gilberto Gerra, der sagte, dass wir mit der Analyse der medizinischen Eigenschaften des Cannabis eine grüne Schatztruhe öffnen würden. Ich denke, diese Worte gehen in eine uns angenehme Richtung. Kenzi Riboulet: Ziel der Koalition ist der sichere und legale Zugang zu medizinischem Cannabis für die Betroffenen weltweit. Eine Liste von Erkrankungen, bei denen sich Cannabis als wirksam erwiesen hat, haben die Ärzte der International Association for Cannabis Medicines (IACM) erstellt. Man sieht also, dass es schon eine internationale Ärzteorganisation gibt, die mit medizinischem Cannabis forscht oder Forschungen unterstütz. Und nun meldete sich die zweite, komplementäre Seite zu Wort, die Patienten. MED: Ich nehme an, dass ihr eine enge Zusammenarbeit mit der Vereinigung anstrebt. KR: Ja, natürlich. Der französische Ableger der IAMC beispielsweise, die UFCM (L’Union Francophone pour les Cannabinoïdes en Médecine), ist eine der Gründungsorganisationen der IMPC, so kamen wir von Anfang an in den Genuss ihrer Unterstützung. Die Koalition entstand auf der Prager Konferenz, die unter der Schirmherrschaft des tschechischen Gesundheitsministers veranstaltet wurde, was auf einen stärkeren Kontakt zwischen Ärzten und Cannabispatienten schließen lässt. Unter anderem ist es unser Ziel, die UN-Vereinbarung zu ändern und den Patienten zu helfen, in den verschiedenen Ländern Selbsthilfeorganisationen zu gründen.

text: Iga Jeziorska photos: Chanvre et Libertés

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MEDIZIN

„Ich stelle mein Leben über ein unsinniges Gesetz” Thomas Michael Knull ist 48 Jahre alt, schwer krank und schon seit über dreizehn Jahren nicht mehr arbeitsfähig. Er hat eine 17-jährige Tochter und lebt heute als Frührentner in der österreichischen Hauptstadt, nachdem er lange Jahre als Vertriebsrepräsentant für Investitionsgüter und als Key-Account-Manager für verschiedene Telekom-Start-ups in Wien und Salzburg tätig war. Wir sprachen mit Thomas über seine Krankheitsgeschichte und seine persönlichen Erfahrungen mit Cannabis als Medizin.

text: Martin Müncheberg

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Medijuana: Bitte erzähle uns zunächst von deinen gesundheitlichen Problemen und wie du dabei auf Cannabis als Medizin gestoßen bist. Thomas Michael Knull: Ich bin im Januar 2000 HIV/HCV (Hepatitis C) positiv getestet worden und habe durch so krasse Medikamente wie HAART (eine hoch aktive antiretrovirale Therapie) enorme Nebenwirkungen erfahren müssen. Das waren zum Beispiel Schlafstörungen, häufiges Erbrechen oder Durchfall, verschiedene Schmerzen – zudem habe ich auch das Appetitmangelsyndrom bekommen. Da mir die Ärzte immer mehr Medikamente wie Magenschutz, Schlafmittel, Antidepressiva und so weiter verschrieben und ich infolgedessen immer mehr gesundheitliche Schwierigkeiten bekam, sah ich mich zwangsläufig nach vernünftigen Alternativen um und stieß dabei auf Dr. Kurt Blaas, der in Wien schon vielen Patienten mit Dronabinol helfen konnte. Er verschrieb mir dann auch Dronabinol, und das half mir in vielen Bereichen auch sehr gut. Leider ist Dronabinol aber sehr teuer (stolze 280 Euro für ein verhältnismäßig kleines Fläschchen) und die Kosten werden nicht von den Krankenkassen übernommen. Deshalb und auch wegen der wesentlich besseren Gesamtwirkung habe ich mir dann illegal Cannabis besorgt und damit die besten Erfahrungen gemacht.

MED: Hält deine Familie zu dir und kannst du mit ihr auch ganz offen über deine Medizin sprechen? TMK: Ja, glücklicherweise zu hundert Prozent. Vielleicht liegt das auch daran, dass ich an der holländischen Grenze in Krefeld aufgewachsen bin und Cannabis für meine Familie gar nicht so etwas „Besonderes” war. Ich bin sehr froh darüber, dass meine Familie so voll und ganz hinter mir steht. Auch Freunde und Bekannte unterstützen mich, wo sie können, und teilen meine Ansichten zu diesem Thema. MED: Konsumierst du deine grüne Medizin eigentlich ganz legal? TMK: Nein, leider konsumiere ich meine Medizin noch immer illegal. Da ich mein Leben aber über ein unsinniges Gesetz stelle, ist mir das ziemlich egal. MED: Warum versuchst du dann nicht, eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten? Die werden ja in letzter Zeit nicht mehr ganz so zögerlich vergeben wie noch vor ein paar Jahren … TMK: Eine Ausnahmegenehmigung habe ich nie beantragt, weil ich mich damit nicht eingehender beschäftigen konnte und irgendwie auch gar nicht wollte. Mein Gesundheitszustand war aber jahrelang auch so schlecht, dass mir einfach die Kraft und die Motivation dazu fehlte.


MED: Wie konsumierst du deine grüne Medizin? Mit dem Vaporizer? Oral? Oder doch mit Tabak? TMK: Tatsächlich rauche ich ganz normale Joints – also mit einer Cannabis-TabakMischung. Zurzeit nehme ich zusätzlich auch noch Rick-Simpson-Öl, um eine im letzten Jahr diagnostizierte Leukämie zu besiegen. MED: Wie viel Cannabis konsumierst du derzeit täglich? TMK: Aktuell rauche ich drei bis zehn Joints täglich – das variiert je nachdem, wie ich gerade unterwegs bin. Dazu kommt derzeit dann noch etwa ein Gramm Rick-Simpson-Öl – verteilt auf drei Mal am Tag, also morgens, mittags und abends. MED: Treten bei dir eher erwünschte oder unerwünschte Nebenwirkungen der Medizin auf? TMK: Hahaha! Ja, unmotiviertes Lachen kann durchaus schon mal vorkommen – aber damit kann ich gut leben. MED: Gibt es eigentlich auch andere Mittel oder Medikamente, die dir auch so gut wie Cannabis helfen können? TMK: Ich kenne zumindest keine – und mir wurden bisher auch noch keine verschrieben, die so gut in der Gesamtheit wirken. MED: Wie erklärst du deinen Ärzten, dass du jetzt plötzlich gar keine Medikamente mehr benötigst? TMK: Gar nicht – denn zu denen gehe ich ja gar nicht mehr. Nur Dr. Kurt Blaas genießt mein absolutes Vertrauen. Er ist über mein Krankheitsbild informiert, war aber erst recht skeptisch – wir werden ja sehen, wie es mit mir weitergeht. Die Professoren, die mich bezüglich meiner Leukämie behandelten, haben sich da teilweise so krass widersprochen, dass mein Vertrauen zu den „Göttern in Weiß” gegen Null geht. Im Übrigen würde ich persönlich niemals eine Chemotherapie für mich in Betracht ziehen. MED: Hast du selbst auch schon mal die repressive Seite unserer Gesellschaft kennengelernt oder hat man vielleicht schon mal versucht, dir den Führerschein wegzunehmen?

Thomas Michael Knull

TMK: Ich habe wirklich schon mal meinen Führerschein verloren – und zwar in Deutschland. Das war vor knapp zwanzig Jahren und man hatte mich dabei erwischt, wie ich angetrunken Auto gefahren bin. Leider haben die deutschen Beamten in meinem Auto dann auch noch eine benutzte Wasserpfeife gefunden und so musste ich zu so einer – „Idiotentest“ genannten – medizinisch-psychologischen Untersuchung. Dabei wurde dann auch ein Drogentest gemacht – aber letztendlich habe ich meinen Führerschein dann doch wiederbekommen. MED: Die illegale Selbstmedikation kann langfristig ja trotzdem keine Lösung sein – kämpfst du in irgendeiner Weise dafür, dass sich die Gesetze dahingehend auch in Österreich ändern? TMK: Ja, seit Jahren rede ich zum Beispiel auf der Kundgebung zum Wiener Hanfwandertag oder auf dem Medizinkongress der Cultiva. Als ich noch verheiratet war, habe ich zusammen mit meiner Exfrau den Hanfwandertag unterstützt bzw. mit unserem damaligen Geschäft gesponsert. Auch der österreichische Hanfverband hatte seine Gründungsadresse auf unserer Geschäftsadresse. Heute spreche ich oft auf Kundgebungen über meinen Fall und wie mir Cannabis medizinisch hilft. In den letzten Wochen habe ich auch verschiedene Interviews bei Servus TV oder ORF2 zu diesem Thema gegeben – ich stehe eigentlich immer zur Verfügung, wenn ich irgendetwas zur

Aufklärung und zur Legalisierung beitragen kann. MED: Wie siehst du heute Cannabis als Medizin und welche Zukunft würdest du dir für diese alte Heilpflanze wünschen? TMK: Cannabis ist nachweislich bei sehr vielen Diagnosen wie zum Beispiel multipler Sklerose, Epilepsie, Tourettesyndrom und eben auch bei meinen Befunden tatsächlich eine Art Wundermittel. Ich würde mir wünschen, dass wir durch eine Legalisierung von Cannabis als Medizin das ganze Potenzial dieser alten Heilpflanze genauer erforschen und früher oder später einsetzen können. Auch in der Krebstherapie sollte Cannabis eingesetzt werden dürfen – nicht nur, um die Nebenwirkungen der Chemotherapie, die oft mehr zerstört als heilt, zu ertragen. Es sollte auch als heilendes Mittel genutzt werden dürfen. Da werden tagtäglich Kinder mit hoch toxischen Mitteln getötet, denen mit Cannabis sehr schonend geholfen werden könnte. So etwas halte ich für ein Verbrechen, da diese Kinder zwangstherapiert und gequält werden. MED: Da kann man ja nur hoffen, dass du hier zum Schluss etwas zu schwarz gemalt hast. TMK: Nee, nee – nichts mit Schwarzmalerei. Das ist leider die Realität. Hier werden Kinder ganz unnötig und grausam zu Tode gequält, ganz legal und ohne zu fragen, ob es da nicht eine Alternative gäbe. Ich, mit meinen achtundvierzig Jahren, kann mich gegen so etwas wehren und eine Chemotherapie ablehnen. Die armen Kinder und auch ihre Eltern aber nicht. Denn denen wird eingeredet, dass die Chemo die letzte Rettung sei, dabei ist das Schwachsinn! 97 Prozent aller Chemotherapien enden tödlich – wie blöd muss man sein, so einen Wahnsinn mitzumachen und seinen Körper langsam zerstören zu lassen? Darüber muss ich mich aufregen – da kann ich doch nicht einfach sitzen bleiben. Ich finde aber auch, dass die Cannabisprohibitition ein staatliches Kapitalverbrechen an der Gesellschaft ist – und dieses Verbrechen wird auch irgendwann geahndet. Da bin ich mir sicher.


MEDI+GREEN ine neue Studie, welche in der Zeitschrift Molecular Oncology veröffentlicht wurde, hat festgestellt, dass die Cannabis-Verbindung Cannabidiol das Wachstum und die Metastasierung von hochaggressivem Brustkrebs hemmt. „Die Anti-Tumor-Rolle und die Mechanismen von Cannabidiol (CBD), einer nicht-psychotropen Cannabinoid-Verbindung, sind nicht ausreichend untersucht, vor allem bei Triple-negativem Brustkrebs (TNBC)“, sagen die Forscher, die an der Studie beteiligt sind. „In der vorliegenden Studie untersuchten wir nun die anti-tumorigene Aktivität von CBD gegen hochaggressive Brustkrebs-Zelllinien einschließlich des TNBC-Subtyps.“ Die Forscher kommen zu dem Schluss: „Zusammenfassend zeigt unsere Studie, dass CBD das Wachstum von Brustkrebs und Metastasen durch neuartige Mechanismen hemmt, durch die Hemmung der EGF/EGFR-Signalisierung und die Modulation der Tumor-Mikroumgebung. Diese Ergebnisse zeigen auch, dass CBD als eine neue therapeutische Option gesehen werden kann, um das Wachstum und die Metastasierung von hochaggressiven Brustkrebs-Subtypen mit TNBC zu stoppen. Hier sind die derzeitigen therapeu-

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as Jahr 2015 wird ein Meilenstein in der Geschichte der Medical Cannabis Bike Tour werden und Du kannst dabei sein! In ihrem fünften Jahr schlägt die Radtour ein neues Kapitel auf: das Abenteuer im Norden Europas. Die Tour startet am 11. Juni in Maastricht und führt über 420 Kilometer durch Belgien, Holland und Deutschland bis nach Amsterdam. Die dabei akquirierten Spendengelder dienen der klinischen Erforschung der Wirkung von THC und CBD bei Gehirntumorpatienten. Die Wissenschaftler der Universität Complutense und die Mitglieder der spanischen Untersuchungsgruppe in der Neuroonkologie (El Grupo Español de Investigación en Neurooncología – GEINO) werden etwa vierzig Patient/innen in die Untersuchungen im Herbst einbeziehen. MBCT bittet Helfer/innen, Sponsoren und alle, die die Initiative unterstützen wollen, sich zu melden. Auf der Radtour 2014 von Valencia nach Barcelona war es gelungen, 100.000 Euro für die Vorbereitung klinischer Untersuchungen zu sammeln. Nun sind weitere 200.000 Euro für die Fortführung der Untersuchungen nötig. Gründer Luc Krol sagte: „Zwei Jahre nach Spanien sind wir voller Erwartung, die Botschaft der Medical Bike Tour auch an andere Orte Europas tragen zu können. Es gibt eine fantastische Resonanz, aber unterstütze bitte auch du unsere Sache! Mit den klinischen Un-

Hochaggressiver Brustkrebs und CBD tischen Möglichkeiten begrenzt und diese Fälle werden oft mit einer schlechten Prognose und niedriger Überlebensrate assoziiert.“ Frühere Studien zeigten ähnliche Ergebnisse Seit Jahren schon haben verschiedene Studien vermuten lassen, dass Cannabi-

noide mehrere Formen von Brustkrebs bekämpfen können. Bei THC wurde gezeigt, dass es die Apoptose in ErbB2-positiven Brustkrebszellen induzieren kann, und somit das Tumorwachstum hemmt. CBD ist bekannt dafür, auf der genetischen Ebene zu arbeiten, es blockiert die Expression des ID-1-Gens und hemmt somit Brustkrebs-Metastasen.

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Medizinische Radtour in den Norden tersuchungen können wir gesicherte Beweise für die Wirksamkeit des Cannabis gegen Krebs erbringen.“ Dr. Velasco, einer der Fachleute und Leiter der Untersuchungen, fügte hinzu: „Fantastisch, dass eine namhafte Organisation wie die GEINO unsere Forschungsarbeit unterstützt. Wir hoffen, dass diese klinischen Untersuchungen wissenschaftliche Beweise

dafür erbringen werden, dass die Cannabinoide ein gewichtiges Potenzial für die Therapie Krebskranker bieten.“ Details der Radtour: Start: Maastricht, Holland (11/6/2015) Ziel: Amsterdam (13/6/2015) Distanz: 420 km (etwa 140 km/ Tag)


MEDI+GREEN

Frühling Vital Die Gesundheitsmesse in Wiener Neustadt ei der dreitägigen Messe vom 24. bis 26. April 2015, in der sich alles um Gesundheit und Wohlbefinden dreht, wird erstmals das Sonderthema Hanf in der Medizin eine große Rolle spielen. In Halle 2 der Arena Nova Wiener Neustadt werden auf 77 m2 alle nützlichen Informationen rund um unseren geliebten Hanf an interessierte Besucher/innen weitergegeben. Der Grundgedanke der Medijuana Hanfstraße ist die Aufklärung über Hanf – so-

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wohl als Lebensmittel, als Roh- und Dämmstoff sowie als Medizin. Durch die Mithilfe der gut vernetzten Selbsthilfevereine kann hier eine gute Aufklärungsarbeit angeboten werden. Durch die Zusammenarbeit mit dem Medijuana Magazin wird auch hier eine größere Anzahl Menschen erreicht, welchen die Aufklärungsarbeit zugutekommt. Mit Unterstützung des Hanfthals wird es auch einen Vortrag über Ernährungsgrundlagen und den Hanfanbau in Österreich geben.

In Zusammenarbeit mit: ARGE CANNA – Selbsthilfenetzwerk (www.arge-canna.at) Die ARGE CANNA – Cannabis als natürliche, nebenwirkungsarme Arznei – ist eine unabhängige überparteiliche Arbeitsgemeinschaft in Österreich, welche sich für die Verwendung von Cannabis als Arzneimittel einsetzt und die Forschung auf dem Gebiet der medizinischen Verwendung von Cannabinoiden vorantreiben will. Cannabis Medical Club – Selbsthilfenetzwerk (www.cannabissocialclub.at) Der Verein führt den Namen Cannabis Medical Club Wiener Neustadt, kurz CMC-Wr. Neustadt genannt, und ist ein Verein mit dem Ziel der Aufklärung und Information über Cannabis und Cannabistherapie. Des Weiteren will der Verein – zunächst mit Ausnahmegenehmigung – die medizinische Versorgung mit Cannabis sichern. Der CMC-Wr. Neustadt tritt ein für „mehr Freiheit, Selbstbestimmung und medizinische Eigenversorgung in Abstimmung mit den zuständigen Behörden.” Interessierte, die ausschließlich zur Podiumsdiskussion kommen wollen, können sich per E-Mail an podium@derhanfladen. at wenden und erhalten Freikarten, um den Eintritt zur Messe zu sparen (Stückzahl begrenzt).


MEDIZIN

Cannabis statt Opiaten Die Geschichte des Vorsitzenden der ARGE CANNA Gerfried (46) ist aufgrund mehrerer schwerwiegender Erkrankungen zu 80% körperbehindert und deshalb seit 2005 in Berufsunfähigkeitsrente. Medijuana: Bitte erzähle uns zuerst von deinen gesundheitlichen Problemen und wie diese entstanden sind! Gerfried: Ich hatte vor vierzehn Jahren einen Herzinfarkt, der durch eine Grippe ausgelöst wurde. Dieser hat über die Jahre zu weiteren schwerwiegenden Komplikationen geführt. So haben nach dem Infarkt vom Herz ausgehend mehrere Blutgerinnsel in meinen Körper gestreut und dort einige üble Zerstörungen angerichtet. Mein linkes Bein ist gerade noch so durchblutet, dass ich es nicht abnehmen lassen muss, was aber andauernd starke bewegungsabhängige Schmerzen verursacht (PAVK II b). Meine linke Niere wurde ebenso durch eine Embolie zu zwei Dritteln zerstört und in meinem rechten Bein konnte ein Blutgerinnsel aufgelöst werden, aber leider nicht

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Gerfried (schwarzes T-Shirt) im Gespräch mit Enrico Fletzer (ENCOD) und ONEJ


CBD und THC gegen das rechts getauscht

völlig. Zu meiner Herz-Kreislauf-Erkrankung kommen noch Nervenschmerzen in beiden Füßen (Polyneuropathie), sowie ein kaputter Nerv im linken Arm dazu, der zu Gefühlsausfällen und Muskelschwund in der linken Hand geführt hat. Als wäre das alles nicht genug, hat sich über die Jahre auch noch eine sehr zermürbende und schmerzhafte Krankheit bei mir breitgemacht, die Fibromyalgie. Ich bin nun durch meine ganzen körperlichen Leiden körperlich behindert, durch meine albtraumhafte Krankengeschichte auch psychisch in Mitleidenschaft gezogen und es wurde zuletzt noch eine posttraumatische Belastungsstörung bei mir diagnostiziert. Ich bin also multimorbide. MED: Wann und wie bist du dann auf Cannabis als Medizin gestoßen? G: Zu Cannabis als Medizin bin ich durch die Schmerzambulanz Klagenfurt gekommen. Diese hat vor Jahren damit begonnen, meine Schmerzen mit Dronabinol zu behandeln, mit durchschlagendem Erfolg. Ich konnte inzwischen dank Cannabis auf mehrere Medikamente verzichten, unter anderem auf Opiate wie Tramal, Tramadol und Oxycodon. MED: Das ist sehr erfreulich. Cannabis hat ja im Gegensatz zu den Opiaten eine viel höhere Anwendungssicherheit. Würdest du persönlich profitieren, wenn du Cannabis – ausschließlich für deinen medizinischen Bedarf – anbauen dürftest? G: Ja, ich würde gesundheitlich sicher profitieren, da ich mir jetzt mit einer umständlichen Krücke behelfen muss, um die gesamten Cannabinoide legal einnehmen zu dürfen. Ich hab für mich festgestellt, dass mir die Monosubstanz Dronabinol (THC) nicht dieselbe Linderung meiner Schmerzen verschafft wie der Gesamtauszug aus der Blüte. Da THC ja nur als Einzelsubstanz verschreibungsfähig ist, nicht aber der Gesamtauszug aus der Blüte, behelfe ich mir so,

dass ich zusätzlich zum ärztlich verordneten Dronabinol die in Österreich legal erhältlichen CBD-Tropfen von Medihemp zu mir nehme. Diese werden in Bioqualität aus den Blüten des Industriehanfs gewonnen und beinhalten alle Cannabinoide außer THC nur in Spuren, vor allem das für meine Nervenschmerzen wichtige CBD. Dass ich als kranker Mensch diese umständliche und auch teure Krücke benutzen muss, um legal zu meiner Medizin zu kommen, müsste nicht so sein, da ich mir sicher bin, dass es für meine ganzen Leiden genau die spezielle medizinische Hanfpflanze gibt, die ich brauche. Diese würde ich sehr gerne anbauen, wenn mir der Staat das erlauben würde, zumal ja die Auseinandersetzung mit einer Pflanze – das Säen, Hochziehen und Pflegen von Hanf – mit Sicherheit eine gesunde, sinnvolle Tätigkeit darstellt und für viele kranke Menschen auch Balsam für die Seele ist. MED: Was wünschst du dir von der österreichischen Regierung? G: Ich wünsche mir vor allem, dass die Gesundheitsministerin Frau Dr. Oberhauser und die Bundesregierung von ihrer überholten Ideologie wegkommen, hin zu einer auf Fakten basierenden Betrachtungsweise der Materie. Ich wünsche mir, dass die Regierung menschlich handelt und den kranken Menschen im Land einen unbürokratischen Zugang zu Cannabis als Arzneipflanze öffnet. So wie es jetzt ist, kann es jedenfalls nicht bleiben. Wer Hanf als Arzneipflanze blockiert, handelt unmenschlich und ungerecht. MED: Vielen Dank für das Interview! Ich wünsche dir alles Gute und wir drücken die Daumen, dass du und die Abertausenden anderen Patienten bald selbst anbauen dürft!

text: Kevin Herzig


MEDIZIN

Cannabis: Medizinische Sorten und die Behandlung von Multipler Sklerose Z

Cannabis hat eine lange Geschichte als Arzneimittel vorzuweisen und kann vielseitig eingesetzt werden. So wurde die Hanfpflanze bereits vor mehr als 2.500 Jahren in Asien als natürliche Heilpflanze verwendet. Doch welche Pflanzensorten, beziehungsweise Cannabissamen, sind besonders für medizinische Zwecke geeignet? 46

unächst einmal kann festgestellt werden, dass im Besonderen das THC für die psychopharmakologischen Wirkungen von Cannabis verantwortlich ist. Cannabidiol ist besonders wegen seines physiologischen Effekts interessant.

CBD- und THC-Anteil Cannabis-Indica-Pflanzen lassen sich als Arznei verwenden und haben einen hohen Anteil an Cannabidiol (CBD) und Tetrahydrocannabinol (THC). Das Cannabidiol wirkt entspannend und hilft vor allem chronisch kranken Patienten, sich zu entspannen. Daneben können Pflanzen dieser Sorte auch gut zur Behandlung von Muskelspannungen oder anderen akuten Leiden eingesetzt werden. So lassen sich beispielsweise Beschwerden, die im Zuge einer rheumatischen oder arthritischen Erkrankung auftreten, verringern. Cannabidiol kann ebenfalls zur Behandlung von Angstzuständen und Schlaflosigkeit eingesetzt werden.

Besonders seit Anfang der 1970er Jahre wurde Cannabis als Arznei für Krebs- und HIV-Patienten bekannt, und seither haben sich viele Aktivisten für seine Zulassung als Arzneimittel starkgemacht. Besonders wirksam sind hier Sativa-Pflanzen, da sie in der Regel einen hohen THC-Gehalt und einen niedrigeren CBD-Gehalt aufweisen. Pflanzen dieser Sorte wirken energiesteigernd und helfen so zum Beispiel Patienten, die unter Übelkeit oder Unwohlsein im Rahmen einer Chemotherapie oder Behandlung mit starken HIV-Medikamenten leiden. Daneben können Sativa-Pflanzen auch den Appetit anregen und Patienten helfen, denen Migräne, Depressionen oder chronische Schmerzen zu schaffen machen. Als Arznei besonders geeignet sind Hybridpflanzen beziehungsweise Cannabissamen, da sie die positiven Effekte beider Pflanzensorten kombinieren. So bleibt eine geistige Klar- bzw. Wachheit, während gleichzeitig Angstgefühle abgeschwächt werden. Für viele Patienten sind hier besonders die Sorten interessant, die viel CBD enthalten und


nicht unbedingt viel THC. Denn besonders CBD hat nachgewiesenermaßen positive medizinische Eigenschaften.

Welche Sorten sind für medizinische Zwecke geeignet? Es gibt einige Cannabissorten, die medizinisch ausgezeichnet eingesetzt werden können. Zu nennen sind hier beispielsweise: Skunk, Northern Lights, Big Bud und Silver Haze.

Cannabis als Schmerzmittel bei Patienten mit Multipler Sklerose Die medizinische Wirksamkeit von Cannabis kann am Beispiel der Multiplen Sklerose verdeutlicht werden. Diese für die betroffenen Patienten sehr schlimme entzündliche Erkrankung kann mit Cannabis behandelt werden. Nach einer Neubewertung aller klinischen Studien im Jahre 2011 kam die Global Neuroscience Initiative Foundation mit Sitz in Los Angeles zu dem Schluss, dass die in Cannabis enthaltenen Stoffe THC und CBD einen positiven Effekt auf Muskelspasmen und damit die Mobilität von MS-Patienten haben können. Als besonders einflussreich gilt in diesem Zusammenhang die CAMSStudie aus Großbritannien, bei welcher 622

Probanden Cannabiskapseln einnahmen. Das Ergebnis dieser Studie ist, dass die Kapseln neben einer Linderung der Schmerzen und Spasmen auch eine Verbesserung des Schla-

fes hervorriefen. Später konnte dann auch eine Verbesserung der Mobilität der Patienten wissenschaftlich nachgewiesen werden. Quellen: Lakhan Shaheen, E. und Rowland, M.: Whole, plant cannabis extracts in the treatment of spasticity in multiple sclerosis: A systematic review. In: BMC Neurol 2009; 9:59. doi:10.1186/1471-2377-9-59. Zajicek, J., Fox, P., Sanders. H. et al.: Cannabinoids for treatments of spasticity and other symptoms related to multiple sclerosis (CAMS study): Multicentre randomised placebo-controlled trial. In: Lancet 2003; 362: 1517–26.

text: Simon Klaus

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VOLLBLUT

10 Jahre mit Sweet Seeds In der Saison 2015 feiern wir unser zehnjähriges Bestehen Ein Jahrzehnt ist seit der Gründung von Sweet Seeds vergangen und in dieser Zeit haben wir bedeutende Veränderungen in der Cannabisszene gesehen. Wir ergreifen die Gelegenheit für einen Rückblick und erinnern uns gemeinsam mit Euch an 10 Jahre Sweet Seeds. 48


um ersten Mal traten wir auf der ersten ExpoCannabis im Gebäude La Cubierta de Leganés öffentlich vor die Cannabisszene. Wir hatten drei Sorten unter den 1200 feminisierten Samen der ersten Madrider Cannabisausstellung und es gab eine Publikation über unser Projekt. Die Samen erhielten die Besucher/innen des Cannabiscafés, in dem sich die Vereine und Unternehmen des Sektors drängten.

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Erste genetische Revolution: feminisierte Samen 2005 beherrschten die holländischen Banken, die Ende der 1980er Jahre aufgetaucht waren, den Cannabissamenmarkt. Damals wurden meist traditionelle Samen verkauft, aus denen sich männliche oder weibliche Pflanzen bzw. Hermaphroditen entwickeln konnten. Ohne die bahnbrechende Arbeit der Holländer schmälern zu wollen, die wir bei Sweet Seeds ausdrücklich schätzen und bewundern, hatten zu jener Zeit die holländischen feminisierten Samen bei den Cannabiszüchtern keinen guten Ruf. Hauptsächlich, weil darunter ein hoher Prozentsatz an Hermaphroditen heranwuchs. Einige holländische Pioniere verkauften ab 2000 Kreuzungen, die keine männlichen Pflanzen hervorbringen. Die ersten holländischen Samen führten deshalb zu so vielen Hermaphroditen. Die ersten feminisierten Premiumkreuzungen von extremer Harzigkeit und Aroma, frei von männlichen Pflanzen und Hermaphroditen, läuteten eine bis heute andauernde genetische Revolution ein und veränderten den Cannabissamenmarkt grundlegend. Bei den feminisierten Samen von Sweet Seeds haben wir 0,1% (1:1000) Hermaphroditen, bedingt durch Umweltstress.

Wie wir das Vertrauen der Szene gewannen Der Präsentation unserer ersten drei Samen im Jahre 2005 – Black Jack® (SWS01), S.A.D. Sweet Afgani Delicious S1® (SWS02) und Sweet Tai® (SWS03) – waren Tests mit Hunderten von Sprösslingen vorangegangen. Sammler, beziehungsweise Freunde, die Cannabis anbauen, halfen uns. Bei den nicht automatisch blühenden Pflanzen, die von der Lichtperiode abhängig sind, haben wir immer sorgfältig ausgewählte Eliteklone als Mutterpflanzen benutzt. Mit dieser Methode erzielten wir hohe Qualität und Stabilität. Heute sind die feminisierten Samen weltweit beliebt bei den Cannabiszüchtern und wir sind sehr stolz, dass wir andere innovative spanische Banken auf diesem Gebiet unterstützen konnten. Vor zehn Jahren gab es mangels wissenschaftlichen Unterbaus zahlreiche Falschmeldungen und urbane Legenden über

die feminisierten Samen. Die Zeit und die Erfahrungen Tausender Züchtern halfen, alle Mythen zu entlarven.

Feminisierte Samen günstiger und leichter erhältlich Bevor die Sweet Seeds Samenbank ihren Betrieb aufnahm, wurden die Cannabissamen in Päckchen von 10–15 Stück verkauft. Auf dem Markt waren einige feminisierte Samen extrem teuer. Für die feminisierte Variante der traditionellen Samen mussten die Züchter mindestens das Doppelte bezahlen. Die billigsten in Europa erhältlichen feminisierten Samen kosteten im Jahr 2005 11 Euro pro Stück. Um mehr potenzielle Kund/innen mit den feminisierten Sorten zu erreichen, beschlossen wir, die Samen in Dreierpacks zu verkaufen, womit wir den Preis beträchtlich senkten. Außerdem kosteten unsere ersten drei Sorten nur halb so viel wie die auf dem Markt erhältlichen feminisierten Samen. Ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis ist eins unserer wichtigsten Markenzeichen.

Geschmack und Aroma Die ersten holländischen Banken konzentrierten sich auf Sorten, die amerikanische Züchter

leicht anbauen können, mit hohem Cannabinoidgehalt, massiv harzig, mit dichten Blüten. Daneben achteten sie auf die Linien, die bei Kunstlicht einen erfolgreichen Treibhausanbau ermöglichen. Als Sammler von Kreuzungen richtete Sweet Seeds von Anfang an den Fokus auf außerordentlich aromatische und wohlschmeckende Sorten. Für uns sind Geschmack und Aroma genauso wichtig wie die Menge der Cannabinoide und des Harzes. Wie man sich bei der Auswahl eines Weines nicht (ausschließlich) auf den Alkoholgehalt konzentriert, verlässt man sich – neben dem Cannabinoidgehalt und dem medizinischen Nutzen – eher auf die mit den Sinnesorganen wahrnehmbaren Gütezeichen.

Zweite genetische Revolution: automatisch blühende Sorten 2007 begannen wir bei Sweet Seeds mit einigen spannenden Kreuzungen, die unabhängig vom Lichtzyklus blühten. Diese Kreuzungen blühten bei Erreichen der Geschlechtsreife automatisch – die ersten Blüten erscheinen am 21. Tag nach dem Knospen. Diese Kreuzungen hatten 2007 einen genauso schlechten Ruf wie die feminisierten Samen, als sie auf den Markt kamen. Die meisten Cannabiszüchter und Veredler blick-

Cream Caramel


Red Family erhielt. Die eigentümliche rote Farbe der Blüten wurde der lokalen Genetik der Region Chitral im pakistanischen Hindukusch entnommen. Bei Sweet Seeds erreichten wir sukzessive, die Genetik aller Selbstblühenden zu steigern, wodurch eine neue, bessere Auswahl der folgenden Autoflowering-Sorten entstand: Big Devil #2® (SWS20), Big Devil XL Auto® (SWS28) und Cream Mandarine XL Auto (SWS55).

Neuheiten zum 10. Jubiläum

Big Devil

ten auf sie herab, hauptsächlich wegen der primitiven Genetik des Cannabis Ruderalis, die das automatische Blühen ermöglicht. Diese Pflanzen produzierten neben einem niedrigen Gehalt an Cannabinoiden wenig Harz, außerdem waren Geschmack und Aroma unangenehm. Wir bei Sweet Seeds erkannten bald, welche Möglichkeiten die automatisch blühende Genetik bot, wenn wir sie entsprechend mit Eliteklonen paarten. Von der primitiven Genetik benötigten wir nur die Eigenschaft des Selbstblühens. Es ist der Hauptvorzug der automatisch blühenden Genetik, dass sie den Anbau der Cannabispflanzen im Freien ermöglicht, solange die Temperaturen es zulassen. Zweitens ist die schnelle Blüte wichtig. Diese Erbmerkmale sind schon zwei Monate nach dem Knospen vollkommen ausgebildet, sie treiben Blüten voller Harz. Durch den kleinen Wuchs mit der außersaisonalen Blüte im Freiland ist die Pflanze sehr dezent. 2009 stellte Sweet Seeds die ersten feminisierten selbstblühenden Sorten vor: Speed Devil Auto® (SWS11), Big Devil Auto® (SWS15) und Fast Bud Auto® (SWS16). Die Hobbyzüchter erkannten sofort die Vorzüge der Autoflowering-Sorten. Die ersten selbstblühenden Sorten nahmen wir als Ausgangsmaterial neuer Sorten und kreuzten sie mit den Klonsorten von Sweet Seeds. In den selbstblühenden Sorten entdeckten wir nun unerwartete Aromen. Jede 50

Kreuzung mit Eliteklonen von Sweet Seeds erwies sich als positiv: Der Harzertrag wuchs, die Menge der Blüten, der Cannabinoidspiegel und alle anderen Eigenschaften verbesserten sich.

Die selbstblühenden Sorten F1 Fast Version, Red Family und XL Wenn wir die selbstblühende Genetik mit einem von der Lichtperiode abhängigen Klon kreuzen, um eine neue automatische Genetik zu schaffen, nennt man die Genetik der ersten Generation F1. Sie ist zu 100% von der Lichtperiode abhängig, was bedeutet, dass absolut keine automatisch blühende Eigenschaft erscheint, weil das Gen verborgen bleibt. Bei unserer Arbeit fiel uns auf, dass F1-Hybride ein bis zwei Wochen früher als erwartet blühten. Der Eliteklon macht die Hybriden abhängig von der Lichtperiode, während die selbstblühende Genetik bei den F1Hybriden schnelleres Blühen hervorruft. Die Schnellwüchsigkeit der Sorten ausnutzend, die von der Lichtperiode abhängen, präsentierten wir 2013 ein neues Samengeschlecht, das wir auf den Namen F1 Fast Version tauften, in dem die klassischen schnell blühenden Sorten Cream Caramel F1 Fast Version® (SWS40), Green Poison F1 Fast Version® (SWS41) usw. zu finden sind. Ebenfalls 2013 stellten wir die neue, exotische und prachtvolle Selbstblühergenetik vor, die nach ihren roten Blüten den Namen The

2015 setzten wir die Entwicklung der automatisch blühenden Sorten fort und präsentierten zwei neue Sorten: Cream Mandarine XL Auto® (SWS55), die verbesserte Version von Cream Mandarine Auto® (SWS29) und Killer Kush Auto (SWS56), die automatisch blühende Variante der neuen Sorte Killer Kush F1 Fast Version (SWS52). Ende 2014 stellten wir unser Paket Sweet Mix Auto vor, mit dem wir in der momentanen Krise qualitativ hochwertige Selbstblühersamen anbieten. Um unser günstiges Qualitätssamenangebot noch weiterzuentwickeln, präsentieren wir 2015 unser Paket Sweet Mix Feminized, das zehn zufällig ausgewählte, von der Lichtperiode abhängige Samen aus der Sammlung von Sweet Seeds enthält. Der Mix ist zum Einzelhandelspreis von 35 Euro erhältlich. Der Preis von 3,50 Euro für einen Samen dürfte momentan der günstigste auf dem Markt sein. Die Besteller aus der Szene und die Organisationen von Cannabisnutzern haben wir im Auge, wenn wir in dieser Saison auch Pakete mit 25 und 100 Samen der bekanntesten Sorten von Sweet Seeds anbieten. Folgende Sorten sind enthalten: Cream Caramel® (SWS04), Cream Caramel Auto® (SWS22), Big Devil XL Auto® (SWS28) und Green Poison® (SWS14). Jedes 25er-Päckchen kommt zum Einzelhandelspreis von 100 Euro (4 Euro/Samen), das 100-Samen-Päckchen kostet 350 Euro (3,50 Euro/Samen).

Das Angebot zum 10. Jubiläum: 3 + 1 und 5 + 2 Um das Jubiläum gemeinsam feiern zu können, haben wir ein Spezialangebot mit allen Sorten von Sweet Seeds vorbereitet. Jedes 3er-Päckchen enthält einen Samen gratis und jedes 5er-Päckchen zwei Samen gratis. Die Geltungsdauer dieses Angebots findest Du im Internet unter: www.sweetseeds.es. Wir danken allen für ihre Unterstützung in den letzen10 Jahren!

text: Manolo photos: Sweet Seeds



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VOLLBLUT

Eine seriöse medizinale Pflanze

Biddy Early: geschaffen für die freie Natur iddy Early ist eine Outdoor-Sorte, die speziell für das feuchte und kalte Klima von Holland entwickelt wurde. Sie erreicht eine Höhe von etwa 1,8 bis 2 m. Wegen ihrer frühen Reife und der guten Beständigkeit gegen Schimmel ist sie sehr gut geeignet für die Freilandkultur in Holland, aber auch für Gegenden mit ähnlichem Klima. Biddy Early ist einfach anzubauen, auch für den unerfahrenen Gärtner geeignet und darum unser „Einsteigermodell”. Der Preis dieser Sorte wurde bewusst niedrig gehalten, um auch Anfängern und

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Menschen mit kleinem Budget die Möglichkeit zu geben, eine Sorte von seriöser Qualität zu bekommen. Die meisten Pflanzen zeigen bei kaltem Klima rote und lilafarbene Töne in den Blättern und Blüten. Biddy Early bietet ein süßes Karamellaroma und ein mächtiges High, das nicht zum Tageskonsum empfohlen wird, aber immer noch verträglich genug ist, um nicht als „Party-Bremse“ zu wirken. Diese Sorte eignet sich hervorragend zur Bekämpfung von Depressionen und zur Stimmungsverbesserung.



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Kalifornische Maniküre Als Trimmarbeiter in San Francisco Wegen der großen Konkurrenz müssen professionelle Cannabiszüchter geeignete Leute für alle möglichen Arbeiten anstellen. Wahrscheinlich ist weniger bekannt, dass zur Herstellung des hochwertigen kalifornischen Ganjas viele Züchter ausländische Arbeitskräfte einsetzen, von denen manche vom anderen Ende der Welt kommen. Mit einem von ihnen – Daniel, Trimmarbeiter und Abenteurer – sprachen wir über seine Erfahrungen auf den Hanffarmen Kaliforniens. or ungefähr zwanzig Jahren begann das erste Programm für therapeutisches Marihuana in den USA, ein Vorbild, dem bis heute mehr als zwanzig Staaten folgten. Vor fünf Jahren hätte Kalifornien fast als erster Staat legalisiert, die Initiative scheiterte jedoch an ein paar Prozentpunkten, der Erfolg warf aber sein Licht voraus. In Kalifornien befürwortet man den legalen Ganjamarkt schon deshalb, weil er schätzungsweise jährlich 500 Milliarden Dollar an Steuereinnahmen bringen würde. Das ist gut das Sechsfache der Hanfsteuer in Colorado, die bereits alle Erwartungen übertroffen hat. In Kalifornien dreht sich, etwas überspitzt gesagt, alles um den Hanf und in diesem gewaltigen Geschäftszweig versuchen immer mehr ausländische Arbeitskräfte ihren Platz zu finden. Daniel aus Europa (den vollständigen Namen verschweigen wir) hat sich den

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Trimmarbeitern angeschlossen und ist um eine Menge Erfahrungen reicher geworden, nicht nur, was die Maniküre des Cannabis anbelangt. Medijuana: Wie kommt man in dieses Metier? Klingelt plötzlich zu Hause das Telefon und man erfährt, dass man nach Kalifornien gehen kann, Cannabis trimmen? Daniel: Bei mir war das ganz konkret so. Mehrere Bekannte haben das schon gemacht, daher hatte ich eine gewisse Vorstellung davon. Als die Gelegenheit da war, habe ich zugeschlagen. Wenn ich nicht gehe, nehmen sie sich einen anderen, da habe ich meinen Job aufgegeben und mich aufgemacht. 1.500 Euro Startkapital braucht man, für das Flugticket und den ersten Monat dort. MED: Also war alles vorbereitet, du wusstest, wohin, und ein Bekannter hat dich empfohlen.

Daniel: Ja, und meiner Meinung nach geht das nur so, ohne Kontakte läuft nichts, dazu ist der Markt schon zu gesättigt. Aber wenn du einen Kontakt hast, dann bekommst du auch mehr, denn in Kalifornien mag man die Arbeiter vom Balkan oder Lateinamerika, weil sie fleißiger sind als die Leute von dort. Ich habe oft von 8 Uhr morgens bis 10, 11 Uhr abends in einem Keller von 2m² gearbeitet, das habe ich bei den Ortsansässigen kaum gesehen. MED: Also kein Bewerbungsgespräch und keine Zeugnisse, sondern das entscheidet sich dort, je nachdem, wie effektiv du bist? Daniel: Genau. Da wird nach Leistung bezahlt und jeder versucht so viel wie möglich zu schaffen. Wenn ihr fünf Leute für 30 Kisten seid, weißt du, dass die Kiste leer wird, und je mehr du geleistet hast, desto mehr Geld bekommst du.


MED: In welchem Teil von Kalifornien warst du? Daniel: 50 km nördlich von San Francisco und in Nordkalifornien, aber nicht auf den Plantagen in den Bergen, denn ich habe meist im Treibhaus gezogene Pflanzen getrimmt. Ortsnamen möchte ich nicht nennen. (lacht) MED: Dann schauen wir bei Google Maps! Daniel: Wenn du die Region Nordkalifornien auf der Karte anschaust, siehst du überall Foliengewächshäuser, so viele Züchter gibt es dort. MED: Ist das allgemein bekannt? Daniel: Absolut. Es ist ganz normal, dass alle Foliengewächshäuser haben. Die meisten produzieren für den Schwarzmarkt, keiner hängt das an die große Glocke, aber viele beschäftigen dich ganz legal. Ich habe zum Beispiel ganz legal, mit einer Genehmigung für medizinisches Cannabis, als Mitglied eines Therapiekollektivs gearbeitet. Der einzige Rechtsverstoß dabei war, dass ich statt Medizin Geld bekam, denn nach den Statuten des Kollektivs habe ich für meine Arzneimittelration gearbeitet. MED: Wie hast du die Therapiekarte bekommen? Hast du eine Krankheit, die dazu berechtigt? Daniel: Ich habe Arthritis und auch Papiere, die das belegen. Oft aber reicht es, wenn du Rückenschmerzen angibst. Wenn du nachweisen kannst, dass du ständig dort lebst, kommst du leichter an die Karte. Der

Arzt hat mir gesagt, dass ichCannabis nie mit Tabak zusammen drehen und möglichst einen Vaporizer verwenden soll.Und um das High-Sein zu vermeiden, hat er mir Creme empfohlen. MED: Wie hast du angefangen und wie sieht überhaupt ein typischer Arbeitstag eines Trimmers aus? Daniel: Anfangs war ich allein und das Problem war, dass ich keinen hatte, bei dem ich die Handgriffe abschauen und an dem ich meine Leistung messen konnte. Schon vorher habe ich als Handwerker gearbeitet, daher fiel es mir nicht schwer, mich reinzufinden. Schon am ersten Tag habe ich eine ordentliche Menge geschafft. Im Allgemeinen arbeitet man wie ein Nomade. Ich habe an drei Orten gearbeitet, wozu ich Mitglied in drei Kollektiven werden musste. Das brachte mit sich, dass

ich in Zelten lebte mit bescheidenen Waschmöglichkeiten. Die Arbeitsbedingungen waren sehr unterschiedlich. Ich habe an Orten gearbeitet, wo wir im Neonlicht, neben einem Ventilator unter einer Dunstabzugshaube zu viert an einem Tisch von 1m² saßen. Woanders hatten wir größeren Komfort und es gab jeden Abend Austern. (lacht) MED: Gibt es mehr ausländische als einheimische Arbeitskräfte? Daniel: Ja, es arbeiten dort viele Ausländer. Der amerikanische Durchschnittstrimmer ist ein Zwanzigjähriger mit Uniabschluss und ziemlich fragwürdiger Arbeitsmoral. Wenn ich 14 Stunden arbeitete, dann schafftendie zwei, deswegen wurden sie auch nach kurzer Zeit entlassen. Außer der Leistung achtet der Züchter auch darauf, dass du gut mit dem Produkt umgehst. Wenn du zum Beispiel die


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Kiste mit dem frisch getrimmten Ganja offen stehenlässt oder dem Züchter irgendeinen Schaden verursachst, dann wirst du nicht mehr eingestellt. Öfter habe ich gesehen, dass Arbeiter die gleichen Fehler machten. Das Ganze interessierte sie überhaupt nicht, sie hatten nicht die geringste Ahnung, wie man die Arbeit verrichtet. Wenn du gewissenhaft arbeitest und auch auf solche Kleinigkeiten achtest, wie das Entfernen der faulen Stellen und des Mehltaus, dann kannst du nächstes Jahr wiederkommen. Außerdem ist es wichtig, die Kollegen als gleichrangig zu behandeln und die „Trimmeretikette“ einzuhalten. Ich habe beispielsweise mit einem gearbeitet, der sich immer die größten Buds rausgepickt hat und mir die kleinen, die mehr Arbeit machen, hingeworfen hat. Das ist gegen die „Trimmeretikette“. Es geht auch nicht, dass du die Schere eines anderen benutzt, bis die Klinge stumpf ist, sodass er sich eine neue kaufen muss, die du dann auch wieder benutzt. MED: Hat dein Kollektiv auch für Apotheken produziert oder nur für Dealer?

Daniel: Außer für den Eigengebrauch der Mitglieder ging noch etwas an Apotheken, das meiste aber an Dealer. Einfach deshalb, weil der Schwarzmarkt doppelt so viel einbringt wie die Apotheken. Zur Therapie würde ich nichts vom Schwarzmarkt nehmen, weil das meiste voller Chemiespray ist, besonders der Stoff aus dem Treibhaus. MED: Hattest du auch mit chemisch behandelten Sorten zu tun? Daniel: Es gab auch organische – ein Unterschied wie Himmel und Erde. Die organischen Sorten konnte ich endlos trimmen, da hatte ich nie Probleme. Bei den mit Chemie behandelten hatte ich schon nach einer Woche einen Ausschlag und die Augen tränten. Davon habe ich nie was geraucht. Viele Arbeiter haben aus Prinzip beim Trimmen eine Schutzmaske getragen. Organisch angebaute Sorten riechen nicht nur anders, es ist ein anderes Gefühl, eine Blüte zu konsumieren, von der ein Marienkäfer die Blattspitzen abgefressen hat und nicht die Chemie. Übrigens hat von denen, die mit mir gearbeitet haben, keiner geraucht, ich auch nur ein,

zwei Mal in der Woche. Aber es ist ein großer Vorteil, wenn du nicht nur die Sorte kennst, sondern auch die Anbaumethode. MED: Wie viel kann man mit dieser Arbeit verdienen? Daniel: Für ein Pfund (circa 450 Gramm) bekam ich 200 Dollar, aber das wird dieses Jahr wohl weniger werden, weil alle anbauen und der Markt wahnsinnig übersättigt ist. Die Menge, die du pro Tag erzielen kannst, hängt von der Sorte ab, mit der du gerade arbeitest. OG Kush zum Beispiel ist dicht, davon wiegt ein Bud doppelt so viel wie beim Sour Diesel beispielsweise, das eine luftigere Sorte ist. Mindestens ein Pfund pro Tag habe ich getrimmt, vorher bin ich nicht vom Tisch aufgestanden. Manchmal kamen auch anderthalb oder zwei Pfund zusammen. Ich weiß, das klingt nach viel Geld, aber Kalifornien ist ziemlich teuer. 1.000 Dollar im Monat gehen locker weg. Die Arbeit besteht aber nicht immer aus Trimmen, manchmal gibt es auch andere Gartenarbeiten, für die im Durchschnitt 20 Dollar bezahlt werden. Und das Ernten im Zelt bei 40


Grad oder aber Stecklinge in Töpfe pflanzen ist keine leichte Arbeit, man braucht schon etwas physische Ausdauer dazu. Aber ich kann nicht klagen, in drei Monaten habe ich 5.000 Dollar nach Hause gebracht. MED: Hast du überlegt, längerfristig in Kalifornien zu bleiben? Daniel: Das ist Saisonarbeit, die kein dauerhaftes Auskommen sichert. Wenn man mich demnächst wieder anspricht, werde ich sicher gehen, aber langfristig sehe ich meine Zukunft in Europa. Es ist nicht schwer, sich in den Staat Kalifornien zu verlieben, denn er ist unendlich offen, liberal, tolerant, vom Sonnenschein und dem gesunden Essen ganz zu schweigen. Meiner Meinung nach leben die Menschen dort mustergültig. Das kommt sicher auch von der großen Verbreitung des Rauchens, aber alle sind ruhig, friedlich und offen, randalierende Betrunkene sieht man überhaupt nicht. Das Cannabis ist dort die natürlichste Sache der Welt. Ich würde mich freuen, wenn sich das auch bei uns einbürgern würde und man die Cannabiskonsumenten nicht als Kriminelle betrachten würde. MED: Wie sehr fürchten die Züchter die Legalisierung in Kalifornien, die angeblich kurz bevorsteht? Daniel: Sie sind davon nicht begeistert, weil sie die Preise stark drücken wird, aber

sie kann auch eine positive Seite haben. Als einfacher Züchter kannst du dann einen Laden eröffnen und deine Ernte verkaufen. Das ist nicht schlecht, aber mit der Legalisierung wird dieser Markt auch bald überschwemmt sein. Im Moment kann man in Kalifornien für ein Pfund durchschnittlich 1.600 bis 2.200 Dollar bekommen, aber in New York ist es schon 4.000 Dollar wert. Das Geschäft bleibt auch nach der Legalisierung in Kalifornien bestehen. Es ist eine andere Frage, dass man in der Erntezeit September–Oktober schon jetzt nicht mehr so viel für ein Pfund Ganja bekommen wird, weil der Markt voll mit Produkten aus Foliengewächshäusern ist. Deshalb warten die Züchter, die genügend Reserven haben, bis April, Mai, weil dann Mangel herrscht. Da kann man 500 Dollar mehr bekommen. Aber es gibt auch hohe Kosten – die Gärtner, die

Trimmer, der Strom, das Wasser, das Benzin, und für den Schutz muss man auch was ausgeben. Ein Pitbull ist das Minimum, aber die Polizei kann auch jederzeit auftauchen. Und wenn du das alles geregelt hast, kann es immer noch sein, dass eine Fäule alle Pflanzen vernichtet. Das ist natürlich das Problem des Züchters, mich persönlich stört eher die Umweltverschmutzung durch den illegalen Anbau, womit sich die Züchter wirklich nicht abgeben. Sicher sind ökologische Düngemittel und biologisch abbaubare Netze teurer als Chemikalien und Kunststoffnetze, aber diese Stoffe sind eine Gefahr für die Umwelt. Die Legalisierung könnte jedoch auch die Anbaubedingungen regulieren.

text: Jack Pot

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Die Jah B Coffee Story Ein Rasta wird Jamaikas erster unabhängiger Kaffee-Produzent Dieser fantastische Doppel-Regenbogen begrüßte uns im November 2011 in den Blue Mountains bei unserer Ankunft aus Kingston. Nachdem wir einige Monate zuvor bereits ein paar Tage in Jah B´s Gästehaus verbracht hatten, um den Blue Mountain Peak (2256 m) zu erklimmen, waren wir diesmal aus einem anderen Grund hier: Kaffee. chon 2009, bei unserem allerersten Besuch in Jah B´s Gästehaus, waren wir – als passionierte Kaffeeliebhaber – begeistert von dem köstlichen Blue Mountain Kaffee, der uns dort serviert wurde. Bei unserem nächsten Jamaika-Aufenthalt im April 2011 unterhielten wir uns länger mit Jah B und erfuhren so von seinem Ziel, als erster unabhängiger Kleinbauer eine eigene Lizenz für den Anbau, die Vermarktung und den Export von jamaikanischem Blue Mountain Kaffee zu erlangen. In Jamaika gibt es im Wesentlichen zwei Arten von Kaffeefarmen: Auf der einen Seite relativ große, meist zentral bewirtschaftete Farmen, die typischerweise im Besitz von wenigen, sehr reichen Familien oder von ausländischen Investoren – oft aus Japan oder China – sind. Der meiste Kaffee wird jedoch von Kleinbauern angebaut, die oft nur sehr kleine Flächen bewirtschaften. Diese Kleinbauern müssen – da sie den Kaffee nicht selbst verarbeiten dürfen – die noch rohen Kaffee-

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Jah B

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kirschen zu relativ niedrigen Preisen an die großen Kaffeeverarbeiter verkaufen, die den so erworbenen Kaffee dann mischen und unter ihrer eigenen Marke anbieten. Zu den größten und bekanntesten Firmen dieser Art zählen zum Beispiel die „Mavis Bank Coffee Factory“ mit ihrer Marke „Jablum“ oder die Wallenford Coffee Company, die ihre Wurzeln im kolonialen System hat. Jah B wollte sich nicht damit abfinden, nur Kaffeekirschen-Lieferant für diese Konglomerate zu sein. Als er 2009 die Möglichkeit bekam, die seit zwanzig Jahren brachliegende Kaffeefarm „Radnor Estate“ zu bewirtschaften, begann er trotz bescheidenster Mittel sofort damit, die Farm nach und nach wieder zu bewirtschaften. Als wir im November 2011 Radnor Estate das erste Mal sahen, waren wir von diesem besonderen Ort begeistert. Historische Mauerreste, ein uraltes Wasserrad, Kaffee- und Bananenpflanzen inmitten einer urwüchsigen, von steilen Hängen geprägten Landschaft.


In den nächsten Tagen erarbeiteten wir dann gemeinsam mit Jah B ein Konzept, um die Farm produktiver zu machen und um den für die Lizenzierung notwendigen Anforderungen zu entsprechen. Im Rahmen unserer Möglichkeiten konnten wir auch eine Finanzierungszusage machen, um diese Entwicklung zu unterstützen und eine angemessene Entlohnung der Mitarbeiter/innen auf der Farm sicherzustellen. So konnte sich die Farm 2012 ausgezeichnet entwickeln, bis schließlich im Oktober der Hurrikan „Sandy“ über dem Osten Jamaikas wütete. Dadurch wurden viele Pflanzen geschädigt, schlimmer jedoch verbreitete sich nach dem Hurrikan eine neue Krankheit auf den Kaffeepflanzen: der sogenannte „Coffee Leaf Rust“. Diese Krankheit – eingeschleppt durch den Hurrikan und begünstigt durch das sehr feuchte Klima in den Blue Mountains – befiel in kürzester Zeit einen Großteil der Kaffeepflanzen. Erst nach etlichen Monaten gelang es durch den Einsatz von pflanzenstärkenden Mitteln, den Befall zurückzudrängen. Da Kaffee eine sehr langsam wachsende Pflanze ist – es dauert Jahre, bis eine neugezogene Pflanze Kaffeekirschen ausbildet – wurde alles unternommen, um den bestehenden Pflanzenbestand wieder gesund zu machen.

Parallel dazu wurden Hunderte Sämlinge hochgezogen und nach einigen Monaten Vorzucht auf der Farm ausgepflanzt. Nach über vier Jahren harter Arbeit wurde im November 2013 ein wichtiges Etappenziel erreicht: Die Farm entsprach endlich den Anforderungen der lizenzierenden Behörde, dem Coffee Industry Board of Jamaica, und Jah B erhielt die Erlaubnis, seinen Kaffee selbst zu vermarkten und zu exportieren. Damit waren auch die Voraussetzungen gegeben, eine Importlizenz für unsere Firma Grow City zu beantragen. Nach der Überwindung einiger bürokratischer Hürden

konnten wir im November 2014 als erstes österreichisches Unternehmen die begehrte Genehmigung in Händen halten. Da Jamaica Blue Mountain Coffee nur erntefrisch exportiert werden darf, dauerte es schließlich noch bis März 2015, dann endlich trafen die ersten Holzfässer mit Rohkaffee in Wien ein. Mehr Infos und Bezugsquellen auf www. jahbcoffee.com

text & photos: Stivi und Luki

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A’LA CANNA

Reformpalatschinken ier ist ein altes Rezept mit grünem Anstrich. Bevor wir zur Tat schreiten können, brauchen wir Cannabismilch. Die verwendete Menge des Grüngewürzes hängt natürlich von den persönlichen Bedürfnissen ab (medizinisches Ziel oder Entspannung), der Toleranzschwelle und der erwünschten Wirkung. Wer Cannabis täglich als Medikament/Schmerzmittel einnimmt, der muss natürlich stärker würzen. Es folgt ein Grundrezept zur Entspannung.

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Zubereitung: Die Milch in ein Gefäß gießen und das spezielle Grüngewürz hinzufügen. Bei mittlerer Hitze 30 Minuten lang kochen lassen, dabei oft umrühren. Dann das Grüngewürz herausnehmen und wegwerfen. Die Milch im Kühlschrank in einem luftdichten Gefäß aufbewahren. Nun kommen wir zurück zum Originalrezept.

Palatschinken Cannabismilch 400 ml Milch (mit möglichst hohem Fettgehalt) 1–2 Gramm schöne Blüten oder 5 Gramm Reste (Blätter, Stiele)

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400 ml Cannabismilch (der gerade hergestellten) 250 g Weizenmehl 4 Eier 1 Messerspitze Salz 1 Esslöffel Zucker (für süße Palatschinken) 125 ml Soda oder Mineralwasser mit Kohlensäure

Das Mehl in eine Schüssel geben. Die Eier mit ein wenig Milch, Salz und Zucker nach Geschmack verquirlen und zu dem Mehl geben. Die übrige Milch und das Wasser beim Rühren nach und nach zugeben und darauf achten, dass sich keine Klümpchen bilden. Mit einem Handmixer geht das einfacher. Den Teig dann 15 bis 20 Minuten ruhen lassen. Ein wenig Fett in eine Pfanne geben und dann mit einer Schöpfkelle eine dünne Schicht Teig gleichmäßig in der Pfanne verteilen. Wenn der Rand desPalatschinkens goldgelb wird, mit einem geeigneten Instrument wenden (die Erfahrenen machen das mit Hochwerfen), dann die andere Seite backen. Auf diese Weise den gesamten Teig verarbeiten. Nach jedem Backvorgang den Teig umrühren. Die Palatschinken nach Geschmack füllen und zusammenfalten. Natürlich kann man die Milch auch einfach trinken oder zu einem anderen Rezept nutzen, wenn man keine Lust hat, sich mit Palatschinken abzuplagen. Beispielsweise für Pudding. Man braucht nur Fantasie. Angenehmes Backen!






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