Medijuana 26

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Nr. 26 3/2016 Juni-Juli

Medical & Harm Reduction Magazine

18+

MEDIZINALHANF AUS DEM KIBBUZ Das Therapieprogramm Teva Adir

CANNABIS RÄUCHERN! Hanf-Anwendung jenseits von Joint und Vaporizer

OHNE GRAS KEIN LEBEN Vom Einfluss der Süßgräser auf die menschliche Zivilisation

KASSEN SOLLEN GRAS BEZAHLEN Ab 2017 tritt ein neues Gesetz in Kraft





Liebe Leute! ei Redaktionsschluss steht das vielleicht wichtigste Ereignis des Jahres – die erste deutsche Hanfmesse Mary Jane in Berlin – noch bevor. Wir können daher erst in der nächsten Ausgabe detailliert darüber berichten. Wenn man sich die große Zahl und Bandbreite der AusstellerInnen anschaut, kann man allerdings sicher sein, dass sich auch die BesucherInnen in großer Zahl einstellen werden. Selbstverständlich wird auch das Medijuana Magazin mit vielen interessanten Nachrichten rund um das medizinische Cannabis und seine therapeutische Verwendung vor Ort sein. In der aktuellen Ausgabe beschäftigen wir uns natürlich mit der Entscheidung, dass es ab 2017 in deutschen Apotheken Cannabis auf Rezept geben wird. Ein großer Fortschritt für die deutschen CannabispatientInnen, auch wenn der Preis von 15-25 Euro für ein Gramm, den die Krankenversicherer zu begleichen haben, auf den ersten Blick ziemlich saftig erscheint. Praktischer und wirtschaftlicher wäre es natürlich, in Cannabis Clubs – ähnlich wie in Spanien – gemeinsam für den Eigenbedarf anzubauen, ob für medizinische oder andere Zwecke. Das Prinzip ist einfach und funktioniert daher entstand vor Kurzem der erste Berliner Cannabis Social Club, der sicher einen Prozess wie in Spanien in Gang setzen wird. Auf jeden Fall ist das eine erfreuliche Nachricht, die, zusammen mit der wachsenden gesellschaftlichen Akzeptanz für Cannabis, optimistisch stimmt. Zur gleichen Zeit tauchte im benachbarten Österreich, um genau zu sein in Salzburg, unerwartet die Polizei in einem Cannabis Social Club auf und konfiszierte den kompletten Anbau.

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IMPRESSUM Chefredakteur: Gabor Holland Autoren: Bob Arctor, Jack Pot, Markus Berger M. Szelestei, Kevin Herzig Tomas Kardos, Toni Straka, Maja Blumenthal H. S. von Vogelsang Lektorin: Helen Bauerfeind Design & Fotos: Gergely Vaska Verantwortlicher Herausgeber: G. Holland CK & MEDIJUANA PUBLISHING Medijuana Publishing GmbH 1180 Vienna, Hildebrandgasse 9/8 E-mail: office@medijuana.eu Web: www.medijuana.eu

Und das, obwohl der Salzburger Club schon seit Jahren aktiv ist. Wir haben, ein paar Tage nach der Razzia, den Leiter des Clubs zu den Geschehnissen und den möglichen Folgen befragt. Außerdem bringen wir eine Bildreportage über den Wiener Hanfwandertag, der dieses Jahr wieder genauso gut war wie letztes Jahr, nur war das Wetter etwas besser. Was die Legalisierung von Cannabis anbelangt, drängen in Österreich Firmen und ihre Anwälte nach vorn, um ihren Teil vom großen Kuchen abzukriegen was zwar nicht schlimm ist, aber auch nicht die beste Alternative. Wo der Markt die Legalisierung erzwingt und nicht die Zivilgesellschaft sie durchsetzt, wird das Ergebnis ein ganz anderes sein. Kürzlich haben wir eine Cannabisgärtnerei im Nahen Osten besucht, genauer gesagt in Eilat, wo für PatientInnen spezielle Sorten gezüchtet werden. Nicht nur Cannabis kann man rauchen oder inhalieren, das geht auch mit anderen Heilpflanzen. Der Chefredakteur von Lucy´s Rausch nimmt sich diese Pflanzen vor und präsentiert sie, während unser Partner Vaposhop darüber schreibt, bei welchen Temperaturen und mit welchen anderen Kräutern man die verschiedenen Pflanzen inhalieren soll. Natürlich stellen wir auch wieder einige neue Cannabissorten vor und beschäftigen uns etwas näher mit dem Weizengras und den Süßgräsern allgemein. Probiert auch mal unseren Rezeptvorschlag aus! Wir wünschen euch einen schönen Sommer. Der Hrsg.

IN ZUSAMMENARBEIT MIT

Medical & Harm Reduction Magazine

INDEX ATAMI

37, 55

BUSHPLANET

64, U3

CANNA

U2, 21

CANNATRADE

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DINAFEM SEEDS

13

GREENHOUSE FEEDING GROW2GETHER GROW CITY HANFPARADE HEMP EMBASSY VIENNA HUG‘s

11 21, 52 4–5 1 30, 35 57

HULABALOOZA

41

LAMOTA DISTRIBUCIÓN

57

LUCY‘S RAUSCH

59

NACHTSCHATTEN VERLAG

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NEAR DARK

28

ONLY A PLANT PLAGRON

17 19, U4

PLANTNATION

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PREMIUM GENETICS

51

ROYAL QUEEN SEEDS

9

SERIOUS SEEDS

25

SWEET SEEDS

49

UNITED SEED BANKS

10

URBAN GARDENCENTER

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VAPOSHOP

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VERDAMPFTNOCHMAL

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ZUCHTHAUS

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Der Herausgeber von Medijuana weist alle Leserinnen und Leser darauf hin, dass der Handel mit lebensfähigen Hanfsamen sowie Verkauf, Besitz und Lieferung derselben in mehreren Mitgliedsstaaten der Europäischen Union als illegal gelten! Sämtliche Inhalte sind zu Informations- bzw. Unterhaltungszwecken gedacht. Wir möchten keineswegs dazu beitragen, dass jemand in seiner Heimat bestehenden Gesetzen zuwiderhandelt. Es ist nicht Anliegen des Herausgebers von Medijuana, irgendjemanden zur illegalen Nutzung der in der Broschüre erwähnten Produkte anzuregen. Der Herausgeber trägt keine Verantwortung für Aussagen, die auf verkauften Anzeigenflächen erscheinen. Sämtliche Meinungen im Redaktionsteil stammen von den Autoren und decken sich nicht in jedem Falle mit dem Standpunkt des Herausgebers. Gelegentlich ist es nicht möglich, den/die Inhaber/in des Urheberrechts zu identifizieren oder mit ihm/ihr Kontakt aufzunehmen, daher übernehmen wir im Falle des Nachweises von begründeten Urheberrechtsansprüchen auch im Nachhinein die Zahlung einer bestimmten Vergütung. Wir gehen bei sämtlichen Texten und Bildern bis zur Erklärung des Gegenteils davon aus, dass sie uns zur Veröffentlichung zugesandt wurden. Für die Vervielfältigung der Broschüre – auszugsweise oder als Ganzes – ist die schriftliche Erlaubnis des Herausgebers erforderlich, auch wenn die Vervielfältigung nicht zu kommerziellen Zwecken erfolgt. Alle Rechte vorbehalten!

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INHALT LIEBE LEUTE!

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MEDI+GREEN REGULIERTER CANNABISMARKT IN GROSSBRITANNIEN 8 LATEINAMERIKANERINNEN WOLLEN FRIEDEN

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SCHÖNERE HAUT MIT DEM VAPORIZER

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BESSERE SOZIALE FÄHIGKEITEN

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JUGENDLICHE IN DER LEGALISIERUNG

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HINRICHTUNG AUF INDONESISCHE ART

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TRAUMATHERAPIE MIT LACHGAS

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CANNA+GLOBE GROW, KUNST UND KULTUR

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14–15

Grow2gether in St. Pölten

MEDI+GREEN MEDIZINERINNEN BEFÜRWORTEN ERLEICHTERUNGEN

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DIE LÜGE HINTER DEM DROGENKRIEG

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WIEN UND DAS NEUE „DROGENPROBLEM“

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JUSTIZ MACHT JAGD AUF CANNABIS-SENIOREN

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Siebte Beschlagnahmung von Medizinalhanf beim CSC Salzburg

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CANNA+GLOBE DER CSC SALZBURG GIBT NICHT AUF

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„Niemand wird mich davon abhalten, Patienten mit Hanf zu versorgen” HANFWANDERTAG 2016

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MEDI+GREEN (NOCH) KEIN EIGENANBAU FÜR PATIENTINNEN IN ÖSTERREICH

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MEDIZIN KASSEN SOLLEN GRAS BEZAHLEN

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Ab 2017 tritt ein neues Gesetz in Kraft

MEDI+GREEN ANTI-EINSTIEGSDROGE

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REKORDTEENAGER

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ABHÄNGIGKEIT MIT BESTRAFUNG!?

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INHALT MEDI+GREEN 37

PENNSYLVANIEN FEIERT

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HANFGARTEN – IN HANF INVESTIEREN

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STUDIE: CBD WECKT HOFFNUNG BEI DER BEHANDLUNG VON DEPRESSIONEN

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TAG DER BEFREIUNG

CANNA+GLOBE 42–43

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DIE BELIEBTESTEN KRÄUTER ZUM VERDAMPFEN

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MEDIZIN 44–47

MEDIZINALHANF AUS DEM KIBBUZ Das Therapieprogramm Teva Adir

VOLLBLUT 48

BLOW MIND AUTO® Sweet Seeds

MEDIZIN 44

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CANNABIS RÄUCHERN! Hanf-Anwendung jenseits von Joint und Vaporizer

VOLLBLUT Eine seriöse medizinale Pflanze 54

SERIOUS 6

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INDUSTRIAL PLANT AUTOFLOWERING CBD Dinafem Seeds

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CANNA+GLOBE 58–59

OHNE GRAS KEIN LEBEN Vom Einfluss der Süßgräser auf die menschliche Zivilisation

A´LA CANNA 60–61 63 24

COCKTAILS AUS WEIZENGRAS Das beste Mittel zur Entgiftung in der Partysaison PIE CRUST MIT SCHOKOLADE UND HANF

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MEDI+GREEN

Regulierter Cannabismarkt in Großbritannien

roßbritannien findet keinen Konsens beim Thema Drogen. Während die britische Regierung über eine Verschärfung der Drogengesetze nachdenkt, verzichtet die Polizei auf die Verfolgung von KifferInnen, und die Liberalen möchten die Legalisierung des Marihuanas erreichen. Das aus Spanien bekannte System der Cannabis Social Clubs hat für sie Vorbildcharakter. Sie sind der Meinung, dass die Strafverfol-

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gung einerseits die Polizei sinnlos belastet, andererseits die KonsumentInnen auf den Schwarzmarkt treibt. Betrachten wir einmal die Fakten: In Großbritannien konsumieren insgesamt 7 Prozent der über 16-Jährigen Cannabis, daher betrifft die Grasregulierung Millionen Menschen. Nach der augenblicklichen Gesetzeslage drohen auch bei Besitz einer geringen Menge fünf Jahre Gefängnis und es kann eine unbegrenzte Geldstrafe ver-

LateinamerikanerInnen wollen Frieden ieberhafte Vorbereitungen waren der hochrangigen UN-Sitzung vorausgegangen, die im April stattfand und auf der die derzeitigen Drogenvereinbarungen unter die Lupe genommen werden sollten. Lateinamerika ist schon seit Langem von den unerwünschten Auswirkungen des Drogenkrieges betroffen, daher überrascht es nicht, dass mehrere ehemalige Präsidenten des Erdteils sich für seine Beendigung aussprachen. „Die in weiten Kreisen der Welt angewandten drogenpolitischen Maßnahmen rufen Gewalt hervor, überlasten Strafverfolgung und Justiz, führen zu Korruption und schränken demokratische Institutionen ein“, ließen die ehemaligen Präsidenten von Brasilien, Kolumbien und Mexiko Fernando Henrique Cardoso, César Gaviria und Ernesto Zedillo verlautbaren. Anhand der zu ihren Amtszeiten entstandenen Analysen und Statistiken erklärten sie, dass „der Krieg gegen die Drogen im weitesten Sinne eine Katastrophe ist“. Die Präsidentschaft aller drei Staatsmänner lag in den 1990er Jahren und jeder von ihnen hatte versucht, den Drogenhandel mit harten Mitteln zu liquidieren. Cardoso beabsichtigte die vollkommene Vernichtung des Cannabismarktes, Zedillo wollte die Drogenkartelle

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vernichten und Gaviria wollte das Kokainimperium von Pablo Escobar zum Einsturz bringen. Als sich zeigte, dass die Pläne sich nicht umsetzen ließen und mehr Schaden angerichtet hatten, als sie hätten verhindern sollen, öffneten sich die drei Präsidenten um die Jahrtausendwende der Entkriminalisierung. Gegenwärtig kritisieren sie die Vorgehensweise der aktuellen UN-Sitzung, da keine

hängt werden. In der Regel kommt man allerdings mit einer Verwarnung davon. Die LiberaldemokratInnen weisen darauf hin, dass die unerwünschten Folgen des Kriegs gegen die Drogen mit einer geeigneten Reglementierung aus der Welt geschafft werden könnten. In diesem Zusammenhang stellte die Partei die Studie einer Gruppe unabhängiger BeraterInnen vor, die zu dem Schluss kommt, dass die Gefahren des Cannabiskonsums am wirksamsten durch einen verantwortungsvollen, regulierten Markt verringert werden könnten. Die Studie schlägt unter anderem vor, den über 18-Jährigen den Kauf von Cannabis zu erlauben. Der Handel könne in lizenzierten Geschäften oder in Cannabis Clubs mit einer überschaubaren Mitgliederzahl vonstattengehen. Die unauffälligen Cannabisverpackungen sollten Hinweise zu den Risiken tragen. Die Studie fordert eine Regulierungsbehörde zur Marktkontrolle und die Erlaubnis des Anbaus für den Eigenbedarf. Die Höhe der Verkaufssteuer auf Cannabis würde abhängig sein vom THC-Gehalt. Nach den Berechnungen der ForscherInnen könnten die Einnahmen jährlich eine Milliarde Pfund erreichen. Diese Zahl wird vielleicht auch die Regierungsparteien nachdenklich stimmen.

offene Diskussion auf wissenschaftlicher Basis stattfand, sondern hinter verschlossenen Türen ein vorbereitetes Dokument verabschiedet wurde, in dem von Entkriminalisierung nicht die Rede ist. Die drei ehemaligen Präsidenten fordern daher die UN auf, die Kriminalisierung der DrogenkonsumentInnen sowie die Inhaftierung unter mittelalterlichen Bedingungen zu beenden. Sie rufen zu einer Debatte über die verschiedenen Formen einer Drogenregulierung auf, anstatt Drogen einfach zu verbieten.


Schönere Haut mit dem Vaporizer

ehrere Studien belegen, dass Cannabinoide eine wohltuende Wirkung auf die menschliche Haut ausüben, während das Rauchen (von Tabak) ihren Zustand verschlechtert. Wie kann nun jemand schönere Haut bekommen, der keinen Zugang zu Cremes auf Hanfbasis hat

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und auch nichts von Shit-Plätzchen hält? Hier empfiehlt sich die Benutzung eines Vaporizers. Das wenigstens rät der Hautarzt Dr. Joel Schlessinger und die Spezialistin für therapeutisches Cannabis Dr. Wendy Zaharko in einem Artikel des Mic Magazine. Obwohl das Rauchen von Cannabis weniger schädlich sei als das von Tabak, gelangten bei der Verbrennung Kohlenwasserstoffe in den Organismus, welche die Produktion von neuen Kollagenen behinderten, die für die Straffheit der Haut verantwortlich seien. Beim Vaporisieren jedoch, der Verdunstung also, lasse sich dies umgehen, sodass die im Cannabis befindlichen Stoffe ohne schädliche Verbrennungsprodukte ihre Wirkung entfalten können. Nicht nur die Haut, auch die Atmungsorgane würden davon profitieren. Für die Gesundheit der Haut sind im Cannabis in erster Linie die entzündungshemmenden und antioxidativen Eigenschaften des THC verantwortlich. Bei Forschungen zu positiven dermatologischen Wirkungen wurden erst kürzlich Experimente mit Cannabinoiden einbezogen. Deshalb ist die Prophezeiung vielleicht nicht zu gewagt, dass die Kosmetikindustrie im Falle weiterer positiver Ergebnisse auf diesem Sektor aktiv werden wird.

Bessere soziale Fähigkeiten sychosepatientInnen, die in früheren Lebensabschnitten Cannabis konsumiert haben, verfügten vor ihrer Erkrankung über ausgeprägtere soziale Fähigkeiten als Menschen, die noch nie Cannabis benutzt haben. Dies offenbarte eine Studie, die fünf europäische Länder einbezog. Laura Ferraro von der Universität Palermo beobachtete, dass der Konsum von Cannabis deutlich zur Entwicklung sozialer Fähigkeiten beiträgt – bei psychotischen PatientInnen in größerem Maße als bei gesunden KonsumentInnen. Ferraro stellte ihre Forschungen auf der diesjährigen Konferenz der Europäischen Psychiatrischen Gesellschaft vor. Sie sagte, dass PsychosepatientInnen, die Cannabis konsumieren, eine gut abgrenzbare Untergruppe der unter ähnlichen Symptomen leidenden Kranken darstellen. Die Mitglieder dieser Gruppe verfügten über bessere soziale und kognitive Fähigkeiten, außerdem liege ihr IQ höher. Die Untersuchung umfasste 745 PsychosepatientInnen und 999 gesunde Personen. Sie erstreckte sich auf Frankreich, Italien, Holland, Spanien und Großbritannien. William T. Carpenter, Professor für Psychiatrie und Pharmazie an der medizinischen Universität von Maryland, überraschen diese Ergeb-

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nisse nicht. Er fügte hinzu, dass Personen mit schwächeren sozialen und kognitiven Fähigkeiten seltener Cannabis konsumieren.


MEDI+GREEN er die Diskussionen um die Legalisierung von Marihuana aufmerksam verfolgt, wird erkennen, dass der Schutz der Minderjährigen sowohl im Lager der UnterstützerInnen als auch in dem der GegnerInnen ein gleichwohl wichtiges Argument darstellt. Nach Ansicht der BefürworterInnen des Verbots lässt dieses den Jugendlichen die eindeutige Nachricht zukommen, dass Drogen schlecht sind. Die BefürworterInnen der Legalisierung sehen eher in einem regulierten Markt – in dem nicht die Dealer das Gras verkaufen – den Schutz der Jugendlichen gewährleistet. Schauen wir uns einmal an, wie sich die Praxis in Washington darstellt. Auf dem Pediatric Societies Meeting in Baltimore Anfang Mai wurde eine Studie vorgestellt, die den Drogenkonsum (Tabak, Alkohol, Marihuana und andere Drogen) von Jugendlichen in den 2010er Jahren im Staate Washington untersucht. Dort wurde 2012 die Legalisierung von Marihuana beschlossen. Im Sommer 2014 eröffneten die ersten Geschäfte, die Cannabis verkauften. Es konnten daher erste Auswirkungen dieser Entwicklung auf Teenager analysiert werden. Das Ergebnis der Untersuchung scheint den Argumenten der LegalisierungsbefürworterInnen Recht zu geben, dass nämlich die Cannabisfreigabe für Erwachsene nicht zu einem steigenden Gebrauch bei Jugendlichen führt. „Entgegen den Befürchtungen, dass Cannabis nach der Legalisierung für den Freizeitgebrauch durch Erwachsene 2012 den Zugriff der Jugendlichen auf Marihuana steigern würde, belegen dies die Daten einer Vorsorgeuntersuchung (Healty Youth Survey), die sich auf den ganzen Staat erstreckte, nicht“, stellte die internationale Forschergruppe fest. Die Ergebnisse decken sich mit denen der im letzten Sommer vom Foreign Policy Institute in Washington herausgegebenen Studie, wonach die Zahl der jugendlichen CannabiskonsumentInnen im

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Jugendliche in der Legalisierung Zeitraum von 2002–2012 leicht zurückgegangen ist. So urteilte der Großteil der SchülerInnen der 8. Klassen, dass Marihuana schwerer zu beschaffen sei als früher. Im März veröffentlichten ForscherInnen der New Yorker Columbia Universität, dass es 12- bis 17-jährige GraskonsumentInnen nicht beeinflusst hat, dass in ihrem Staat therapeutisches Cannabis freigegeben wurde. Und einer aktuellen Untersuchung zufolge scheint es darüber hinaus wahrscheinlich, dass selbst die Legalisierung von Cannabis für den Freizeitgebrauch Jugendliche nicht zum Kiffen motiviert.

Es sei angemerkt, dass in den Staaten, in denen Erwachsene legal an Cannabis gelangen können, die Regierung bedeutende Summen aus den Cannabissteuereinnahmen für die Aufklärung über Cannabis aufwendet, und dass diese sich ebenfalls positiv auf die Ergebnisse der obigen Studien ausgewirkt haben kann. Mehr Unterstützung erfahren auch „problematische“ KonsumentInnen, indem ihnen Therapien angeboten werden. Ein weiteres Zeichen der Aufmunterung also für die Länder und die amerikanischen Bundesstaaten, die darüber nachdenken, den Washingtoner Weg zu beschreiten.



MEDI+GREEN

Hinrichtung auf indonesische Art

s ist unbegreiflich, dass man im Jahre 2016 in manchen Teilen der Welt noch mit der Todesstrafe und öffentlichen Hinrichtungen versucht, eine Gesellschaft drogenfrei zu machen. Der Iran führt mit der öffentlichen Hinrichtung von über 500 Dealern die Liste an, doch Indonesien bemüht sich mit neuen Ideen um den Anschluss an das Vorbild. Mit seinen 500 Millionen EinwohnerInnen ist

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Indonesien das viertgrößte Land der Welt und trotz seiner bisherigen Bemühungen von der angestrebten Drogenfreiheit noch weit entfernt. Trotz der bestehenden Todesstrafe für Drogenhandel und der Existenz von Gefängnissen, die mit Tigern, Krokodilen und Piranhas (das ist kein Witz!) bewacht werden, beträgt die Zahl der Drogenabhängigen im Lande nach Schätzungen der Regierung 4,5 Millionen.

Traumatherapie mit Lachgas er britischen Regierung gingen im Sommer letzten Jahres die Pferde durch und sie beschloss, ein ganzes Bündel von Mitteln zu verbieten – von der Designerdroge bis zum Lachgas (N2O). Auf dem Parliament Square wurde mit kollektivem Einatmen von Lachgas und anhaltendem Gelächter dagegen protestiert. Ironie des Schicksals, dass britische ForscherInnen gerade herausgefunden haben, dass eben dieses Gas bei der Behandlung von schweren Krebserkrankungen wirksam eingesetzt werden kann. Unverarbeitete Traumata setzen sich im Gedächtnis fest und brechen immer wieder hervor. In schweren Fällen – beispielsweise bei der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTSD) – können diese Ausbrüche ein normales Alltagsleben unmöglich machen und führen nicht selten zum Selbstmord. Die MitarbeiterInnen des London College untersuchten 50 Erwachsene, denen sie schockierende Filme über sexuelle Gewalt und Mord vorführten. Die Hälfte der Testpersonen atmete eine halbe Stunde nach der Vorführung eine Mischung aus Luft und Lachgas im Verhältnis 1:1 ein. Bei ihnen sank in den folgenden Wochen die Zahl ungewollt auftretender Erinnerungen rapide ab, während

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sie sich in der anderen Gruppe nur sukzessive verringerten. Die WissenschaftlerInnen erklären dies damit, dass das Lachgas verhindert, dass die Erinnerungen ins Langzeitgedächtnis geraten. Es ist empirisch belegt, dass Erinnerungen, die von starken Gefühlsreaktionen begleitet sind, eine Art Markierung bekommen, die das Hirn anweisen, sie zu speichern. Die NMDA-Rezeptoren des Gehirns verrichten diese Markierungsarbeit und übernehmen während des Schlafes das Speichern ins Langzeitgedächtnis. Das Lachgas unterbindet

Laut Statistik sterben täglich 33 Menschen an Überdosen, daher ist es verständlich, dass die Regierung eine schnelle Lösung sucht. Die gegenwärtige Praxis – Kopfschuss für Großhändler – brachte jedoch keine spürbare Verbesserung der Situation. Die Regierung hofft nun, mit neuen Wunderwaffen das Problem zu lösen: Gefasste Dealer werden mit ihrer Ware vollgestopft, bis sie daran sterben. Bevor jemand auf falsche Gedanken kommt: Es ist nicht von Cannabis oder Haschisch die Rede, sondern von qualitativ minderwertigen Metamphetaminen und Heroin. Beides Stoffe, die leicht zu Überdosen führen können. Diese unmenschliche Behandlung droht nicht nur HändlerInnen, sondern auch KonsumentInnen. So kann es schnell passieren, dass eine Nadel einen Konsumenten ins Gefängnis bringt, weshalb Junkies oft versuchen eine Strafe zu vermeiden, indem sie Spritzen gemeinsam benutzen. Damit verbreiten sie Aids und Hepatitis C in ihren Kreisen. Die Gefängnisse werden zu 70 Prozent von DrogenkonsumentInnen und KleindealerInnen bevölkert, und deren Bedarf wird auch hinter Gittern gedeckt. 2013 wurde in einem Gefängnis ein Metamphetaminlabor entdeckt, an dessen Betrieb auch drei Gefängniswärter beteiligt waren. So viel über strenge Strafen und Drogenfreiheit. Wenigstens der friedlichere Teil der Welt könnte hier eine Lektion lernen.

diesen Prozess, indem es die Funktion der NMDA-Rezeptoren blockiert – das ist die Erklärung dafür, dass für die Mitglieder der Lachgasgruppe die gesehenen Filme weniger präsent waren. Das scheinbar brutale Experiment, das Erinnerungen an „Clockwork Orange“ hervorruft, klinkt sich an einem anderen Punkt in die Traumatherapie ein als Cannabis und Ecstasy (MDMA), deren Wirksamkeit bei PTSD-Therapien nach zahlreichen Untersuchungen bestätigt ist. Die ForscherInnen fanden heraus, dass Lachgas dann nützlich sein kann, wenn es nicht nachträglich, sondern am gleichen Tag, an dem das Trauma erlitten wurde, konsumiert wird.



+GLOBE+GLOBE CANNACANNA

Grow, Kunst und Kultur Grow2gether in St. Pölten Es growt jetzt auch in St. Pölten. Mit einem eigenen Growshop in St. Pölten hat sich Michael Kain seinen Traum verwirklicht. Eine Fahrt nach Wien oder Linz ist jetzt nicht mehr nötig, eine große Auswahl an erstklassigen Produkten zu bekommen. All das findet man nun direkt in St. Pölten bei grow2gether, einem Shop, der seinesgleichen sucht. Den Laden mit seinem besonderen Aussehen erkennt man schon von Weitem. Wir sprachen mit Michael über seine Idee, die Umsetzung und seine weiteren Pläne. Medijuana: Wann und warum wurde grow2gether gegründet? Wie lange dauerte es, dieses außergewöhnliche Konzept zu verwirklichen? Michael Kain: Schon seit Langem war es mein Traum, einen eigenen Growshop zu betreiben. Ich habe viel Zeit und Energie in das Konzept und diesen Shop investiert und am 2. November 2015 war es dann endlich soweit. Die Eröffnung meines eigenen Shops grow2gether - in St. Pölten. Ich selbst bin in Niederösterreich zu Hause. Also warum nicht in der aufstrebenden Stadt St. Pölten einen Growshop eröffnen? So einen Shop gab und gibt es nämlich noch nicht – jedenfalls nicht in dieser Größe und mit unserem breiten Sortiment. Unsere Kunden aus der Region sind nun froh, dass sie sich den weiten Weg nach Wien oder Linz sparen können. MED: Das ist ein sehr ungewöhnlicher Growshop - auch hinsichtlich der Einteilung und Produktauswahl. Hat das mit deiner 14


Person zu tun oder ist das ein entwickeltes Konzept? MK.: Ich wollte etwas Einmaliges, Außergewöhnliches schaffen, einen Shop, in dem man lange verweilt, den man entdecken kann. Viel Liebe habe ich in die Umgestaltung des Shops gesteckt. Das Haus hat eine gute Energie und passt perfekt zu einem Growshop. Gestaltet wurde es mit Keramik innen und außen, so eine Art Hundertwasserhaus in St. Pölten. Jeder hier in der Gegend kennt dieses Haus und ist schon mindestens einmal daran vorbeigefahren. Viele angesehene Künstler, Metallkünstler, Glaskünstler, Holzkünstler aus der Region und regionale Produkte sind Teil meines Konzeptes. Alle sind eingeladen, hier etwas Außergewöhnliches zu schaffen. Jeder soll sich hier wohlfühlen kreativ sein können sammeln. Ich denke, das ist mir auch hier in St. Pölten gelungen. Das Feedback meiner Kunden ist durchweg positiv. Ich als Betreiber eines Growshops will meinen Kunden nicht nur ein gutes und allumfassendes Sortiment bieten, sondern auch dazu beitragen, die positiven Eigenschaften der Pflanze Marihuana in der Ge-

sellschaft kundzutun. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen haben sich in den letzten Jahren diesbezüglich verändert, die Haltung der Bevölkerung ist offener, aufgeklärter im Umgang mit der Pflanze geworden. grow2gether steht für Zusammenwachsen, sich gemeinsam entwickeln und gemeinsames Wachsen – im doppelten Sinne. MED: Wie wichtig ist es für dich, biologische Produkte anzubieten? MK: Sehr wichtig natürlich. Das hängt damit zusammen, dass ich sehr auf die Qualität meiner Produkte achte. In meinem Shop finden Kunden eine große Auswahl an Sämlingen aus biologischem Anbau, wo wir eine bessere Qualität als bei Stecklingen gewährleisten können. Bei mir gibt es keine Billigangebote, dass lässt sich mit meiner Philosophie nicht vereinbaren. Denn an erster Stelle steht bei mir die Qualität. Das heißt aber nicht, dass wir deswegen teuer sind. Wir beziehen Ware aus fairen Bedingungen mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Und das geben wir an unsere Kunden weiter. Aber natürlich findet man auch immer wieder das eine oder andere Schnäppchen. Oder profitiert

von unseren Angeboten, die ständig wechseln. MED: Hast du auch eigene Produkte in deinem Shop? MK: Neben einer großen Auswahl an Sämlingen findet man bei mir auch exklusive LED-Lampen, die ich gemeinsam mit einem LED-Hersteller entwickelt habe. Die Lampen decken das gesamte Lichtspektrum für Wachstum und Blüte ab, haben Sonnenauf- und -untergangsfunktion sowie, sowie eine Anschlussmöglichkeit an Kohlefilter und Abluft. Sie zeichnen sich durch eine lange Lebensdauer bei gleichbleibender Lichtleistung aus. Es gibt sie bereits mit 20 Watt und bis zu einer Stärke von 800 Watt. Wir fertigen aber auch Lampen ganz individuell nach Kundenwunsch. Unsere Kunden sind mit den Lampen so zufrieden, dass man bei mir kaum noch eine Natriumdampflampe findet. Wir lassen unsere Lampen nun schon seit über zwei Jahren von unabhängigen Personen testen – in Ländern, wo das Growen legal ist.. Die Ergebnisse sind sensationell und sprechen für sich!

text: M. Blumenthal photos: Aniko Turai

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MEDI+GREEN ine Gruppe von 22 Sachverständigen der Johns Hopkins Universität und der britischen Fachzeitschrift The Lancet – also die Crème de la Crème der Ärzteschaft – veröffentlichte Ende Mai einen Aufruf zur Entkriminalisierung des Drogenbesitzes und des Drogenkonsums, der nicht mit gewaltsamen Straftaten verbunden ist. Sie machten deutlich, dass der wissenschaftliche Konsens in der Haltung zu dem verfehlten Krieg gegen die Drogen immer größer wird. Daher fordern sie die Länder auf, sukzessive Schritte zu einem regulierten Drogenmarkt einzuleiten. Anlass ihres Aufrufs war die UN-Sitzung zu Drogenfragen im April (UNGASS), die zur Überprüfung der internationalen Drogenvereinbarungen einberufen wurde. Die Expertengruppe machte in einem umfangreichen Dokument deutlich, dass die Anti-Drogen-Politik der vergangenen 50 Jahre direkt und indirekt zu tödlicher Gewalt, Krankheiten, Diskriminierung, Migration und Ungerechtigkeit beitrug und das Recht auf Gesundheit missachtete. Sie verweisen auf die Opfer des Krieges gegen die Drogenkartelle in Mexiko, die in die Hunderttausende gehen, auf die Masseninhaftierungen, die schweren Menschenrechtsverletzungen in Gefängnissen, die epidemieartige Verbreitung von Aids und Hepatitis C und die rassistischen Elemente

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MedizinerInnen befürworten Erleichterungen des Krieges gegen die Drogen in den Vereinigten Staaten. Die AutorInnen kommen zu dem Schluss, dass die Grundlage des Verbots jeglicher wissenschaftlichen Erwägungen entbehrt. Sie bemängeln, dass zwischen dem rekreativen und dem problematischen Drogengebrauch nicht unterschieden wird und in der Folge die Regierungen jeglichen Gebrauch von Drogen als gefährlich und bösartig darstellen. Sie führen eine Untersuchung

an, die aufzeigt, dass nur 11 Prozent der DrogenkonsumentInnen auf der Welt zu den problematischen Fällen zählen. Nach Ansicht der Sachverständigen darf man den Drogenkonsum nicht zu einem Schreckgespenst stilisieren, sondern muss ihn langsam in ein legales Fahrwasser lenken. KonsumentInnen, deren Konsum besorgniserregend hoch ist, sollten statt einer Strafe eine wirksame (medizinische) Versorgung erhalten.

Die Lüge hinter dem Drogenkrieg ie Wurzeln des Drogenverbots sind weithin bekannt. 1971 rief Präsident Richard Nixon den Krieg gegen die Drogen aus, der bis zum heutigen Tage weder gewonnen noch aufgegeben werden konnte. Weniger bekannt ist jedoch die Tatsache, dass der Krieg gegen die Drogen nur ein zweitrangiges Ziel für Nixon darstellte. Ein 1994 geführtes Interview, das trotz seines wichtigen Inhalts bisher nicht veröffentlicht wurde, kam jetzt ans Tageslicht. Darin befragte Dan Baum Nixons führenden Berater John Ehrlichman, der nach dem Watergate-Skandal anderthalb Jahre im Gefängnis verbrachte. Der zum Zeitpunkt des Interviews schon betagte Ehrlichman hatte nichts mehr zu verlieren und plauderte interessante Details zur Strategie Nixons aus: „Sie möchten also wissen, worum es dabei in Wirklichkeit ging? Nixons Wahlkampagne 1968 und später die Regierung Nixon sahen zwei Gegner: die gegen den Krieg eingestellte Linke und die Schwarzen. Verstehen Sie, was ich sage? Sie wussten, dass sie gegen die Pazifisten nicht mit einem Verbot vorgehen konnten, genauso wenig gegen die Schwarzen. Es gelang ihm

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aber, dass die Menschen Marihuana mit den Hippies assoziierten und Heroin mit den Schwarzen. Als sie dann beides verbo-

ten, konnten sie beide Gemeinschaften zerrütten. Ihre FührerInnen konnten verhaftet werden, man konnte Razzien in den Häusern durchführen, ihre Treffen verhindern und sie jeden Abend in den Nachrichten verleumden. Ob wir wussten, dass wir bei den Drogen gelogen haben? Sicher wussten wir das.“ Wie ist es möglich, dass ein Interview von solcher Tragweite, das die Anti-Drogen-Ideologie zum Einsturz bringt, jahrzehntelang der Öffentlichkeit vorenthalten blieb? Dan Baum erklärt, lautet, dass sein 1996 erschienenes Buch „Smoke and Mirrors. The War on Drugs and the Politics of Failure“ keines seiner Interviews enthielt. Er habe die LeserInnen mit Tatsachen auf dem Laufenden halten wollen, deshalb habe es nicht gepasst. Das Interview erschien erstmals 2012 in einer Sammlung mit dem Titel „The Moment“ und blieb damals ohne besonderes Echo. Das Zitat gelangte jedoch an prominente Stelle in der Aprilausgabe des Harper’s Magazine. Der Krieg gegen die Drogen basiert auf einer gewaltigen Lüge. Nicht aus Sorge um die Gesundheit der Menschen hat man ihn erklärt, sondern aus reiner Machtgier.


MEDI+GREEN

Wien und das neue „Drogenproblem“ eit einigen Monaten finden sich vermehrt Berichte in österreichischen Medien, allen voran im Boulevard, über den zunehmenden Drogenhandel im öffentlichen Raum. In Wien geschehe dies vor allem im Bezirk Ottakring, in den Bereichen der U-Bahn-Stationen Thaliastraße und Josefstädterstraße, dem Josef-Strauß-Park und dem Brunnenmarkt. In den Medien wird diese Situation dargestellt, als sei sie völlig neu. In Ottakring trifft das auch ein wenig zu: Ein Anstieg der sogenannten Straßenkriminalität ist zu verzeichnen. Als mutmaßlicher Grund für diese Entwicklung wird zumeist die Strafrechtsnovelle angeführt, welche mit Anfang 2016 in Kraft trat. Diese Novelle soll die Gewerbsmäßigkeit von Straftaten neu regeln. Der Gesetzgeber will damit erreichen, dass des Drogenhandels Beschuldigte, nicht mehr so schnell und in so hoher Anzahl in Untersuchungshaft genommen werden. Aber das allein kann nicht der Grund für die Zunahme an Anzeigen sein. Denn der Handel

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mit Drogen, und dabei vorwiegend Cannabis, an bestimmten Orten in Wien ist alles andere als neu. Ganja war auch zuvor an vielen Ecken Wiens, in „Hittn“ und rund um Clubs wie das Flex leicht erhältlich.

Viele CannabishändlerInnen, die jetzt im Fokus von Medien, Politik und Polizei stehen, sind AsylbewerberInnen aus Westafrika, Nordafrika sowie Afghanistan. Spätestens an dieser Stelle fällt einem der rassistische Beigeschmack der medialen Darstellung der Thematik auf. Das Schlagwort – Ethnic Profiling – könnte mitunter auch eine Erklärung des sprunghaften Anstiegs der Anzeigen und der damit einhergehenden Darstellungen in Zeitungen und Nachrichten sein. Ethnic Profiling beschreibt eine Praktik von Strafverfolgungsorganen, bei der gezielt Menschen nach ihrer Hautfarbe oder der angenommenen Herkunft kontrolliert und in diesem Fall des Suchtmittelhandels verdächtigt werden. Der Gesellschaft und vor allem den Menschen, die hierher kommen, um ein normales, friedliches Leben zu führen, wäre doch besser geholfen, wenn sie nicht durch das staatliche Arbeitsverbot jeglicher Perspektive beraubt würden. Es sollte ihnen gestattet werden, eine Arbeit aufzunehmen. Und wenn, warum nicht in der Cannabisindustrie? Wo doch einige Tausend Arbeitsplätze durch die Freigabe der Produktion und des Handels mit Cannabis entstehen würden. Arbeitsplätze für alle.


MEDI+GREEN

Justiz macht Jagd auf Cannabis-Senioren Siebte Beschlagnahmung von Medizinalhanf beim CSC Salzburg Gezielte Schikanen gegen AktivistInnen

nfang Mai gab es die mittlerweile schon siebte Hausdurchsuchung beim Cannabis Social Club Salzburg, bei der erneut alle Cannabispflanzen von der Exekutive abgeschnitten und beschlagnahmt wurden. Der CSC Salzburg versucht seit über einem Jahr, PatientInnen zwischen 51 und 92 Jahren mit medizinischem Cannabis zu versorgen, die damit ihre zum Teil lebensbedrohlichen Krankheiten in Schach halten wollen. Die Vereinsmitglieder berufen sich dabei auf einen medizinischen Notstand, da Cannabis bei ihren Leiden erwiesenermaßen ein wichtiges Heilmittel ist unter dessen Einsatz sie oftmals andere Medikamente mit schwereren Nebenwirkungen absetzen können.

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Sechs Euro je Gramm Der Verein hatte das Cannabis zum Selbstkostenpreis von sechs Euro je Gramm und damit für rund die Hälfte des Schwarzmarktpreises abgeben wollen. Vereinsobmann Wilhelm Wallner bringt zudem ein Fristenversäumnis seitens der Behörde ins Spiel (siehe Interview mit Willi Wallner). Der CSC Salzburg hat zurzeit rund 130 Mitglieder, mit stark wachsender Tendenz, die sich die Medizin ihrer Wahl selbst anbauen

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wollen. Bisher endeten alle Anbauversuche mit einer Beschlagnahmung des vorgefundenen Cannabis. Videoaufnahmen von der Hausdurchsuchung auf der Webseite des Hanf-Instituts zeigen, dass die PolizeibeamtInnen gegen den CSC Salzburg nur äußerst ungern und nur auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Salzburg vorgegangen waren. Fast schon amüsant ist eine Szene, wo Wallner einen Polizisten darauf hinweist, dass auch dessen Mutter Cannabis-Tinktur von ihm erhalten habe.

Der CSC Salzburg steht damit auch vor hohen finanziellen Hürden. Willi Wallner wird noch Kosten für sieben Strafverfahren zu tragen haben. Der Schmerzpatient hat in seinem Kampf für selbstbestimmte medizinische Therapie bisher seine gesamten Erparnisse eingesetzt. Auch andere AktivistInnen des CSC werden von den Behörden schikaniert. So ging Kassiererin Dani Macek vom heurigen Hanfwandertag mit einer weiteren Cannabis-Anzeige heim, nachdem sie offensichtlich gezielt aus der Menge gepickt worden war. Offenbar ist es den österreichischen Behörden ein Dorn im Auge, dass der CSC Salzburg keinen Hehl aus seinen Intentionen macht, kranke Menschen mit Medizinalhanf zu versorgen. Im gemütlichen Henndorf am Wallersee sehen es die meisten Menschen anders. „Die sollen den Willi endlich in Ruhe lassen. Früher haben ihm die Ärzte Morphium verschrieben, aber seitdem er Cannabis hat, ist er schmerzfrei”, sagt ein Dorfbewohner. In Europa gibt es bereits in Belgien, Spanien und Slowenien Cannabis Social Clubs, die ihre Mitglieder mit medizinischem Cannabis versorgen. In Deutschland erlaubte das Bundesverfassungsgericht vor Kurzem erstmals einem Schwerkranken den Eigenanbau von Cannabis. Dieses Ziel verfolgt auch die 2. Parlamentarische Bürgerinitiative „Straffreier Cannabis-Eigenanbau für Patienten“ der Arge Canna und des HanfInstituts, die in der aktuellen Offline-Phase schon über 20.000 Unterschriften sammeln konnten.


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CANNA+GLOBE

Der CSC Salzburg gibt nicht auf „Niemand wird mich davon abhalten, Patienten mit Hanf zu versorgen” Medijuana sprach mit dem Obmann des Cannabis Social Club Salzburg Willi Wallner nach der siebten Beschlagnahme seiner Medizinalhanfproduktion. Medijuana: Willi, wir sehen auf eine Menge leerer Blumentöpfe. Wieso kam die Polizei nach einigen ruhigen Monaten wieder? Willi Wallner: Ich mache keinen Hehl daraus, dass wir medizinisches Cannabis für unsere 130 Mitglieder produzieren und nach dem CSC-Modell zum Selbstkostenpreis abgeben wollen. Jetzt wird wieder wegen des ‘Verdachts der Suchtmittelgewinnung’ ermittelt, was eindeutig nicht der Fall ist, weil unsere Mitglieder kein Sucht- sondern ein Heilmittel zu sich nehmen. Aber niemand wird mich davon abhalten, Patienten mit Hanf zu versorgen. MED: Wie verlief die Hausdurchsuchung? Macht es den Beamten Spaß, kranke PensionistInnen zu jagen? WW: Wir kennen das ganze Theater, weil es schon zum siebten Mal passierte. Diesmal wurde ich sogar in Handschellen abgeführt, weil mir die Polizisten auch meine eigene Ration Cannabis konfisziert haben. Da habe ich mich auf der Treppe quergelegt, weil für mich die Schmerzen ohne Cannabis einfach nicht auszuhalten sind und ich kein Morphium nehmen will, das bei mir auch nicht so gut wirkt wie ein simpler Joint. Den Beamten ist das auch jedes Mal unangenehm, weil sie ganz genau wissen, dass das hier kein Coffeeshop ist. Schließlich holt sich sogar die Mutter eines der Exekutivbeamten ihre Cannabis-Tinktur bei uns und ist CSC-Mitglied. MED: Ihr rechtfertigt eure Aktivitäten mit zwei starken Gründen. Bitte erkläre das den LeserInnen.

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WW: Zum einen berufe ich mich auf ein Fristenversäumnis der Behörden. Ich habe angekündigt, im Name unserer Mitglieder die Heilpflanze Cannabis anzubauen, und dafür nie einen negativen Bescheid erhalten.

Zum anderen berufen sich alle unsere 130 Mitglieder auf einen medizinischen Notstand, weil sie zum Großteil konventionell austherapiert sind und Cannabis ihre letzte Hilfe ist. Wir hoffen stark, dass es nicht so weit kommt, dass Patienten sterben müssen, weil wir sie nicht mit Cannabis versorgen können. Das sind ja keine Rastatypen, sondern ganz einfach kranke Menschen, die sonst keinen Zugang zu ihrem bevorzugten Heilmittel hätten. Für jeden Schmerzpatienten ist jeder Tag ohne Cannabis eine Tortur. MED: Wie geht es jetzt weiter? WW: Ich habe nach der Beschlagnahmung von 170 Pflanzen sofort die nächsten angesetzt. Mich wird keine Behörde daran hindern, Menschen von ihren Schmerzen zu befreien. Für mich ist das alles nur Wahnsinn, der hier auf dem Rücken von Patienten ausgetragen wird. Auch wenn bei diesen Verfahren gegen mich nicht viel herauskommen wird, werden wir durch die Justiz mürbe gemacht, weil wir ja ständig Rechtsanwälte brauchen. Wo leben wir denn, dass im 21. Jahrhundert Menschen strafrechtlich verfolgt werden, nur weil sie die Medizin ihrer Wahl nehmen wollen? MED: Wir bedanken uns für das Gespräch. Mit Wilhelm Wallner sprach MedijuanaMitarbeiter Anatol Zweig.

text: Toni Straka


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CCANNA ANNA+G GLOBE LOBE

Hanfwandertag 2016

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MEDI+GREEN

(Noch) kein Eigenanbau für PatientInnen in Österreich

ährend im Nachbarland Deutschland in diesem Moment die Weichen für medizinisches Cannabis aus der Apotheke samt eigener Cannabisagentur gestellt werden und PatientInnen vor Gericht ihr Recht auf Eigenanbau erfolgreich reklamieren, steht für österreichische PatientInnen weiterhin nur die Monosubstanz THC in Form der Magistralzubereitung Dronabinol, sowie das THC-CBD-Spray Sativex zur Verfügung. Eigenanbau? – Fehlanzeige. Die Cannabispatienten-Interessensvertretung ARGE CANNA beklagt den Umstand, dass hierzulande weiterhin vielen, zum Teil schwerkranken Menschen Cannabis als Medizin vorenthalten wird. Zudem werden die Kosten für die derzeit verschreibungsfähigen Arzneien auf Cannabinoidbasis nur unzureichend von den Krankenkassen übernommen. „Es ist schlichtweg nicht verständlich, wie PatientInnen, welche aufgrund ihrer Erkrankung zum Teil nur minimale monatliche Bezüge haben, Kosten für Medizin in Höhe von bis zu 1.000 Euro stemmen sollen“. ärgert sich

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Patrick Krammer von der ARGE CANNA über die Bewilligungspolitik der Krankenkassen. Der Eigenanbau samt Ernte der Blüten, selbst für medizinische Zwecke, ist in Österreich nach wie vor strafbar. In der vegetativen Phase als Zierpflanze oder in der Blütephase hinter Sicherheitsglas im Museum ist die Cannabispflanze in Österreich jedoch erlaubt – solange der Zweck des Anbaus nicht der Erzeugung von Suchtmitteln dient. Auch Cannabisprodukte, welche für medizinische Zwecke produziert wurden, werden per Gesetz als Suchmittel definiert. Der Cannabis Social Club Salzburg kennt diese Problematik zu gut, hat der Verein doch schon mehrere Hausdurchsuchungen und Verfahren gegen den Obmann Willi Wallner hinter sich. Der Club betreute bis vor Kurzem, wie man Medienberichten entnehmen konnte, an die 100 PatientInnen im Raum Salzburg und versorgte diese (illegal) mit Cannabisblüten und Cannabisextrakten. Erst vor einigen Wochen kam es zur erneuten Hausdurchsuchung am Vereinssitz und über 200 Cannabispflanzen wurden beschlagnahmt. Dass sich daran rechtlich bald was ändert, ist zu bezweifeln. Aus dem zuständigen Gesundheitsministerium konnte man diesbezüglich Signale vernehmen, dass hier Bereitschaft bestünde, die Blüte zugänglich zu machen, jedoch nicht durch Eigenanbau. Es wird sich zeigen, ob das neue Regierungsteam der Sozialdemokraten hier neue Wege verfolgen wird. Am machbarsten und realistischsten scheint im Moment die kontrollierte Abgabe von Cannabis Flos über das Apothekennetz. Das Know-how über die Produktion von medizinischem Cannabis ist jedenfalls vorhanden in Österreich. Neben der staatlichen Agentur AGES, die den Medizinalhanf für das oben genannte Dronabinol züchtet, investieren auch andere, private Unternehmen in Österreich in Forschung rund um die medizinische Verwendung von Cannabinoiden, in die Verbesserung der Techniken des Anbaus und der Vermehrung sowie in den Cannabisstandort Österreich.


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MEDIZIN

Kassen sollen Gras bezahlen Ab 2017 tritt ein neues Gesetz in Kraft b Frühjahr 2017 sollen deutsche Krankenversicherer die immensen Kosten für Medizinalmarihuana aus der Apotheke übernehmen und damit die PatientInnen entlasten, die sich trotz Ausnahmeerlaubnis ihre Medikation gar nicht oder nicht in vollem Umfang leisten können. Denn zurzeit müssen alle CannabispatientInnen mit Ausnahmegenehmigung ihr Apothekengras selbst finanzieren – und das ist mit Preisen zwischen 15 und 25 Euro pro Gramm schier unbezahlbar. Darüber hinaus müssen sie die ständigen Engpässe in der Versorgung hinnehmen, weil das Apothekenweed ausschließlich aus Holland angeliefert wird – oder eben auch nicht, nämlich beispielsweise immer dann, wenn die Bestände des Produzenten Bedrocan zur Neige gehen. Medizinalcannabis dieses Amsterdamer Produzenten wird zunächst innerhalb der Niederlande verteilt, und nur die übriggebliebenen Restbestände werden ans Ausland abgegeben. Und das hat zur Folge, dass PatientInnen immer wieder in die Röhre schauen müssen. Gesundheitsminister Hermann Gröhe von der CDU hat deshalb ein Gesetz ausarbeiten lassen, das zu Beginn des Monats Mai vom

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Bundeskabinett abgenickt wurde und jetzt nur noch durch den Bundestag muss, um im kommenden Frühjahr Gültigkeit zu haben. Demnach sollen ab 2017 die Krankenkassen das Apothekencannabis bezahlen, außerdem soll eine Bundes-Cannabisagentur ins Leben gerufen werden, die das benötigte Gras für deutsche PatientInnen herstellen soll. Das Ganze klingt zunächst einmal ganz toll, und die in Deutschland lebenden und leidenden CannabispatientInnen freuen sich allerorten über diese politische Entwicklung. Insbesondere, weil Gesundheitsminister Gröhe von der konservativen CDU sich für die Gesetzesänderung vehement einsetzt. Wieso das so ist, wird indes von der Regierung verschwiegen. In Wirklichkeit geht es den PolitikerInnen nämlich gar nicht darum, den CannabispatientInnen zu helfen. Tatsächlicher Hintergrund dieser geplanten Novelle ist die Angst der Bundesregierung davor, dass PatientInnen auch künftig vom Vorwurf des illegalen Hanfanbaus von Gerichten freigesprochen werden (wie im März gleich viermal geschehen) bzw. dass den Betroffenen der Eigenanbau ihrer Medizin von den juristischen Instanzen erlaubt wird – was etwa am 6. Mai vor dem Bundesverwaltungsgericht Leipzig passiert ist: Dort wurde einem 52 Jahre alten Multiple-Sklerose-Patienten das Recht auf Anbau seiner Medikation zugestanden. Der Patient ist damit der erste Deutsche, der legal Cannabis anbauen darf. Um zu verhindern, dass dieser Fall Geschichte macht und immer mehr CannabispatientInnen ihr Recht auf Homegrowing vor

den Gerichten erstreiten, hat die Bundesregierung mit der Gesetzesänderung reagiert. Der Mediziner und Cannabisexperte Dr. Franjo Grotenhermen, der Autor zahlreicher Bücher zur Cannabismedizin ist, nennt die geplante Neuerung „Eigenanbau-Verhinderungsgesetz“. Und das trifft den Nagel auf den Kopf. Eigentlich hatte das Gesundheitsministerium schon 2015 versprochen, den Plan 2016 umzusetzen. Dass dies nur eine Finte gewesen war und schlichtweg eine immer lauter werdende Diskussion um dieses heikle Thema verstummen lassen sollte, war Fachleuten von Anfang an klar. Und auch jetzt steht noch nicht fest, ob und wann das neue Gesetz tatsächlich umgesetzt werden wird. Bisher haben wir nichts in der Hand als eine Reihe enthusiastischer Pressemeldungen. Das letzte Wort ist in dieser Sache noch nicht gesprochen. Denn jetzt melden sich die Krankenkassen zu Wort – und monieren, dass Apothekencannabis viel zu teuer sei. Auf Deutsch: Die Krankenversicherungen wollen sich um die Verpflichtung drücken, Cannabismedizin zahlen zu müssen. Für CannabispatientInnen, die sich seit Jahr und Tag ihre Medizin nicht vollumfänglich leisten können, mutet das wie ein schlechter Scherz an. Ein weiterer Wermutstropfen ist der Plan, die CannabispatientInnen zu zwingen, an einer wissenschaftlichen Studie teilzunehmen. Als „Gegenleistung“ für den Erhalt ihrer Medizin auf Kassenrezept. Die Welt berichtete: „Um weitere Erkenntnisse zur Wirkung dieser Cannabisarzneimittel zu erlangen, werde die Erstattung an eine wissenschaftliche Be-

gleiterhebung geknüpft. Wie die Patienten verpflichtet werden können, an der begleitenden Studie teilzunehmen, sobald sie das Kassenrezept einlösen, ist umstritten.“ Wir dürfen gespannt sein, wie sich die Sache entwickeln wird. Bleibt zu hoffen, dass die PatientInnen am Ende nicht wieder die Gelackmeierten sind.

text: Markus Berger

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MEDI+GREEN it anderen Worten: Ausstiegsdroge. Diese Bezeichnung verleiht die Wissenschaft neuerdings dem Marihuana. Vor ein paar Jahrzehnten noch verbreitete sie, dass Menschen auf die schiefe Bahn geraten und bis zum Heroin keinen Halt mehr finden können, wenn sie Cannabis konsumieren. Die Wissenschaft klammerte sich an den Wahrheitsgehalt dieser Theorie so lange, bis sie zur gegenteiligen Überzeugung gelangte. Heute stehen so viele wissenschaftliche Studien zur Verfügung, die die Einstiegsdrogentheorie einen totalen Irrtum nennen, dass man damit eine ganze Bibliothek füllen könnte. Da Marihuana die weltweit verbreitetste Droge ist, wird sie von der Mehrheit eben aus diesem Grund zuerst ausprobiert. Wo aber sind die mehreren Millionen Heroinsüchtigen,

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Anti-Einstiegsdroge die alle mit dem Grasrauchen angefangen haben? Es gibt Stimmen, die darauf hinweisen, dass KifferInnen ein mehrfaches Risiko eingehen, heroinabhängig zu werden. Gleiches lässt sich aber auch vom im Jugendalter begonnenen Nikotin- und Alkoholgenuss behaupten. Welches sind nun die Einstiegsdrogen? Nicht zuletzt ist es der Illegalisierung von Marihuana zu verdanken, dass Dealer friedlichen KifferInnen auch andere Substanzen schmackhaft machen, bis sie sie an der Angel haben. Will man dafür allein Marihuana verantwortlich machen? Heute erscheint eines glaubwürdig: Die Gründe, aus denen Menschen rauchen oder kiffen, können ihn genauso gut zum Heroingebrauch treiben. Alles hängt davon ab, was sie in die Hände bekommen oder womit ein bestimmtes Erlebnis hervorgerufen werden kann. Und wie sieht es aus, wenn auch der Umkehrschluss stimmt, nämlich dass das weniger gefährliche Cannabis auch diejenigen Motive befriedigen kann, die Menschen zum Fixen bringen? Auch wenn die Lösung in der Realität nicht ganz so einfach ist, scheint es, dass man auf der sogenannten Drogenabstiegsleiter auch einen Schritt zurück tun kann. Für den Beweis bedarf es keiner elaborierten Modelle. Es genügt, sich die steigende Zahl von Opiatüberdosierungen der letzten

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Jahre in den Vereinigten Staaten vor Augen zu führen. Die Opfer konsumieren anfangs oft rezeptpflichtige Schmerzmittel und gelangen letztendlich zu den potentesten Opiaten – nicht selten nehmen sie Heroin von der Straße. Durch die stetig steigende „Toleranz” gegenüber diesen Substanzen erhöhen sie solange die Dosis, bis der Organismus es nicht mehr aushält. In den US-Bundesstaaten, die den Gebrauch von therapeutischem Cannabis legalisiert haben, fiel die Zahl der tödlichen Opiatüberdosierungen um ein Viertel, da viele Abhängige auf Cannabis umstiegen. Mehrere Untersuchungen bestätigen, dass sich die schweren körperlichen, geistigen und gesellschaftlichen Schäden, die durch chronischen Alkoholmissbrauch verursacht wurden, mit dem viel sichereren Cannabiskonsum lösen lassen könnten. Auf diesem Gebiet sind die Zahlen weniger eindeutig: Während in den Staaten, die therapeutisches Cannabis erlauben, die Zahl der Überdosierungen von Opiaten und Alkohol sank, stieg die Zahl der Todesfälle bei Jugendlichen durch Alkoholmissbrauch. Eindeutig belegt ist jedoch, dass erst eine Aufklärung über die wahren Gefahren legaler und illegaler Drogen dazu beitragen kann, die Rolle von Cannabis auf dem Weg zum Ausstieg zu ergründen.


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MEDI+GREEN

Rekordteenager rankreich, Estland und die Schweiz führen in der Rangliste der 15-Jährigen, die das Kiffen ausprobiert haben, wie eine WHO-Untersuchung ergab. Hier stehen Länder, die bei Drogenbesitz schwere Strafen androhen, neben solchen, die geringe Mengen nur mit einer Geldstrafe belegen, nebeneinander, was beweist, dass die Rechtsprechung allein keine Auswirkung auf das Konsumverhalten hat. Etwas weiter hinten liefern sich die Tschechen und Bulgaren ein Kopf-anKopf-Rennen, obwohl man in der Europäischen Union kaum zwei Länder mit unterschiedlicherer Drogenpolitik findet. Während in der Tschechischen Republik der Besitz von 15 Gramm Cannabis oder der häusliche Anbau von fünf Pflanzen entkriminalisiert und außerdem der Handel und die Anwendung für therapeutische Zwecke ermöglicht wurde, befindet sich das Cannabis in Bulgarien in der Gruppe der gefährlichsten Drogen neben Heroin und Crack, weshalb für Besitz und Handel exorbitante Geld- oder Haftstrafen verhängt werden können. Weiterhin interessant ist, dass Österreich sich im untersten Drittel der Liste befindet, da nämlich Grow Shops voller Klone, Hanfausstellungen und Legalisierungsdemonstrationen doch nicht in dem Maße den

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Heranwachsenden die Köpfe verdrehen, wie das die strenge Reglementierung der Franzosen oder Bulgaren tut. Noch geringer ist der Anteil der kiffenden Teenager in Israel, das als Hochburg der Medizinalhanfforschung und -therapie gilt. Daher ist die Auffassung, dass freies Cannabis zu Heilzwecken den Jugendlichen eine „schlechte Message“ zukommen lasse, hinfällig. Der erste Zeitpunkt des Ausprobierens von Cannabis darf nicht überbewertet

Abhängigkeit mit Bestrafung!?

Zu lange haben wir die Drogenabhängigkeit aus der Sicht der Strafverfolgungsorgane betrachtet. Die Hauptaufgabe besteht darin, die Nachfrage zu verringern. Der einzige Weg besteht darin, die Versorgung sicherzustellen und sie nicht als Frage des Strafrechts, sondern der medizinischen Vorsorge zu betrachten“, verkündete Präsident Obama auf dem Gipfeltreffen zur Drogenabhängigkeit in Atlanta. Diese Aussage kann von ungeheurer Tragweite sein, angesichts des globalen Krieges gegen die Drogen, der vor fast 50 Jahren von den Vereinigten Staaten ausging und bis zum heutigen Tage nicht beendet werden konnte. Anlass für diese Äußerungen bildete die in den letzten Jahren sprunghaft gestiegene Zahl von Herointoten – ein Problem, für das Amerika bis jetzt noch keine befriedigende Lösung gefunden hat. Obama verkündete jetzt, dass 94 Millionen Dollar aus dem Haushalt darauf verwandt werden sollen, 124.000 DrogenkonsumentInnen zu behandeln. Das Strafrecht betrifft natürlich nicht nur Drogenabhängige, sondern auch KonsumentInnen, die keine Probleme bereiten – denken wir nur an die KifferInnen. Während der Marihuanamarkt in vier Staaten legalisiert wurde, wird in den übrigen 46

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Staaten der Handel weiterhin sanktioniert, und zum größten Teil auch die KonsumentInnen. Die Bundesgesetzgebung erkennt die Legalisierung weiterhin nicht an und argumentiert, dass die betroffenen Staaten die Gesetze brechen, es aber keine Kapazitäten gibt, sie zur Rechenschaft zu ziehen. Dieser Zustand ist nicht mehr lange zu halten. Gary Johnson, liberaler Gouverneur von New Mexiko, schlägt vor, dass Obama bei seinem Amtsabtritt das

werden, denn die Hauptfrage besteht darin, ob sich daraus ein Problem für die Jugendlichen ergibt. Den größten Schaden verursacht wohl oft die Strafverfolgung, die in Frankreich oder Bulgarien sehr viele Jugendliche für die Zukunft abstempelt. Starke Reglementierung führt weiterhin dazu, dass Jugendliche sich bei Problemen seltener Hilfe suchen – daher versucht man in solchen Kreisen erfolglos, den Konsum zurückzudrängen.

Cannabis aus der ersten Klasse der Drogenliste entfernt, in der schädliche, abhängig machende und bekannterweise nicht über therapeutische Wirkung verfügende Mittel geführt werden. Das käme noch immer nicht einer vollständigen Legalisierung gleich, würde jedoch die ambivalente Situation auflösen, dass das seit Jahrtausenden benutzte pflanzliche Mittel, das mittlerweile in der Hälfte des Landes von ÄrztInnen verschrieben werden kann und in immer mehr Staaten Erwachsenen frei zugänglich ist, sich in der gleichen Klasse wie Heroin befindet.


MEDI+GREEN

Heute ist ein großer Tag für Pennsylvanien und seine Bürger“, tweetete glücklich Gouverneur Tom Wolf, nachdem er das Gesetz für die Zulassung von medizinischem Cannabis unterzeichnet hatte. „Wir erwarten lediglich, dass der Arzt gemeinsam mit dem Patienten zu einer Lösung findet, die das Leben des Patienten verbessert“, erklärte der Gouverneur. Die Mehrheit der Bevölkerung teilt diese Freude, denn nach einer Erhebung im April unterstützen 88 Prozent der BewohnerInnen von Pennsylvania die Freigabe von medizinischem Cannabis und 51 Prozent seine vollkommene Legalisierung. Mit der Verabschiedung des neuen Gesetzes ist Pennsylvania der 23. Staat, der medizinisches Cannabis freigibt – Washington, D.C. nicht berücksichtigt –, jetzt fehlen nur noch zwei Staaten, bis in der Hälfte der US-amerikanischen Bundesstaaten Marihuana gegen verschiedene Krankheiten verschrieben werden kann. In Pennsylvania ist die Liste der Krankheiten, die für eine solche Behandlung infrage kommen, ausgesprochen lang. Unter den 17 Indikationen befinden sich Parkinson, Multiple Sklerose, Morbus Crohn, Epilepsie, Krebs und neuropathische Schmerzen. Wer sich mit einer dieser Krankheiten an einen Arzt wendet, kann auf Rezept Tabletten, Cremes, Öl und Dunststoffe bekommen; das Rauchen der

Pennsylvanien feiert Blüte ist jedoch nicht erlaubt. Das Programm tritt in anderthalb bis zwei Jahren in Kraft, dann werden in den ungefähr 150 staatlichen Apotheken cannabinoidhaltige Präparate erhältlich sein. Bis dahin steht es den BewohnerInnen von Pennsylvania frei, sich aus anderen Bundesstaaten auf Rezept die verschriebenen Medikamente zu beschaffen. Dazu ist das benachbarte New Jersey nicht

geeignet, denn dort erlaubt das Gesetz nur die Verschreibung der Blüte und den Handel mit ihr. Der Vertrieb von Präparaten hingegen ist verboten. Abweichende Regulierungen setzen sich jedoch bereits durch und es gibt Übergangsmöglichkeiten zwischen den Staaten. Daher wäre es wichtig zu prüfen, ob das System unterschiedlicher Genehmigungsansätze aufrechtzuerhalten ist.

ATA Organics wird ATA NRG Schon seit 2003 führt Atami die Produktlinie ATA Organics für umweltbewusste HobbyzüchterInnen. Diese Linie enthält ideale Produkte für diejenigen ZüchterInnen, die zum Beispiel Tomaten für den Eigenbedarf anbauen und ein optimales Geschmacksresultat erzielen möchten. Wir bei Atami finden, es ist an der Zeit, dass diese Linie ein neues Image bekommt. Deshalb heißt ATA Organics ab sofort ATA NRG. Kurz und modern, was unseres Erachtens genau den spezifischen Eigenschaften dieser Produktlinie entspricht. Maximieren Sie Ihre Ernte und erzielen Sie hochwertige Geschmacksresultate, NRGizen Sie ihre Pflanzen mit ATA NRG. Was ändert sich für Sie? Die Produkte an sich verändern sich nicht. ATA NRG ist nur das neue „Outfit“ unserer Produktlinie. Es sind dieselben vertrauten Produkte mit denselben Inhaltsstoffen, mit welchen unsere KundInnen seit Jahren optimale Zuchtresultate erzielen. Sie können weiterhin auf die einwandfreie Qualität und Effektivität unserer ATA NRG Produkte vertrauen! Für den korrekten Gebrauch unserer Produkte können Sie auf unserer Webseite verschiedene Zuchtschemen downloaden. Sie finden diese unter der Rubrik „Downloads“. Natürlich stehen diese wichtigen Informationen auch auf den Produktetiketten.

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MEDI+GREEN er Österreicher Andreas Troger, Gründer des Unternehmens HGV Kräutergarten GmbH, träumt von einer blühenden Zukunft, genauer gesagt, von medizinischen Cannabisblüten. Hanfgarten wurde im Jahr 2015 durch Crowdfunding initial finanziert und spezialisiert sich seitdem auf die Produktion und den Vertrieb von Hanfstecklingen der verschiedensten Sorten, Hanftee, CBDProdukten sowie demnächst auch Hanfsamen. Das Unternehmen verfügt über einen Zuchtstandort mit rund 10.000 Quadratmetern, der extra für den Anbau von medizinischem Cannabis entworfen wurde. Für die Erweiterung des Portfolios um medizinisches Cannabis werde mit BranchenexpertInnen aus den USA zusammengearbeitet, denn der Bundesstaat Colorado gilt als einer der Vorreiter in Sachen legalen Cannabisverkaufs. Mit dem Geld, das durch die Investmentaktion gesammelt wird, will Troger die Cannabisforschung vorantreiben. Auf politischer Ebene muss hierfür natürlich noch der rechtliche Rahmen geschaffen werden, denn der Anbau, auch zu medizinischen Zwecken, bleibt weiterhin verboten. Beim Crowdfunding sind AnlegerInnen schon ab 250 Euro dabei, erwerben Unter-

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Hanfgarten – in Hanf investieren nehmensanteile mit drei Prozent Fixverzinsung sowie eine Gewinnbeteiligung. Bis zu einer Million Euro sollen mit der Kampagne lukriert werden. Zum Stichtag 12. Mai waren es bereits rund 670.000 Euro. „In wenigen Jahren wird die medizinische Nutzung auch in Österreich legal sein“, zeigt Andreas Troger sich im APA-

Studie: CBD weckt Hoffnung bei der Behandlung von Depressionen ine neue Studie (Raquel Linge u. a.), die im Journal Neuropharmacology im April 2016 publiziert wurde, zeigt, dass Cannabidiol (CBD) „schnell wirkende, antidepressiva-ähnliche Effekte“ aufweist. CBD – ein Cannabinoid, welches schon mit großem Erfolg zur Senkung der Anfallsfrequenz bei Epilepsie eingesetzt wird und

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aufgrund seiner Nebenwirkungsfreiheit auch Kindern und Jugendlichen verabreicht werden kann, scheint ebenso vielversprechend für PatientInnen zu sein, die an Depressionen leiden. Bis heute sind die Optionen der medikamentösen Behandlung von Depressionen stark limitiert. Reguläre Antidepressiva be-

Gespräch überzeugt. Dann will er mit seiner Marke Hanfgarten der Erste sein, der die Nachfrage decken kann. Doch es sei auch Aufklärungsarbeit nötig, um ein positives Bewusstsein zu schaffen und das Image des Hanfs aufzupolieren – weg vom Drogenmilieu hin zur medizinischen Alternative.

nötigen lange, um eine Wirkung zu zeigen, können darüber hinaus schnell abhängig machen und weitere Nebenwirkungen verursachen. Eine Zusammenfassung von Bevölkerungsstudien der Europäischen Union (inkl. Island, Norwegen und Schweiz) zeigt, dass 27 Prozent der erwachsenen Bevölkerung (zwischen 18 und 65 Jahren) zumindest einmal im Leben eine depressive Phase durchmachen. Für diese 83 Millionen Menschen allein in Europa gibt es jetzt neue Hoffnung. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass CBD ein neuartiges schnelles Antidepressivum darstellen kann, es wirkt über die Verbesserung der serotonergen sowie der kortikalen Glutamat-Signalisierung durch einen Mechanismus, der den 5HT1A-Rezeptor involviert“, berichten die WissenschaftlerInnen. Ein besonderer Vorteil gegenüber anderen Antidepressiva sei der schnelle Wirkungseintritt: PatientInnen berichten von rascher Linderung nach Einnahme über nur wenige Tage. Weitere Studien werden bestimmt folgen, welche dann den Weg für neue Antidepressiva auf Basis von CBD ebnen werden. Inzwischen können Betroffene testen, ob CBD-Öle und -Extrakte bzw. CBD-reiche medizinische Cannabissorten ihnen eine Linderung ihrer Beschwerden bringen. 39


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Tag der Befreiung urchschnittsbürgerInnen mögen denken, dass in Holland alles grün ist, auch aus den Wasserhähnen Gras fließt und es keinen Sinn macht, Ganja-Events zu veranstalten – mit Ausnahme von Sortenwettbewerben vielleicht. Die VeranstalterInnen des Cannabis Liberation Day sagen: Das stimmt, es macht keinen Sinn – aber es macht Spaß! Dieses Jahr erweisen sie dem Hanf zum achten Mal in Folge die Ehre. Das eintägige Event wird dieses Jahr am 12. Juni in Amsterdam abgehalten. Ziel ist es, die internationale Cannabiskultur zu feiern, die Vielseitigkeit der Pflanze zu präsentieren und die Popularisierung der Akzeptanz anstelle von Kriminalisierung zu propagieren. Die Veranstaltung wird am grünsten Fleckchen der Stadt, dem Flevopark, abgehalten. Neben RednerInnen und DJs werden dem Publikum auch Filme zum Thema Cannabis präsentiert. Unterdessen kann man auf dem Hanfmarkt einkaufen. Wer sich zwischen den Aktivitäten ausruhen möchte, kann in die Vape Lounge gehen und etwas verdunsten oder seine Geschmacksknospen mit ausgewählten Speisen und Getränken in der

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gastronomischen Abteilung verwöhnen. Da sich der Konsum und Verkauf von Gras in Holland auf die Coffeeshops konzentriert, werden auf dem Markt die handwerklich hergestellten Hanfprodukte und nicht die potenten Blüten die Hauptrolle spielen. Auch bei den Speisen wird der Spacecake fehlen, aber wahrscheinlich wird man niemanden rausschmeißen, der ein wenig edlen Hanf in seinen Vaporizer steckt. Es widerspricht nicht der Hausordnung, auf der Veranstaltung ein paar Joints zu paffen, der Konsum harter Dro-

gen ist jedoch streng verboten. Ebenso der Verkauf von Gras und Alkohol. Wer die Veranstaltung voll auskosten möchte, sollte nachmittags gegen 14 Uhr an Ort und Stelle sein, um den ersten DJ mitzubekommen, genügend Zeit für das Vaporisieren mitbringen und die Rede des Cannabisölgurus Rick Simpson anhören. Bei Einbruch der Dunkelheit wird man sich in gehobener Stimmung auf dem Konzert der Rupelsoldaten und Will and the People austoben können. Befreie den Hanf und er wird dich befreien!

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CANNA+GLOBE

Die beliebtesten Kräuter zum Verdampfen Vaporizer wurden in den letzten Jahren immer beliebter. Doch wusstest du, dass ein Vaporizer verwendet werden kann, um eine breite Auswahl an Kräutern zu verdampfen? Um das meiste aus ihnen herauszuholen, wird ein Gerät empfohlen, bei dem die Temperatur eingestellt werden kann, denn die verschiedenen Wirkstoffe werden bei unterschiedlichen Temperaturen freigesetzt. schen Anwendungsgebieten sehr gefragt. Es hat eine zum Teil gegenteilige Wirkung zu THC und bekämpft Angstgefühle und Paranoia effektiv. Delta-8-THC – 175–178 °C Dieses Cannabinoid ist THC sehr ähnlich, jedoch stabiler und weniger psychoaktiv. Es kann gut gegen Übelkeitsgefühle helfen. CBN – 185°C CBN kommt meistens in sehr kleinen Mengen vor, trotzdem ist seine Wirkung spürbar. Es baut THC ab und wird mit einer beruhigenden Wirkung verbunden. CBC – 220°C Dieses Cannabinoid hat entzündungshemmende und antimykotische Eigenschaften. THCV – 220°C THCV mildert die psychoaktive Wirkung von THC, wurde jedoch noch nicht ausreichend erforscht.

Cannabis und seine Wirkstoffe Verdampfungstemperatur: 155–230°C Das vielleicht am meisten verdampfte Kraut. Alle, die einen Vaporizer mit einstellbarer Temperatur besitzen, sind sich sicher der unterschiedlichen Wirkungsarten bewusst, die bei verschiedenen Temperaturen auftreten. Der Grund dafür ist die Tatsache, dass Cannabis eine Vielzahl von Substanzen enthält (Cannabinoide, Flavonoide und Terpenoide), die alle unterschiedliche Siede- und Verdampfungstemperaturen besitzen. Verdampfungstemperaturen zwischen 175°C und 190°C erzielen eine eher beruhigende oder entspannende Wirkung, natürlich abhängig von der verwendeten Sorte. Höhere Temperaturen (190–220°C) führen eher zu einem „High“. Eine kurze Übersicht der wichtigsten Wirkstoffe im Cannabis und deren Verdampfungstemperaturen: THC – 157 °C Das bekannteste Cannabinoid. THC hat eine sowohl euphorische als auch schmerzlindernde Wirkung und führt zu einem Gefühl von Entspannung. 42

CBD – 160–180 °C CBD wurde in den letzten Jahren immer beliebter. Dieses Cannabinoid ist besonders bei medizinischen AnwenderInnen aufgrund seiner großen Anzahl an möglichen medizini-

Eukalyptus Verdampfungstemperatur: 130°C Eukalyptus (Eucalyptus globulus) hat eine natürlich beruhigende Wirkung und hilft beim Lindern von Husten und Halsschmer-


mulieren, ist sowohl antiseptisch als auch antibakteriell, wirkt als Antidepressivum und entspannt die Muskeln. Das Aroma der Blüten wirkt beim Verdampfen angenehm auf die Lungen.

zen. Es hat außerdem antiseptische Eigenschaften. Eucalyptol, eine in seinem ätherischen Öl vorkommende Substanz, ist einer der Hauptbestandteile vieler Salben zum Auftragen auf die Brust bei Erkältungen. Es ist wichtig, zwischen dem Öl und den Blättern der Eukalyptuspflanze zu unterscheiden, da nicht alle Vaporizer Öle verdampfen können. Die Blätter sind weniger konzentriert und deshalb besser geeignet für Vaporizer.

Kamille Verdampfungstemperatur: 130°C Kamille (Chamomilla recutita) ist eine blühende gänseblümchenartige Pflanze, deren

getrocknete gelbe und weiße Blüten gegen verschiedene Leiden wie Angstgefühle, Verdauungsstörungen und Hautirritationen verwendet werden. Sie hat einen leicht luftigen und sehr appetitlichen Geschmack, dessen Aroma bei niedrigen Temperaturen ausgezeichnet zum Vorschein kommt.

Lavendel Verdampfungstemperatur: 130°C Lavendel (Lavandula) stammt aus der Mittelmeerregion und wird u. a. in Frankreich und Spanien kultiviert. Er wurde von den alten Römern aufgrund seiner aromatischen Eigenschaften in Waschwasser und Bädern verwendet. Er soll den Blutdurchfluss sti-

Pfefferminze Verdampfungstemperatur: 150–166°C Pfefferminze (Mentha × piperita) enthält eine Reihe von Bestandteilen und ist deshalb für viele Zwecke geeignet. Das frische Aroma und der angenehme Geschmack machen sie zu einem guten Kraut nach den Mahlzeiten. Pfefferminze wird verwendet, um Erkältungen zu behandeln, Entzündungen zu hemmen und Verdauungsprobleme zu lindern. Pfefferminze enthält außerdem die Vitamine A und C sowie eine Reihe von Mineralien.


MEDIZIN

Medizinalhanf aus dem Kibbuz Das Therapieprogramm Teva Adir Israel spielt eine herausragende Rolle in der Medizinalhanfbewegung. Die entsprechenden Aktivitäten spielen sich meist im Norden des Landes, in der Nähe der Hauptstadt, ab. Ein Freund wies uns darauf hin, dass es auch in Eilat Sehenswürdigkeiten gebe – ganz besondere sogar –, denn hier befinde sich der einzige Kibbuz des Landes, wo Cannabis für therapeutische Zwecke angebaut wird. Die Plantage Teva Adir ist so gut geschützt, dass wir sie trotz rechtzeitiger Anmeldung nicht betreten durften und unser Gespräch mit dem Besitzer in einem Restaurant führen mussten. 44

Medijuana: Wann startete euer Projekt? Geri Kolin: Wir begannen vor ungefähr zehn Jahren, aber trotz aller Bemühungen hat es dreieinhalb Jahre gedauert, eine Genehmigung zu bekommen. MED: Gab es vor zehn Jahren noch keine genehmigten Programme für therapeutisches Cannabis in Israel? GK: Damals begannen die Musterprojekte mit einer geringen Anzahl von Patienten. Ich selbst lernte therapeutisches Cannabis und die mit ihm erzielten hervorragenden Ergebnisse in San Francisco kennen. Da Israel über eine Landwirtschaft mit Spitzentechnologie verfügt, hielt ich es für möglich, qualitativ hochwertiges Cannabis für unsere eigenen Patienten herzustellen. Damals habe ich mich entschlossen, das in Angriff zu nehmen, und gut drei Jahre später bekam ich die Genehmigung. MED: Gegen welche Krankheiten und Symptome kann Cannabis in Israel verschrieben werden? GK: Ohne Anspruch auf Vollständigkeit: gegen Schuppenflechte, Fibromyalgie, Schmerzen, Parkinson, Alzheimer und Epilepsie. MED: Was geschah während der drei Jahre, als ihr auf die Genehmigung warten musstet?


GK: Ich war einige Male in San Francisco, um mehr über die Pflanze und den Geschäftszweig in Erfahrung zu bringen, um die Daten für die natürlichen Techniken kennenzulernen und mehr über die Herstellung von Öl und Extrakten und deren Anwendung zu erfahren. In der Zwischenzeit übernahm in Israel ein Arzt mit positiver Einstellung die Verantwortung für dieses Projekt, und so konnte schließlich in einer Mietwohnung in Tel Aviv mit ein paar Pflanzen der Anbau für unsere Patienten beginnen. Am Anfang hatten wir vier Pflanzen, dann zehn, schließlich zwanzig. Fünf, sechs Jahre lang haben wir in der Mietwohnung angebaut, auf dem Höhe-

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MEDIZIN punkt hatten wir 65 Patienten. All das geschah ohne jegliche Unterstützung von der Regierung. Nach sechs Jahren erklärte sie, dass sie bereit sei, Geld für diese Dienstleistung zu geben. Unabhängig davon, ob ein Patient 20 oder 200 Gramm im Monat bekam, zahlten sie für jeden Patienten die gleiche Summe. Um genau zu sein, verkaufen wir auch jetzt kein Cannabis, sondern eine Dienstleistung. Nun aber für 1.300 Patienten in einem Krankenhaus von Tel Aviv.

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MED: Warum habt ihr euch entschlossen, den Anbau aus der Mietwohnung in Tel Aviv in einen 300 km entfernten Kibbuz zu verlagern? GK: Als die Zahl der Patienten stieg, wurde der Anbau in der Wohnung untragbar. Daher dachte ich, dass ein Kibbuz ein geeigneter Ort wäre. MED: Aber warum habt ihr ausgerechnet einen Kibbuz gewählt? Soweit ich weiß, haben die Kibbuzim gewöhnlich sehr strenge Regeln, uns zum Beispiel ist es nicht gelungen

hineinzugelangen, um uns die Plantage anzusehen. GK: Nach dem Gesetz kann man ein Kibbuz nur mit einer Erlaubnis betreten. Wenn ich jemanden mit hineinnehme, der nicht über die nötigen Papiere verfügt, dann verliere ich meine Zutrittsgenehmigung. Das ist natürlich im Hinblick auf die Pflanzen außerordentlich sicher, denn sie sind auch innerhalb des Kibbuz abgeschlossen. Unsere Plantage befindet sich im Kibbuz Elifaz, dessen Eingang von Wächtern gesichert wird, aber die Plantage wird darüber hinaus rund um die Uhr bewacht und mit einem Zaun gesichert, man kann sie nur mit einer Genehmigung betreten. Wir haben das getestet. Wenn irgendjemand trotzdem versuchen würde einzudringen, um, sagen wir, ein Kilo Marihuana zu stehlen, dann ist die Polizei in viereinhalb Minuten dort und der Dieb kann nicht entwischen. Der zweite wichtige Grund ist, dass der Kibbuz Elifaz in der Region Arava liegt, wo sich der Anbau für therapeutische Zwecke in Zusammenarbeit mit den anderen Kibbuzim zu einem beträchtlichen Geschäftszweig entwickeln kann. Der Kibbuz ist für uns ein ausgezeichneter Partner, und es ist meine Überzeugung, dass dies der beste Ort für die Herstellung von therapeutischem Cannabis ist. Das Klima in Südisrael ähnelt dem von Kalifornien, die hohe Qualität des dortigen therapeutischen Anbaus muss ich vielleicht nicht besonders herausstellen. Im Kibbuz wird momentan auf 3.500 m² angebaut, dieser Tage werden weitere 10.000 m² hinzukommen. MED: Imponierende Zahlen! Wie groß ist der Kibbuz? GK: Nicht sehr groß, insgesamt leben 31 Familien dort. MED: Und wie haben sie reagiert, als sie hörten, dass ihr dort Cannabis anbauen wollt? GK: Das war eine schwierige Entscheidung für die Gemeinschaft, denn ihre Haltung zu der Frage war gespalten. Ich sprach eine Stunde lang mit ihnen, setzte ihnen auseinander, dass es möglich sei, daraus einen Geschäftszweig zu machen. Ich erklärte ihnen, dass Cannabis ein Medikament ist, das in immer größeren Teilen der Welt anerkannt wird, und dass die Pharmaindustrie dem nicht entgegenstehen kann. Ich sagte ihnen, dass vier meiner eigenen Patienten vom Krebs geheilt wurden, und dass die Forscher des Tel Aviver Krankenhauses gegenwärtig die Anti-Krebs-Wirkung von Cannabis prüfen. Das verstanden sie und wir begannen unsere Zusammenarbeit. Gegenwärtig verfüge ich über 50 Prozent Teilhaberschaft im Kibbuz. MED: Werdet ihr das neue Gelände auch für den Anbau von Cannabis nutzen? GK: Wir werden eine Anlage der Spitzenkategorie aufbauen, die im Nahen Osten und Europa ihresgleichen suchen wird.


Gegenwärtig kann kein einziger israelischer Patient solches therapeutisches Cannabis der Premium-Kategorie erhalten. MED: Wie wird sich das PremiumCannabis von dem gegenwärtig erhältlichen therapeutischen Cannabis unterscheiden? GK: Es wird eine Treibhausplantage sein, wo wir alle Faktoren nach den Erfordernissen regulieren können: das Aroma der Pflanzen, ihren Geschmack und zahlreiche weitere Eigenschaften. So können wir ihre Wirkungen den verschiedenen Krankheiten anpassen. MED: Mit welchen Sorten arbeitet ihr? Züchtet ihr auch eigene Sorten? GK: Anfangs haben mir mit gezüchteten Sorten gearbeitet, aber heute verfügen wir durch die Zusammenarbeit mit der Firma Canna Project auch über eigene Sorten. Im Hinblick auf das Verhältnis von THC zu CBD haben wir Sorten mit allen möglichen Profilen, die man der Therapie der verschiedenen Krankheiten zuordnen kann. Die führenden Sorten verfügen über einen THC-Gehalt von 16 bis 24 Prozent, aber wir haben auch Sorten mit einem Verhältnis CBD:THC von 24:1.

Wir vervollkommnen sie seit Jahren, damit sie auch in der Wüste die besten Erträge bringen. Durch Kooperationen können wir Investoren helfen, die eine Cannabisplantage möchten. Vom Fachwissen bis zu den Einrichtungen und Werkzeugen können wir alles bereitstellen. Wir haben unsere Erfahrungen auf diesem Weg gesammelt, daher können wir auch im großen Rahmen neuen Akteuren einiges erleichtern. Wir planen auch die Einrichtung einer großen Farm in Kalifornien, wo wir Wissen und Werkzeuge zur Verfügung stellen. MED: Habt ihr auch Cannabispräparate? GK: Wir sind die einzige Firma in Israel, die vom ersten bis zum letzten Schritt mit pharmazeutischen Verfahren Öl herstellt. Alles, was wir auf unserer Farm produzieren, kommt in die Apotheke nach Tel Aviv, wo der Auszug gemacht wird und beispielsweise Cannabis-Zigaretten hergestellt werden. Zwei Krankenhäuser arbeiten mit uns zusammen. Dort sind die Präparate ebenfalls erhältlich. Außerdem ein Forschungsinstitut, wo unsere Sorten zur Erforschung der Therapie Krebskranker verwendet werden.

MED: In Israel erlebt therapeutisches Cannabis eine solche Blüte, dass man sich langsam die Frage stellt, ob die Pharmaindustrie nicht um ihre gewohnte Marktrolle fürchten muss … GK: Die Pharmaindustrie ist stärker als die stromerzeugende. Die Ärzte sind ihre Agenten. Wenn man in Israel zu einem Hausarzt geht, verschreibt er etwas gegen deine Symptome, ohne holistisch zu untersuchen, wo ihr Ursprung liegt. In meiner Kindheit wurden die Umstände noch gründlich untersucht. Was habe ich gegessen? Was habe ich an dem Tag getan? Heute aber geschieht das alles vollkommen mechanisch, und das geht in die falsche Richtung. Ich vertraue darauf, dass mit der Verbreitung des Medizinalhanfs die Pharmaindustrie an Macht verlieren und dass statt der Profitinteressen wieder die Gesundheit der Menschen in den Mittelpunkt gestellt wird.

text: Bob Arctor


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Blow Mind Auto® ir, die ZüchterInnen von Sweet Seeds, freuen uns, euch eine neue selbstblühende, hochstämmige Sorte vorstellen zu können: Blow Mind Auto® (Sweet Seeds Sorte SWS57). Diese selbstblühende Züchtung der vierten Generation tendiert nach Sativa mit einem überwältigenden Effekt, der sehr klar und kreativ ist. Die THC-Kristalle wetteifern miteinander, die großen Blüten zu bedecken, die diese herrliche Sorte treibt. Unter ihren Vorfahren finden sich zwei großartige Genetiken, die das Aroma und die Struktur dieser schönen und majestätischen Pflanze bestimmen. Auf der einen Seite der berühmte Klon Amnesia Haze, in Spanien unter dem Namen „Amnesia Cordobesa” bekannt, und auf der anderen Seite die berühmte selbstblühende Sorte S.A.D. Sweet Afgani Delicious Auto® (SWS24). Die entstandene Kreuzung ist eine Pflanze mit vielfältigen Aromen, mit einem eindeutigen Hauch von Haze, der deutlich hervortritt, changierend zwischen zitronig mit Andeutungen von Holz bis hin zu reifen und getrockneten Früchten und dem unfehlbar süßen Hintergrund, der in allen Sorten der Genetikkollektion von Sweet Seeds präsent ist. An allen Pflanzen dieser leicht zu ziehenden Sorte wird man die charakteristische Energie und Homogenität beim Wachstum und in

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der Blüte beobachten. Die Sorte ist extrem harzig, wächst hochstämmig und bringt sehr hohe Erträge. Unter idealen Bedingungen und Zuchtparametern kann Blow Mind Auto® innerhalb von nur neun Wochen nach dem Keimen über 200 Gramm erbringen. Alle Pflanzen reifen gleichförmig und gleichzeitig. Um die neunte Woche kann man schon anfangen zu ernten. Die Ernte ist erstaunlich, mehr aber überrascht die Erscheinung und der Geruch dieser wunderbaren Sorte aus der Kollektion von Sweet Seeds. Die Blütenform entspricht eindeutig der Charakteristik der Sativa-Sorten, ihr Erscheinungsbild ist lang und sie sind unglaublich dicht mit aromatischem Harz bedeckt, das den Raum mit floralen, zitronigen und sehr duftigen Aromen füllt. Noch interessanter ist es zu sehen, dass alle Blätter rund um die Blüte vollkommen mit Trichomen bedeckt sind. Beim Zerkleinern der Buds tritt der traditionelle Geruch von potentem Cannabis hoher Qualität zutage, mit einem zitronigen Hauch, einem sauren Touch und etwas Würzigem und Süßem … definitiv etwas für Sommeliers mit einem feinen Geruchssinn! Im Mund entwickelt es den komplexen Geschmack von Haze: intensiv, speziell … und exquisit! Die Wirkung ist sehr kreativ, klar und sozial, bringt zum Lachen und macht Blow Mind Auto® zur idealen Sorte für Nachmittage mit Freunden und Tage, an denen du dir erlauben kannst … ein wenig wirr im Kopf zu sein.



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Cannabis wird nicht nur gegessen, vaporisiert oder geraucht, so wie das Usus ist, sondern manchmal, wenn auch selten, sogar als Räucherstoff verwendet. Nun wird vielleicht mancher die Nase rümpfen und denken, dass es doch Verschwendung ist, das gute Gras in die Räucherschale auf die Glut zu geben. Psychoaktive Räuchermischungen allerdings haben es oftmals in sich. Sie können bei richtiger Anwendung den Geist ebenso erweitern wie gerauchtes Kraut oder Harz. 50

Cannabis räuchern! Hanf-Anwendung jenseits von Joint und Vaporizer äucherwerk wird schon lange angewendet, Hanf zum Beispiel wird seit vielen Tausend Jahren geräuchert. Der griechische Historiker Herodot (ca. 490–430 v. Chr.) stellte in seinem Geschichtswerk als Erster die schamanische Cannabis-Anwendung als Räuchermittel dar. Die Skythen bauten für Begräbnis- und Reinigungsrituale ein Filzdeckenzelt über einem Feuer auf. In dieses setzten sie sich und warfen Cannabissamen auf die glühenden Steine. Die entstehenden Dämpfe wurden dann voller Wohlgefühl inhaliert. Cannabis indica wurde hauptsächlich in Asien, Cannabis sativa in Europa und Cannabis ruderalis von den Skythen verwendet, wobei nur die Schamanen der mongolischen Skythen den Ruderalhanf rituell nutzten, die der antiken Skythen hingegen Cannabis sativa. In Indien und Nepal wird der geheiligte, Shiva zugeordnete Hanf bis heute ab und zu geräuchert. Die orale Einnahme und das Rauchen sind aber wesentlich verbreiteter. Cannabisräucherungen werden in Nepal beispielsweise gegen Halluzinationen eingesetzt. Als Gegenmittel bei Vergiftungen

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räuchert man in Pakistan und Indien mit Haschisch. Die indische Schrift Mahabharata nennt eine Räucherrezeptur aus Cannabis, Lack, Harz und Butterfett. Beim genannten Lack handelt es sich um ein Baumprodukt, beim Harz vermutlich um indischen Weihrauch. Im alten China war Hanf ebenfalls heilig und eines der ältesten Räuchermaterialien zur Geisteranrufung, und auch im alten Orient wurde Cannabis schon im 9. Jahrhundert vor Christus von den Assyrern bei Vergiftungen, zur Geistervertreibung und gegen psychische Leiden geräuchert. In Europa hatte sich folgender Brauch herausgebildet: „Aus mittelalterlichen Quellen geht hervor, dass bei Festen große Mengen Hanfkraut ins Feuer geworfen wurden, um die Stimmung zu heben. Ähnliche Räuchereien wurden in Deutschland bis ins 19. Jahrhundert hinein bei der jährlichen Hanfernte durchgeführt.“

Anwendung Natürlich ist es bei der Vielzahl an vorhandenen Möglichkeiten, welche die natürlichen Ressourcen bieten, auf Dauer langweilig,


immer nur Cannabis zu verbrennen. Daher mischt man Räucherungen traditionell schon seit Langem aus verschiedenen Kräutern, Harzen, Rinden und Früchten. Grundsätzlich können wir hier stark vereinfacht die diversen Räuchermixturen in drei Kategorien unterteilen, nämlich in rein olfaktorische, heilende und psychoaktive, wobei die Kategorien sich gegenseitig nicht ausschließen müssen. Als Räuchermittel eignen sich alle Hanfarten (sativa, indica und ruderalis) und Hanfprodukte: Blüten (Marihuana), Kraut und Blätter, Stengel, Harz (Haschisch) und Samen (auch solche, die als Vogelfutter verkauft werden). Die oftmals im Handel zu findenden Räucherstäbchen namens „Hanf“, „Hemp“, „Hennep“, „Cannabis“, „Canna“ oder „Mountain Cannabis“ enthalten kein THC und duften auch nur selten wirklich nach Hanf. Besser sind da schon selbstgemachte Räucherstäbe: Aus frischen Hanfzweigen wird ein mit Naturfaser gebundenes gleichmäßiges Bündel gefertigt und zum Trocknen aufgehängt. Sobald es trocken ist, kann es wie ein Räucherstab abgebrannt werden. Solche Bündel lassen sich natürlich auch vorzüglich aus Kombinationen verschiedener Pflanzen herstellen. Zum Abschluss habe ich für die Praxis einige wenige Rezepturen auf Hanfbasis bzw. mit Hanfanteil für Räuchermischungen auf-

geführt. Ich beginne mit meiner Lieblingseigenkomposition, deren Zusammensetzung allerdings immer variieren kann. Nicht jeder liebt die wilde Mischung dieser verschiedenen Zutaten. Die geistbewegende Wirkung des Rezepts blieb hingegen bislang den wenigsten Probanden verborgen. – 1 Teil Marihuana-Blüten (Cannabis spp.) THC – 1 Teil Stechapfelsamen (Datura spp.) Tropanalkaloide – 1 Teil Tollkirschen-Blätter (Atropa belladonna) Tropanalkaloide

– 1 Teil gemahlene Mohnkapsel (Papaver somniferum) Opiumalkaloide – ½ Teil Löwenohr-Kraut (Leonotis leonurus) Diterpene, Cumarine – ½ Teil Salvia-Blätter (Salvia divinorum) Salvinorin A – ½ Teil Stachelmohn-Kraut (Argemone mexicana) (Isochinolin-)Alkaloide – ¼ Teil Kalmus-Wurzel (Acorus calamus) Asaron (Eugenol, Safrol) – ¼ Teil Galanga-Wurzel (Kaempferia galanga) ätherisches Öl mit div. Wirkst. – 3 bis 5 geröstete Yopo-Samen (Anadenan-


MEDIZIN – 15,5 % Bindemittel (z. B. Gummi arabicum) Das Gemisch wird verdampft und bei Asthma inhaliert.

Asthmaräucherpulver „Hadra“ (ca. 1920)

thera peregrina) DMT, 5-MeO-DMT, Bufotenin – 2 bis 6 Eibennadeln (Taxus baccata) Taxoide – beliebig viel Katzenminze (Nepeta cataria) Nepetalactone Je nach Verfügbarkeit eignen sich getrocknete Coca-Blätter, Fruchtkörper des Fliegenpilzes Amanita muscaria und natürlich Copal-Harz vorzüglich zur Ergänzung der Mischung. Christian Rätsch gibt in der „Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen” zwei Anti-Asthma-Räuchermischungen mit Cannabisanteil an. Diese sind medizinisch höchst wertvoll und durchaus auf eigene Gefahr anwendbar.

Asthmazünder „Pressant“ (1904) (nach Rätsch 1998, S. 786)

– 40 % Folia Stramoni (Datura stramonium, Stechapfel-Blätter) – 10 % Herba Cannabis indica (Hanfkraut bzw. -blüten) – 2,5 % Herba Hyoscyami (Hyoscyamus niger; Bilsenkraut-Kraut) – 30 % Kalium nitricum (Kaliumnitrat) – 2 % Anethol (aus Anethum graveolens o. ä.)

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(nach Rätsch 1998, S. 786) Diese Rezeptur ist leider nur teilweise erhalten. So finden sich zwar alle Ingredienzien, nicht aber die Dosierungsangaben. Das Asthmaräucherpulver „Hadra“ wurde früher offiziell in Apotheken Mitteleuropas als Asthmamittel verkauft. – Herba Cannabis indica (Cannabis indica), Kraut – Folia Stramoni (Datura stramonium), Blätter – Herba Hyoscyami (Hyoscyamus niger), Kraut – Herba Lobelia (Lobelia inflata), Kraut – Folia Eucalypti (Eucalyptus sp.), Blätter – Kalium nitricum (Kaliumnitrat) – Menthol, ätherisches Öl

Ein weiteres, einfaches Rezept in Rätschs Buch ist der

„Weihrauch, um Visionen zu erschauen“ nach J. Rose (Rätsch 1998, S. 786)

Man nehme gleiche Teile von: – Sandelholz (Santalum album) – Hanfblüten, weibliche (Cannabis sativa) – Stechapfelsamen (Datura innoxia oder Datura spp.) – eine Prise Veilchenwurzel (Viola odorata) – Sandelöl, Benzoe und Tolubalsam zur Aromatisierung. Damit schließen wir unsere kleine Betrachtung zum Räucherstoff Cannabis ab. Zu bemerken ist, dass es neben dem Rauchen und oralen Verzehr von Hanfprodukten weitere Anwendungen gibt, die jedoch in unserer modernen Welt allmählich in Vergessenheit geraten. Hoffen wir, dass bald wieder Zeiten kommen werden, in denen jeder seine eigenen Präferenzen auszuleben befugt ist. Hanf als Räucherstoff hat ein wesentlich größeres Potenzial, als zurzeit in der Öffentlichkeit , bekannt ist. Wohl bekomm s!

text: Markus Berger

Quellen Berger, Markus (2003): Eine wenig bekannte Hanf-Spezies: Cannabis ruderalis Janischewsky, in: Hanfblatt 05/03, S. 22-25 Clarke, Robert C. (1995): Skythian Cannabis Verification Project, in: Journal of the International Hemp Association 2(2), S. 194 Jettmar, Karl (1981): Skythen und Haschisch, in: Völger, Gisela (Hg.), Rausch und Realität, Band 1, Köln: Rautenstrauch-Joest-Museum, S. 310–313 Manniche, Lise (1989): An Ancient Egyptian Herbal, London: British Museum McKenna, Terence (1992): Speisen der Götter, Löhrbach: Werner Pieper and The Grüne Kraft Rätsch, Christian (1998): Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen, Aarau: AT Verlag Ders. (1996): Räucherstoffe. Der Atem des Drachen, Aarau: AT Verlag Thompson, R. Campbell (1949): A Dictionary of Assyrian Botany, London: British Academy Touw, Mia (1981): The Religious and Medicinal Uses of Cannabis in China, India, and Tibet, in: Journal of Psychoactive Drugs 13(1), S. 23–34


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VOLLBLUT

Eine seriöse medizinale Pflanze:

Serious 6 eguläre Samen von Serious 6 sind ab jetzt exklusiv erhältlich auf der Serious-Seeds-Website, genau rechtzeitig zur Outdoorsaison 2016. Serious 6 wurde gezüchtet aus Sativa-Landrassen aus Afrika und Sorten aus Kanada. Es war unser Ziel, eine Sorte zu kreieren, die äußerst schimmelresistent ist und sehr früh erntereif wird: in einem kalten und feuchten Klima bis spätestens Ende September. Wir empfehlen, die Samen nicht vor dem 15. April keimen zu lassen, um ein vorzeitiges Blühen und anschließende Rückkehr zum Wachstum zu vermeiden, wenn die Pflanzen zu früh nach draußen gesetzt werden. Nur ExpertInnen sollten diese Sorte indoor anbauen, da ein kleiner Teil der Pflanzen hermaphroditische Eigenschaften aufweisen kann (zwei von 100 Pflanzen sind empfindlich bei Lichtstress). Draußen bei natürlichem Licht ist dies kein Problem, dort wächst sie hoch, mit vollen Blüten und wenigen Blättern und bildet eine extrem dicke Schicht Kristalle. Etwa die Hälfte der Pflanzen zeigt wunderschöne rosa Blütennarben im Wachstum, welche am Ende der Blütezeit abgelöst werden durch lila Töne in den Blüten und Blättern. Das Aroma von Serious 6 ist schichtartig aufgebaut: zitronig, anisartig, würzig frisch sind nur einige der erkennbaren Aromen. Ihr Effekt ist ein kristallklares High im Kopf, welches aktiviert und kreativ macht. Direkt nach der Markteinführung gewann Serious 6 ihre erste Auszeichnung: 2. Platz beim Highlife-Cup in Amsterdam in der Kategorie Bio-Gras und drei Monate später im September 2013 dann noch den 3. Platz in der Kategorie Sativa beim Exprogrow Cup in Irún, Spanien.

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Industrial Plant Autoflowering CBD ei den Marihuana-Samen Industrial Plant Autoflowering CBD von Dinafem Seeds handelt es sich um eine selbstblühende, feminisierte Cannabis-Varietät, die aus der Verbindung einer sehr ergiebigen Industrial Plant Auto und einer Autoflowering mit hohem CBD-Gehalt entstanden ist. Bei Dinafem waren wir sehr bestrebt, die CBD Autoflowering-Version einer unserer weltweit beliebtesten Cannabis-Varietäten zu züchten, die übrigens zahlreiche Fans im eigenen Team besitzt. Das Ergebnis ist eine innovative Option, die in unserem Online-Shop für alle, die sie genießen möchten, zum Verkauf angeboten wird. Industrial Plant Autoflowering CBD ist eine hervorragende Alternative für Cannabis-Grower, die ihre Kollektion mit Samen einer Hanfpflanze ergänzen möchten, deren Wirkung nicht zu stark ist. Es handelt sich um eine Varietät mit einer sanften, leichten Wirkung, die gleichzeitig außergewöhnliche aromatische und geschmackvolle Eigenschaften bietet: süße und fruchtige Noten. Diese Marihuanapflanze erreicht eine mittlere Höhe und ist gekennzeichnet durch eine Blütenansammlung im oberen Pflanzenteil sowie zahlreiche seitliche Verzweigungen, die eine Fülle von kompakten harzüberzogenen Buds tragen können. Die Cannabis-Buds mit hohem CBD-Gehalt sorgen für eine beträchtliche therapeutische Wirkung, die verschiedene körper-

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liche und psychische Leiden lindern kann. Diese Varietät bietet einen weiteren wichtigen Vorteil: Sie eignet sich hervorragend für UserInnen mit einer geringen Cannabis-Toleranz. Bei der Zucht aus Hanfsamen der Industrial Plant Autoflowering CBD lassen sich nicht nur eine starke Homogenität und Stabilität der Gewächse, sondern auch beachtliche Erträge erzielen. Zur Förderung des Wachstums von gesunden und robusten Wurzeln und zur Beschleunigung einzelner Stoffwechselprozesse der Pflanze ist es angebracht, dem Substrat 1/3 Kokosfasern beizumischen. Dank eines THC/CBD-Verhältnisses von 1:2 ist ein täglicher Konsum möglich, ohne dass Konzentrationsprobleme oder körperliche Beeinträchtigungen hervorgerufen werden, welche die normale Ausübung einer Beschäftigung behindern könnten. Die Marihuanapflanze Industrial Plant Autoflowering CBD besitzt ein starkes Aroma und beeindruckt durch einen angenehmen und intensiven Geschmack mit Anklängen an süßes Obst, Skunk, Zitrusfrüchte und Gewürze, dem nicht zu widerstehen ist. Ihre Wirkung ist gemäßigt und sorgt für ein gutes körperliches und geistiges Gleichgewicht. Sie ist von mittlerer Dauer und löst keine späteren Beeinträchtigungen aus. Es handelt sich um Marihuana, das geeignet und empfehlenswert ist, um Gelenkschmerzen zu lindern, den Schlaf zu fördern oder um sich friedvoll zu entspannen.



CANNA+GLOBE Hört man das Wort Gras, denkt die Mehrheit von uns an den Rasen im Garten oder an Cannabis. Die gesamte Familie der Süßgräser begleitet die Menschheit praktisch von Anfang an und hat bis zum heutigen Tag großen Einfluss auf ihre Entwicklung. Wir können sagen, dass die Süßgräser die namenlosen Helden in der Geschichte der Menschheit sind. CannabispatientInnen wissen genau, dass es ohne Gras kein Leben gibt, dass man ohne Gras gar nicht leben kann. Aber das ist keine Entdeckung der Neuzeit. er Anbau von Nutzpflanzen, insbesondere der Süßgräsern, ermöglichte die Entstehung der Zivilisation, später die Urbanisierung. Dieser lange Prozess begann natürlich nicht mit einer Hanfpflanze, sondern mit dem Aussäen von Grassamen vor 8.000 bis 10.000 Jahren im fruchtbaren Vierstromland im Nahen Osten. Diese Süßgräser waren die wichtigste zivilisatorische Entdeckung. Sie bildete die Grundlage der Landwirtschaft. Ohne sie sähe die Welt heute ganz anders aus. Warum aber sprechen wir immer häufiger von vegetarischer Ernährung? Ist unsere Epoche möglicherweise schon nicht mehr die des Fleischkonsums, sondern der pflanzlichen Nahrung, was wirtschaftlicher wäre und sehr viel mehr Menschen ernähren könnte? Sind wir immer weniger Raubtier, je zivilisierter und entwickelter eine Gesellschaft ist? Sollte der moderne Mensch vielleicht überhaupt kein Fleisch mehr essen? Ist das der nächste große Schritt in der Entwicklung der Menschheit? Die Erde der regelmäßig überschwemmten Flusstäler war der ideale Nährboden für das Entstehen der ersten Zivilisationen. Durch das mildere Klima nach der Eiszeit, die Ver-

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Ohne Gras kein Leben Vom Einfluss der Süßgräser auf die menschliche Zivilisation breitung der Pflanzen und Tierarten gab es keine Notwendigkeit mehr für ein anstrengendes ständiges Wanderleben. Die in großer Zahl verfügbaren Pflanzen- und Tierarten sowie das stabile Klima ermöglichten es dem Menschen, sich niederzulassen. Die Vorfahren unserer Getreidearten erinnern überhaupt nicht an die heutigen, veredelten Sorten. Zu jener Zeit traten sie im Umkreis der Menschen in Erscheinung. Diese Süßgräser (Wildhafer, wilder Roggen, wilder Weizen) wurden die ersten gezüchteten Pflanzen. Unsere Vorfahren erkannten sehr schnell, dass der Nährwert der Pflanzen gegenüber dem von tierischer Nahrung zwar geringer ist. Doch waren sie unter geringeren Risiken, als sie Jagd und Sammeln mit sich bringen, verfügbar. Die ersten Süßgräser schufen also die Voraussetzung für das Entstehen permanenter Siedlungen mit steigender Bevölkerungszahl. Dort standen den Menschen durch die Bewirtschaftung der umliegenden Felder ständige Nahrungsquellen zur Verfügung. Beim Säen und Ernten kamen deutlich weniger Menschen ums Leben als bei der Jagd oder beim Sammeln. Nach der Entdeckung der Süßgräser wurde das Leben viel besser planbar, was für die menschliche Zivi-

lisation einen sehr wichtigen Schritt bedeutete. Das Ablegen der früheren, unsicheren nomadischen Lebensweise führte zu einer regelrechten Bevölkerungsexplosion. Der Anbau der ersten Pflanzen und der langsame Selektionsprozess begann im Nahen Osten mit der „Domestizierung“ von wildem Hafer, Roggen, Weizen und Hirse. In Asien stellte der wilde Reis die Nahrungsquelle Nummer eins dar. Diese Pflanzen legten praktisch den Grundstein für die modernen Zivilisationen in aller Welt, und sie machen bis heute einen großen Teil unserer täglichen Nahrung aus. Der Anbau von Süßgräsern veränderte auch die Energieaufnahme durch die Menschheit grundlegend. Auch wenn es merkwürdig klingt, ist die Pflanzenzucht eine Art Nutzung der Sonnenenergie. Während früher, bei der Lebensform als Jäger und Sammler, für die Versorgung einer Person ein Gebiet von 25 km² nötig war, benötigte man durch die Pflanzenzucht und mithilfe der Sonnenenergie nur noch 10 % davon, insgesamt also etwas mehr als 2 km². Unsere Vorfahren lernten also Samen auszubringen, in erster Linie Süßgräser zu säen, obwohl diese Körner schwieriger zu


genießen und weniger nahrhaft sind als etwa eine Antilope oder ein Büffel. Wenn man aber reichlich von ihnen hat, geht das schon. Die gezüchteten Samen wurden zuerst auf einfache, später komplexere Art bearbeitet, zunächst zu Grieß geschrotet oder zu Flocken gepresst, später mit verbesserter Technik gemahlen und mit Wasser und Feuer essbar gemacht. Diese Hauptnahrungsquelle ergänzte man mit gesammelten Pflanzen, Gemüse, Obst und Fisch. In solchen Regionen, wie dem sogenannten Fruchtbaren Halbmond, entstanden die ersten Zivilisationen, weil man in großer Zahl heimische Pflanzen und Tierarten vorfand, die sich gut in den Prozess eingliedern ließen. Die Völker dieses Raums und ihre Gesellschaften hatten einen großen Vorsprung auf dem Weg, der zur heutigen Zivilisation führte. Hier entstanden die ersten Großstädte der Welt, beispielsweise Uruk, wo 3.000 Jahre vor unserer Zeitrechnung auf insgesamt 2 km² schon 40.000 Menschen lebten. Diese Bevölkerungsdichte hat heute beispielsweise New York. Die 20-30 km² rund um die Stadt, die früher nur einem einzigen Jäger ein ausreichendes Revier geboten hatten, versorgten jetzt - mit den technischen Errungenschaften einer entstehenden neuen Gesellschaft – Tausende von Menschen mit Lebensmitteln. Die neue Lebensweise führte aber auch zu einem

gewissen Ausgeliefertsein, da 80 % der Versorgung aus der Ernte von zwei Pflanzenarten stammten. In Mesopotamien waren das Weizen und Hafer. Beide Pflanzen reiften zur gleichen Zeit, daher musste man sie auch zur gleichen Zeit säen und zur gleichen Zeit ernten. In der Folge hatte man 80 % der Lebensmittel für ein ganzes Jahr auf einen Schlag. Blieb die Ernte einmal aus, konnte das verheerende Folgen haben, daher musste man Vorräte speichern und lagern. Das gemeinsam gespeicherte Getreide brachte auch die ersten Aufzeichnungen in Keilschrift mit sich. Zur Bewachung des Getreides entstand die erste Armee, um die Verteilung kümmerten sich bald die Vorfahren der heutigen Politiker, die Stadtoberhäupter. Es entstanden Institutionen, die leiteten und verteilten, und aus ihnen entwickelte sich später die gesellschaftliche und politische Hierarchie. Die Erfordernisse von Lagerung und Transport des Getreides führten zur Entwicklung des Töpferhandwerks. Die Schmiedekunst entstand zur Herstellung von Werkzeugen und Ackerbaugeräten. Der Pflanzenanbau führte in allen Bereichen des Lebens zu Veränderungen. Klima, Wetter, Überschwemmungen erforderten entsprechende Kenntnisse, Bewässerung und Ernte bedurften einer umsichtigen Organisation und waren mit großer Verantwortung verbunden. Bald wurde klar, dass man

elementares Wissen und Regeln benötigte, um die sichere Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln zu garantieren. Nach 100.000 Jahren Wanderschaft ließen sich unsere Vorfahren also nieder und begannen sofort, verschiedene Grassorten zu züchten, weil sie erkannt hatten, dass ihr Leben sehr viel sicherer und berechenbarer wurde, wenn sie sich von der Jagd und dem fast ausschließlichen Fleischkonsum auf den viel weniger riskanten Pflanzenanbau und den Genuss von Pflanzen verlegten. Wir haben immer behauptet, dass mit dem Gras alles steht und fällt. Vielleicht ist es kein Zufall, dass der Hanf, der später ebenfalls eine elementare wirtschaftliche Nutzpflanze wurde, die das Leben auf allen Gebieten beeinflusste, umgangssprachlich in verschiedenen Ländern „Gras” genannt wird, auch wenn er nicht zur Familie der Süßgräser gehört. Weger seinen Bedeutung, Nützlichkeit und Verbreitung wird er vielleicht als den Süßgräsern gleichrangig betrachtet. Dazu müsste man allerdings einen Linguisten befragen. Wenn man dies alles bedenkt, erscheint es vollkommen absurd, Gras, welcher Art auch immer, zu verbieten.

text: H. S. von Vogelsang

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A’LA CANNA

Cocktails aus Weizengras Das beste Mittel zur Entgiftung in der Partysaison Zum Sommer gehören, jedenfalls bei mir, kalte, frisch gepresste Gemüsesäfte. Nun wird das außerordentlich gesunde grüne Weizengras zum „Opfer“, aus dem wir einen Supercocktail herstellen und den wir, ohne lange zu zögern, austrinken. ie wichtigsten Bestandteile des grünen Weizengrases sind die Enzyme. Wenn man sie in die Ernährung integriert, verlängern sie die Lebensdauer der körpereigenen Enzyme. Das pflanzliche Chlorophyll hilft bei Blutarmut, erhöht die Zahl der roten Blutkörperchen und sorgt damit für eine bessere Schutzsauerstoffversorgung der Zel-

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len und deren bessere Versorgung insgesamt. Und warum tritt es in jeder sommerlichen Festival- und Partysaison in Erscheinung? Weil es das ideale Mittel zur Entgiftung ist, denn es aktiviert und regeneriert die Leber – das wichtigste Organ beim Entzug von Giften. Am besten benutzt man selbst gezogenes Weizengras. Es lässt sich in der Wohnung

Für die westliche Welt entdeckte Charles F. Schnabel, Biochemiker in der Landwirtschaft, das Weizengras in den 1930er Jahren, als er seine entkräfteten Hühner mit frischem Weizengrassaft zu stärken versuchte. Sie kamen nicht nur zu neuen Kräften, sondern legten noch mehr Eier als ihre gesunden ArtgenossInnen, die kein Weizengras bekommen hatten. Schnabel wiederholte seine Experimente ein Jahr später, mit genau dem gleichen Ergebnis: Die mit Weizengrassaft ernährten Hühner legten doppelt so viele Eier. Durch den Erfolg beflügelt, gab Schnabel seiner Familie und seinen FreundInnen getrocknetes, pulverisiertes Weizengras als Zusatz zur täglichen Nahrung. Schließlich investierten zwei Großbetriebe – Quaker Oats und American Diaries Inc. – Millionen von Dollar in die Züchtung und Verarbeitung von Weizengras. In den 1940er Jahren war Schnabels Weizengraspulver in den Vereinigten Staaten und Kanada in allen größeren Apotheken erhältlich.

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leicht anbauen. Auch in Bioläden ist frisch geschnittenes Weizengras erhältlich, aus dem wir mit der Weizengraspresse (oder weniger effektiv mit dem Fleischwolf) den wertvollen Saft pressen können. Wenn keine Anbaumöglichkeit besteht, bekommt man auch in der Apotheke Weizengrassaft, der schonend zubereitet wurde und deshalb die wertvollen Nährstoffe zum größten Teil enthält. Es gibt relativ wenige Lebensmittel, die so viele aktive, lebende Bestandteile enthalten, wie das Weizengras. Durch den Konsum steigert sich unsere Lebenskraft und macht uns beweglicher und energetischer. Durch Auspressen des jungen Weizengrases erhält man einen grünen Saft, der eine reiche Quelle von Vitaminen, Mineralstoffen, Enzymen, Eiweiß und Chlorophyll ist. Der Weizengrassaft enthält alle bekannten Mineralstoffe, die unser Organismus braucht. Er ist eine

text: H.S.V.


perfekte Eiweißquelle, denn er enthält alle essenziellen Aminosäuren im erforderlichen Verhältnis. Der Weizengrassaft ist einer der besten Lieferanten für Vitamin A und C. Er ist in einem ausgewogenen Verhältnis reich an Vitamin E, F, K und B. Sein Gehalt an Vitamin B17 (Laetrile) ist beträchtlich. Ebenso der Gehalt an Vitamin B12 – es wird nicht nur von der Pflanze selbst produziert, sondern auch von den in ihr lebenden Mikroorganismen. Dies ist ein bemerkenswertes Beispiel für die positive Wirkung von Mikroorganismen für die Synergie der natürlichen Pflanzenwirkstoffe und Bakterien. Im Gegensatz zu den Pflanzenfressern kann unser Organismus Weizengras nicht effektiv aufarbeiten. Die Pflanze verfügt über Zellulosefasern, die der menschliche Magen im Gegensatz zu dem der Wiederkäuer – wie allseits bekannt – nicht verarbeiten oder verdauen. Aus diesem Grund konsumieren wir das Weizengras in flüssiger Form. Ausgepresst als Saft können wir die Menge der Wirkstoffe, die wir zu uns nehmen wollen, besser dosieren. Der Weizensaft soll im Laufe des Tages in kleinen Mengen langsam, Löffel für Löffel oder in kleinen Schlucken konsumiert werden. Wer eine Stärkungskur machen möchte, sollte etwa 100 ml auf einen ganzen Tag verteilt zu sich nehmen. Bei einer Heildiät sollte man täglich drei- bis viermal 25–50 ml zu sich nehmen. Möglichst frisch gepresst! ACHTUNG! Anfangs können Beschwerden auftreten (z. B. Durchfall). Das ist kein Grund, die Kur abzubrechen, denn unser Organismus gewöhnt sich bald an die neue Nahrung. Zuerst verringern wir die Dosis, dann erhöhen wir sie langsam wieder. Am besten auf nüchternen Magen zu sich nehmen! Eine halbe Stunde zuvor wird das Verdauungssystem mit ein wenig frischem Zitronensaft vorbereitet.

Bei Sodbrennen oder einem Magengeschwür empfiehlt sich eher Kamillentee. Nicht alle mögen den Geschmack des Weizengrassaftes, aber wie auch beim Hanf ist es

eine Frage der Gewöhnung. In Kombination mit Hanf können wir einen Cocktail herstellen, der nicht nur besser schmeckt, sondern auch gesünder ist als Weizengras pur.

Reinigender Weizengras-Cocktail Ideal für die Partysaison geeignet ist der reinigende Weizengras-Cocktail. Erfrischender Zutaten für 4 Personen : Weizengras-Cocktail (mit Hanf) – 40 ml Weizengrassaft – Saft von 2 Orangen – Saft einer Viertel Ananas – 2–3 Blätter Zitronenmelisse – 1/4 Teelöffel Zimt

Die Zubereitung ist ganz einfach: Wir mischen die Säfte in einem Glas. Die Blätter der Zitronenmelisse schneiden wir klein und geben sie zusammen mit dem Zimt dazu. Unverzüglich trinken!

Die Zubereitung ist unglaublich einfach: Wir geben alle Zutaten in einen Mixer, ungefähr 30–40 Sekunden auf hoher Stufe, und sofort genießen!

Dies sind die Zutaten: – 50 ml Weizengrassaft – 1/4 Ananas oder 150 ml Ananassaft – 2–3 Eiswürfel – 3–4 Blätter frische Minze Auf eure Gesundheit! 61



A’LA CANNA

Pie Crust mit Schokolade und Hanf E s ist Sommer, daher kein kompliziertes Kochrezept und nichts mit Teigkneten, nur eine knusprige Pie Crust, darauf eine Supercreme und ein wenig Hanf. Um es einfach zu machen, benutzen wir für die Zutaten die amerikanische Maßeinheit Cup (eine Tasse, die 250 ml fasst). Damit unterläuft einem, auch wenn man high ist, kein Fehler. Die Cashewnüsse zwei Stunden einweichen.

Die Zutaten für den Teig geben wir in kleinen Stücken in die Küchenmaschine und zerkleinern sie zu Bröseln, aber nicht zu klein. Wir drücken den Teig in eine Pie- oder Tortenform und dann ab in den Kühlschrank, wo wir ihn 70 Minuten ruhen lassen. Auch die Herstellung der Creme ist unkompliziert. Alle Zutaten kommen in einen Mixer. Hier geht es aber darum, alles möglichst fein zu zerkleinern. Die Creme geben wir auf die Pie und dann zurück in den Kühlschrank. Nach einer Stunde ist sie fertig. Wir bestreuen die Pie mit einigen knusprigen Hanfsamen. Munch!

Hier sind die Zutaten:

Für den Teig: – 1/2 Tasse Nüsse – 1/3 Tasse Hanfsamen – 1/4 Tasse Kokosfett (Zimmertemperatur) oder (Canna-)Butter – 1/2 Esslöffel Honig oder Puderzucker, aber auch Agaven- oder Ahornsirup kommen infrage – 1 Esslöffel Kakaopulver – 1 Prise Salz Für die Creme: – 2 Tassen Cashewkerne – 2 Esslöffel Kokosfett (Zimmertemperatur) – 1/4 Tasse rohes Kakaopulver – 1/4 Tasse Hanfsamen – 1/2 Esslöffel Honig oder Puderzucker – 1/2 Tasse Espresso – 1/2 Teelöffel Vanillearoma

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