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CBD REDUZIERT ENTZÜNDUNGEN OHNE NEBENWIRKUNGEN

Nach unserer jüngsten Umfrage verwenden die meisten Menschen CBDÖl bei entzündlichen Erkrankungen. Die Testergebnisse sprechen für die Verwendung von standardisiertem CannabisExtrakt und CBD zur Beseitigung von Entzündungen.

Eine Entzündung ist die Kettenreaktion des Immunsystems auf eine Infektion oder Reizung. Schwellungen, Rötungen, Schmerzen, Wärme oder der Verlust einer Organfunktion weisen auf eine Entzündung hin. Nach der allgemein akzeptierten Definition ist eine Entzündung die phylogenetisch alte, komplexe, stereotype Reaktion höherer Organismen auf Gewebeschäden, die durch äußere und innere Umweltfaktoren verursacht werden. Ihr „biologischer Zweck“ besteht darin, die Ursachen und Folgen von Gewebeschäden zu beseitigen.

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Cannabinoide haben signifikante therapeutische Vorteile bei einer Vielzahl von pathologischen Zuständen. Unter diesen stechen klinische Fälle heraus, die auf Entzündungen beruhen, die zugrunde liegenden Mechanismen sind jedoch noch nicht bekannt. Indirekte Hinweise deuten darauf hin, dass Polymorphonukleukozyten (PMNs) die Ziele für die entzündungshemmenden Wirkungen von Cannabis sind. Zudem unterstützen Ergebnisse von Studien die Verwendung von standardisiertem Cannabis-Extrakt und CBD zur Beseitigung von Entzündungen. Eine eingehende Untersuchung der beteiligten zellulären und molekularen Mechanismen ist jedoch erforderlich, um ihr therapeutisches Potenzial besser nutzen zu können.

Das Ausmaß und der Ort einer Entzündung im Körper können variieren. Anhaltendes Fieber, Schwellungen und Schmerzen im betroffenen Bereich sind typische Symptome. Bei einer Entzündung werden im Blut verschiedene Proteine angereichert, die durch Labortests nachgewiesen werden können. Es sind hier mindestens 150 Arten von Proteinen bekannt. Von diesen werden die Werte von wenigen – fünf bis zehn, die den Entzündungsprozess gut charakterisieren – in Laboratorien gemessen. Der Blutsenkungswert ist ebenfalls wichtig, aber da er wochenlang nach dem Ende der Entzündung abnormal sein kann, kann er nicht zur Bestimmung des aktuellen Prozesses verwendet werden.

Mehrere Studien belegen, dass topisch angewendetes CBD ein therapeutisches Potenzial zur Linderung von Schmerzen und entzündungsbedingten Verhaltensweisen im Zusammenhang mit Arthritis besitzt. Und das ohne offensichtliche Nebenwirkungen. Eine Studie von Oxford Academic Rheumatology liefert Beweise dafür, dass Cannabis den Kampf gegen Arthritis aufnehmen kann. Dies scheint auf die Aktivität von als CB2-Rezeptor bekannten Signalwegen zurückzuführen zu sein, die in ungewöhnlich hohen Konzentrationen im Gelenkgewebe von PatientInnen mit Arthritis vorhanden sind. In einer anderen Studie bestätigte ein Forscher das Vorhandensein von CB2Rezeptoren in Gewebeproben von PatientInnen mit Arthrose und rheumatoider Arthritis. Das Haupthindernis für den breiteren Einsatz von Cannabis-Therapien ist deren psychoaktiver Effekt. Daher suchen WissenschaftlerInnen nach Wegen, um genauso effektive Wirkungen ohne einen solchen Effekt zu erzielen.

Verzögerte Ernte

Umwege im tschechischen im Programm für medizinisches Cannabis

Sechs Jahre Leerlauf. Ungefähr so lässt sich die anfängliche Periode beim Programm für medizinisches Cannabis in Tschechien beschreiben. Wie ist es möglich, dass ein Programm, das von Experten ausgearbeitet wurde und eine hohe politische Unterstützung genießt, in den ersten Jahren nur derart bescheidene Ergebnisse verzeichnet? Und was ist zu tun, damit das schlecht funktionierende Modell doch noch in Gang kommt?

Tschechien ist seit Jahrzehnten für seine progressive Drogenpolitik bekannt. Statt Ideologien und Utopien nachzujagen, spielen hier die Achtung der Menschenrechte und eine faktenbasierte Entscheidungsfindung die Hauptrolle. Als erstes Land in Osteuropa stimmte Tschechien im Jahr 2010 für eine Entkriminalisierung von Drogen, drei Jahre später dann wurde – begleitet von hohen Erwartungen – auch das Programm für medizinisches Cannabis auf den Weg gebracht.

Als wir 2016 den drogenpolitischen Experten, den im letzten Jahr verstorbenen Dr. Tomáš Zábranský, der für die Ausarbeitung des tschechischen Programms verantwortlich war, zu unserer Konferenz über medizinisches Cannabis einluden, rechneten wir mit einem über schwierige Anfänge berichtenden, doch enthusiastischen Vortrag. Was die Schwierigkeiten anging, hatten wir uns nicht getäuscht, jedoch mussten wir überrascht erkennen, dass es in den drei Jahren insgesamt nur ein paar Dutzend Patienten gelungen war, Cannabis auf ärztliches Rezept zu bekommen. Bis zum Eintreten wesentlicher Veränderungen waren weitere drei Jahre notwendig.

Bürokratische Hindernisse

Wie auch im Fall von anderen Ländern zu sehen ist, bedeutet das Inkrafttreten des Gesetzes nicht automatisch den Zugang zu medizinischem Cannabis. Obwohl das tschechische therapeutische Programm offiziell im April 2013 in Gang gesetzt worden war, erließ das Gesundheitsministerium seine Verordnung in Bezug auf die Herstellung, Verschreibung und Ausgabe von medizinischem Cannabis erst im Monat Juli. Damit war den Patienten aber noch immer nicht geholfen, da das Staatliche Institut für Drogenkontrolle (SIDC) seine zen-

trale Datenbank für elektronische Rezepte erst im November 2014 für das Verschreiben von medizinischem Cannabis öffnete, somit konnten die Ärzte erst ab diesem Zeitpunkt damit beginnen, Rezepte auszustellen. Die Verordnung des Gesundheitsministeriums erwies sich jedoch als derart streng, dass es kaum Patienten gab, die den Kriterien entsprachen. Im Oktober 2015 wurde eine neue Verordnung erlassen, dank derer Cannabis für ein breiteres Spektrum an Erkrankungen und in einer höheren monatlichen Dosis verschrieben werden konnte, zudem wurden die Möglichkeiten den Wirkstoffgehalt betreffend erweitert. Allerdings war das Ergebnis immer noch nicht zufriedenstellend.

Fehlende ärztliche Ausbildung

Im Gegensatz zum deutschen Modell sind in Tschechien nur jene Ärzte zum Verschreiben von Cannabis berechtigt, die über eine entsprechende Qualifikation verfügen. Daher ist es die Aufgabe des Staates, dafür zu sorgen, dass die Erlangung der Genehmigung erleichtert und attraktiv gemacht wird. Gibt es keine qualifizierten Ärzte, kommt nämlich den Patienten die Aufgabe zu, für die Vorteile von medizinischem Cannabis zu argumentieren und bei den Ärzten auf eine Fortbildung zu drängen, was – das ist wohl einzusehen – nicht allzu Erfolg versprechend ist. Angesichts dessen durften im Jahr 2017 noch immer nur insgesamt 16 Ärzte in ganz Tschechien Cannabis verschreiben, doch erreichte diese Zahl Ende 2021 bereits 200. Es ist vollkommen logisch, dass der Erfolg des Programms für medizinisches Cannabis zu einem Großteil an der Einbeziehung der Ärzte liegt, denn je mehr dazu berechtigt sind, Rezepte auszustellen und über das entsprechende Wissen bezüglich der Anwendung verfügen, desto mehr ist die Therapie für Patienten zugänglich.

Unbezahlbare Medikamentenpreise infolge des Imports

In den ersten fünf Jahren wurde medizinisches Cannabis aus den Niederlanden und aus Kanada importiert, wodurch der Preis sehr viel höher lag als jener für Cannabis, das auf der Straße verkauft wird: Für ein Gramm wurden umgerechnet mehr als 4000 HUF verlangt. Damit wurde ein großer Teil der Berechtigten aus dem Programm gedrängt, denn mangels einer Unterstützung durch die Krankenversicherung bedeutete das für die Patienten bei einem Konsum von 1 Gramm pro Tag, der als durchschnittlich zu bezeichnen ist, Ausgaben in Höhe von monatlich gut 120.000 HUF. Zwar versprach man für das Jahr 2016 eine günstigere Alternative des Medikaments, nämlich das in Tschechien hergestellte medizinische Cannabis, doch stieß auch das auf Hindernisse. Gemäß der ministeriellen Verordnung erhielt insgesamt eine einzige tschechische Firma die Berechtigung, medizinisches Cannabis für Apotheken herzustellen und zu vertreiben. Die Auswahl der Firma gelang erst nach drei erfolglosen Ausschreibungen, somit gelangte das Cannabis mit einer großen Verzögerung erst 2018 in die Apotheken, in etwa zu einem Preis von 2500 HUF/Gramm. Auch die Kosten für die Patienten hätte man während dieser Zeit senken können, wenn das Gesetz sich nicht nur auf die Blüte bezogen hätte, sondern auch auf die Verwendung von Extrakten, Kapseln und Cremes, die aus dieser hergestellt werden, doch ließ die Genehmigung dessen noch auf sich warten.

Die größten Verlierer sind die Patienten

Durch die Kombination von teurem medizinischen Cannabis und wenigen qualifizierten Ärzten war vorherbestimmt, dass die Patienten die neu genehmigte Therapie nur in sehr geringer Zahl in Anspruch nehmen konnten. Zur Zeit der Konferenz, im Juni 2016, berichtete Dr. Zábranský von insgesamt 55 Patienten, die mit medizinischem Cannabis behandelt wurden. Diese Zahl stieg zum Jahresende zwar etwa auf das Doppelte an, doch ein tatsächlicher Sprung erfolgte erst nach 2019. Derzeit erhalten in Tschechien 4600 Patienten Cannabis zu therapeutischen Zwecken, was noch immer nur 0,04 % der Gesamtbevölkerung ausmacht. Diese Zahl deckt den Kreis der bedürftigen Patienten jedoch ganz sicher nicht. Im Vergleich dazu liegt dieser Anteil in Deutschland heute bei 0,15 % und wird nach Ansicht von Experten noch auf ein Vielfaches steigen.

Tschechien auf dem Weg nach vorn

Die Reihe von Reformen begann mit dem im Januar 2020 in Kraft getretenen Gesetz, laut dessen 90 % des Preises von medizinischem Cannabis durch die Krankenversicherung gedeckt wird, und zwar bis zu einer Menge von 30 Gramm / Monat. Hinzu kommt, dass das Gesundheitsministerium den Preis für medizinisches Cannabis auf maximal 6,41 € festgesetzt hat. Für eine zunehmende Zahl an Patienten, die eine Therapie dieser Art in Anspruch nehmen können, sorgt auch der Zuwachs an Ärzten, die berechtigt sind, ein Rezept auszustellen. Diese Zahl ist innerhalb der vier Jahre, die seit 2017 vergangen sind, auf mehr als das Zehnfache angestiegen. Im Juni des vergangenen Jahres hat das Unterhaus des tschechischen Parlaments eine Gesetzesänderung verabschiedet, die nach Ansicht der Experten der Durchsetzung des Programms für medizinisches Cannabis einen deutlichen Anschub geben kann. Die wichtigsten Punkte der am 1. Januar 2022 in Kraft getretenen Gesetzesänderung sind:

• Es können mehr tschechische Unternehmen die Erlaubnis erhalten, medizinisches Cannabis herzustellen, womit das Sortiment größer wird. Der dadurch entstehende Preiswettbewerb hat vermutlich auch für die Patienten einen positiven Effekt. • Der Export von medizinischem Cannabis wurde genehmigt. • Die Herstellung von Extrakten und Tinkturen aus der Cannabis-Blüte wurde ermöglicht, und auch diese Produkte können von Ärzten verschrieben werden. Da viele Angst vor dem Konsum der Blüte haben und bei zahlreichen Erkrankungen der Gebrauch verarbeiteter Produkte zudem vorteilhafter ist, wird durch diese

Entscheidung die Zahl der Patienten, die an dem Programm teilnehmen können, vermutlich steigen. • Das System der elektronischen Verschreibung wird aktualisiert, damit wird das

Verschreiben und das Einlösen des Rezepts erleichtert. • Die Hanfprodukte mit einem THC-Gehalt unter 1 % gelten zukünftig nicht als Drogen und werden somit einem breiten Kreis zugänglich. Dies kann die Produktpalette an Cannabis-Extrakten und -Tinkturen, die auch für die medizinische Anwendung geeignet sind, erweitern.

Die ersten Ergebnisse der Reformen sind bereits zu sehen, denn 2021 stieg der Verkauf von medizinischem Cannabis um 63 % n, und dank der Gesetzesänderung ist laut Experten ein weiterer steiler Zuwachs zu erwarten.

Fünf Lehren aus dem tschechischen Modell für medizinisches Cannabis mit Blick auf die ungarische Gesetzgebung

1) Cannabis muss bei jeder Erkrankung verschrieben werden können, bei der eine Effektivität der Therapie durch überzeugende wissenschaftliche Belege untermauert werden kann, da ansonsten viele Patienten nicht versorgt werden können, denen eine Behandlung mit medizinischem Cannabis helfen würde. 2) Die inländische Herstellung von medizinischem Cannabis muss mehr ungarischen

Unternehmen genehmigt werden, damit sowohl die Sicherung der notwendigen

Menge und Qualität so stabil wie möglich ist, als auch ein größeres Sortiment zur Verfügung steht. Die Gewinner des

Preiswettbewerbs unter den Unternehmen werden vor allem die Patienten sein. 3) Die Qualifizierung der Ärzte muss bereits parallel zur Planung des Gesetzes ins

Auge gefasst werden. Wenn sich die Ärzte beim Start des landesweiten Programms nicht über die Anwendungsgebiete von

Cannabis, seine tatsächlichen Vorteile und

Risiken sowie über die Vorgehensweise in

Bezug auf die Verschreibung im Klaren sind, dann wird es niemanden geben, der den Patienten ein Rezept ausstellt. 4) Die Krankenversicherung muss den Preis des medizinischen Cannabis wenigstens zu einem Teil decken, so wie im Fall eines jeden anderen Medikaments. Erfahrungsgemäß kann jedes Land Cannabis von

medizinischer Qualität in den ersten Jahren nur zu einem Preis garantieren, der höher liegt als jener für das auf der Straße verkaufte Cannabis. Wichtig ist, dass die darauf angewiesenen Patienten auch dann schon Zugang zu ihrem Medikament haben und nicht gezwungen sind, sich Cannabis von unsicherer Qualität illegal zu besorgen. 5) Das Programm sollte sich nicht ausschließlich auf die Herstellung der Cannabis-Blüte konzentrieren, bei vielen

Erkrankungen sind nämlich auch andere

Produkte wirksam. Bei einem Teil der Patienten ist die sog. verzögerte Wirkung vorteilhafter, wozu Produkte verabreicht werden können, die über den Magen aufgenommen werden, während bei anderen beispielsweise die äußerliche Anwendung von Cremes, die Cannabis-Wirkstoffe beinhalten, zielführend ist.

Egal wie sich die aktuelle ungarische Regierung zu dieser Frage verhält, wir vertreten ungebrochen die Ansicht, dass die Therapie

mit medizinischem Cannabis, die Zehntausenden von Patienten vorerst unverständlicherweise verwehrt wird, in naher Zukunft auch in Ungarn zugänglich sein wird. Bis dahin arbeiten wir daran, die entsprechenden Kenntnisse und Erfahrungen zur Verfügung zu stellen, damit in Ungarn ein gut funktionierendes Programm für medizinisches Cannabis entsteht, das sich in erster Linie auf die Bedürfnisse der Patienten konzentriert.

text: Tamás Kardos / Programmkoordinator Gesellschaft für Freiheitsrechte

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