meins-magazin 14

Page 1

FeinSinn liebt Köln Vintage Doktorarbeit in Australien Der Barbarastollen der Uni Köln Nunk-Musik Heft 14 ǀ Ausgabe 10/03 ǀ www.meins-magazin.de


{

meins

Inhalt

Bauarbeiten in den Zeilen Es ist schon ein Jahr her, dass wir das Heft einer großen Inspektion unterzogen haben. Jetzt ist es wieder soweit, wir bauen das Heft um! Als ersten Schritt haben wir uns dazu entschieden, nicht mehr länger ein eigenständiges Ressort für Politik zu unterhalten. Deswegen gibt es ab nun StaatsKunst nicht mehr als eigenes Ressort, dafür konzentrieren wir uns auf die anderen Ressorts und möbeln die noch mal kräftig auf! Wir präsentieren euch ein funkelnagelneues LebensEcht! Simeon Buß, der bisher FernSicht geleitet hat, macht jetzt auch noch LebensEcht. Gefällt euch das neue Konzept aus Kolumne, Fotoserie und Tipps und Tricks für’s studentische Leben? Es gibt den "Fächer", wo wir euch jedes Mal ein Studienfach vorstellen, aus der Sicht von höheren Semestern, nah' an der Realität. Dann gibt es das "Portemonnaie", hier stellen wir euch Möglichkeiten vor, um mit wenig

LebensEcht

FernSicht

ErkenntnisReich

ZeitGeist

FeinSinn

06 08 10 12

Vom Leben dan(n)eben Japanologie Köln Vintage Fotostrecke von Aneta Demerouti und René Becker

26 27 28

Türkisch-Vorlesung: Interview mit Hüseyin Erdem Doktorarbeit in Australien: Interview mit Vesna Müller On the rocky road to Dublin

32 33 36 38

Transitionstagebuch, 2 Der Barbarastollen der Uni Köln Fehlerfreie IT Softwarefehler kosten Leib und Seele

42 43 43

Das Beste der Stadt: Nunk-Musik Kanon: Von der Nezessität des Exzesses - eine Verklärung Sonderschule der Ästhetik: Underground

46 48 50 52 53

FeinSinn liebt: Die Erfindung der romantischen Liebe In stinkender Gesellschaft Kreuzende Wege Playlist SMS-Blog

54 55

Impressum Vorschau

Geld so gut wie möglich zu leben. Unser Kolumnist Marcel Doganci bleibt mit seiner Kolumne „Vom Leben dan(n) eben“ weiterhin in unserer Truppe. Dafür räumen wir ihm noch mehr Platz ein: zwei Seiten ab jetzt. Und schließlich gibt es jedes mal noch eine Fotostrecke studentischen Lebens, wir beginnen mit Fahrrädern. Klingt spannend? Das neue LebensEcht lernt laufen, schaut nach ab Seite 4. Was passiert eigentlich bei meins so alles im Maschinenraum? Dass es da ab und zu mal hakt und knackt, und dann wieder heftig rattert, bekommen alle die mit, die uns auf facebook oder twitter verfolgen. meins gibt es nun schon seit über zwei Jahren und wir arbeiten stetig an der Verbesserung des Magazins. Deshalb suchen wir für unseren Maschinenraum noch neue Mitstreiter für das Layout. Du willst meins wahrlich mitgestalten? Dann meld‘ dich bei uns unter info@meins-magazin.de, Stichwort „Ich will gestalten!“ KörperKultur hat in dieser Ausgabe leider Muskelkater und kann nicht antreten; also könnt ihr euch diese Ausgabe in Ruhe auf dem Sofa reinziehen, ohne ein schlechtes Gewissen zu bekommen. Viel Spaß beim Lesen!

2

Inhaltliches

Niels Walker (Chefredakteur)

{ Editorial

3


Lebens Foto: Corinna Kern


vom leben da (n) neben

Meins steht in dieser Ausgabe im Zeichen der Liebe. Grund genug für mich, es für meine Kolumne auch mal zu versuchen. Bei losen Themen wie diesem, habe ich meist kein striktes Konzept. Es fängt mit einem Brainstorming an, mit vielen kleinen Puzzlestücken, die ich irgendwann zu einer Anekdote, bestenfalls einer Geschichte zusammenfügen kann.

Wenn ich jemandem sagen möchte, was er mir bedeutet, spreche ich Englisch, weil ich mich dann lösen kann, im Zweifelsfall so tun, als wäre alles eine Lüge. Denn New York wartet nicht auf mich, ich häng am Saum von dieser Märchenstadt und bettele, dass sie mich erlöst von Ungewissheit und dem Fall. Schmetterlinge seit ich 16 bin, nicht davor, da waren alle Tiere gleich, doch ein Teil von mir brach aus dem Kokon und ich blute immerfort die Farben, spreize meine Flügel, benässe sie erneut und weiß, dass ich nicht fliegen kann. Manchmal bete ich für andere, seltener auch mal für mich, ein oder zwei Mal rief ich Danke, doch nie, nicht ein einziges Mal hielt Er sein Versprechen. Denn ich liebte ihn, der mich beraubte, und nichts zurück ließ außer Schmerz und Hass, dann andren Schmerz, dann Furcht, erneuten Schmerz und schließlich Leere, in der das Echo allen Schmerzes hallt. An einem Tag im Jahr, dem hellsten, auch die Liebe selbst, den Rest der Zeit erbiete ich der Nacht und ihrer Laterne, in deren Schein ich friedlich bin. Musik, und was sie wirklich in mir zum Klingen bringt. Wodka, der einzige feste Freund, den ich jemals wollte. Die Zigarette dazu, danach und auch zum Kaffee. Die Form meines Mundes, die Augen vieler anderer, Sonnenbrillen für ihren Schutz, das Lachen meiner besten Freundin, Grenzgänger, des Spießers versteckte Toleranz, Kopfbedeckung, weiße Zähne, die Selbstverständlichkeit von Kindern, den

Assoziationen für Liebe: Verliebtsein und Verwunderung, welche ich für Menschen hege, die es schaffen immer wieder neu anzufangen. Egal wie groß die Katastrophe war und erschütternd das Beben, wie zermürbend das Loslassen und verdunkelt das Leben, es geht eben doch weiter, das Herz macht sogar Sprünge, manchmal die Beine noch dazu, und rot glühen die Wangen im harschen Februarwind. Der mittelkalte 31. Januar, es fängt immer am gleichen Tag an, überrundet meinen Geburtstag und überlebt den Tau nicht. Der Anbruch einer Jahreszeit ist Hoffnung, in den Zwischenwettern liegt der Glaube. Besuche aus Hamburg, ein buntes Auto aus Karton und eine Fahrkarte ins neue Zuhause. Päckchen aus Bottrop mit kleinen Wundern und den schönsten Worten, die mir jemals jemand widmen wollte. Mit dem rechten Zeigefinger über den Rücken eines Buches streicheln, das mich zittrig macht, glasig und abtrennt vom eigenen Lärm. Die Stille, welche ich manchmal auch fürchte, weil im Nichtssagen Missverständnis ruht und, schlimmer noch, sich Verbundenheiten lösen. Den dummen Blick des einen und die skeptische Miene des anderen Katers, die mich beide eindringlich mustern, wenn ich müde lächle, mich verfolgen, mit mir sprechen, unterhalten, weil sie wissen, dass ich einer von ihnen bin. Das Schnurren und der Schlaf und ihre untrennbare Symbiose.

Sauerbraten meiner Mutter, Geldzählen und einen Augenblick davon träumen, was ich mir leisten könnte. Muskelkater vom Tanzen, dem Verlieren in den Bässen, die empfindliche Leichtigkeit bei jeder Bewegung, Gänsehaut, wenn mein Hals geküsst wird, rosafarbenes Badewasser, den Sekt dazu, den Wein daneben und alles, was mich schöner macht. Wirklich gerne durch den Regen gehen, und zwar allein, das Geräusch, welches meine Finger auf der Tastatur hinterlassen, und schlicht die Tatsache, dass ich eine Menge in diesem Text kursiv schreiben konnte. „Ich muss noch eine Kolumne zum Thema ‚Liebe’ verfassen“, erklärte ich einem Fremden, „und mir fällt nichts ein“. „Liebe ist der Rausch des Augenblicks“, entgegnete er zu meiner Überraschung und fragte dann verdutzt: „Bist Du nicht ein bisschen spät dran?“ Ein bisschen spät kann ich von einer Menge Dinge berichten, die ich mit Liebe assoziiere. Es ist mir erschreckender Weise noch nie so schwer gefallen einen Text zu schreiben, und hätte ich heute keine Deadline, würde ich ihn einfach liegen lassen. Vor meinem Fenster spielt das Wetter mit Ambivalenz. Sonne, Dunkelheit und Schnee, dann wieder Sonne, aufgeklartes Firmament und nachher tanz’ ich einen langsamen Walzer unterm Regenbogen… mit mir allein.

Was ich mit Liebe verbinde, ist immer auch Verbitterung und Sprachlosigkeit. Sie hat keinen Zusammenhang für mich, ebenso wie diese Kolumne für euch, entpuppt sie sich nicht als schöne Geschichte, wie ich sie mir wünschte, oder man allgemein auch von ihr erwartet. Ich habe oft gesagt „Ich liebe das“, wenn ich genötigt war „auch Dich“ geschrieben, obwohl ich wusste, dass sie nie zu meiner Verteidigung taugen würde. Schließlich sollte ich mir die Frage stellen, ob die Liebe mich jemals wirklich inspirierte. Vielleicht war es bloß die Suche nach ihr, wohlmöglich nur das Erhaschen einer Illusion. So oder so ist sie mir zu komplex, verliere ich die Energie für jedes Wort. Ich wende mich von ihr ab und sage tonlos „Keine Kraft mehr. Geh!“. Dann klingelt mein Telefon und es wünscht mir schon wieder jemand „Alles Liebe zum Geburtstag!“. „Du wirst mich nicht los“, flüstert sie und hat mir wieder eine SMS geschrieben. Marcel Doganci

Foto: Corinna Kern

LebensEcht

LebensEcht


Der Fächer - für frischen Wind im Studium

Japanologie

本 学 科 LebensEcht

Nichts fur faule Gemuter, Japanisch ist harte Arbeit Japanologie, jap. 日本学科, ist das Studium der Kultur, Geschichte, Gesellschaft, Politik, Wirtschaft und Sprache Japans. Am meisten Zeit und Mühe bereitet dabei die Sprache (siehe rechts: Kanji). Japanisch wird häufig als die schwierigste Sprache der Welt bezeichnet, und sehen wir mal von Klicksprachen und ein paar Indianersprachen ab, trifft dies voll zu. Dabei ist die Aussprache für Deutsche kinderleicht. Japanisch benutzt drei Alphabete, bzw. Schriftsysteme, die Hiragana, Katakana und die Kanji. Die Kanji sind die japanisierte Form der chinesischen Schriftzeichen. Daneben kennt das Japanische 5 Höflichkeitsformen (Du, Sie, Sie (mein Chef), Sie (Dein Chef), Eure Erhabenheit der Kaiser) von denen man zumindest gehört haben muss. Vier davon werden in Köln gelehrt. Je höher die Hierarchiestufe in der Höflich-

!

Wer nicht weiß, ob ihm Japan überhaupt gefällt, liest sich entweder auf Wikipedia alles über Japan durch oder liest den Länderbericht Japan, zu finden in jeder guten Universitätsbibliothek. Das Japan Handbuch von Horst Hammitzsch beantwortet dem fortgeschrittenem Japaninteressierten eine Menge Fragen und wer dann immer noch Lust hat, der sollte wirklich ein Studium der Japanologie in Betracht ziehen. Zum sinnreichen Erlernen der Kanji lohnt sich absolut „Die Kanji Band 1 und 2“ von J.W. Heisig in der mühevollen und durchdachten Übersetzung von Robert Rauther. Die Lernsysteme von Langenscheidt und Co. sind absolute Folter und verlangen eine Frustrationstoleranz.

keitsform, desto höher ist übrigens auch die Durchfallquote in den Klausuren. Japanisch zu lernen ist Fleißarbeit, das Schöne ist dann aber, dass man zuhause stark damit angeben kann. Dafür erschließt sich mit der Kompliziertheit und der, nach deutscher Sichtweise, krassen Unlogik in japanischen Sätzen, das Wesen der japanischen Kultur im Handumdrehen. Wer einmal verstanden hat, dass Japaner verschiedene Zählwörter für alles Mögliche benutzen (Tiere, Menschen, Blumen, Papier, Bücher, etc.), aber dasselbe Zählwort für Torpedos und Bleistifte, lauscht mit seinem Ohr am Puls der japanischen Kultur. Das Studium von jap. Literatur, Religion, Kunst und Kultur steht im Zentrum der Kölner Japanologie, Politik und Wirtschaft sucht man hier vergebens. Das recht kleine Institut arbeitet eng mit dem Ja-

panischen Kulturinstitut (JKI) und dem Ostasiatischen Museum zusammen, vor allem das JKI ist ein Glücksbringer für neugierige Studenten. In den letzten Semestern ist die Zahl der mit einem Stipendium geförderten Austauschstudenten aus Köln auch wieder angestiegen. Wer in Köln aber nicht seinen Interessenschwerpunkt finden kann, für den lohnt sich vielleicht eher ein Studium der Japanologie u.a. in München (Politik), Bonn (Wirtschaft & Gesellschaft), Hamburg (sehr renommiert) oder Wien (alles).

Die Kanji: 漢字 Das japanische Bildungsministerium empfiehlt jedem Studierenden aus dem Ausland die Kenntnis von 1945 dieser Kanji – und da es sich um ein japanisches Ministerium handelt, ist diese Empfehlung als strikte Aufforderung zu verstehen. Die Kanji sind 80% des Lernaufwandes der japanischen Sprache. Ohne sie geht nichts, sie sind die bedeutungstragenden Elemente eines jeden Wortes. Das Japanische hat viele Homophone (Teekesselchen), die sich nur mit Kanji entschlüsseln lassen. Leider ist das Studium der Kanji aber nicht leicht und erfordert unfassbar viel Disziplin oder gute

Drogen. Mit zwei Alphabeten á 46 Zeichen und 1945 Kanji ist man im Grundstudium schon einmal gut beschäftigt. Natürlich müssen nicht alle Kanji binnen vier Semester gelernt werden, in Köln beschränkt man sich auf etwa die Hälfte. Das Erlernen der Kanji ist eine zähe Arbeit, wer ein fotografisches Gedächtnis hat, liegt hier klar im Vorteil. Allerdings empfiehlt es sich nicht die Schriftzeichen einfach auswendig zu lernen, viel eher lohnt sich ein Blick hinter die Geschichte eines jeden einzelnen Zeichens. Die Kanji setzen sich zusammen aus einem losen Verbund von Piktogrammbausteinen,

die sogenannten Radikale. Jedes Radikal hat eine Bedeutung, wie z.B. Sonne, Mond, Dach, Schwein oder Bewegung. So besteht das Kanji für „billig“ aus den Zeichen für Dach über einer Frau, was bedeutet, dass eine Frau im Haus ist (den Rest darf sich jeder selbst zusammenreimen). Dieses Wissen wird an der Japanologie in Köln leider nur spärlich vermittelt; hier setzt man auf stures Auswendiglernen. Allerdings ist Köln hier keine Ausnahme, nur wenige Unis bieten Radikallehre an. Niels Walker

LebensEcht


Portemonnaie

Köln Vintage Schöne Kleidung für wenig Geld, und dann bitte noch einzigartig, stilvoll und direkt um die Ecke zu kaufen. Maximiliane Koschyk testet Second-Hand-Shops in Köln.

Text: Maximiliane Koschyk Kanariengelb - erst dieses Wort machte mir klar, wie alt dieses Kleid eigentlich sein musste, dessen Farbbezeichnung selbst ja lange Zeit ausgestorben war. Auch der Stickerei auf der Vorderseite schien ein Entwurf vorausgegangen zu sein, den ich mit Sicherheit in den Handarbeitsmagazinen meiner Großmutter unter "Folklore selbstgemacht" wieder gefunden hätte. Als Katalogware findet man so ein "kanariengelbes mit folkloristisch anmutenden Stickereien verziertes Kleid aus den Siebzigern" sicherlich nicht ausgezeichnet, der Beschreibung nach würde es auch keiner blind kaufen. Aber das ist das Schöne und auch das Erfolgsrezept eines guten Second-Hand-Ladens: Einen Schatz findet man bestimmt, aber ein bisschen Suche, Geduld und Abenteuerlust gehören dazu. Und so eine echte, abgewetzte und weichgetragene Lederjacke, die ja vielleicht Velvet Underground Sängerin Nico, als sie noch Christa Päffgen war, genau hier in Köln getragen haben könnte, macht den Zauber von Vintage aus. Die komplette Anonymität hat auch noch andere Vorteile: keine familiären Anekdoten, dass jenes Kleid oder Sakko schon getragen wurde, als die Eltern über das kanariengelbe Cover des liebsten Folk-Musikers fachsimpelten. Ebenso keine Abmahnung über die fachgerechte Haltung und Pflege des Erbstücks - zwar hat man für die Lederjacke, das Kleid oder die Schuhe im Laden bezahlt, aber ihre unbekannte Herkunft gibt ihnen einen Hauch von Unverwüstlichkeit. Was aber nicht heißt, dass es sich bei Second-Hand nur um ausgelatschte Schuhe und alte Sakkos handelt. Die kleidsamen Hinterlassenschaften können auch schick, edel und mondän sein. Ähnlich variabel verhält es sich mit der Preisscala: Vintage nennt man solche Kleidungsstücke, die mindestens eine Generation oder Dachbodenlagerung überstanden haben. Second-Hand dagegen kann alles sein, was den Besitzer wechselt und zwangsläufig nicht einmal getragen wurde. So sind manch EttikettFehlkäufe, die des einen Leid waren, nun des anderen neue Kleiderschrankfreude.

LebensEcht

AA in the Eighties Vintage und Second-Hand gibt für alles und jeden und umfassend in Köln. Das kanariengelbe Kleiderphantom war meine erste Kölner Errungenschaft aus dem nur kurzzeitig existierenden American Apparel-Zweigladen "California Vintage". In einem Gedenkeckchen im eigentlichen AA-Geschäft auf der Ehrenstraße führt die Kette heute noch eine kleine Auswahl an den allseits beliebten Flanellhemden, Seidenblüschen und Schulterpolsterjacketts, welche Statisten der Fernsehsendungen aus den Achtzigern mitgingen ließen. Doch ebenso wie bei den allgemeinen AA-Produkten sind die Preise nicht allzu günstig: Unter 30 Euro wird man bei den bereits an die Kollektion angepassten Stücke selten fündig. Ähnliche Kundschaft ködert der breiter sortierte Laden "Vintage&Rage" auf dem Hansaring - schicke Pumps, schrille Paillettenfetzen, sowie für die Jungs alles vom Original Adidas-Anzug bis zur Indianer Jones-Jacke. Leider macht auch hier kein Studentenportemonnaie einen Freudenjauchzer. Vintage Alaaf! Richtig Stöbern und Schnäppchenmachen lässt es sich da viel besser in den vielen kleinen Nischenläden, die in ganz Köln verstreut sind. Sobald man einen entdeckt, lohnt es sich fast immer, auch gleich einen Blick hineinzuwerfen. Manchmal liegt einem das Angebot aber auch nicht, was darin begründet ist, dass sich viele der SecondHand-Läden bereits einseitig spezialisiert haben. Allen voran die Geschäfte für Kinderkleidung und Spielwaren, deren Halbwertszeit aufgrund von Wachstum und Interesse oft gering ist, und die leider auch in der Erstanschaffung für viele StudentInnen mit Kind zu teuer sind. Auch für Abendkleider, Designerstücke und oder einen bestimmten Modestil gibt es mittlerweile eigene SecondHand-Läden. So auch auf der Dürener Straße im Stadtteil Lindenthal, wo sich gleich vier Läden finden lassen. Einer von diesen ist das "La Seconda", welches vor allem elegantere Mode und Designerstücke für Damen führt und dessen reizendes Personal gerne auch beim Kauf eines Blazers fürs

erste Vorstellungsgespräch berät. In den breiter sortierten Läden erstöbert die Klientel dagegen alles vom ausgefallenen Pulli bis zu kaum getragenen Turnschuhen - eine der größten Geschäfte ist „Katta Katta“ mit Filialen in der Großen Brinkgasse und auf der Zülpicher Straße. Hier wird auf Kommission eingekauft, das heißt: Nostalgische Stoffschätzchen vorbeibringen, was brauchbar ist, wird in die Kartei aufgenommen. Nach 2 Monaten kann man wiederkommen und für Verkauftes den vorher bestimmten Preis ausgezahlt bekommen oder nimmt die Ware wieder mit. Ebenso funktioniert’s bei „Klamott & Kaffee“, ein Stückchen weiter auf der Zülpicher Straße, die in der Jecken Zeit auch einen Extra-Fundus alter Kostüme der nicht so anhänglichen Karnevalisten führen. Hier enthüllt der Name die Zweitberufung des Ladens: nach getaner Suche, Anprobe, Kauf oder Verkauf lässt sich das Verdiente noch in eine Tasse fair gehandelten Kaffee und ein Stück leckeren Kuchen wunderbar investieren. Gutes tun und gut aussehen Mit Kleidung zweiter Hand lässt sich nicht nur Geschichte kaufen, Geld sparen oder verdienen, sondern auch gutes tun. Erste und bekannteste Anlaufstellen der Orgien des Kleiderschrankaussortierens sind die beigen Altkleider-Container des Roten Kreuz, dort wandern die Stücke aber direkt in die Hilfsgebiete und enden im Zweifelsfalls als Faserbrei. Wem Kommissionsgeschäfte zu umständlich sind und der Groschen in ein bisschen Humanität besser investiert scheint, der kann seine alten Stücke bei Oxfam oder Humana abgeben - beide Hilfsorganisationen führen in Köln Filialen. Sie nehmen Kleiderspenden - gewaschen und ordentlich gefaltet – entgegen und sortieren vor Ort nach Verkaufs- oder Projekttauglichkeit aus. Ein Teil wird so in benötigte Einrichtungen gebracht, der Rest zum Erlös der Humanitären Hilfe verkauft. In eben jenem Oxfam-Laden habe ich übrigens mein zweites Kölner Vintage-Unikat erstanden: ein Paar flache Damenschuhe, im gleichen Ton der Folklore-Stickerei des Kanarienkleids. So klein ist die Welt der Altkleider.

Foto: www.deviantart.com / chuckandchucky

LebensEcht


Aneta Demerouti

12

LebensEcht

RenĂŠ Becker

LebensEcht

13


Aneta Demerouti

LebensEcht

RenĂŠ Becker

LebensEcht

15


Aneta Demerouti

LebensEcht

RenĂŠ Becker

LebensEcht


Aneta Demerouti

18

LebensEcht

RenĂŠ Becker

LebensEcht

19


Aneta Demerouti

20

LebensEcht

RenĂŠ Becker

LebensEcht

21


Aneta Demerouti

22

LebensEcht

RenĂŠ Becker

LebensEcht

23


FernSicht Foto: Felix Schledde


Interview

Hüseyin Erdem ist 60 Jahre alt und unterrichtet Türkisch an Schulen und der Universität zu Köln. Aufgewachsen in Istanbul, musste der gelernte Jurist aufgrund seiner ethischen Grundsätze nach Deutschland “flüchten”. Er hatte ein sehr bewegtes Leben, war sowohl Pressesprecher der Gruppe 47 um Heinrich Böll, Günter Grass und Wolf Biermann, als auch Autor, Journalist und Radiosprecher. Meins hat ihn nach seinem Leben gefragt und Antworten bekommen. Wie lange unterrichten Sie eigentlich schon Türkisch, und vor allem: Wie lange unterrichten Sie an der Uni Köln?

Schon seit ich Schüler war, habe ich den Kindern von Minderheiten (z.B.: Armeniern, Griechen, Juden) Nachhilfe in Türkisch gegeben. Als Student habe ich an Schulen als Vertretungslehrer gearbeitet. Seit 1980 lebe ich in Köln, seit 1983 unterrichte ich Türkisch und seit 1984 Kurdisch an der Universität zu Köln.

Wie sind Sie darauf gekommen, dass Sie gerne Lehrer werden wollten?

Ich wollte eigentlich gar nicht Lehrer werden, aber die Lebensbedingungen zwingen einen manchmal in einer bestimmten Laufbahn zu arbeiten, obwohl man diese nicht als Ziel hat. Ich habe eine Stelle als Lehrer bekommen und mache seitdem meine Arbeit ordentlich und unterrichte gerne. Es ist manchmal eine schwere Aufgabe, aber mir gegenüber stehen Menschen, die etwas lernen möchten. Ich habe ihnen gegenüber Achtung und Respekt und bemühe mich deshalb gewissenhaft und liebevoll zu unterrichten. Eine weitere Schwierigkeit ist es, dass ich sowohl im Schuldienst als auch an der Universität arbeite was manchmal sehr viel Kraft kostet, da man sich Schülern und Studenten gegenüber fachgerecht verhalten muss.

In Ihrem Seminar hat man immer das Gefühl, dass Sie Ihre Arbeit lieben - stimmt das?

Obwohl ich oft so müde von der Schule in die Universität komme, finde ich in mir sofort eine Motivation und Energie mit meinen Studenten zu arbeiten. Dass Sie dies gemerkt haben ist ein Beweis dafür. Ich mag meinen Beruf, sonst hätte ich schon längst eine kleine Farm an der Mittelmeerküste.

Wie lange leben Sie jetzt schon in Deutschland?

Ich bin seit 1980 in Deutschland und habe hier direkt wieder mit dem Studium angefangen. An der Universität habe ich Studiengänge in Germanistik, Slawistik, Völkerrecht und Allgemeiner Sprachwissenschaft abgeschlossen. Parallel habe ich als Lehrer gearbeitet und für den WDR Radiosendungen gemacht. Des Weiteren habe ich meine Tätigkeit als Journalist und Schriftsteller fortgeführt und zahlreiche Artikel veröffentlicht.

Warum sind Sie damals aus der Türkei hierher gekommen? Gab es besondere Gründe? Wollten Sie nur ein anderes Land sehen oder wurden Sie gezwungen?

Wegen meines Engagements für Menschenrechte und meiner politisch-kulturellen Arbeit habe ich große Veranstaltungen organisiert und durchgeführt. In Zeitschriften und Zeitungen habe ich viele Artikel veröffentlicht. Als 68er war ich in diesen schweren Zeiten der Regierung ein Dorn im Auge. Ich bin verhört und von mir unbekannten Kreisen überfallen und geschlagen worden. Wie einige andere meiner Freunde bin ich ins Ausland gegangen. Ich habe für mich in Köln ein Stück Heimat gefunden und viele Freundinnen und Freunde aus allen Kulturkreisen gewonnen.

Eine dumme Frage: Wo gefällt es Ihnen besser? In Deutschland oder in der Türkei?

Auf die Frage „Welcher Ort gefällt Ihnen am besten?“ kann ich nur so antworten: Wo die Menschen, die ich liebe, sich befinden, gefällt es mir am besten. Ich habe sehr liebe Freundinnen und Freunde in der Türkei, also liebe ich die Türkei. Genauso habe ich aber auch sehr gute Freunde in Deutschland, also liebe ich Deutschland auch. Mittlerweile bin ich deutscher Staatsbürger, was heißt, dass ich hier zu Hause bin und versuche auch hier meine Wurzeln zu schlagen. Genauso kann ich in Griechenland, in Frankreich oder irgendwo in der Welt wo meine Freunde sind, ein Stück Heimat finden.

Was wünschen Sie sich für die deutschtürkische Zukunft in Deutschland und auf internationaler Ebene?

Ich habe mich schon lange als ein Weltbürger gefühlt. Ich wünsche allen Menschen der Welt – egal welcher Religion sie angehören, welche Sprache sie sprechen oder welche Farbe sie haben – ein menschenwürdiges Leben, in dem sie gleichberechtigt und frei sein können. Ich wünsche mir eine gerechte Welt, in der jeder für seine Arbeit gewürdigt wird. Davon ausgehend wünsche ich mir nicht nur für die deutsch-türkische, sondern auch für Beziehung von Deutschland und der Welt eine Entwicklung in diese Richtung.

Als Doktorand zu Hause bleiben oder die Welt erforschen? Interview mit Vesna Müller über ihre Doktorarbeit in Australien. Die 28-jährige Vesna hat in Bonn Volkskunde, Englisch und Kunstgeschichte studiert und promoviert zurzeit an der La Trope University in Melbourne im Fachbereich Anthropologie. Ihre Arbeit schreibt sie kurz gesagt- über die deutschen Einwanderer in Australien. Was war dein Grund, die Doktorarbeit in Melbourne zu schreiben?

Meine ursprüngliche Idee war es, einen „Binationalen“ zu absolvieren, also einen Teil der Arbeit an der Uni Bonn zu verfassen und einen an der La Trope University. Allerdings wäre das Pionierarbeit gewesen, denn es ist noch nie ein derartiger Vertrag zwischen einer deutschen und australischen Uni zustande gekommen. Im Rahmen dieses Vorhabens bin ich an die Uni in Melbourne gekommen und habe dort Feldforschung betrieben. Ich hatte das Glück, dass sich ein Professor an der La Trope für mein Forschungsgebiet interessierte und die Uni mir daraufhin ein Stipendium anbot.

Wie sind die Forschungsbedingungen für Doktoranden an deiner Uni?

Die Arbeitsbedingungen in Melbourne sind toll. Jeder Doktorand hat einen eigenen Arbeitsplatz und Computer im Institut und zwei Betreuer, die einen bei der Arbeit unterstützen. Außerdem gebe ich Tutorien und kann dadurch Lehrerfahrung sammeln. Mein Stipendium ist natürlich auch wichtig, um mein Leben in „down under“ finanzieren zu können.

Gibt es auch Nachteile?

Es ist natürlich ganz schon weit weg zu Hause. Klar vermisse ich Freunde und Familie, aber ich lebe gerne in Melbourne. Schon in der Schulzeit habe ich einen Schüleraustausch nach Australien gemacht. Ein weiterer Nachteil, außer der großen Distanz zu Deutschland, könnte sein, dass ich jetzt nur den australischen Doktor mache und der in Deutschland eventuell nicht anerkannt wird.

Wieso wolltest du nicht sicher gehen, dass dein Doktortitel auch in Deutschland anerkannt wird?

Ich mache den Doktor für mich und weil mich das Thema „Der deutschen Einwanderer zweiter Generation in Melbourne“ so sehr interessiert. Abgesehen von meinem Schüleraustausch in der elften Klasse habe ich mich während meines Studiums in Bonn mit Australien befasst und auch meine Magisterarbeit dort geschrieben. Vor meinem Namen muss später nicht der Doktor stehen, denn ich will später im Museumsbereich arbeiten und nicht an der Uni bleiben.

Was würdest du Uniabsolventen raten, die auch ihre Dissertation im Ausland schreiben möchten?

Wichtig sind vor allem die sehr guten Kenntnisse der jeweiligen Landessprache, wie in meinem Fall Englisch. Ich habe mein Schulenglisch vor allem durch mein Auslandstudium in England erweitert, wo ich ein Jahr als Erasmusstudentin in Sheffield verbracht habe. Außerdem sollte man frühzeitig mit seinen Professoren in Deutschland sprechen, die einen bei dem Projekt unterstützen und auch Kontakte zu Universitäten im Ausland vermitteln können. Ich habe diesbezüglich viele positive Erfahrungen gemacht, auch in Australien bin ich an aufgeschlossene, interessierte Lehrstühle geraten, die mich, wenn sie selbst nichts für mich tun konnten, weitergeleitet haben. So habe ich mich Schritt für Schritt immer näher an mein Thema und dessen Verwirklichung in Form einer Dissertation herangetastet.

Interview geführt von: Kathrin Mohr

Interview geführt von: Simeon Buß

26

FernSicht

FernSicht

27


On the rocky road to Dublin Menschen verehren Berge. Das ist so, das haben sie schon immer getan. In grauer Vorzeit wurden sie aufgrund ihrer gewaltigen Masse und als Quellort vieler Flüsse verehrt. Heutzutage sind wir zwar zu großen Teilen davon abgekommen, Magma spuckenden Bergen unsere schönsten Jungfrauen zu opfern, doch auch wir können uns einer gewissen Faszination nicht entziehen. Mir geht es genauso und wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum ich mich Ende September 2009 am Hang des Croagh Patrick befinde und schnaufend versuche, mich einen Weg hoch zu schleppen, der sich noch nicht entschieden hat, ob er mich durch seine Steigung oder die lebensgefährlichen Massen an Geröll umbringen möchte. Zu diesem Zeitpunkt habe ich bereits eine knapp einmonatige Irlandreise mit Rucksack, Zelt und zwei guten Freunden hinter mir, die uns letztlich auch an den Fuß des Croagh Patrick im malerischen County Mayo geführt hat. Die Grafschaft an der westirischen Küste hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich: Früher ein bettelarmer Landstrich stachen von hier die so genannten Coffin Ships in See; morsche Kähne, auf denen unzählige Familien vor der Großen Hungersnot Mitte des 19. Jahrhunderts in die USA flüchteten. Wahrscheinlich war der heilige Berg das letzte, was sie von ihrer Heimat sahen, bevor die Fahrt über einen schier endlosen Ozean in ein unbekanntes Land begann. Lange Zeit blieben ganze Landstriche aufgrund dieser Flüchtlingswellen entvölkert (Irlands Bevölkerung hat sich bis heute nicht komplett von diesem bereits 150 Jahre zurück liegenden Desaster erholt, doch wird dieser Verlust inzwischen durch ganze Heerscharen von Touristen und Pilgern ausgeglichen, die jeden Sommer in das beschauliche Örtchen Murrisk reisen, um den heiligsten Berg Irlands zu besteigen).

28

FernSicht

Wie gesagt: Ich bin einer von ihnen. Einen heiligen Berg besteigen erschien mir an seinem Fuß als eine ziemlich gute Idee. Doch während gerade ein älterer Herr routiniert und freundlich grüßend vorbeizieht, kommen mir tatsächlich ein paar Zweifel sowohl an meinem Einfall als auch an meiner Fitness. Dass der Senior bei seiner Bergbesteigung Straßenschuhe trägt, die meine Wanderstiefel anscheinend um Längen schlagen, trägt auch nicht gerade zu meiner Erbauung bei. Aber aufgeben will ich natürlich nicht, denn es geht eindeutig auch noch härter. Mein Reiseführer behauptet nämlich, und einheimische Iren bestätigen es, dass jeden Sommer unzählige Pilger diese steile Schotterpiste barfüßig erklimmen, um die Taten des heiligen Patrick zu ehren. Der irische Nationalheilige soll auf genau jenem Berg vierzig Tage und Nächte verbracht haben, nachdem er alle Schlangen von der Insel vertrieb, indem er eine Glocke vom Hang des Berges herunter warf. Ich bin ihm für diese Tat durchaus dankbar, denn ein Tag muss nicht unbedingt mit einer Schlange im Zelt beginnen, aber dennoch bezweifele ich den Sinn eines Aufstiegs ohne Schuhe. Aber vielleicht bin ich ja auch einfach nur neidisch auf die hart gesottenen Barfüßigen und den alten Herrn in den Straßenschuhen. Ich weiß nur, dass mir so langsam die Puste ausgeht. Gut, dass es meinen beiden Freunden genauso geht, denn geteiltes Leid ist ja bekanntlich halbes Leid. Zusammen bringen wir die 764 Meter irgendwie ohne Zwischenlager hinter uns (ja, der Kilimandscharo ist ein paar Meter höher, aber Bergbesteigung ist Bergbesteigung). Und jetzt erleben wir das, was meistens auf einen Prozess harter Arbeit folgt: Volle Zufriedenheit und das Wissen, dass sich die Mühe gelohnt hat. 764 Meter sind nicht hoch, aber sie reichen vollkommen aus, um ein Land zu überblicken und den ganzen Weg der letzten Tage und Wochen vor sich ausgebreitet zu sehen. Könnte es einen besseren Abschluss für eine Reise geben?

Es ist kalt und der stürmische Wind, der an den Jacken reißt macht es nicht besser, doch der fantastische Ausblick entlohnt für so manches. Von Dublin aus hat uns unsere Reise durch die Wicklow Mountains zunächst nach Süden geführt. Eine Woche abenteuerlicher Marsch durch Berge, Wälder und jede Menge Farn. Ernsthaft, ich habe keine Ahnung, warum das Kleeblatt Irlands Wahrzeichen ist, der Farn hätte es auch getan. Aber wahrscheinlich bringt er auch mit vier Blättern kein Glück. Zumindest nicht uns, denn sonst hätten wir wahrscheinlich in den Bergen nicht den schlechtesten irischen Sommer seit 250 Jahren miterlebt. Seitdem weiß ich, was nass wirklich bedeutet. Immerhin wurde das Wetter nach einer Bustour quer durch Irland (mit Stopp in Kilkenny) an der Westküste besser. Das war auch absolut notwendig, denn den kleinen Ort Lahinch muss man bei Sonne betrachten. Wenn es so etwas wie das irische Kalifornien gibt, dann ist es hier. Keine Spur von britischem Wetter, britischer Mentalität und dem Klischee von britischem Essen. Hier gibt es Palmen (dem Golfstrom sei dank), Surfer und wirklich gute Fischrestaurants deren Essen nur noch vom Meerblick übertroffen wird. Eigentlich wollten wir uns hier nur einen Nachmittag aufhalten, es sind zwei Tage geworden. Direkt um die Ecke liegt dann auch eine der Attraktionen der Grünen Insel: Die Klippen von Moher sind tagsüber ein Touristenmagnet sondergleichen. Deshalb sollte man erst am Abend hierher kommen, wenn die Dauerschleife aus Bussen versiegt ist und die Sonne im Atlantik untergeht. Hohe Klippen und ein roter Feuerball der in einem Ozean versinkt, der erst in New York wieder auf Land trifft – selbst mit einer Handykamera könnte ich hier Profifotograf werden. Danach geht es Richtung Norden, quer durch die Connemara, einen Landstrich, der direkt aus dem „Herrn der Ringe“ übernommen worden sein könnte. Eine beeindruckende Reise liegt hinter uns, als wir dort auf dem Gipfel des Croagh Patrick stehen und versuchen unsere Kapuzen im Wind festzuhalten.

Im Schutz der kleinen weißen Gipfelkapelle, direkt neben der unscheinbaren Gedenkstätte des heiligen Patrick, zelebrieren wir unser persönliches Gipfelfest mit einer Runde Schokoriegel. Schade, dass ich keine To-Do-Liste führe, ansonsten hätte ich nun einen weiteren Punkt abhaken können. Ich glaube, dass die Besteigung dieses Berges auf gute Weise den gesamten Charakter einer Tour mit Zelt und Rucksack zusammenfasst. Sich zu Fuß, mit dem Bus oder per Trampen durch ein Land zu bewegen ist kein Erholungsurlaub, doch gerade das ist das Schöne daran. Man weiß, dass es die Anstrengungen wert sind, denn ganz bestimmt wird man immer wieder dafür entlohnt, dass man sich die letzten Stunden durch Regen, Wind und protestierende Schafsherden gekämpft hat. Das lässt einen schnell seinen Frust vergessen und den Moment genießen. Denn eines ist klar: Man hat ein Land nicht wirklich kennen gelernt, solange man nie vor einem umgeworfenen Wegweiser gestanden

hat, um festzustellen, dass man die letzten drei Kilometer in die falsche Richtung gelaufen ist. Ein Land lässt sich nicht durch die Fensterscheibe eines Busses erkunden und auch nicht durch das Pay-TV im Hotelzimmer. Man muss die Menschen kennen lernen. Und gerade in Irland sollte man deren Bekanntschaft unbedingt einmal machen. Keine Angst vor Berührungsängsten, sie lassen einen sogar sein Zelt in ihrem Vorgarten aufschlagen. Wer also einmal mehr in seinem Urlaub erleben möchte als Buffetschlachten und das Kinderanimationsprogramm sollte nach Wanderschuhen und wasserfester Jacke greifen und den Abenteurer in sich entdecken. Es ist eine große Umstellung, aber man lernt auch etwas über sich selbst. Ich habe immer geahnt, dass ich ein verwöhnter Großstädter bin, doch seitdem ich zum ersten Mal auf einer Dorfwiese mein Handy auf der Suche nach Empfang

in die Luft gereckt und dabei über Dörfer, dämliche blökende Schafe und die Welt im Allgemeinen geschimpft habe, weiß ich es. Aber am Ende sind es ja doch nur die positiven Erinnerungen, die bleiben. Und damit die nicht auch komplett verblassen ist eines ganz wichtig: Reisetagebuch führen. So eine Reise kann wirklich viele Seiten füllen, auch wenn sie nur einen Monat dauert. Am Ende hat man das Gefühl etwas geschafft und sich etwas bewiesen zu haben: Es geht auch (fast) ohne Herd, Internet und Auto. Mit seinen vierzig Fastentagen auf dem Gipfel eines Berges hat mich der heilige Patrick zwar noch immer übertrumpft und ich habe auch nur ein paar Schnecken aus meinem Zelt vertrieben. Aber das Erlebte reicht, um hier noch etliche Seiten mit allerlei Anekdoten zu füllen. Und schließlich will ich in fünfzig Jahren meinen Zivi ja mit Geschichten nerven. Text und Foto: Felix Schledde

FernSicht

29


ErkenntnisReich Foto: Corinna Kern


Transitionstagebuch, 2 Karsten ist sauer. Sein Therapeut hat ihn völlig vor den Kopf gestoßen. Dem Therapeuten ist Karsten im Auftritt nicht männlich genug. „Wie denn auch, ich stecke ja noch in einem Frauenkörper!“

Aber warum eigentlich ein Therapeut? Wenn Karsten wirklich seinen Körper verändern möchte, geht das in Deutschland nicht ohne ein Gutachten eines Therapeuten, dieses Gutachten nennt man dann eine Indikation. Der Therapeut soll feststellen, dass Karsten nicht schizophren ist oder eine andere Störung hat, sondern transsexuell ist. Früher wäre der Wunsch das Geschlecht zu ändern als Störung eingestuft worden, aber wir leben im 21ten Jahrhundert. Karsten muss nicht befürchten verfolgt oder in eine Psychiatrie gesteckt zu werden. Er muss nur seinem Therapeuten klar machen, dass er eigentlich ein Mann ist. Dennoch schwebt ein gewissen Unbehagen in ihm. Es ist dieser Therapeut. Dabei geht es ihm vor allem um das Machtverhältnis, das zwischen dem Therapeuten und ihm besteht. Was ist, wenn der Therapeut einfach einen schlechten Tag hat? Wenn der Therapeut andere Vorstellungen von Männlichkeit hat als Karsten und ihm die Indikation verweigert. Wie man Männlichkeit definiert weiß unsere Gesellschaft selber nicht mehr so genau. Wenn die geschlechtlichen Merkmale mal nicht als männlichkeitsstiftendes Mittel herangezogen werden dürfen, wird einem schnell klar, wie schwammig der Begriff der Männlichkeit doch gerade ist. Hosen sind seit der weiblichen Emanzipation nicht mehr ausschließlich männlich. Hosenanzüge erst recht nicht. Kurze Haare auch nicht. Was weiblich ist weiß unsere Gesellschaft noch recht gut. Ist Männlichkeit dann im hermeneutischen Zirkel der Gegensatz zur Weiblichkeit? Wenn es Frauen aber in einer Gesellschaft ohne Widerspruch gestattet

32

ErkenntnisReich

ist in „Männerklamotten“ herumzulaufen, wie soll Karsten sich dann nach außen als betont männlich geben? Hosen trägt Karsten, dazu einen angedeuteten Iro mit schwarz gefärbten Haare wie man sie auf jeder Gothicparty sieht, bei Männern und bei Frauen – ok, die Frisur ist unisex, zumindest in der Gothicszene, in der Karsten sich bewegt. Karstens Therapeut aber hat das nicht gereicht. Er würde nicht männlich genug auftreten, sagte ihm dieser immer wieder. Karsten steckt in einem Dilemma. Seine Stimme ist noch unüberhörbar weiblich, das wird sich erst mit Beginn der Hormonbehandlung ändern. Um diese beginnen zu können braucht Karsten aber die Hilfe des Therapeuten – die Indikation.

Irgendwo zwischen Gruftisein, Gothic und dem Drang sein körperliches Geschlecht dem eigenen Selbstempfinden anzupassen steht Karsten. Das alles ist aber für den Therapeuten zu viel.

Das Problem verstärkt sich noch durch den Wandel der Gesellschaft: Wie soll er männlich wirken, wenn Kleidung für Männer, Parfum für Männer, ja sogar Duschgel für Männer auch von Frauen verwendet werden kann, ohne dass ein Passant heute noch sagen würde: „Oh, diese Dame duftet nach einem Männerparfum, dann ist sie ja ein Mann!“?

Niels Walker

Kurzhaarschnitt und Jeanshosen, sieht so ein Transsexueller Mann aus? Nach Meinung des Therapeuten schon. „Oder sieht so nicht eher eine Klischeelesbe aus?“ ,fragt Karsten. Der Bereich, in dem ein transsexueller Mann als solcher gedeutet wird, ist winzig wenn man alle sexuellen Entfaltungen und Rollenbilder berücksichtigen möchte. Oder sind es nicht doch alles Klischees und die Wahrheit liegt irgendwo in einem fließenden Übergang dazwischen? Für Karsten gibt es keine klaren Grenzen zwischen den Sexualitäten. Für seinen Therapeuten aber schon. Muss Karsten nun seiner eigenen Überzeugung oder der des Therapeuten Rechnung tragen, um die Indikation zu bekommen? Um die Sache noch ein wenig komplizierter zu machen, orientiert sich Karsten nicht an der sagenumwobenen durschnittlichen Heterosexuellen Gesellschaft der CIS, sondern irgendwo in der Gothicszene.

Wenn nun also der Therapeut konservative Werte von Männlichkeit von Karsten fordert, die er ihm aber nicht liefern kann und will, weil er seine eigenen Männlichkeit nicht für die Schublade des Therapeuten zurechtstutzen möchte, bleibt ihm nur noch die Flucht nach vorn: Er hat dem Therapeuten abgesagt und geht nun zu einer neuen Therapeutin. Karsten hofft, dass diese ihn versteht: Transsexuell und Gothic, ohne Kurzhaarschnitt. Anfang März ist der erste Termin bei der neuen Therapeutin.

Der Barbarastollen der Uni Köln Ein paar Stufen in die dunkle Unterwelt der Uni Köln… Zwar macht die Uni Köln kein Staatsgeheimnis daraus, spricht aber besonders in Zeiten von Studiengebühren lieber über die neuen Bücheranschaffungen, als alte Leichen aus dem Keller zu holen. So wissen von dem kleinen Bergwerkstollen unter dem Hauptgebäude der Uni ungefähr so viele Menschen wie in DDR-Zeiten die Leute von dem eher weniger kollektiv genutzten Weinkeller Erich Honeckers. Der Barbarastollen ist ein nach der Schutzpatronin der Bergleute benanntes, ca. 40 Meter langes Schaubergwerk. Es stellt aber zum Glück keinen dunklen

Schatten in der Geschichte der Universität Köln dar. Hier sind keine Arbeiterlungen verstaubt, sondern das Bergwerk selbst. Jahrzehntelang lag es hinter verschlossenen Riegeln. Der Barbarastollen wurde 1932 von dem Essener Maler und Graphiker Kurt Holl als Teil des Museums für Handel und Industrie errichtet. Doch obwohl das Bergwerk tatsächlich eine bergrechtliche Genehmigung erhielt, beschränkte man sich darauf, die Bohrvorgänge und -geräte in den Wänden lediglich zu simulieren, da der Stollen den damaligen Studenten vorrangig als Anschauungsobjekt für die Bergwerktechnik und vor allem für die physischen Leistungen und Risiken eines

Bergwerkarbeiters dienen sollte. Nachdem der Barbarastollen in den Jahren des 2. Weltkriegs schließlich in Vergessenheit geriet, stieß man erst in den 1980er Jahren während Bauarbeiten auf seinen Zugang und restaurierte das Bergwerk, um es erneut in den universitären Forschungsbetrieb aufzunehmen.

…und die Erforschung der nicht viel strahlenderen Realität Heute gehört der Barbarastollen als fester Bestandteil zum Forschungsinventar des Instituts für Arbeitsmedizin der Uni Köln, wo unter der Leitung von Prof. Dr. Thomas Erren der Fokus auf der

Therapeutensuche Mit welchem Problem auch immer man sich an einen Therapeuten wenden möchte, das erste Problem ist meist, dass nur schwer herauszufinden ist, welcher Therapeut zu einem passt. Anders als bei Ärzten, entscheidet hier nicht der sichere Umgang mit Skalpell, sondern vor allem die Zwischenmenschlichkeit. Nur selten kann man in seinem Bekanntenkreis nach einem guten Therapeuten fragen, dazu kommen noch die vielen Spezialisierungen, die es wie bei Ärzten auch bei Therapeuten gibt. Hier helfen zur Orientierung Beratungsstellen und –telefone, wie in Köln das Rubicon. Wenn ein Therapeut gefunden und die erste Sitzung vorüber ist, hat man in Deutschland das Recht, den Therapeuten wegen Nichtgefallens zu wechseln. Zu jedem Therapeuten bezahlen alle Kassen ohne Murren stets die ersten fünf Sitzungen – soviel Zeit wird einem eingestanden um den Therapeuten kennenzulernen. Wird der Therapeut gewechselt hat man wieder fünf Sitzungen zum kennenlernen – und so geht es weiter bis man einen Therapeuten findet, bei dem man sich gut aufgehoben fühlt. Foto: Corinna Kern

ErkenntnisReich

33


Foto: Corinna Kern

Untersuchung gesundheitlicher Folgen von Arbeitsbedingungen liegt. Nachdem in den 1950er Jahren in der Wissenschaft die Debatte über nature vs. nurture – also die Frage danach, ob Gene oder Umwelt mehr Einfluss auf den Menschen haben – eröffnet wurde, gelang man speziell in der Krebsforschung anhand empirischer Untersuchungen zu einem bedeutenden Schluss: Bei nur knapp 1/3 der Fälle spielen genetische Faktoren eine Rolle, die Umwelt hingegen wirkt mit einem Anteil von bis zu 90% maßgeblich auf die Entstehung von Krebserkrankungen ein. An diesem Punkt setzen die Forscher des Instituts für Arbeitsmedizin an und nutzen die Einrichtungen des Barbarastollens zur ergänzenden Veranschaulichung ihrer Präventionsforschungen im Rahmen der Bergarbeit. So kann man, während man durch den Stollen läuft, die Tatsache, dass viele Bergwerkarbeiter bereits im mittleren Alter verstarben, mit dem bloßen

34

ErkenntnisReich

Auge und ganz ohne große medizinische Ausführungen nachvollziehen. So waren die deutschen Bergwerkarbeiter zu Anfang des 20. Jh. der altbekannten Hitze ausgesetzt. Wie Prof. Erren erklärt, resultierte diese „aus der Maschinen- und Erdkernhitze und stellte, multipliziert durch die innere Körperhitze der Arbeiter, einen enormen Belastungsfaktor für Organe und Kreislauf dar“. Ein kiloschwerer Presslufthammer, welcher zum Rohstoffabbau senkrecht in der Bohrwand angesetzt wurde, zeigt den enormen Kraftaufwand für Muskulatur und Anatomie der Arbeiter: Viele litten an schweren orthopädischen Spätschäden. In diesem Zusammenhang erklärt Prof. Erren auch, dass die Kölner Heinzelmännchen nicht bloß kleine putzige Hauswichtel sind. In Form ihrer physiognomischen Kombination von kindlichen Körpern und greisenhaften Gesichtern verkörpern sie vor allem auch eine traurige Allegorie auf die

Kinderarbeit in den deutschen Bergwerken. Als weiteren Risikofaktor nennt Prof. Erren die hohe Staubentwicklung, welche in fast allen Fällen zu der so genannten Staublunge führt. So bildet vor allem die Inhalation von Asbest-, Arsen- und Quarzstaub ein erst nach Jahrzehnten sichtbares, jedoch dann nicht mehr zu beseitigendes Fundament für Lungenkrebs. Hier hingegen hat man seit 1955 ein neues Feuchtbohrverfahren eingeführt, anhand dessen der Staub gebunden wird.

Nicht nur Körper, sondern auch Geist Doch neben den zahlreichen gesundheitlichen Belastungen betont Prof. Erren auch den immensen psychischen Druck, dem die Bergarbeiter ausgesetzt waren: „Die Arbeit „unter Tage“ musste stets unter Einhaltung strengster und genauester Sicherheitsvorkehrungen stattfinden.“ So

musste bspw. vor jeder Sprengung eine ausführliche Lüftung erfolgen, um Metanund Fäulungsgase entfliehen zu lassen. Geringste Mengen dieser Gase führen bei einer Sprengung schon zu Explosionen. „In Anbetracht dieser Umstände“, beschreibt Prof. Erren, „waren ausgebildete Bergbauarbeiter neben ihrer physischen Kapazität vor allem auch wegen ihrer sozialen Fähigkeiten für den Bergbau unentbehrlich – mehr als kaum woanders musste man sich dort aufeinander verlassen können, da ein einzelner Fehler eine Gefahr für alle dargestellt hätte.“ Etwas, was bei den Stahlvorrichtungen zur Absicherung nicht der Fall war. Im Sinne des Bergarbeiterspruchs „Bergwerk will haben Verstand und getreue Hand!“ vertrauten die Bergarbeiter eher auf Holz als auf Stahl, da letzterer nicht wie Holz bei Überbelastung anfängt zu knacken und so Warnzeichen gibt, sondern plötzlich und unvorhersehbar einstürzt. Doch was den Bergarbeitern neben all der physischen und psychischen Belastung wohl am meisten zu schaffen gemacht hat, war die geringe Anerkennung ihrer Arbeit und die Vernachlässigung durch Vorgesetzte, oder wie es ein anderes Bergmannslied betont: „Kein Ding hat Bergwerk mehr zu Fall gebracht, als dass man Bergleute unlustig macht.“ Vera Hölscher

Foto: Corinna Kern

ErkenntnisReich

35


Fehlerfreie Auf ITder Suche nach dem Optimum Wir leben in einer hochtechnisierten Welt und verlassen uns in nahezu allen Lebensbereichen auf softwaregesteuerte Systeme oder Geräte. Doch was geschieht, wenn diese plötzlich ihren Dienst versagen? Ein junger Mann steht an der Kasse des Supermarkts. Während die Kassiererin seine EC-Karte in den Schlitz des kleinen Terminals einführt, das bargeldloses Bezahlen möglich macht, packt er noch einen Salatkopf oben in den mit Einkäufen prall gefüllten Rucksack. Als er wieder aufblickt, streckt ihm die Kassiererin die Karte aus Plastik entgegen. „Ist nicht gültig“, sagt sie tadelnd. „Haben Sie denn kein Bargeld dabei?“ Solche und ähnliche Situationen spielten sich in den ersten Tagen des Jahres 2010 vielleicht tausendfach an Kassen und an Geldautomaten ab. Aufgrund eines Softwarefehlers auf bestimmten Chips von bis zu 3 Mio. EC- und Kreditkarten verschiedener Finanzinstitute konnte die Jahreszahl 2010 nicht verarbeitet werden. Das verursachte einen Transaktionsabbruch, wenn Kunden mit den betroffenen Karten versuchten, bargeldlos an sogenannten POS-Terminals (Point of Sale) zu bezahlen oder Geld am Bankautomaten abzuheben. Softwaregestützte Systeme sorgen auch da für einen zumeist reibungslosen Ablauf alltäglicher Vorgänge, wo sie von Menschen, die nicht gerade ein Informatikstudium absolviert haben, kaum vermutet werden. Das betrifft neben dem Zahlungsverkehr nicht nur den heimischen PC, das Internet, Mobiltelefone und MP3-Player. Stattdessen kommt von Menschen programmierte Software zur Steuerung elektronischer Geräte wie Rasierapparate, aber auch in Fahrstühlen, Verkehrsleitsystemen, Autos oder Flugzeugen zum Einsatz.

Fehlbarkeit ist menschlich So enthält ein PKW eine Vielzahl an Geräten und kleinen Rechnern, welche etwa die Airbagund Bremssysteme steuern und automatisch in die Fahrdynamik eingreifen können, um beispielsweise die Räder abzubremsen sowie die Drehzahl des Motors zu senken oder zu erhöhen. Von der plan- und ordnungsgemäßen Funktionsweise solcher Software hängen also nicht nur der tägliche Einkauf und eine glatte Rasur ab, sondern auch die Sicherheit der Fahrzeuginsassen. Dennoch kommt es auch bei solchen Systemen zu Fehlern, wie sich zuletzt Anfang Februar im großen Stil zeigte, als der weltweit größte Autobauer Toyota eine Rückrufaktion für sein Modell „Prius“ einleitete, von der laut Medienberichten zunächst rund 437.000 Fahrzeuge betroffen waren. Der Grund für den Rückruf lag in einer fehlerhaften Software des ABSSystems (Antiblockiersystems), die auf unebenen Straßen oder bei Schlaglöchern zu einem kurzzeitigen Versagen der Bremsen führen konnte.

Mehr Informationen zu den Forschungsprojekten der Saarbrücker Informatik gibt es im Internet unter: www.avacs.org www.verisoft.de

36

ErkenntnisReich

Der Airbus 380 ist das derzeitig größte zivile Verkehrsflugzeug, das in Serienfertigung produziert wird. Es ist mit einer automatischen Schubkontrolle ausgestattet, die direkt in die Triebwerkselektronik eingreift.

Nun ist Fehlbarkeit unbestritten eine menschliche Eigenschaft. Da darf es nicht verwundern, wenn auch Softwareentwicklern beim Programmieren eines Quellcodes Fehler unterlaufen, die für die genanten Probleme verantwortlich sind. – Auch in sicherheitskritischen Systemen, von deren einwandfreiem Funktionieren Menschenleben abhängen.

Verified in Germany Forscher sind allerdings der Ansicht, dass solche Fehler doch nicht unvermeidbar sind. So behauptet die Informatik der Universität des Saarlandes, sie könne zeigen, wie garantiert fehlerfreie funktionierende Software entwickelt wird und zeigt dies in verschiedenen Forschungsprojekten und der Lehre. Eines dieser Forschungsprojekte ist der durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Sonderforschungsbereich „AVACS“, an dem neben Saarbrücken auch die Universitäten in Oldenburg und Freiburg sowie das Max-Planck.Institut für Informatik beteiligt sind. Darin bemühen sich Forscher darum, Methoden zur Vorhersage der Verlässlichkeit komplexer Systeme wie etwa der Schubkraftsteuerung im Airbus 380 zu geben. Im Mittelpunkt des Forschungsinteresses steht die automatische Fehlerdiagnose von Steuerungssystemen in Verkehrsmitteln, deren Sicherheit mit mathematischen Methoden nachgewiesen werden soll. Das zweite Projekt firmiert unter der Bezeichnung „Verisoft XT“, das seit 2007 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit rund zwölf Mio. Euro über drei Jahre finanziert wird. Im Rahmen des Vorgängerprojekts „Verisoft“ seien bereits seit dem Jahr 2001 Methoden zur formalen Verifikation komplexer Computersysteme entwickelt worden, mittels derer bewiesen werden könne, dass Computersysteme ihre mathematisch exakten Vorgaben konkret erfüllten. Nun machen sich die Forscher darum verdient, ein Qualitätssiegel mit der Bezeichnung „Verified in Germany“ zu entwickeln und die im ersten Projekt entwickelte Methode auf existierende Industrieprojekte anzuwenden. Für diese solle der mathematische und maschinell überprüfte Beweis erbracht werden, dass die betrachteten Computersysteme im Entwurf Null Fehler enthalten. Das sind ehrgeizige Ziele, zumal die computergestützten Verifikationswerkzeuge, die menschliche Fehler bei der Programmierung ausschließen sollen, wiederum auf von Menschen erdachten Systemen beruhen. Nichtsdestotrotz soll den Forschungen Erfolg gewünscht werden. Schließlich sorgt menschliches Fehlverhalten im Verkehr schon an ganz anderer Stelle für Probleme, auf die gut zu verzichten ist.

Thomas Heinen

ABS Das ABS ist ein System, das in erster Linie die Fahrsicherheit beim Bremsen erhöht. Dabei wird bei einer Bremsung der Bremsdruck auf die Räder automatisch vermindert, um deren Blockieren zu

verhindern. Das kann lebensrettend sein, denn blockierte Räder, die sich nicht mehr drehen, lassen sich kaum mehr lenken und brechen aus der Spur.

ErkenntnisReich

37


Softwarefehler kosten Leib und Leben Interview mit Prof. Dr.-Ing. Holger Hermanns, Arbeitsgruppe für Verlässliche Systeme und Software an der Universität des Saarlands. von Thomas Heinen

Herr Professor Hermanns, was verstehen Sie unter 'Softwarefehlern'?

Bei Softwarefehlern kann man zunächst zwischen Schreibfehlern, Denkfehlern und vor allem Missverständnissen unterscheiden. Da Programme einfach aus Buchstaben und Zeichen bestehen, treten Schreibfehler häufig auf. Sie werden aber auch leicht erkannt, zumeist direkt von der Programmierumgebung. Ein berüchtigter Schreibfehler ist etwa der, bei dem die '1', also die Zahl Eins, mit 'l', also dem kleinen Buchstaben L, verwechselt wird. Das allein kann schon katastrophale Folgen haben.

Welche Gründe kann es für Softwarefehler geben?

In der Praxis stellen wohl Missverständnisse das wesentliche Problem dar. Sie entstehen, wenn sich viele Programmierer, die an einem großen Projekt beteiligt sind, nicht gut genug abstimmen. Das ist ein großes Problem, da das Schreiben großer und kleiner Programme heutzutage auf mehrere Schultern und sogar auf mehrere Kontinente verteilt wird. Hinzu kommt der Zeitdruck und oft auch mäßig ausgebildetes und überlastetes Personal, das die Programmteile im letzten Moment zusammenstöpseln muss.

In den Forschungsprojekten AVACS und Verisoft XT werden Verfahren entwickelt, die Softwarefehler verhindern sollen. Welchen Ansatz verfolgen Sie dabei?

In beiden Projekte geht es darum, die Korrektheit komplizierter Programme zu beweisen. Verisoft XT hat sich zum Ziel gesetzt hat, in der Forschung bereits etablierte Techniken im großen Stil auf aktuelle, große Softwareprodukte anzusetzen wie etwa den Hypervisor von Microsoft. AVACS hingegen ist ein Sonderforschungsbereich der DFG und daher an grundlegenden Fortschritten interessiert. Ich bin dort beteiligt und wir entwickeln zum Beispiel Methoden, die das softwaregesteuerte Bremsen eines Konvois von ICE-Zügen selbst in Grenzsituationen sicher macht. Unsere Forschungsergebnisse haben dabei großen Einfluss auf die europäische Entwicklung in diesem Bereich.

In welchen Bereichen rufen Softwarefehler die größten Schäden hervor?

Dort wo Leib und Leben bedroht sind, zum Beispiel im Personentransport oder bei der Steuerung von chemischen Fabriken, ist das Risiko natürlich am höchsten. Allerdings ist man sich in diesen Bereichen der Problematik bewusst und arbeitet mit deutlich besseren Methoden als zum Beispiel beim Steuerungsprogramm für einen Rasierapparat. Gefolgt vom Schienenverkehr und der Automobilindustrie ist die Flugzeugindustrie hier mit Abstand am weitesten. Es gelten äußerst strenge Standards, wo es um die Sicherheit der Passagiere geht und ein kleiner Softwarefehler gleich hunderte von Menschen das Leben kosten kann. Damit die Computersysteme in Flugzeugen und Zügen mit ihren Tausenden von Mini-Prozessoren garantiert fehlerfrei funktionieren, wird viel Geld investiert.. Die dafür notwendigen Verfahren werden in vielen Facetten an der Universität des Saarlandes und den Informatik-Forschungsinstituten auf dem Campus erforscht. Dabei geht es zum

38

ErkenntnisReich

Beispiel um äußerst komplexe Anwendungen wie etwa die Steuerung des Riesenflugzeugs Airbus A 380. Der Hersteller Airbus muss eine Garantie dafür abgeben, dass die Steuerung unter allen Umständen rechtzeitig und richtig reagiert. Die dafür eingesetzten Methoden sind natürlich sehr aufwendig und konzentrieren sich auf die Problematik, rechtzeitig reagieren zu können. Sie sind weltweit einzigartig. Wie werden Ihre Erkenntnisse für die Praxis nutzbar gemacht?

Software spielt heute überall eine Rolle, ob im Kühlschrank, im Auto oder beim Zahnarzt. Deshalb ist es wichtig, in die Ausbildung zu investieren und eine Basis dafür zu schaffen, die gesellschaftlichen Folgen schlechter Software zu begrenzen. Auch arbeiten Saarbrücker Kollegen von mir an der Unterstützung des Programmierers bei der Suche nach Ursachen für Softwarefehler, die so weit geht, dass Vorschläge gemacht werden, wie und wo das Programm zu reparieren ist. Das ist extrem innovativ und gleichzeitig auch für den alltäglichen Programmierer einsetzbar.

Welche Möglichkeit haben Studenten, um an Ihren Forschungen teilzunehmen?

Die Saarbrücker Informatik hat das Problem schon früh als Herausforderung erkannt. Informatikstudenten lernen hier schon im ersten Semester, wie fehlerfreie Softwaresysteme aufgebaut sein müssen. Deutschlandweit einzigartig ist, dass sie bereits in den ersten Pflichtvorlesungen die Korrektheit ihrer Programme beweisen müssen. Die Verpflichtung, Software von hoher Qualität abzuliefern, zieht sich durch das ganze Studium und wird auf vielfache Weise unterstützt und vertieft.

„Es ist wichtig, in die Ausbildung zu investieren, um die Folgen schlechter Software zu begrenzen“

ErkenntnisReich

39


ZeitGeist Foto: Niels Walker


Das Beste der Stadt:

Als audiophiler Connoisseur popkultureller Artefakte, Maulwurf im feuchten, fruchtbaren Erdreich der Musikgeschichte - im Volksmund auch: Vinyljunkie - blieb mir in Köln ob mieser Ausbeute an wahren Perlen, unfreundlichem Service und völlig überteuerten Preisen bisher nur eines: Frustration. Resultat: skrupellose Ebay Verticker bereicherten sich an meiner Sucht, ich hatte oft genug den Ärger. Topzustand, keine Kratzer. Stimmt, die Tiefseegräben auf der B-Seite hier als Kratzer zu betiteln wäre auch echt ein Euphemismus. Aber vermutlich ist während der Auslieferung einer mit dem Pflug drübergefahren. Beim Einpacken war sie jedenfalls noch semijungfräulich... Doch all das hat nun ein Ende und das dem so ist, ist ein einziger glorreicher Beweis dafür, das es Wunder eben doch immer wieder gibt. Seit Jahren lauf ich an dem Laden vorbei, seh‘ das Banner "LP Ver- und Ankauf" und denke mir: "Nee, lass ma, das kann nix sein.". Unwissend,

Infokasten Nunk-Musik Richard-Wagner-Str. 38 50674 Köln

ZeitGeist

Nunk-Musik dass sich von allen Hinterhöfen Kölns ausgerechnet in diesem etwas befindet, das meiner Idealvorstellung von einem Plattenladen eigentlich schon fast unverschämt nahe kommt. Ein kleines Shangri- La inmitten der Wüste des schlechten Geschmacks, eine analoges Heiligtum inmitten digitaler Profanität. Zwei Räume, höhlenartig, Schummerlicht. Bis unter die Decke leicht chaotisch vollgestopft mit schwarzem Gold und ausrangiertem alten Abspielgerät. Vorne fachsimpeln die Kenner bei einem frisch gebrauten Kaffee, neben dem heilige Gral der Vinylpflege, der legendären - und sündhaft teuren - Keith Monk Plattenwaschmaschine. Hinten verrichten die Jünger ihren Opferdienst am Allerheiligsten. Und wenn das Säckel dann voll ist mit mindestens doppelt so vielen Schätzchen als es das Budget eigentlich hergibt und man selbst glaubte jemals auf einen Streich zu ergattern gilt's den schweren Weg an die Theke anzutreten. Herzrasen, Schweißperlen,

das Grauen, das Grauen. Doch siehe da, der Chef ist nicht nur kompetent sondern in der Preisgestaltung auch noch fair und verhandlungsbereit. Kniefall, letzte Ölung, Hallelujah - Jahre lang machst Du mich glauben, der Weg zur Glückseligkeit führe nur durchs finstere Tal der elektronischen Bucht und nun ganz und gar unverhofft, das. Herr, Deine Wege sind wahrlich unergründlich! Doch liebe Leser, seid gewarnt. Zwar mag eine plötzliche Offenbarung selbst Ketzer bekehren. Geht es jedoch um territoriale Fragen, gewinnt schnell wieder das Tier im Manne die Überhand, ist es mit den religiösen Gefühlen respektive vorbei. Also lest diesen Text, auf dass die frohe Botschaft göttlicher Intervention Eurer Erbauung diene, aber kommt um Himmels Willen nicht auf die dumme Idee, in meinem Revier zu wildern - oder Ihr werdet Euch noch nach den Höllenqualen sehnen! Text: Felix Grosser Foto: Niels Walker

Von der

Nezessität des Exzesses - eine Verklärung Kanon

Mein Gott, was macht so ein Semester eigentlich mit einem? Vier Monate erzwungene Anwesenheit in Veranstaltungen ohne Sinn und Verstand. Die ewige Scheinjagd im Modulendschungel zwingt zu Konzessionen allenthalben. Von den eigentlichen Interessen in den meisten Fällen nur abgehalten. Der ganz normale Wahnsinn in einem einstmaligen Land der Dichter und Denker in dem Bildung im Jahre 2010 fast nur noch außerhalb der Universitäten stattfinden kann. Der Verschleiß setzt schleichend ein, doch eines Tages bemerkt man eine Last auf seinen Schultern, die mit jedem weitern Schritt zunimmt. Ausgelaugt, frustriert, wütend schleppt man sich in die Semesterferien, dass Grauen angesichts noch zu schreibender Hausarbeiten über an Irrelevanz nicht zu überbietende, professoriell verordnete Themen nur unzureichend verdrängt. Ein Traum: eine kleine Holzhütte mitten im Nirgendwo ein Bett, ein Schreibtisch, ein Schaukelstuhl. Vorräte und Brennholz für Monate, im Gepäck sämtliche Bücher, die man in den letzten fünf Jahren nicht lesen konnte. Der Weg dorthin führt über die Exmatrikulation. Doch die kommt nicht in Frage. Also zurück ins Hamsterrad und noch ein wenig kräftiger strampeln. Das bisschen ganz persönliche Weiterentwicklung auf das man nicht verzichten möchte ist nur auf dem Wege der Selbstausbeutung zu haben. Was hält einen in dieser Situation eigentlich noch davon ab verrückt, depressiv oder, am schlimmsten, feige zu werden - denn nichts anderes ist Gleichgültigkeit... All die Unerträglichkeiten künftig als Normalität hinzunehmen und sich in dieser armseligen Normalität einzurichten? Nicht viel möchte ich meinen, doch es gibt da so ein paar kleine Hausmittelchen, Gegengifte. Eines davon ist paradoxerweise jene uralte Menschheitsinstitution, die man doch gewöhnlich den frohen Tagen vorbehalten wähnte: das Feiern. Trotz allem. Wegen allem. Damit wir uns nicht falsch verstehen: ich rede hier nicht von karnevalistisch verordnetem Frohsinn, der doch nur in kollektive Entmenschlichung mündet und auch nicht von rekreativen Zwangsneurosen ("Boah, du kommst nicht wie jede Woche mit ins ewig gleich ätzende, zum Platzen volle XY um dich an enthemmten Jugendlichen zu reiben? Man bist du langweilig!"). Ich rede von guten Freunden, günstigen Sternen, süßem Nektar, der Magie der Nacht. Klang, Bewegung, Rausch. Bacchantischer Ritus, das ewige Fest, heilsamer Exzess, gelebte Dekadenz. Selten genug gelingt es in einer Welt aus medialen Simulacren, bevölkert von deren verblendeten Jüngern zu deren Reihen wir uns alle, wie widerwillig auch immer, zählen müssen, noch in Sphären von solcher Wahrhaftigkeit vorzudringen. Nichtsdestotrotz, in gewissen Momenten scheint zumindest eine unmittelbare Annäherung möglich. Das mag illusorisch sein, doch es fühlt sich unvergleichlich gut an. Felix Grosser

Sonderschule der Ästhetik

Underground Oh du Dieb meiner Jugend! Wie konnte ich einst nur Wochenende für Wochenende in deinen qualmstinkenden, Emo verseuchten Betonhallen verbringen? War ich verblendet, von verkommenem Musik- und Menschengeschmack? War es die ungestüme Blüte - der Fluch? jugendlicher Begierden, die mich immer wieder zwischen die schwitzenden Leiber trieben, um mich zu noch so untanzbaren Rhythmen zu winden, bis in die frühen Morgenstunden? (Nebelschwaden wallen, die sagenumwobene Zeit der Resteverwertung bricht an...) Oder war ich doch einfach nur jung und brauchte das Geld, du hingegen kostenlos und allzeit bereit? Wie dem auch sei. Es wohnt dem tatsächlich ein Zauber inne, an die Orte seiner Vergangenheit zurückzukehren. Ein seltsames Gefühl, zwischen Nostalgie und Abscheu. Ein schuldbeflecktes Vergnügen an der Grenze zum Masochismus. War das Ich? War ich ein anderer? Wer bin "Ich"? Die Ambiguität rührt wohl daher, dass man in solchen Momenten erkennt, wie prekär all unsere so fürsorglich zurechtpräparierten Identitäten sind. Es durchmengen sich Trauer, ob der Vergänglichkeit des für sicher gehaltenen, Unbehagen, ob vom Standpunkt aktueller Verfasstheiten in ihrer Logik nicht mehr nachvollziehbarer Denk- und Verhaltensweisen, in ihrer Unmittelbarkeit nicht mehr nachfühlbarer emotionaler Intensitäten. Aber da ist auch eine wundersame, befreiende Freude. Nichts bleibt ewig gleich, alles ist Veränderung. Ein einziger Reigen, ein endloses Spiel in dem man sich verliert. Denn "Ich", das sind ganz offensichtlich viele. Felix Grosser

ZeitGeist


FeinSinn Bild von sxc.hu


Die Erfindung der romantischen Liebe

Liebe besteht aus zwei Phasen. Erstmal verliebt man sich. Man ist nervös, wenn man das Objekt seines Verliebtseins in unmittelbarer Nähe wähnt. Ist es zu lange nicht in unmittelbarer Nähe, empfindet man Sehnsucht. Ein Tunnelblick entwickelt sich, der die Attraktivität Anderer ausblendet und die Aura des oder der Angebeteten umso strahlender und perfekter erscheinen lässt. Ist einige Zeit vergangen, wandelt sich das Gefühl vom Euphorischen in eine Art tiefe Sympathie. So weit die heutige westliche Vorstellung von Liebe, wie sie allgemein anerkannt ist. Doch diese Form von Liebe wohnt nicht auf wundersame Weise der natürlichen Wesensart aller Menschen inne. Auch sie ist ein Konstrukt, das erfunden und in der Gesellschaft etabliert wurde. Im Fall der romantischen Liebe geht diese Etablierung gemäß dem Philosophen Irving Singer sogar so weit, dass diese Vorstellung die gesamte moderne westliche Welt für sich eingenommen hat. Der Ursprung liegt in der Bewegung des deutschen Romantikerkreises Ende des 18., Anfang des 19. Jahrhunderts. Ein wichtiges Mitglied dieses Kreises und Mitbegründer der deutschen Romantik war Friedrich Schlegel. In dem Roman Lucinde (1799) exemplifiziert er die Liebe anhand des Werdegangs des Romanhelden Julius. Dabei geht es um die Konstitution seiner eigenen Subjektivität als Künstler. Das Ich des Romantikers, so die Philosophin Sharin N. Elkholy, kann sich selbst gemäß diesem Roman nur in der Widerspiegelung eines Gegenübers eingrenzen und sich damit selbst erschaffen. Über sich selbst zu

46

FeinSinn

reflektieren gelingt dem Romantiker nur innerhalb der Beziehung zu einem Gegenüber, im Fall des Romanhelden in Lucinde zu einer Frau. Wird die Leidenschaft des Subjekts nicht auf ein bestimmtes Objekt gebündelt, ist sie richtungslos und somit nicht imstande, zu handeln oder gar etwas zu schaffen. Damit diese Reflexion nicht abbricht, muss das Subjekt in seinem Gegenüber immer neue Aspekte entdecken, durch die es wiederum neue Facetten an sich selbst erkennt. Das Objekt der Liebe wird somit als unendlich gesehen, es wird idealisiert.

Bei diesem komplexen Zusammenspiel der Selbstkonstitution in der Liebe zum Zweck der Inspiration zur Kunst handelt es sich jedoch nicht um ein gleichberechtigtes Spiegeln. Die Frau wird in dieser Idealisierung als Quelle der Liebe gesehen, die vom Mann erst freigesetzt werden muss. Der programmatische Roman trägt zwar den Namen der Frau, die der Romanheld Julius idealisiert. Der eigentliche Inhalt ist jedoch die Selbstfindung des Romanhelden mithilfe der Liebe zu einer Frau. Dabei wird diese Frau von außen idealisiert. Hier stellt sich die Frage nach der Konstitution des weiblichen Selbst, wenn sie doch primär Mittel zum Zweck

der männlichen Selbstfindung dient. Doch die Entstehung der romantischen Liebe lässt auch die heutige Vorstellung von Liebe in kritischem Licht erscheinen. Auch wenn man davon ausgeht, dass das Abgrenzen und Situieren des Ichs auch von der anderen Seite in einer gleichberechtigten Liebesbeziehung geschieht, in der sich beide gegenseitig reflektieren und erkennen. Dass der andere ideal sein muss, damit die romantische Liebe entstehen kann, wird deutlich, wenn umgangssprachlich die Rede von „der/dem Richtigen“ ist, nach dem gesucht wird. Inwiefern romantische

Liebe lediglich eine Selbstfindung mithilfe einer menschlichen Projektionsfläche sein kann, die Kreation eines eigenen Ideals, dem das Gegenüber zu entsprechen hat, zeigt die Entstehung dieser Idee. Es lohnt sich auch hier, sich vor Augen zu führen, dass es sich um eine Vorstellung handelt, die eine Alternative zu anderen ist, die aber allgemein anerkannt und medial immer wieder transportiert wird.

Iris Sygulla / Bild von sxc.hu

FeinSinn

47


In stinkender Gesellschaft Als er in den Raum kam, hatte er den Gestank nicht wahrgenommen. Vielleicht war es, weil er noch zu jung und unerfahren war, vielleicht hatte er es sich einfach von den Älteren abgeschaut, die damals wie heute den Gestank kaum wahrnahmen, höchsten hin und wieder die Nase rümpften, erstaunt, fast beleidigt aufsahen, dann fluchten, nur um die Ursache ihrer Empörung im nächsten Moment wieder vergessen zu haben. Er selbst hatte jedenfalls den Gestank lange Zeit nicht wahrgenommen. Es schien ihm normal, dass die Luft kaum zu atmen war, dass er, wenn er tief Luft holte, erst einmal husten musste und, dass die Nase ihm brannte. Erst seit er immer mehr Zeit in der Nähe eines der geöffneten Fenster auf der linken Seite des Raumes verbringen durfte - ein Privileg, für das seine Eltern lange hatten arbeiten und kämpfen müssen - und dort die frische Luft, die aus dem anscheinend unendlich großen anderen Raum kam, einsog, inhalierte, ja gerade zu süchtig danach wurde, erst seitdem empfand er den Aufenthalt in der Mitte des Raumes als erdrückend. Er verbrachte immer mehr Zeit am Fenster, stundenlang saß er einfach dort und atmete. Es war für ihn wie ein Urlaub aus den langen Zeiten innerhalb der dunklen Teile des Raums, in denen die Luft am stickigsten, am übelsten war. Erstaunlich für ihn war, wie klar die Menschen um ihn herum plötzlich wurden. Er konnte ihre Gesichter fast erkennen, konnte sehen, dass sie auch Menschen waren, wie er, nicht nur Schemen, die durch die schlierige Luft wabbelten, wie Gespenster durch die Nacht. Es war ebenso erstaunlich, dass sie oft an ihm vorbei liefen, ohne ihn wahrzunehmen, ihn vermutlich, wie er sie zuvor, nur als wabbelnde Gestalt sahen, nicht als anderen Menschen und schon gar nicht als Individuum. Im Raum selbst erschien ihm nun alles grauer, trister, einseitiger und vor

allem langweiliger als zuvor. Die Luft zum Atmen fehlte ihm so unglaublich, dass er manchmal, nachts - dann, wenn wenigstens die bunten Lichter der Notausgangsleuchten die Wände erhellten - dachte, er müsse ersticken. Hin und wieder zog er sich dann heimlich an und tastete sich seinen Weg durch die schlafenden Leiber der Gestalten, die zusammengekauert auf dem von Dunst überzogenen Boden lagen und röchelnd schliefen. Nur wenige waren um diese Uhrzeit noch wach, die dunkelsten der Gestalten, die, das sah er nun, da er sie erkennen konnte, tiefe Augenfalten trugen wie Eheringe. Er schlich sich immer an ihnen vorbei, obwohl er wusste, dass sie ihn niemals sehen würden; viel zu erdrückt waren sie von der stinkenden Luft, die ihr Leben erfüllte. Nur manchmal, wenn die Notausgangslichter besonders hell schienen und er fast in Versuchung kam, ihren Zweck zu erkunden, da hoben sich die Köpfe der nächtlichen Gestalten und aus dunklen Augenhöhlen starrten sie ungefähr in seine Richtung, verloren jedoch schnell das Interesse und widmeten sich wieder dem, was immer sie taten. Natürlich ging er dann immer zu einem der Fenster, die nachts nur einen Spalt weit geöffnet waren, doch trotzdem noch genug frische Luft spendeten, um den stinkenden Abgasen des Raumes zu entkommen. Er presste dann sein Gesicht gegen den Spalt und zog die Luft scharf durch die Nase ein, das Grau hinter ihm verblasste und er starrte in das unglaubliche Bunt des unendlichen Raumes hinter den Fenstern. Nur einmal fand er schon eine Gestalt am Fenster stehend, das Gesicht genauso in den Spalt haltend, wie er in den Nächten zuvor; er schlich sich schon seit geraumer Zeit immer öfter davon, weil die Luft ihm unerträglich wurde. Es hatte ihn geärgert, dass die Gestalt einfach dort stand, wo sein Platz sein sollte; sein Platz, den er in so vielen Nächten belegt

hatte, den er genossen und gepflegt hatte, der für ihn so völlig vom Grau befreit schien, wie der Raum dahinter. Er hätte zu einem der anderen Fenster gehen können, doch keines hätte in dieser Nacht seinen Ansprüchen genügt; nein, es musste dieses Fenster sein. Er zögerte noch kurz, entschied sich jedoch auch nicht dafür, umzudrehen, um wieder zu versuchen einzuschlafen, zu groß war das Verlangen nach Frischem, Neuem, Buntem. Also ging er auf die Gestalt zu, die ihn nicht zu bemerken schien, und tatsächlich, als er ihr leicht auf die Schulter pochte, erschrak sie, drehte sich um und blickte ihn aus großen, traurigen Augen an. Es war das erste Mal, dass er eine Frau in seinem Alter sah und tatsächlich durchfuhr ihn ein Prickeln, als hätte er sich den eingeschlafenen Musikantenknochen gestoßen; nur in schön und angenehm. Es ging durch seinen gesamten Körper und hinterließ ein Glücksgefühl, wie er es noch nie gekannt hatte. Der gesamte Raum war plötzlich in ein helleres Licht getaucht, ein so helles Licht wie es die Notausgangslichter nicht einmal an ihren besten Tagen ausstrahlten. Sie sah ihn weiter an, er brachte kein Wort heraus, bewegte nur den Mund, ohne sich zu artikulieren und bemerkte dabei eine Sache, die ihm schon zuvor sonderbar aufgestoßen war, die er nun aber erkannte und über deren Unglaublichkeit er begeistert war. “Du kannst mich sehen!”, stieß er hervor. “Ja!”, sagte sie nur, löste die Sperren des Fensters, eine Sache, die er nie gewagt hatte, so dass sie beide auf der Fensterbank lehnen und die frische Luft atmen konnten. Sie standen dort stundenlang schweigend nebeneinander, bis mit einem leisen Surren die ersten Neonleuchten an der Decke den Raum in eine hellere Nuance von Grau tauchten. Er hätte es kaum gemerkt, wäre da nicht das Surren gewesen; das alltägliche, maschinelle Geräusch, das allen verkündete, dass ein weiterer Arbeitstag

eingeläutet war. Sie warf ihm einen Blick zu, den er nicht zu deuten wusste, deutete scheu mit dem Kopf auf das Grau hinter ihnen, das für ihn immer noch heller als je zuvor war. “Ich muss gehen!”, sagte sie, beugte sich vor und drückte ihm einen leichten Kuss auf seine Wange, der, so schien es ihm, jeden seiner Nerven zum Erglühen brachte. “Wie heißt Du?”, brachte er gerade noch über die Lippen. “Lirim!”, sagte sie mit ihrer weichen Stimme, die etwas versprach, dass er nicht einordnen konnte; etwas, dass seine Hoffnung weckte, seine Hoffnung, auf ein Leben außerhalb des Raumes... Sie kletterte auf die Fensterbank und sprang, zu seinem großen Erschrecken, einfach auf die andere Seite, einfach in den anderen Raum und ging leichten Schrittes davon. Um ihn herum erwachten die dunklen Gestalten zum Leben, huschten durch den Nebel, konnten aber nicht die erwachte Hoffnung ersticken. Das Glücksgefühl wurde stärker, er nahm den Nebel nun kaum noch wahr, die klare Luft des anderen Raumes erfüllte ihn. Ein letzter Blick über seine Schulter zeigte ihm das gesamte Ausmaß des Raumes, indem er so viele Jahre seines Lebens verbracht hatte. Er sah das, was die anderen nicht sahen, zu gefangen von der stinkenden, erdrückenden Luft; Menschen, die arbeiteten, arbeiteten, arbeiteten, alle mit einem grimmigen, entschlossen Gesichtsausdruck im Gesicht. Andere, die durch die Reihen gingen, ein wenig klarer durch den Nebel sehen konnten, die Arbeitenden beobachteten; und noch andere, die auf erhöhten Sitzplätzen saßen und wiederum die, die durch die Reihen Gehenden überwachten. Das Unsinnigste aber war der mittlere Teil des Raumes, zu dem alles, was über den Tag erschaffen wurde, gebracht mit Öl übergossen und verbrannt wurde. Eine riesige Rauchwolke erhob sich in den Raum; endlich konnte er sich den Nebel erklären. Am liebsten hätte

er geschrien, hätte den anderen die Augen geöffnet, sie Luft atmen lassen, hätte alle Fenster aufgerissen und den brennenden Berg von Nahrung, Plastik und Öl gelöscht. Doch er wusste, dass sie ihn weder sehen, noch hören würden; geschweige denn wollten. Er sah wieder aus dem Fenster und erzitterte. Lirim wartete auf ihn, hielt ihm die Hand durch das Fenster hin, so dass er sie nur ergreifen musste, um dem Gestank zu entfliehen. Er überlegte nicht lange, ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, er setzte einen Fuß auf die Fensterbank, ergriff die Hand der jungen Frau und verschwand.

Simeon Buß / Bild von sxc.hu

48

FeinSinn

FeinSinn

49


Als ich an dem Irish Pub vorbei gehe, kommen sie vor mir aus dem Laden raus. Sie sind beide höchstens 20, wahrscheinlich jünger. Er ist groß und schlaksig, sieht nach Alternativrock aus, aber auf eine altmodische, vorstädtische Weise. Keiner von denen mit den Karo-Pantoffeln und den tiefsitzenden Röhrenhosen, die unterm Arsch ein straff gespanntes Segel bilden. Stattdessen ziert den Rücken seiner schwarzen Motorradjacke ein Heavy Metal-Aufnäher, und seine Jeans trägt er ordentlich auf der Hüfte, wodurch seine langen spindeldürren Beine ins Auge springen. Sie trägt eine lange braune Steppjacke und ist einen Kopf kleiner als er. Ihre Stiefel sehen nicht besonders alternativ aus. Sie gehen nebeneinander her, aber zu weit voneinander weg, als dass sie schon zusammen sein könnten, es sieht mehr nach einer ersten Verabredung aus. Sie läuft komisch; ein bißchen wie ein Preisboxer, breitbeinig, mit schwingenden, weit ausholenden Armbewegungen. Im Laufen wirft sie ihm hin und wieder einen zaghaften Blick von der Seite zu. Er streicht sich nervös den Kapuzenpullover um den Gürtel glatt und sieht meistens stur gerade aus, die Hände in den Taschen. Die Absätze ihrer Stiefel knallen dumpf auf die Gehwegplatten. Es scheint so, als hätte sie sich die Stiefel von ihrer großen Schwester für heute Abend geliehen, aber den Dreh noch nicht raus, wie man damit auch so läuft, dass es sexy wirkt. Bei seinen seltenen Blicken zur Seite blitzen seine Brillengläser in der Straßenbeleuchtung auf. Die dünnen Haare hängen ihm in die Stirn.

Es ist nach halb drei Uhr morgens, also war ihre Verabredung wahrscheinlich kein Reinfall. Sie haben ein paar Stunden in der Kneipe verbracht, und die Momente peinlicher Stille sind immer seltener geworden. Wer hätte das gedacht, als sie sich vor zwei Wochen zufällig auf den Gängen des Hauptgebäudes über den Weg liefen. Zuerst war es so, wie es meistens ist, wenn sich Menschen wieder begegnen, die Jahre auf der gleichen Schule verbracht haben, aber nie ein Wort miteinander wechselten: zäh, verdruckst und unbeholfen. Aber dann standen sie eine halbe Stunde vor der Tür des Hörsaals, um am Ende dieses Treffen zu verabreden. Keiner von beiden dachte dabei an ein Date; es war mehr die Erleichterung, in der Flut von Neuem jemand Bekannten gefunden zu haben, etwas an dem man ansetzen kann. Auch als sie dann im Irish Pub sitzen, kommen sie erst dann richtig ins Gespräch, als sie anfangen von früher zu erzählen. Sie haben festgestellt, dass sie bei ihren Lehrern die gleichen Vorlieben und Abneigungen hatten, worüber sie damals nie miteinander gesprochen hätten. Er führt ihr seine Imitation ihres Chemie-Lehrers vor, der immer Goldkettchen trug und bis in die dritte Reihe nach kaltem Rauch stank. Sie verschluckt sich beim Lachen, und jetzt versteht sie endlich, was daran so lustig war, wenn er mit seinem Kumpels früher in der letzten Reihe albern kichernd Verrenkungen machte und den Unterricht störte. Aber irgendwann hat dann der Barkeeper die letzte Runde angekündigt und wohl

oder übel sind sie jetzt auf dem Weg zur Straßenbahn, und die Unsicherheit kommt wieder zurück. Beide haben den Abend und die Gesellschaft des Anderen genossen und beide denken an dasselbe: Dass sie in die große Stadt gegangen sind, um etwas zu erleben, dass das hier eigentlich genau das ist, was sie damit meinten, dass sie inzwischen wirklich alt genug sind und worauf sie eigentlich noch warten wollen. Und doch wissen sie nicht genau, wie sie es anstellen sollen. Es fehlt der Vergleich, und beide beobachten vorsichtig die Reaktionen des jeweils anderen. Es ist eine unangenehme Situation und will nicht ganz zu ihrer vorherigen guten Laune passen. Aber zwischendurch treffen sich ihre Blicke doch, und dann lächelt sie, schlägt frierend die Arme um den Körper und beugt sich zu ihm hin, um den Witz besser zu verstehen, den er leise in seinen Bartflaum nuschelt. Es scheint schwierig, aber diese Blicke lassen doch Hoffnung aufkommen, dass sie sich an der Bahn nicht einfach voneinander verabschieden, um dann jeweils auf dem Heimweg darüber nachzudenken, was gewesen wäre wenn. Vielleicht passiert es diesmal einfach so, und morgen werden sie sich gar nicht mehr erinnern können, wer den ersten Schritt gemacht hat. Aber ich werde es nicht mehr erfahren, denn an der nächsten Kreuzung biege ich in die dunklere Seitenstraße ein, wo der nächtliche Straßenlärm abklingt und zwischen den Häusern verhallt. Ich sehe sie noch, während ich abdrehe, im Pulk vor dem Kiosk verschwinden und wünsche ihnen alles Gute. Nein, ehrlich. Christopher Dröge

50

FeinSinn

FeinSinn

51


Feinsinn liebt // Playlist

Feinsinn liebt // sms-Blog

Liebst du mich?

- Ein bißchen.

Ein großes oder ein kleines bißchen? ut ind es O My M ever Go n O N ys That Alwa ight L ys – o A B p e's Sho Ther Pet ths – i m S s TF? The rief isse o – W Liebesb ste K G a p K h O . oot as D s–T Thom ccabbe t Ma ckpo Night - Ja The c i ay n d tro tur laut You Toco – Sa s l l g es i r a ove h S T – ore yIL e o a m o ) Th S A d n i a To che at's er N alled – Th Spra C Xavi n t n i t s e r l u al n Ma der – I J d (in art Dea on eslie s Ap b W e i r e i L a U v e – e T t l e S Wil artk ove oW Love Bod n–L o i 'm In s i I v i y Love a D Frid Joy Your – f e O r ne Cu nshi The es – Su thes m Call a r a en P Cre ance t w s i o l B ng D ps The – Lo – Ma enix itt o h eahs P Y u dr z h Yea iebe h h L a i – r e Y he s otal g–C eo T n r a e t G S he l&T Koo

FeinSinn

Foto: Sara Copray Text: Niels Walker

- Eigentlich doch kein bißchen.

Foto: Maiko Henning

Bild: Maiko Henning

FeinSinn


Herausgeber:

Verein zur Förderung studentischen Journalismus Köln e.V. www.vfsjk.de

ViSdP

Niels Walker

Chefredaktion:

Niels Walker

Art Direction:

Sebastian Herscheid

Bildredaktion:

Corinna Kern

Redaktion/Lektorat:

Julia Brand, Simeon Buß, Christopher Dröge, Marcel Doganci, Sabina Filipovic, Felix Grosser, Thomas Heinen, Vera Hölscher, Maximiliane Koschyk, Christiane Mehling, Kathrin Mohr, Johanna Regenhard, Felix Schledde, Iris Sygulla, Niels Walker, Christine Willen

Gestaltung/Layout:

Sven Albrecht, Sara Copray, Elisa Hapke, Sebastian Herscheid, Elisabeth Weinzetl

Online:

Karin Hoehne

Fotografie: Leitung d. Ausbildung:

René Becker, Simeon Buß, Aneta Demerouti, Maiko Henning, Corinna Kern, Felix Schledde, Niels Walker

Website:

www.meins-magazin.de

Erscheinungsweise:

monatlich

Kathrin Mohr

FeinSinn kämpft! Das Aprilheft ist auf Krawall gebürstet! Wir zeigen euch Judo und was man im Kampfsport tunlichst unterlassen sollte. Nur noch ein Monat bis das Semester wieder anfängt, aber eigentlich immer noch keine Ahnung was man jetzt machen sollte? Der Kampf im Inneren, FeinSinn trägt ihn aus!

Das neue LebensEcht schaut sich für euch auf den Basaren der Erinnerungen und Nützlichkeiten rum. Dabei wird ordentlich auf den Taler geachtet und gefeilscht: Das Portemonnaie geht auf den Flohmarkt. Wir zeigen euch die besten Händlerwiesen in und um Köln.

Iran, Iran, das sind Atombombe und ein knallhartes Regime, oder? Wir lassen das mal beiseite und zeigen euch den Iran ohne Politik und Drohgebärden: FernSicht verreist, schaut Land und Leute, Landschaften und Herzlichkeit. Kommt mir, wir fahren in den Iran!

Impressum StaatsKunst

Vorschau

Impressum

Vorschau



Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.