Feinsinn wütet ǀ Persönlich: Soheil Asefi BMX Worlds im Jugendpark Köln Die letzten Friesen ǀ Doping ǀ Piraten-Partei Heft 7 ǀ Ausgabe 08/09 ǀ www.meins-magazin.de
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meins
Inhalt
Pausenklingeln Liebe Leser und Leserinnen von meins-magazin, das Semester ist rum und die Klausuren auch erstmal geschrieben, also sind wir reif für die Sommerpause? Klar! Aber das Gehirn auf Eis und den Körper in die Sonne legen können wir so einfach nicht,
LebensEcht
FernSicht
ErkenntnisReich
ZeitGeist
FeinSinn
StaatsKunst
KörperKultur StaatsKunst
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Inhaltliches
das führt uns schon Soheil Asefi vor. Er musste aus dem Iran fliehen
06 07 08 09
Natur durch Müll und Betteln. Einem Geheimnis auf der Spur. Do´s and Dont´s beim ersten Date Kolumne: Vom Leben dan(n)eben Sex ABC K-N
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Wien - Eine Ode CouchSurfing – Wie komme ich weg? Summerjam Mikrokosmos: "In China essen sie Hunde".
20 23 24 25
Doping – Interview mit Michael Sauer von der DSHS Köln Reduziert Tierversuche! Die letzten Friesen Michel Foucault – ein Nachruf
es doch nichts wird: FeinSinn wütet! Eine neue Bewegung macht sich
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Nippes 9to5 Days In Porn: Sex, Lügen & Video Total Confusion Blitzbangers New Kids, Old Hits Kanon: Der Sommer Sonderschule der Ästhetik: Die kurze Hose
politische Niederschlag eines neuen Bewusstseins in der Gesellschaft?
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FeinSinn WÜTET! meins-Gedichte Die FeinSinn-Playlist wütet!
Bis dahin habt ihr noch Zeit euch eine Meinung zu machen, aber
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Eine neue digitale Welt, eine neue politische Partei Interview mit Prof. Dr. Frank Decker Parteifreunde – Wer wählt wen? Glasnost Reloaded Kannst du auch Volk? Persönlich: Soheil Asefi
Soheil Asefi. Ach ja Sex, Drugs & Rock’n’Roll ist auch wieder im Heft,
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Interview mit Björn Mager „Bommel“ bei den 25. „BMX Worlds“ Do's and dont's: Strand Strandfigur Ich kann kein Sport, ich geh zum Fitness
und an ihm erleben wir, wie es ist wenn man nicht mehr studieren darf und das Land verlassen muss, mehr dazu auf Seite 49. Trotzdem soll es rausgehen, aber bitte mit Stil. KörperKultur und LebensEcht geben Tipps zum Tag am See und der Zeit danach: Wenn ich mir die Schnitte geangelt habe, was mach ich beim ersten Date? Und wenn breit, eine von der unsere Generation schon viel gehört hat, es geht um die Piraten. Zunächst nur ein Witz unter Nerds oder doch der Das werden erst die Historiker in einigen Jahren sagen können, aber damit nun jeder weiß was gemeint ist: StaatsKunst nimmt die Piratenpartei zur Brust, ab Seite 42. Am 30.8.2009 sind Wahlen, Köln wählt den Bürgermeister und das ganze Land eine neue Regierung. wichtig bleibt: Geht wählen! Sonst ergeht es uns irgendwie wie ZeitGeist geht aus (in Nippes ist es aber wirklich nett!). Viel Spaß! Niels Walker, Chefredakteur
{ Editorial
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LebensEcht
Maiko Henning
Natur durch MĂźll und Betteln. Einem Geheimnis auf der Spur. Etwa 1000 Pappbecher, gefĂźllt mit Erde und Pflanzen, stehen an der Haltestelle Universität. Jedem, der dort schon vorbei gekommen ist, muss das merkwĂźrdige Bild aufgefallen sein. Ein Heer von Bechern, einfach so am Wegesrand. Eine grĂźne Oase zwischen Autobahn und Golfplatz. Seit Semesterbeginn schon stehen die Becher dort, auf dem Schleichweg zwischen der Haltestelle Universität und Kerpener StraĂ&#x;e. Genaue Erfassungen wie viele Passanten sich dadurch kennen gelernt haben, dass sie beide ungläubig auf das Meer von Pflanzen starrten und zusammen stieĂ&#x;en, gibt es leider nicht. In der Fantasie ist die Zahl aber schon dreistellig. Die meisten der Vorbeigehenden fragen sich, was es mit den Bechern wohl auf sich hat. Ein biologisches Projekt? Eine PromoAktion der KVB? Alles Quatsch. In den Morgen- und Abendstunden sitzt er auf der Bank direkt daneben, beobachtet die Licht- und Schattenverhältnisse, zupft vertrocknete Blätter aus den Bechern. Er ist 38, offiziell ohne Wohnsitz und mĂśchte namentlich nicht genannt werden. „Ich hab schon schlechte Erfahrungen mit so was gemacht.“, sagt er, zwinkert freundlich und dreht sich eine Zigarette. Auf die Frage wie er darauf kommt, so etwas zu machen - Becher mit Pflanzen so einfach an den Wegesrand zu stellen - holt er tief Luft und beginnt zu erzählen: Seine Eltern seien beide Gärtner, deshalb habe er sich wohl schon immer mit Pflanzen beschäftigt, sei durch Europa gereist. „An den Grenzen des ehemaligen Karolingischen Reiches entlang.“ Er habe sich die Städte unter Ăśkologischen Gesichtspunkten angesehen. Landschaftsbildung, GrĂźnflächen, StraĂ&#x;eninseln. Die Einbindung der Natur in moderne GroĂ&#x;städte. „Ich
muss aber sagen, dass ich ein wenig enttäuscht war. Das war mir, vor allem in Frankreich, das eigentlich fĂźr seinen schĂśnen Gartenbau bekannt ist, alles zu streng.“ Zu eckig und zu eingepfercht wären die Pflanzen gewesen. Hier in Deutschland sieht er genau das gleiche Problem. „Warum nicht einfach mal Häuser begrĂźnen? Das sieht doch viel schĂśner aus.“ !LS ER BEMERKT DASS ER EIN BISSCHEN VOM 4HEMA ABGEKOMMEN IST DREHT ER SICH NOCH EINE Zigarette und erzählt weiter. „Jedenfalls habe ich vor zwei Jahren 600 Liter Blumenerde entlang des Bahnsteigs geschĂźttet.“ Die Blumenerde habe er komplett erbettelt. „Ich lebe von ungefähr vier Euro am 4AG h SAGT ER UND GRINST u$AS HAB ICH MIR MIT DER :EIT ANGEWĂšHNT 5ND ALLES WAS ICH MEHR habe, kann ich hier investieren.“ Nach zwei Jahren wuchsen an den Stellen an denen er Blumenerde gestreut hatte kleine Bäume. „Die mussten da raus.“ Wegen der Bahn? „Ne, das wäre erst Mal gar nicht so das Problem. Nur da knallt die ganze Zeit die Sonne drauf.“ Unter den Bäumen in den Pappbechern wäre das Licht- Schattenverhältnis viel besser. „Ich komme jeden Morgen und schaue, wie es den Pflanzen geht und ob das Licht in Ordnung ist. GieĂ&#x;e und pflege.“ $IE 0mANZEN HĂ‹TTEN ALLERDINGS ALLE EINEN "EFALL u%RYSIPHALES ODER -EHLTAUBEFALL IST DAS h erklärt er. „Ich hab ein biologisch abbaubares Mittel gekauft, ich hoffe, dass sie wieder gesund werden.“ Zuhause hätte er eine zwei Jahre alte Pflanze mit derselben Erkrankung, die aber munter wachsen wĂźrde. Hoffnung besteht also.
Und auch die VĂśgel und Bienen haben die Becher schon bemerkt. „Die fliegen neugierig drĂźber und gucken sich das kleine Projekt hier an. In den Bechern hocken Spinnen und andere Insekten. Das ist schon schĂśn zu beobachten wie schnell die Natur auf so etwas reagiert.“ FĂźr ihn seien die Pflanzen allerdings nicht nur eine grĂźne Oase zwischen Golfplatz und Autobahn, wie er den Park zwischen Hauptgebäude und Mensa und die UniversitätsstraĂ&#x;e nennt, sondern trĂźgen auch einen wissenschaftlichen Aspekt in sich. u-EIN 4RAUM IST ES IRGENDWANN NACH !FRIKA ZU GEHEN MIT DEM 0ROJEKT h $AS 7URZELWERK DER Bäume wĂźrde nach ca. zwei Jahren dem Boden helfen Wasser zu speichern. Angenommen er fände einen Investor, wäre es sein Plan groĂ&#x;flächig in Europa hochgezogene Setzlinge in WĂźstenregionen zu pflanzen. Mittels einer billigen Methode aus Meerwasser Wasser zu gewinnen, das zwar nicht trinkbar, aber zum GieĂ&#x;en durchaus benutzbar wäre, kĂśnnte man die Regionen dann Ăźber einen bestimmten Zeitraum bewässern. „Wenn das Wurzelwerk dicht genug wäre, kĂśnnte man den Hahn abdrehen und sehen was passiert. Im Idealfall wĂźrde der Boden dann von allein genug Wasser speichern, um die Bäume am Leben zu erhalten.“ Die Region wäre begrĂźnt. Der Weg dahin ist allerdings noch weit. Solange versucht der geheimnisvolle Gärtner es im Kleinen in Deutschland. Erste Ergebnisse liefert das Endstationsgleis an der Haltestelle. Ein kleiner Garten springt zwischen den Steinen am Prellbock hervor. „Die Blumen habe ich teilweise im Supermarkt gekauft.“ Zu Beginn hätte er noch gegossen, jetzt wĂźrde der Boden das Wasser von alleine speichern. Hier sieht man die frisch aufgegossene Erde auch noch. Schwarz hebt sie sich von dem sonst braun-grauen Boden ab. Die Pappbecherpflanzen kĂśnne er vielleicht noch ein oder zwei Monate stehen lassen. Danach bräuchten sie mehr Platz zum Wachsen. „Es wäre natĂźrlich schĂśn, wenn sich eine
Fläche hier in KĂśln finden lieĂ&#x;e. Ein kleiner Wald wäre das ja schon.“ Ansonsten kĂśnne sich auch jeder, der wolle, eine Pflanze mitnehmen und groĂ&#x;ziehen. „Also, sechs Jahre kann man die schon in der Wohnung halten. Danach wird sie wohl zu groĂ&#x;.“, sagt er. Falls jemand Lust habe ihm zu helfen, wĂźrde er sich Ăźbrigens sehr freuen. „Ich bin eigentlich immer morgens und abends hier. Sonst sitz ich hinten an der Lindenburg (zwei U-Bahn Stationen weiter).“ Man solle ihn einfach ansprechen, da wäre er nicht so. Zum Abschied erzählt er noch von seinem ehemaligen Projekt. „Ich habe das vor einem knappen Jahr schon mal gemacht. Damals hatte ich ca. 800 Pflanzen oben an der Lindental Haltestelle.“ Das Gartenbauamt wäre aber gekommen und hätte die Pflanzen mit der BegrĂźndung der Umweltverschmutzung abtransportiert. Ob die Setzlinge weggeschmissen oder weiter verwendet worden wären, wĂźsste er leider nicht. „Da hab ich leider nicht nachgehakt!“, sagt er. „Aber aufgeben werde ich wegen so eines RĂźckschlags doch noch lange nicht“
Und so bleiben die Becher weiter stehen und lassen weiter Leute zusammen stoĂ&#x;en. Eigentlich ein schĂśner Gedanke, so eine grĂźne Oase zwischen Autobahn und Golfplatz. „Ein erster Schritt in eine grĂźnere Richtung.“, wie der geheimnisvolle Gärtner sagt. Notiz des Autors: Zu dem Zeitpunkt als ich den Gärtner interviewte, standen die Bäume in den Bechern noch an der Haltestelle. Vermutlich wurden sie aber inzwischen wieder vom Gartenbauamt entfernt. Ich stelle mir jedoch stattdessen gerne vor, wie der geheimnisvolle Gärtner eines Morgens einen Investor fand, ein LKW vorfuhr, die Blumen eingeladen und nach Afrika verschifft wurden. In der Hoffnung, dass sie jetzt dort Menschen zusammen stoĂ&#x;en lassen, drĂźcke ich dem geheimnisvollen Gärtner fĂźr seine Zukunft jedenfalls die Daumen. Simeon BuĂ&#x;
Dos and Don'ts beim ersten Date Wer kennt sie nicht: die Aufregung kurz vor dem ersten Date? Hier entscheidet sich schlieĂ&#x;lich, ob aus Einsamkeit Zweisamkeit werden kann. NatĂźrlich muss man sich schon vor dem Date “gut riechen kĂśnnenâ€?, doch letztlich entscheidet der Eindruck beim ersten Date Ăźber den zukĂźnftigen Verlauf des potentiellen Pärchens. Um grobe Fehler zu vermeiden hat meins- Magazin fĂźr euch den Rendez-vous-Knigge upgedatet und präsentiert euch im Folgenden die do´s und dont´s beim ersten Date: Dos s %IN %SSEN KANN SICH LANGE HINZIEHEN IM +INO KANN MAN SICH NICHT UNTERHALTEN $ER perfekte Ort fĂźr ein erstes Date ist daher ein CafĂŠ oder eine Bar. s $IE /PTIK GEPmEGT JEDOCH NICHT AUFGETAKELT SONDERN EHER NATĂ RLICH $AS GILT FĂ R BEIDE s %IN STRAHLENDES ,Ă‹CHELN LĂ‹SST DIE !UFREGUNG BEIM 'EGENĂ BER SCHWINDEN s $EM $ATE ZUHĂšREN UND INTERESSIERT &RAGEN STELLEN s 3ELBSTBEWUSST ABER BESCHEIDEN SEIN -AN SOLLTE NICHT ARROGANT ODER Ă BERHEBLICH WIRKEN s 7ENN MAN 3YMPATHIE FĂ R SEIN 'EGENĂ BER EMPlNDET IST ES ANGEBRACHT DAS DER -ANN zahlt. Ist das Date allerdings ein Reinfall, kann jede Partei fĂźr sich zahlen. s )M 'RUNDE SOLLTE MAN EHRLICH SEIN UND SICH NICHT VERSTELLEN DENN WEM NĂ TZT EINE -ASKE die frĂźher oder später fällt?
Maiko Henning
Don'ts s $ER -ANN DARF DIE &RAU UNTER KEINEN 5MSTËNDEN WARTEN LASSEN s $IE ODER DER %X SIND BEIM ERSTEN DATE 4ABUTHEMA s 'ENAUSO WIE +ÚRPERGERËUSCHE s 6OLLSTE +ONZENTRATIONx STËNDIG MIT DEM (ANDY SPIELEN ODER DER +ELLNERIN HINTERHER schauen ist ein No-Go. s 3CHIMPFWÚRTER HABEN HIER NICHTS VERLOREN s +EINE +OMMENTARE à BER DEN EVENTUELL à BERHÚHTEN 0REIS ËU”ERN s +EINE ZU INTIMEN $ETAILS VERRATEN Z " DEN LETZTEN "ESUCH BEIM 5ROLOGEN
Maiko Henning
Und kommt es beim ersten Date sogar schon zum ersten Kuss? Grundsätzlich ist davon abzuraten, da die Kennenlernphase ihren Reiz verliert. Doch letztlich hängt es von der Chemie des Dates ab. 6IEL 3PA” BEIM $ATENx Veronika Czerniewicz
LebensEcht
LebensEcht
Kolumne: Vom Leben dan(n)eben Ich lebe in der Gewissheit nach VerĂśffentlichung der folgenden Geschichte nie mehr wieder ohne begleitendes 'ELĂ‹CHTER EINEN 3CHRITT VOR DIE 4Ă R SETZEN zu kĂśnnen. Aber ich entscheide mich zugunsten der medizinischen Aufklärung – und dafĂźr, dass ich dann ein Patriot bin! Denn kaum ein Mensch wagt Ăźberhaupt auszusprechen, dass er „sie“ hat. Diese ulkigen, krampfaderartigen GeschwĂźre, die im „rektalen Bereich“ ausfindig zu machen sind - kurz: Hämorrhoiden. Und ja, scheiĂ&#x;e, ich hab die Dinger immer mal wieder und sogar schon seit meinem 22. Lebensjahr. Statistisch gesehen, wie auch gesellschaftlich vermutet, werden nämlich eigentlich erst ältere Kaliber davon befallen. Doch manch jungerwachsener KĂśrper bricht auch gern mal mit dem Klischee. Meiner auch. Hurra. Man kann sich das Prozedere in etwa so vorstellen: Ungepolsterte SitzmĂśglichkeiten sind prinzipiell Feinde, je nach Härtegrad der Hämorrhoiden Kissen trotzdem mit Vorsicht zu genieĂ&#x;en, doch wenn der Punkt erreicht ist, dass sogar die pupsnormale Gehbewegung unerträglich wird und von einem schmerzerfĂźllten StĂśhnen begleitet, sollten MaĂ&#x;nahmen ergriffen werden. Vor ein paar Jahren wurde es einmal so schlimm, dass ich deswegen einen Arzt, im Fachjargon nennt man den „Proktologe“, aufsuchen musste. Schon AM KOMMENDEN 4AG WAR ES SOWEIT )CH STAND VOR DEM 4RESEN DER 0RAXIS DES Mannes, der mich von meinem Leiden befreien sollte. Die Wartezimmer wurden hier nach Geschlechtern aufgeteilt, was ich spontan als sinnvoll empfand. Im kleinen, verwinkelten Herrenzimmer fiel mir sofort der Geruch auf. Irgendwie lag eine proktologische Note in der Luft. Mit der Beschreibung kann natĂźrlich kaum jemand etwas anfangen, vielleicht aber damit: Es roch nach modrigem Arsch. Das geräuschvolle Sich-Setzen war mir vor den anderen beiden Herrschaften gar nicht mehr peinlich. Ich meine sogar einen mitfĂźhlenden Blick erhascht zu haben. Dennoch hielten sich die Herren und ich konversationstechnisch bedeckt. Es war so still, man hätte ein Blutgerinnsel am Hintern platzen hĂśren kĂśnnen! Wir starrten kollektiv alle gleich angestrengt auf irgendetwas, das den Augenkontakt verhinderte. „Lasen“ Zeitung, Buch oder, fatalerweise, ein Infoheftchen Ăźber Hämorrhoiden, das schnell wieder zurĂźck AUF DEN 4ISCH GESCHLEUDERT WURDE )CH KAM nicht drum herum mich unauffällig ein wenig
LebensEcht
umzuschauen. Mein Po und ich waren auf einem samtweichen Ledersessel gebettet (die Bestuhlung war ja meine grĂśĂ&#x;te Sorge), die beiden Männer sahen wie (stink-) normale Menschen aus, tatsächlich schien alles so zu sein wie bei jedem anderen Arzt auch. Eine Frauenstimme riss mich aus meinen Gedanken, ich durfte nun endlich zu meinem Retter. Das Gespräch mit ihm fand in einer Art „Wohnzimmer“ statt. Die Couch wirkte einladend und insgeheim freute ich mich schon auf eine etwas UNORTHODOXERE "EHANDLUNG %IN BISSCHEN merkwĂźrdig war die BegrĂźĂ&#x;ung. Irgendwie schreckten wir beide davor zurĂźck uns die Hand zu geben. Ich war skeptisch: „Wer weiĂ&#x;, wo der schon die Finger drin hatte!“. Er dachte wahrscheinlich dasselbe. Dann beantwortete ich eine Menge Fragen. Fast alle quittierte ich mit einem KopfschĂźtteln. „Durchfall?“- „NĂśâ€œ. „Blut im Stuhl?“-„Mm Mm“. Endlich wollte er sich „das mal angucken“. Zu meiner Enttäuschung wechselten wir die Räumlichkeiten und ich fand mich dann doch in einem sterilen, schneeweiĂ&#x;en Zimmer wieder. Eine Helferin bat darum, dass ich meine Hose und Unterhose etwa eine handbreit tiefer auf mein GesäĂ&#x; ziehen sollte. AnschlieĂ&#x;end musste ich mich auf einen Stuhl setzen, der zur RĂźckenlehne hin ein Loch hatte. Ich wusste nicht ganz genau wie ich mich darauf platzieren musste, doch war niemand mehr da, den ich hätte fragen kĂśnnen, da die Dame schon wieder den Raum verlassen hatte. Also kombinierte ich:
Es wird mit Absicht ein Loch in diesem Stuhl sein. Ich bin hier bei einem Arzt, der meine Hämorrhoiden behandeln wird ergo will er sich die Dinger auch anschauen. Ich rutschte dementsprechend so weit ich konnte mit meinem Po in Richtung des Stuhl-Schlitzes. Leider passte ich NICHT EXAKT DARAUF UND FRAGTE MICH AUCH gleichzeitig, ob der Arzt denn wohl unter den Stuhl klettern wĂźrde um mich zu BEHANDELN $IE 4Ă R GING AUF UND (ERR Doktor begrĂźĂ&#x;te mich ein zweites Mal. Dann krallte er sich eine Fernbedienung und schon bewegten sich Stuhl und ich soweit in die Horizontale, bis ich auf dem RĂźcken lag. So passte mein Po dann auch an das Polsterloch. Na klar! Elektronisch! Ich Dummerchen. Jetzt wurde mir allerdings
etwas flau, vor allem, als ich meine Beine links und rechts auf zwei StĂźtzen legen musste. Noch viel unangenehmer war, als sich plĂśtzlich zwei Finger in mich bohrten. NatĂźrlich zuckte ich und quiekte ein wenig auf. Ich ĂźberhĂśrte das „Entspannen Sie sich!“ und presste weiter zusammen, was das Zeug hielt. Dann drang etwas, das viel dicker und härter als zwei Finger war, in mich ein. Diesmal schrie ich sogar ein wenig auf. Der Doktor quittierte das mit seelenruhigem Geschwafel und seinem Lieblingsmantra „Entspannen Sie sich!“. Ich wurde langsam ein wenig zornig, während ich angestrengt an die Decke starrte. Als sich zum Abschluss ein stählernes, noch grĂśĂ&#x;eres Dingsbums in mich zwang, das mir auch noch drei Spritzen verpasste und mir ein richtig laut kreischendes „Aua!“ entlockte, lagen meine Nerven schlieĂ&#x;lich blank. Der Arzt besaĂ&#x; tatsächlich die Frechheit mich ein drittes Mal mit der Entspannungsfloskel zu behelligen, was meinen darauf folgenden Wutausbruch wohl von selbst erklärt: „Das ich nicht lache! Entspannen Sie sich fĂźr’n Arsch! Wo haben Sie Ihren Doktor bitte schĂśn gemacht?! Auf der Clown-Schule?“. Die Behandlung war damit sehr plĂśtzlich beendet. Ich bekam ein Rezept fĂźr Salbe, einen verständnislosen "LICK UND SOLLTE IN EIN PAAR 4AGEN ZUR +ONTROLLE WIEDER KOMMENx 7AS DANACH GESCHAH 4EIL )N DER Apotheke machte ich eine riesige Szene, weil die Frau mir zu der Salbe ein RĂśhrchen legte, das ich zum „einfĂźhren“ benutzen sollte – allein das Wort bewirkte eine MITTELSCHWERE (YSTERIE MEINERSEITS NatĂźrlich wusste sie es nicht besser. 4ROTZDEM ZWANG ICH SIE MIR ZU VERSICHERN dass ich dieses RĂśhrchen nicht bräuchte weil mein Arzt sagte, ich sollte die Salbe nur äuĂ&#x;erlich auftragen. Sie nickte verzweifelt. Ich steckte das kleine Plastikrohr dennoch ein. Als Erinnerung.
Sex ABC K-N
Kamasutra Eine indische Liebeskunst, die ßber 2000 Jahre alt ist - das Kamasutra ist heute immer noch fßr jedermann ein geläufiger Begriff. Man verbindet es mit vielen unterschiedlichen oftmals auch verrenkenden und komplizierten Stellungen. $ER 3EX HAT ETWAS -EDITATIVES UND DIE Verbundenheit mit dem Partner soll hier sehr gefÜrdert werden. Es sollte nicht als Stellungskatalog gelesen werden, sondern als Inspiration fßr das Liebes- und Gefßhlsleben.
Lusttropfen Oder anders Präejakulat: das ist ein kleiner Spermatropfen, der vor dem Samenerguss DURCH DIE SEXUELLE %RREGUNG AUS DEM 0ENIS abgesondert wird. Der Lusttropfen ist unter anderem der Grund, warum der Koitus )NTERRUPTUS 3EX BEI DEM DER 0ENIS KURZ VOR dem Samenerguss herausgezogen wird und bei dem fälschlicherweise angenommen wird, dass eine Schwangerschaft verhindert werden kann- nicht funktionieren kann. AuĂ&#x;erdem dient der Lusttropfen auch als natĂźrliches Gleitmittel.
Multipler Orgasmus Ein multipler Orgasmus sind viele aufeinander folgende HĂśhepunkte einer Frau. Man munkelt, dass je trainierter die Beckenbodenmuskulatur der Frau, desto fähiger ist diese einen multiplen Orgasmus zu bekommen. Durch eine trainierte Beckenbodenmuskulatur wird die Klitoris empfindlicher. Die eine gute Ăœbung dazu: *EDEN 4AG EINIGE -ALE 3EKUNDEN DIE Beckenmuskulatur anspannen und wieder entspannen. Wie gut man dann trainiert ist prĂźft man beim Pinkeln. Einfach versuchen den Strahl anzuhalten und wenn dieser dann gänzlich stoppt, ist man gut trainiert.
Neunundsechzig Eine sehr intime Stellung, bei der beide Partner mit dem Mund des jeweils anderen stimuliert wird, mit anderen Worten: GLEICHZEITIGER /RALSEX -AN NENNT ES Stellung 69, weil die KĂśpfe und Beine in entgegengesetzte Richtung des anderen weisen, was wie die Zahl 69 aussieht. Dabei kann man seitlich zueinander gewandt, oder aufeinander liegen, sodass der Mund perfekt zum SchoĂ&#x; des anderen reicht. Es kann schwierig sein, sich fĂźr längere Zeit sowohl auf sich selbst als auf den Partner zu konzentrieren, aber ein Versuch ist es WERTx
Veronika Czerniewicz
7AS DANACH GESCHAH 4EIL )CH NAHM DEN ZWEITEN 4ERMIN BEIM 0ROKTOLOGEN wahr. Manchmal bin ich einfach scheiĂ&#x;evernĂźnftig. Die Behandlung war in etwa die gleiche, nur etwas kĂźrzer. Ihm entfuhr tatsächlich wieder „dieser“ Satz, aber ich ertrug alles mit zusammengekniffenen Lippen. Zum Schluss sagte er dann mehr zu meinen Hämorrhoiden als zu mir: „Na, da ist doch schon jemand viel kleiner geworden!“.
Marcel Doganci
Maiko Henning
LebensEcht
FernSicht
Alexander Graeff
Wien - Eine Ode Nein, den Ăźblichen Tourikram sparen wir uns dieses mal. Hundertwasserhaus, Staatsoper, Prater, SchĂśnnbrunn, Stephansdom... logisch, gibt's hier alles, wie in tausend und einem dahergelaufenen ReisefĂźhrer nachzulesen. Ist jetzt auch gar nicht abwertend gemeint, alles wirklich sehr schĂśn, sollte man sich unbedingt ansehen. Doch Wien hat wesentlich mehr zu bieten als das.
Wien ist nämlich ganz vornehmlich eines - wunderschĂśn. Eine Stadt, die von einer besonderen Atmosphäre lebt. Eine Stadt in der man gerne den ganzen 4AG UND BIS SPĂ‹T IN DIE .ACHT EINFACH durch die Gassen und StraĂ&#x;en streunt, um immer wieder das Sonderbare, EigentĂźmliche, Bemerkenswerte zu finden. Protzigen Klassizismus, neben abgeranztem modernistischem Beton. +IRCHEN ALLER %POCHEN UND 3TILE INTERTEXTUELL durchmengt mit Jugendstil, barockem Kitsch, gelegentlicher Ultramoderne an zu Wohn- und Einkaufssiedlungen umgebauten Gasometern. Ganze Inseln voller Plattenbau, 5NO #ITY $ONAU #ITY DAHINTER PLĂšTZLICH EINE seltsam melancholische Parklandschaft mit FernsehtĂźrmchen und einsamen Volierenhäuschen. Papageiengekreisch. Kanäle Ăźberhangen von GrĂźn, kleine Schrebergärten, Lattenbuden mit Bootsanleger. Und immer wieder grandios erhaltene GrĂźnderzeitbauten, soweit das Auge reicht. Die Folgen des alliierten Bombardements und noch viel schlimmer deren Behebung nach dem Zweiten Weltkrieg in der Heimat täglich am eigenen Leibe erfahrend, kommt dem erstaunten (Wahl)KĂślner, frĂźher oder später der Verdacht, die Ă–sis hätten trotz Heimkehr ins Reich nichts abbekommen. Ein Fehlschluss. Hier hat man lediglich nach dem Krieg gemäĂ&#x; den MĂśglichkeiten wieder SO AUFGEBAUT WIEgS VORHER WAR 4JA WAR ALSO doch die geschmackliche Minderbemittlung deutscher Nachkriegsstadtplaner schuld.
Ăœberhaupt ist ja der Wiener, der bessere Deutsche, bzw. so, wie man als Deutscher die Deutschen gern hätte, um sie ein wenig lieb haben zu kĂśnnen.
Alexander Graeff
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FernSicht
Oder vielmehr, wie man sich als Deutscher selbst gern hätte, um sich ein wenig lieb haben zu kĂśnnen. Aber lassen wir das. Fakt ist jedenfalls, hier beschleicht einen die leise Ahnung, dass es doch mĂśglich sein kĂśnnte, trotz Beton, Melancholie, Schwermut ein wenig dekadenter, humorvoller, arroganter, KURZUM Ă‹STHETISCHER ZU LEBEN 4AUBEN vergiften im Park und wenn morgen die Welt untergeht: "Ah, geh schäiĂ&#x;en!". Die Kleidung nicht im Schrank sondern s'Gwand im Kasten, im Supermarkt keine schnĂśde 4Ă TE SONDERN A 3ACKERL *A DAS MACHT
Alexander Graeff
Freude! So sehr sogar, dass linguistisch sensiblere, zur schnellen Anpassung an lokale Gepflogenheiten neigende Gemßter schon darauf achten sollten, sich nach der Rßckkehr aus der Üsterreichischen Kapitale mÜglichst bald den Pseudo-Schmäh wieder abzugewÜhnen.
Es gilt ja weiterhin Wien eher nicht als die europäische Nightlife Metropole. Das stĂśrt allerdings weniger, denn prächtiges AmĂźsement ist auch ohne diesen OMINĂšSEN 4ITEL MĂšGLICH .EBEN ETABLIERTEN Szeneadressen wie beispielsweise dem &LEX WO EINEM SEIT DIREKT AM Donauufer vornehmlich elektronische Klänge von internationalem Rang um die Ohren wummern, Ăźberzeugt vor allem die Kneipenlandschaft. In HinterhĂśfen und finsteren Ecken, hinter StraĂ&#x;enbahngleisen und in GewĂślbegrĂźften lässt sich manches individuell-originelle Etablissement auftun. ER *AHRE 'EMĂ TLICHKEIT MIT $UB AUS DEN "OXEN UND &ELA +UTHI IM 46 IST EBENSO DRIN wie Parties in besetzten Häusern, Konzerte in autonomen Villen oder KellerlĂścher vĂśllig ohne Beschallungsanlage, dafĂźr mit reichlich SperrmĂźll Mobiliar inkl. Pinkeleimer im Nebenzimmer. FĂźrs leibliche Wohl sorgt eine Gastronomie, die neben dem Ăźblichen europäischen Standard - DĂśner, McDoof, Chinamann, gĂźnstige StudentencafĂŠs - vor allem einen absoluten Gewinner zu bieten
hat. Die Rede ist vom vÜllig rechtens vielgerßhmten Wiener Kaffeehaus. Sofern man sich denn die Mßhe macht nach den von Einheimischen frequentierten Adressen Ausschau zu halten, anstatt IN DIE NËCHSTBESTE 4OURIKASCHEMME ZU stßrmen. Es entlohnt dann beispielsweise lecker Gulasch zum Spottpreis, als kleiner Mittagsnack zur Wiener Melange. In angenehm wßrdig abgeranztem Ambiente serviert von freundlichen Kellnern mit charmantem tschechischem Akzent. Nachher ein Schnaps, dann noch ein bisschen im Standard geblättert, einen Seufzer gelassen und wieder raus in diese unvergleichlichen Altstadtgassen. Wie sang Falco einst: "Die Lebenslust bringt dich um." Es läuft halt doch immer wieder darauf zurßck: Wien ist mehr als nur eine Stadt, es ist ein Lebensgefßhl. Wiener mßsste man sein.
&ELIX 'ROSSER
Alexander Graeff
Nun mag jedoch die bloĂ&#x;e Schlenderei und das lokale Naturell nicht unbedingt schon jederfrau und -mann zur Befriedigung gereichen. Werfen wir also noch einen Blick auf die weiteren VorzĂźge der Donaustadt. Als Shoppingmekka tut sie sich auf den ersten Blick nicht hervor. Das täuscht jedoch bisweilen, je nachdem in welche Richtung die KonsumgelĂźste wuchern. Modisch scheint's jedenfalls mitunter so, als verramsche man hier in den groĂ&#x;en Kaufhäusern die Sachen, die in hiesigen Gefilden im Jahr zuvor en vogue waren. Die Mariahilferstr., an der sich die Einkaufstempel aufreihen, hat ihren Wert somit eher als ein hervorragender Ort zur Beobachtung neuester jugendkultureller 4RENDS (IER SOLLEN DIE ERSTEN Ăśsterreichischen Austro-Emos gesichtet worden sein und auch Ă–silands finest, die berĂźhmtberĂźchtigten Krocha, liefen hier schon dem ein oder anderen Safarifreund vors Fernrohr. Anders verhält sich's wenn man den diversen SeitensträĂ&#x;lein den Vorzug gibt. Hier lassen sich durchaus auch etwas kuriosere Lädlein auftun und bei ramschigen Second Hand Video-AudioAllerlei Dealern die Billigporno Kisten durchkramen.
FernSicht
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Wie komme ich weg?
www.couchsurfing.com
Couchsurfing bedeutet: in eine Stadt fahren, bei fremden Menschen schlafen und sich dafĂźr meistens mit Essen, Putzen, Einkaufen, Alkohol oder Ă„hnlichem (nein, kein Sex auĂ&#x;er es wird ausdrĂźcklich erwĂźnscht) zu revanchieren. Couchsurfing. Nur eine Idee? Eine Ideologie? Oder doch ein Lebensstil? Die Internet Seite erinnert vom Aufbau her ein wenig an StudiVz. Man kann Freunde „adden“, Nachrichten schicken, jeder hat ein Gästebuch. Nur kommen die Menschen hierbei aus aller Welt. Die Gästebucheinträge stammen oft von Leuten, die tatsächlich schon einmal auf der Couch der Gästebuchinhabenden Person nächtigten und es gibt sogar Bewertungen Ăźber die Gastfreundlichkeit der Menschen. Couchsurfing. Ich persĂśnlich habe es NOCH NIE AUSPROBIERT !BER !LEXANDER VAN Wickeren hat schon einige Erfahrungen mit dem Surfen Ăźber die Couches gemacht. Und berichtet darĂźber: Couchsurfing. Was hat das eigentlich mit „Couch“ zu tun? Ich zumindest lag im Sommer vor drei Jahren, mit dem fast schon vertrautem Jetlag, vierzig Busminuten weit weg von Australiens Backpacker Nabel „Kings Cross“, in einem etwas altmodischen Ehebett und schrieb Emails an meine neidischen Freunde. Dabei war’s noch gar nicht so lang her, dass mich eine junge Studentin morgens in eisiger Kälte vor dem Flughafen samt Gepäck in ihr weiĂ&#x;es neunzigerjahre Auto geschoben und durch
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FernSicht
Summerjam Ein wenig lustig muss es schon ausgesehen haben: Der Polizist vor uns mit hochgereckter Hand, wir schĂśn blĂśd grinsend, winkend. Links neben mir ein Franzose, am andern Ende der Gruppe ein Spanier und in der Mitte meine Leute.
CouchSurfing 3YDNEYS )NNENSTADT IHRE 5NI SOWIE IN EIN japanisches Restaurant im dreizehnten Stock gezogen hatte, wo ihre Freunde während unserer Gespräche wohl nur darauf warteten, dass mir das Reisbällchen wieder von den Stäbchen fallen wĂźrde. Keine zwei Monate vorher waren die ersten Antworten auf meine Anfragen nach SchlafmĂśglichkeiten im Posteingang eingetroffen. NatĂźrlich waren das nicht alles Zusagen, aber vier oder fĂźnf Leute hatten interessierte Emails zugeschrieben. SchlieĂ&#x;lich blieben zwei davon Ăźbrig, die mich dann auch einluden. Später habe ich erfahren, dass dieses lange Prozedere nicht der Normalfall ist und Leute sich oftmals erst vor Ort besser kennen lernen. Ăœblich sind auch Menschen, so habe ich mir sagen LASSEN DIE BEI DIESEN 4REFFEN EINE &LASCHE Wein als Gastgeschenk erwarten und auch aktive Eigeninitiative. Putztechnisch mit anzupacken ist meist gern gesehen. )N 3YDNEY JEDOCH DURFTE ICH NICHT PUTZEN Das verbat das speziell russische Verständnis von Gastfreundschaft meiner eingewanderten Gastgeberin. Kochen durfte ich aber und so lieĂ&#x;en ihr Bruder und ihre Eltern meinen „italienischen Nudelauflauf“ als Gastgeschenk gerade noch durchgehen. Doch als Dank wurde ich wieder in dieses
Maiko Henning weiĂ&#x;e Auto geladen und man verfrachtete mich auf „Bushwalks“ in den zwei Stunden nĂśrdlich gelegenen „Blue Mountains“. Es war kalt aber schĂśn. Kaum zurĂźck und geduscht ging es wieder in dieselbe Richtung. Die nächste Couchsurfer Bekanntschaft fuhr mit mir Auto. Sie fuhr, eine Hand am Lenkrad, die andere am Lautstärkeregler, den sie in ihren Sprechphasen runterdrehte und rauf wenn einer von uns redete, während ich auf dem RĂźcksitz neben anderen saĂ&#x; und wir mit deutlich zu teurem Lokalbier, auf den Weg nach Newcastle anstieĂ&#x;en. Unterwegs machten wir halt und aĂ&#x;en Fischburger an einer Raststätte. Da sei Hai drin verarbeitet, versprach die Verkäuferin mir, weil auf dem Preisschild keine Angaben zur Fischsorte gemacht wurden. Ich nickte freundlich und aĂ&#x; weiter. In Newcastle, viel mehr als der Name ist mir von der Stadt nicht geblieben, fanden wir schlieĂ&#x;lich die fast leerstehende Wohnung. In einem dieser auffallend schlecht VERARBEITETEN (Ă‹USER FAND DIE +OSTĂ MPARTY statt, bei der ich ein altes Jackett trug und als einer der wenigen später noch stehen konnte.
Der Polizist guckte ein bisschen gequält als er das Foto schoss, gab uns dann die Kamera wieder. Das Foto zeigt Verbrecher vorm Polizeizelt, alle mit Lachanfall und guter Laune. Bis auf den Franzosen. Der wirkte ein bisschen bedrĂźckt, hatte keinen Ausweis dabei und Feuer im Wald gemacht. Der Spanier hingegen war mit dem ganz normalen Summerjam-Delikt ausgerĂźstet angereist. VerstoĂ&#x; gegen das "ETĂ‹UBUNGSMITTELGESETZ 4ROTZDEM IST ER oberkĂśrperfrei, total gut gelaunt, tanzt ein bisschen mit uns im vor den FakeBambuszäunen eingrenzten Polizeibereich.
Es ist schon schĂśn, wenn man feststellen kann, wie viele Nationalitäten sich tatsächlich in KĂśln tummeln, wenn das Summerjam wieder angebrochen ist. Ganz am Anfang haben wir Engländer kennen gelernt, die das gesamte Jahr sparen, um beim Festival in Deutschland so richtig auf den Putz zu hauen. Klar, das Bier ist hier ja auch billiger. Dann gab es da noch die Schweizer neben uns, die sich ständig unsere Espresso Maschine ausliehen, um damit echten Schweizer Kaffee zu kochen. Die Franzosen am Wegesrand, die jedes mal wenn man mit einer Rolle Klopapier vorbeiging, Pupsgeräusche machten. Der Kongolese, der einfach zu uns kam, sich in einen Stuhl fallen lieĂ&#x; und mit uns trinken wollte. Und eben auch der Spanier, der kein Wort Englisch oder Deutsch sprach und mit nacktem OberkĂśrper beim Gruppenfoto mit der Polizei dabei war. Dass Musik (und die Polizei) immer wieder Menschen zusammen bringt, die aus
KOMPLETT UNTERSCHIEDLICHEN 4EILEN DER %RDE stammen, keine gemeinsamen Sprachen sprechen und trotzdem miteinander tanzen, lachen und festgenommen werden, ist schon eine schÜne Sache. Die, wie ich finde, auch an dieser Stelle einfach einmal wieder erwähnt werden musste. Ich jedenfalls werde allein schon wegen der vielen Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturen im nächsten Jahr wieder zum Summerjam fahren - es lohnt sich in jedem Fall - auch wenn am Ende nur ein Gruppenfoto vorm Polizeizelt dabei herumkommt.
4EXT &OTOS 3IMEON "U”
!LEXANDER VAN 7ICKEREN
FernSicht
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Mikrokosmos:
"In China essen sie Hunde". ... und Schlangen, Affen, im Grunde alles Vierbeinige auĂ&#x;er Tisch und Stuhl; alles zu Wasser und in der Luft, ausgenommen Boot und Flugzeug. Letztere Behauptung ist sogar ein Sprichwort der Chinesen selbst. Kulinarische BerĂźhrungsängste? Nicht unbegrĂźndet, wie es schien, bis ich mich auf einem Plastikhocker mit einem Plastikbecher voll dĂźnnem Bier bekehren lieĂ&#x;. Es war Anfang November 2006 in Beijing, Hauptstadt der Volksrepublik China, die 4EMPERATUR GLEICH .ULL GEFĂ HLT BEREITS MINUS 'RAD 'UT EINEN -ONAT BIN ICH SCHON HIER fĂźr ein Praktikum, die Arbeit gefällt und die Kollegen nehmen mich zum Mittagessen mit in ein nettes Restaurant, so dass ich mich kulinarisch bereits erprobt fĂźhle. Doch abends holen mich meine Sprachkenntnisse ein: Vier Wochen, vier Familienpackungen
FernSicht
Instant-Nudeln, in dieser Woche war es VERMUTLICH SCHON EXPERIMENTELLER 3HRIMP Geschmack. Dazu Himbeerjoghurt, Kekse und Saft, soviel kann ich den Packungen ohne Entzifferung der Schriftzeichen entnehmen; an der Kasse blicke ich stets steif auf die Leuchtanzeige, habe bereits ungefähr den Betrag errechnet und in den verschiedenen Scheinen und MĂźnzen parat. Dann treffe ich Frida. Sie ist aus Berlin, ich komme aus Franken, Frida kann sich von Haus aus ihr Essen auf tĂźrkisch, spanisch oder russisch bestellen, ich habe MEIN GRO”ES ,ATINUM IN DER 4ASCHE $IE )NFORMATION IST AN DER 3TELLE NICHT NĂšTIGx bringt euch in China ja nichts) Frida nimmt mich dorthin mit, woran ich sonst abends nach der Arbeit mit verstohlenem Blick in DIE 4ĂšPFE VORBEI GEHUSCHT BIN $IE CHINEsischen GarkĂźchen. Sie finden sich an jeder StraĂ&#x;enecke, in jeder noch so kleinen Verkaufsnische, selbst Hauseingänge werden zu solchen umfunktioniert. Sie bestehen aus bizarr konstruierten Ă–fen, die Platz schaffen fĂźr einen Holzkohlegrill, Wokpfannen und DampfkĂśrbe. Dort lassen sich die WanderARBEITER &AHRRAD +URIERE UND 4AXIFAHRER IN
ihren Pausen nieder, abends gehen auch die Sekretärinnen und Jugendlichen noch einen Happen essen. Praktisch nie lässt sich dort ein Ausländer blicken, selbst die sonst so abenteuerlustigen Rucksacktouristen treffe ich ausschlieĂ&#x;lich an der Supermarktkasse, EBENSO AUF DIE ,EUCHTANZEIGE lXIERT WIE ICH Die GarkĂźchen sind voll funktionsfähige "ETRIEBE AUS HYGIENISCHEN 'RĂ NDEN SERVIERT man mit Einwegstäbchen, die nicht selten unter der Last des Gerichts zu zerbersten drohen. In den Hausnischen-Imbissen gibt es meist ein Waschbecken, StraĂ&#x;enverkäufe helfen sich mit Plastikwannen aus, in denen sowohl das dreckige als auch saubere Geschirr gelagert wird, um es anschlieĂ&#x;end zum nächstgelegen Ăśffentlichen WasseranSCHLUSS ZU TRANSPORTIEREN !US DEN 4ĂšPFEN und KĂśrben strĂśmt ein intensiv seifiger Geruch: die servierten Gerichte, so scheint es, sind scheinbar ohne eine Hand voll frischem Koriander, der diesen Duft verursacht, nur halb so schmackhaft. Nun sitze ich mit Frida das erste Mal noch in einer häuslichen GarkĂźche und gebe nach einem stolzem Jahr Fleischverzichts im heimatlichen Sonntagsbraten-Paradies mich der Fleischeslust hin: LammspieĂ&#x;e mit FĂźnf-GewĂźrzmischung.
Der Bann ist gebrochen, ich werde zum Junkie. Ob Nudelsuppe mit RĂźhrei und 4OMATE GEFĂ LLTE 4EIGTASCHEN MIT )NNEREIEN frittierte KartoffelstĂźcke mit dunkler SoĂ&#x;e ODER KLEINE 4INTENlSCHE AM 3PIE” KEINE GarkĂźche, die auf meinen leeren Magen trifft, wird ausgelassen. Oftmals nicht ohne bleibende Schäden, bei einem Besuch in .ANJING SORGEN JENE 4INTENlSCH &à ”CHEN fĂźr einen kulinarischen Aussetzer und ich zehre in der Jugendherberge von linDERNDEM 4EE Auch sind die kulinarischen Hemmschwellen nicht immer die einzigen - zwar kann ich mein Essen mittlerweile nach mĂźndlicher Preisansage bezahlen, weiĂ&#x; aber oftmals nicht, was das Gekaufte enthält. So werde ICH BEI DEN BERĂ HMTEN 4EIGTASCHEN AUF meine Frage nach der FĂźllung entweder lachend abgewehrt, um mir anscheinend nicht den Appetit zu verderben oder aber mit einem vernichtendem Blick bestraft, da ES SICH BEI DEM 2EZEPT UM DAS EXISTENZBEGRĂ NDENDE EXISTENZSICHERNDE &AMILIENREzept zu handeln scheint. Die Familie ist der Dreh- und Angelpunkt dieser Mikrokosmen, jeder ist eingespannt, falls vorhanden: Vater am Grill, Mutter am Wok, Oma an den 4EIGTASCHEN /PA AN DER +ASSE +INDER AM Kassieren, SpĂźlen und Servieren.
Von Beijing Ăźber die Hafenstadt Qingdao nach Shanghai, in der alten Konfuziusstadt Qifu und in der Heimat der muslimischen Hui-Minderheit Xi'an, probierte ich mich auf Plastikschemeln, im Stehen oder Gehen einiges aus, doch blieb ich zumindest WISSENTLICH VON DEN EXOTISCHSTEN :UTATEN an tierischem Fleisch (tierischem Protein) verschont, weiter als bis zu einer Suppe aus SchweinefĂźĂ&#x;en brachte ich es nicht. Ăœberall schmeckte es anders, die regionalen Unterschiede der KĂźchen waren Welten voneinander entfernt: Im Norden deftig und fettig, im muslimischen Westen ohne Alkohol und Schwein, im Osten Fisch und Kräuter, IM 3Ă DEN 3UPPEN UND ZARTE 4EIGTASCHEN Jedes Mal wurde ich kritisch beäugt, jedes Mal erwartete ich mit Aufregung das Aussehen meiner Mahlzeit. Und jedes Mal, egal in welcher Ecke Chinas ich mich auf einem Plastikschemel niederlieĂ&#x;, wurde ich vom stolzen Blick des Kochs belohnt, wenn er in mein freudiges und sattes Gesicht blickte. 4EXT &OTOS -AXIMILIANE +OSCHYK
FernSicht
h c i e R s i n t
n n e Erk
Corinna Kern
Doping
mal alles reingeknallt was geht. Da nimmt man Wachmacher, die man beispielweise aus ADHS, der Aufmerksamkeitsdefizit(YPERAKTIVITËTSSTÚRUNG KENNT %IGENTLICH ALLE Substanzen, die kognitiv leistungsfähiger machen.
Erkennntisreich : Wie viele junge Leute sind gedoped, um leistungsfähiger oder sportlicher zu sein?
Interview mit Michael Sauer von der Deutschen Sporthochschule KĂśln
Erkenntnisreich: Was ist Ăźberhaupt Doping?
Michael Sauer: Die Definition der Welt Doping Agentur besagt, Doping ist das Vorhandensein von bestimmten Substanzen im KĂśrper eines Athleten oder der Gebrauch von bestimmten Methoden.
Erkenntnisreich: Was hat deine Arbeit mit Doping zu tun? Sauer: Wir sind hier in der Aufklärungsabteilung der Deutschen Sporthochschule. Wir klären die Studenten UND +ADERMITGLIEDERN Ă BER DAS 4HEMA Doping auf. Den Kaderathleten erklären wir, wie das Dopingreglement aussieht und welche Konsequenzen eine Dopingkontrolle hat. Nebenbei erforschen wir auch die gesellschaftlichen Komponenten des Dopings. Wo wir auĂ&#x;erhalb des Sports Doping noch finden.
Erkenntnisreich: Wie sieht die gesellschaftliche Komponente des Dopings aus?
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ErkenntnisReich
Wer ist davon betroffen? Sauer: Die meisten Leute beschränken ihre Sichtweise auf das Doping nur auf den Leistungssport. Die wenigsten fĂźhlen sich BEI DIESEM 4HEMA SELBER ANGESPROCHEN Wenn man sie aber befragt: was nimmst DU TAGSĂ BER 4RINKST DU #AFE .IMMST du irgendwelche Medikamente? Hast du in letzter Zeit Drogen zu dir genommen? AbfĂźhrmittel? Schmerzmittel? Dann wären da schon bei vielen Menschen Substanzen dabei, die unter das Dopingreglement fallen. Das heiĂ&#x;t, viele Menschen sind schon im Alltag gedoped.
„Unter den KÜlner Christine Willen
Bist du etwa gedoped? Diesen Vorwurf mĂźssen sich Athleten häufig gefallen lassen. Dabei dopen wir im Alltag viel Ăśfter als Profisportler. Jeder zweite Jungendliche in KĂśln experimentiert mit Dopingmitteln. Männer und Frauen, SchĂźler und Studenten, alle manipulieren sich und ihren KĂśrper, weiĂ&#x; Michael Sauer vom Institut fĂźr Dopinganalytik der Deutschen Sporthochschule in KĂśln.
Sauer: Unter den KĂślner Jungendlichen redet man von bis zu 8 %, die Steroide NEHMEN #IRCA NEHMEN 4(# UND CIRCA DOPEN SICH MIT IRGENDWELCHEN 7ACHMACHERN )NSGESAMT SIND ALSO der Jugendlichen davon betroffen. Wenn man zum Beispiel ins Fitnesstudio geht, mag der Anteil an Leuten, die Steroide nehmen noch hĂśher sein. Doping hat Ăźbrigens nichts mit dem Bildungsniveau zu tun. HauptschĂźler, Abiturienten, Studenten dopen gleichermaĂ&#x;en.
„Nimmst du irgendwelche Medikamente? Hast du in letzter Zeit Drogen zu dir genommen? AbfĂźhrmittel? Schmerzmittel?“ Erkenntnisreich: Womit doped sich der Otto-normalverbraucher? Sauer: Die klassischen Dopingmittel sind Nikotin und Koffein. Damit kann ich länger wach bleiben, oder den Arbeitsstress besser verarbeiten. Männer und Frauen haben unterschiedliche BeweggrĂźnde: viele junge Männer mĂśchten sich gesund ernähren und besonders kräftig aussehen, dann nimmt man Nahrungsergänzungsmittel oder Steroide. Frauen eifern dagegen einem Schlankheitsideal nach. Sie machen eher Schlankheitskuren oder nehmen AbfĂźhrmittel. All das zusammengerechnet SIND MANIPULIERENDE 3YSTEME *EDER ZWEITE ist bestimmt davon betroffen.
Erkenntnisreich: Welche illegalen Substanzen fallen denn unter das Dopingreglement, die wir auch im Alltag wiederfinden? Sauer: Dopingreglement beschreibt Substanzen, die im Sport nicht legal sind. Die findet man in der Gesellschaft auch wieder, nur hat man da ein anderes "EZUGSSYSTEM )N DER 'ESELLSCHAFT GIBT ES kein Dopingreglement. Sämtliche Drogen sind gleichzeitig auch Doping-Substanzen im Leistungssport. Also Cannabis, Kokain, Morphin, Heroin, Amphetamine. In der Gesellschaft werden diese Substanzen anders angewendet.
Jungendlichen redet man von bis zu 8 %, die Steroide nehmen. Circa 30 % nehmen THC und circa 15 % dopen sich mit irgendwelchen Wachmachern.“
Erkennntisreich : Doping an sich birgt ja auch ein gewisses Gesundheitsrisiko. Wie gefährlich sind diese Substanzen fĂźr den KĂśrper? Sauer: Die Gefahr vor Missbrauch ist in der Gesellschaft viel grĂśĂ&#x;er als zum Beispiel im Leistungsport. Ein Leistungssportler ist rund herum ärztlich betreut, der hat einen ,EIBARZT UND EINEN 0HYSIOTHERAPEUTEN )N der Gesellschaft geht viel nach dem Motto: „trial and error“. Ich stell mir das so vor: Ein Jugendlicher steht im Fitnessstudio und quält sich ab. Der Sommer steht vor DER 4Ă R $AS 3IXPACK MUSS HER WEIL DIE Mädels das cool finden. Neben ihm steht EIN 4YP MIT RIESIGEN /BERARMEN $ANN FRAGT ER DEN 4YPEN WIE HAST DU DAS GEMACHT $ANN SAGT DER ENTWEDER ICH HAB *AHRE trainiert oder du musst einfach diese 3TEROIDTABLETTEN NEHMEN $IE 4ABLETTEN kriegt er dann zuerst geschenkt. Ich bilde mir ein Ăźbernächste Woche habe ich das 3IXPACK UND DIE &RAUEN STEHEN AUF MICH So ist der naive Gedanke. Dabei gelangt man schnell in eine Spirale. Der nächste sagt, du musst Spritzen nehmen, die sind effektiver. Der Ăźbernächste sagt, da musst du Wachstumshormone nehmen, da wirst du noch schneller muskulĂśs. Hier liegt das gesundheitliche Gefahrenpotential. Man instrumentalisiert seinen KĂśrper. Jeder EXPERIMENTIERT INDIVIDUELL HERUM 6IELE wissen nicht was sie tun und glauben an den schnellen Erfolg.
Erkenntnisreich: Wie ist der Trend? Geht es immer mehr dazu Ăźber, den KĂśrper zu instrumentalisieren?
In den letzten 20 Jahren sind immer mehr Medikamente frei verfĂźgbar, anstatt Ăźber Rezept aus der Apotheke.
AuĂ&#x;erdem haben kommerzielle Anbieter den riesigen Markt von Nahrungsergänzungsmitteln fĂźr sich ENTDECKT 4Ă‹GLICH KOMMEN NEUE -ITTELCHEN hinzu, wo man sich echt fragt, was soll der Quatsch. Gerade in Deutschland, wo sowieso von allem mehr als genug da ist, muss man nichts ergänzen, sondern eher reduzieren. Proteine und Kreatine kennt heute jeder zweite Jungendliche. Das ist vĂśllig legal und viele glauben davon bekämen sie mehr Kraft. Dann geht man den nächsten Schritt, wie kann ich das hormonell unterstĂźtzen. Man hat einen riesigen Pool an MĂśglichkeiten. Deswegen GLAUBE ICH DASS DIESER 4REND ANHALTEN WIRD
Erkenntnisreich: Was kÜnnte man diesen Trend entgegensetzen? Sauer: Der beste Weg ist, Aufklärungsarbeit zu leisten. Die Konsumenten sollten selbstkritischer werden. Indem man eine Alternative zu den Nahrungsergänzungsmitteln findet und man sich fragt: Was will ich eigentlich? Was ist mein Ziel? Und wie komme ich dahin? Innerhalb unserer Aufklärungsarbeit fragen wir die Jungendlichen: Willst du Arnold Schwarzenegger werden? Oder willst du etwas fßr deine Gesundheit tun? Wir stellen immer wieder fest, dass eine komplette Unklarheit ßber das eigentliche Ziel besteht.
„Willst du Arnold Schwarzenegger werden? Oder willst du etwas fĂźr deine Gesundheit tun?“
Erkenntnisreich: Sind Studenten auch gedoped? Sauer: Studenten sind natßrlich auch davon betroffen. insbesondere in der Prßfungsphase vor Klausuren. Jeder kennt das, man fängt ja meistens erst sehr spät mit dem Lernen an. Kurz vor knapp wird
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Erkenntnisreich: Wenn in der Gesellschaft schon so viel gedoped wird. Sind dann die Leistungssportler sowieso alle gedoped? Sauer: Wir haben hier an der Sporthochschule auch ein DopingLabor. Wir kontrollieren Urinproben von Leistungssportlern und finden heraus, ob da Substanzen drin sind oder nicht. ,ETZTENDLICH SIND ALLER Ă BERPRĂ FTEN Urinproben positiv. Anders herum heiĂ&#x;t das, 98 % der Proben sind negativ. Kritiker behaupten, dass der Prozentsatz so klein IST WEIL WIR NICHT JEDEN 4Ă‹TER DES $OPINGS ĂźberfĂźhren kĂśnnen. Bei bestimmten Substanzen gibt es Grenzbereiche, wo man die Nachweisgrenze nach oben schrauben kĂśnnte. Bei den meisten Substanzen, wie zum Beispiel Anabolika ist das aber kein Problem. Wenn man nichts nachweisen kann, mĂźssen wir davon ausgehen, dass der Sportler clean ist. Ich glaub nicht, dass alle Sportler gedoped sind. Ich gehe aber davon aus, dass in jeder Sportart die MĂśglichkeit besteht zu dopen.
Erkenntnisreich: Unter welchen Umständen ist das Doping schwer nachzuweisen?
weil sie schon abgebaut sind. 4(# BEISPIELWEISE lNDET MAN EWIG ES IST bis 6 Wochen nach Konsum nachweisbar. Da muss man schon 2 Monate clean gewesen sein, damit man es nicht mehr im KÜrper hat. Anabole Steroide hingegen haben eine sehr viel kßrzere Verweildauer im KÜper. Wenn ein Sportler anabole 3TEROIDE IM 4RAINING NUTZT KANN DAS Wochen später beim Wettkampftermin nicht mehr nachgewiesen werden. Intelligente Dopingkontrollen berßcksichtigen aber die 4RAININGSPHASE DENN DANN MACHT ES AM meisten Sinn zu prßfen.
Reduziert
Tierversuche
!
Erkenntnisreich: KĂśnnte man nicht einfach die Herstellung der Dopingmittel verbieten? Sauer: Das ist ein zweischneidiges Schwert. Fast alle Dopingmittel kommen aus dem medizinischen Bereich. Das heiĂ&#x;t, ursprĂźnglich helfen diese Mittel kranken Menschen. Wenn Kinder zu schnell wachsen, setzt man beispielweise 4ESTOSTERON EIN $A MACHT EINE 4HERAPIE MIT 4ESTOSTERON 3INN $AS -EDIKAMENT HAT aber Nebenwirkungen, die eine sportliche Leistung steigern. Die Herstellung dieser Substanzen kann man nicht einfach verbieten, dann hilft es den wirklich bedĂźrftigen Menschen nicht mehr.
Sauer: Ein Problem ist, wenn die Dopingkontrollen nicht häufig genug stattfinden, dann findet man bestimmte Substanzen im KÜrper einfach nicht mehr,
Christine Willen
Corinna Kern
Laborhasen und Laborratten geht es täglich an den Kragen. Laut der 4IERSCHUTZORGANISATION 0%4! STERBEN in deutschen Labors rund 2,4 Millionen Wirbeltiere pro Jahr. Das soll sich ändern. Insbesondere in der Kosmetik-Industrie KÚNNEN 4IERVERSUCHE REDUZIERT WERDEN 3EIT DEM -ËRZ IST DIE %RFORSCHUNG UND die Entwicklung neuer Kosmetika ganz ohne 4IERVERSUCHE 0mICHT 0ROF $R "ETTINA 7EI” von der Hochschule Esslingen hat auch schon eine LÜsung parat:
"In den vergangenen Jahren haben sich bereits einfache Zellkultursysteme durchgesetzt, mit denen an einzelnen Zellen die Cytotoxizität und die Bioverfßgbarkeit von pharmakologischen Substanzen gemessen werden kÜnnen".
6EREINFACHT GESAGT %IN 4EIL DER :ELLEN WIRD mit den zu testenden Stoffen aus dem Kosmetikbereich zusammengebracht. Dann wird die Reaktion der Zellen beobachtet, wie sie eben auf diesen neuen Stoff reagieren. &RAU 7EI” ARBEITET IN IHREN %XPERIMENTEN mit Lungenepithelzellen. Sie testet, ob DIESE :ELLEN SOGAR DIE 4IERVERSUCHE AUS der Pharmaindustrie ersetzten kÜnnten. Sie prßft pulvrige oder lÜsliche Substanzen, die giftige oder allergene Auswirkungen auf Lungen und Bronchien haben kÜnnen. Wenn die Ergebnisse stimmen, kÜnnten 4IERVERSUCHE NOCH WEITER REDUZIERT WERDEN
Christine Willen
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ErkenntnisReich
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Die letzten Die Friesen sind ein kleines Volk im Norden Deutschlands. Den Ursprung nahmen die Friesen im Norden der Niederlande, in der heutigen Provinz Friesland.
In Deutschland gibt es in Niedersachsen das Verwaltungsgebiet Ostfriesland, und in Schleswig-Holstein den Kreis Nordfriesland. 5M DAS *AHRHUNDERT DATIEREN DIE ËLTEsten friesischen Sprachzeugnisse. Es gibt verschiedene Definitionsarten fßr die Friesen. Am häufigsten wird die geografische Herkunft dafßr herangezogen, doch gibt es seit den Zeiten der VÜlkerwanderungen ab dem fßnften Jahrhundert immer wieder auch andere Stämme, die in vorher in friesisch besetzten Gebieten siedelten.
Die Wissenschaft erklärt heute den zum Friesen, der eines friesischen Dialektes von Hause aus mächtig ist. Die Zahl der friesischen Muttersprachler geht jedoch stark zurßck. Das Ostfriesische gibt es z.B. fast nicht mehr, nur ein ostfriesischer Dialekt hat bis in die Gegenwart ßberlebt, das Saterfriesische, gesprochen im Saterland, einem kleinen Landstrich nordwestlich von ClopPENBURG (IER SIND ES NOCH GESCHËTZTE Sprecher. In Nordfriesland werden derzeit noch neun friesische Dialekte gesprochen, VON INSGESAMT CA 3PRECHERN DIE 4ENDENZ IST AUCH HIER ABNEHMEND
Friesen
Nordfriesisch wird von der UNESCO als ernsthaft gefährdete Minderheitensprache eingestuft, das Saterfriesische ist fßr eine politische Beachtung schon fast zu klein geworden, es steht aber als Minderheitensprache auch unter Schutz. In SchleswigHolstein wird der Erhalt der Sprache besonders gefÜrdert, an der Universität Kiel gibt es Friesische Philologie als Studienfach, inklusive Sprachkurse in verschiedenen Dialekten und Kulturkunde. Ob das Interesse an dieser Sprache und seinem kleinen Volk jedoch ßber die Kreisgrenzen hinaus greift, ist ungewiss. Niels Walker
Michel Foucault Vor 25 Jahren starb Michel Foucault an AIDS. Noch heute ist die Erwähnung seines Namens mitunter dazu geeignet, Ressentiment zu wecken. %IN OFFEN HOMOSEXUELLER 0HILOSOPH DER unter anderem, auf der Basis mĂźhseLIGSTER HISTORISCHER !RCHIVARBEIT DIE 4HESE aufwirft, dass all das, was die modernen Wissenschaften als universelle, gesicherte Wahrheiten Ăźber die Natur des Menschen proklamieren, häufig lediglich Ausdruck der moralischen, ideologischen und politischen Ăœberzeugungen bestimmter gesellschaftlicher Akteure ist. Da rĂźmpfen auch heute noch all jene die Nase, die Identität und Autorität aus der Selbst- und Fremdzuschreibung von wissenschaftlicher Objektivität beziehen.
ein Nachruf
Ungeachtet dessen scheint Foucault im GroĂ&#x;en und Ganzen im akademischen Mainstream angekommen zu sein. Kaum ein Anglistik-, Germanistik oder auch Ethnologieseminar mehr, in dem nicht viel zu oft und viel zu leichtsinnig mit diversen seltsam verfremdeten Versionen angeblicher Foucaultscher Konzepte jongliert wird. Diskurs beispielsweise scheint mittlerweile nahezu jede beliebige Art von Ă„uĂ&#x;erung zu bezeichnen.
Bevor also mein "Diskurs" hier, angesichts des doch eher beschränkten Raumes, dazu ßbergeht in ähnlich verflachender Weise Foucaults restliches Werk zu referieren, beschränke ich mich lieber auf die Empfehlungen, den charmanten Glatzkopf endlich mal wieder grßndlich zu lesen. Oder sich zumindest ein paar seiner Fernsehauftritte AUF 9OU4UBE REINZUPFEIFFEN $ER -ANN HATTE nämlich nicht nur gute Argumente, er hatte auch Stil. Ein Grund mehr, warum er der heutigen intellektuellen Landschaft fehlt.
Felix Grosser
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Nippes Im geografischen Universum von Studierenden wird Nippes oft unter der Kategorie „KĂślner Vorort“ eingeordnet. Auch beharrliche Erklärungen, dass das Nippeser Zentrum nur zwei KVB-Stationen vom Ebertplatz entfernt liegt, kĂśnnen daran selten etwas ändern.
AUSGESTATTET UND DAMIT WOHL DER STYLISHSTE Weggeh-Ort in Nippes. Ă„hnliche MĂśbel wie im Kuen findet man allerdings auch beim Floh in der FlorastraĂ&#x;e, einem sehr gĂźnstigen Secondhand-MĂśbelladen. Manchmal hat man den Eindruck, dass die Betreiber gar nicht wissen, welche Schätze sie fĂźr sehr wenig Geld dort Ăźber den Ladentisch gehen lassen. Sport in Nippes geht am einfachsten auf der Lohserampe am U-Bahnhof LohsestraĂ&#x;e. $IE (ALFPIPE EXISTIERT SEIT EINIGEN *AHREN und wächst ständig durch die Einnahmen DER JĂ‹HRLICHEN ,OHSERAMPENPARTY *E NACH 4AGESZEIT SIND HIER 3KATER ALLER Altersklassen. Danach kann man sich im Sommer auf eine der Wiesen im GrĂźngĂźrtel legen, aber aufpassen: Es muss schon eine Stelle sein, an der einem nicht gerade der Rauch aus einem der unzähligen Grills in die Nase zieht. Johanna Regenhard
Fotos: Alexander Graeff
Ob die Innenstadt es haben mĂśchte oder nicht, in Nippes tut sich im kulturellen Bereich einiges. Leider nicht immer in Richtung Zuwachs: Auf dem groĂ&#x;en historischen Industriegelände der ehemaligen Gummiwaren-Fabrik Clouth gab es verschiedene KĂźnstlerateliers, die jetzt einem Wohnungsbauprojekt weichen mĂźssen; davon konnten auch BĂźrgerinitiativen und Proteste der
KĂźnstlerinnen und KĂźnstler die Stadt nicht abhalten. Seit vielen Jahren Bestand hat aber die Kulturkirche Nippes in der SiebachstraĂ&#x;e. Die evangelische Kirche sieht von auĂ&#x;en wie eben eine solche aus; man wundert sich erst, wenn man ein Plakat beispielsweise von den Kooks oder von Otto Sander am Metallzaun sieht. Auch die Litcologne ist Ăśfters hier zu Gast. Nur fĂźnf Minuten entfernt gibt es Kultur der kulinarischen Art: Das alteingesessene EiscafĂŠ Engeln IST Ă BER *AHRE ALT ABER DAS %IS IST JEDEN 4AG FRISCH UND SELBST GEMACHT %S SOLL ,EUTE geben, die dafĂźr sogar den „weiten Weg“ nach Nippes auf sich nehmen. Die Clublandschaft in Nippes ist sehr beschränkt wenn nicht sogar Ăźberhaupt nicht vorhanden. Eine ZwischenlĂśsung bietet das Kuen in der gleichnamigen StraĂ&#x;e mit Livemusik und DJs. Die Kneipe IST KOMPLETT MIT ORIGINAL ER *AHRE -ĂšBELN
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Weitsinn ZeitGeist
ZeitGeist
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Sex, LĂźgen & Video
$EM $OKUMENTARlLM TO $AYS IN 0ORN gelingt das UnmĂśgliche: ein persĂśnliches Portrait der US-amerikansichen Pornoindustrie fernab von Klischees und
Vorurteilen. 3AN &ERNANDO 6ALLEY +ALIFORNIEN (IER sitzt der harte Kern einer Industrie, die angeblich die schier unfassbare Summe von -ILLIARDEN $OLLAR PER !NNUM UMSETZT jedoch im Weltbild einer groĂ&#x;en Menge von Menschen angeblich nicht vorkommt. Die Rede ist von der Pornoindustrie und die Frage ist: wenn angeblich niemand Pornos sieht, wer kauft dann eigentlich die ganzen Filme, von denen allein in Kalifornien CIRCA IM *AHR PRODUZIERT WERDEN Die Zahlen legen es nahe: Pornografie ist die verdrängt Seite des popularkulturellen Mainstream. Nun ist das keine neue Idee und die Beschäftigung mit Pornographie in Wissenschaft und Kunst zumindest vordergrĂźndig salonfähig. Doch mehr als die Bestätigung populärer Vorurteile und Bigotterien, sei sie auch noch so pseudotheoretisch unterfĂźttert, oder
UNKRITISCHE 'LORIlZIERUNG UND VOYEURISTISCHE Pseudoreportage ist dabei bisher selten herausgekommen. Warum also diesem Fim eine Chance geben? Schlicht und einfach, weil Regisseur Jens Hoffmann und Produzentin Cleonice Comino vieles besser machen. Durch ihre nahezu ethnographische Herangehensweise - zu zweit begleiteten sie einzelne Protagonisten der Szene Ăźber Monate hinweg - gelingt es ihnen, das Vertrauen der Akteure zu gewinnen und ungeahnt persĂśnliche Augenblicke festzuhalten. Dieser Film zeigt keine unmĂźndigen Opfer einer entmenschlichenden Industrie, er zeigt aber auch keine strahlenden „Superficker“ UND DAUERGEILEN 3EXBOMBEN 3TATTDESSEN erweisen sich die verschiedenen Charaktere als selbstbestimmte PersĂśnlichkeiten, die zwar nicht frei von allzumenschlichen Illusionen, sich aber sehr wohl bewusst sind welchen Weg sie gewählt haben und
wozu. In so ernĂźchternden wie absurd komischen Szenen wird letztlich vor allem EINES KLAR &ICKEN TO IST IN ERSTER ,INIE ein harter, manchmal abstoĂ&#x;ender, jedoch lukrativer Job. Doch auch in der, plĂśtzlich gar nicht mehr so fremden, Welt des San &ERNANDO 6ALLEY EXISTIEREN 1UALITĂ‹TEN DIE eine angeblich aufgeklärte Sicht gerne EXKLUSIV AN ANDERER 3TELLE VERORTEN WĂ RDE Selbstverwirklichung, Kreativität, Humor, Leben.
&ELIX 'ROSSER
Info TO $AYS IN 0ORN LĂ‹UFT IN +ĂšLN NUR in der Filmpalette und das vermutlich nicht ewig. Wer die Chance verpasst hat, findet reichlich Infos - auch zum bevorstehenden DVD Release - auf WWW TO themovie.com
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3 Kurze 4OTAL #ONFUSION Der Klassiker. Seit elf Jahren lädt das legendäre KÜlner Elektroniklabel Kompakt jeden ersten &REITAG IM -ONAT ZUM 4ANZ IM 3TUDIO UNTERM 3TADTGARTEN GESTARTET lNDET DIE Reihe mittlerweile im Bogen 2 unter der Hohenzollernbrßcke statt. Ganz Ausdauernde tanzen so ßberm Rhein in den Sonnenaufgang. Beschallt wird mit dem feinsten, was die KÜlner -INIMAL 3ZENE ZU BIETEN HAT !LTE (ASEN WIE 4OBIAS 4HOMAS UND -ICHAEL -AYER WECHSELN sich mit Neuzugängen im Kompakt-Programm und namhaften Gästen an den Plattentellern AB 0REISLICH BEWEGT SICH DAS 'ANZE MIT  IN EINEM ETWAS HÚHEREN ABER FAIREN 2AHMEN Dafßr sind nicht ganz so viele Kiddies am Start und der Prollfaktor bleibt ebenfalls gering. Das wiederum trägt zur entspannten, aufs wesentliche konzentrierten Atmosphäre bei. Hier GEHTgS UMS 4ANZEN NICHT UMS 0OSEN &ELIX 'ROSSER
Blitzbangers $IE ETWAS ANDERE 0ARTY $IE 5HR LËUFT *EDER WEI” ZWEI 3TUNDEN DANN GEHEN DIE ,ICHTER AN Das geneigte Publikum lässt sich entsprechend nicht lange bitten und schwingt zum wilden 3TILMIX AUS (OUSE "REAKBEATS (IP(OP UND 2OCK VON DER ERSTEN 3EKUNDE AN DIE (à FTEN 3EIT AKTIV HABEN SICH DIE -ACHER MIT IHREM GENIALEN +ONZEPT VERSUS DAS +ÚLN 3YNDROM DUMM RUMSTEHEN COOL MACHEN SONST NIX SCHNELL ETABLIERT +EIN 7UNDER ES FUNKTIONIERT Allen die kein langes Vorspiel brauchen oder einfach eine kurze Aufmerksamkeitsspanne haben nur wärmstens ans Herz zu legen. &ELIX 'ROSSER
New Kids, Old Hits -AN STELLE SICH DAS EINMAL VOR EIN lDELER &REITAGABEND IM *AHRE /RT DES 'ESCHEHENS IST DIE 4EMPLE "AR IN %SSEN $IE (ERREN $*S *ONA UND *AN LEGEN %URODANCE AUF SICHERLICH NICHT IHR VEREHRTESTES 'ENRE ABER VON 2OXETTE KÚNNEN SIE EINFACH NICHT DIE &INGER lassen. Dann an jenem Abend passiert es, einer der beiden dreht die Regler runter, es wird still - Stromausfall? "Captain Jack ist tot - wir widmen ihm eine Schweigeminute." Der Pirat? .EIN DER AFROAMERIKANISCHE 4ECHNOPOLIZIST AKA &RANKY 'EE VERSTORBEN AM /KTOBER AUF 0ALMA DE -ALLORCA $IES WURDE DEN "ARBESUCHERN SPËTESTENS KLAR ALS NACH DER vergangenen Minute die Herren DJs die Regler wieder hochhievten und der Meute kein geringerer Beat und Bounce entgegenschlug als der von "EYO, Captain Jack!" In diesem -OMENT WURDE DER 4ECHNO FESTER "ESTANDTEIL DER (ERREN $*S 3ETLISTE $IE (ITS WURDEN IMMER TRASHIGER JA HIER KONNTEN -ËDCHEN SCHAMLOS DIE 4EXTRESTE AUS IHREM "Là MCHEN 'EDËCHTNIS hervorkramen, ßberhaupt - jede Band, fßr die ich mich sonst schäme sie zur Zeiten meiner Pfarrjugend in der Kinderdisko abgefeiert zu haben, kann ich hier aus Herzenslust wieder BEJUBELNx 3O GING ES VIELEN DIE -EUTE WUCHS UND VON DER 4EMPLE "AR ZOG MAN INS EBENFALLS %SSENER (OTEL 3HANGHAI UM IM VERGANGEN *AHR WURDE AUCH NACH +ÚLN EXPANDIERT 3EITDEM MARSCHIERT DER 0ARTYCAPITËN JEDEN ERSTEN &REITAG KONSEQUENT DURCH DAS 4ROMMELFELL der Werkstatt-Meute. Und wenn er nicht gestorben wäre, dann - oh Schreck - vermutlich auch mit neuen Hits. -AXIMILIANE +OSCHYK
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ZeitGeist
Maiko Henning
Kanon: Der Sommer Nicht Dr. Sommer, nicht dieser Film mit der fiesen Ochsenknecht-Brut und auch nicht William Somerst Maugham. Nein, in den einzig wahren MEINS-Magazin Kanon gehĂśrt nur der einzig wahre Sommer. Blauer Himmel, grĂźne Wiesen, kurze RĂścke (und Hosen, siehe „Sonderschule der Ă„sthetik“), Sonnenbrillen, Dunstwolke Ăźber dem Aachener Weiher, kein Bock auf Hausaufgaben. Genau. Der Sommer. Die Jahreszeit, fĂźr die allein es sich lohnt, Herbstdepressionen, Winterkälte und Aprilwetter zu ertragen. Die Jahreszeit, in der man wie durch ein Wunder
ganz von selbst frĂźh aufsteht. Die Jahreszeit, wegen der allein Deutschland noch nicht vĂśllig entvĂślkert ist - es jedoch bald sein kĂśnnte. Denn der Sommer als deutsche Jahreszeit steht ganz offensichtlich auf der Liste der bedrohten Arten. Was uns dieses Jahr an Hinhaltetaktik und Vortäuschung FALSCHER 4ATSACHEN GEBOTEN WURDE VERLEIHT dem Gassenhauer „Klimakatastrophe“ jedenfalls ganz neue Dimensionen. Erst arktisch - nur Pinguine watscheln nachts noch Ăźber die Ringe - , dann ewiger Regen - die KVB stellt auf Schlauchboote um. SchlieĂ&#x;-
lich Sommeranfang - als Herbstanfang. Doch plĂśtzlich, als alle Hoffnung verloren scheint: endlich, endlich schĂśn knalle schwĂźl! Sogleich erwachen die Lebensgeister, flieĂ&#x;t der SchweiĂ&#x; in Sturzbächen, geht's nur noch nackig in die Heia - um zwei Wochen später als EiswĂźrfel aufzuwachen. Nein, so sind das keine haltbaren Zustände mehr in diesem Land. Wir brauchen weder Hartz 4 noch Arbeitsplätze - wir brauchen erstmal gutes Wetter. FELIX 'ROSSER
Sonderschule der Ă„sthetik: Die kurze Hose Alle Jahre wieder. Kaum ist der Sommer endlich da (oder auch nicht, vgl. Kanon), stellt sich quer durch alle Schmonzetten die selbe alte Frage: darf der Mann kurze Hosen tragen? Klar, aber nur bis zum Knie. Klar, aber nur bis Ăźbers Knie. NĂś, darf er nicht. Doch darf er schon, Hemd aber schĂśn reinstecken. Beine gefälligst rasieren. Beine bloĂ&#x; nicht rasieren - sie sind ja schlieĂ&#x;lich ein echter Kerl! Socken mĂźssen sein, sind jedoch ein absolutes NoGo in Segelschuhen und Slippern. Genau, die tränkt der echte Kerl mit reingestecktem Hemd nämlich besonders gerne in seinem FuĂ&#x;schweiĂ&#x;. Mal ganz ehrlich liebe Menschlein, DIE IHR DA SOLCHERLEI GROSTEKEN (IRNlCK FABRIZIERT /NLINE 0RAKTIKANTEN SELBSTERNANNTE -ODEEXPERTINNEN 8 3COUTS 7IE KOMMT IHR EIGENTLICH AUF den wahnwitzigen Gedanken, es schere sich ernsthaft jemand um euer ästhetisches Urteil? Es trifft ja durchaus zu, dass Diggnsäg in Radlerhose, Hotpants fĂźr den Mann und KniestrĂźmpfe in Sandalen nicht zu den Sternstunden des guten Geschmacks gehĂśren. Selbigen dann allerdings gleich verbindlich und mit der vermeintlichen Autorität der VerĂśffentlichung in irgendeinem drittklassigen MĂśchtegernblatt ein fĂźr alle mal hĂśchstselbst festschreiben zu wollen, das lassen wir doch lieber nächstens. Ist nämlich mindestens so peinlich wie FlipFlops. &ELIX 'ROSSER
ZeitGeist
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FeinSinn
FeinSinn WĂœTET!
)RIS 3YGULLA
Fotos von Maiko Henning
Punkrock ist wßtende Musik. Oder nicht? Schnelle, laute, aus wenigen Akkorden gestrickte Musik- ist da jemand wßtend?, fragt sich der harmonieliebende MusikhÜrer. Der Kulturwissenschaftler Jan Hemming schreibt ßber die zugehÜrige subkulturelle Gruppe Punk als eine absichtlich sehr aggressive, kulturelle Ausdrucksform. ,AUT -ARC "AYARD BAUT 0UNK JEDOCH AUF Idealismus auf: „Sie lebt vom Glauben daran, dass das Leben wichtig ist, dass man es nicht verschwenden sollte und dass man gegen alle vorgehen sollte, die es zu zerstÜren versuchen. [...] Es sind diese Glaubenssätze, die in unserer Musik und Kultur zum Ausdruck kommen.� Dieser Kommentar zeichnet ein weniger aggressives Bild der Punkbewegung. Sind Punkrock-Musiker und Fans wirklich so wßtend, wie ihre Musik es zu vermitteln scheint? Ein kurzer Blick auf Geschichte der Bewegung des Punk und das Milieu, in dem Punkmusik entstand, mag Antworten auf diese Frage bringen.
durch das sich viele BevĂślkerungsschichten am wachsenden Lebensstandard beteiligen konnten, wurde, so Peter Zimmermann, NACH DER 7IRTSCHAFTSKRISE NICHT in gleichem MaĂ&#x;e fortgesetzt. Eine Massenarbeitslosigkeit entstand, die TROTZ EINES !UFSCHWUNGS IM *AHR weiterhin anhielt. Die allgemeine Stimmung wurde auch durch Angst vor atomarer und chemischer Verseuchung beeinflusst. Zur selben Zeit war die Generation der 68er gemäĂ&#x; Klaus Farin in die Positionen des von ihnen abgelehnten Establishments aufgestiegen, gegen die sie in ihrer Jugend protestiert hatten. Die Musikszene war von Popstars ĂźbervĂślkert, die, wie John Cale von Velvet Underground zitiert wird, der Regierung halfen, „den Mob von der StraĂ&#x;e fernzuhaltenâ€?. Rock war von der in den Sechzigern einer jugendlichen, rebellischen Stimmung Ausdruck verschaffenden Musikrichtung zur Begleitmusik verkĂźmmert. Mark Andersen zufolge wurde Rockmusik
„entweder warenfĂśrmiger Mainstream, der von riesigen Konzernen vermarktet und präsentiert wurde, oder ritualisierter, flacher Hedonismus.â€? Als Reaktion auf die pessimistische Stimmung Mitte bis Ende der Siebziger Jahre entstanden mehrere Bewegungen der kulturellen Rebellion, von denen die Bewegung, in der es zentral um Rockmusik ging, Punk war. !LS DIE 3EX 0ISTOLS AUF DEN 0LAN traten, begeisterten sie durch ihr wĂźtendes 'EHABE $ER u7AY OF LIFEv DEN SIE IN IHREN Shows dadurch zur Schau stellen, sich anspucken zu lassen, sich mit Bier zu ĂźberschĂźtten, die britische Regierung zu beschimpfen und herumzupĂśbeln, schien nicht theoretisch fundiert zu sein, eckte im GroĂ&#x;britannien der 70er Jahre erheblich an und riss Hunderttausende von Jugendlichen mit. Durch die Wiederaufnahme DER TYPISCHEN UNKOMPLIZIERTEN Rockinstrumentierung von Gitarre, Bass
und Schlagzeug bei einfachem, harten Beat schien der Rock in seiner Urform wieder aufzuleben. Diese steht in Verbindung mit der fĂźr den Punk charakteristischen Do-itYOURSELF -ENTALITĂ‹T FĂ R DIE DIE VOM -ANAGER Malcolm McLaren ins Leben gerufenen 3EX 0ISTOLS JEDOCH NICHT EXEMPLARISCH sind. Besonders in den Siebziger Jahren, in denen durch zunehmend elektronische )NSTRUMENTE UND 3YNTHESIZER DIE 0RODUKTION der Rockmusik sowie der Aufwand der Auftritte teurer geworden war, ermĂśglichte eine RĂźckbesinnung auf dieses Prinzip auch Musikern mit weniger Budget, kreativ zu werden.
Das Licht der Welt erblickte der Punk zwischen den späten 60er und frßhen 70er Jahren in New York. Eine andere 1UELLE NENNT 'RO”BRITANNIEN UM ALS Entstehungsort. Das Vereinigte KÜnigreich MACHT #RAIG /g(ARA IN SEINEM "UCH 4HE 0HILOSOPHY OF 0UNK ZUM 5RSPRUNG DES Aspekts einer bestimmten politischen Einstellung sowie des bunten Aussehens, das selbst Nichtkenner der Szene klar vor Augen haben.
$IE 4EXTE REmEKTIERTEN SUBJEKTIVE AKTUELLE EindrĂźcke, wobei auch Negatives und Unästhetisches nicht ausgespart wurde. Die Reaktion der Musikindustrie war zunächst ABLEHNEND INDEM SIE DIE 3ONGS DER 3EX Pistols nicht spielte. Als jedoch klar wurde, wie umsatzstark sich die selbstproduzierten Platten und Kassetten der neuen Punkbands erwiesen, die innerhalb der initiierten Bewegung entstanden, begann DIE 0RESSE AUFMERKSAM ZU WERDEN *OHNNY 2OTTEN DER 3Ă‹NGER DER 3EX 0ISTOLS WURDE VON DER 6OGUE BEISPIELWEISE ALS "Ăœberraschung des Jahres" nominiert, was veranschaulicht, wie die Medien aus dem Ausdruck der "No Future"-Generation eine Modeerscheinung interpretierte.
In Westdeutschland fĂźhrte ein Zusammentreffen verschiedener Faktoren zur bereitwilligen Rezeption dieser in England oder den USA ins Rollen gebrachten Jugendbewegung. Die Entwicklung des Wirtschaftswachstums,
In Westdeutschland rezipierten junge Leute die Bewegung des Punk bereitwillig, der gegen alles zu sein schien und somit die Aggression gegen eine konsumorientierte und nur vordergrĂźndig demokratische Gesellschaft widerspiegelte. Auch aufgrund
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FeinSinn Weitsinn
des Mangels an Identifikationspotential im Spannungsfeld zwischen SpieĂ&#x;bĂźrgertum und den "grĂźn-alternativen" Repräsentanten der "Linken" der 68er-Generation war der Punk, wenn auch nur als modische AbgrenzungsmĂśglichkeit, willkommen. Diese Wut ging auch gegen Reminiszenzen aus dem Hitlerregime, personifiziert durch Altnazis, die in der Demokratie ein bequemes Leben fĂźhren konnten. Dieser Kritikfokus fand daher auch in Form von Provokationsmitteln Ausdruck, die die 3YMBOLIK DER .3 :EIT AUFGRIFF ABER AUCH gegen alles andere anging, was von der Gesellschaft verdrängt und verheimlicht werden wollte. "Punk", so Klaus Farin, "war oppositionell". " Die erste PunkGeneration war ,eher diffus anarchistisch oder antipolitisch orientiert als traditionell links orientiert. So besteht Craig O'Hara darauf, dass die von einem GroĂ&#x;teil der Punkbewegung unterstĂźtzte politische Richtung der Anarchismus sei. Dieser lieĂ&#x;e sich wiederum in ein pazifistisches und ein nichtpazifistisches Lager aufteilen. Aufgrund der Liebe zur Provokation wollten sich die Punks keiner etablierten politischen Richtung unterordnen. Dies galt besonders fĂźr die Punks der ehemaligen DDR. Dem von der Staatsideologie im offiziellen Sprachgebrauch und in den Medien gezeichnete Bild der Gesellschaft konnten sie nicht mehr mit ihren Alltagserfahrungen in Verbindung bringen. Durch die subkulturelle Szene wurde dieser Bezugslosigkeit ein Kult von Sinnlichkeit, SpaĂ&#x; und Intensität entgegengesetzt. Während einige Punks ihre Nichtidentifikation mit der Regierungsform und der darin
eingebundenen Ideologie ausdrĂźcken wollten, reizte andere Jugendliche lediglich die Abgrenzung und ZugehĂśrigkeit zu einem andersartigen Kollektiv, in dem lediglich die szenecharakteristischen Regeln eingehalten werden mussten. In einer späten Phase der Bewegung schlossen sich Punks oppositionellen Kräften an. Dies war bedingt durch die Nähe zur Kirche, die ihre Räumlichkeiten fĂźr Punkkonzerte zur VerfĂźgung stellte. Obwohl die "Punks" in der ehemaligen DDR sich in viele kleine Gruppierungen aufteilten, fand im Oktober EINE EINSCHNEIDENDERE 0OLARISIERUNG statt, als auf einem Konzert in der Zionskirche in Berlin eine Gruppe Skins eine brutale PrĂźgelei anzettelten. Das fĂźhrte einerseits zum Ăœbertreten gewalttätigerer Punks zu den Skins, auf der anderen Seite im Rest der Szene zu einer bewussten !BGRENZUNG VON RECHTEN 4ENDENZEN Von der Ă–ffentlichkeit wurden die Beiden dennoch aufgrund ihres ähnlichen Aussehens gleich behandelt. Craig O'Hara, der hauptsächlich Ăźber die Punkbewegung in den USA schreibt, weist der Fehldarstellung in den Massenmedien Schuld an einem falschen Image zu. Durch die Darstellung wĂźrden sich Personen, die sich mit dem brutalen, unreflektierten Punk, so wie er in den Medien dargestellt wird, identifizieren kĂśnnen, der Bewegung anschlieĂ&#x;en. Somit verwandelten sie die Punkszene rĂźckwirkend in etwas, was die Medien ihnen vorwarfen. Auch das Motto der Punks "No Future" sei gemäĂ&#x; Klaus Farin insofern falsch verstanden worden, als es ironisch-provokativ gemeint sei. Der ironisch-reflektierte Hintergrund der offensichtlichen Provokation findet sich auch in der Namensgebung „Punkâ€? wieder. Auf die Bedeutung des Namens (MĂźll, Schrott, Ausschuss) hin angesprochen heiĂ&#x;t es in einem Interview von Penth und &RANZEN AUS DEM *AHR u)CH lNDE gerade, dass ich nicht der Schrott bin, dass ich vom Kopf her garantiert nicht der Schrott bin. [...] Wenn sie dich zu dem stempeln, was sie fĂźrchten, wehre ich mich dadurch, dass ich genauso aussehe.â€? Der Punk hatte je nach Person auch Aggressionen zum Programm, die sich in PrĂźgeleien und Vandalismus GEGEN BĂ RGERLICHE 3TATUSSYMBOLE richtete. Diese Feindschaft gegenĂźber der BĂźrgerlichkeit und ihrer Werte ist vor allem in GroĂ&#x;britannien dem Ausschluss aus der industriellen Arbeiterschaft herzuleiten, die die Arbeitslosigkeit mit sich brachte und
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so mit der Arbeit einhergehende Werte wie Strukturiertheit, Arbeitsstolz und Disziplin unnötig werden ließ. Nicht jeder ist der Ansicht, Punk sei düster und depressiv, obwohl diese Ansicht vereinzelt auftritt. Auch der Aspekt der Spaßkultur ist relevant, wozu die provokative Inszenierung der eigenen Person in Verbindung mit der Erschließung öffentlicher Plätze gehörte. Damit konnte der Gesellschaft die gegen sie empfundene Abneigung deutlich gemacht werden, die nicht in einer unbemerkten Jugendsubkultur untergehen würde. Eine homogene Antwort auf die Frage, ob Punk nun eine wütende Musikrichtung ist oder nicht, ist angesichts der Vielzahl an Bands, vertretenen politischen oder LebensanschauungsRichtungen innerhalb der Szene schwer zu geben. Grundsätzlich ist der schnelle Rock nicht nur vom emotional-interpretierenden Höreindruck her wütend, sondern auch Ausdruck einer Bewegung, die gegen etwas rebelliert und diesem Aufbegehren durch ein entsprechendes Auftreten Ausdruck verschafft. Wer jedoch hinter die geschichtlichen sowie äußerlichen Kulissen blickt, entdeckt, dass es sich in vielen Fällen nicht um „blinde Wut” handelt, sondern Wut auch zum Infragestellen hergebrachter Werte und Regeln dienen kann und einen Weg der Eigenverantwortlichkeit und des Aktivismus aufzeigen kann.
Konsequenz Das Jahr wird geboren, in dem Du nach mir suchst und ich versuche wegzulaufen.
Die Jahreszeit wird anbrechen, in der Du nicht mehr frieren willst und ich darüber erfroren lächle.
$ER 4AG WIRD KOMMEN
an dem ich gut genug bin und ich genug von Dir habe.
Die Stunde wird schlagen, in der Du mir glaubst und ich nicht mehr glauben will.
Die Minute wird beginnen,
Vor einer Dummheit Los!
in der Du nach mir greifst und ich begreife loszulassen.
Halt mich.
Die Sekunde wird verstreichen,
Halt mich zurück.
in der Du frei bist zu lieben
Flüstere ich dir zu,
und ich mich von Dir befreit habe.
spreche lauter und Es wird eine Zeit geben, in der es zu spät ist.
voller Kraftlos. von Marcel Doganci, Bild von Maiko Henning
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Die FeinSinn-Playlist wĂźtet! Prince - Damn you Beastie Boys - Sabotage AC/DC
- Furor
Kelis - I hate you so much rig
ht now Bilder von Maiko Henning
Tocotronic - Alles was ich will, ist nichts mit euch zu tun haben The Gossip -– Standing in the way of control Rage against the machine - Killing in the name
Funny van Dannen - So laesst man sich einfach nicht gehen Beginner - St. Anger David Bowie - Look back in anger
Bonus Track : Florence and the machine - Kiss with a f ist
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StaatsKunst StaatsKunst
Corinna Kern
StaatsKunst
Eine neue digitale Welt, eine neue politische Partei Seit längerem hĂśrt man kaum noch was von Piraten vor Somalias KĂźsten. Seit neuestem hĂśrt man allerdings von Piraten in StraĂ&#x;burg, in Berlin und auch in KĂśln. Wer sind diese neuen Piraten? Kommen sie von See, sind sie gar Nachkommen der Wikinger und warum haben sie ihre Piratenbucht verlassen? Sie haben vielleicht gar nichts mit Räubern zu tun, sondern wollen neue politische Schwerpunkte setzen.
Vivien Weigt
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StaatskĂźnstlerisch gesehen hilft es schon EINEN "LICK AUF 9OU4UBE ZU WERFEN DORT werden einige Videos gezeigt, die fĂźr die Piratenpartei werben. Leider kommt schnell der unbeliebte „Seitenladenfehler“ in den Weg, nähert man sich der offiziellen (OMEPAGE !M NĂ‹CHSTEN 4AG LIEST MAN DER Server hätte aktuell Probleme. Anfängerproblem oder Ăœberlastung durch zu viele User? In NRW gibt es nach eigenen Angaben der Piratenpartei aktuell 686 Mitglieder, bundesweit sind es 4343 Mitglieder (Stand: Juli 2009). In vielen alten Bundesländern ist die Piratenpartei inzwischen zur Wahl zugelassen, in den neuen Bundesländern ist man noch auf Unterschriftenfang, allein in Brandenburg gibt es drei Ortsgruppen. Gemessen an den Mitgliedern der etablierten Parteien ist das nicht viel, doch gibt es die Piratenpartei Deutschland erst seit September 2006. GrĂźndungsplanungen nach dem Vorbild der schwedischen Piratpartiet gibt es von Neuseeland, Ăźber SĂźdafrika durch Europa bis nach Kanada. Protestbewegungen und Demonstrationen
ZU DEN 4HEMEN u+ILLERSPIELEh 6ORRATSDAtenspeicherung und Ăœberwachungsstaat brachten der neuen Partei Aufmerksamkeit. Doch was steckt hinter der Partei? Gehen die Ziele Ăźber die Forderung nach freiem Internet ohne Zensur und der Stärkung des Rechts auf Privatkopie hinaus? In ihrem 7AHLPROGRAMM SPRECHEN SIE DIE 4HEMEN Grundgesetz bewahren, Privatsphäre und $ATENSCHUTZ $EMOKRATIE DURCH 4RANSPArenz und Beteiligung, Urheber-/ Patentrecht und Open Access, Infrastrukturen und "ILDUNG AN .EBEN 4HEMEN DIE AUCH BEI anderen Parteien genannt werden wie Stärkung der Grundrechte und die EinfĂźhrung von Volks- und BĂźrgerbegehren auf Bundesebene haben sie jedoch weitestgehend UNBEHANDELTE 4HEMEN IN DEN -ITTELPUNKT gerĂźckt. Genauer stehen die Piraten fĂźr eine weitere Reform des Urheberrechts, nachdem das jetzt gĂźltige 2008 in Kraft getreten ist. Sie fordern fĂźr Privatleute ohne kommerzielle Interessen das Recht, Werke frei verwenden und kopieren zu dĂźrfen. Das hĂśrt sich zunächst so an, als wäre jede Kopie prinzipiell rechtswidrig. Doch gehen die Forderungen Ăźber die erlaubte eigene Privatkopie eines legalen Werkes im Sinne des Urheberrechts hinaus. Auch die insgesamt bis zu sieben zulässigen Kopien nach dem BGH Urteil VON REICHEN DER 0IRATENPARTEI NICHT AUS Weiter wollen sie MaĂ&#x;nahmen des KoPIERSCHUTZES WIE DIE $2- 4ECHNOLOGIE untersagen. Durch das sogenannte Digital Rights Management (DRM) wird der Kopierschutz ermĂśglicht. Eine Umgehung des Kopierschutzes ist rechtswidrig. Faktisch wird damit allerdings auch die MĂśglichkeit einer Privatkopie ausgeschlossen. „Das ist oft nervig“ meinen viele Nutzer, weil schon BEIM +OPIEREN VON ZUM "EISPIEL I4UNES auf einen Rohling fĂźr die Verwendung im Autoradio sich technische Barrieren auftun.
Eine vĂśllige AuflĂśsung des Kopierschutzes hingegen ist vielleicht zu weit gegriffen, selbst wenn es genug Kenner gibt, die den Kopierschutz umgehen kĂśnnen. Ein Vergleich mit der mĂśglichen Abschaffung von Virenscannern ist naheliegend. Da es schlieĂ&#x;lich auch genug Kenner gibt, die sich neue Viren einfallen lassen, wird Ăźber die Abschaffung nicht gesprochen, da diese Programme zum Schutze bestimmt sind. Statt des bisherigen Urheberschutzes welCHER SIEBZIG *AHRE NACH 4OD DES 5RHEBERS erlischt, fordern die Piraten eine BegrenZUNG AUF EINEN :EITRAUM BIS MAXIMAL ZUM 4OD DES 5RHEBERS $IE !BWĂ‹GUNG MUSS wohl hinsichtlich der relativ langen Spanne in Bezug auf Musikwerke der schnelllebigen Popmusik im Gegensatz zum Schutz der &AMILIE DIE AUCH BEIM 4OD DES !UTORS weiter profitieren kĂśnnen stattfinden. Die schwedische Piratenpartei geht hierĂźber hinaus und will die Rechte des Urhebers an seinem Werk auf fĂźnf Jahre nach der VerĂśffentlichung beschränken. Rickard Falkvinge, GrĂźnder der schwedischen Piratenpartei sieht das ganz wirtschaftlich „wer es in fĂźnf Jahren nicht schafft, mit seinem Werk Geld zu verdienen, werde es nie schaffen“. Kritiker meinen, der KĂźnstler werde dadurch unter Druck gesetzt, weil er von seinem Werk nicht mehr leben kĂśnne, sondern ständig neue Werke produzieren mĂźsse um sich seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Die Alternative mehr Konzerte zu veranstalten stelle die eigentliche Quelle des KĂźnstlers, das Produzieren von Werken auf den Kopf. Auch fordert die Piratenpartei einen AusSTIEG AUS DEM 42)03 !BKOMMEN (IER HANDELT ES SICH UM EIN 74/ Ă„BEREINKOMMEN Ăźber handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums. Andreas Popp, -ITBEGRĂ NDER DER 0IRATENPARTEI "AYERN VERNEINT HIER Ă BERHAUPT DIE EXISTENZIELLE
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Grundlage „es gibt so etwas wie geistiges Eigentum nicht“. Man kann sich fragen, ob sich die Piratenpartei hinsichtlich ihrer Ziele da nicht selbst blockiert. Ein RĂźcktritt vom 42)03 !BKOMMEN WĂ RDE DIE SCHON VORHANdende internationale Regelung zum Zweck der Harmonisierung vĂśllig Ăźber Bord werfen und die Entwicklung um Jahre zurĂźckwerfen, allein deshalb, weil Deutschland sich hier selbst ausgrenzen wĂźrde. Eine der aufwendigsten Ideen ist wohl die der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle fĂźr Urheber der digitalen Kulturgesellschaft. Es wird von einer Ausschaltung von Zwischenhändlern, wie Verlagen und Musikvertrieben gesprochen. Ziel ist, dass den KĂźnstlern EIN GRڔERER 4EIL VOM %RLĂšS IHRER 7ERKE zukommt. Im Gespräch sind dabei Creative Commons-Lizenzen und die EinfĂźhrung einer Kulturflatrate. Als alternative MĂśglichkeit stellte die Band Radiohead 2007 ihren Fans die Wahl des Preises fĂźr den Download ihrer Songs frei. Es stellte sich raus, dass zwei Drittel der Fans fĂźr das Album zahlten. Die Open-Access Bewegung wird von der Piratenpartei thematisiert, so treten sie fĂźr einen dauerhaften kostenfreien Zugang zu den Ergebnissen wissenschaftlicher Forschung ein. Ideen dahinter sind eine neue Infrastruktur fĂźr die digitale Archivierung parallel zu den bisherigen Strukturen von Verlagen. Die Repositorien der Universitäten, sogenannte digitale Plattformen zum Verbreiten von Lehrmaterialien, sollten untereinander vernetzt werden und fĂźr die Ă–ffentlichkeit zugänglich sein. BezĂźglich des Patentrechts lehnt die Piratenpartei Pa-
tente auf Software und Geschäftsideen ab, Ăźbersieht jedoch dabei, dass in DeutschLAND 0ATENTE AUF GESCHĂ‹FTLICHE 4Ă‹TIGKEITEN und Programme fĂźr Datenverarbeitungsanlagen ausgeschlossen sind. Einen weiteren Schwerpunkt sieht die Piratenpartei in der informationellen Selbstbestimmung. Sie fordern eine RĂźcknahme des Gesetzes Ăźber die Vorratsdatenspeicherung. In Zusammenhang damit sind Demonstrationen voran gegangen und der Arbeitskreis Zensur hat sich mit seiner Internetseite loeschenstattsperren.de gegrĂźndet. Plakativ GIBT ES BEI 9OU4UBE EIN 6IDEO MIT DEM 4ITEL u$U BIST 4ERRORISTh INDEM DARGESTELLT WIRD dass durch das neue BKA-Gesetz jeder DEUTSCHE "Ă RGER ALS POTENZIELLER 4ERRORIST gesehen wird und der BKA erlaubt wird fast grenzenlos die Privatsphäre durchleuchten zu kĂśnnen. Der Zugang des Bundeskriminalamtes auf Emails, Chatgespräche, 4ELEFONVERBINDUNGEN BESUCHTE )NTERNETSEITEN DIE (ANDYBENUTZUNG WERDEN IM 6IDEO kritisiert ebenso die OnlineĂźberwachung, die EinfĂźhrung von FingerabdrĂźcken auf dem Personalausweis und die VideoĂźberwachung von Ăśffentlichen Plätzen. Wie es mit dem BKA-Gesetz weitergeht hängt auch von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ab, die eine Verfassungsbeschwerde einiger Abgeordneten erhalten hat. Ein Bekenntnis der Piratenpartei NRW gegen die unfreiwillige Speicherung von Daten bei Besuch von Internetseiten setzen sie mit dem ihrem Button zu „Wir speichern nicht“ in dem sie die IP-Adresse des Users nicht speichern, der ihre Seite abruft.
Weiterhin spricht sich die Piratenpartei gegen die ‚präventive Strafverfolgung‘, die u!NTI 4ERROR $ATEIh DIE 6ERWENDUNG VON BIOmetrischen Daten in Pässen und Ausweisen und die VideoĂźberwachung von Ăśffentlichen Plätzen aus. Der Chaos Computer Club warnt vor Zuständen wie in England, denn DORT KĂ‹ME EINE +AMERA AUF "Ă RGER $IE Piratenpartei befĂźrwortet die Ausweitung des Briefgeheimnisses auf ein generelles Kommunikationsgeheimnis und einen unentgeltlichen Anspruch auf Selbstauskunft, Korrektur, Sperrung oder LĂśschung der Daten bei Betreibern zentraler Datenbanken. )N "ERLIN SOLL ES ZU DIESEM 4HEMA VOM !+ 6ORRAT AM 3EPTEMBER EINE $EMONSTRATION MIT DEM 4ITEL u&REIHEIT STATT Angst – Stoppt den Ăœberwachungswahn“ ALS 4EIL EINES EUROPAWEITEN !KTIONSTAGES geben. Kritiker sehen den Umgang mit BĂźrgerrechten und Informationsrechten bedroht „Das Grundgesetz wird kastriert“. Weiterhin geht die Kritik an den Umgang mit DEM 4HEMA +ILLERSPIELE u$IE ÂŻNGSTE GĂ‹BE es schon seit dem ersten Computerspiel 0AC -AN VON h SAGT +ARIN (OEHNE Studentin der Informationsverarbeitung der Universität KĂśln. Ebenso kĂśnne man die Kriegsberichterstattung in den Nachrichten ausblenden, wenn das wirklich die Ursache wäre. Die Piratenpartei kommt also mit ganz NEUEN 4HEMEN IN DIE POLITISCHE 2UNDE /B die Aufweichung des Urheberrechts und das Verbot der Ăœberwachung die LĂśsung fĂźr die digitale und globalisierte Welt ist muss jeder fĂźr sich selbst beantworten ebenso wie die anderen Positionen. Vielleicht ziehen sich die Piraten irgendwann wieder in ihre Piratenbucht zurĂźck und werden sesshaft. Vivien Weigt
Interview mit Prof. Dr. Frank Decker Prof. Dr. Frank Decker ist Politologe und befasst sich mit der Parteienlandschaft in Deutschland und in Europa. Seine letzten VerĂśffentlichungen sind unter anderem „Die Verfassung Europas“ und „Handbuch der deutschen Parteien“. Er ist Professor am Seminar fĂźr Politische Wissenschaften der Universität Bonn.
Meins-Magazin: Bei der Europawahl hat die Piratenpartei 0,9% erhalten also insgesamt 229.464 Stimmen. Fßr wie zukunftsfähig halten Sie die Partei und brauchen wir die Piratenpartei? Prof. Dr. Frank Decker: Es handelt sich hier um eine nicht etablierte Kleinpartei. Eine so genannte monothematische oder auch single-issue Partei. Diese Parteien DECKEN 4HEMEN AB DIE BESTIMMTE 2Epräsentationsdefizite bei anderen Parteien haben. Diese Parteien erreichen nur eine bestimmte hiervon betroffene Wählerklientel und werden wahrscheinlich klein bleiben, also keine fßnf Prozent erreichen. Hinsichtlich der Europawahl handelt es sich hier oft um ein Protestwahlverhalten zugunsten von Kleinparteien. Bei der Europawahl gibt es oft einen leichtfertigen Umgang mit der Wählerstimme.
Vivien Weigt
Meins-Magazin: Wie kann man die Piratenpartei einordnen und welche MĂśglichkeiten hat sie in der deutschen Parteienlandschaft?
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Prof. Dr. Frank Decker: Man spricht hier von einer libertären Partei. Diese derzeitige StrÜmung ist vielleicht vergleichbar mit den Grßnen zu ihrer Zeit. Sie befassen sich mit einem radikal-liberalen Spektrum, es fragt sich ob eine Ausbreitung auf weitere Politikfelder wie beispielsweise die Liberalisie-
rung des Drogenkonsums stattfinden wird. 7ENN DIE 0ARTEI MIT IHREM JETZIGEN 4HEMA erfolgreich wird, stellt sich hier erst mal die Frage ob sie auch Positionen auf anderen Bereichen entwickelt. Wenn allerdings das Issue von anderen Parteien aufgegriffen wird, kÜnnen sie Opfer ihres eigenen Erfolges werden. Als Beispiel hierfßr gelten die Republikaner die sich ihrer Zeit mit dem 4HEMA !SYLMISSBRAUCH HERVORGETAN HABEN von denen jetzt aber kaum noch die Rede ist. Meins-Magazin: Warum kommen die 0IRATEN MIT 4HEMEN WIE FREIER "ILDUNG GLËsernen Staat und Vorratsdatenspeicherung so gut an? Prof. Dr. Frank Decker: Offenbar werDEN DIESEN 4HEMEN NICHT VON ETABLIERTEN Parteien wahrgenommen, sonst gäbe es die 0ARTEI NICHT %BENSO WIE BEI DER 4IERSCHUTZpartei positionieren sich etablierte Parteien NICHT SO RADIKAL BEI BESTIMMTEN 4HEMEN sondern nehmen eher eine Abwägung von Ükonomischen und ethischen Aspekten vor.
http://www.politik.unibonn.de/institut/lehrkoerper/prof.-dr.-frank-decker
während andere Parteien den Wahlkampfschon längst beendet hatten. Da wäre also eine solche Partei schon interessant, um DAS 4EMPO ZU ERHÚHEN /B DIE 0IRATENPARTEI jedoch wirklich von anderen Parteien die Stimmen abgrasen ist fraglich. Meins-Magazin: Was sagen sie zu dem Wechsel des ehemaligen SPD AbgeordneTEN *ÚRG 4AUSS IN DIE 0IRATENPARTEI Prof. Dr. Frank Decker: *ÚRG 4AUSS SAH bei der Bundestagsentscheidung hierzu die Gefahr einer Zensur. Das ist die klassische Abwägungsfrage. Ob die Piratenpartei sonderlich glßcklich ist ßber den neuen Beitritt kann ich mir nicht vorstellen. Hinsichtlich des Mandats des Abgeordneten ist es im deutschen Bundestag jedoch so, dass man ohne Fraktion machtlos ist. Das Interview fßhrte Vivien Weigt.
Meins-Magazin: Wie beurteilen Sie die MĂśglichkeit der Piratenpartei sich als Vertreter von BĂźrgerrechten zu positionieren? Prof. Dr. Frank Decker: Da ist der politische Markt in Deutschland besetzt. Der Anspruch sich fĂźr BĂźrgerrechte stark zu machen wurde von den Liberalen bereits aufgegriffen. Die GrĂźnen haben der FDP hier teilweise den Rang abgelaufen, es gibt da keinen Raum fĂźr andere Parteien. Meins-Magazin: Wie beurteilen sie den Prozess von Politik und Digitalisierung? Prof. Dr. Frank Decker: Die etablierten Parteien stecken da noch in den Kinderschuhen beispielsweise in der Wahlkampfkommunikation. Hier sind die professionellsten die GrĂźnen und die FDP. Bei der EuropaWAHL HABEN DIE 'RĂ NEN DREI 4AGE VOR DER Wahl noch eine Internetkampagne gestartet,
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Wer wählt wen?
Alle vier Jahre wieder dann bricht auf Deutschlands PolitbĂźhne das groĂ&#x;e Schlachten aus: Bundestagswahl. Es wird gelästert und geprahlt, geworben und gewettert. Parteiprogramme werden wie Allzweckreiniger angepriesen und die Prozentzahlen der Sonntagsfrage wie Goldmedaillen gehandelt. Die Wählerschaft soll fĂźr sich eingenommen werden und zu diesem Zweck werden Gummibärchen, BratwĂźrste und Blumen in den FuĂ&#x;gängerzonen verteilt. Auf den Kundgebungen der deutschen Innenstädte tummeln sich aber nicht nur die Parteivorsitze, sondern auch die deutsche Prominenz. Und wer wäre ein besseres Aushänge-Schild, ein besserer Wählerfang und eine präsentere Plakatwand auf zwei Beinen ALS 3TARS UND 3TERNCHEN 3YMPATHIETRĂ‹GER und Sonnenscheine. Wenn es denn so wäre. Zwar weist keine Partei in Zeiten des Wahlkampfs eine helfende Hand von sich, doch wie Sebastian Esser im Politmagazin „CiCEROh IN SEINEM "EITRAG uEINE 3UPERNANNY fĂźr die SPD“ anmerkte, kann eine FernsehPädagogin fĂźr schwer erziehbare Kinder nur zweifelhaft fĂźr das Image der „Neuen Mitte“ ANNO STEHEN ODER +ANZLERKANDIDAT Frank-Walter Steinmeiers Bodenständigkeit widerspiegeln. Doch nicht nur mit der NachwuchsfĂśrderung, sondern auch mit Altlasten hat die SPD zu kämpfen. FĂźr Franz MĂźntefering kämpfte der Genosse GĂźnther Grass noch Schulter an Schulter in vergangenen 7AHLKĂ‹MPFEN SEIT ER ABER SYMBOLTRĂ‹CHTIG verpackt in seinem Buch „Beim Häuten der Zwiebel“ die traurige Vergangenheit seiner SS-Mitgliedschaft Ăśffentlich machte, scheint seine sozialistische Integrität den Parteispitzen zweifelhaft. Während die SPD aber anstatt Aufregung das Einfache sucht, kann sich die Union einfach nicht vom Image der konservativen Starre befreien, deren Sinnbild der Merkel'sche „Girls Club“ ist wie Esser die Runde um Sabine Christiansen und Verleger-Gattin Friede Springer beschreibt. $AS DA EIN 4ATORT +OMMISSAR ODER &ERNSEHmoderator wesentlich anziehender auf die junge Wählerschaft wirkt, wissen vor allem Die Linke und FDP zu schätzen. So stand %X &ERNSEHDEDEKTIV 0ETER 3ODANN SOGAR FĂ R die Linke zur Bundespräsidentenwahl bereit und so geben neben Medienfreund und FDP-Vorsitz Guido Westerwelle die Fernseh-
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Glasnost Reloaded Wer passt jetzt auf Russland auf? ..das fragt sich besorgt der konservative US-Amerikaner, nun da Sarah Palin, ehemalige „Running Mate“ John McCains von ihrem Amt als Gouverneurin des Bundesstaats Alaska zurĂźcktritt. Sarah Palin, deren AU”ENPOLITISCHE %XPERTISE SIE SELBST DAMIT umschrieb, „dass sie ja von sich zu Hause Russland fast sehen kĂśnne“, zeichnete sich als Vizekandidatin der Republikaner fĂźr das Präsidentschaftsamt vor allem dadurch AUS DASS SIE GUT MIT 7AFFEN KONNTE SEXY fĂźr Miss-Wahlen posiert hatte und trotzdem erzkonservativ religiĂśs war, auch wenn DIE 4OCHTER ES MIT DEM VOR EHELICHEN 3EX nicht so genau nahm und prompt zur USWahl schwanger wurde. Es gibt so einiges bizarres Ăźber Sarah Palin zu berichten und nicht weniger bizarr ist, dass genau diese Sarah Palin ein bisschen dafĂźr steht wie auch die restlichen Amerikaner auf Russland blicken, vielleicht nicht so direkt aber genau so verzerrt und verquer. Das ändert sich nun. Nicht nur fĂźr Amerika auf fĂźr Europa. 7Ă‹RE 0OLITIK 'EOLOGIE DAS 4AUWETTER DER Eiszeit des Georgienkriegs ist angebrochen, denn während Obamas Russland-Besuch haben sich die Militärchefs beider Länder auf ein neues Abkommen geeinigt. Auch das eigentliche Gipfeltreffen zwischen Barack Obama und Dmitrij Medwedjew zeichnete sich weniger durch HĂźttengaudi wie zu Bush/Putin-Zeiten aus, sondern konzentriertes Bergsteigen: Es gilt einiges zu bewältigen, von der Wirtschaftskrise Ăźber auĂ&#x;enpolitsche Machtverschiebungen, die am natĂźrlichen Kräfteverhältnis zwischen den beiden GroĂ&#x;machtriesen zehren. Doch ES IST EIN :EICHEN DES 7ANDELS DASS ES Jahre nach den Atomtests am Bikini-Atoll fĂźr das neue Kräfteverhältnis zwischen West und Ost zumindest keine Alaskische "AYWATCH (ELDIN BRAUCHT
Kannst du auch Volk Besser mehr Demokratie als Narzissmus Erst wollten sie gediegen sein, bildend, niveauvoll, denn dafĂźr zahlt der BĂźrger ja SEINE &ERNSEHGEBĂ HREN 4ROTZDEM SCHAUte der BĂźrger lieber die Privatsender mit ihren Soap-Dokus, Casting-Shows und (OLLYWOOD "LOCKBUSTERN u$ANN LASSEN WIR sie das eben bei uns auch sehen“ - dachten sich die Ă–ffentlich-Rechtlichen, wie Laisse-Faire-Eltern, soll das Kind doch sein 4ASCHENGELD FĂ R 3à ”IGKEITEN AUSGEBEN und dann auch noch Bauchweh kriegen. Nun ich bekam Bauchweh, dabei hätte mich doch mein Geld weniger in dieses Fernseh-Fastfood investiert gesehen, als ich vor ein paar Wochen in die Auftaktsendung von „Ich kann Kanzler“ geriet. Beim Opener, der smart wirkende Leute meines Alters, drunter und drĂźber zeigte, dachte ich erst: „Oh cool, ein Politik-Planspiel, live im Fernsehen als Doku-Soap: das ist witzig, informativ, emotional, weil Demokratie und Alltag hautnah präsentiert werden.“ Vielleicht spazierte ja vor einem halben Jahr ein junger Mensch mit genau dieser Idee in das ARD-ProduktionsbĂźro. Ich will nicht zu sehr mutmaĂ&#x;en, aber man kĂśnnte jene Idee gut mit den Schlagworten „PromiFaktor“, „Individuelle Charaktere“, „zu groĂ&#x;e +OMPLEXITĂ‹Th ZERSTĂ CKELT HABEN 5ND NOCH vom US-Wahlkampf Ăźberwältigt und von DER $RĂšGE UNSERES 7AHLSYSTEMS FRUSTRIERT einen Gegenvorschlag gebraucht haben: „Wir suchen uns einen Mini-Obama!“ Also KURZ UMKONZIPIERT EINEN SYMPATHISCHEN Medienstar, Anke Engelke, einen renommierten Medienstar, GĂźnther Jauch und EINEN SYMPATHISCHEN UND RENOMMIERTEN Politikstar, Henning Scherf gefunden und 40 Kandidaten verschiedenster soziokultureller Milieus und der gemeinsamen Vorstellung, fĂźr ein politisches Amt brauche es den sprichwĂśrtlichen langen Atem nur, um in 3EKUNDEN SEINE u)DEE FĂ R $EUTSCHLANDh zu präsentieren. Nicht nur mein Magen krampfte nach diesen Darbietungen, auch meinem demokratischen Zwerchfell ging die Puste aus: Wenn es so um den politischen Erziehungsauftrag unsere Fernsehlandschaft steht, diagnostiziere ich ihnen eine Narzissmus-Neurose und unserem Land chronische Folgeschäden. -AXIMILIANE +OSCHYK
PersĂśnlich: Soheil Asefi Das Leben im Iran ist derzeit kein Zuckerschlecken. Einer weiĂ&#x; das sehr genau, denn er ist nach Deutschland geflohen. Dabei ist er doch nur ein junger Mann mit einem ambitionierten Traum, er mĂśchte als kritischer Journalist arbeiten. Weit weg von alle dem trafen wir ihn in KĂśln. Soheil Asefi strahlt. Gerade hat er ein langes Interview mit einer groĂ&#x;en deutschen Fernsehanstalt hinter sich gebracht und nun auf seine Bitte hin, sind wir in ein einfaches StraĂ&#x;encafĂŠ eingekehrt. Er zieht seine Jacke aus und bestellt ein Glas Grauburgunder. Soheil ist seit Anfang des Jahres in $EUTSCHLAND %R LEBT IM %XIL WURDE ER IN 4EHERAN VOM IRANISCHEN 'EHEIMDIENST VERHAFTET 4AGE LANG WAR ER IN %INZELHAFT bis seine Familie die horrende Summe aufbringen und ihn freikaufen konnte. SchlieĂ&#x;lich holte ihn die Organisation PEN, 7RITERS IN %XILE NACH $EUTSCHLAND 3OHEIL ist Journalist. Sein Internetblog betreibt er weiter, und seit die deutschen Medien auf ihn aufmerksam geworden sind, tingelt er VON 4ERMIN ZU 4ERMIN %S GEFĂ‹LLT IHM DENN das ist es, was er erreichen mĂśchte. Er mĂśchte mit deutschen Journalisten zusammenarbeiten und so den Menschen ein realistisches Bild des Iran liefern. 3OHEIL HAT SCHON MIT ANGEFANGEN ZU schreiben, zunächst fĂźr ein Kinomagazin in 4EHERAN DANN WANDTE ER SICH DER 0OLITIK ZU UND SCHRIEB FĂ R MEHRERE IRANISCHE 4AGESzeitungen. Aber inzwischen gibt es immer weniger Zeitungen im Iran, sie wurden alle geschlossen. Im iranischen Zeitungsmarkt gibt es nur noch zwei Seiten, beschreibt er, die reformistischen Zeitungen und die konservativen. Er aber mĂśchte unabhängigen Journalismus machen und sitzt damit zwischen den StĂźhlen, was ihn letztlich ins Gefängnis brachte. Aber Soheil gibt nicht auf. Klar, im Iran gehĂśren die Angst und die Gefahr vor dem Gefängnis fĂźr Journalisten einfach dazu sagt er. PlĂśtzlich springt er auf, in einem Haus gegenĂźber hat er ein Schild entdeckt. Es IST GRĂ N UND u7HERE IS MY VOTEh STEHT DA
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Parteifreunde
STARS 3KY $U -ONT UND 7IGALD "ONING EINE PERFEKTE 3YMBIOSE $OCH SO VIEL 'LANZ UND Glamour uns die kommenden Monate damit bringen, ob eine Wahl damit entschieden werden kann, ist fraglich.
Niels Walker
drauf. Nachdem er das Klingelbrett studiert HAT KOMMT ER WIEDER ZURĂ CK AN DEN 4ISCH „Da leben Iraner“ sagt er und grinst. Soheil stammt aus liberalen Verhältnissen. Zwar sind seine Eltern geschieden, aber sein Vater hat in Deutschland studiert und war vor 30 Jahren im Iran dabei als die groĂ&#x;e Revolution den Schah aus dem Land jagte. Auch seine Mutter ist protesterprobt, sie ist Journalistin und Autorin, sie hat auch vor 30Jahren demonstriert und war dafĂźr damals schon im Gefängnis. Heute, ist die Situation fĂźr Aktivisten wie seine Eltern sehr gefährlich. Wann Soheil in den Iran zurĂźckkehren kann, das weiĂ&#x; er nicht. Solange das Regime noch an der Macht ist, hat er keine Lebensperspektive, er darf nicht weiterstudieren und er bekam ein Arbeitsverbot. Es sei eine Utopie zu denken, dass er bald in den Iran zurĂźckkehren kĂśnne, sagt er. Dennoch behält er den Kopf oben, dass habe er von seinen Eltern gelernt. Auch wenn er sich momentan nicht traut sie im )RAN ANZURUFEN DENN DAS 4ELEFON WIRD ABGEhĂśrt, die Briefe und E-Mails gefiltert. In der Zwischenzeit lernt er deutsch. Soheil ist ein frĂśhlicher und herzlicher Mensch. Er erzählt Witze und lacht. So erzählt er auch, dass er neben seiner Familie vor allem seinen Hund vermisst, der jetzt bei seinen Freunden lebt. Er mag Deutschland, aber er empfindet die Menschen als zurĂźckhaltend. Iraner, sagt er, sind sehr frĂśhliche und emotionale Menschen, er versteht nicht, warum die Deutschen häufig so reserviert sind. Nein, reserviert ist Soheil nicht, es erstaunt dass DIESER JUNGE -ANN VON *AHREN 4AGE IM BERĂ CHTIGTSTEN 'EFĂ‹NGNIS VON 4EHERAN saĂ&#x;. Man bekommt den Eindruck, dass er auch einfach nur ein junger Mensch ist, der noch das meiste vom Leben vor sich hat, hätte das Schicksal ihn nicht zu einem Botschafter gemacht. Sein Ziel hat er klar vor Augen, er mĂśchte jetzt sehr gut deutsch lernen und dann von Deutschland aus als Journalist arbeiten. Er glaubt an das groĂ&#x;e Potenzial der Menschen im Iran und daran, dass er irgendwann ohne Furcht wieder in seine Heimat zurĂźck kann.
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Interview mit BjĂśrn Mager „Bommel“ bei den 25. „BMX Worlds“ im Jugendpark KĂśln vom 10. bis 12. Juli 2009 Corinna Kern
Corinna Kern
Bommel ist 24 Jahre, gehĂśrt zu den deutschen BMXaProfis und ist Berliner. Er kommt zu unserem Interview gerade verschwitzt von einer der vielen Rampen, trinkt einen Schluck Wasser, zĂźndet sich eine Zigarette an und beantwortet die Fragen in einem symphatischen, aber leicht schnodderigem Berlinerisch. Meins-Magazin: Seit wann bist du Profi und seit wann fährst du BMX? BjĂśrn: Profi bin ich seit 4 Jahren, fahre aber SEIT ICH *AHRE ALT BIN 6ORHER HAB ICH EINE Ausbildung zum Kfz-Mechaniker gemacht. Meins-Magazin: Kannst du dich mit dem Sport finanzieren? BjĂśrn: Ja, dadurch, dass ich Sponsoren habe, wie z.B. Mankind oder Nike, geht das. AuĂ&#x;erdem schneide ich nebenher Filme, die ich ständig drehe, während ich unterwegs BIN !BER AUCH Ă BER "-8 $IE 4ECHNIK DAZU habe ich mir in der BMX-freien Zeit selber angeeignet. Meins-Magazin: Wie bist du Profi-Fahrer geworden?
,IFESTYLE ZU TRANSPORTIEREN ALS MESSBARE Ergebnisse. Meins-Magazin: Wie gefällt dir die KĂślner Location im Jugendpark? BjĂśrn: Die ist dieses Jahr bisher die beste, seit die hier damit angefangen haben. Ich fahre „Street“ oder im Skatepark, dafĂźr sind die KĂślner Rampen optimal. Zu Hause in Berlin trainiere ich im „Mellow Park“. Meins-Magazin: Welche Verletzungen hattest du bisher?
BjĂśrn: Das hat sich so ergeben. In der Szene kennt man sich und irgendwann sind ein paar Leute auf mich zugekommen und haben mir eben Sponsorenverträge angeboten. Meins-Magazin: Gibt es eine Art „Weltrangliste“ im BMX-Sport? BjĂśrn: Ne, da geht es hauptsächlich um den SpaĂ&#x; an der Sache! Klar werden bei so einem Event wie dem hier in KĂśln die Besten gekĂźrt, aber es ist nicht wie im FuĂ&#x;ball. Es spricht sich eher herum, wer was drauf hat. Den Sponsoren geht es auch eher darum mit dir einen entsprechenden
BjĂśrn: Ich hatte schon alles kaputt. Angefangen beim SchlĂźsselbein, dem Handgelenk- da kann ich gar nicht alles aufzählen, aber das gehĂśrt halt dazu! Meins-Magazin: Hast du denn auch ein normales Fahrrad? BjĂśrn: Ja, ein richtiges Herrenrad (lacht). Damit fahre ich aber nur zum See oder zum Bäcker. Meins-Magazin: (AST DU EINEN 4IPP FĂ R Anfänger? BjĂśrn: Auf jeden Fall von Anfang an einen Helm tragen! AuĂ&#x;erdem ist "-8 EIN &REESTYLE 3PORT IN DEM ES keine festen Grundregeln gibt, da kann man jederzeit mit beginnen. Das Interview fĂźhrte Kathrin Mohr.
Corinna Kern
KĂśrperKultur
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Ich kann kein Sport, ich geh zum Fitness
Do's and dont's: Strand
Niels Walker
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Sport: Surfen, Wasserski und Beachball ersetzen jegliche Kulturreise. Eincremen: die gesundheitlichen Risiken und das mitteleuropäische krebsrot sprechen dafĂźr. Wassermelone und Bier in den Sand einbuddeln. Abgelegene Strände ansteuern: man muss sich keine Hängebäuche und grellen neunziger Jahre Bikinis anschauen, dafĂźr bleiben den anderen die weiĂ&#x;en Studentenbeine erspart. Eine Nacht des Urlaubs am Strand Ăźbernachten – wegen der nicht zu vergessenden Romantik.
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Familienfreundliche Strände: nerviger als Kinder sind meistens deren Eltern. Sangria aus Eimern trinken. Einschlafen: wenn man keinen dabei hat, der einen weckt und damit vor dem krebsroten Erscheinungsbild am Abend bewahrt. String-Badehosen fßr Männer. Den Badeanzug mit dem Seepferdchenaufnäher anziehen.
Kathrin Mohr
Strandfigur Johanna Regenhard
KĂśrperKultur
Viele jagen ihr nach, die meisten haben eine ganz konkrete Vorstellung davon. Knackig gebräunt und straff durchtrainiert, so wird sich wohl die gängigste Beschreibung der Strandfigur anhÜren. Frauen denken an DIE "EACHVOLLEYBALLERINNEN UND -ËNNER AN die Kleidungsvorschriften derselben bei DEN OLYMPISCHEN 3PIELEN DIE (OSE darf nicht zu viel verdecken! Damit das aber noch gut aussieht, sollten Männer und Frauen vor dem Kauf eines kleinen Stßckchen Stoffes in den Spiegel schauen. Kurven sind gut und schÜn, aber nicht, WENN SIE IN ZU KLEINEN "ADETEXTILIEN STECKEN
oder gar darĂźber. Ansonsten sind dem Geschmack wenig Grenzen gesetzt, am Strand kann man auch in Farben, die man auf der StraĂ&#x;e nicht tragen wĂźrde, eine gute Figur machen. Die Weite des Himmels und des Meeres kann von Vielem ablenken. Ăœberhaupt sollte man sich die Urlaubsvorfreude nicht durch Hauruck-Nulldiäten versauen, weil man meint, man mĂźsste den "EACHVOLLEYBALLERN Ă‹HNLICHER WERDEN $IESE Menschen sind schlieĂ&#x;lich Profisportler. Ein wenig Selbstbräuner hingegen kann nie schaden. Auch wenn das Gesicht und die Unterarme vom täglichen Radfahren zur Uni
schĂśn gebräunt sind, mĂźssen ja am Strand nicht auf einmal weiĂ&#x;e Schultern erstrahlen. Wer sich wegen zu wenig Zeit, mangelndem 4ALENT ODER SIMPLER 3PORTUNLUST IM 7INTER noch keine straffenden Muskeln zugelegt hat, sollte damit auch nicht im heiĂ&#x;en Sommer anfangen. Stattdessen macht man sich am besten mit guter Laune, einer Designersonnenbrille (gerne im gĂźnstigeren Nachbau) und netter Begleitung am Strand interessant.
Seit einem Jahr bin ich in einer festen Beziehung und neben meiner neuen Ausgeglichenheit, attestieren mir meine Freunde vor allem eines: einen Bauch. Sogar mein Vater sprach mich darauf an, also muss etwas dran sein, dabei finde ich ihn selber gar nicht so schlimm. So lehrt mich meine Beziehung eines: mein ewig schlanker KĂśrper ist nicht mehr ewig schlank, er hat eine Beule. Also hab ich eine Freundin Ăźberredet mit mir ins Fitnessstudio zu gehen. Eitelkeit siegt eben. Aber warum ein Fitnessstudio? Weil es kein Sport ist, also kein Mannschaftssport. Es GIBT NIEMANDEN DER BESSERE 4ORE SCHIE”T oder einen immer verlieren lässt (das macht die Eitelkeit nämlich nicht mit). Im Fitnessstudio kann man nicht verlieren und hat immer das gute GefĂźhl ordentlich was getan zu haben. Jede kĂśrperliche Anstrengung im Studio bringt ein GlĂźcks- und ErfolgsgefĂźhl MIT SICH YEAH Aber welches Studio? Mit einem regelmäĂ&#x;igen Nebenjob kann man sich von den billigen Studios ein wenig emanzipieren (sprich: einfach mal richtig Geld raushauen). Die WĂźnsche werden da schnell klar: s Es soll nah und gut zu erreichen sein (lange Wege demotivieren) s kein Muskelpalast. Mit einem Bizeps vom Umfang einer Coladose mĂśchte ich mich auch hintrauen s ein Schwimmbad wäre fein. Neben all diesen schĂśnen WĂźnschen muss ABER AUCH EIN 0LAN HER !N WELCHEN 4AGEN gehe ich dann auch trainieren? Zwei Mal mindestens, vielleicht sogar drei Mal? Hier GREIFT DIE &REUNDIN 4AKTIK 3TETS EINE 7OCHE im Voraus fest (!) verabreden, und schon pulst es nach jeder Bewegung GlĂźcksgefĂźhle und man trägt heim ein eitel GefĂźhl der Sportlichkeit.
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Vorschau Barcelona Fernsicht stellt nächsten Monat eine der aufregendsten Metropolen am Mittelmeer vor, denn Barcelona hat weit mehr zu bieten als Gaudis Baukunst, Paella und Fußball. Freut euch im September auf einen kleinen Einblick in das vielfältige Leben der katalanischen Hauptstadt, der allen die noch nicht da waren, Reiselust machen wird.
Quereinstieg bei Unternehmensberatungen für Wissenschaftler ErkenntnisReich sorgt sich im September um eure Zukunft und bietet einen KLEINE !USSICHT WELCHE 4àREN SICH EUCH MIT EUREM ABGESCHLOSSENEN 3TUDIUM öffnen könnten. Nicht nur BWLer haben die Möglichkeit für eine steile Karriere in einer Unternehmensberatung zu schuften, sondern auch Studenten anderer Fachrichtungen haben durchaus die Möglichkeit zum Quereinstieg.
Außerdem: Körperkultur geht baden und surft auf der Wassersportwelle!
Impressum Herausgeber:
Verein zur Förderung studentischen Journalismus Köln e.V. www.vfsjk.de
ViSdP
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Chefredaktion:
Niels Walker
Art Direction:
Sebastian Herscheid
Bildredaktion:
Corinna Kern
Redaktion/Lektorat:
Simeon Buß, Veronika Czerniwiecz, Jasmin Dienstel, Marcel Doganci, Christopher Dröge, Felix Grosser, Maximiliane Koschyk, Annika Kruse, Christiane Mehling, Kathrin Mohr, Lara Petri, Johanna Regenhard, Holger Rainermann, Alexandra Roth, Iris Sygulla, Niels Walker, Vivian Weigt, Christine Willen
Gestaltung/Layout:
Sara Copray, Elisa Hapke, Sebastian Herscheid, Nina Schäfer, Christian Wansing, Elisabeth Weinzetl
Online:
Karin Hoehne
Fotografie:
Alexander Graeff, Maiko Henning, Corinna Kern, Niels Walker, Vivien Weigt
Leitung d. Ausbildung:
Kathrin Mohr
Website:
www.meins-magazin.de
Erscheinungsweise:
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