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Kolumne

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Kreuzworträtsel

Kreuzworträtsel

Sabine Wechselberger schreibt seit mehr als fünfzehn Jahren für das monte mare Magazin.

Die Weisen meditieren über das Nicht-Tun und lehren ohne Worte. Sie beobachten, wie alle Dinge ins Leben bersten, ohne einzugreifen. LAOTSE

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WU WEI

Handeln im Nicht-Handeln

Es ist immer das gleiche: Der Haushalt soll gemacht, die Fenster geputzt, die Wäsche gebügelt werden. Dieser Text muss geschrieben, eine Präsentation erstellt werden. Die 50-Jahr-Feier des Kaninchenzüchtervereins soll organisiert, die Vokabeln gelernt, der Kindergeburtstag gemanagt werden. Und der Chef will wissen, was eigentlich aus den 31 KPIs geworden ist.

Doch manchmal geht nichts.

Nichts will leicht von der Hand gehen. Themen, die eigentlich eine Sache von einigen zehn Minuten sind, dauern Stunden oder scheinen nie enden zu wollen. Die Lebensumstände und (Denk-) Gewohnheiten vieler sind darauf ausgerichtet, all diese Aufgaben trotzdem zu erfüllen, es zu schaffen, alles irgendwie zu erledigen. Wir sind auf Leistung getrimmt. Wenn es nicht leicht geht, zwingen wir uns eben dazu. Wir dulden keine Mätzchen.

Doch es geht auch anders. In der Chinesischen Philosophie gibt es dafür sogar einen eigenen Begriff: Wu Wei. Das bedeutet so viel wie Handeln im Nicht-Handeln. Wu Wei kann eine probate Entscheidung sein für Situationen, in denen wir nicht wissen, was richtig oder falsch ist. Es ist eine Form von beobachtender Achtsamkeit, und zwar ohne Veränderungsabsicht. Wu Wei ist also so gut wie immer eine Option. Wenn unklar ist, was richtig oder falsch ist, kann ich Wu Wei wählen: es ist die Entscheidung, nichts zu entscheiden.

Warten, nichts entscheiden, kann negativ konnotiert sein. Es könnte uns als Schwäche ausgelegt werden, so sind wir gewohnt zu denken. Dieser Gedanke setzt die Überzeugung voraus, dass nicht geschieht, wenn nichts passiert. Doch das Gegenteil ist der Fall, die Natur macht es uns vor: im Winter, wenn die Erde gefroren ist und die Bäume aussehen, als wären sie abgestorben, geschieht unterirdisch etwas Wesentliches: Kräfte werden gebündelt, Säfte zusammengezogen. Der Winter wird genutzt für Rückzug und Sammlung. Das alles hat einen Sinn, nämlich dass dann, wenn es so weit ist, genügend Ressourcen und Kapazitäten vorhanden sein werden, um sich ein weiteres Mal neu zu entfalten und zu erblühen. Aus der Perspektive von Wu Wei lässt sich das so deuten, dass alles genau dann passiert, wenn es so weit ist. Vor diesem Gedanken können wir schamlos Unproduktivität Unproduktivität sein lassen, Faulheit genießen, Langeweile als das Geschenk annehmen, was es ist: die Voraussetzung dafür, zu einem späteren Zeitpunkt Kreativität und Energie wieder nach außen zu richten und ins Handeln und Tun zu kommen – mit Leichtigkeit.

Ihr Sommer monte mare bei

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