Junges Schulmädchen Anna (Magdalena?) Vranešic in traditioneller Tracht. Fröllersdorf, 20-er Jahre des 20 Jahrhunderts. SOCHN
te man diese.44 Die Halsbänder waren, sofern sie überhaupt angeschafft wurden, auch kleiner und wurden nur am Rand mit schwarzer Wolle oder Baumwolle bestickt. Man ging vollständig von den reichen und arbeitsintensiven traditionellen Mustern ab, für die sie zuvor bekannt waren. Die Oberröcke wurden aus Seide in leuchtenden Farben gefertigt, die Schürzen mit einem Blumenmuster zumeist aus Kaschmir. Die Unterröcke, fünf bis sechs an der Zahl, hart gestärkt, verliehen der Figur eine fassartige Form. Die Röcke wurden immer kürzer, bis zu einer Länge, die kaum noch die Knie bedeckten. Zur Kirchweihkleidung banden sich die starešice und auch junge Frauen ein kleines rotes Leinentuch um den Kopf, das mit Blüten bedruckt war, im sog. Haná-Stil, mit einem Knoten im Nacken. Obligatorischer Schmuck war auch weiterhin eine Seidenschleife unter dem Hals, die mit einer Stecknadel am Kragen befestigt war. Auch taucht ein ungewöhnliches Accessoire auf – ein in Heimarbeit gefertigter Gürtel, den Mädchen sowie junge und alte Frauen trugen. Er wurde aus Seide angefertigt, war 10–15 cm breit, von unten verstärkt und mit verschiedenen Schnüren benäht, er wurde mit Häkchen verschlossen und zu Blusen und Kurzmäntelchen getragen. Zu einer Veränderung kam es auch beim Schuhwerk. Knöchelhohe Schnürschuhe und später Halbschuhe und schwarze Strumpfhosen lösten die Lederstiefel ab. Blusen mit Mieder waren nur den Mädchen zu Kirchweih vorbehalten. Zu den sonstigen Anlässen zogen sowohl ledige als auch verheiratete und ältere Frauen neue Kleider an, bestehend
44 Die Mieder wurden in der Regel so erneuert, dass an die bestehenden alten grünen Seidenbänder mit kleinen Falten, die die Ränder des Mieders bildeten, neue Mittelteile aus Brokat genäht wurden.
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Bürgermeister Matthias Šalamoun mit Frau Katharina in städtischer Winterkleidung und in traditioneller Kleidung. Fröllersdorf, 30er Jahre des 20. Jahrhunderts. SOCHN
aus einem Rock und einem Kurzmäntelchen, was an ein Kostüm oder ein ganzes Kleid erinnerte. Dieser Anzug füllte die Kleiderschränke der Kroatinnen auf Jahre hinaus und übernahm die Rolle der kroatischen Tracht für Frauen. Der Obermantel, der aus gleichen Teilen genäht wurde, war vorn und hinten sattelförmig zugeschnitten und wurde mit kleinen Knöpfen verschlossen. Hervorgehoben wurde er durch zahlreiche Bänder, Borten und Pailletten sowie stets durch eine schwarze Spitze. Der breit geraffte Rock wurde über mehrere Unterröcke gezogen, seinen Rand säumte eine ähnliche Verzierung wie bei den Kurzmäntelchen. Die Anfertigung solcher Sets war nicht aufwändig, die Frauen und Mädchen nähten sie selbst aus Stoffen, die sie direkt bei einem lokalen Händler bestellten und kauften.45 Zu den gefragten und beliebten Materialien gehörten überwiegend einfarbige Wolle, Kaschmir, Seide und Brokat. Der Verbrauch für eine komplette Tracht war hoch, er lag bei einer normalen Breite bei bis zu 6 Metern. Für Schürzen wurde in der Regel dunkles Kaschmir mit großen Blüten, später auch einfarbige Seide gekauft. Auch Gürtel und Kragen mit angeheftetem Band
45 Kleinere Galanteriewaren – Borten, Bänder, Spitzen, Pailletten u. ä. – besorgte auf Jahrmärkten auf der Basis vorher ausgehandelter Bestellungen Frau Pátková aus Fröllersdorf, die damit hausieren ging.
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Volkskultur
Volkskultur
Mährisch-kroatische Kinder in Festtagstracht. Fröllersdorf, Anfang des 20. Jahrhunderts. SOCHN
bildeten einen nicht wegzudenkenden Bestandteil jedes Sets, dessen Farbe frei wählbar war, ohne Rücksicht darauf, für welchen Anlass dieser bestimmt war. Nur die Röcke und Kurzmäntelchen, die die Mädchen am zweiten Kirchweihtag trugen, wurden aus weißem Leinen genäht und durch einen Saum aus schwarzer Spitze und drei Bändern in Blau, Rot und Grün belebt. Unterschiede ergaben sich nur darin, wie der Kopf gestaltet war, was für den entsprechenden Feier- oder Festtag verbindlich vorgegeben war. So trugen beispielsweise die Braut und ihre Brautjungfern einen Kranz aus Kunstblumen (gefertigt und gekauft in Dürnholz), allein zum Kranz gehörte auch eine besondere schwierige Art, die Haare zu Zöpfen zu flechten. Zu den Blusen mit Mieder und zum weißen Set, das zur Kirchweih geboten war, wurde im Nacken ein rotes gemustertes Tuch „im Haná-Stil“ getragen. Normalerweise waren zwei Tücher üblich, ein unteres aus Leinen, das die Haare vollständig verdeckte, darüber dann ein Seiden- oder Kaschmirtuch mit aufgenähten aufgeriebenen Fransen aus Wollresten, alles sehr bunt. Sehr wertvoll waren und sehr bewundert wurden Tücher mit Blüten, in die silberne oder goldene Metallfäden hineingewebt worden waren. Frauen, die der traditionellen Kleidung auch im Alltag treu blieben, nähten sich aus preiswertem bedruckten Leinen Röcke, Schürzen und Kurzmäntelchen (genauso wie für ihre schulpflichtigen Mädchen), der Schnitt war derselbe wie bei der Festtagstracht. Im Winter hüllten sie sich wie anderswo auf dem Lande in Wollmäntel, große Tücher, Kurzpelze (die sie in früheren Jahren angeschafft hatten) sowie enganliegende Wattemäntel. Diese wurden von Schneiderinnen vor Ort aus schwarzem Samt genäht, der mit kleinen Blüten bestickt war. Wenngleich sich im Fonds des EÚ MZM kroatische Textilien aus dem 19. Jahrhundert lediglich sporadisch befinden, so gelang es, Trachtenteile für Frauen aus den Zwischenund Nachkriegsjahren in ausreichender, repräsentativer Menge zu erwerben. Die so zusammengetragenen Sammlungsgegenstände ergänzen die Aussagen der Befragten, runden sie ab und helfen zusammen mit der Fotodokumentation dabei, ein vollständiges Bild über die traditionelle Kleidung der mährischen Kroatinnen im 20. Jahrhundert zu erhalten. Die Sammlungsgegenstände bestätigen so