2014 | Ausgabe 17 MTP – Marketing zwischen Theorie und Praxis e. V.
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Eine Marke der
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Sinnieren wir über Sex! Es heißt immer: „Männer denken nur an das Eine.“ Ja, das stimmt! Und deshalb liegt es einer männlichen Chefredaktion auch nicht fern, das Thema Sex aus Marketingsicht zu betrachten. Noch näher liegt es, weil es beinahe täglich in Analogund Digitalmedien präsent ist. Überall Brüste, Hintern, Waschbrettbäuche und das verführerische Nichts. Sex wird so inflationär eingesetzt, dass es dafür nur eine Erklärung geben kann: Er wird bewusst genutzt, schafft Aufmerksamkeit, steigert den Abverkauf, emotionalisiert Kommunikation – kurz, er funktioniert. Oder bricht hier das evolutionäre Erbe der Werber durch, die nicht kalkulierend, sondern nach ihm gierend, Sex einsetzen? Doch welche Aufgabe, Funktion oder Wirkung hat Sex im Marketing überhaupt? Ist es sinnvoll, Sex zu einem elementaren Bestandteil einer Marketingstrategie zu machen? Wie schnell kann die Schwelle zwischen dem SINNvollen Einsatz und erotisierender SINNlichkeit zu blanker Perversion übertreten werden? In diesem Heft geht es um Sex! Sex macht Spaß! Sex ist überall! Sex Sells? Manfred Thurm (S. 6-9) beschreibt, wie Sex eine so große Bedeutung in unserer Gesellschaft erlangen konnte und wie er im Marketing genutzt werden kann. Welche Rolle Attraktivität und das Erotische Potential beim Erfolg im Berufsleben haben, fasst Jennifer Krüger (S. 10-12) zusammen. Der Mensch ist wegen seiner Triebe und evolutionär angelegten, psychologischen Mechanismen sogar dazu verdammt, auf Sex Sells zu reagieren, weiß Antje Graul (S. 13-15).
vor Sex warnen, geschieht dies dank der genauen Kenntnis um die Verführungskraft und die Macht des Begehrens“. Thomas Lehnen und Steffi Seefeld liefern sich auf den Seiten 20-24 eine philosophische Diskussion, ob der Markt die Sexualität der Geschlechter aktiv verramscht oder ob unsere Seelen vielmehr nach Erotik schreien. Einen Bericht aus der Praxis liefern Marc Schlegel und Andreas Stockburger (S. 25-27): Sex verkauft vielleicht Bier, Panzer und Autos, Sexspielzeuge sind aber schwerer zu vermarkten. Sex mit Sex zu verkaufen ist nicht leicht – stattdessen gilt: „Sophisticated sex sells better!“ Kurz und knapp findet Julian Valkieser (S. 32, 33), dass nicht jede Marke mit dem gleichen Sex werben kann – dicke Dinger sind vor allem etwas für Fastfoodketten. Viel Spaß beim Lesen wünschen
Der Apostolische Protonotar Wilhelm Imkamp sagt dazu im Interview, dass Religion hier durchaus Abhilfe schaffen kann (S. 16-19). Er zitiert Alain de Botton: „Man mag Religionen wegen ihrer Prüderie spöttisch abtun, doch weit gefehlt. Insofern sie uns
Volker Haerecke und Manfred Thurm
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INHALT
ou Need ve!
Illustration: „US Dollar“ von vecto2000.com; „Art Kiss“ von WebDesignHot
AUSGABE Doch 17 die Einführung der Antibaby
befreite die Frauen von ihrer zwangsa Rolle als Gebärende und Erziehende u ihre Position in der Gesellschaft. Dies k die Sexuelle Revolution – nicht nur in All you Need is Sex! Begleitet durch die Einführung des Playb Wie Sex zum klassischen Werkzeug des Werbers wurde und wie er eingesetzt damit einhergehenden Salonfähigkeit vo werden kann wie Sex, Lust und Sinnlichkeit, war Sexua Seite 6–9 Öffentlichkeit immer weniger ein Tabuthe
1980 markierte einen weiteren Mei der amerikanischen Werbeindustrie: Broo Attraktivität im Berufsleben und ihr „Nothing“ erregte unzählige M Der US-amerikanische WirtschaftswissenGemüter und verkaufte noch mehr Ca Haben es schöne Menschen leichter? schaftler Daniel Selim Hamermesh unterstützt a Wenige später Seite 10–12 diese Theorie.Jeans. In seinem Buch Jahre „Beauty Pays“stellte zeigt da V trocken fest: „Over klare the next er anhand vonForbes Studien, dass Attraktivität Vor-fiveey will be an even use of blatant sex teile auf dem Arbeitsmarkt mitgreater sich bringt. V How Does Sex Work? ges in advertising, because it has beco Ein reizender Einblick in Erotik und Werbepsychologie oursich culture“. Schönheit wirkt auch auf das Gehalt aus
klassischen Werkzeug des Werbers e er eingesetzt werden kann.
vität fsleben
How Does Sex Work? Seite 13–15
so Towards a Definition Hamermesh ermittelte in einer Studie, dass b „Sexualität wird zum Leistungssport, Doping Menschen, dieeingeschlossen.“ besser aussehen, bei gleicher QuaTa Interview mit Prälat Wilhelm Imkamp lifikation bis zu fünf„‘Sex Prozent mehr verdienen als ihre u Sells‘ bezeichnet den aus Unte is the primary motivating factor in the course of human history, and in Kollegen. Schönheitsprämie nennt Einsatz er diesesvon Phänosi Seite 16–19 sicht erfolgreichen Marketin ury it has emerged from the taboos and controversy that have surrounmen. Schönheitheutzutage zahlt sich also buchstäblich aus. und/od g von Antje Graul welche Sex Sells-Maßnahmen können bei einer gut men, mehrerotische denn je eine Gedanken OrientierungsfunkEin Beispiel dafür ist Wer einediesKandidatin durchdachten Kampagne durchaus den WiedererD tion am Markt. nicht beachtet,aus wird der sich bei der Zielgruppe hervorrufen. Als erfol Pro und Kontra: Sex Sells he ages to claim its rightful place in society.” – Hugh Hefner Nackte Haut, laszive Blicke, erotische Gesten. dass der Werbeinhalt vom Betrachter kennungswert „richtig“ der Marke steigern – was bei jeder langfristig nicht erfolgreich behaupten können. umstrittenen dabei Sendung „TheMaßnahmen Swan“ 2005,anzusehen, die sich Forscher wie Evelin Baszczyk in ihrer Publikation encodiert wird. Setzt sich der Betrachter also solche d anstehenden Kaufentscheidung relevant ist. Vor Der Ausverkauf der Geschlechter / Unsere Seelen schreien nach Erotik „Werbung. Frau. Erotik.” belegen eine rasante Zutatsächlich mit einer Werbung auseinander und vor laufenden dieFrage Brust straffen, nahme an erotischer Werbung im 20. Jahrhundert, entschlüsselt die Werbebotschaft korrekt, so ist allem am ‚Point of Sale‘. Doch was wird damit kon- Kameras Die zentrale sollte (nach wiedie vor)Zähne lauten: Kommunikationsziele positiv beeinflussen insbesondere der weiblichen Erotik (Baszczyk, Seite 20–24 kret erreicht? Durchschauen wir richten nicht längst mani-FettWofür steht die Marke? und absaugen ließ. Schon nach kurzer ri Aber das dürfte inzwischen keine Neuigkeit Je attraktiver Quelle, umso zur Weckung von Begehrlichkeit zur gewünschten Handlungsauslösung und om war klar – ohne Werbung 2003). schwören. Auch Baden trug mandieeine Zeit pulative Strategien mehr sein. Täglich werden wir auf allen beim Werbeheit läge im Auge des Zeit wurde ihr Gehalt um 600 Euro erhöht. fü kanälen, nicht nur in Print-, TV- und Plakatformaten, durch Werbung? Und werden die Kunden, langfristig Unsere Diskurse und vor allem die Medienbilder, mehr Involvement findet auf der n Wandmalereien in Pompeji sondernlang Kleidung, heute eher als Schlafanzug fristigen Kundenbindungsind, beitragen.“ zunehmend auch im Digital-,die Mobile-man und Von wegen Sex Sells betrachtet, der Marke evtl. sogar den Rücken keh- nun denen wir tagtäglich ausgesetzt sind immer Seine Erscheinung ist unauffällig, die mit „oben-ohne“ Aktionen Aufmerksams wirklich? Sicher ist, seine Klei- gung,Social Ob dies zwangsweise an ihrem attraktim Seite des Rezipienten statt. Media-Bereich mit entsprechenden Inhalten dung bescheiden. Oft trägt er nur den einfachen keit für die verschiedensten Frauenrechte fordern. ren oder mehr noch, dagegen aufbegehren? Erste noch stark von Dispositiven geprägt, die bereits seit chste Bordell zu finden war. definieren würde. Erst in der neueren Geschichte Diese Werbebotschaften werden meist schwarzen Anzug mit betrifft weißem Kollar. Doch seine Wennkonfrontiert. Frauen mit nacktem Oberkörper gegen z.B. den sind. Das veren Äußeren lag oder an einem größeren Selbstm Ein Erfahrungsbericht zweier junger Sex Toy-Verkäufer von kreativen und Marketingagenturen entes sehr wahrscheinlich, dass er dem beworbenen Gegenbewegungen sind bereits zu beobachten. Erscheinung täuscht. Unter dem grauen Berlusconis FrauenbildPRdemonstrieren, bedienen Jahrhunderten bestehen und in unserer Kultur tief verfrühschlichte Sinne Westens wieder in der Es muss also Bekanntheit, keine nackte unser Haut se Haarim verbirgt sich das Wissen der letzten 2000 Jahredes sie eigentlich ausdrücklich die Männerbedürfnisse worfen des und als Kampagne realisiert.tauchten nackte Produkt positivKörper gegenübersteht. Um aber in einem ankert sind.größeren Sie beeinflussen ständig aufs Neueblieb Jewahrsten nach Kontibewusstsein bzw. der Kirchengeschichte. Die Liste seiner Kirchenämter dieses Frauenbildes. Diese Widersprüchlichkeit Seite 25–27 ersten Schritt überhaupt die Aufmerksamkeit des nKörper. unter anderem Consultor der Heiligsprewird schön sichtbar in dem Begriff „Sextremismus“, Wichtig für Marketingverantwortliche ist es, tive Denken und Handeln. So werden in der Werbung xerschiedliche alsumfasst Tauschware war bereits Öffentlichkeit auf. schwarze Schatten können ausreichen potentiellen Kunden zu gewinnen, setzen MarketingKörperoffen. werden wir auf allen chungskongregation und der Gottesdienstkon- Täglich den sich die Gruppe auch gerne selbst zuschreibt. profis gern auf emotionale Werbereize. hier Und frühzeitig das mögliche negative Effekte ihrer MarSchönheitsideale weitertransportiert, die in ihrer gregation, ordentliches Mitglied der päpstlichen Hier wird mit beschrifteter Haut für Rechte geworn üblich. Die Tempelprostitudend ist die Wirkung auf den Betrachter. aus gutem Grund: Zahlreiche Studien messen Werbekanälen… mit entsprechTheologenakademie. Und doch ist der Apostolische ben, wobei der Zweck die Mittel zu rechtfertigen hön Protonotar angesehen. Doch MD ketingkampagne zu bedenken. In unserer Gegennormativen Funktion von einer jungen, akademisch eine positive Männer Korrelation zwischenstehen der Beliebtheit nun mal auf Frauen! Wilhelm Imkamp in Deutschland vor scheint Junge ie nicht? wieund „Schönheit wart können Bürgerinnen und Bürger sich mitin gebildeten Generation inzwischen weitaus kritischer Inhalten konfrontiert. allem Sprüche als redegewandter streitbarer Talkshow- enden zweier beworbener Produkte und dem emotionalen Gehalt us anerkannt. Der Beginn des 20. Jahrhunderts stand noch Sex Sells auf vier Arten im Kaufentsche Ein Erfahrungsbericht junger Sex Toy-Verkäufer chönheitsideale? Und Oft wird diesem Zusammenhang das Klischee tr gast bekannt. Wo würden Sie die Grenze ziehen: Was ist noch Eroder Werbung. Je attraktiver die Quelle, umso mehr ungekannter Geschwindigkeit zu jeglichen es Betrachters.“ und „Wer schön bislang aufgenommen werden als noch vor einigen Jahren. Interview mit DACH Sebastian Bernbacher tik, was ist schon zu viel? Diese Marketingagenturen haben eine sehr Involvement findet auch auf Axe der Seite Brand des Rezipienten unter dem Zeichen unterdrückter Sexualität in Manager der zess wirken: seien bei Frauen wich- m vorgebracht, Äußerlichkeiten von Marc Schlegel und Andreas Mit dem Mehrwert spricht der 1951 geborene Sicherlich ist eine Grenze erreicht, wenn derStockburger iden.“ Beim Blick auf die Werbung, Themen austauschen und sich gegenseitig beeinspezifische Aufgabe: Die Werbebotschaft ihrer statt. Die Forscher Binet und Field (2007) zeigen Wallfahrtsdirektor von Maria Vesperbild über MarMensch nur noch als Sexualobjekt wahrgenommenumgibt, kann man sich allerflussen. sich regelmäßig 3. Macht/Verantwortung Kunden in Worten und umzusetzen, die Seite ebenso auf,28 dass Kampagnen, die emotionale Kom- Und deshalb muss man nlichein hat eine Tradition Öffentlichkeit. DieumBeschränkungen der öffentlich keting und Religion. lange wird. Da wo Sexualverhalten zumBildern Konsumverhalten Aussehen, das tiger für den beruflichen Erfolg als bei Männern. n „Ihr verkauft Sex Toys?unseHaha… klar, Sex Sells!“, Die Geschäftsidee war geboren. Unverzüglich potentiellen Kunden zu erlanponenten beinhalten, rein informativen Werbebotwird, Aufmerksamkeit liegt eindeutig eine des Grenzüberschreitung vor. s diese Weisheiten noch mit fragen, wo Marketingmaßnahmen mit neuen gesellhaben wir die vergangenen Monate immer wieder buchten wir den Rückflug in die Schweiz und Herr Prälat, wann und woes haben Siebewerben das letzte Mal In dergen. klassischen Moraltheologie, dieWerbung heute gerne Hierzu betrachten wir als Kommunischaften stark überlegen sind. en und diese zu nzu wirkt, dass als dargestellten Sexualität wurden nicht nur durch Hier handelt es sich allerdings um eine statistische ri gehört. Und um ehrlich zu sein, wir haben uns so tun haben. Welche Rolle spielt schaftlichen Vorstellungen davon kollidieren, was Werbetreibende haben heute vielfältige nackte Brüste in einer Werbung gesehen? als verstaubte Kasuistik gab esBotschaft an GENERIERUNG VON kationsprozess, in bespottet dem einewird, konkrete ziemlich das gedacht, als meiner wir vor knapp Noch selben Abend Eigentlich noch nie,gleiche aber das mag an die schöne Unterscheidung von „partesam honestae“ er von Geschlecht alsfragen, schön und gut und zeitgemäßder gilt und was nicht. Jugendkampagne Gestaltungsmöglichkeiten. Der Werberat greift im Würde man jedoch du den Verbraucher wird. Das angenehme Fehleinschätzung, wie Hamermesh zwei Jahren die ersten einem stilvollen und einen Empfänger kommuniziert wird. Wie funktionierte Liebe, wie willst – die Strategie Durex aufVerständnis den Sklavenund WarenFernsehabstinenz liegen. In Ideen den zu Print-Medien (Darstellung unbedenklich), „partes minus honesAUFMERKSAMKEIT präsentierten wir der Freundin ansprechenden Online Sexin Toy-Shop diskutierten. das doch gleich auf Basis der kommunikationswarum er sich für ein bestimmtes Produkt entig sexualisierte der Bilder Rahmen seiner Möglichkeiten ein, wenn „schädlies wohl inDarstellung der letzten Zeit häufiger tae“ (Darstellung grenzwertig) und „partes inhonewissenschaftlichen Theorie? Genau. Wer sagt was, schieden hat, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass tdienbranche? undgab reiz-Femen-Beweargumentiert: Männer arbeiten in unsere Erkenntnisse… von besonders der etwas widersprüchlichen stae“ (Darstellung gehtstolz gar nicht). Der Mensch darf Hochkulturen, über Liebe Reckitt Benckiser (RB) Deutschland Die Idee vor allem: Und WieMarkt2.nennen Markenentscheidung/Kaufentscheidung che“ Werbung gezeigt wird und übt so eine gewisse wie du zustürzten wem, uns auf welchem Kanal,willst. mit welcher Wirkung dieser keine rational beschreibbaren Gründe in die Arbeit. Noch am selben Abend Markt Geschlecht(er)? Kontrollfunktion aus. Nun folgt daraus aber nicht, Unternehmen der USA und beweist 1967). Den kreativen Hilfsmitteln zur kann. Er vertraut womöglich auf sein Gefühl? Fast der Regel – egal wie sie aussehen. Silvester 2012 in Budapest. Wir sind auf dem (Laswell, präsentierten wir der Freundin stolz unsere Erkennt-Großbritannien r bisfürhin zur 1854 erstmals Seite 30die Faktoren, die Kaufentscheidungen Weg zurück von der feucht-fröhlichen Neujahrsfeier Umsetzung dieser Botschaftfürin verschiedenen nisse, Ideen und erste Designskizzen einen neuen korrekt. Denn Unternehmen mit langfristig angelegten straeine zusätzliche kritische (und eigene) Reflemit Freunden – immer noch wild diskutierend über Kanälen stilvollen Sex heute Toy-Shop im Netz – und wir lagendass total ganz Persönliches. genau das. Ursache ist, Schönheit oftoft unterbewusst unbe- verankert Das nicht heißt, ein dass wenig attraktiver sind aufgrund der Medienkonvergenz beeinflussen, sind und DAUERHAFTE ERINNERUNG ule. War der nächste logische das brisanteste Abends: Sex Toys. Kurz daneben. Das Feedback war niederschmetternd. er Werbung werden wirThema mitdesNormtegischen Marketingkonzepten sollten blindxion nicht auch eine positive Wirkung auf den Marsowie der rasanten Zunahme an Digital- und Bewegtdem Menschen nicht aktiv zugänglich. Bedürfnis, vor unserer Haustür angekommen, mussten wir uns Und hat uns gerade deswegen für die Wichtigkeit wusst mit positiven Eigenschaften verbunden AN WERBEBOTSCHAFT, nfrontiert, zu die von klein unser mehr Grenzen gesetzt. Auch Out-ofWunsch, Motivation und wird: Ziel einer Kaufentscheidung lings auf Sex Sells-MaßnahmenMann setzen,würde sondern Einkommensnachteile ketingerfolg haben kann. Nur weil die Möglichkeit eingestehen, dass auf wir davon eigentlich keinen bild von kaum Testing und Feedback sensibilisiert. Wir wollten odukte werben? Oder besKirche und Politik, sondern auch die Medien selbst Homeund Guerilla-Maßnahmen zählen zu beliebten liegen oftmals außerhalb der kognitiv erfassbaren Plan haben. Getrieben von Neugierde und Faszinanicht aufgeben. Im Gegenteil: „Jetzt erst recht!“, MTP – Marketing zwischen Theorie und Praxis e. V. tät und Schönheit prägen. Ob auf Im haben Kapitalismus dominiert nun mal der Markt diese auf den eigenen Markenkern und besteht, Werbunger freidamit zu gestalten, heißt das noch PRODUKT &Familie MARKE Liebe, wie duwir uns willst –Erfolg. eit BerufsleIntelligenz, Fleiß, in abstimmen Kauf nehmen, solange seine tion entschieden wir uns, das Thema genauer unter gesagt. UndKampagnen. so die entstandStrategie imBleibt Verlauflediglich Bestandteilen kreativer Reichweite. Und deshalb ist es besonders wichtig, ameauf zudas betreiben – verneutrale forciert. Besondere Blüten trieb diesezu betrachten. Unterdrüdie Lupe zu nehmen. Gesagt, getan. Am nächsten nächsten Monate hochwertiger Online-Shop nsehen oder als Web-Anzeige; das Geschehen. Innerhalb desWirkung. Marktes es unter dahingehend auch die Aussage der Werbebotschaft lange nicht, dass wir jegliches VerantwortungsgediederFrage nach der ein eigentlichen Um ist diese die Werbewirkung interdisziplinär In Ein Verein. Eine der Idee. Viele Facetten. der Durex Morgen googelten wir uns erwartungsvoll durchEsmitJugendkampagne handverlesenem Produktsortiment und umfasist ganz einfach: Als Arbeitnehmer bevorernähren kann. Weiß eine Frau dagegen, dass sie m wie gewünscht zu erzielen, ist es ausschlaggebend, diesem Fall aus dem Blickwinkel Psychologie. te, meist weibliche Körper und mit den vielfältigen Möglichkeiten, die eigenen Proim Hinblick auf das Kommunikationsziel anpassen. fühl für die Effekte einer normativen, sexualisierden Markt für anzupreisen? Liebesspielzeug.Reckitt Aber bereits nach(RB)sender Wissensplattform rund um Sex Toys. in den USA bis in die 50er-Jahre, wo Benckiser Deutschland ter Sexualität ckung vor allem einer guten die Stunde machte sich Ernüchterung arbeitete Gesichter, nur einen dukte erfolgreich an die Frau oder den Mann zu wie oder die DarstelMarketingstrategie zugunsten wird, der Aussicht Seite 31 man als Der Einsatz von Ironie, Sarkasmusaufgrund hübsche genau ihres ten Aussehens benachteiligt wird ty breit. Die Informationssuche hinterließzugt einen be- man Wir waren stolz wie Oskar. Kollegen, Endlich ein Sex SCHAFFUNG EINER POSIT die Verfolgung vermeintlich volksgefährlichen 17 | 13 fremdenden, irgendwie unangenehmen und nicht Toy-Shop mit Stil, der nicht nur „Werkzeuge“ verDurchschnittsmenschen repräsenbringen, eine gängige Praxis, seineder Angebote oder lung einer anspruchsvollen Ästhetik können dabei auf (kurzfristigen) Erfolg hinter uns lassen sollten. selten abstoßenden Eindruck. Schnell den Browserkauft, sondern mittels umfassendem Wissen auch ahrscheinlich sagen: Arbeitgeber attraktive Arbeitnehmer bevorzugt. sie vermutlich eher zu Hause bleiben. Somit zieht w EINSTELLUNG GEGENÜBE genwärtig. Das Prinzip Dienstleistungen zubisher erotisieren bzw. zu sexualisieunterstützend wirken, ohne dass die gewünschte Zudem ist mittlerweile höchst zweifelhaft, ob das verlauf löschen. „Sex Sells“ Unerfahrenen oder thematisch Abgeschreckpers etabliert Frivolität dazu führte, dass selbst die amerikaniten einen einfachen und angenehmen Zugang von solchen hrzehnten und würist noch Kein ren. Ich behaupte, es gibt Einsatz Aufmerksamkeitsgewinnung weniger effektivaus ist. der immer kritischere und aufgeklärtere Zielpublikum n Vorteile. Sie Grund sich zu beim schämen. DasKurz liegt in der knapp Natur sie sich Statistik heraus und& MARKE verfälscht s PRODUKT zu einer „neuen Welt“ ermöglicht. Das Feedback war und Weniger Orion und Beate Uhse, sche Magazine einen selbstbemehr als positiv undComics wir schienen auf dem richtigen elle Pferd, auf das zu oft gesetzt Sex Sells-Maßnahmen zumindest drei Grenzen,Association auf Die Darstellung von vermeintlicher Makellosigkeit dadurch in Zukunft noch überzeugt werden kann. wahrgenommen. Menschen. Deshalb ist damit das Ergebnis. In den USA konnten Studien M Weg. Aber wir merkten bald, dass niemand auf uns es auch nicht schwer, mehr NespressoDies und Apple.des ahinter in vielen Fällen eine perpedie Unternehmen achten sollten: oder Kognitive Perfektion dagegen gewährleistet nicht unbeSinn für Sinnlichkeit vs. Verzehrungen gewartet hatte. Die Produktionsphase war (vorerst) en die nackte Frau und der abgeschlossen. schränkenden Code verfasste. Batman unddingt Robin Wir fühlten überhaupt nicht angesprochen – Die ungleich herausforderndere rrieGeburt –unter hübdies belegen: Frauen sind häufiger verbirgt, auch derunsviele Mens den gewünschten Erfolg und schon gar nicht Gutaussehende Die negativen Effekte des uns in der Werbung als Männer nicht. Was müssen denn erst Frauen Promotionsphase stand vor der Tür. Wie wird man AUSLÖSEN VON 32–33 über die offensive stark – maskuline auf uns aufmerksam? Wie erreichen wir Zeit die Ziel- keinSeite rin indirekt leiden haben,undbleibt inselbst der zuÖffentlichkeit 1.PräsenKundenbeziehung/Bedürfnisbeziehung hatten einige leichtes Leben, würden die die Kundenzufriedenheit. präsentierten heteronormativen undPOSITIVEM der Wirklichkenschwestern berufstätig als weniger gutaussehende. u tation des Themas denken? Wir fragten nach: Bei gruppen? Wer ist überhaupt die Zielgruppe? Wie VERHALTEN (KAUF, WEITERrie meist unbeachtet. Sie haben kurz Zeit? Ich keit widersprechenden Geschlechterbildes werden Freundinnen, Familie und im Kollegenkreis. Deren es andere? n würden mussten im alten EuropaDiemachen beiden doch „den Traum zweier Antworten übertrafen unsere Erfahrungen sogar mach schnell. Wir habenzusammenwohnener sich k Darstellung idealtypisch als schön Im Gegenteil. Die ständige Suggestion von mehr und mehr gesehen. Und dies wird zunehmend EMPFEHLUNG, ETC.) – im negativen Sinne. „Muss das denn sein? Kann Sex sells… alle keine Zeit. man das nicht besser machen?“ Da gab und es nochsexuell marktkonforme Schönheitsideale begehrenswert MenUnzulänglichkeit und das Hinweisen Bedürfzum Problem werden, wenn klischierte Bilder der Impressum keinen Eklat heraufzubeder Schwulerangesehener leben“.jaSechs hülern widmen. „Weraufführt in (die) Zukunft?“ Minuten – ab jetzt. Luft nach oben… „Irgendwie ansprechender? Mit Sex ist überall, vor allem in der Werbung. Und ein eindimensionales Körperschen zum derMagazine Abverkaufssteigerung nisse führen zwar bekanntlich häufig zu KaufGeschlechter im Sinne der Optimierung des kapimehr Stil, mehr Wert und mehrund Information?“ – oder es scheintZwecke zu funktionieren. mit einer von Julian Valkieser Ausgabe 17 diese Weise, dochWeniger fürOrion daraus zu schließen, dass esist viele bevorzugen, anders formuliert: Uhse, zur leicht bekleideten, weiblichen Schönheit auf der s erstrebenswert propagieren undund Beate und Aufmerksamkeitsgewinnung vielentscheidungen, stellen aber keine nachhaltige talistischen Warenverkehrs weiterhin eingesetzt mehr Nespresso und Apple. Titelseite verkaufen sich messbar besser als solvon Lebensentwürfen und ein offe- mit leichthübschen nicht die eleganteste und Geschäfte gewitzteste Voraussetzung für eine positive und beidwerden. für SelbstBetriebswirtschaftslehre wenn sie zukünftig verstärkt als ngen auf ihr späteres Menschen zu machen Die Professorin d Seite 34 AUSGABE von Schönheit behindern. Klar und Methode, aber eine 17 nachweislich effektive. seitig gewinnbringende Kundenbindung dar. Klischee gesehen und nicht mehr als anzustrebenSinn für Sinnlichkeit vs.schenken. Kognitive Verzehrungen attraktiv wirkt, entund ihnen Glauben zu Das ist auch der Sonja Bischoff von der Universität Hamburg stellt d mittelt: Normal und gut ist es, schlank Nun lässt sich darüber streiten, ob hierdurch Ist die Marke bei einer sexualisierten Werbung des Ideal angenommen werden. Möglicherweise m Untergewicht, heterosexuell und Grund, bereits eine Beziehung der Rezipienten mit demin den meisten überhaupt noch erkennbar? Weiter ist es Langzeitstudie wichtig wird deshalb die althergebrachte Sex Zukunft? Sells-Praxis sein. weshalb diese Angestellten in ihrer „Wer führt in (die) li das männliche Geschlecht zu sein. Bedürfnis und der dargestellten Person oder mit zu ergründen, in welchem spezifischen Zusammit den bekannten normativen Geschlechter- und Fällen mehr Gewinn versprechen und Unternehmen Männer und Frauen in Führungspositionen der Wirtd elle) Begehrlichkeiten geweckt, von der dahinterstehenden Marke hergestellt wird. menhang die erzeugte sexuelle Konnotation oder Körperbildern in dieser Form mehr und mehr verhneller einen Job überdurchschnittlich attraktiven Mitarbeitern in Deutschland“ fest:Auswirkungen Das äußere Q Herausgeber Redaktion icht gar nicht wüsste, dass man sie mit Können klassische Sex Sells-Ansätze überhauptAuflage das erotische Beigefühl und die schaft Marke stehen und bleichen, da deren auf denErscheiUnterneh50.000 Exemplare MTP – Marketing zwischen Andreas Stockburger as gut und wünschenswert? zum langfristigen Unternehmenserfolg beitragen? Entsprechend was damit erreicht werden soll. Marken haben menserfolg nachteiligen ausüben. höhere Umsätze erwirtschaften. nungsbild wird von etwa sogar einem Drittel Einfluss der Deutschen Theorie und Praxis e. V. Antje Graul Bankverbindung Krögerstraße 5 Jennifer Krüger Wahrheit? Das Ergebspielt in Branchen eine Commerzbank große Rolle, als wichtiger beruflicher Erfolgsfaktor eingestuft. AG Berlin 60313 Frankfurt am Main Schönheit Julianauch Valkieser 17 17 21 BLZ: 10040000 Marc Schleger w Yorker Universität wo sie keine Rolle spielen sollte – im Einzelhandel, Noch wichtiger als Sprachkenntnisse und fast tu Kto-Nr: 300012200 Chefredakteur Steffi Seefeld IBAN:DE26100400000300012200 Volker Haerecke Thomas Lehnen alchefs der größten auf dem Bau oder an der Universität. ebenso wichtig wie die persönlichen Beziehungen. P volker.haerecke@mtp.org
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Von wegen Sex Sells
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War der nächste logische Schritt, mit Sex für Produkte zu werben?
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Es besteht erot
Wer denkt nicht beim Thema Sex an die Marke Durex? Die Marke ist eine der 19 globalen Powerbrands von RB, einem der weltweit führenden Unternehmen in den Bereichen Gesundheit, Hygiene und Haushalt. Durex hat eine hohe Bekanntheit – wie aber macht man die Marke speziell für eine jüngere Zielgruppe attraktiv? Eine Fallstudie.
Kurz und Wer von Kindheit anknapp attraktiv wirkt, Beim Einsatz von Erotik in der Werbung gilt es, Spielregeln zu beachten. Sex hilft zweifellos zu verkaufen – aber nur im richtigen Kontext bzw. an das passende Nutzenversprechen gekoppelt. Sonst ist Sex in der Werbung nur Provokation und nicht zielführend.
Die zu entwickelnde Werbekampagne musste emotional sein, um wahrgenommen zu werden. Die Zielgruppe soll sich mit der Marke identifizieren, um so eine langfristige und intensive Kundenbeziehung aufzubauen.
Ausgangspunkt im RB Marketingteam von Durex war die aus der Marktforschung gewonnene Erkenntnis, dass Durex attraktiv für eine ältere Zielgruppe ist. Teenager identifizierten sich aber nur wenig mit der Marke.
Getestet wurden verschiedene Konzepte mit Teenagern, aus der die Kampagne „Liebe, wie Du willst“ klar als stärkstes Konzept hervorging. Die Kampagne spricht emotional an und vermittelt ein tiefes Verständnis der Zielgruppe durch die Marke.
Das Marketingziel war klar definiert, man wollte
Aufgrund der digital geprägten Mediennutzung der Zielgruppe wurde die Kommunikationsstrategie in verschiedenen Online-Kanälen wie z.B. Social Media umgesetzt. Herzstück der Kampagne ist ein Film, der in Vignetten (Liebe Neugierig, Liebe Bunt, Liebe Frei, Liebe Wild, Liebe Spontan… ) zeigt, wie verschieden und vielfältig junge Leute die Liebe erleben. Die Kampagne ist seit September 2013 im Einsatz und sehr erfolgreich. Das Markenimage in der Zielgruppe der Teenager konnte signifikant verbessert werden. Dies ist nicht zuletzt auch darauf zurückzuführen, dass erotische Werbung nicht nur geschickt, son17zielgruppengerecht | 25 dern auch umgesetzt wurde.
oder jenes Produkt unsere Potenz, unser Ansehen oder unseren Reiz bei anderen steigern kann.
So gesehen kann Sex in der Werbung anregend sein. Sie erregt unsere Intuition. Markentechniker gehen aber ein Risiko ein. Denn für guten Sex müssen beide Seiten zueinander passen. Wenn dem nicht so ist und das reizvolle Werbemotiv zusätzlich nicht einmal zur Kernmarke passt, wer wollte dann noch Marcel Reich-Ranicki erklären, worum es im Buch Kalypso geht? Die Werbeaussage wird somit luftig, sie verpufft und bringt es nicht auf den Punkt. Ich gehe weiter, weil das Plakat nicht zu mir passt, obwohl es die dahinter stehende Marke vielleicht würde. Das ist nicht sexy. Charles Darwin wäre weniger amüsiert, genauso wie ich von der letzten Nordsee-Kampagne.
IMPRESSUM
entwickle leichter Selbstbewusstsein. Reckitt Benckiser (RB) die Wahrnehmung der Marke in der jüngeren Zielgruppe stärken und sie für Teenager attraktiver machen. Um dies zu erreichen, wurde ein starker Consumer Insight benötigt, der für die Entwicklung der Marketingkommunikation eingesetzt werden kann.
www.rb.com/karriere www.facebook.com/Durex. Deutschland
Daher wurde im ersten Schritt die Zielgruppe genau analysiert – ihre Einstellungen, Mediennutzung, Ziele und Wünsche: Teenager sind neugierig und probieren gerne Neues, auch wenn es um die Liebe geht. Aus diesen Erkenntnissen wurde die bestehende Durex Markenpositionierung für die junge Zielgruppe konkretisiert: Durex holt TeenDieser Artikel wurde von Claudia Bach, External ager in ihrer natürlichen Neugierde auf die Liebe ab Affairs Manager bei RB, geschrieben. RB ist natioÄh – achso! Handy weg und auf lautlos! Hier und hilft, sie leichter und spielerisch zu entdecken. naler Förderer des MTP e.V. girls und Protestaktionen gegen Robbenjagd oder 30
Stellvertr. Chefredakteur Manfred Thurm manfred.thurm@mtp.org
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Anzeigenleitung Lisa Marrold
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geht’s um Sex! Und um die Frage: „Verkauft Sex?“ Meine Antwort: Ja, klar. Die Thesen um Evolutionstheorie und Artähnliches brauche ich Ihnen nun ja nicht eintüten. So wären wir eigentlich schon am Ende des Artikels. Sex verkauft sich selbst und gern auch Beiliegendes. Immerhin ist das Sexgewerbe eine eigene Industrie und zugleich Treiber von Webtechnologien und -entwicklungen wie z.B. Chats und Streaming. Darüber hinaus provozierte Sex schon im antiken Pompeji die Streetartszene und im 19. und 20. Jahrhundert läutete Sex den Fotoboom ein – nackte Menschen mussten nun nicht mehr gemalt werden. Man schätzt, dass Sex in den USA einen Umsatzwert im mittleren zweistelligen Milliardenbereich erregt. Lustigerweise in dem Land, wo Nacktheit in Werbung und TV-Shows strikt tabu ist. Oder eher genau deswegen?
Da sind wir östlich des Atlantiks und noch östlicher wesentlich freizügiger. Man denke nur an leicht bekleidete Nachrichtensprecher in Polen und Russland, um politische Meinungsbildung anzuregen. Oder die so genannten Betelnussmädchen in Asien, die wachmachende und aufputschende Nüsse an Truckfahrer verkaufen. Schlussendlich fangen wir aber gar nicht erst an, alle möglichen Themen aus dem Dark Room der Weltwirtschaft zu zitieren. Sonst philosophieren wir auch noch über Messe-
Lektorat Inga Schridde Joscha Gewinner Larissa-Sophie Host Nalah Schneider Sascha Symmanek Sven Symmanek
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Studiengebühren.
Wir wollten das Thema ja kurz und knapp abhandeln. Den Wortwitz hierzu lasse ich mal unterm Tisch. Also zur… Enthüllungsgeschichte.
Bis hierhin habe ich eher ausschweifend in das Thema eingeführt, ohne wirklich auf den Punkt zu kommen. Und genau das ist das Problem vielerlei anrüchiger Werbematerialien. Sinnlichkeit in der Werbung fehlt oft der tiefere Sinn. Die Aussagen sind luftig. „Sex smells“, sozusagen. Hier sind wir beim Thema. Nehmen wir das Beispiel Axe. Primitivere Schäfer assoziieren die Unilever-Marke mit ihrer Werbung. Insight: „Axe auftragen, Mädels davontragen“. Ich selbst würde Axe eher mit dem Schäfer und dessen Geruch selbst assoziieren: Eindeutig, intensiv, männlich und leider zu oft auch abtörnend schweißig, weil wahrscheinlich ungeduscht aufgetragen. Mhm... Kopfkino? Unser nächstes Stichwort. Sex regt die eigene Phantasie an. Was wäre wenn? Kann mich dieses Produkt für die Evolution wertvoll machen? Die menschliche Intuition kann von diesen Fragen und Gedanken ein Liedchen singen, obwohl wir uns rational nicht eingestehen wollen, dass wir meist doch im tiefsten Inneren abwägen, ob dieses
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stufenmarketers geschuldet ist. Marketer, die hier aus der Assoziationswolke ihrer Marke ausbrechen, also deren sexy Motive sich zu weit von der Kernmarke entfernen, hätten sicherlich auch im berühmten Marshmallow-Test versagt. Schnellschuss sozusagen.
Aus kognitiven Verzehrungen werden beim Betrachter so schnell kognitive Verzerrungen. Passt Sex nicht zu meiner Marke, fliegen zu viele diverse Assoziationen wild umher und eine Marke ist versaut – also quasi dreckig.
© Foto: Nordsee
Begierde am Beispiel.
Natürlich ist Fisch gesund. Und was gesund ist, kann auch sexy machen. Aber Werbung, wie in diesem Beispiel, darf nicht einfach durch einen dick aufgetragenen Spruch eingeführt werden. Denn Werbung ist die zielgeschuldete Darstellung einer Marke. Man nutzt naheliegende und passende Assoziationen, die auf die Marke abfärben sollen. Die blaue Farbe, der Name Nordsee, der Fisch im Logo... und ein nackter Mann? Durchaus sexy. Der Spruch wurde plakativ umgesetzt, aber leider auch zu platt. Letzteres wird vielerlei reizvollen Werbemotiven zugesprochen. So auch hier.
Liebe Markentechniker aus der Nordsee: Hättet ihr eine sexy Meerjungfrau genommen, wäre ich nicht zum Burgerladen hundert Meter weiter gegangen. Der hat nämlich mit „dicken Dingern“ geworben, hier aber seine Kernmarke plakativ und naheliegend dargestellt – mit richtig schmackhaften, dicken, fleischigen Burgerdingern. Der Sinn von Sinnlichkeit.
Sexy Werbung darf sein. Aber nicht, wenn sie lediglich dem Aufmerksamkeitsdrang eines Ober-
Wieso wirbt Nordsee mit einem nackten Mann als Motiv? Es passt nicht zur Nordsee, zum Blauen und hoffentlich auch nicht zum Fischigen. Da es nicht passt, verwirrt uns das Motiv. Wir können es nicht in eine entsprechende Schublade legen. Das stresst und strengt uns an. Der Mensch steht auf einstimmige Kompositionen – in einer Welt des Information Overloads versteht er fast nur noch diese. Deswegen machen wir es uns einfach und gehen zum Burgerladen. Der mit der saftigen, fleischigen Werbung. Kopfkino? Zusammenfassend ein treffendes Zitat von Holm Friebe, der in „Die Stein-Strategie“ auf die Lehren des Hans Domizlaff und seiner Markentechnik eingeht: „Der Weg der Marke – der Pfad des langfristigen und soliden Markenaufbaus – ist nicht der des bekoksten Werbers, der sich andauernd neue Marketing-Gags, markige Slogans und PR-Stunts ausdenkt. Vielmehr ähnelt die Arbeit an der Marke der eines Bildhauers oder Steinmetzes, der in einem langwierigen und bedächtigen Prozess alles von einem Steinklotz weghaut, was nicht nach Marke aussieht.“ Und so passt die nackte Haut meist eben nicht zur Marke – auch wenn sie hübsch anzuschauen ist.
Julian Valkieser, Wirtschaftsingenieur, Student, Startup-Scout und leidenschaftlich MTPler aus Köln. Er ist der Meinung, „im Marketing gehe es darum, Commitment zu schaffen. Dies könne man nicht erlernen, nur erfahren – z.B. bei MTP“. Weiter diskutieren: @mtpmehrwert
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Han ziemlich
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Ellenbogenmentalität bei MLP.
Karriere ist kein Konkurrenzkampf – jedenfalls nicht bei uns. Wir bieten Hochschulabsolventen beste Bedingungen, um erfolgreich zu sein. Als MLP Berater (m/w) betreuen Sie Ihre anspruchsvollen Kunden nach exzellenter Ausbildung ganzheitlich in allen Finanz- und Vermögensfragen. So können Sie selbstbestimmt mit sehr guten Entwicklungsmöglichkeiten Ihre Karriere starten. Neugierig? Dann sollten wir uns kennenlernen.
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Wie Sex zum klassischen Werkzeug des Werbers wurde und wie er eingesetzt werden kann von Manfred Thurm
„I believe that sex is the primary motivating factor in the course of human history, and in this twentieth century it has emerged from the taboos and controversy that have surrounded it throughout the ages to claim its rightful place in society.” – Hugh Hefner Schon im alten Rom war klar – ohne Werbung geht nix. Und so wiesen Wandmalereien in Pompeji darauf hin, wo das nächste Bordell zu finden war. Sex wurde also schon früh im wahrsten Sinne des Wortes beworben. Sex als Tauschware war bereits zu babylonischen Zeiten üblich. Die Tempelprostitution lange Zeit durchaus anerkannt. Sex zu verkaufen hat eine lange Tradition – Waren zu verkaufen und diese zu bewerben ebenfalls: Angefangen auf den Sklaven- und Warenmärkten der frühen Hochkulturen, über Marktschreier im Mittelalter bis hin zur 1854 erstmals aufgestellten Litfaßsäule. War der nächste logische Schritt, mit Sex für Produkte zu werben? Oder besser: Sexualisierte Reklame zu betreiben – neutrale Waren mit übergestülpter Sexualität anzupreisen? Die Befreiung des Körpers Jahrhunderte waren die nackte Frau und der nackte Mann ein Tabu in der Öffentlichkeit – selbst die Fesseln der Frauen mussten im alten Europa bedeckt bleiben, um keinen Eklat heraufzube06
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schwören. Auch beim Baden trug man eine Zeit lang Kleidung, die man heute eher als Schlafanzug definieren würde. Erst in der neueren Geschichte des Westens tauchten nackte Körper wieder im allgemeinen Straßenbild auf. Der Beginn des 20. Jahrhunderts stand noch unter dem Zeichen unterdrückter Sexualität in der Öffentlichkeit. Die Beschränkungen der öffentlich dargestellten Sexualität wurden nicht nur durch
War der nächste logische Schritt, mit Sex für Produkte zu werben? Kirche und Politik, sondern auch die Medien selbst forciert. Besondere Blüten trieb diese Unterdrückung vor allem in den USA bis in die 50er-Jahre, wo die Verfolgung der vermeintlich volksgefährlichen Frivolität dazu führte, dass selbst die amerikanische Comics Magazine Association einen selbstbeschränkenden Code verfasste. Batman und Robin hatten einige Zeit kein leichtes Leben, würden die beiden doch „den Traum zweier zusammenwohnender Schwuler leben“.
Illustration: „US Dollar“ von vecto2000.com; „Art Kiss“ von WebDesignHot
All you Need is Love!
Doch die Einführung der Antibabypille 1960 befreite die Frauen von ihrer zwangsauferlegten Rolle als Gebärende und Erziehende und stärkte ihre Position in der Gesellschaft. Dies katalysierte die Sexuelle Revolution – nicht nur in Amerika. Begleitet durch die Einführung des Playboy und der damit einhergehenden Salonfähigkeit von Themen wie Sex, Lust und Sinnlichkeit, war Sexualität in der Öffentlichkeit immer weniger ein Tabuthema. Das Jahr 1980 markierte einen weiteren Meilenstein in der amerikanischen Werbeindustrie: Brooke Shields und ihr „Nothing“ erregte unzählige Männer und Gemüter und verkaufte noch mehr Calvin Klein Jeans. Wenige Jahre später stellte das Magazin Forbes trocken fest: „Over the next five years, there will be an even greater use of blatant sexual messages in advertising, because it has become part of our culture“ (Immisch, 2002). Towards a Definition „‘Sex Sells‘ bezeichnet den aus Unternehmenssicht erfolgreichen Einsatz von Marketingmaßnahmen, welche erotische Gedanken und/oder Gefühle bei der Zielgruppe hervorrufen. Als erfolgreich sind dabei solche Maßnahmen anzusehen, die einzelne Kommunikationsziele positiv beeinflussen und somit zur gewünschten Handlungsauslösung und/oder langfristigen Kundenbindung beitragen.“ Es muss also keine nackte Haut sein, suggestive schwarze Schatten können ausreichen. Entscheidend ist die Wirkung auf den Betrachter. Dabei kann Sex Sells auf vier Arten im Kaufentscheidungsprozess wirken: GENERIERUNG VON AUFMERKSAMKEIT
DAUERHAFTE ERINNERUNG AN WERBEBOTSCHAFT, PRODUKT & MARKE SCHAFFUNG EINER POSITIVEN EINSTELLUNG GEGENÜBER PRODUKT & MARKE AUSLÖSEN VON POSITIVEM VERHALTEN (KAUF, WEITEREMPFEHLUNG, ETC.)
Als Sex die ersten Male in der Werbung genutzt wurde, diente das primär zur Gewinnung von Aufmerksamkeit – meist durch die mehr Calvin Klein oder minder ansprechende Darstellung „The ads are meant to von nackter Haut. Noch heute wird diese be ambiguous – to make people stop and think. primitive Werbestrategie genutzt, wesI don‘t want women fliphalb wir Sex Sells meist nur mit Brüsten, ping through 600 pages Hintern und Sex verbinden. Zudem war of Vogue and not even pausing at my ads.“ es zu Beginn eher der Schockeffekt, der für Aufmerksamkeit sorgte. Anrüchige Werbung plus reichweitenstarke Publikation und vorprogrammierte Empörung ergibt unbezahlbare kostenlose Berichterstattung. Wenn allerdings alle Marken halbnackte Models posieren lassen, nutzt sich der Aufmerksamkeitseffekt ab. Sex-Appeal an sich hat dann nichts Aufmerksamkeitserregendes mehr. Eine offene Bluse ist oft wirksamer als keine Bluse Sex muss also geschickter eingesetzt werden: Durch Konditionierung oder Irradiation (Ausstrahlungseffekte) wird eine Marke oder ein Produkt mit einer positiven Emotion verknüpft, die durch Marketingmaßnahmen ausgelöst wurden. Ähnlich wie beim Pawlow‘schen Reflex löst dann allein der Anblick des Markenlogos die gleichen Gefühle aus wie zuvor das Betrachten von nackter Haut und Markenlogo. Axe suggeriert beim Anblick seiner Deodose nicht ohne Grund bei Männern Potenz, Attraktivität und Sex. Hierbei muss aber vorsichtig vorgegangen werden. Produkte, die eigentlich keinerlei Bezug zu Erotik haben, können nur peu à peu erotisiert werden. Magnum von Langnese ist ein gutes Beispiel. Sex ist auch nicht gleich Sex. Je mehr nackte Haut im Alltag auftaucht, desto weniger kann der Durchschnittsbürger durch eine nackte Brust erregt werden. Im Gegenteil: Ein Dekolleté ist verführerischer als nackte Brüste. Primitive Nacktheit stößt vor allem Frauen vor den Kopf. Studien konnten zudem zeigen, dass Frauen mit Desinteresse und Langeweile reagieren, wenn weibliche Models in Werbungen laszive und provokative Posen einnehmen – mit natürlichem Make-up und Kleidung hingegen sympathisieren die Betrachterinnen. Irgendwie möchte Frau sich schließlich mit der Werbung identifizieren. Die Krönung für die Frau: Liebe und Romantik in der Werbung. Die Sehnsucht 17 |
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Illustration: „Crisis business concept“ von Bazaar Designs
IRONIE/ UMKEHRUNG DES ÜBERSTEIGERUNG SEXISMUS Humorvolle ÜberMänner werden zum treibung verhindert Sex-Objekt. Frauen kritische Bewertung – werden aktiviert, ohne Aktivierungswirkung dass Männer negativ ohne Protest. Beispiel: reagieren. Sixt (meistens jedenfalls).
SEX ALS REINE PROVOKATION/ ÜBERSCHREITUNG Es soll ein rebellisches oder freizügiges Image erzeugt werden, das zwar auf Kritik stößt, aber gut bei der Zielgruppe ankommt.
danach lässt nicht nur Hüllen fallen, sondern auch Scheinchen regnen. Möchte ein Werber ein Produkt vermarkten oder eine Marke mit bestimmten Emotionen aufladen, muss er also subtiler vorgehen, seine Zielgruppe genau kennen und mit den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft die Wirkung seiner Werke einschätzen können. Spiegelneuronen und Chanel No. 5 Basiert eine Anzeige auf dem Prinzip Sex Sells, ist sie im wahrsten Sinne des Wortes ein Hingucker. Angeborene Schlüsselreize wie Beine, Po, Lippen und laszive Blicke bewirken, dass unkontrollierbare Reaktionen ausgelöst werden. Der Mensch ist darauf programmiert, sich fortzupflanzen und das Gehirn nimmt potentielle Sexualpartner besonders schnell wahr. Ob er in einem Magazin abgedruckt ist oder im eigenen Bett liegt, spielt keine Rolle. Sex-Appeal in Werbung erregt das Gehirn – wird es anschließend belohnt, setzt ein Lernprozess ein. Hier können Werber die Konsumenten geschickt konditionieren und manipulieren. Warum kaufen Frauen Chanel No. 5, nachdem Nicole Kidman dafür geworben hat? Weshalb verkaufen attraktive und halbnackte Menschen Produkte besser als unattraktive, züchtig bekleidete? Weil unsere Spiegelneuronen uns glauben machen, dass wir mit diesem Produkt ebenso attraktiv, sexy 08
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SEX ALS BENCHMARK Kauf/Genuss des Produktes wird mit Sex verglichen und somit der positive Irradationseffekt genutzt.
KUNSTVOLLE EROKTIK Sex hat eine derart hohe Qualität, dass Kritik gegen diese „Kunstform“ ausfällt.
und begehrenswert sein werden wie die Models in der Werbung. Daher wird die meiste Männerunterwäsche auch von Frauen gekauft – mit der stillen Hoffnung, dass der Ehegatte bald wie David Beckham aussieht. Die Attraktivität kann aber auch ablenken: Häufig wird im Zusammenhang mit Sex Sells der „Vampireffekt“ zitiert: Erotik lenkt eher vom Produkt ab. Dies kann bei fragwürdigen Produkten durchaus gewünscht sein. Oder bei ohnehin austauschbaren Werbeversprechen enorm schaden. Je nach Studie sinkt die Erinnerungswirkung mit zunehmender Nacktheit in der Werbung mal mehr, mal weniger stark. Es zeigte sich zudem, dass die kognitiven Fähigkeiten der Betrachtenden nachlassen und sie weniger über das Produkt nachdenken. Nicht ohne Grund sind Pharmavertreterinnen besonders sexy und Waffenhersteller warten gern mit attraktiven Messehostessen auf. Tabus und Verbote Immer mehr Sexualität wird toleriert – alles geht aber nicht. Kulturelle und religiöse sowie gesetzliche Normen weisen Werber in die Schranken: Dies fängt bei der Darstellung von Hygieneprodukten wie Damenbinden in Polen an und führt über nackte Frauen in islamischen Ländern bis dahin zur Bewerbung von Vibratoren und Gleitgel in Deutschland. Jede Kultur hat ihre Hemmschwelle, jede Gesellschaft ihr Tabu und jeder Rechtsstaat seinen Werberat.
Grundsätzlich gibt es in Deutschland kein Gesetz, das Sex Sells per se verbietet. Allerdings setzen die Normen des BGB gegen Diskriminierung, das UWG, die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien und das Jugendschutzgesetz gewisse juristische Schranken. Zudem nimmt der Deutsche Werberat seit 1972 eine kontrollierend moralische Rolle ein und spricht gelegentlich Rügen aus. Aber auch hier ist oftmals die Rüge und die öffentliche Empörung mit einkalkuliert – die beste Werbung ist manchmal kostenlose Skandalberichterstattung. In den USA gibt es auch heute große Hemmschwellen bezüglich sexuellen Inhalts. Trotz seiner Vorreiterrolle in der expliziten Darstellung von Nacktheit in der Öffentlichkeit und der wegbereitenden Rolle des Playboy hat das Land vergleichsweise strikte Gesetze. Das Nippelgate von 2004 zeigte, wie wenig die amerikanische Gesellschaft Sex im allgemeinen Fernsehprogramm toleriert. Die Strafe für das Zeigen sexuell zu expliziter Inhalte beträgt seitdem 500.000$ anstatt vorher 27.500$. Dies ist natürlich harmlos im Vergleich zu Staaten wie China, in denen jegliche Andeutungen von Sex in der Werbung verboten wurden. Derartige Verbote können aber auch das Gegenteil bewirken: Verbotene Früchte sind bekanntlich besonders schmackhaft. Prohibition 2.0?
Nur wenn Sex SINNvoll in das gesamte Repertoire des Marketing eingebunden wird und dies unter SINNvollen Beweggründen, wird er langfristig auf die Marke einzahlen. Abnutzung der Ausnutzung Denn inzwischen hat sich auch in der letzten Grundlagenvorlesung Marketing herumNicht genug? gesprochen, dass man Bier mit Brüsten, Mehr Beispiele, Artikel Hüte mit Hintern und Nudeln mit Nackt- und Wissenswertes zum heit besser verkaufen kann. Doch je Thema finden Sie unter häufiger nackte Haut genutzt wird und www.mtp-mehrwert.de je mehr ähnliche Produkte diese Strategie nutzen, desto stärker nutzen sich die Erregungswirkung und das Eklat-Potential ab. Jede Sekunde konsumieren ca. 30.000 Menschen Pornografie. Die Omnipräsenz von Sexualität in Medien, Werbung und Öffentlichkeit trägt ihren Teil zur Abstumpfung bei. Wer beschwert sich da noch über halbnackte Stars in Parfumwerbung oder erinnert sich an die beworbene Marke? Problematisch/gut daran ist, dass Werber nun intelligenter Reklame machen müssen. Die neue Hautcreme mit einer Photoshop-retuschierten, oberkörperfreien, schattenumspielten und Efeuumrankten Schönheit zu bewerben wird nicht mehr reichen.
Marketing ist mehr als nur Werbung Sex Sells muss sich aber nicht auf Werbung an sich beschränken: Die 4Ps des Marketing gehören eingesetzt und angepasst – und was wäre verkaufsfördernder als ein Verpackungsdesign und eine Produkthaptik, die beim Konsumenten positive erotische Assoziationen wecken? Und was ist mit Gerüchen und Tönen? Pulsierende Bässe und süßliche Düfte verleihen Läden von Abercrombie & Fitch eine multisensorisch erregende Komponente. Und welcher Mann kann sich nicht an das Bier erinnern, das „so schön hat geprickelt in mein Bauchnabel“? Vermutlich mehr, wenn diese Worte keine Französin gehaucht hätte.
Die Zukunft gehört Marketing, das Mehrwert schafft bzw. intelligent ist. Sex wird subtiler, sinnlicher und sinnvoller eingesetzt oder einfach nicht wahrgenommen. Erotik und Sinnlichkeit sind die Schlüssel von Sex Sells. Literatur und Links: Chandra Kurt – „Sex Sells – Warum man sich für Werbung auszieht“ – 2004 Gunnar Immisch – Sex Sells? – 2002 www.werberat.de
Manfred Thurm studiert in München Technologie- und Managementorientierte BWL und ist 2013/14 stellv. Chefredakteur des Mehrwerts. In diesem Amt verantwortet er den redaktionellen Teil des Mehrwerts und den Blog www.mtp-mehrwert.de. Sex Sells sollte in seinen Augen immer eine Aufgabe jenseits der Aufmerksamkeitshascherei haben. 17 |
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Attraktivität im Berufsleben Haben es schöne Menschen leichter? von Jennifer Krüger
Man sagt immer, Schönheit läge im Auge des Betrachters. Aber stimmt das wirklich? Sicher ist, dass Geschmäcker verschieden sind. Das betrifft vor allem den menschlichen Körper. Je nach Kontinent und Kultur werden unterschiedliche Körperund Gesichtsmerkmale als schön angesehen. Doch was sind mehrheitsfähige Schönheitsideale? Und was ist eigentlich Schönheit? Schön ist laut Definition ein Aussehen, das so anziehend auf jemanden wirkt, dass es als bewundernswert empfunden wird. Eines, das angenehme Gefühle beim Betrachter hervorruft und besonders reizvoll wirkt. Und Schönheit ist etwas ganz Persönliches. Inwieweit wirkt sich Schönheit auf das Berufsleben aus? Die meisten würden wahrscheinlich sagen: Attraktive Menschen hätten Vorteile. Sie würden beispielsweise stärker wahrgenommen. Dies beginne bereits kurz nach der Geburt – hübsche Babys würden von Krankenschwestern mehr beachtet. Sogar Lehrer würden sich eher den gutaussehenden Schülern widmen. Keiner handle bewusst auf diese Weise, doch für die Kinder hat das Auswirkungen auf ihr späteres Leben. Wer von Kindheit an attraktiv wirkt, entwickelt leichter Selbstbewusstsein.
Unternehmen der USA und Großbritannien beweist genau das. Ursache ist, dass Schönheit oft unbewusst mit positiven Eigenschaften verbunden wird: Intelligenz, Fleiß, Erfolg. Es ist ganz einfach: Als Arbeitnehmer bevorzugt man hübsche Kollegen, genau wie man als Arbeitgeber attraktive Arbeitnehmer bevorzugt. Kein Grund sich zu schämen. Das liegt in der Natur des Menschen. Deshalb ist es auch nicht schwer,
Wer von Kindheit an attraktiv wirkt, entwickelt leichter Selbstbewusstsein.
Schöne Menschen finden schneller einen Job Nur ein Gerücht oder die Wahrheit? Das Ergebnis einer Befragung der New Yorker Universität Syracuse von 1.300 Personalchefs der größten 10
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daraus zu schließen, dass es viele bevorzugen, mit hübschen Menschen Geschäfte zu machen und ihnen Glauben zu schenken. Das ist auch der Grund, weshalb diese Angestellten in den meisten Fällen mehr Gewinn versprechen und Unternehmen mit überdurchschnittlich attraktiven Mitarbeitern höhere Umsätze erwirtschaften. Entsprechend spielt Schönheit auch in Branchen eine große Rolle, wo sie keine Rolle spielen sollte – im Einzelhandel, auf dem Bau oder an der Universität.
Der US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Daniel Selim Hamermesh unterstützt diese Theorie. In seinem Buch „Beauty Pays“ zeigt er anhand von Studien, dass Attraktivität klare Vorteile auf dem Arbeitsmarkt mit sich bringt.
Bischoff berichtet in der Studie von einem Fall aus einem großen Unternehmen, welches ein neues Vorstandsmitglied suchte. Man sagte ihr, dass es eine Frau gebe, die qualifiziert genug sei für einen Vorstandsposten. Sie sei aber leider zu dick.
Schönheit wirkt sich auch auf das Gehalt aus
Kein Wunder also, dass Menschen an der Spitze so unter Druck stehen und Frauen wie auch Männer bei den Schönheitschirurgen Schlange stehen. Jeden Tag werden Schlupflider korrigiert, Nasen verkleinert und Falten gestrafft. Immer mehr Menschen legen sich mit dem Ziel unters Messer, durch den Eingriff ihrer Karriere einen Schub zu geben. Etwa ein Drittel der Operationen sind heute berufsbedingt.
Hamermesh ermittelte, dass Menschen, die besser aussehen, bei gleicher Qualifikation bis zu fünf Prozent mehr verdienen als ihre Kollegen. Schönheitsprämie nennt er dieses Phänomen. Schönheit zahlt sich also buchstäblich aus. Ein Beispiel dafür ist eine Kandidatin aus der umstrittenen Sendung „The Swan“ 2005, die sich vor laufenden Kameras die Brust straffen, die Zähne richten und Fett absaugen ließ. Schon nach kurzer Zeit wurde ihr Gehalt um 600 Euro erhöht. Ob dies nun zwangsweise an ihrem attraktiveren Äußeren lag oder an einem größeren Selbstbewusstsein bzw. der größeren Bekanntheit, blieb offen. Oft wird in diesem Zusammenhang das Klischee vorgebracht, Äußerlichkeiten seien bei Frauen wichtiger für den beruflichen Erfolg als bei Männern. Hier handelt es sich allerdings um eine statistische Fehleinschätzung, wie Hamermesh argumentiert: Männer arbeiten in der Regel – egal wie sie aussehen. Das heißt, ein wenig attraktiver Mann würde Einkommensnachteile in Kauf nehmen, solange er damit seine Familie ernähren kann. Weiß eine Frau dagegen, dass sie aufgrund ihres Aussehens benachteiligt wird, wird sie vermutlich eher zu Hause bleiben. Somit zieht sie sich aus der Statistik heraus und verfälscht damit das Ergebnis. In den USA konnten Studien dies belegen: Gutaussehende Frauen sind häufiger berufstätig als weniger gutaussehende.
Erotisches Kapital nennt die Soziologin Catherine Hakim den ihrer Meinung nach wahren Grund für Erfolg im Berufsleben, der die Schönheit zwar mit einschließt, jedoch nicht als Alleinstellungsmerkmal hinstellt. Hakim beschreibt Erotisches Kapital als eine Mischung aus Sex-Appeal, Schönheit, Charme, Auftreten und sozialer Attraktivität. Denn wenn sich mehrere, etwa gleich gut qualifizierte Personen auf nur eine Stelle bewerben, braucht man andere Kriterien, mit denen man seine Entscheidung begründet.
Es besteht nur eine schmale Grenze zwischen erotischer Ausstrahlung und Sexobjekt. Da Schönheit nur einen Aspekt darstellt, kann man also durchaus auch als optischer Durchschnittstyp über Erotisches Kapital verfügen, wenn man weiß oder lernt, wie das eigene Selbst richtig präsentiert wird. Doch Frauen sollten nach Hakims Meinung nach vorsichtig sein. Es besteht nur eine schmale Grenze zwischen erotischer Ausstrahlung und Sexobjekt. Wird diese Grenze überschritten, kann das schnell die Karriere bremsen.
„Wer führt in (die) Zukunft?“ Die Professorin für Betriebswirtschaftslehre Sonja Bischoff von der Universität Hamburg stellt in ihrer Langzeitstudie „Wer führt in (die) Zukunft? Männer und Frauen in Führungspositionen der Wirtschaft in Deutschland“ fest: Das äußere Erscheinungsbild wird von etwa einem Drittel der Deutschen als wichtiger beruflicher Erfolgsfaktor eingestuft. Noch wichtiger als Sprachkenntnisse und fast ebenso wichtig wie die persönlichen Beziehungen.
Eine Studie des Professors Bradley Ruffle von der israelischen Ben-Gurion-Universität stellt jedoch die andere Seite der Medaille dar. Überdurchschnittlich attraktive Frauen sind besonders in den traditionellen Männerberufen benachteiligt, da ihre Qualifikationen seltener beachtet werden. Dieses Phänomen begründet er mit der Gestaltung der Personalabteilung. Über 90 Prozent der Personalentscheider sind weiblich und für diese 17 |
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konnte festgestellt werden: Es ist die Eifersucht, wegen der Personalerinnen keine attraktive weibliche Konkurrenz in ihrem Unternehmen dulden. Fakt ist also, dass Attraktivität besonders Frauen nicht nur Vor-, sondern auch Nachteile verschaffen kann. Bewerberinnen werden deshalb oft in eine Schublade gesteckt, aus der sie nur schwer wieder herauskommen. Besonders attraktive Bewerberinnen werden von Personalchefs häufiger ins Kreuzverhör genommen als andere. „Beauty is beastly“ heißt es im Englischen – zu viel Schönheit kann eine abschreckende Wirkung haben. So auch Fotograf Steffen Jagenburg (brand eins (Okt. 2013, Peter Laudenbach)): „Heute ist [es] beim Casting oft ein Ausschlusskriterium, wenn jemand zu gut aussieht.“ Nebeninformationen können auch ablenken. Vielleicht sollten sich die „Normalos“ unter den Bewerberinnen einfach ein wenig zurücklehnen und den Mascara nur bei Gehaltsverhandlungen zücken.
„Beauty is beastly.“
Schon mal was von Knigge gehört? Knigge, der Nachname des deutschen Aufklärers Freiherr Adolph Franz Friedrich Ludwig Knigge, steht heute für Benimmratgeber. Denn egal ob im Beruf oder privat, in allen Bereichen des Lebens sind gute Manieren und Umgangsformen wichtig. Auch im Bezug auf die Bürokleidung gibt der Knigge einen Dresscode vor: Je höher die Position, desto dunkler die getragenen Farben. Zunächst die Männer: Laut Knigge sind großgemusterte Jacketts tabu. Ebenso Tennissocken, abgelaufene Schuhsohlen, zu viel Schmuck und bunte Strümpfe – am schlimmsten aber sind Comicmuster. Worauf müssen Männer also achten?
Bein zu bedecken, eine ordentliche Frisur und Rasur, sowie ganz wichtig: Deo und/oder Parfüm. Auch Frauen sind von diesem Dresscode nicht verschont. Vollkommen unangebracht sind durchscheinende Blusen und Miniröcke. Auch zu tiefe Dekolletés sind gegenüber den Vorgesetzten nicht gern gesehen, da sie ein seriöses Auftreten eher mindern. Gleiches gilt für sichtbare Achsel- und Beinbehaarung. Frauen sollten entweder ein Kostüm oder einen Hosenanzug tragen, mit Feinstrumpfhose und geschlossenen Schuhen. Das Make-up darf nicht zu übertrieben wirken und muss typgerecht sein. Viele Menschen achten zudem auf gepflegte Hände und Fingernägel und das nicht nur bei Frauen, sondern auch bei Männern. Zu welchem Schluss kommen wir also? Ob nun Mann oder Frau, Bewerbung mit oder ohne Foto, es lohnt sich auf jeden Fall, darauf zu achten, eine angenehme äußere Erscheinung zu bieten. Die fehlende Schönheit kann leicht durch Make-up und Kleidung sowie durch die richtige Körperhaltung und ein gepflegtes Äußeres kaschiert werden, um das Optimum aus jedem herauszuholen. Denn ein hübsches Gesicht kann vielleicht auf den ersten Blick punkten, aber sobald das Gespräch beginnt, werden Sympathie, Optimismus und Aufgeschlossenheit umso wichtiger. Nicht ohne Grund sind die meisten Führungskräfte nicht überdurchschnittlich hübsch, sondern überdurchschnittlich charmant. Ganz unabhängig davon, dass allein mit Schönheit beruflich nichts gewonnen ist. Jeder kann im Wissen um die Relevanz des Erotischen Potentials sein Aussehen nutzen, um der Situation angepasst mehr oder weniger attraktiv zu erscheinen.
Unbedingt Anzughosen mit der richtigen Beinlänge (etwa Hosensaum im Stehen 0,5 bis 1,0 cm oberhalb des oberen Schuhabsatzrandes). Außerdem Strümpfe, die lang genug sind, um das nackte Jennifer Krüger ist 21 und studiert Wirtschaftswissenschaften im 3. Semester an der Leibniz Universität Hannover. Seit Sommer 2013 ist sie MTP-Mitglied, um neben ihrem Studium Praxiserfahrung zu sammeln. Sie hat ihr erstes Projekt mit der DKMS erfolgreich gemeistert und freut sich nun auf neue tolle Herausforderungen. 12
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How Does Sex Work?
Ein reizender Einblick in Erotik und Werbepsychologie
von Antje Graul Nackte Haut, laszive Blicke, erotische Gesten. Forscher wie Evelin Baszczyk in ihrer Publikation „Werbung. Frau. Erotik.” belegen eine rasante Zunahme an erotischer Werbung im 20. Jahrhundert, insbesondere der weiblichen Erotik (Baszczyk, 2003). Aber das dürfte inzwischen keine Neuigkeit mehr sein. Täglich werden wir auf allen Werbekanälen, nicht nur in Print-, TV- und Plakatformaten, sondern zunehmend auch im Digital-, Mobile- und Social Media-Bereich mit entsprechenden Inhalten konfrontiert. Diese Werbebotschaften werden meist von kreativen PR- und Marketingagenturen entworfen und als Kampagne realisiert.
Es ist ausschlaggebend, dass der Werbeinhalt [...] „richtig“ encodiert wird. Diese Marketingagenturen haben eine sehr spezifische Aufgabe: Die Werbebotschaft ihrer Kunden in Worten und Bildern umzusetzen, um die Aufmerksamkeit des potentiellen Kunden zu erlangen. Hierzu betrachten wir Werbung als Kommunikationsprozess, in dem eine konkrete Botschaft an einen Empfänger kommuniziert wird. Wie funktionierte das doch gleich auf Basis der kommunikationswissenschaftlichen Theorie? Genau. Wer sagt was, zu wem, auf welchem Kanal, mit welcher Wirkung (Laswell, 1967). Den kreativen Hilfsmitteln zur Umsetzung dieser Botschaft in verschiedenen Kanälen sind heute aufgrund der Medienkonvergenz sowie der rasanten Zunahme an Digital- und Bewegtbild kaum mehr Grenzen gesetzt. Auch Out-ofHome- und Guerilla-Maßnahmen zählen zu beliebten Bestandteilen kreativer Kampagnen. Bleibt lediglich die Frage nach der eigentlichen Wirkung. Um diese wie gewünscht zu erzielen, ist es ausschlaggebend,
dass der Werbeinhalt vom Betrachter „richtig“ encodiert wird. Setzt sich der Betrachter also tatsächlich mit einer Werbung auseinander und entschlüsselt die Werbebotschaft korrekt, so ist
Je attraktiver die Quelle, umso mehr Involvement findet auf der Seite des Rezipienten statt. es sehr wahrscheinlich, dass er dem beworbenen Produkt positiv gegenübersteht. Um aber in einem ersten Schritt überhaupt die Aufmerksamkeit des potentiellen Kunden zu gewinnen, setzen Marketingprofis gern auf emotionale Werbereize. Und das aus gutem Grund: Zahlreiche Studien messen eine positive Korrelation zwischen der Beliebtheit beworbener Produkte und dem emotionalen Gehalt der Werbung. Je attraktiver die Quelle, umso mehr Involvement findet auch auf der Seite des Rezipienten statt. Die Forscher Binet und Field (2007) zeigen ebenso auf, dass Kampagnen, die emotionale Komponenten beinhalten, rein informativen Werbebotschaften stark überlegen sind. Würde man jedoch den Verbraucher fragen, warum er sich für ein bestimmtes Produkt entschieden hat, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass dieser keine rational beschreibbaren Gründe nennen kann. Er vertraut womöglich auf sein Gefühl? Fast korrekt. Denn die Faktoren, die Kaufentscheidungen beeinflussen, sind oft unterbewusst verankert und dem Menschen nicht aktiv zugänglich. Bedürfnis, Wunsch, Motivation und Ziel einer Kaufentscheidung liegen oftmals außerhalb der kognitiv erfassbaren Reichweite. Und deshalb ist es besonders wichtig, die Werbewirkung interdisziplinär zu betrachten. In diesem Fall aus dem Blickwinkel der Psychologie. 17 |
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What about the Iceberg? Das topologische Modell des Forschers Sigmund Freud ist den meisten Marketinginteressierten unter uns vermutlich ein Begriff. Er kategorisiert das psychische Geschehen innerhalb des Menschen in drei verschiedene Schauplätze: das Unbewusste, das Vorbewusste und das Bewusstsein. Hierbei spielen drei entsprechende Instanzen im Laufe des Verarbeitungsprozesses eine wichtige Rolle: (1) Das Es mit seinen Trieben und Bedürfnissen (unbewusst), (2) das Über-Ich mit seinen Ansprüchen, Wünschen und seinem Gewissen (vorbewusst) sowie (3) das Ich, welches versucht, das Es und das Über-Ich unter Berücksichtigung der Realität in Einklang zu bringen (bewusst).
Aus dieser theoretischen Grundlage geht hervor, dass im Unbewussten oftmals die Dynamik und Motivation vieler Handlungen verankert sind, diese sich jedoch dem Bewussten entziehen. Diese bahnbrechende Erkenntnis war in vielerlei Hinsicht wegweisend für die Werbewirkungsforschung. Der australisch-amerikanische Marketingexperte Ernest Dichter gilt als Pionier im Gebrauch der Freud‘schen Theorie in Bezug auf die Marketingwelt. Er setzte sich als einer der Ersten auf Freuds Grundlage mit der Kaufentscheidung von Verbrauchern im Markt auseinander und fokussierte vorwiegend die motivationalen Aspekte. Diese verglich er mit einem Eisberg, dessen Großteil (2/3) sich dem Blick des Betrachters entzieht. Lediglich die Spitze des Eisbergs ist sichtbar und einschätzbar. 14
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„What people actually spend their money on in most instances are psychological differences, illusory brand images”, bekräftigt er seine Forschungsergebnisse im Hinblick auf die Werbung. Verbraucher treffen ihre Kaufentscheidung also nach seiner Theorie selten rational, sondern basierend auf ihren Emotionen und Wünschen.
Der Mensch ist evolutionär bedingt in gewissem Maße „süchtig“ nach Sex. Suchen wir die Emotionen und Wünsche in emotional aufgeladener Werbung, so werden wir schnell fündig und stellen außerdem fest, dass Marketingprofis das Werbeprodukt mit einem positiven Stimulus – in diesem Fall einem attraktiven männlichen oder weiblichen Modell – verbinden. Menschen deuten generell auf Seele, Bewegung, Leben und Interaktion hin, was die unbewusste Aufmerksamkeit erhöht. Des Weiteren wird visuelle Aufmerksamkeit durch extreme sexuelle Reize erzeugt. Somit kommt darüber hinaus auch die psychologisch-biologische Verarbeitungskomponente der verschiedenen Reize ins Spiel. Verhaltensbiologisch ist die erhöhte Aufmerksamkeit gegenüber Sex-Appeal im Marketing, wie bereits dargestellt, den sogenannten Schlüsselreizen zuzuordnen. Der Mensch ist evolutionär bedingt in gewissem Maße „süchtig“ nach Sex – oder zumindest Sex-Appeal. Und dieser wird uns durch nackte Haut und laszive Gesten in der Werbung durchaus real präsentiert. Die Verarbeitung dieser Reize geschieht oft im Zwischenhirn und umgeht dadurch kognitive Kontrollmechanismen. Nichtsdestotrotz wissen wir: Es handelt sich um ein Plakat – und nicht um echte Personen, die uns von der anderen Straßenseite entgegenlächeln. Wir sind also basierend auf Erfahrungswerten lernfähig und somit in der Lage, die durch erotische Werbung ausgelösten Schlüsselreize abzuschwächen oder zu verstärken. Basierend auf Freuds Theorie ist hierfür besonders die Instanz des Über-Ichs verantwortlich. Diese unterdrückt den Drang, angeborenen und durch erotische Werbung verstärkten Trieben des Es nachzugehen. Werbung nutzt dieses Spannungsfeld, indem es dem Ich Ersatzbefriedigung für das Es in Form von Konsum anbietet: die geniale Kombination von Konsum mit Sexualität.
Eine derartige Stimulierung des Betrachters resultiert in erhöhter Aufmerksamkeit und beeinflusst somit die Wahrscheinlichkeit für höheres Involvement, sprich einen Verarbeitungsprozess, der die Persönlichkeit und das Interesse des Konsumenten stark involviert. Dieses erhöhte Involvement führt wiederum zu einer besseren Erinnerungsleistung der Werbung beim Rezipienten. BUT: Does Sex really work? Die durch die Stimuli erzeugte, hohe Aktivierung hat zur Folge, dass der Rezipient vom Produkt abgelenkt ist und weniger über das Produkt nachdenkt, es vielleicht sogar gar nicht wahrnimmt. Die Forscher Richmond und Hartmann zeigten schon 1982 deutlich, dass erotische Werbung zwar besser in Erinnerung bleibt, aber nicht unbedingt mit der beworbenen Marke oder dem Produkt assoziiert wird (Vampireffekt). Ein sexuelles Bild kann deshalb als Werbeträger durchaus kontraproduktiv sein, sollte die gewünschte emotionale Wirkung zu stark sein. Ein provozierendes Bild zieht die gesamte Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich – und lenkt zugleich von der eigentlichen Botschaft und vor allem von der Marke ab. Deshalb sollten solche Gestaltungsmittel keinesfalls bei der Einführung neuer Marken oder Produkte verwendet werden. Bei bereits bekannten Marken und Produkten ist die Gefahr jedoch geringer, eine erfolglose Werbekampagne aufgrund von emotionalen Stimuli zu kreieren. Und sind wir mal ehrlich: Wer freut sich nicht über eine ansprechende Werbung, die die Stimmung im Alltag hebt?!
Als Masterstudentin an der University of Leeds Business School legt die marketingbegeisterte 24-jährige ihren Schwerpunkt auf strategische Unternehmenskommunikation, Social Media Campaigning und PR. Zahlreiche Praktika im In- und Ausland sowie ihre Berufserfahrung bei BMW Berlin inspirieren Antje Grauls Beiträge. 17 |
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„Sexualität wird zum Leistungssport, Doping eingeschlossen.“ Interview mit Prälat Wilhelm Imkamp
Seine Erscheinung ist unauffällig, seine Kleidung bescheiden. Oft trägt er nur den einfachen schwarzen Anzug mit weißem Kollar. Doch seine schlichte Erscheinung täuscht. Unter dem grauen Haar verbirgt sich das Wissen der letzten 2000 Jahre Kirchengeschichte. Die Liste seiner Kirchenämter umfasst unter anderem Consultor der Heiligsprechungskongregation und der Gottesdienstkongregation, ordentliches Mitglied der päpstlichen Theologenakademie. Und doch ist der Apostolische Protonotar Wilhelm Imkamp in Deutschland vor allem als redegewandter und streitbarer Talkshowgast bekannt. Mit dem Mehrwert spricht der 1951 geborene Wallfahrtsdirektor von Maria Vesperbild über Marketing und Religion. Herr Prälat, wann und wo haben Sie das letzte Mal nackte Brüste in einer Werbung gesehen? Eigentlich noch nie, aber das mag an meiner Fernsehabstinenz liegen. In den Print-Medien gab es wohl in der letzten Zeit häufiger Bilder von der etwas widersprüchlichen Femen-Bewe16
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gung, die mit „oben-ohne“-Aktionen Aufmerksamkeit für die verschiedensten Frauenrechte fordern. Wenn Frauen mit nacktem Oberkörper gegen z.B. Berlusconis Frauenbild demonstrieren, bedienen sie eigentlich ausdrücklich die Männerbedürfnisse dieses Frauenbildes. Diese Widersprüchlichkeit wird schön sichtbar in dem Begriff „Sextremismus“, den sich die Gruppe auch gerne selbst zuschreibt. Hier wird mit beschrifteter Haut für Rechte geworben, wobei der Zweck die Mittel zu rechtfertigen scheint. Wo würden Sie die Grenze ziehen: Was ist noch Erotik, was ist schon zu viel? Sicherlich ist eine Grenze erreicht, wenn der Mensch nur noch als Sexualobjekt wahrgenommen wird. Da wo Sexualverhalten zum Konsumverhalten wird, liegt eindeutig eine Grenzüberschreitung vor. In der klassischen Moraltheologie, die heute gerne als verstaubte Kasuistik bespottet wird, gab es die schöne Unterscheidung von „partes honestae“ (Darstellung unbedenklich), „partes minus honestae“ (Darstellung grenzwertig) und „partes inhonestae“ (Darstellung geht gar nicht). Der Mensch darf
nicht zum Triebobjekt degradiert werden. Der britisch-schweizerische Intellektuelle Alain de Botton (geb. 1969) schreibt in seinem Essay „Hingucken gefährdet Ihre Vernunft“: „Man mag Religionen wegen ihrer Prüderie spöttisch abtun, doch weit gefehlt. Insofern sie uns vor Sex warnen, geschieht dies Dank der genauen Kenntnis um die Verführungskraft und die Macht des Begehrens“. Der gleiche Autor zieht dann auch deutlich die Konsequenzen: „Ein Teil unserer Libido muss unterdrückt werden, Repression ist nicht bloß etwas für Katholiken, Muslime und Viktorianer, sie hat in alle Ewigkeit zu uns zu gehören.“ Religiöse Sexualvorstellungen sind also für jedermann geschaffen? Ja. Alain de Botton sieht in der katholischen Sexualmoral durchaus einen Sinn – der Titel seines letzten Buches lautet: „Religion für Atheisten. Vom Nutzen der Religion für das Leben.“ Bezeichnenderweise schwärmt er in diesem Buch auch für den durchaus sinnesfrohen katholischen Barock. Gerade intellektuelle Feministinnen wie Alice Schwarzer haben eine sehr wache Sensibilität für die Gefährdung der Frauenwürde durch eine sexualisierte Werbung entwickelt. Die exzessiven Folgen der „sexuellen Revolution“ vor allem auch im Internet sind von kaum vorstellbarer Ekelhaftigkeit und lassen die kirchlichen Warnungen und Ermahnungen heute als durchaus diskursfähig erscheinen. Viele Intellektuelle der „Postmoderne“, die mit
gelnder Kreativität der Werbeagenturen. Echte „Hingucker“ sind diese Werbungen eher selten. Die gesellschaftliche Sensibilität für die Würde der Frau ist gewachsen, sodass bei einer solchen Werbung auch immer eine Gegenwirkung eintritt. Welche Wirkung hat die mehr oder weniger explizite Darstellung von Sex in Fernsehen und Werbung auf junge Menschen und die Bevölkerung im Allgemeinen? Die Wirkungen reichen von Ekel und Langweile durch Übersättigung bis zur Sucht. Hier ist tatsächlich alles möglich. Sexualität, bzw. der Umgang
„Werbung sollte ein Minimum an Sachinformation vermitteln.“ damit wird zu einer „fleischverarbeitenden Industrie“, die den Menschen auf das Triebleben reduziert. Sexualität wird zum Leistungssport, Doping eingeschlossen. Welche ethische Rolle haben dabei Agenturen bzw. deren Marketingdirektoren, die diese Anzeigen konzipieren und damit Geld verdienen? Werbeagenturen und Marketingdirektoren stehen ja unter erheblichem Erfolgsdruck. Eine Agentur kann durch den Abgang von zwei bis drei größeren Kunden schnell die Existenzgrundlage verlieren.
„Werbung, die erotisch aufgeladen wird, zeugt häufig von mangelnder Kreativität der Werbeagenturen.“ Religion im Allgemeinen und dem Katholizismus im Besonderen nichts anfangen können, sind oft in Fragen der Sexualität doch sehr nahe bei katholischen Positionen. Warum wirken Ihrer Meinung nach erotisch aufgeladene Werbungen besonders attraktiv auf Konsumenten? Da bin ich gar nicht so sicher. Hier gibt es durchaus auch einen Übersättigungseffekt. Werbung, die erotisch aufgeladen wird, zeugt häufig von man17 |
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Wenn der Absatz eines Produktes nicht der erwarteten Marge entspricht, wird in vielen Unternehmen zuerst einmal die Marketingabteilung zur Rechenschaft gebeten. Frei nach dem Motto: Das Produkt ist doch so gut, es ist nur nicht richtig kommuniziert worden. Werbeagenturen und ihre unmittelbaren Gesprächspartner in den Firmen stehen also unter erheblichem Druck und unter Druck leidet die Kreativität.
„Die katholische Kirche hat eigentlich alles, was das Herz eines Marketingprofis erfreuen müsste.“ Man geht auf „Nummer sicher“ und das heißt in der Regel eine mehr oder weniger bekleidete Blondine, bzw. der „Fitness-Center-gestylte Waschbrettbauch“ plus x, wobei x für das Produkt steht und auswechselbar ist. Werbung sollte ein Minimum an Sachinformation vermitteln. Überspitzt formuliert: In eine Autowerbung gehören PS-Angaben und Benzinverbrauch und nicht die Blondine. Ich meine in den letzten Jahren durchaus eine Tendenz zu mehr Sachlichkeit in der Werbung feststellen zu können.
Afri-Cola und eine Apotheke aus München warben und werben mit Nonnen in aufreizenden Posen – warum unternimmt die Kirche nichts dagegen? Wenn geistliche Kleidung für Werbezwecke benutzt wird, zeigt es zuerst einmal den hohen Wiedererkennungswert des geistlichen Habits. Mit anderen Worten: „Der Unwert des Missbrauchs setzt den Wert des Gebrauchs voraus“. In diesem Kontext ist auch die geistliche Kleidung als Verkleidung im Karneval einzuordnen. Ohne Wiedererkennungswert würde keiner die Verkleidung verstehen. Es ist eine merkwürdige Gegenläufigkeit – immer weniger Priester und Ordensleute tragen geistliche Kleidung und immer mehr Menschen, die kaum noch einen Bezug zur Religion haben, verkleiden sich im Karneval als Mönche oder Nonnen. Im Jahre 2008 habe ich einmal eine Aktion gegen eine Supermarktkette durchgeführt und auch zum Boykott der entsprechenden Supermarktkette aufgerufen. Das hatte Erfolg. Die entsprechenden Artikel wurden aus dem Handel genommen und der Bezirksleiter dieser Supermarktkette zeigte Verständnis und erklärte, dass beim Einkauf dieser Kostüme gedankenlos gehandelt worden sei. Ist das eine Handlungsempfehlung an andere Geistliche? Eher wohl nicht! Eine Intervention kirchlicher Stellen in solchen Fragen ist nur dann sinnvoll, wenn Aussicht auf Erfolg besteht. Sonst wird der Werbeeffekt sogar noch verstärkt. Es wäre allerdings sehr sinnvoll, wenn die katholische Kirche bei der Werbung für geistliche Berufe ebenfalls auch die entsprechende Kleidung und ihr Wiedererkennungspotential stärker nutzen würde. Auftritte von krawattierten Würdenträgern im Fernsehen, die dabei noch einen auf „Moral“ machen und sich in Empörungs- und Betroffenheitslyrik ergehen, sind eher weniger attraktiv. Oftmals werden Familien mit Mutter, Vater, Kind als Werbeträger eingesetzt – weil sie Geborgenheit, Heimeligkeit und Stabilität repräsentieren. Ab wann, glauben Sie, werden homosexuelle Paare mit dem gleichen Zweck eingesetzt? An der augenblicklichen Diskussion ist vor allem interessant, dass die Familie, Vater, Mutter und Kind, auch und gerade heute noch als Ideal empfunden wird. Gerade deswegen wird der Begriff Ehe und Familie plötzlich doppel- und vieldeutig interpretiert. Da möchte ich auf das „Lexikon Familie“ verweisen, das vom päpstlichen Rat für die
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Familien schon 2003 herausgegeben wurde und seit 2007 auch in deutscher Übersetzung vorliegt. Dieses Standardwerk wurde in Deutschland einfach nicht rezipiert. Es gab eine nachhaltige Diskursverweigerung! Sollte irgendwo auch nur die Andeutung einer Kritik an der juristischen Fixierung homosexueller Partnerschaften aufkommen, wird sofort das Totschlagargument „homophob“ verwendet. Die Marke „Katholische Kirche“ steht eigentlich für Nächstenliebe, Sicherheit und Stabilität – Skandale um Kindesmissbrauch, raffgierige Bischöfe und weltferne Kleriker erodieren jedoch diesen Markenkern. Ist es an der Zeit für eine Korrektur der eigenen Marke? Die katholische Kirche hat eigentlich alles, was das Herz eines Marketingprofis erfreuen müsste: Einen Markenkern, eine Corporate Identity, einen hohen Wiedererkennungswert ihrer Symbole, vom Kreuz bis zu geistlichen Kleidung. Tatsächlich ist auch die kirchliche Begleitung von Lebenswenden, von der Geburt bis zur Beerdigung, gesellschaftlich durchaus gewünscht. Hauptinhalt des Markenkerns ist die Erlösung durch Jesus Christus, die Menschenwürde und, als Folge und Begleiterscheinung der Erlösung, die Nächstenliebe. Wenn Gott nicht nur Schöpfer ist, der den Menschen nach seinem Bild geschaffen hat, sondern selbst Geschöpf geworden ist, zeigt das: Der Mensch ist „gottfähig“.
„Verwechsle Kreativität nie mit Tabubrüchen und Grenzüberschreitungen.“ Wenn dies der Markenkern ist, wo bleibt dann der Chief Marketing Officer, der die Einhaltung der Corporate Idendity überwacht? Natürlich steht die Kirche immer auch in ihrer Zeit, mit allen Nachteilen. Vielleicht zeigen die Skandale um Kindesmissbrauch ja auch auf das Fehlen wirksamer Kontrollinstanzen. Die Inquisition, bzw. das heilige Offizium, war eine solche Instanz, deren Kompetenzen im Zuge einer wohl allzu optimistischen Sicht Ende der 60er-Jahre des 20. Jahrhunderts stark eingeschränkt wurden. Bei allen Vorwürfen gegen die Kirche sollte man doch auf dem Boden der Tatsachen bleiben. In den 40 Jahren, in denen ich nun in der „Bran-
che“ tätig bin, ist mir noch kein einziger „raffgieriger“ Bischof begegnet. Es gibt aber sehr wohl die Gefahr des verweltlichten Klerus, der unter geistlichem Realitätsverlust leidet und sich als eine Mischung von Streetworker, Freizeitanimateur, Sozialingenieur und Moderator versteht. Der Markenkern muss also nicht korrigiert werden, sondern entschieden besser und selbstsicherer beworben werden. Wie soll das in unserer Konsumgesellschaft umgesetzt werden? Diese Akzeptanzschwierigkeiten, gerade in hedonistischen Gesellschaften, gab es eigentlich schon immer. Da hilft eine selbstbewusste Wirkung. Die Auftritte von Papst Franziskus, die zu einer hohen positiven Medienpräsenz führen, kann man durchaus als äußerst gelungenes Marketing sehen.
„Sei ein Profi, achte auf die Menschenwürde und auf deine eigene Würde.“ Im Übrigen gilt für die Vertreter der Kirche mindestens das gleiche wie für Manager. Ich kann nicht für BMW arbeiten und werben und selbst Mercedes fahren. So braucht auch die Kirche Personal, das sich mit dem Markenkern völlig identifiziert. Das Motto „ich bin katholisch, entschuldigen Sie bitte, es soll nicht wieder vorkommen“ macht die Kirche nicht attraktiver. Gerade der Katholizismus hat ein nonkonformistisches Potential, das es selbstbewusst zu nutzen gilt. Ich habe das mit meinem Buch „Sei kein Spießer, sei katholisch“ zu zeigen versucht. Zum Schluss: Welche Botschaft würden Sie jungen Marketinginteressierten mitgeben? Ganz einfach: Sei ein Profi, achte auf die Menschenwürde und auf deine eigene Würde. Verwechsele Kreativität nie mit Tabubrüchen und Grenzüberschreitungen. Werbung nach dem Motto „Sex Sells“ zeigt nur, dass dem Werbenden die Kreativität abhanden gekommen ist. Sei ehrlich bei deiner Werbung. Man kann nur überzeugend werben, wenn eine emotionale Bindung an das zu bewerbende Produkt da ist. Ansonsten werden Marketingfachleute ganz schnell zu modernen Söldnern mit einer Söldnermoral. Das Interview führte Manfred Thurm. 17 |
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Der Ausverkauf der Geschlechter Von Thomas Lehnen Wer kennt sie nicht? Sprüche wie „Schönheit liegt im Auge des Betrachters.“ und „Wer schön sein will, muss leiden.“ Beim Blick auf die Werbung, die uns alle täglich umgibt, kann man sich allerdings fragen, was diese Weisheiten noch mit unserer Wirklichkeit zu tun haben. Welche Rolle spielt heutzutage unser Verständnis von Geschlecht und dessen häufig sexualisierte Darstellung in der Werbe- und Medienbranche? Und vor allem: Wie steht es um den Markt für Geschlecht(er)? Überall in der Werbung werden wir mit Normvorstellungen konfrontiert, die von klein auf unser Bild von Normalität und Schönheit prägen. Ob auf Plakaten, im Fernsehen oder als Web-Anzeige; vermeintlich perfekte, meist weibliche Körper und mit Photoshop überarbeitete Gesichter, die nur einen kleinen Teil der Menschheit repräsentieren, sind allgegenwärtig. Das Prinzip „Sex Sells“ hat sich vor Jahrzehnten etabliert und ist noch immer das schnelle Pferd, auf das zu oft gesetzt wird. Dass sich dahinter in vielen Fällen eine perpetuierende Industrie verbirgt, unter der viele Menschen direkt oder indirekt zu leiden haben, bleibt in der Werbeindustrie meist unbeachtet. So werden marktkonforme Schönheitsideale konstruiert, die ein eindimensionales Körper- und Sexualitätsbild als erstrebenswert propagieren und damit die Vielfalt von Lebensentwürfen und ein offenes Verständnis von Schönheit behindern. Klar und deutlich wird vermittelt: Normal und gut ist es, schlank an der Grenze zum Untergewicht, heterosexuell und stets attraktiv für das männliche Geschlecht zu sein. So werden (sexuelle) Begehrlichkeiten geweckt, von denen man vielleicht gar nicht wüsste, dass man sie haben sollte. Ist das gut und wünschenswert? 20
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Im Kapitalismus dominiert nun mal der Markt das Geschehen. Innerhalb des Marktes ist es unter den vielfältigen Möglichkeiten, die eigenen Produkte erfolgreich an die Frau oder den Mann zu bringen, eine gängige Praxis, seine Angebote oder Dienstleistungen zu erotisieren bzw. zu sexualisieren. Ich behaupte, es gibt beim Einsatz von solchen Sex Sells-Maßnahmen zumindest drei Grenzen, auf die Unternehmen achten sollten: 1. Kundenbeziehung/Bedürfnisbeziehung Die Darstellung idealtypisch als schön und sexuell begehrenswert angesehener Menschen zum Zwecke der Abverkaufssteigerung und zur Aufmerksamkeitsgewinnung ist vielleicht nicht die eleganteste und gewitzteste Methode, aber eine nachweislich effektive. Nun lässt sich darüber streiten, ob hierdurch bereits eine Beziehung der Rezipienten mit dem Bedürfnis und der dargestellten Person oder mit der dahinterstehenden Marke hergestellt wird. Können klassische Sex Sells-Ansätze überhaupt zum langfristigen Unternehmenserfolg beitragen?
Sex Sells-Maßnahmen können bei einer gut durchdachten Kampagne durchaus den Wiedererkennungswert der Marke steigern – was bei jeder anstehenden Kaufentscheidung relevant ist. Vor allem am ‚Point of Sale‘. Doch was wird damit konkret erreicht? Durchschauen wir nicht längst manipulative Strategien zur Weckung von Begehrlichkeit durch Werbung? Und werden die Kunden, langfristig betrachtet, der Marke evtl. sogar den Rücken kehren oder mehr noch, dagegen aufbegehren? Erste Gegenbewegungen sind bereits zu beobachten. Wichtig für Marketingverantwortliche ist es, hier frühzeitig mögliche negative Effekte ihrer Marketingkampagne zu bedenken. In unserer Gegenwart können Bürgerinnen und Bürger sich mit bislang ungekannter Geschwindigkeit zu jeglichen Themen austauschen und sich gegenseitig beeinflussen. Und deshalb muss man sich regelmäßig fragen, wo Marketingmaßnahmen mit neuen gesellschaftlichen Vorstellungen davon kollidieren, was als schön und gut und zeitgemäß gilt und was nicht. 2. Markenentscheidung/Kaufentscheidung Unternehmen mit langfristig angelegten strategischen Marketingkonzepten sollten nicht blindlings auf Sex Sells-Maßnahmen setzen, sondern diese auf den eigenen Markenkern abstimmen und dahingehend auch die Aussage der Werbebotschaft im Hinblick auf das Kommunikationsziel anpassen. Der Einsatz von Ironie, Sarkasmus oder die Darstellung einer anspruchsvollen Ästhetik können dabei unterstützend wirken, ohne dass die gewünschte Aufmerksamkeitsgewinnung weniger effektiv ist. Die Darstellung von vermeintlicher Makellosigkeit oder Perfektion dagegen gewährleistet nicht unbedingt den gewünschten Erfolg und schon gar nicht die Kundenzufriedenheit. Im Gegenteil. Die ständige Suggestion von Unzulänglichkeit und das Hinweisen auf Bedürfnisse führen zwar bekanntlich häufig zu Kaufentscheidungen, stellen aber keine nachhaltige Voraussetzung für eine positive und beidseitig gewinnbringende Kundenbindung dar. Ist die Marke bei einer sexualisierten Werbung überhaupt noch erkennbar? Weiter ist es wichtig zu ergründen, in welchem spezifischen Zusammenhang die erzeugte sexuelle Konnotation oder das erotische Beigefühl und die Marke stehen und was damit erreicht werden soll. Marken haben
heutzutage mehr denn je eine Orientierungsfunktion am Markt. Wer dies nicht beachtet, wird sich langfristig nicht erfolgreich behaupten können. Die zentrale Frage sollte (nach wie vor) lauten: Wofür steht die Marke? Unsere Diskurse und vor allem die Medienbilder, denen wir tagtäglich ausgesetzt sind, sind immer noch stark von Dispositiven geprägt, die bereits seit Jahrhunderten bestehen und in unserer Kultur tief verankert sind. Sie beeinflussen ständig aufs Neue unser Denken und Handeln. So werden in der Werbung Schönheitsideale weitertransportiert, die in ihrer normativen Funktion von einer jungen, akademisch gebildeten Generation inzwischen weitaus kritischer aufgenommen werden als noch vor einigen Jahren. 3. Macht/Verantwortung Werbetreibende haben heute vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten. Der Werberat greift im Rahmen seiner Möglichkeiten ein, wenn „schädliche“ Werbung gezeigt wird und übt so eine gewisse Kontrollfunktion aus. Nun folgt daraus aber nicht, dass eine zusätzliche kritische (und eigene) Reflexion nicht auch eine positive Wirkung auf den Marketingerfolg haben kann. Nur weil die Möglichkeit besteht, Werbung frei zu gestalten, heißt das noch lange nicht, dass wir jegliches Verantwortungsgefühl für die Effekte einer normativen, sexualisierten Marketingstrategie zugunsten der Aussicht auf (kurzfristigen) Erfolg hinter uns lassen sollten. Zudem ist mittlerweile höchst zweifelhaft, ob das immer kritischere und aufgeklärtere Zielpublikum dadurch in Zukunft noch überzeugt werden kann. Die negativen Effekte des uns in der Werbung präsentierten heteronormativen und der Wirklichkeit widersprechenden Geschlechterbildes werden mehr und mehr gesehen. Und dies wird zunehmend zum Problem werden, wenn klischierte Bilder der Geschlechter im Sinne der Optimierung des kapitalistischen Warenverkehrs weiterhin eingesetzt werden. Selbst wenn sie zukünftig verstärkt als Klischee gesehen und nicht mehr als anzustrebendes Ideal angenommen werden. Möglicherweise wird deshalb die althergebrachte Sex Sells-Praxis mit den bekannten normativen Geschlechter- und Körperbildern in dieser Form mehr und mehr verbleichen, da deren Auswirkungen auf den Unternehmenserfolg sogar nachteiligen Einfluss ausüben. 17
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Kritische Konsumenten als solche zu respektieren, sie in den Diskurs miteinzubeziehen und ihnen nicht ein Schönheitsbild zu präsentieren, das einer patriarchalisch strukturierten Marketingbranche entspringt, könnte einen erfolgreichen Ansatz im Hinblick auf Positionierung und Zukunftsgewandtheit darstellen. „Schönheit liegt im Auge des Betrachters“ schlägt „Wer schön sein will, muss leiden.“ Unabhängig von der Ausgestaltung der konkreten Botschaft einer Sex Sells-Kampagne, kollidiert eine eindimensionale Darstellung des Geschlechts in der Werbung oder die Reduktion des Geschlechts auf gesellschaftlich konstruierte Merkmale und Rollen
mit dem Geschlechterverständnis mündiger Konsumentinnen und Konsumenten. Natürlich hat erotisierende und sexualisierende Werbung nach wie vor einen Einfluss. Doch sind die Perspektiven und Zielgruppen heute differenzierter denn je. Anders als noch in klassischen Vorstellungen der Vergangenheit, die bis heute noch in den Köpfen vieler Männer und Frauen in den Marketingabteilungen vorherrschen. Wenn ich damit Unrecht habe, empört euch und beweist mir das Gegenteil.
Thomas Lehnen, studierter Philosoph und Wirtschaftswissenschaftler, vollzieht tagtäglich den Spagat zwischen ökonomischnutzenorientiertem Fortschritts- und tiefgründig-reflektiertem Nachdenken. Aktuell verantwortet er Zukunft-Training – Das Online-Magazin für Aus- und Weiterbildung und arbeitet freiberuflich für das Self-Publishing Unternehmen epubli. ANZEIGE
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Unsere Seelen schreien nach Erotik Von Steffi Seefeld
„Sex Sells“ – dieses Thema findet nicht nur im regionalen Diskurs statt – es hinterlässt auch über Deutschland hinaus gesellschaftliche Abdrücke. Beispielsweise in Taiwan mit einer deutlich strengeren religiöseren Kultur als in Deutschland. Warum Taiwan? Taiwan, in dem Land, in dem der Buddhismus von 93% der Bevölkerung praktiziert wird, gelten freie Beine, Schultern, Rücken und Bäuche als eher unangemessen. Nicht aber bei den Betelnussmädchen. Die Betelnussmädchen verkaufen an großen Straßen Betelnüsse für Langstreckenfahrer, da diese sie wach halten. Um den Absatz der Nüsse zu steigern und mehr Fahrer zum Anhalten zu bringen, kleiden sich die Mädchen im sogenannten „Schulmädchen-Style“ – knapp, kurz und sexy. Das passt nun gar nicht zum religiösen Bild dieser Gesellschaft, denkt man nur an die strengen Türen an den Tempeln, die die Touristen auffordern, bedeckte Kleidung zu tragen. Doch es stimmt. Und es wird nicht nur akzeptiert, dass diese jungen Mädchen halb nackt am Straßenrand ihre Betelnüsse verkaufen, sondern es wird fast von ihnen erwartet. Die Männer sind es von den Werbeplakaten und Werbespots mit internationalen Dessous-
Models nicht anders gewohnt. Damit die Mädchen mit deren Aussehen und Sex-Appeal sowie den Erwartungshaltungen der Männer mithalten können, müssen sie mit einem ähnlichen Erscheinungsbild aufwarten. Das Prinzip des Marketings,
Das Prinzip, mit Sex-Appeal möglichst viel Aufmerksamkeit auf ein Produkt zu ziehen, gelingt. mit Sex-Appeal möglichst viel Aufmerksamkeit auf ein Produkt zu ziehen, gelingt. Es halten mehr Truck-Fahrer an und kaufen die Betelnüsse. Jedoch, und das ist der springende Punkt, auf Kosten der Mädchen. So oder so ähnlich passiert es auch in unserem Land – bspw. auf Automessen. Dort rekeln sich halb nackte Frauen auf teuren Autos. Oder in der „Axe Mature“-Werbung, in der emanzipierte und erfolgreiche Karrierefrauen junge Burschen verführen. Diese stark erotisierenden Werbungen zielen auf Absatzsteigerung, Zunahme der Markenbekanntheit, Commitment und Ähnliches ab. Nun heißt es, diese Maßnahmen seien unmoralisch, unethisch und sind gesellschaftlich nicht vertretbar. 17
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Warum benutzen wir die Erotik dann weiterhin in der Werbung? Empfinden wir es bei der Betrachtung eher als einen sinnlichen „Schmaus“ oder als eine Qual und einen Zwang? Unsere Sinne werden aktiviert und führen (bestmöglich) zu einem positiven Ausschlag, welcher anschließend den Kauf des beworbenen Produkts verursacht. Doch diese Unternehmen sehen sich eventuell gar nicht mehr der Aufgabe gegenüber, den Absatz zu steigern. Ihre Aufgabe besteht eher darin, eine aufmerksamkeitserregende Werbung zu schalten und somit die Marke zu stärken. Stellen wir uns einmal die zukünftige „Axe“- Werbung vor! Werden Erotik und Provokation wieder essentielle Bestandteile sein? Was, wenn nicht? Sind wir als Publikum dann enttäuscht? Kaufen wir dann das Deo der Konkurrenz? Mal ehrlich: Lassen wir unser Kaufverhalten wirklich von Sex Sells-Kampagnen beeinflussen? Erfüllen sie per Definition ihren Sinn und Zweck?
Wir lieben diese provokante Kommunikation, die eigentlich überhaupt nichts mehr mit dem eigentlichen Produkt zu tun hat. So sehr wir öffentlich darüber debattieren, welche negativen Auswirkungen Sex Sells-Kampagnen auf die Gesellschaft haben können, freuen wir uns nicht trotzdem, die Betelnussmädchen auf der langweiligen, einsamen Strecke zu sehen? Ist es nicht auch aufregend für uns, durch U-Bahn-Schächte zu laufen und von Pulmoll gefragt zu werden: „Welcher Lutschtyp sind Sie?“ Gucken wir nicht gerne auf die Ärsche der Astra-Winterkampagne?
Positiv wie negativ. Wie viele Käufe tätigen wir denn aus Emotionen heraus? Viele, denke ich, und dabei sind es unterschiedliche Ursachen für den Emotionsausbruch. Es kann situationsgeschuldet,
Es ist der Moment, das emotionale Erlebnis, das zählt... wie beispielsweise auf einer besonderen Reise oder auch durch andere Personen, wie die Verkäuferin oder den Verkäufer, initiiert sein, die das Kauferlebnis zu einem emotionalen Höhepunkt machen. So geschieht es auch bei der Konfrontation mit Sex Sells-Kampagnen. Es ist der Moment, das emotionale Erlebnis, das zählt und beispielweise den Mann auf einer Automesse nur durch die halb bekleidete Frau zum Kauf verleitet oder die Frau im Laden von dem oberkörperfreien Verkäufer zum Kauf einer viel zu teuren Hose überzeugt wird. So sind es auch emotionale Momente, die durch Werbekampagnen im Rahmen von Sex Sells ausgelöst werden. Mit diesen Emotionen assoziieren wir jedoch nicht unseren nächsten Supermarktbesuch, bei dem wir uns wieder zwischen unzählig vielen Produkten entscheiden müssen und eventuell sogar Stress und Unmut verspüren. Nein, es sind unsere Sinne, die sich an den Kampagnen erfreuen – sie schreien nach dieser öffentlichen Erotik und Provokation. Wir erfreuen uns daran, empfinden Schamgefühl oder sind vielleicht auch mal verärgert. Aber am Ende bereichern sie definitiv unseren gewohnten Alltag.
Meine Antwort ist: Doch, tun wir! Wir lieben diese provokante Kommunikation, die eigentlich überhaupt nichts mehr mit dem eigentlichen Produkt zu tun hat. Wir lieben es, hübsche Frauen wie auch Männer in überdimensionaler Größe auf dem Präsentierteller dargeboten zu bekommen. Und wir lieben es, dabei nicht stets an die rationalen gesellschaftlichen Folgen so einer Aktion zu denken, uns stattdessen einfach emotional treiben zu lassen. Steffi Seefeld befindet sich im 3. Semester ihres Masters in Zukunftsforschung an der Freien Universität Berlin. Sie beschäftigt sich mit einer Vielzahl von ökologischen, kulturellen sowie technologischen Themen und sieht ihre schönste und wichtigste Aufgabe im Alltag darin, Menschen zu begeistern. 24
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Von wegen Sex Sells Ein Erfahrungsbericht zweier junger Sex Toy-Verkäufer
von Marc Schlegel und Andreas Stockburger „Ihr verkauft Sex Toys? Haha… klar, Sex Sells!“, haben wir die vergangenen Monate immer wieder gehört. Und um ehrlich zu sein, wir haben uns so ziemlich das gleiche gedacht, als wir vor knapp zwei Jahren die ersten Ideen zu einem stilvollen und ansprechenden Online Sex Toy-Shop diskutierten. Die Idee Silvester 2012 in Budapest. Wir sind auf dem Weg zurück von der feucht-fröhlichen Neujahrsfeier mit Freunden – immer noch wild diskutierend über das brisanteste Thema des Abends: Sex Toys. Kurz vor unserer Haustür angekommen, mussten wir uns eingestehen, dass wir davon eigentlich keinen Plan haben. Getrieben von Neugierde und Faszination entschieden wir uns, das Thema genauer unter die Lupe zu nehmen. Gesagt, getan. Am nächsten Morgen googelten wir uns erwartungsvoll durch den Markt für Liebesspielzeug. Aber bereits nach einer guten Stunde machte sich Ernüchterung breit. Die Informationssuche hinterließ einen befremdenden, irgendwie unangenehmen und nicht selten abstoßenden Eindruck. Schnell den Browserverlauf löschen.
Weniger Orion und Beate Uhse, mehr Nespresso und Apple. Wir fühlten uns überhaupt nicht angesprochen – auch als Männer nicht. Was müssen denn erst Frauen über die offensive und stark maskuline Präsentation des Themas denken? Wir fragten nach: Bei Freundinnen, Familie und im Kollegenkreis. Deren Antworten übertrafen unsere Erfahrungen sogar – im negativen Sinne. „Muss das denn sein? Kann man das nicht besser machen?“ Da gab es noch Luft nach oben… „Irgendwie ansprechender? Mit mehr Stil, mehr Wert und mehr Information?“ – oder anders formuliert: Weniger Orion und Beate Uhse, mehr Nespresso und Apple.
Die Geschäftsidee war geboren. Unverzüglich buchten wir den Rückflug in die Schweiz und
Noch am selben Abend präsentierten wir der Freundin stolz unsere Erkenntnisse… stürzten uns in die Arbeit. Noch am selben Abend präsentierten wir der Freundin stolz unsere Erkenntnisse, Ideen und erste Designskizzen für einen neuen stilvollen Sex Toy-Shop im Netz – und wir lagen total daneben. Das Feedback war niederschmetternd. Und hat uns gerade deswegen für die Wichtigkeit von Testing und Feedback sensibilisiert. Wir wollten nicht aufgeben. Im Gegenteil: „Jetzt erst recht!“, haben wir uns gesagt. Und so entstand im Verlauf der nächsten Monate ein hochwertiger Online-Shop mit handverlesenem Produktsortiment und umfassender Wissensplattform rund um Sex Toys. Wir waren stolz wie Oskar. Endlich ein Sex Toy-Shop mit Stil, der nicht nur „Werkzeuge“ verkauft, sondern mittels umfassendem Wissen auch Unerfahrenen oder bisher thematisch Abgeschreckten einen einfachen und angenehmen Zugang zu einer „neuen Welt“ ermöglicht. Das Feedback war mehr als positiv und wir schienen auf dem richtigen Weg. Aber wir merkten bald, dass niemand auf uns gewartet hatte. Die Produktionsphase war (vorerst) abgeschlossen. Die ungleich herausforderndere Promotionsphase stand vor der Tür. Wie wird man auf uns aufmerksam? Wie erreichen wir die Zielgruppen? Wer ist überhaupt die Zielgruppe? Wie machen es andere? Sex sells… Sex ist überall, vor allem in der Werbung. Und es scheint zu funktionieren. Magazine mit einer leicht bekleideten, weiblichen Schönheit auf der Titelseite verkaufen sich messbar besser als sol17 |
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che, die einen männlichen Star abbilden – selbst wenn der Star jemand ist, über den man gern mehr erfahren würde. Sex ist Aufmerksamkeitserreger bzw. -steigerer und fungiert als klassischer Eyecatcher. Der Sex Sells-Trick funktioniert, wenn man Produkte und Dienstleistungen verkauft, die nichts mit Sex per se zu tun haben. So wird das beworbene Pils mit der kecken und leicht bekleideten Blondine als schmückendem Beiwerk aufgewertet. Die damit verbundenen Assoziationen machen das Produkt attraktiver. Wenngleich – oder gerade weil – Bier mit Sex wenig zu tun hat. Was aber, wenn man Sex verkauft? Also Gegenstände bewirbt und offeriert, die explizit und direkt mit Sex zu tun haben? … if it‘s not about sex.
als Sex. Wir verkaufen Leidenschaft. Und diese will entdeckt, angeregt, gefördert und nicht (nur) als bildliches Rollenmodell vorgelebt werden.
Wir haben uns in der Kommunikation über das Produkt konsequent vom Sex verabschiedet… Wir haben uns in der Kommunikation über das Produkt konsequent vom Sex verabschiedet und versuchen Love Toys mit Stil, Humor und Kreativität zu enttabuisieren und entmystifizieren. Neben zahlreichen Satirepostern zur Bundestagswahl 2013 hat sich aus diesem Gedanken auch der Vibraa Vergleich entwickelt. Nr. 27 bringt beispielsweise einen Kaffee, die Latte am Morgen, mit einem Penisring, für die Morgenlatte, in Verbindung. Bei Nr. 10 flirtet ein Rollator als Hilfe für‘s Gehen mit einem Fingermassager – der „Hilfe für‘s Kommen“.
Sex Toys müssen nicht weiter sexuell aufgeladen werden, um Aufmerksamkeit zu generieren. Sie sind per se catchy. Sogar so catchy, dass sie teilweise abschreckend Hilfe für’s Gehen wirken. Gerade weil Liebesspielzeug in vielen Köpfen oft schmuddelig besetzt ist und die Grenze zur Pornographie, zumindest gedanklich, nicht weit scheint. Andere wiederum assoziieren mit dem Begriff billige Internetseiten, einschlägige Magazine oder allgemein befremdliche Tätigkeiten, vorzugsweise in Rotlicht-Etablissements. Das Thema Selbstbefriedigung ist in Deutschland nach wie vor ein Tabuthema.
Hilfe für’s Kommen
Bildressource: http://pics.ricardostatic.ch
Der JimmyJane FORM 3 Vibrator. 1 von 251 ausgesuchten Produkten auf Vibraa.com
Delikates Thema – Neues Schema
Marketing Challenge
Wir sind angetreten, diese Perzeption zu ändern, mussten aber bald feststellen, dass Sex Sells bei unserer Zielgruppe nicht funktioniert. Das Gegenteil ist der Fall. Denn paradox zur Faszination des Themas, provoziert „Sex“ in „Sex Toys“ mehr Distanz und (zunächst) Skepsis und weniger Interesse bzw. Zugang. Sex ist delikat, intim, persönlich und privat.
Die Reaktionen auf die im letzten Herbst in Stuttgart verteilten Flyer fielen zwar geteilt aus. Der humorvoll-kreative Ansatz, das Thema anzugehen, wird aber sehr geschätzt. Wir stellen dennoch fest, dass außerhalb der privaten Sphäre die Wenigsten öffentlich mit Liebesspielzeug in Verbindung gebracht werden möchten. Wer würde denn ohne mulmiges Gefühl eine öffentliche Vorlesung zum Thema „Vibrator – Der größte Schritt auf dem Weg zu einem besseren Sexleben“ besuchen? Wer hat sich mit seiner/m Kollegen/in schon über Analtoys unterhalten? Und wer klickt bei einem Vibrator-Bild auf seinem Facebook Newsfeed auf „I like“? Da hilft auch die humorvoll-kreative und
Und so wurde aus Vibraa Sex Toys bald Vibraa Love Toys. Explizite Produktdarstellungen auf der Frontseite wichen ansprechenden und stilvollen Bildern, grelle Farben wurden durch klassisches Schwarz und Weiß ersetzt. Es geht um so viel mehr 26
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stilvolle Verpackung des Themas wenig. Leider. Dennoch zeigen die Beispiele prägnant die Grenzen der Viralität und Bewerbung von Love Toys auf, sowohl on- als auch offline. Aus einer Zwei-Mann-Startup-Perspektive erscheint auch das klassische Search Engine Marketing (SEM) als nicht unbedingt zielführend. Die Suchanfragen in diesem Feld sind aufgrund oftmals kaum vorhandenem Wissen seitens potentieller Kunden nicht sehr differenziert („Vibrator kaufen“, „Der beste Dildo“, „Liebeskugeln“) und dementsprechend hart umkämpft und teuer. Eine Ausnahme bildet das im Vergleich zur Gesamtbevölkerung sehr kleine Segment der thematisch bewanderten Kundschaft, die bereits über Marken und Produkte Bescheid weiß. Diese sucht entsprechend zielgerichtet nach dem gewünschten Glücksbringer („Lelo Gigi 2“), um ihn beim Verkäufer des Vertrauens oder schlichtweg dem günstigsten Anbieter zu erstehen.
Wenn wir mit Leuten ins Gespräch kommen und von Vibraa erzählen, dauert es durchschnittlich etwa zwei bis drei Minuten, bis sich das Gegenüber auf das Thema einlässt. Wie oft haben wir beim ersten Kontakt von potentiellen Kunden gehört: „Sex Toys? Das ist nichts für mich/uns… Ich bin definitiv nicht in eurer Zielgruppe!“ – Und zwei Wochen später kam die Bestellung.
Andererseits funktioniert das Gesamtwerk aber nur in Kombination mit Seriosität, Glaubwürdigkeit und fundiertem Wissen…
Wie aber erreicht man die große Gruppe der thematisch Aufgeschlossenen und Neugierigen? Die Frage ist entscheidend, weil wir auf Basis von hunderten Gesprächen gerade bei der Vielzahl der „Neugierigen“ ein großes Potential ausmachen. Und jetzt der Test. Haben wir Dich bis hierhin neugierig gemacht? Die Tatsache, dass Du diesen Text gerade liest, beantwortet zumindest teilweise die eingangs dieses Paragraphen gestellte Frage. (Mediale) Präsenz ist also ein Weg für mehr Aufmerksamkeit, die Art der Präsentation ein anderer. Und gerade in puncto Präsentation ließen uns die vergangenen Monate erkennen, dass es letztlich der Mensch ist, der andere Menschen zu überzeugen vermag. Die Kreativität, Serviceorientierung und Geschichte hinter dem Produkt sind interessant und vermögen das Produkt gar in ein anderes Licht zu rücken.
Im Marketing von Love Toys erscheint der Spagat zwischen kreativ, humorvoll, informativ und seriös herausfordernd, im Vergleich zum klassischen Sex Sells-Ansatz aber ungleich zielführender – insbesondere bei thematisch begrenzten bzw. nicht affinen Personen. Einerseits helfen unserer Erfahrung nach Humor und Kreativität als Türöffner, um einen anderen, angenehmeren Bezug zum Thema zu schaffen. Andererseits funktioniert das Gesamtwerk aber nur in Kombination mit Seriosität, Glaubwürdigkeit und fundiertem Wissen, wenn es darum geht, den Menschen vom Nicht- bzw. Halbwissenden hin zum Interessierten oder gar Kunden zu begleiten. Insofern könnte man sagen:
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sophisticated
sex
sells better.
Marc Schlegel (26) und Andreas Stockburger (28) kennen sich von der Universität St.Gallen. Die Kreativköpfe mit Faible für unternehmerische Initiativen entwickelten zusammen den ersten ansprechenden, stilvollen und informativen Online Love Toy Store. Mit Mut, Naivität und Kreativität wollen sie die Welt mit frischen Ideen verändern. www.entrepreneurial-year.de 17 |
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Junge Männer stehen nun mal auf Frauen! Interview mit Axe Brand Manager DACH Sebastian Bernbacher Welches Deo haben Sie heute Morgen aufgelegt? Heute Morgen Dove Men Plus Care. Davor war es Axe Peace. Ich bin da immer ein bisschen analog der Kampagnen unterwegs, die wir gerade fahren. Sie leben ihr Produkt also auch? Ja, auf jeden Fall. Ich glaube, dass man nur dann etwas gut vermarkten, verkaufen oder darüber reden kann, wenn man das Produkt selbst gut kennt und weiß, wie es vom Konsumenten wahrgenommen wird. Wie sieht für Sie gute Werbung aus? Für mich ist besonders die thematische Relevanz wichtig. In unseren Kampagnenentwicklungen fragen wir uns immer: „Was macht das mit einem?“ Unsere Botschaften und Aussagen sollen vielschichtig, dabei klar und verständlich sein. Die Kampagnen sollen unterhalten und unseren Konsumenten Spaß machen, sie ansprechen und inspirieren, sie faszinieren und im besten Fall zum Dialog anregen. Werden Frauen in Ihrer Werbung nicht oft auf ihre sexuellen Gelüste reduziert? Das denken wir nicht. Natürlich gibt es ein paar Leute, die Axe-Werbung für sexistisch halten. Wir sehen das anders. In unseren Kampagnen behandeln wir auf spielerische Art das immer aktuelle Thema der Anziehungskraft zwischen Mann und Frau. Wir achten dabei auf Augenhöhe. Wir zeigen immer starke Frauen, die von Männern bewundert werden und eine selbstbestimmte Rolle im Spiel der Verführung einnehmen. Es geht um Attraktivität, Emotionen, Humor und alles das, was möglich ist und noch kommen kann. Den Ausgang lassen wir bewusst offen. Wir gestalten unsere Kampagnen 28
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auch immer mit einer Portion Ironie, sodass man weiß, dass es nicht bierernst gemeint ist. Welche Meinung haben Sie zum Thema Sex Sells? Sex Sells finde ich grundsätzlich komplett überholt. Es ist ein veraltetes Konstrukt, das es vielleicht früher mal gegeben hat. Sex Sells-Werbung ist für mich eindimensional. Axe-Kommunikation ist nicht eindimensional, sondern vielschichtig. Axe ist eine junge Männer-Marke und Jungs interessieren sich nun mal sehr häufig für Frauen. Wir spielen dabei mit Fantasie und Kopfkino. Wir erzählen Geschichten, spielen mit Assoziationen und Bildern. Wir wollen inspirieren, begeistern und engagieren wie zum Beispiel mit Axe Peace. Da geht es zwar immer noch um Männlein und Weiblein. Aber es geht vor allem um die Organisation Peace One Day, um die weltweite Aktivierung, unseren Aufruf Peace One Day zu unterstützen und sich mehr für den Frieden einzusetzen – und natürlich auch noch um das Produkt. Diese Kampagne ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich unser Marketing weiterentwickelt hat, weil sich auch die Themen und die Welt, in der unsere Konsumenten leben, weiterentwickeln. Am Ende können für uns nur die Marken erfolgreich sein, die ihrem Markenkern treu bleiben, sich aber nicht scheuen, sich auch selbst zu hinterfragen und dabei neuen Realitäten und Bedingungen offen gegenüberstehen. Das Interview ist in voller Länge auf unserem Blog www.mtp-mehrwert.de zu lesen. Das Interview führten Patricia Wermuth und Thomas Lehnen. Fotos von Robert Wincierz. Unilever ist nationaler Förderer des MTP e. V.
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Nadine, Trainee Marketing
MILLIONEN KONSUMENTENWÜNSCHE VERSTEHEN – UND ERFÜLLEN!
Unilever Future Leaders Programme Willkommen bei Unilever! Wir sind das Weltunternehmen hinter bekannten Marken wie Axe, Dove, Langnese und Knorr. Unser ehrgeiziges Ziel: Wir wollen unsere Größe verdoppeln und unseren ökologischen Fußabdruck halbieren. Um dieses Ziel zu erreichen, suchen wir Talente wie Nadine, die sich als Marketing-Trainee für Dove®Hautreinigungsmittel für Frauen engagiert. Als Verantwortliche für den Markenaufbau des Dove®-Duschgels innerhalb der DACH-Region relaunchte sie unser Premium-Duschgel mit dem starken Packungsclaim: „Schönere Haut in 7 Tagen“* (* Visible Skin Improvement). Der war auf dem Hautreinigungsmarkt neu – und ein wichtiger Schritt zur Produktdifferenzierung und Betonung unserer erstklassigen Produktqualität. Die Folge: Nadines Slogan wurde nicht nur in Deutschland, Österreich und der Schweiz genutzt, sondern unterstreicht unseren Premium-Anspruch heute europaweit. Beiträge wie diese bringen uns voran. Und mit unserem praxisorientierten Traineeprogramm erhältst du in nur zwei Jahren das Know-how, die Erfahrung und Business-Einblicke, um uns mit deinen eigenen Beiträgen immer weiter nach vorne zu bringen. Dabei meisterst du echte Herausforderungen, arbeitest mit Top-Managern zusammen und wächst selbst zur Führungspersönlichkeit heran. Du willst mehr darüber erfahren, was du bei uns bewirken und erreichen kannst? Dann entdecke deine Zukunft auf
www.UniLever.de
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Liebe wie du willst.
Liebe, wie du willst – die Strategie der Durex Jugendkampagne Reckitt Benckiser (RB) Deutschland
Wer denkt nicht beim Thema Sex an die Marke Durex? Die Marke ist eine der 19 globalen Powerbrands von RB, einem der weltweit führenden Unternehmen in den Bereichen Gesundheit, Hygiene und Haushalt. Durex hat eine hohe Bekanntheit – wie aber macht man die Marke speziell für eine jüngere Zielgruppe attraktiv? Eine Fallstudie. Beim Einsatz von Erotik in der Werbung gilt es, Spielregeln zu beachten. Sex hilft zweifellos zu verkaufen – aber nur im richtigen Kontext bzw. an das passende Nutzenversprechen gekoppelt. Sonst ist Sex in der Werbung nur Provokation und nicht zielführend.
Die zu entwickelnde Werbekampagne musste emotional sein, um wahrgenommen zu werden. Die Zielgruppe soll sich mit der Marke identifizieren, um so eine langfristige und intensive Kundenbeziehung aufzubauen.
Ausgangspunkt im RB Marketingteam von Durex war die aus der Marktforschung gewonnene Erkenntnis, dass Durex attraktiv für eine ältere Zielgruppe ist. Teenager identifizierten sich aber nur wenig mit der Marke.
Getestet wurden verschiedene Konzepte mit Teenagern, aus der die Kampagne „Liebe, wie Du willst“ klar als stärkstes Konzept hervorging. Die Kampagne spricht emotional an und vermittelt ein tiefes Verständnis der Zielgruppe durch die Marke.
Das Marketingziel war klar definiert, man wollte
Aufgrund der digital geprägten Mediennutzung der Zielgruppe wurde die Kommunikationsstrategie in verschiedenen Online-Kanälen wie z.B. Social Media umgesetzt. Herzstück der Kampagne ist ein Film, der in Vignetten (Liebe Neugierig, Liebe Bunt, Liebe Frei, Liebe Wild, Liebe Spontan… ) zeigt, wie verschieden und vielfältig junge Leute die Liebe erleben. Die Kampagne ist seit September 2013 im Einsatz und sehr erfolgreich. Das Markenimage in der Zielgruppe der Teenager konnte signifikant verbessert werden. Dies ist nicht zuletzt auch darauf zurückzuführen, dass erotische Werbung nicht nur geschickt, sondern auch zielgruppengerecht umgesetzt wurde.
Reckitt Benckiser (RB) die Wahrnehmung der Marke in der jüngeren Zielgruppe stärken und sie für Teenager attraktiver machen. Um dies zu erreichen, wurde ein starker Consumer Insight benötigt, der für die Entwicklung der Marketingkommunikation eingesetzt werden kann.
www.rb.com/karriere www.facebook.com/Durex. Deutschland
Daher wurde im ersten Schritt die Zielgruppe genau analysiert – ihre Einstellungen, Mediennutzung, Ziele und Wünsche: Teenager sind neugierig und probieren gerne Neues, auch wenn es um die Liebe geht. Aus diesen Erkenntnissen wurde die bestehende Durex Markenpositionierung für die junge Zielgruppe konkretisiert: Durex holt Teenager in ihrer natürlichen Neugierde auf die Liebe ab und hilft, sie leichter und spielerisch zu entdecken. 30
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Dieser Artikel wurde von Claudia Bach, External Affairs Manager bei RB, geschrieben. RB ist nationaler Förderer des MTP e. V.
Ein Verein. Eine Idee. Viele Facetten. Der gemeinnützige MTP – Marketing zwischen Theorie und Praxis e. V. wurde 1981 als Studenteninitiative gegründet, um die Marketingausbildung an Universitäten praxisnäher zu gestalten. Heute verstehen wir uns als das größte generationsübergreifende Netzwerk aus Studenten, Professionals, Unternehmen und Wissenschaft. Dafür engagieren sich an 17 Hochschulstandorten und in 14 AlumniClubs etwa 3400 Mitglieder ehrenamtlich. Unterstützt werden wir dabei von 92 Professoren der renommiertesten Marketinglehrstühle sowie von 79
regionalen Partnerunternehmen. Zudem gehören starke und bekannte Marken und Dienstleister zu unserem Nationalen Förderpool. Zahlreiche Veranstaltungen und Beratungsprojekte, die regelmäßig stattfindenden Fachkongresse „Marketing Horizonte“ und „Digital Marketing Congress“ sowie unser vereinseigenes Marketing-Fachmagazin „Mehrwert“ zeigen die Leistungsstärke des Vereins. Um diese auszubauen, investieren wir in eine umfangreiche Weiterbildung unserer Mitglieder. Seit nunmehr 30 Jahren steht MTP für „Marketing leben“.
Wir danken unseren nationalen Förderern für ihre Unterstützung!
Deutsche Bildung
Sie möchten mit MTP zusammenarbeiten? Weitere Informationen finden Sie unter: www.mtp.org. Ihre Ansprechpartnerin im nationalen Vorstand ist Tatjana Fichtner (tatjana.fichtner@mtp.org).
Die MTP Geschäftsstellen – hier wird Marketing gelebt!
Sie finden uns in:
Berlin Chemnitz Erfurt Frankfurt Gießen Hannover
Hamburg Kiel Köln Leipzig Mannheim München
Münster Nürnberg Paderborn Saarbrücken Stuttgart
Weitere Informationen zu den einzelnen Geschäftsstellen gibt es unter: www.mtp.org/geschäftsstelle Beispiel: www.mtp.org/frankfurt 17 |
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Kurz und knapp Sie haben kurz Zeit? Ich mach schnell. Wir haben ja alle keine Zeit. Sechs Minuten – ab jetzt. von Julian Valkieser
Sinn für Sinnlichkeit vs. Kognitive Verzehrungen Äh – achso! Handy weg und auf lautlos! Hier geht’s um Sex! Und um die Frage: „Verkauft Sex?“ Meine Antwort: Ja, klar. Die Thesen um Evolutionstheorie und Artähnliches brauche ich Ihnen nun ja nicht eintüten. So wären wir eigentlich schon am Ende des Artikels. Sex verkauft sich selbst und gern auch Beiliegendes. Immerhin ist das Sexgewerbe eine eigene Industrie und zugleich Treiber von Webtechnologien und -entwicklungen wie z.B. Chats und Streaming. Darüber hinaus provozierte Sex schon im antiken Pompeji die Streetartszene und im 19. und 20. Jahrhundert läutete Sex den Fotoboom ein – nackte Menschen mussten nun nicht mehr gemalt werden. Man schätzt, dass Sex in den USA einen Umsatzwert im mittleren zweistelligen Milliardenbereich erregt. Lustigerweise in dem Land, wo Nacktheit in Werbung und TV-Shows strikt tabu ist. Oder eher genau deswegen? Da sind wir östlich des Atlantiks und noch östlicher wesentlich freizügiger. Man denke nur an leicht bekleidete Nachrichtensprecher in Polen und Russland, um politische Meinungsbildung anzuregen. Oder die so genannten Betelnussmädchen in Asien, die wachmachende und aufputschende Nüsse an Truckfahrer verkaufen. Schlussendlich fangen wir aber gar nicht erst an, alle möglichen Themen aus dem Dark Room der Weltwirtschaft zu zitieren. Sonst philosophieren wir auch noch über Messe32
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girls und Protestaktionen gegen Robbenjagd oder Studiengebühren. Wir wollten das Thema ja kurz und knapp abhandeln. Den Wortwitz hierzu lasse ich mal unterm Tisch. Also zur… Enthüllungsgeschichte. Bis hierhin habe ich eher ausschweifend in das Thema eingeführt, ohne wirklich auf den Punkt zu kommen. Und genau das ist das Problem vielerlei anrüchiger Werbematerialien. Sinnlichkeit in der Werbung fehlt oft der tiefere Sinn. Die Aussagen sind luftig. „Sex smells“, sozusagen. Hier sind wir beim Thema. Nehmen wir das Beispiel Axe. Primitivere Schäfer assoziieren die Unilever-Marke mit ihrer Werbung. Insight: „Axe auftragen, Mädels davontragen“. Ich selbst würde Axe eher mit dem Schäfer und dessen Geruch selbst assoziieren: Eindeutig, intensiv, männlich und leider zu oft auch abtörnend schweißig, weil wahrscheinlich ungeduscht aufgetragen. Mhm... Kopfkino? Unser nächstes Stichwort. Sex regt die eigene Phantasie an. Was wäre wenn? Kann mich dieses Produkt für die Evolution wertvoll machen? Die menschliche Intuition kann von diesen Fragen und Gedanken ein Liedchen singen, obwohl wir uns rational nicht eingestehen wollen, dass wir meist doch im tiefsten Inneren abwägen, ob dieses
oder jenes Produkt unsere Potenz, unser Ansehen oder unseren Reiz bei anderen steigern kann. So gesehen kann Sex in der Werbung anregend sein. Sie erregt unsere Intuition. Markentechniker gehen aber ein Risiko ein. Denn für guten Sex müssen beide Seiten zueinander passen. Wenn dem nicht so ist und das reizvolle Werbemotiv zusätzlich nicht einmal zur Kernmarke passt, wer wollte dann noch Marcel Reich-Ranicki erklären, worum es im Buch Kalypso geht? Die Werbeaussage wird somit luftig, sie verpufft und bringt es nicht auf den Punkt. Ich gehe weiter, weil das Plakat nicht zu mir passt, obwohl es die dahinter stehende Marke vielleicht würde. Das ist nicht sexy. Charles Darwin wäre weniger amüsiert, genauso wie ich von der letzten Nordsee-Kampagne.
stufenmarketers geschuldet ist. Marketer, die hier aus der Assoziationswolke ihrer Marke ausbrechen, also deren sexy Motive sich zu weit von der Kernmarke entfernen, hätten sicherlich auch im berühmten Marshmallow-Test versagt. Schnellschuss sozusagen. Aus kognitiven Verzehrungen werden beim Betrachter so schnell kognitive Verzerrungen. Passt Sex nicht zu meiner Marke, fliegen zu viele diverse Assoziationen wild umher und eine Marke ist versaut – also quasi dreckig.
© Foto: Nordsee
Begierde am Beispiel. Natürlich ist Fisch gesund. Und was gesund ist, kann auch sexy machen. Aber Werbung, wie in diesem Beispiel, darf nicht einfach durch einen dick aufgetragenen Spruch eingeführt werden. Denn Werbung ist die zielgeschuldete Darstellung einer Marke. Man nutzt naheliegende und passende Assoziationen, die auf die Marke abfärben sollen. Die blaue Farbe, der Name Nordsee, der Fisch im Logo... und ein nackter Mann? Durchaus sexy. Der Spruch wurde plakativ umgesetzt, aber leider auch zu platt. Letzteres wird vielerlei reizvollen Werbemotiven zugesprochen. So auch hier. Liebe Markentechniker aus der Nordsee: Hättet ihr eine sexy Meerjungfrau genommen, wäre ich nicht zum Burgerladen hundert Meter weiter gegangen. Der hat nämlich mit „dicken Dingern“ geworben, hier aber seine Kernmarke plakativ und naheliegend dargestellt – mit richtig schmackhaften, dicken, fleischigen Burgerdingern. Der Sinn von Sinnlichkeit. Sexy Werbung darf sein. Aber nicht, wenn sie lediglich dem Aufmerksamkeitsdrang eines Ober-
Wieso wirbt Nordsee mit einem nackten Mann als Motiv? Es passt nicht zur Nordsee, zum Blauen und hoffentlich auch nicht zum Fischigen. Da es nicht passt, verwirrt uns das Motiv. Wir können es nicht in eine entsprechende Schublade legen. Das stresst und strengt uns an. Der Mensch steht auf einstimmige Kompositionen – in einer Welt des Information Overloads versteht er fast nur noch diese. Deswegen machen wir es uns einfach und gehen zum Burgerladen. Der mit der saftigen, fleischigen Werbung. Kopfkino? Zusammenfassend ein treffendes Zitat von Holm Friebe, der in „Die Stein-Strategie“ auf die Lehren des Hans Domizlaff und seine Markentechnik eingeht: „Der Weg der Marke – der Pfad des langfristigen und soliden Markenaufbaus – ist nicht der des bekoksten Werbers, der sich andauernd neue Marketing-Gags, markige Slogans und PR-Stunts ausdenkt. Vielmehr ähnelt die Arbeit an der Marke der eines Bildhauers oder Steinmetzes, der in einem langwierigen und bedächtigen Prozess alles von einem Steinklotz weghaut, was nicht nach Marke aussieht.“ Und so passt die nackte Haut meist eben nicht zur Marke – auch wenn sie hübsch anzuschauen ist.
Julian Valkieser, Wirtschaftsingenieur, Student, Startup-Scout und leidenschaftlicher MTPler aus Köln. Er ist der Meinung, „im Marketing gehe es darum, Commitment zu schaffen. Dies könne man nicht erlernen, nur erfahren – z.B. bei MTP.“ Weiter diskutieren: @mtpmehrwert 17 |
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IMPRESSUM AUSGABE 17
Herausgeber MTP – Marketing zwischen Theorie und Praxis e. V. Krögerstraße 5 60313 Frankfurt am Main Chefredakteur Volker Haerecke volker.haerecke@mtp.org Stellvertr. Chefredakteur Manfred Thurm manfred.thurm@mtp.org Anzeigenleitung Lisa Marrold lisa.marrold@mtp.org Vertriebsleitung Johannes Edlinger johannes.edlinger@mtp.org V.i.S.d.P. Tatjana Fichtner 1. Nationale Vorsitzende nv@mtp.org Herausgeberbeirat Ansgar Heitzig (Ltg.) Friedrich Bischoff Norbert Drees Katharina Kunath
Redaktion Andreas Stockburger Antje Graul Jennifer Krüger Julian Valkieser Marc Schleger Steffi Seefeld Thomas Lehnen Lektorat Inga Schridde Joscha Gewinner Larissa-Sophie Host Nalah Schneider Sascha Symmanek Sven Symmanek Layout Nick Fennert (Teamleitung) Bonnie Wdowiak Verena Wolf Anzeigen Jacob Hilzinger Joanna Hajduk Lars Usling Ralf Rotheimer Raphael Kopitzki Auflage 50.000 Exemplare
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REGISTER Unternehmen/Marken: Abercrombie & Fitch.............................. 9 afri-cola................................................ 18 Apple.................................................... 25 Astra..................................................... 24 Axe................................... 4, 7, 24, 28, 32 Axe Peace............................................. 28 Axe Mature........................................... 23 BBDO.................................................... 31 Beate Uhse........................................... 25 BMW................................................ 15, 19 brand eins............................................ 12 Chanel No. 5........................................... 8 DKMS.................................................... 12 Dove Men Plus Care............................. 28 Durex................................................ 4, 30 Epubli................................................... 22 Forbes.................................................... 7 Henkel.................................................. 31 L’Oréal.................................................. 31 Lagnese.................................................. 7 Lelo Gigi............................................... 27 Magnum................................................. 7 Mercedes...............................................19 Microsoft.............................................. 31 Nespresso............................................ 25 Nordsee................................................ 33 Orion.................................................... 25
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Peace One Day..................................... 28 Photoshop............................................ 20 Playboy............................................... 7, 9 Procter & Gamble................................. 31 Pulmoll................................................. 24 Reckitt Benckiser............................. 4, 30 Sixt......................................................... 8 Unilever.......................................... 28, 32 Vibraa................................................... 26 Zukunft-Training – Das Online-Magazin.. 22 Personen: Baszczyk, Evelin ...................................13 Beckham, David..................................... 8 Bernbacher, Sebastian.................... 4, 28 Bischoff, Sonja...................................... 11 De Botton, Alain................................ 3,17 Domizlaff, Hans.................................... 33 Friebe, Holm......................................... 33 Hakim, Catherine.................................. 11 Hamermesh, Daniel Selim..................... 11 Heffner, Hugh......................................... 6 Imkamp, Wilhelm......................... 3, 4, 16 Immisch, Gunnar.................................... 9 Jagenburg, Steffen............................... 12 Kidman, Nicole....................................... 8 Klein, Calvin........................................... 7
Kurt, Chandra......................................... 9 Laudenbach, Peter............................... 12 Reich-Ranicki, Marcel.......................... 33 Ruffle, Bradley...................................... 11 Schwarzer, Alice....................................17 Shields, Brooke...................................... 7
M
Handy: ziemlich smart!
Elbphilharmonie: nicht sehr smart...
smart Technologies
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