4 minute read

No Panic für Organic“

Münsters Musiker Dieter Kemmerling klärt auf in Sachen Organspende „No Panic for Organic“

Beim Thema Organspende steht Deutschland alles andere als gut da: Im Ranking europäischer Länder belegt es einen der letzten Plätze. Das bedeutet: Täglich sterben bei uns Menschen, weil ein dringend benötigtes Spender-Organ nicht verfügbar ist. GESUND IN MÜNSTER sprach mit dem Münsteraner Musiker Dieter Kemmerling, der sich seit 16 Jahren mit seiner Initiative „No Panic for Organic“ für Organspenden in Deutschland stark macht.

Advertisement

Herr Kemmerling, vor zwanzig Jahren rettete Ihnen eine Organspende das Leben. Glückwunsch erst einmal zum 20. Geburtstag im neuen Leben! Seit 16 Jahren engagieren Sie sich für das Thema Organspende. Mit Erfolg?

Nein, leider nicht mit dem Erfolg, den ich mir erhofft habe. Es ist uns vielleicht gelungen, dem Thema mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen und wir haben eine ganze Reihe prominenter „Mitstreiter“, auch in Regierungskreisen. Letztlich aber sterben jeden Tag drei Menschen in Deutschland, weil sie ein benötigtes Organ nicht rechtzeitig erhalten haben. Und das in einem Land, in dem ca. 80 Prozent der Bevölkerung dem Thema Organspende eigentlich positiv gegenüberstehen. Deutschland hat die schlechteste Spenderrate innerhalb des Verbunds der Organvermittlungsstelle Eurotransplant. In Spanien beispielsweise kommen 34 Organspenden auf eine Million Einwohner, in Deutschland gerade einmal acht. Wir haben in Deutschland eine herausragende Transplantationsmedizin, der im Grunde die Hände gebunden wären, wenn wir nicht auch Spenden aus dem europäischen Ausland bekämen.

Woran liegt das? Hat die Pandemie die Organspende-Situation

An einer Reihe von Dingen. Zunächst einmal haben wir noch verschärft? – allen Bemühungen zum Trotz – immer noch die Erwei- Nein, das nicht, abgesehen von einem möglicherweise terte Zustimmungslösung. Das heißt, jeder, der möchte, erhöhten Bedarf an Organen. Aber das kann ich nicht dass einzelne seiner Organe nach beurteilen. Was die Pandemie vielleicht seinem Tod einem anderen Menschen erreicht hat, ist ein geschärftes öffentdas Leben retten, muss selbst aktiv liches Bewusstsein dafür, wie es sich werden, sich beispielsweise einen anfühlt, medizinisch auf etwas angeOrganspendeausweis besorgen oder wiesen zu sein – seien es Impfungen, seine nächsten Angehörigen über Medikamente, Krankenhausbetten oder seinen Entschluss informieren. Im Sauerstoff – das nicht selbstverständErnstfall können Angehörige sich aber lich zur Verfügung steht. Ich glaube, immer noch über diesen erklärten sie hat vielen Menschen die eigene Willen hinwegsetzen. In den meisten Vulnerabilität aufgezeigt. Im Grunde europäischen Ländern gilt hingegen stellen wir hier beim Thema Organspendie Widerspruchsregelung: Hier muss de grundsätzlich die falsche Frage. Es aktiv werden, wer nicht möchte, dass geht nicht darum: Will ich Spender sein? seine Organe lebensrettend verwendet werden. Auch Die eigentliche Frage lautet: Möchte ich im Ernstfall ein Patientenverfügungen erweisen sich da oft als kontrapro- Spenderorgan bekommen, das mir das Leben rettet? Wer duktiv, denn wer lediglich verfügt, dass bei ihm keinerlei diese Frage bejaht, sollte sich in der Konsequenz auch lebensrettenden Maßnahmen angewandt werden dürfen, einen Organspendeausweis besorgen. Und ich kann alle scheidet automatisch als Organspender aus. beruhigen, die glauben, sie müssten intakt und vollständig zu Grabe getragen werden. Papst Benedikt, der ein großer Wie kann man das verhindern? Befürworter der Organspende ist, hält Organspende für Wer für sich im Grunde keine lebensverlängernden Maß- einen Akt der Nächstenliebe. nahmen möchte, aber als Organspender zur Verfügung stehen will, muss einen Passus in seine Patientenverfü- Viele denken, dass Sie zu alt oder krank gung aufnehmen, der besagt, dass er Organspender ist für eine Organspende sind ...und alle Maßnahmen gestattet, die medizinisch für eine Organspende nötig sind. Nein, dafür ist man nie zu alt. Die Ärzte entscheiden im Einzelfall, ob und welche Organe sie verwenden können.

Sie sprachen von mehreren Gründen ...

Ein weiterer Grund für das geringe Aufkommen an Spenderorganen ist eben, dass bei uns – anders als in vielen anderen europäischen Ländern oder auch den USA – die Feststellung des Hirntods Voraussetzung für eine Organspende ist. Zwar hat Eurotransplant schon vor mehr als 20 Jahren erklärt, dass ein zehnminütiger Herzstillstand ein Äquivalent zum Hirntod sei. Die Bundesärztekammer sieht das aber anders. Das führt dann zu Situationen, dass für einen Schwerkranken über Eurotransplant endlich ein passendes Spenderorgan zur Verfügung steht, der Chirurg in Deutschland es aber nicht verwenden darf, weil es einem Herztoten entnommen worden ist. Hört das Herz auf zu schlagen und lässt sich auch nicht mehr reanimieren, bevor ein Hirntod festgestellt wurde, scheidet der Spender in Deutschland leider aus. Viele Menschen mit Organspendebereitschaft, die beispielsweise unmittelbar an einem Schlaganfall, Herzinfarkt oder Unfall sterben, stehen so nicht mehr als Spender zur Verfügung.

Wer im Ernstfall ein Organ bekommen möchte, sollte umdenken und selbst auch als Organspender zur Verfügung stehen.

Wo erhalte ich einen kostenlosen Organspendeausweis?

n in vielen Arztpraxen und Apotheken n unter www.nopanicfororganic.de oder unter www.organspende-info.de (einfach online ausfüllen, speichern & gleich ausdrucken oder als Plastikkarte bestellen.)

Pro Organspende

No Panic for Organic Hansestr. 51, 48165 Münster, Tel. 0170-3313278

www.nopanicfororganic.de

Spendenkonto: Förderverein PRO ORGANSPENDE E.V., Deutsche Bank PGK, BLZ 400 700 24, Kto.-Nr. 2516003

This article is from: