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Essen gehen mit Kindern
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„Es geht auch ohne Fritteuse“.
Essen gehen mit Kindern
Wenn Familien essen gehen, sollten eigentlich alle auf ihre Kosten kommen, Groß wie Klein. Allzu oft aber findet man in den Kinderabteilungen der Speisekarten die immergleichen frittierten Standards – von Chicken Nuggets bis Pommes-Schnitzel. Warum eigentlich traut man den Kids nicht mehr zu? Das Team vom Großen Kiepenkerl geht schon länger einen anderen Weg. Jetzt wurde die Kinderspeisekarte des Restaurants durch eine hochkarätig besetzte Jury zur besten Deutschlands gewählt. Wir haben einmal nachgefragt bei Inhaberin Wilma von Westphalen, was ein Restaurant heute bieten muss, damit sich Eltern und Kinder wohlfühlen.
Oft werden Kinder ja immer noch mit Spaghetti Napoli, Pommes und Hähnchennuggets o.ä. abgespeist – mit Gerichten eben, die im Grunde zu viele Kohlenhydrate und zu viel minderwertiges Fett enthalten. Warum ist das so?
Wilma von Westphalen: Ich denke, dass möglicherweise viele Restaurants Kindern zu wenig zutrauen. Und natürlich sind viele Kids auch mit einem Fastfood-Burger, Pommes und einer Cola happy. Wir beobachten aber, dass gerade junge Familien, die zu uns kommen, sich sehr achtsam ernähren und auch bei ihren Kindern Wert darauf legen. Die möchten wissen, woher das stammt, was auf ihren Tellern landet. Und das kann ich voll und ganz verstehen. Auch wir möchten, dass Kinder eine Auswahl haben an leckeren und ausgewogenen Gerichten. Den Grundstein für unsere Kinderkarte haben wir bereits vor 10 Jahren gelegt. Natürlich wären Pommes und Chickenwings aus der Fritteuse einfacher anzufertigen. Bei dem Aufwand, den wir auch bei den Kindergerichten betreiben, müsste der Preis pro Gericht eigentlich höher sein. Darauf verzichten wir aber bewusst. Die kleinen Gäste sind uns das wert – und im Idealfall sind es ja auch die großen Gäste von morgen.
„Wir beobachten, dass die jungen Familien, die zu uns kommen, sich sehr bewusst ernähren und auch bei ihren Kindern Wert darauflegen.“
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Glückliche Gewinner! Der Parlamentarische Staatssekretär bei der Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Hans-Joachim Fuchtel (r.), übergibt im Beisein von DeHoGa-Westfalen-Geschäftsführerin Renate Dölling (li.) den Preis an Regina und Wilma von Westphalen.
Was muss ein Lokal darüber hinaus bieten, damit Kinder zufrieden sind und Eltern ihr Essen in Ruhe genießen können?
Wilma von Westphalen: Gerade Familien haben es in der Coronazeit nicht einfach gehabt. Da sollte ein gemeinsames Essen schon ein positives Highlight sein. Ich glaube, es ist wichtig, dass man sich wertgeschätzt fühlt als Gast, auch wenn man erst anderthalb ist. Unsere kleinen Gäste bekommen Buntstifte und Malsets, Wundertüten mit kleinen Büchern oder Spielen. Wir haben besonderes Geschirr, z.B. einen Glitzerbecher fürs Kindergetränk. Und wir lassen uns ab und zu kleine Aktionen einfallen, z.B. Schminken oder einen Zauberer an Karneval. Für die ganz Kleinen haben wir nachhaltige Einweg-Lätzchen und machen gerne auch das Fläschchen oder Gläschen warm. Und wer zu wenig Appetit für ein eigenes Gericht hat, bekommt einfach einen „Räuber Hotzenplotz“-Teller und darf bei Mama und Papa Beute machen.
Was macht ein gutes Kindergericht aus?
In erster Linie muss es lecker sein. Was nützen tolle Rezepte und Zutaten, wenn die Kinder es nicht mögen? Aber lecker bekommt man natürlich auch mit guten Zutaten, mit viel frischem Gemüse und ganz ohne Fritteuse hin. Die Grundzutaten unserer Kindergerichte sind die gleichen, qualitativ hochwertigen wie auch für die Erwachsenen. Wir achten auf eine gute Balance, darauf, dass der Gemüseanteil größer ist als der Fleischanteil und dass es auch fleisch- und fischlose Speisen gibt. Wir würzen anders und zurückhaltender. Zucker und Salz kommen – wenn überhaupt – nur sehr wenig ans Essen. Wir arbeiten da lieber mit frischen Kräutern. Und wir richten die Speisen natürlich so an, dass Kinder Spaß daran haben. Unsere Dinkelnudeln haben beispielsweise die Form von Zootieren. Und wenn der Salat aufgefuttert ist, lächelt ein süßer Löwe oder Dino dem kleinen Gast vom Tellerboden entgegen.
DEUTSCHLANDS BESTE KINDERSPEISEKARTE …
… gibt es im Großen Kiepenkerl. Das Gasthaus überzeugte die Jury insbesondere durch die Vielfalt der angebotenen Kindergerichte und die hohe Qualität der Zutaten – sowie durch den Verzicht auf Frittiertes. Auch das vegetarische Angebot, die verschiedenen Salate, das Gänge-Menü für Kinder und die äußere Aufmachung der ausmalbaren Speisekarte konnten punkten. Schirmherrin Julia Klöckner überreichte die Auszeichnung im November – coronabedingt – virtuell. Anlass für den Wettbewerb „Ausgezeichnet! Deutschlands beste Kinderspeisekarten“, den das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gemeinsam mit dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband veranstaltete, war eine Studie der Uni Heidelberg, die etwa 70 Prozent der in Restaurants angebotenen Kindergerichte aus ernährungswissenschaftlicher Sicht als ungesund einstufte.
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Wilma von Westphalen
Großer Kiepenkerl