Das komplette Online-Archiv: Plug-ins, Sounds, Video-Tutorials
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M U S I K E R - FA C H M A G A Z I N
DER JUSTICE SOUND De/constructed-Workshop mit Online-Video-Tutorial
Notebook für Musiker Frost ACM Snömachine Der Kreativ-Sequenzer Steinberg Sequel 3 Of Totality« : Making of »The Path RN KO h ia m re Je an th : Jona Knautschzone deselektor Studiostory mage Sounds aus der Da NI er rd co Beatprogramming: Mo Re ilob M itore Tascam DR-40 KRK RP 10 -3 Studiomon
Editorial Beim Start ins neue Jahr beschäftigen uns gleich vier musikalisch brandaktuelle Themen. So berichtet der Engineer Jim »Bud« Monti über die Produktion des neuen KORN-Albums. Höchst interessant, denn was die NuMetaller diesmal vorlegen, geht schon deutlich Richtung Dancefloor. Neben gewohnt fetten Gitarrensounds ist The Path Of Totality randvoll mit Noises, Synth- und Sequenzer-Sounds, die KORN sich von angesagten House- und Dubstep-Producern haben anliefern lassen, darunter Top-Acts wie Skrillex, Excision, Datsik, Noisia, Kill The Noise und 12th Planet. Ein Thema, an dem man momentan absolut nicht vorbeikommt: Justice! Der elektronisch-rockige Wall-of-Sound der Durchstarter tönt derzeit um die ganze Welt. Unheilig-Producer Henning Verlage zeigt uns im De/constructed-Workshop, wie man den Sound der beiden Franzosen mit dem eigenen Rechner zu Hause nachbauen kann. Wie gewohnt gibt's dazu ausführliche Online-Video-Tutorials und Projektdaten für Ableton Live und Steinberg Cubase 6 sowie Cubase Essential 4. Beat-Programming mit Modeselektor! Auch das neue Album entzieht sich mal wieder jeglicher Kategorisierungen − eine Mischung aus Bastard-Dancehall, Euro-Crunk und Acid-Rap nennt es unser Groove-Experte Matthias Fuchs, der sich von Gernot Bronsert und Sebastian Szary höchst persönlich hat zeigen lassen, wie die Jungs ihre fantastischen Beats bauen. Ganz andere Klänge wiederum schlägt der Singer/Songwriter Jonathan Jeremiah an, der mit A Solitary Man ein Debütalbum im Gepäck hat, das man so schnell nicht vergessen wird − S&R-Autor Hannes Bieger liefert den Blick hinter die Kulissen. Und noch ein Hinweis in eigener Sache: Den für diese angekündigten Vergleichstest der E-Gitarren-Silentboxen mussten wir aus technischen Gründen leider auf das Februarheft verschieben − trotzdem gibt es in dieser Ausgabe natürlich viele weitere Equipment-Tests.
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Wir wünschen viel Vergnügen beim Lesen der neuen Ausgabe.
Jörg Sunderkötter Chefredakteur SOUND & RECORDING
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INHALT
KORN Spätestens seit seinen Produktionen für die kalifornischen Neumetaller KORN genießt der Tontechniker und Produzent Jim »Bud« Monti einen exzellenten Ruf als kompetenter und kreativer Sideman. Mit dem aktuellen KORN-Album The Path Of Totality beschritt er Neuland bei der Legierung von KORNs Neumetall mit den Tracks der angesagten Dubstep-, Electro- und HouseActs wie Skrillex, Noisia und 12th Planet.
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LEWITT LTC240 Mit dem LCT 240 präsentiert der österreichisch-chinesische Newcomer Lewitt ein preisgünstiges Kondensatormikrofon fürs Heimstudio. Wir haben uns den kleinen Klotz näher angeschaut.
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KRK RP10−3 Dieser große Midfield-Monitor stammt aus der Rokit-Serie, welche unter den Studiomonitoren zu einem Synonym für gute professionelle Qualität zu äußerst günstigen Preisen geworden ist.
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ENDEAVOUR EVO Wer dachte, Masterkeyboard-Technik hätte ihren Zenit schon erreicht, darf sich jetzt vom noch jungen deutschen Unternehmen Endeavour eines Besseren belehren lassen. Das EVO stößt mit seinen berührungsempfindlichen Tasten die Tür in eine neue Dimension des Keyboardspiels auf.
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Inhalt 01.2012 MAGAZIN 3 8 14 97 98 98
Editorial News: Aktuelles aus dem Recording-Markt Preview: Endeavour EVO − Touchpad-Masterkeyboard Vorschau / Inserenten Kolumne »Fade OUT« Impressum
REPORT 16 Studiostory: Jonathan Jeremiah 20 Interview: Jim »Bud« Monti über die Produktion des neuen KORN-Albums
TESTBERICHTE
70 HITS ZUM NACHBAUEN
JUSTICE DE/CONSTRUCTED
Justice stehen in der Tradition französischer Electro- und House-Produktionen. Erste Erfolge feierten sie mit Remixen für internationale Stars wie Britney Spears, Justin Timberlake, N.E.R.D. oder Daft Punk, ehe sie 2007 mit der EP D.A.N.C.E. eigenes Material vorlegten, das sie direkt in die internationalen Hitlisten katapultierte. Unheilig-Produzent Henning Verlage zeigt, wie man den Justice-Sound im eigenen Rechner nachbauen kann. inkl. Video-Tutorial und Samples & Sequenzerprojekt online
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Tascam DR-40: Aufnahmegerät Frost ACM Snömachine: Audio-Notebook Miktek C7 & CV4: Studiomikrofone Steinberg Sequel 3: Audio/MIDI-Sequenzer Audio Impressions 70 DVZ Strings: Software-Instrument Native Instruments Damage: Software-Instrument Infotest: Korg Nano-Kontrol 2: Controller Lewitt LTC240: Studiomikrofon Infotest: ION Audio Profile LP: USB-Plattenspieler Zoom Q3HD: Handy Video Recorder Softube Summit Audio TLA_100A: Opto-Kompressor-Emulation Sounds & Samples: Frische Sounds für die Musikproduktion KRK RP 10-3: Midfield-Studiomonitore
PRAXIS 70 74 76 80
Hits zum Nachbauen: Justice de/constructed Sounds like ... Ozzy Osbourne: E-Gitarrensounds mit NI GuitarRig Beat-Programming: Bastard-Dancehall mit Modeselektor How to pimp my Übungsraum: Moses Schneiders Recording-Tricks 82 Sequenzer- & Studio-Tipps: Kniffe, die die Welt verbessern 86 projekt:studio: Pegelkontrolle − Ballistik
KULT 88 90 92 94
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Soundpioniere: Max Vernon Mathews Freaks@Home: Sound-Enthusiasten und ihre Studios Love The Machines: Moog Prodigy (*1979) Vintage FX: Dynacord DRS 78 (*1978)
BEAT-PROGRAMMING MIT MODESELECTOR Bastard-Dancehall, Euro-Crunk, Acid-Rap – Modeselektors Werk entzieht sich immer wieder engen Schubladen und Kategorisierungen. Auf drei gefeierten Alben, unzähligen EPs und Remixen haben Gernot Bronsert und Sebastian Szary bewiesen, wie dicht packendes Songwriting und überdrehter Partysound beieinander liegen können.
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SOUND & RECORDING ONLINE
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INHALT MAGAZIN 5
Neu auf MusikMachen.de Ihr wollt fachkundige Equipment-Tests nicht nur auf Papier lesen? Und Workshops »zum Anschauen« wären auch eine feine Sache? Dann surft doch mal auf www.MusikMachen.de vorbei. Auf der SOUND&RECORDING-Partnerseite gibt es neben aktuellen RecordingNews auch täglich neue Videotests und -workshops anzuschauen, diesen Monat neu wären:
MAGAZIN
AUTOR: MARKUS THIEL
NEWS & STORIES
Tascam DR−100MKII High-End-Recorder in Neuauflage
Bleeding Cowboys AA-F & AA-M Zwei findige kleine Pedale aus dem Hause Bleeding Cowboys machen es ab sofort möglich, die Gitarre direkt − ohne Amp oder sonstige Hilfsmittel (!) − analog ins Mischpult oder die P.A. einzuspeisen. Die im Frequenzgang kompensierten D.I.-Boxen hören auf die Namen AA-F und AA-M und sollen einen vernünftigen Amp-alike-Sound erzeugen.
Franz Plasa im Videointerview Bekannt wurde er, als er in den 80ern mit Felix de Luxe in einem Taxi nach Paris fuhr. Produzent Franz Plasa, heute Besitzer der Hamburger Home Studios, erzählt im Interview von seinen ersten Chart-Erfolgen, die Zusammenarbeit mit Bands wie Echt und Selig sowie natürlich auch von Plug-ins, großen Mischpulte und (kaputten) Effektgeräten. Außerdem lassen wir uns von Franz seine große Amp- und Boxen-Sammlung vorführen, für die er berühmt ist.
8 MAGAZIN NEWS & STORIES
Tascam veröffentlicht eine überarbeitete Mark-II-Version des mobilen High-EndDigitalrecorders DR−100. Genau wie Sein Vorgänger bietet der DR−100MKII neben 24Bit-Auflösung und einer maximalen Abtastrate von 96 kHz vier eingebaute Mikrofone (2 x Niere, 2 x Kugel) plus zwei verriegelbare XLR-Eingänge zum Anschluss weiterer Schallwandler. Zu den Neuerungen zählt, dass der ebenfalls vorhandene LineEingang nun genau wie seine Phantompower-gestützten XLR-Kollegen symmetrisch ausgeführt ist. Im Zuge dessen wurde auch die Pegeltoleranz anliegender Signale auf
Audioease Altiverb 7 Die neuste Version des Reverb-Plug-ins für Mac bringt neben einem neuen »bebilderten« Preset-Browser auch einen zusätzlichen synthetischen Hallgenerator auf Algorithmus-Basis mit. Mit letzterer Erweiterung lassen sich nun noch außergewöhnlichere Effekte erzielen, welche über die Möglichkeiten eines rein impulsgenerierten Faltungshalls weit hinaus gehen. Zusätzlich ist die Verwaltung der Impulssignale in der Library auch direkt aus dem Programm heraus möglich. Auch die TDM-Struktur sowie die all-
komfortable +24 dBu angehoben. Zudem wurde ein Digital-Eingang ergänzt und viele weitere Optimierungen vorgenommen. Besonders für Sprach- und Umgebungsaufnahmen sowie für Konzertmitschnitte dürfte die mobile Recording-Lösung mit Vollausstattung prädestiniert sein. Der DR−100MKII von Tascam dürfte in Kürze zu einem anvisierten Preis von 390,− Euro (UvP) über den Fachhandel erhältlich sein. www.tascam.de
gemeine Bedienung wurden in der aktuellen Version erheblich vereinfacht. Das nun in 64Bit-Fassung vorliegende Plug-in ist mit allen Intel-Macs und den darauf laufenden VST und AU nutzenden DAW-Lösungen kompatibel. Wer Altiverb im Zeitraum von Anfang 2010 bis zum heutigen Tag erworben hat, erhält Altiverb 7 als kostenfreies Upgrade. Altiverb−6-User, die nicht von der zweijährigen Grace Period profitieren, erhalten die aktuelle Version zum Preis von 159,− Euro. Mehr zu Altiverb 7 unter www.audioease.com/altiverb
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Lemur Multitouch-Controller für iOS Mit Lemur landet einer der innovativsten Multitouch-Controller der letzten Jahre auf iPhone, iPod Touch und iPad. Die App wurde auf Basis der schon im Jahr 2004 von Liine veröffentlichten Hardwareversion kreiert und enthält alle Vorzüge des Originals, gepaart mit den Performancestärken der mobilen iOS-Devices. Über die enorm flexible Controller-App lassen sich unterschiedlichste DAW- und DJ-Systeme sowie Software-Instrumente mit einer Vielzahl außergewöhnlicher Steuerungselemente und Objekte beeinflussen. Von organisch reagierenden dynamischen Fadern bis hin zu »springenden Bällen« bietet Lemur eine beeindruckende Vielfalt an gestalterischen Möglichkeiten. Und das nicht nur im Studio, sondern auch auf der Bühne. Mit 39,99 Euro ist es dazu mehr als 1.960 Euro günstiger als das Original. www.liine.net
Delay-Multi-FX Plug-in REFLEX Pro für PC REFLEX Pro ist ein Plug-in für Delay-MultiEffekte und beherbergt vier Delay-Wege sowie weitere Effekte und Modulationsquellen, u. a. einen Frequenz-»Shifter«, mit dem
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Vienna Instruments PRO 2 Großes Vienna Symphonic Library-Update Mit Vienna Instruments PRO 2 veröffentlicht die Vienna Symphonic Library ein leistungsstarkes Update ihrer speziell auf die Vienna Instruments Collections zugeschnittene Sample-Player-Software. Zu den neuen Funktionen zählen ein neuer APP-Sequencer, Auto Humanization sowie hüllkurven-selektives Timestretching. Viele Parameter der virtuellen Musiker aus den Bereichen Timing und Intonation, polyfones Legato, Timestretching und Tuning Scales sollen sich nun noch besser bestimmen und manipulieren lassen. Der neue Vienna Instruments PRO 2Player wird nun mit einem integrierten AutoPlayback und Pattern-Sequencer geliefert,
»Bode«-Delay und andere spezielle Modulationseffekte erzeugt werden können, außerdem unendliche Hallräume, Verzerrer und Synthesizer-ähnliche Klangteppiche. Die Kombination von vordefinierten Signalwegen und intuitivem GUI soll für schnelle und kreative Ergebnisse sorgen. Das Plug-in
mit dessen Hilfe sich rhythmische Patterns, Arpeggios und Läufe synchron zum Hosttempo realisieren lassen. Neben vielen Verbesserungen im Artikulationsverhalten unterstütze Vienna Instruments PRO 2 nun auch die Performance von Solid-State-Drives: Durch die Möglichkeit zur Reduktion der Größe des Sample-Pufferspeichers kann ab sofort die zehnfache Menge Samples in den RAM geladen werden − und das laut Hersteller nun zehnmal schneller als bisher. Für Bestandskunden von Vienna Instruments PRO ist das Update kostenfrei. Neukunden erhalten Vienna Instruments PRO 2 für 145 Euro. Neben dem empfohlenen Download kann optional gegen Aufpreis auch die Lieferung auf einem USB-Datenträger gewählt werden. www.vsl.co.at
läuft auf PCs mit Windows 2000, XP oder neuer. REFLEX Pro ist zwar bereits das zweite VST-Plug-in aus der Feder von Stefan Weyel, es erblickt aber trotzdem als »großer Bruder« des kostenlosen »REFLEXfree« das Licht der Welt. Auch die Pro-Version kann zum Ausprobieren als kostenloses Demo gedownloadet werden. Bei Gefallen gibt's eine Freischalt-Lizenz für 49,− Euro. Alle Infos unter www.stw-audio.com
NEWS & STORIES MAGAZIN 9
NEWS & STORIES MAGAZIN 9
Blick hinter die Kulissen RØDE Online-Werksführung Wer den Mikrofonspezialisten von Røde schon immer einmal bei der Produktion über die Schulter gucken wollte, hat über die Website therodedifference.com jetzt Gele-
genheit dazu. In einem 17-minütigen Film präsentiert kein Geringerer als Firmengründer und Røde-Chef Peter Freedman höchstpersönlich Details zu Produktion, Design und Qualitätskontrolle der australischen Mikrofonmanufaktur. Alles Weitere unter www.therodedifference.com
Interface-Pakete für AmpliTube IK Multimedia StealthPlug CS und StealthPedal CS
Korg Updates Monotribe und iKaossilator in Version 2 Dem Analogzwerg Monotribe mit seiner hitverdächtigen Mischung aus Synthesizer, Drum-Machine und Sequenzer spendiert das Systemupdate neben einer nun auf 16 Schritte erweiterten Synthesizer-Spur der SequencingEinheit sowie der Möglichkeit einer Lautstärke-Automation per RibbonController mit Sample&Hold auch noch eine neue Wellenform-Option für den integrierten LFO. Ebenfalls neu ist die Option, ab sofort mehrere Monotribes miteinander zu synchronisieren. Das Update, welches kostenfrei über die Korg-Website zum Download bereit steht, wird im Übrigen stilecht in Form eines Audiofiles über den Sync-Input aufgespielt.
Feiyr expandiert Italienische Künstler und Labels profitieren ab sofort auch vom Know-how des Online-Musikvertriebs Feiyr. Seit Anfang Dezember ist das Komplettangebot des Unternehmens (Dance All Day Musikvertrieb) rund um den internetbasierten Verkauf von Musik nun auch über eine Filialvertretung und eine entsprechende
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Mit Fertigstellen der 2.0er-Version seiner erfolgreichen iOS-Software iKaossilator geht der Hersteller Korg auf zahlreiche Kundenwünsche ein. Der intuitive Synthesizer mit Touchscreengesteuertem XY-Pad verfügt ab sofort über eine Audio-Exportfunktion sowie SoundCloud-Anbindung. Gleichzeitig lässt sich die Software nun auch endlich in nativer Auflösung (zoomfrei!) auf dem iPad betreiben. Per »AudioCopy« lassen sich kreierte Audio-Loops jetzt auch mit anderen Apps austauschen. Über die ebenfalls neu hinzugekommene Funktion »Flex-Play« ist ab sofort auch die Fill-in und BreakProgrammierung keine große Herausforderung mehr. iKaossilator ist über den iTunes-Store zum Preis von 15,99 Euro zu haben. www.korg.de
Onlinepräsenz auf dem italienischen Markt erhältlich. Vom süditalienischen Taranto aus betreut Roberto Mannarini sowohl den Support als auch den Labelmanagement-Bereich. Italien ist aber nur der Anfang. Ab 2012 sollen weitere Vertretungen in Ländern wie Spanien, Frankreich und Russland ihre Pforten öffnen und den Betrieb aufnehmen. www.feiyr.com
Beide Produkte sind perfekt auf die mitgelieferte virtuelle Gitarren-Amp- und Effektsimulations-Software AmpliTube Custom Shop abgestimmt. StealthPlug CS ist eine ultra-portable USB-Interfacelösung, mit der sich eine Gitarre mit minimalem Aufwand direkt mit dem eigenen (Mobil-)Rechner verbinden lässt. Neben einer 6,3 mm großen Monoklinkenbuchse und USBAnschluss besitzt der mit ca. 2,7 Meter Kabel versehene Adapter ebenfalls einen Stereo-Miniklinkenanschluss, über den man wahlweise ein Kopfhörer oder einen externen Gitarrenverstärker anschließen kann. Zusätzlich wird jeder StealthPlug CS mit einem Gutschein über 50 »Custom Shop Gear Credits« zum Einkauf zusätzlicher »Amp-Modelle« und »Pedale« ausgeliefert. Über das StealthPedal CS lassen sich bequem sämtliche Software-Buttons nach zuvoriger Auswahl auf dem Bildschirm als MIDI-Control direkt mit dem Fuß steuern. Darüber hinaus verfügt das Gerät über sogenannte »Smart Jacks«, die in der Lage sind, die Art des angeschlossenen Instruments zu erkennen. Auf diese Weise arbeitet es nicht nur perfekt mit Gitarre und Bass, sondern auch mit Keyboards und anderen Instrumenten zusammen. Neben zwei symmetrischen In- und Outputs bietet das Gerät ebenfalls einen Kopfhöreranschluss sowie einen Eingang für ein optionales Expression-Pedal. Dank der neben AmpliTube ebenfalls mitgelieferten »MIDI Control App« lässt sich das StealthPedal CS auch mit anderen MIDI-fähigen Applikationen verwenden. Dazu kommen 100 »Custom Shop Gear Credits« zur freien Verfügung. StealthPlug CS ist ab sofort zum Preis von 74,99 Euro; das StealthPedal zum Preis von 174,99 Euro zu haben. www.ikmultimedia.com
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Fachbuch Studiotechnik »Getting Pro« Der 520 Seiten starke Ratgeber im praktischen Taschenbuchformat richtet sich vor allem an semi-professionelle Studiobetreiber und Homerecorder, die ein wenig tiefer in die Materie einsteigen wollen. Auf unterhaltsame und vor allem informative Weise vermittelt der Autor sowohl Grundlagen als auch fort-
geschrittene Techniken auf dem Weg zur eigenen Produktion. Ein wirklich umfassendes und gut strukturiertes Buch, das angefangen beim richtigen Studio-Setup über die korrekte Mikrofonierung bis hin zum Mastering-Prozess nahezu keine Facette des Studioalltags auslässt. Zum Preis von 39,90 Euro ist Getting Pro eine klare Empfehlung − besonders, aber nicht nur für Einsteiger! www.epubli.de
RME Snow Edition Auch wenn der Schnee hierzulande größtenteils noch auf sich warten lässt, kommt zumindest bei RME schon echte Winterstimmung auf. Mit der »Snow Edition« bietet der deutsche Audiohardwarespezialist eine auf 1.500 Stück weltweit limitierte schneeweiße Variante seines mobilen »Babyface« Audiointerfaces an. Das − abgesehen von der Farbe − mit der Standardausführung identische Gerät kommt komplett mit einer exklusiven weißen Transporttasche und einem
ebenfalls weißen USB- und Audio/MIDIBreakout-Kabelsatz. Mit 10 möglichen Ein- und 12 Ausgängen, zwei digital kontrollierbaren hochwertigen Mikrofonvorverstärkern und einer im DSP-Mixer integrierten 46-Bit-Effekteinheit bietet das RME Babyface nicht nur ein optisches, sondern auch funktionell stilsicheres Auftreten. Das ultrakompakte und mobile Desktop-Audiointerface ist ab sofort zum Preis von 599 Euro über den gut sortierten Fachhandel erhältlich. www.rme-audio.de
VIDEOWETTBEWERB ZUR MUSIKMESSE 2012 Unter dem Motto »Session Music macht dich sichtbar« startet der Musikalienhandel Session Music in Kooperation mit seinem Partner Energy Net einen deutschlandweiten Aufruf und sucht den Videostar der Musikmesse 2012. Bands und Einzelmusiker aller Stilrichtungen können ihr kreativstes, schrägstes oder lustigstes Musikvideo hochladen und neben Ruhm und Ehre auch Apple iPhones, iPads und iPods sowie Session-Gutscheine im Gesamtwert von über 3.500 Euro gewinnen. Außerdem gewinnt jedes veröffentlichte Video einen Gutschein für die Musik-
12 MAGAZIN NEWS & STORIES
messe 2012, auf der tausende Besucher das Video sehen können. Die Musiker werden außerdem von Session Music promotet. Auch wer für sein Lieblingsvideos auf www.session.de votet, kann lukrative Festivaltickets und Eintrittskarten für die Musikmesse 2012 in Frankfurt gewinnen. Eine Anleitung zum Hochladen der Videos sowie weitere Informationen zum Wettbewerb unter www.session.de
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PREVIEW
ENDEAVOUR EVO Touchpad-Masterkeyboard
Wer dachte, die Tastaturentwicklung hätte mit der Errungenschaft des dynamisch-polyfonen Aftertouch ihren Zenit schon erreicht, darf sich jetzt von dem noch jungen deutschen Unternehmen Endeavour eines Besseren belehren lassen. Das Masterkeyboard EVO stößt mit seinen berührungsEVO series one Hersteller/Vertrieb Endeavour GmbH UvP 2.800,− Euro r www.endeavour.de
+++ innovatives Konzept +++ Handhabung
empfindlichen Tasten die Tür in eine neue Dimension des Keyboardspiels auf.
rEVOlution Endeavour EVO series one Touchpad-Masterkeyboard TEXT: MARKUS THIEL, FOTOS: DIETER STORK, ARCHIV
+++ Verarbeitung +++ Preis/Leistungs-Verhältnis −−− derzeit Mac only! 14 PREVIEW ENDEAVOUR EVO
Für ein Masterkeyboard, das gemeinhin der Kontrolle über die eigenen Soft- und Hardwareklangerzeuger gewidmet ist, mutet der 49-tastige EVO in seinem edlen und schlichten Aluminiumgehäuse erst einmal ungewohnt »nackt« an. Die eigentliche Stärke des
EVO versteckt sich aber in Form von berührungsempfindlichen Touch-Oberflächen in den schwarzen und weißen Tasten selbst − eine Spezialentwicklung der Endeavour GmbH. Jede einzelne Tastenoberfläche ist dabei in einen inaktiven sowie einen aktiven
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01 Polyfones Spiel und gleichzeitige Parametersteuerung: Dank feinster Auflösung (es sind nicht weniger als 500 Scan-Vorgänge pro Sekunde) kann der Pad-Bereich (rosa) selbst Bewegungen im Bereich von 0,1 mm exakt erfassen und interpretieren. 02 Puristisch und anwenderorientiert: die Steuersoftware COMM. Neben Anpassungen des dynamischen Tastenanschlags mittels grafisch modulierbarer Velocity-Kurven lässt sich auch das Verhalten der Touchpad-Oberflächen näher bestimmen. Dabei ist es beispielsweise möglich, aus den PAD-Typen »Relative« und »Absolute« zu wählen, einen Schwellenwert für die Fingerbewegung sowie spezielle untere und obere Werte für den Regelbereich zu definieren.
Bereich unterteilt. Gleitet der Finger aus dem »neutralen« Spielbereich an der Tastenspitze in den aktiven Pad-Bereich, ermitteln die dort untergebrachten kapazitiven Sensoren die Fingerposition. Das System arbeitet sehr feinfühlig und mit hoher Präzision. Ebenso wird die Anschlagdynamik durch ein fein auflösendes, optisches Lichtschrankensystem erfasst. Zur Verarbeitung des so entstehenden Datenvolumens bei schnellem Zehnfingerspiel können hier schon einmal locker 1 MB pro Sekunde anfallen, daher ist das EVO unter der Haube mit neun modernen HochleistungsCPUs ausgestattet. Das gute alte MIDI-Protokoll wäre damit überfordert. Die Datenkommunikation erledigt daher ein schneller Ethernet-Anschluss inklusive Unterstützung des als Open Source erhältlichen OSC(Open Sound Control)-Protokolls. Das Zentrum zur Steuerung sämtlicher kommunikativer Prozesse bildet die speziell für die Zusammenarbeit zwischen EVO und Mac entwickelte Software COMM − eine PCVersion der Software ist bereits in Arbeit. Hier lässt sich sehr detailliert festlegen, welche Parameter wie gesteuert werden sollen − ein sehr ausgeklügeltes System, dessen musikalisch oder soundtechnisch sinvolle Anwendung man schnell duchschaut.
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Dabei ist es beispielsweise möglich, aus den PAD-Typen »Relative« und »Absolute« zu wählen, einen Schwellenwert für die Fingerbewegung sowie spezielle untere und obere Werte für den Regelbereich zu definieren. Die im Vergleich zu anderen Keyboards um knappe 2 cm verlängerten Tasten des EVO sorgen zunächst erst einmal nicht nur optisch, sondern auch haptisch für ein wenig Verwirrung. Diese weicht jedoch spätestens dann, wenn man sich mit der Bedienung der aktiven Touchpad-Bereiche angefreundet hat. Ebenfalls ein bisschen gewöhnungsbedürftig ist die wenig Widerstand bietende, weiche Tastenfederung des uns vorliegenden Prototypen. Auf Nachfrage wurde uns allerdings mitgeteilt, dass das Serienmodell mittlerweile standardmäßig mit schwereren Federn für einen härteren Anschlag ausgeliefert wird. Die leichte Variante verbleibt jedoch als Option. Sei es das gitarrentypische »Ziehen« eines einzelnen Tons innerhalb eines »stehenden« Voicings oder polyfone Filterfahrten: Mit der berührungsempfindlichen Tastenoberfläche im Ribbon-Controller-Stil ist das Spielen das reinste Vergnügen. Anders als bei der Effektkontrolle per Wheel oder Aftertouch benötigt man beim EVO angenehmerweise
zum Erreichen eines Modulationseffekts weder zusätzlichen Druck noch ist es nötig, eine Hand von der Tastatur zu nehmen − ein wirklich bahnbrechender Pluspunkt!
RESÜMEE Beim EVO spürt man an allen Ecken, dass es den Entwicklern hier nicht einfach nur darum ging, ein Master-Keyboard mit revolutionärer Tastenoberfläche zu entwickeln. »Wir wollten ein perfektes Gerät, das den Kunden nicht einfach nur an Funktionen bindet«, berichtet uns Simon Kemper von Endeavour, »sondern ihm einen Horizont von Möglichkeiten eröffnet. Nach zwei Jahren Entwicklung haben wir diesen Stand erreicht, und wir sind sehr stolz auf unser Meisterwerk.« Mit seinem Anschaffungspreis von 2.800,− Euro ist das Gerät gewiss kein Schnäppchen, aber aufgrund des innovativen Konzepts und der wirklich hervorragenden Verarbeitung meiner Meinung nach jeden Cent wert. Auch wenn das EVO »series one« von Endeavour die Tastatur nicht grundlegend neu erfindet − eine kleine Revolution ist es schon! I
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Report
JONATHAN JEREMIAH »A Soitary Man«
Report 16 Jonathan Jeremiah »A Soitary Man«
22 Korn Die Produktion des neuen Albums
16 REPORT JONATHAN JEREMIAH
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Es gibt Künstler, die für sich in Anspruch nehmen, einen modernen Klassiker geschaffen zu haben, selbst dann, wenn die Produktion gar nicht so toll ist. Bei Jonathan Jeremiah ist dies genau anders herum: Mit viel Understatement hat er ein Debütalbum im Gepäck, das man tatsächlich nicht so schnell vergessen wird.
Die Magie der Legenden Jonathan Jeremiah − Albumproduktion im Fish-Factory-Studio TEXT: HANNES BIEGER, FOTOS: UNIVERSAL
Mehr als sieben Jahre lang feilte der gebürtige Londoner an seinem Debüt: Ein Kraftakt, den man den Songs nicht anhören kann. Aufgewachsen mit der Musik von Scott Walker, Cat Stevens und Serge Gainsbourg aus der väterlichen Plattensammlung, wurde der musikalische Rahmen für Jonathan Jeremiah schon früh abgesteckt. So wuchs in dem Singer/Songwriter die Überzeugung, sich bei der Produktion an klassischen Idealen orientieren zu müssen und keineswegs produktionstechnische Kompromisse eingehen zu dürfen. Der Zufall führte Jeremiah schließlich in die »Fish Factory«, ein Analogstudio in Dollis Hill, einer rauen Gegend im Norden Londons. Fortan half er, dessen technisches Setup zu verfeinern, um seine klanglichen Visionen umsetzen zu können: »Mir war wichtig, dass ich das Album im Alleingang produziere. Wenn ich mit einem anderen Produzenten arbeite und ihm sage, dass ich ein 24-köpfiges Orchester mitsamt Flügelhorn brauche, dann bekomme ich als Antwort darauf eher zu hören, dass man das ja auch mit einem Keyboard hinbekommt. Die Leute können sich oftmals einfach nicht vorstellen, was für Ideen man hat, deswegen ist es
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am besten, die Dinge selbst in Angriff zu nehmen.« Gesagt, getan, und herausgekommen ist dabei ein Album, das zwar stets Jeremiahs von der Akustikgitarre begleiteten Bariton in die Mitte stellt, aber ein großer Orchester-Kino drum herum baut. Referenzen wie Nick Drake oder Cat Stevens liegen sehr nahe, aber ganz so beschaulich bleibt die Platte
A SOLITARY MAN Das Debütalbum von Jonathan Jeremiah ist im August 2011 bei Island/Universal erschienen.
r www.jonathanjeremiah.com
JONATHAN JEREMIAH REPORT 17
Kronleuchter, Holzboden und viele Instrumente − klassische Tonstudio-Atmosphäre im Aufnahmreraum
dann doch nicht: Nicht nur bei der SingleAuskopplung Heart of Stone treibt ein Puls die Musik voran, der direkt einer Otis-ReddingAufnahme entsprungen sein könnte. Doch von alleine fügte sich ein derartig beeindruckendes Album nicht zusammen. Jonathan Jeremiah machte unter anderem Nachtschichten beim Sicherheitsdienst des Londoner Wembley-Stadiums, um die OrchesterSessions finanzieren zu können: »Eine Nachtschicht, und ich konnte mir wieder einen Geiger leisten. Die nächste Nacht war dann der Kontrabassist abbezahlt ...« Du scheinst es ernst zu meinen, wenn du die Produktion auf diese Weise finanziert hast ... Die ganze Sache hat einen lustigen Hintergrund. Für die Produktion wollte ich eine Bandmaschine kaufen, und ich habe dann über eine Kleinanzeige diesen Typen ausfindig gemacht, der mir eine Studer 16-Spur verkauft hat. Ich bin mit drei Freunden hin, um das Ding abzuholen, nur um festzustellen, dass es bei mir zu Hause nicht durch die Tür passte. Also habe ich ihm die Maschine zurückgebracht und gesagt, dass ich das Album in seinem Studio aufnehmen möchte − und genau so kam es dann. Natürlich wurde die
18 REPORT JONATHAN JEREMIAH
ICH MAG ES, WENN MAN SICH AUF DIE OHREN VERLASSEN MUSS. ganze Sache dann etwas teurer, als ich ursprünglich geplant hatte. Das Studio scheint ein toller Ort zu sein. Im Internet kann man aber kaum Informationen finden. Antonio, der das Studio betreibt, ist ein sehr privater Mensch. Er verrät nicht einmal seinen Nachnamen, und er lebt auch dort im Studio. Wahrscheinlich hat seine Frau ihn rausgeworfen, weil er zu viele Fairchilds gekauft hat. Das läuft doch immer so. Wird mir wahrscheinlich auch irgendwann passieren ... Er hatte eine alte Neve-Konsole, als ich vor acht Jahren anfing, dort zu arbeiten, und seitdem hat sich dort technisch eine Menge getan. Ich kann mich noch daran erinnern, dass wir die Schalter des Pultes teilweise mit Zahnstochern fixieren mussten − das war alles etwas chaotisch. Wir haben das Studio dann praktisch zusammen aufgebaut. Wenn Antonio nicht in Italien ist, schläft er im Studio. Und wenn ich dort arbeite, übernachte ich
dort auch bisweilen. Ich mag die Idee eines richtigen »Home«-Studios. Wir hatten beide nicht viel Geld, sind aber immer wieder über gutes Equipment gestolpert. Immer, wenn Antonio aus Italien wiederkam, hatte er ein paar neue schöne Neumänner im Gepäck! Du hast die Platte also aus finanziellen Gründen selbst produziert, aber auch, weil du die künstlerische Kontrolle haben wolltest? Ich war besessen davon herauszufinden, wo die Magie bei all den Klassikern kommt. Natürlich liegt das an den Künstlern selbst und auch daran, dass die ganze Kette vom Arrangeur bis hin zum Engineer hochkarätig besetzt ist. Ich wollte aber auch noch etwas anderes erforschen: Solche Produktionen haben immer sehr viele Leute zusammengebracht. Heute sitzen die Leute alle alleine am Computer. Das ist auf jeden Fall eine Methode, die okay ist, aber für mich hat es sich einfach nicht richtig angefühlt. Ich habe vor zehn Jahren im
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TOE RAG gearbeitet. Kurze Zeit später kamen die White Stripes, und danach haben all die Major-Labels das Studio ausgebucht, und ich habe mir die Fish Factory gesucht. Aber diesen Vintage-Vibe wollte ich beibehalten. Du hast das ganze Album auf die 16-SpurStuder aufgenommen? Ohne Digitaltechnik? Ja, mit Ausnahme von Heart of Stone, das ich zusammen mit BERNARD BUTLER produziert habe. Aber auch das Stück ist auf einer NeveKonsole gemischt worden. Es klingt auf jeden Fall anders als der Rest des Albums. Besonders die charaktervolle Kompression fällt auf, beispielsweise beim Piano. Wir haben den ganzen Song an einem einzigen Tag geschrieben und auch aufgenommen. Die meisten Spuren sind also First Takes, und wir haben die Klänge auch bereits bei der Aufnahme bearbeitet. Bernard liebt es, den Sounds Farben zu verleihen. Dieser aggressive Attack auf dem Piano kommt von einem LA−2A, der gut gefordert wurde. Typisch für deine Produktion ist der Kontrast zwischen den Mono-Vocals und der Mono-Gitarre und den superbreiten Streichern. Das mag ich ziemlich gerne! Bei vielen Songs haben wir alle zusammen gleichzeitig eingespielt, und ich mag die Idee, in dieser Klanglawine von den Violinen auf der linken Seite über die Violas und Bässe bis hin zu den Celli auf den rechten Seite das kleine Individuum zu sein. Eine große Inspiration für mich ist Nick Drake, und der hat durchaus mit sehr breit gepannten Gitarren gearbeitet. Aber ich mag es, in der Mitte dieser Wall of Sound zu stecken. Das Klangbild auf der Platte repräsentiert auch ziemlich genau, wie es im Aufnahmeraum geklungen hat. Stichwort Raum: Auch der Einsatz von Hall auf der Platte ist sehr von den 60ern inspiriert. Was spielt da neben dem Klang des Aufnahmeraums selbst noch eine Rolle? Wir haben die Orchesterparts sehr früh aufgenommen, noch bevor wir den Holzfußboden verlegt haben, den du auf den Fotos sehen kannst. Davor hatten wir einfach einen Betonboden, und der Hall war einfach unglaublich. Es hat also viel damit zu tun, dass wir es mit Akustikmaßnahmen im Aufnahmeraum nicht übertrieben haben. Das ist interessant! Es hat schon diesen typischen Hallkammersound, und deren Oberflächen bestanden ja auch meist aus Zement. Tatsächlich sind wir jetzt gerade dabei, in einem zusätzlichen Raum eine Hallkammer einzurichten. Aber damals hatten wir solch
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einen Luxus noch nicht − dafür aber eine Hallplatte, eine EMT 140. Ich habe manchmal Tage damit verbracht, sie einzustellen. Es scheint nicht das zuverlässigste Teil zu sein − die Settings zeigen das eine, aber meine Ohren sagen mir was völlig anderes. Es ist eine colorful experience, in dem Studio zu arbeiten. Gute alte Analogtechnik, ... ... nichts funktioniert! Ernsthaft: Ich mag es durchaus, wenn man den Werten an den Reglern nicht glauben darf und sich auf die Ohren verlassen muss. Was gibt es zur Mischung zu sagen? Die hat Craig Potter übernommen, der Keyboarder und Produzent der Band Elbow. Die erste Version hatte ich selbst auf 1/2"-Tape gemischt, aber das hat vom Arbeitsprozess her nicht gut funktioniert, da die Plattenfirma bei den Mixen auch noch Input liefern wollte. Also habe ich da ein Stück losgelassen und Craig den Job machen lassen. Er hat ein In-The-BoxSetup, aber ergänzt durch sehr gutes Outboard. Da ich bei den Aufnahmen so in die technische Seite involviert war, fand ich es auch ganz gut, dass sich jemand mit frischen Ohren da noch mal dransetzt. Idealerweise lässt der Regisseur im Schneideraum ja auch erst mal den Cutter alleine machen, bevor er dann wiederkommt, um das Ergebnis zu besprechen. Der Abstand war schon gut. Glücklicherweise wurde beim Mastering nicht mit der Lautheit übertrieben. Dafür ist Tim Young bei Metropolis verantwortlich, ein tolles Mastering-Studio. Wir haben dieselben Referenzpunkte, deswegen hat die Zusammenarbeit wunderbar funktioniert. Das Album auf »moderne« Weise zu crushen wäre großer Quatsch gewesen. I
GLOSSAR TOE RAG Das Toe Rag (siehe S&R 5.2008) zählt zu den radikalsten VintageStudios der Welt. Mastermind Liam Watson arbeitet ohne Internet und Computer, dafür aber mit einer REDD.17-Röhrenkonsole der EMI. Das dort produzierte vierte Album der White Stripes, Elephant, machte das Studio weltweit bekannt. BERNARD BUTLER Der britische Produzent wurde bekannt für seine Arbeit mit Suede. Zu seinen Kollaborationen zählen Trick, The Libertines, Heather Nova und Mark Owen − geschätzt wird besonders seine Arbeit für die Sängerin Duffy.
Orchestersession für A Solitary Man
JONATHAN JEREMIAH REPORT 19
Report
KORN: THE PATH OF TOTALITY Interview mit Jim »Bud« Monti
20 REPORT JIM »BUD« MONTI
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Auf vielen Alben steht sein Name im Kleingedruckten. Doch spätestens seit seinen Produktionen für die kalifornischen Neumetaller Korn genießt der Tontechniker und Produzent aus Connecticut einen exzellenten Ruf als kompetenter und kreativer Sideman. Mit dem aktuellen Korn-Album The Path Of Totality beschritt der zweifache Familienvater diesmal Neuland, bei der Legierung von Korns Neumetall mit den Tracks der angesagten Dubstep-, Electro- und House-Acts wie Skrillex, Noisia und 12th Planet.
Das Gesamtbild verstehen Engineer Jim Monti berichtet über die KORN-Produktion TEXT. STEFAN WOLDACH, FOTOS: SEBASTIAN PAQUET, ARCHIV
Jim, eine Crossover-Produktion wie diese hast du bestimmt noch nicht erlebt, oder? Nein, das war total neu für Korn und für mich. Wir begannen vor genau einem Jahr, dieses Projekt zu planen, und probierten mit Skrillex (aka Sonny Moore) einen Track namens Get Up. Ich muss dazu sagen, dass das Projekt ursprünglich als EP geplant war. Aber der Song war so unglaublich cool, dass alle heiß waren, mehr zu probieren. Also begannen wir, weitere Producer zu kontaktieren. Unter anderem das Drum'n'BassTrio Noisia, die Dubstepper Downlink oder die Crew von 12th Planet. Erklärst du uns das Konzept des Albums? Korn wollten den Fans einen neuen Weg eröffnen, einen Sound und Stil, den sie nicht unbedingt erwarteten. Jonathan war anfangs völlig begeistert von Dubstep und Electro und meinte, er spüre die gleiche Aufregung wie damals, als er das erste Korn-Album an den Start brachte − dieses Gefühl, etwas Neues, Unerwartetes, Aufregendes zu schaffen. Das Konzept lautete also, diese Begeisterung zu kanalisie-
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ren und den Korn-Sound mit dem Sound dieser Acts zu mixen. Gitarrist James »Munky« Shaffer meinte, die Band war extrem gespannt, was die Jungs für Tracks mitbringen würden. Auf der anderen Seite war die Spannung groß, was Korn dazu spielen würden. Nach den ersten Mixen meinte Munky: »Everybody was freakin‹ out!« Genau, im positiven Sinne, natürlich! Diese Typen sind es bei ihren Produktionen nicht gewohnt, mit Gitarren oder Schlagzeug zu arbeiten. Das war total neu für sie. Im Grunde war es ein großes Experiment für alle. Zunächst haben wir die Tracks analysiert, die sie mitbrachten. Dann begann als erster Munky, Gitarren-Riffs dafür zu suchen. Als Nächstes ging diese Version weiter zu Jonathan, der wiederum schaute, welche Parts sich als Strophe, welche sich als Refrain eignen würden. Dann begann er, Gesangsmelodien zu probieren. So nahmen wir neue Mixe auf und schickten sie an die Producer zurück. Als sie hörten, was Korn daraus gemacht hatten, waren sie extrem überrascht und zufrieden mit dem Resultat.
JIM »BUD« MONTI REPORT 21
KORN-Gitarrist James »Munky« Shaffer
Der Engineer von The Path Of Totality: Jim »Bud« Monti
22 REPORT JIM »BUD« MONTI
Es war zu lesen, Korn hätten erstmals in kleinen Arbeitsgruppen gejammt. Wie müssen wir uns das vorstellen, wie verlief die Produktion mit den Producern, die bei euch im Studio waren? Skrillex zum Beispiel brachte verschiedene Tracks mit, die wir diskutierten. Das war schon mal ein guter Start. Er arbeitet mit Ableton Live und schickte mir seine Files rüber, die ich dann in mein Pro-Tools-HD3Rig lud. Einer der ersten Songs, war wie erwähnt Get Up, für das Jonathan fast simultan Vocals ausarbeitete. Als dann das Grundgerüst als Basic-Mix mit Gitarre und Vocals stand, kam Fieldy (aka Reginald Arvizu) ins Spiel und spielte seinen Bass ein. Erst am Ende kam dann Ray dazu, was ja ziemlich unüblich ist, da wir normalerweise eine Produktion immer mit dem Schlagzeug starten. Doch diese Tracks hatten ja bereits Computer-Beats. Wie habt ihr Rays Drums dazu arrangiert? Die Producer hatten natürlich ihre eigenen Ideen, was Sounds und Beats betrifft, das macht ja schließlich einen gehörigen Teil ihres Stils und Sounds aus. Wir haben wirklich sehr lange nachgedacht, wie wir Ray da integrieren − sein Spiel, seinen natürlichen Drum-Sound und wie das im Mix gesetzt werden sollte. Und? Ray hat zunächst alle Songs gelernt, hat dann dazu gespielt und eigene Parts ausgearbeitet. Er hat jedoch weniger neue Beats gespielt, sondern eher Hi-Hat-Figuren und Cymbal-Effekte. Fills, die viel zu kompliziert wären, um sie zu programmieren! Am Ende haben wir dann im Mix entschieden, wie hoch der Anteil an akustischen Drums sein sollte, um eine gute Balance zu erzielen. Wie hast du die Gitarren abgenommen? Wie lautet dein Soundrezept für Munky? Mein Job ist es, Munky den fettesten, gewaltigsten und gigantischsten Gitarren-Sound der Welt zu verpassen. Und von da sehen wir weiter! (lacht) Diesmal ging es weniger darum, abgefahrene Sounds zu finden, weil auf den Tracks schon einige abgefahrene Sounds abgehen − das wäre dann zu viel gewesen. Also beschränkten wir uns auf eine paar fette Crunch-Sounds und ein paar Leads für sein Melodiespiel in den höheren Lagen. Das geschah mit einem alten Marshall Plexi und einem Diezel VH−4 plus Cabinets. Über die spielte Munky hauptsächlich seine Ibanez 7- und 8-String. Wie schaffst du es, dass sich Munky und Fieldy frequenzmäßig nicht ins Gehege kommen?
Das ist eine meiner größten Herausforderungen, denen ich mich bei Korn immer wieder stellen muss. Korn sind eine brutale LowEnd-Maschine! Es geht darum, viel in den tiefen Frequenzen zu experimentieren. Fieldys Bass-Spiel ist wirklich extrem tief, Sub-Low, sozusagen, mitunter im Bereich von 30 Hz! Aber dann slappt er zwischendurch oder spielt mit einem regelrecht klickenden Attack, da ist er dann voll in Munkys Tief-Mitten. Diese Jungs zu arrangieren ist immer wieder ein kompliziertes Puzzle. Das Frequenzspektrum einer KornProduktion besitzt eine beeindruckende Breite. Ihr nutzt wirklich ... ... allen Raum, der uns zur Verfügung steht? Ja! Besonders bei dieser Produktion! Allein die Dubstepper sind ja bekannt dafür, sehr komplex und großflächig zu produzieren und gerade im Bassbereich das Low-End sehr extrem auszuleuchten. Munkys Gitarre und Fieldys Bass in diesen Produktionen »lebendig« unterzubringen, so, dass sie gut zu hören sind, nichts matscht und mulmt, war nicht leicht. Beim Top-End hatten wir weniger Schwierigkeiten, da gab‹s noch 'ne Menge Platz. (lacht) Nehmen wir Songs wie Chaos Lives in Everything (feat.Skrillex) oder Kill Mercy Within (Feat. Noisia) − die sind produktionstechnisch sehr komplex. Wie viele Spuren hattest du im Schnitt zu verwalten? Oh Mann − eine Menge! Glücklicherweise haben mir einige der Jungs ihre Tracks als Stereomix runtergezogen, oftmals hatten wir vier oder acht Stereospuren. Dazu kamen dann zumeist 12 bis 15 Gitarrenspuren, ebenso viele für den Bass, dazu Gesang und Ray. Ich denke, am Ende hatte ich pro Songs im Schnitt 90 bis100 Spuren. Auffällig ist, dass das The Path Of Totality am Ende sehr homogen klingt und ein konstantes High-Energy-Level transportiert. Das Album war ein Lernprozess für uns alle, auch für mich. Ich bekam Tonmaterial aus aller Welt, von den unterschiedlichsten Künstlern aus den unterschiedlichsten Studios. Und ich habe selbst Jonathans Gesang mit einem portablen Studio während der Tour aufgenommen, überall auf dieser Welt. Dass es am Ende nach einem Album klingt, bedeutet wohl, dass wir einen guten Job gemacht haben. Zum Glück konnte ich wenigstens Gitarren und Bässe im Korn-Studio in Bakersfield aufnehmen. Das war immerhin eine Konstante. Die Band wertet das vor allem als deinen Verdienst. Aber wie hast du es denn nun erreicht?
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Mann, ich weiß es echt nicht. Gute Frage. Ich denke du schaffst das nur, indem du gewissenhaft arbeitest, gut hinzuhören vermagst und dir bewusst machst, was ein Track mitbringt und was ihm fehlt. Wenn mir etwas Gravierendes auffiel, bat ich denjenigen, seinen Take nochmal einzuspielen und rüberzuschicken, etwa wenn Low-End fehlte oder etwas anderes. Aufmerksam zuhören ist der erste Schritt, das zu erreichen. Korn haben inzwischen mit Skrillex live performt. Macht es dich stolz, wenn der Moshpit vor der Bühne tobt? Sicher! Ich bin extrem stolz und erleichtert. Denn als wir begannen, wussten wir nicht, wie die Fans das aufnehmen würden. Wir arbeiteten ein Jahr lang in unserer abgeschotteten Blase und waren total gespannt, als wir sie platzen ließen! Mit welchen Komponenten, welchen Kompressoren und Preamps hast du gearbeitet? Ich bin ein Fan von Pro-Tools-Rigs, die Dubstep-Guys arbeiteten mit Ableton Live oder Logic Studio. Womit immer sie gearbeitet hatten, sie schickten mir Files, die ich importiert und konvertiert habe, um dann die ana-
DIESE JUNGS ZU ARRANGIEREN IST EIN KOMPLIZIERTES PUZZLE. logen Parts des Albums zu mixen, also Gitarren Bass, Gesang und Schlagzeug. Im KornStudio habe ich dafür zwei Mischpulte: ein SSL 6064 und eine Vintage Neve 8014, beide stehen im selben Raum. Für die Aufnahmen habe ich zumeist das Neve verwendet mit seinen 1073 Preamps und EQs. Als Kompressoren kamen die 1176LNs und LA2As von Universal Audio zum Einsatz. Jonathans Signalkette ist: zwei Mikrofone, ein Telefunken ELAM 251 oder ein Sankan CU44X, beide über einen Tube-Tech MP-1AMikrofonvorverstärker. Korns Pro-Tools-Rig ist ein HD−3 mit einem Antelope Audio Trinity-System über Lavry Blue-4496-Converter, die klingen wirklich transparent und großartig.
Jeder Produzent hat eine eigene Handschrift, steht für bestimmte Sounds, denk nur an T-Bone Burnett, Daniel Lanois, Rick Rubin oder Butch Vig. Was glaubst du, sagt man dir nach? Oh, das ist fies! (lacht) Lass mich nachdenken ... es soll einfach fett und sauber klingen! Mir geht es nur um den Künstler und seinen Song. Ich versuche, ganz im Hintergrund zu bleiben und helfe ihm dabei, sich auszudrücken. Wenn zum Beispiel ein Take gut klingt, liegt es an mir, mich daran zu erinnern, um alles schnell dafür abrufbereit zu haben. Es geht mir darum, dass die Band einfach mit dem Herzen dabei sein und die Technik vernachlässigen kann. I
TESTBERICHTE
TASCAM DR-40
Aufnahmegerät
Mobile Aufnahmegeräte sind in aller Regel entweder für Außenaufnahmen optimiert oder für Songdemos zu Hause. Der Tascam DR-40 macht den Eindruck, er könne beides gleich gut.
Tascam Tausendsassa Tascam DR-40 Aufnahmegerät TEXT, FOTOS & MESSUNGEN: DR. ANDREAS HAU
Schon beim Auspacken macht der Tascam DR-40 auf sich aufmerksam. Zunächst einmal ist er mit 155 x 70 x 35 mm deutlich größer als die meisten Fieldrecorder jüngeren Datums, und das hat auch einen offensichtlichen Grund: Auf der hinteren Flanke befinden sich richtige XLR-Mikrofoneingänge, sogar mit Phantomspeisung − so etwas haben wir zuletzt beim Zoom H4n gesehen, und das ist schon ein ganzes Weilchen her (s. S&R 6.2009). Klar, die meisten Anwender begnügen sich mit den eingebauten Mikros, die meist ja auch gar nicht so schlecht sind. Dennoch wünschen sich viele Nutzer mit höheren Ansprüchen Anschlussmöglichkeiten für »richtige« Profi-Mikros. Aber wo wir schon von den eingebauten Mikros reden − auch da gibt es ein interessantes Feature: Die Mikrofonkapseln sind beweglich; sie können nach innen und nach außen geschwenkt werden für eine natürliche oder eine etwas verbreiterte Stereobasis (s. Bild 01 u. 02). Variables Kerlchen!
GENAUER BETRACHTET Das matte Kunststoffgehäuse macht einen recht robusten Eindruck; die empfindlichen Mikrofonkapseln werden bei Stürzen durch metallene »Überrollbügel« geschützt − zumindest wenn die Mikros nach innen geklappt sind. Auf der Oberseite befindet sich ein grafikfähiges LC-Display mit Hintergrundbeleuchtung. Durch die Menüs hangelt man sich mit einem Tastenkreuz, das wie beim in S&R 7.2011 getesteten Einsteigermodell DR−05 durch vier leicht versenkte Tasten in den Zwischenräumen erweitert ist. U. a. gibt's hier einen Quick-Button, über den sich im jeweiligen Kontext sinnvolle Funktionen direkt ansteuern lassen. Insgesamt ein gelungenes Bedienkonzept, zumal die wichtigsten Laufwerksfunktionen Stop, Play und Record über dedizierte Buttons zu erreichen sind.
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Die Mikrofonkapseln des DR-40 sind beweglich; sie können nach innen und nach außen geschwenkt werden, für eine natürliche oder eine etwas verbreiterte Stereobasis.
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01 Eingeklappt ergeben die Nierenmikrofonkapseln eine (annähernde) XY-Stereoanordnung. 02 Klappt man die Mikros nach außen, verbreitert sich das Stereobild. Clever: Der DR-40 bietet sofort an, die Stereokanäle zu vertauschen.
03 Der Tascam DR-40 verfügt über Combobuchsen mit »richtigen« XLR-Mikrofoneingängen und symmetrischen Line-Inputs.
04 Der Line/Mic-Umschalter kann bei Bedarf eine 48-Volt-Phantomspeisung aktivieren. Der Aufnahmepegel wird über zwei Tipptaster eingestellt.
05 Eine Kabel-Fernbedienung ist als optionales Zubehör erhältlich.
Und dann sind da noch drei geheimnisvolle Knöpfe: »Track Input1/2 solo« und »3/4 solo« sowie »Rec Mode«. Nanu, sollte etwa ...? Jawohl, der Tascam DR-40 kann vierkanalig aufzeichnen! Und zwar in verschiedenen Modi: Im 4-CH-Modus lassen sich mit internen und externen Mikros Surround-Aufnahmen machen oder auch Mischpult (Line) und Saal-Ambience gleichzeitig aufzeichnen. Im Overdub-Modus kann man zu einer bestehenden Aufnahme eine weitere einspielen (mono oder stereo, aber nur ein Overdub, keine vier Monospuren nacheinander). Und dann gibt es noch einen Dual-Modus. Dabei werden zwei Stereoaufnahmen von derselben Quelle erstellt, wobei die zweite Aufnahme aber mit verringertem Pegel aufgezeichnet wird. Per Default beträgt die Pegeldifferenz 6 dB, sie lässt sich aber bei Bedarf noch ver-
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größern. Sinnvoll ist der Dual-Modus immer dann, wenn es zu unvorhersehbaren Pegelspitzen kommen kann, etwa bei Außenaufnahmen. Sollte die erste Aufnahme aufgrund von Clipping unbrauchbar werden, hat man die pegelreduzierte zweite Aufnahme als Backup. Super Idee, die dem gestressten Reporter so manches Mal den Allerwertesten retten könnte. An der unteren Gehäuseflanke befindet sich zwischen den Mikrofoneingängen eine Anschlussmöglichkeit für eine optionale Kabelfernbedienung. Auf der linken Gehäuseflanke liegen der obligatorische Kopfhörerausgang und ein Schieber, der den externen Eingang von Line auf Mikrofon umschaltet sowie ggf. die Phantomspeisung aktiviert. Auch eine Tastensperre (Hold) hat der Hersteller nicht vergessen. Der Eingangspegel
wird über zwei Tipptaster gesteuert, die ergonomisch korrekt unter Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand zu liegen kommen. Die Unterseite ist unspektakulär: Ein (metallenes) Fotostativgewinde und Löcher für den internen Kontrolllautsprecher, der standardmäßig übrigens abgeschaltet ist. Mit Strom versorgt wird der DR-40 über drei AA-Batterien (aka Mignonzelle). Alterna-
DOWNLOADS
www
Der Tascam DR-40 im Vergleich zum Zoom H2n an der zwölfsaitigen Gitarre r www.sound-and-recording.de
TASCAM DR-40 TESTBERICHTE 27
tiv kann der DR-40 auch über USB-gespeist werden bzw. über ein optionales USB-Netzteil. Auch ein externes Batteriepack mit sechs AA-Zellen wird von Tascam angeboten, um im Außeneinsatz die Laufzeit zu verlängern. Aufgezeichnet wird, wie üblich, auf SD- bzw. SDHC-Karten im Standardformat mit bis zu 32 GB Kapazität. Eine 2-GB-SD-Karte liegt bei.
FAKTEN, FAKTEN FAKTEN
DR-40 Hersteller/Vertrieb Tascam UvP/Straßenpreis 269,− Euro / ca. 230,− Euro r www.tascam.de
+++ Vierkanal-, Dual- u. OverdubModi
+++ schwenkbare Mikrofone +++ XLR-Mikrofoneingänge mit Phantomspreisung
++ gute Wandler, symmetrischer Line-in
−−− kein Windschutz im Lieferumfang
28 TESTBERICHTE TASCAM DR-40
Eines der wichtigsten Kriterien beim Kauf eines Fieldrecorders ist die Qualität der internen Mikrofone. Die im Tascam DR-40 verbauten Elektret-Kondensatorkapseln arbeiten mit Nierencharakteristik. Unsere praxisnahen Messungen in einem gewöhnlichen Aufnahmeraum bei 33 cm Abstand zeigen eine On-Axis-Response mit etwas zurückgenommenen Bässen und einer breitbandigen Höhenanhebung um 10 kHz. So ähnlich schauen auch die Mikros vieler anderer Fieldrecorder aus, denn mit Bassreduktion und Höhenanhebung versuchen die Hersteller dem typischen Bassmulm und der fehlenden Brillanz in Wohnstuben zu begegnen (s. Bild 06). Anders als viele andere mobile Aufnahmegeräte, verfügt der DR-40 über symmetrische (!) Line-Eingänge im großen Klinkenformat. Erfreulicherweise sind diese auch etwas pegelfester als die vieler Konkurrenten (max. +20 dBu) und taugen damit für Livemitschnitte vom Mischpult. In diesem Zusammenhang interessiert natürlich die Qualität der AD-Wandler besonders. Mit einer Gesamtdynamik von 95,3 dB erreicht der Tascam DR-40 zwar auch bei 24-Bit-Aufzeichnung eigentlich nur 16-Bit-Niveau, dennoch ist der Wert für einen günstigen Mobilrecorder sehr gut. Das gilt auch für den Klirrfaktor, der mit 0,002% mit Mittelklasse-Audiointerfaces konkurrieren kann − alle Achtung! Der Frequenzgang bleibt bei 44,1 kHz Abtastrate über den gesamten Hörbereich linear. Bei der maximalen Samplingrate von 96 kHz ist der Roll-off in den obersten Frequenzen weicher gestaltet; der −3-dB-Punkt liegt bei über 40 kHz. Für ein so kleines und günstiges Gerät ist die Wandlerqualität wirklich ausgezeichnet. Für Außenaufnahmen wichtig ist natürlich die Batterielaufzeit, die Tascam im Manual detailliert auflistet. Für unseren Standardtest einer MP3Daueraufnahme mit NiMH-Akkus gibt der Hersteller 15 Stunden an − wir sind in unseren eigenen Tests über neuneinhalb Stunden nicht hinaus gekommen. Das ist zwar kein Spitzenwert, aber zwei Stunden mehr als sein direkter Konkurrent, der Zoom H4n, erreicht (siehe Vergleichstabelle in S&R 8.2010). Natürlich verringert sich die Batterielaufzeit, wenn externe Kondensatormikros vom DR-40 gespeist werden. Überaus beachtlich: Die Phantomspeisung erfüllt mit 47,2 Volt und einem maximalen Strom von 13,4 mA tatsächlich die P48-Spezifikation (48 Volt 4V, 10 mA maximale Stromentnahme).
PRAXIS Die schwenkbaren Mikrofonkapseln verhelfen dem Tascam DR-40 in der Tat zu einem variablen Stereobild. Nach innen gewinkelt, ergibt die (näherungsweise) XY-ANORDNUNG ein realistisches Stereopanorama mit guter Ortung und präziser Phantommitte. In vielen Fällen bevorzugt man aber einen etwas intensivierten, »verbreiterten« Klangeindruck, beispielsweise für Atmos, wo die präzise Ortung weniger wichtig ist als ein Gefühl von räumlicher Ausdehnung. Und genau das wird vermittelt, wenn die Kapseln nach außen gerichtet werden. Eigentlich ist dies keine etablierte Stereo-Anordnung nach Lehrbuch − mit etwas Wohlwollen könnte man von einer »untergroßen« ORTF-ANORDNUNG reden, denn der Kapselabstand beträgt nur acht statt 17 cm. Aber weil die Intensitätsstereofonie nun durch Laufzeitunterschiede angereichert wird, entsteht ein sehr lebhaftes Stereopanorama. Leider hat der Hersteller vergessen, einen Windschutz beizulegen, der schon bei einem lauen Lüftchen für saubere Außenaufnahmen obligatorisch ist. Ich habe mir mit dem Schaumstoff-Windschutz eines Großmembran-Mikrofons beholfen.
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Ein Blick auf die Off-Axis-Response (45 Grad) lohnt sich, weil die Kapseln in beiden Stereoanordnungen, die die Schwenkmechanik ermöglicht, frontale Schallquellen etwas außerhalb der Mikrofonachse erfassen. Überraschenderweise verstärkt sich die Höhenanhebung noch ein wenig, während der Bass durch einen reduzierten Nahbesprechungseffekt weiter zurückgenommen wird. In den wichtigen mittleren Frequenzen ist die Off-Axis-Response aber nahezu deckungsgleich mit dem Frequenzgang auf Achse − das lässt ein stabiles Stereobild erwarten.
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06 Die internen Mikrofone zeigen eine deutliche Höhenanhebung und einen etwas reduzierten Bassbereich. Außerhalb der Mikrofonachse verstärkten sich diese Eigenschaften noch etwas. 07 Mit der üblichen Abtastrate von 44,1 kHz bleibt Frequenzgang bis 20 kHz schnurgerade. 08 Keine Mogelpackung: Bei der maximalen Abtastrate von 96 kHz liegt der −3-dB-Punkt bei über 40 kHz. 09 Der Klirrfaktor von 0,002% ist für einen Mobilrecorder ausgezeichnet, das Klirrspektrum sieht sehr gut aus, nur K2 ragt knapp über −100 dBFS.
Der Klang der Mikrofone ist brillant, könnte aber in den unteren Frequenzen etwas mehr Fundament vertragen. Im Vergleich mit dem Zoom H2n (s. S&R 11.2011) wirken die Höhen etwas stärker angehoben und die Bässe etwas flacher. Insgesamt ergibt sich aber ein stimmiges Klangbild. Auch das Rauschverhalten der internen Mikros überzeugt; dass unser Referenzgerät, der Zoom H2n, noch etwas rauschärmer ist, fällt nur bei kritischem Vergleichshören auf. Bei der Verwendung von externen Mikrofonen darf man natürlich nicht die Audioleistungen eines Studio-Preamps erwarten. Werden einfache dynamische Mikros wie ein Shure SM58 hochverstärkt, ist ein gewisses Grundrauschen unvermeidlich. Für besonders hochwertige Aufnahmen empfehlen sich daher Kondensatormikros, die aufgrund ihres höheren Ausgangspegels weniger Verstärkung benötigen. Reporter wird freuen, dass der Tascam DR-40 in nur fünf Sekunden bootet und aufnahmebereit wird. Neben den inzwischen üblichen Funktionen wie Pegelautomatik, Limiter, Pre-Record und Auto-Record, lässt sich für die externen Mikrofoneingänge bei Bedarf
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sogar ein M/S-Decoder aktivieren. Gleichzeitig punktet der DR-40 mit zahlreichen Zusatzfunktionen, die vor allem für Musiker interessant sind. U. a. gibt's einen chromatischen Tuner, Vari-Speed ohne Tonhöhenbeeinflussung und ein recht gut klingendes Hallgerät. Im Overdub-Modus gibt es sogar ein kleines Vierkanal-Mischpult, über das sich die Lautstärke, der Effektpegel und die Panoramaposition je Kanal einstellen lassen. Zwar sind die Effekt- und Multitracking-Fähigkeiten nicht ganz so umfassend wie die des Zoom H4n, doch für konzentriertes Songwriting ist es ja vielleicht gar nicht so schlecht, wenn man sich nicht in tausend Möglichkeiten verzetteln kann.
FAZIT Der Tascam DR-40 ist ein Fieldrecorder für alle Fälle. Mit seiner umfassenden Ausstattung unterstützt er Musiker beim Songschreiben und Arrangieren ebenso wie Reporter beim Einfangen von Atmos und O-Tönen. Mit seinen guten AD-Wandlern und recht pegelfesten, sogar symmetrischen Line-Eingängen und Vierkanalfähigkeiten ist er außerdem ein heißer Tipp für Livemitschnitte, wobei der
DR-40 Pultsignal und Publikum simultan aufzeichnen kann. Ein wirklich vielseitiges Gerät, das noch dazu überraschend preisgünstig ist. Wer mit dem etwas größeren Formfaktor leben kann, sollte den Tascam DR-40 unbedingt in die engere Wahl ziehen. I
GLOSSAR XY-ANORDNUNG nennt man eine StereoMikrofonaufstellung unter Verwendung zweier gegeneinander verwinkelter Richtmikrofone (meist Nieren). Beide Kapseln befinden sich unmittelbar übereinander; die Stereoinformation entsteht durch Pegeldifferenzen (Intensitätsstereofonie). Die ORTF-ANORDNUNG ist eine vom französischen Rundfunk Office de Radiodiffusion Télévision Français (ORTF) experimentell entwickelte Stereo-Anordnung, bei der zwei Nierenkapseln exakt 17 cm voneinander entfernt sind und einen Achsenwinkel von ±55 = 110 Grad aufweisen.
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TESTBERICHTE
FROST ACM SNÖMACHINE
Audio-Notebook
Wer wünscht sich nicht einen mobil einsetzbaren Audiorechner? Doch in der Recording-Praxis können viele Notebooks von der Stange nicht überzeugen. Rettung naht aus dem hohen Norden: die Snömachine vom schwedischen Audio-PC-Spezialisten Frost.
Schneemobil Frost ACM Snömachine Audio-Notebook AUTOR: DR. ANDREAS HAU
Frost Audio Computing Machines (ACM) baut und konfiguriert seit über zehn Jahren WindowsPCs speziell für Audioanwendungen. Nun drängen die Schweden auch auf den deutschen Markt, wofür in Berlin derzeit ein Stützpunkt aufgebaut wird. Neben den üblichen
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Desktop-PCs bietet Frost auch spezielle Notebooks für Audioanwendungen an − sozusagen die Königsdisziplin, denn die Energiespartechnik und der beengte Aufbau machen es nicht eben einfach, performante und luxuriös ausgestattete Systeme zu konfigurieren.
AUSSTATTUNG Die Frost Snömachine gibt sich nach außen bescheiden. Das schwarze Gehäuse besteht aus Kunststoff und beherbergt ein 15,6"Display (1.600 x 900 Pixel) mit sehr gutem Kontrast dank LED-Backlight, aber leider
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spiegelnd. Mit 2,6 kg und einer Grundfläche von 374 x 248 mm ist die Snömachine sehr transportabel. Die Gerätedicke steigt keilförmig von 25 auf 38 mm an. Die Tastatur mit Standardmaßen hat ein (nicht abgesetztes) Ziffernfeld, welches ja für die bequeme Steuerung von Audio/MIDI-Sequenzern äußerst hilfreich ist. Im Innern werkelt ein mit 2,2 GHz getakteter Intel Core i7−2720-Quadcore-Mobilprozessor der neusten Sandy-Bridge-Generation. Standardmäßig ist der Arbeitsspeicher mit 8 GB ausgebaut; als Betriebssystem wurde Windows 7 Home Premium in der 64-BitVersion gewählt, das der Hersteller u. a. mit einem »Frost Performance«-Modus ausstattet, der für Audioanwendungen optimiert ist. Eines der technischen Highlights ist die Bestückung mit einem Solid State Drive (SSD) anstelle einer rotierenden Festplatte, was nicht nur Energie spart, sondern auch für extrem kurze Zugriffszeiten und hohen Datendurchsatz sorgt. Die standardmäßig verbaute SSD ist mit 240 GB groß genug für System und Audiodaten, sofern man regelmäßig nicht mehr akut benötigte Songdateien extern auslagert. Als optisches Laufwerk ist ein DVD-RW-Brenner eingebaut. Als Besonderheit verfügt die Frost Snömachine über zwei Grafik-Engines, nämlich eine Chipsatz-Grafik von Intel mit Shared Memory und eine Nvidia GeForce 520M-
Grafiklösung mit 1 GB eigenem Speicher. Standardmäßig ist Letztere aktiviert, da sie mehr Performance verspricht; die Chipsatzgrafik erweist sich als nützlich zum Energiesparen bei »niederen« Tätigkeiten wie Büro oder Internet. Über Rechtsklick auf das jeweilige Anwendungs-Icon lässt sich die Zuordnung der Grafikengine nutzerseitig festlegen. Wie jedes aktuelle Notebook verfügt die Snömachine über WLAN. Als Schutz vor Schadsoftware sind die Microsoft Security Essentials vorgesehen und die Windows Firewall sowie Windows Update aktiviert. An Anschlüssen verfügt das Frost-Notebook neben einem Gigabit-LAN und einem SD/ SDHC-Speicherkarten-Slot über HDMI und VGA für externe Bildschirme sowie drei USBPorts, und zwar 2 x USB 3.0 und 1 x USB 2.0. Frost rät, Audiointerfaces an den einzigen USB 2.0 Port anzuschließen. Externe Festplatten lassen sich außer über USB (hier wäre 3.0 zu bevorzugen) auch über einen eSATAAnschluss einbinden. Gedanken hat sich der Hersteller auch beim Netzteil gemacht: Es ist besonders abgeschirmt und kommt ohne Erdungskontakt aus. Mit gewöhnlichen Mobilrechnern kommt es ja häufig zu extrem nervigen Nebengeräuschen: Im Akkubetrieb ist alles okay, aber sobald das Laptop mit dem Netz verbunden wird, stellen sich grässliche »digital« knarzende Geräusche ein, die jeden Spaß an der
Snömachine Hersteller/Vertrieb Frost ACM Schweden Preis 1.618,− Euro inkl. 25% schwedische MwSt. u. Versand (1.295,− Euro ohne MwSt.) r www.frostacm.com
+++ hohe Performance +++ leise
+++ erdkontaktfreies Netzteil +++ schnelle SSD −−− spiegelndes Display
Testbedingungen: Notebook vs. Desktop Da in ein Notebook ja keine PCIbzw. PCIe-Soundkarten eingebaut werden können, wurden die Tests mit einem USB-Audiointerface, dem Focusrite 2i2, durchgeführt. Eine 1:1-Vergleichbarkeit der Werte ist aufgrund der unterschiedlichen Interfaces nicht ganz gegeben, da die PCI/PCIe-Interfaces in den Desktop-Systemen durch ihre direktere Systemanbindung grundsätzlich performanter agieren als USB-Interfaces. Um die vom Audiointerface verursachte Systemlast dennoch anzugleichen, wurde das Focusrite USB-Interface mit etwas weiteren Puffereinstellungen betrieben als die für die Desktop-Rechner verwendeten PCIInterfaces. Niedrige Latenzeinstellung heißt im Falle des Focusrite 2i2: 7,3 ms und 10,3 ms Ein/Ausgangslatenz (also noch zum Einspielen von Softsynths geeignet), hohe Latenz heißt 21,4 ms bzw. 31,4 ms Ein-/Ausgangslatenz, ein Setting, das man fürs Mischen wählen würde, wo es auf unmittelbare Response nicht ankommt.
Frost Snömachine Notebook
Digital AudionetworX Core i5 Sandy Bridge ** (Leihrechner für Pro Tools HD Native-Test 5.2011)
Steller-Online SO-APC3 High End i7*** (s. S&R 1.2011)
S&R Vergleichsrechner ***
Digital AudionetworX Extreme Core i7 *** (s. S&R 11.2010)
Prozessor/Takt
Intel Core i7-2720 4 x 2,20 GHz
Intel Core i5-2500 4 x 3,3 GHz
Intel Core i7 950 4 x 3,07 GHz
Intel Q6600 4 x 2,4 GHz
Intel Core i7 X980 6 x 4,0 GHz
Cinebench R10
18.464
20.116
19.135
9.921 (Win XP 32Bit: 8444)
31.909
Cinebench R11.5
5,14
5,46
5,61
2,72 (Win XP 32Bit: 2,60)
10,19
Christian Knufinke SIR 2, Preset »Recording Studio True Stereo« (Faltungshall, sehr CPU- und speicherintensiv)
niedrige Latenz:48 hohe Latenz: 67
niedrige Latenz: 48 hohe Latenz: 119
niedrige Latenz: 65 hohe Latenz: 159
niedrige Latenz: 17 hohe Latenz: 33
niedrige Latenz: 77 hohe Latenz: 147
Reflect2.01 (via JBridge) niedrige Latenz: 42 hohe Latenz: 56
Reflect2.01 (via JBridge) niedrige Latenz: 46 hohe Latenz: 62
Reflect2.01 (via JBridge) niedrige Latenz: 23 hohe Latenz: 33
Reflect2.01 (via JBridge) niedrige Latenz: 75 hohe Latenz: 113
niedrige Latenz: 104 hohe Latenz: 110
niedrige Latenz: 61 hohe Latenz:69
niedrige Latenz:112 hohe Latenz: 159****
VirSyn Reflect (Preset »Big Bright Room«) (algorithmischer Hall mit Early Reflections via Faltung, sehr CPUintensiv, mittlerer RAM-Bedarf) Steinberg Roomworks (algorithmischer Hall, acht verschiedene Presets, testet vor allem CPU-Leistung)
Neu: Reflect 2.5 64 Bit nativ: niedrige Latenz: 60 hohe Latenz: 77
Neu: Reflect 2.5 64 Bit nativ: niedrige Latenz: 67 hohe Latenz: 87
niedrige Latenz: 70 hohe Latenz: 83
niedrige Latenz: 100 hohe Latenz: 129
* Getestet unter Windows 7 Home Premium, 64 Bit, mit Cubase 6.05 64 Bit ** Getestet jeweils unter Windows 7 Professional, 64 Bit, mit Cubase 6.0.0 64 Bit *** Getestet jeweils unter Windows 7 Professional, 64 Bit, mit Cubase 5.51 64 Bit **** Der Rechner ist mit 159 Instanzen nicht voll ausgelastet, aber das Aufrufen einer weiteren Instanz führte zum Absturz.
32 RUBRIK ARTIKELBEZEICHNUNG
SOUND & RECORDING 01/12
Musik verleiden. Das erdkontaktlose FrostNetzteil sorgt dafür, dass derartige Störgeräusche auch im Netzbetrieb ausbleiben.
PERFORMANCE Das Frost-Notebook bleibt im laufenden Betrieb bis etwa 60% Auslastung sehr leise. Erst wenn die CPU heftig ins Schwitzen gerät, drehen die Lüfter soweit hoch, dass ihr Rauschen deutlich hörbar wird. Der Akku hält bei einer Rechenlast von 50 bis 60% etwa 90 Minuten durch. In der Praxis wird man oft eine längere Laufzeit herausholen können, denn der Core-i7-Prozessor verfügt schon über mächtig Muskelmasse. Wie der Praxistest zeigt, entsprechen 50 bis 60% CPU-Leistung der Snömachine in etwa einem (etwas älteren) Q6600 Quadcore-System unter Volllast. Der Cinebench-Wert von 5,14 liegt nur wenig unter dem eines aktuellen DesktopSystems der Mittelklasse − für einen Mobilrechner sehr beachtlich. Aber synthetische Benchmarks stellen die Audio-Performance natürlich nur ungenau dar, weshalb wir mit rechenintensiven Hall-Plug-ins praxisnah nachgemessen haben (siehe Tabelle).
Auffallend ist, dass die Snömachine auch bei hoher und höchster Auslastung sehr gutmütig reagiert und erst unmittelbar vor der Auslastungsgrenze, wenn das Cubase CPUMeter schon längst Alarm schlägt, Knackser hörbar werden. Die Performance-Werte im niedrigen Latenzmodus sind durch die Bank sehr gut. 48 Instanzen des Faltungshall-Plug-ins SIR 2 sind schon mehr als respektabel − und weit mehr, als man jemals bräuchte. Die Instanzenzahlen bei hoher Latenz sind nicht ganz so beeindruckend, was einerseits auf die doch etwas höhere Grundlast des USB-Interfaces zurückzuführen ist und andererseits auf die Speicherperformance. Letztere ist bei Mobilsystemen typischerweise etwas niedriger als bei Desktop-PCs. Unterm Strich ist die Rechenperformance aber auch anspruchsvolleren Aufgaben gewachsen.
FAZIT Das Frost Snömachine Notebook ist ein bestens auf Audioanwendungen abgestimmtes Notebook mit sehr guten PerformanceWerten, die nur wenig hinter denen eines
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Desktop-Systems zurückbleiben. Highlights sind die schnelle SSD, die vor allem das Laden von Sample-Libraries enorm beschleunigt, daneben aber auch die Boot-Zeit auf knapp 20 Sekunden verkürzt, Energie spart und für Laufruhe sorgt. Auch bei realistischer CPU-Belastung bleibt die Snömachine angenehm leise, lästig wird das Lüfterrauschen erst bei Vollauslastung, die aber ob der hohen Rechenleistung kaum der Regelfall sein wird. Besonderes Lob verdient die Ausstattung mit einem erdkontaktfreien Netzteil, das Nebengeräusche im Netzbetrieb unterbindet. Angesichts der guten Ausstattung und hohen Performancewerte geht der Preis von 1.618 Euro (inkl. 25 % schwedischer Umsatzsteuer) durchaus in Ordnung. I
TESTBERICHTE
MIKTEK C7 & CV4 Großmembran-Kondensatormikrofone
34 TESTBERICHTE MIKTEK C7 & CV4
SOUND & RECORDING 01/12
Im Dezemberheft nahmen wir die C5-Kleinmembranmikrofone von Miktek unter die Lupe, nun ist es an der Zeit, die großen Membranen sprechen zu lassen, nämlich das Transistormodell C7 und das CV4 in Röhrentechnik.
Großkaliber Miktek C7 und CV4 Großmembran-Kondensatormikrofone TEXT U. MESSUNGEN: DR. ANDREAS HAU, FOTOS: DIETER STORK, DR. ANDREAS HAU
Beide Testmodelle werden in stabilen Alukoffern geliefert, wobei das Mikrofon selbst zusätzlich von einer schmucken Holzschatulle geschützt ist. Zum Lieferumfang gehört sowohl eine elegante Spinnenhalterung, die das Mikrofon per Schraubverbindung sicher hält, als auch eine einfache Gelenkhalterung, die sich in beengten Situationen als sehr nützlich erweisen könnte. Beim Röhrenmikrofon CV4 liegen zusätzlich noch ein Speisenetzteil und ein siebenpoliges XLR-Kabel im Koffer, um die stromhungrige Elektronik mit Energie zu versorgen. Das genügsame Transistormodell C7 wird wie üblich über P48-Phantomspeisung betrieben. Beide Modelle kommen mit einem recht ausführlichen Manual inklusive Anwendungstipps und einem individuellen Frequenzschrieb für die Nierenstellung. Letzterer ist allerdings extrem grob über 140 dB skaliert, sodass die Response des Mikrofons zwangsläufig sehr glatt gebügelt wirkt (s. Bild 05). Den von 20 bis 200 Hz als ebenen Strich dargestellten Bassbereich muss man zudem als Fiktion abtun, denn ein Druckgradientenempfänger kann da gar nicht linear sein. Dennoch, zumindest in den oberen Frequenzbereichen kann man sich ein grobes Bild machen, und man weiß, der Hersteller nimmt die Endkontrolle ernst.
EN DETAIL Das Transistormodell C7 bietet die drei Richtcharakteristiken Kugel, Niere und Acht, wel-
SOUND & RECORDING 01/12
che über einen Schalter auf der Mikrofonfront angewählt werden. Auf der Rückseite befinden sich zwei weitere Schalter für Vorabsenkung (Pad, −10 dB) und Low-Cut. Die Schalter machen allesamt einen hochwertigen Eindruck und zeigen ihren jeweiligen Schaltzustand an. Das Gehäuse ist formschön und windschnittig, mit gewissen Ähnlichkeiten zum Studioklassiker Neumann U87. Ganz so lupenrein verarbeitet wie Mikros der führenden deutschen Mikrofon-Elite sind die beiden Mikteks jedoch nicht; in einzelnen Details offenbart sich doch das niedrigere Preisniveau. Schicker als 08/15-Chinaware sind sie aber allemal. Das Röhren-Großmembranmikrofon CV4 versprüht mit seinem zylindrischen Gehäuse und verchromten Mikrofonkorb etwas VintageFlair, das von einem eingelegten Kunststoffring mit Typenbezeichnung modern aufgebrochen wird. Schalter gibt's am Mikrofon selber keine; die Pattern-Wahl erfolgt über einen Drehschalter am Netzteil. Neben den Grund-Richtcharakteristiken Kugel, Niere, Acht lassen sich auch sechs Zwischenstufen im Bereich Breitniere und Hyperniere anwählen. Wie das Mikrofon wirkt auch das Netzteil sauber verarbeitet und robust. Ein Vorbild war den Designern gewiss das Neumann U87: Es gibt nämlich einen internen Schalter, über den sich die Polarisationsspannung von 60 Volt auf 48 Volt umschalten lässt. Dazu muss man wissen, dass das originale Neumann U87 seine Kapselvorspan-
nung direkt von der 48-Volt-Phantomspeisung, ableitete, während das spätere U87A über einen Gleichspannungswandler verfügt, der die für die Kapsel eigentlich optimalen 60 Volt erzeugt. Hintergedanke des Miktek'schen Umschalters scheint demnach, beide U87Varianten zu emulieren. Ob das wirklich funktioniert, soll der Praxistest zeigen. Das CV4 ist ein Röhrenmikrofon der alten Schule, ohne jede Spur von Silizium im Signalweg. Als aktives Bauelement kommt eine EF800-Röhre zum Einsatz, und zwar eine originale Telefunkenröhre aus altem Lagerbestand. Bei der EF800 handelt es sich um eine Langlebeversion der EF80, die wiederum mit der im Neumann U67 verwendeten EF86 eng verwandt ist. Wie bei fast allen Röhrenmikrofonen ist die Pentode als einfache Triode verschaltet − Trioden gehen weicher und subjektiv angenehmer in die Sättigung als Pentoden. Die Schaltungsphilosophie orientiert sich am Neumann-Klassiker U47: simpler Aufbau aus wenigen, dafür umso hochwertigeren Bauteilen. Auf die einstufige Röhrenschaltung folgt die finale Impedanzwandlung und Symmetrierung durch einen Abwärtsübertrager von AMI. Im Vergleich zum C7 kommt beim CV4 allerdings ein viel massigerer Übertrager zum Einsatz, der einigen Pegel wegstecken dürfte. Auch beim akustischen Design hat man sich offenbar vom Neumannklassiker U47 inspirieren lassen: Die Kapsel sitzt recht weit oben im Korb, sodass der obere Ring bis auf
MIKTEK C7 & CV4 TESTBERICHTE 35
Messungen 03
MIKTEK Wer ist eigentlich dieser Neuling? Gegründet wurde die Firma von Michael Ketchell, der in New York aufwuchs, wo er klassische Musik und Jazz studierte, irgendwie aber doch in einer Punkband landete. Nachdem er sich in einem New Yorker
04
05
03 Das Miktek C7: Beim Wechsel von 48 auf 60 Volt ändert sich der Frequenzgang so gut wie nicht. Es empfiehlt sich daher, die etwas höhere Sensitivity der 60-Volt-Stellung zu nutzen. 04 Das CV4 ist in den Höhen etwas milder abgestimmt und zeigt einen satteren Bass. 05 Die Miktek-Mikros kommen mit individuellen Messprotokollen, die jedoch sehr grob skaliert sind und in den unteren Frequenzen nicht ganz der Realität entsprechen.
Musikladen als MIDI-Spezialist verdingte, gründete er seine eigene Firma MegaMix, die ein weit verbreitetes Mischpult-Automationssystem entwickelte. Anfang der 90er wurde die Firma an CAD verkauft und Ketchell als Sales-Manager verpflichtet. Da CAD vor allem Mikrofone fertigt, kam er nun verstärkt in Kontakt mit Zulieferern aus aller Welt. Und diese Kontakte, nicht zuletzt auch nach Fernost, nutzt Ketchell nun für seine eigene Firma Miktek. Wobei der Hersteller betont, dass Endmontage und Qualitätssicherung in Nashville, Tennessee stattfinden. r www.miktekaudio.com
Wirft man einen Blick ins Innere, offenbart sich das C7 als ein FET-Mikrofon der alten Schule mit simpler Elektronik, die um einen einzigen FET als aktives Bauelement aufgebaut ist. Die finale Impedanzwandlung und Symmetrierung des Ausgangssignals übernimmt ein Übertrager vom amerikanischen Hersteller AMI − ein Subunternehmen von TAB Funkenwerk, das der Deutsch-Auswanderer Oliver Archut betreibt. Der im C7 verwendete Übertrager ist überraschend klein für ein Großmembranmikrofon. Vermutlich ist die Kleinheit des Übertragers Teil der Klanggestaltung − ein so winziger Übertrager gerät in den tiefen Frequenzen rasch in Sättigung, erzeugt also künstliche Obertöne.
01
01 Das C7 mit einfacher FET-Elektronik und recht kleinem Ausgangsübertrager: Der interne Schalter dient der Wahl der Kapselvorspannung (48 oder 60 Volt), die auf einer rückseitigen Platine generiert wird. 02 Im Miktek CV4 arbeitet eine New-Old-Stock(NOS)-Telefunkenröhre vom Typ EF800; der AMI-Ausgangsübertrager ist recht massig und dürfte auch bei hohen Pegeln kaum in Sättigung geraten.
02
Obgleich beide Mikrofone ähnliche (aber laut Typenbezeichnung nicht identische) 1-Zoll-Doppelmembrankapseln verwenden, unterscheiden sich ihre Frequenzgänge recht signifikant. Wie bei S&R üblich, wurde in einem gewöhnlichen Aufnahmeraum bei 33 cm Abstand zur Schallquelle gemessen, um ein praxisnahes Bild der Mikrofon-Response zu erhalten. Unter Einbeziehung des auf diese Distanz noch wirkenden Nahbesprechungseffekts ist der Frequenzverlauf bis etwa 1.000 Hz nahezu eben. Darüber steigt die Kurve gemächlich an, um bei 12 kHz in eine für diese Kapsel typische Höhenanhebung zu münden. Anders als bei seinem Vorbild, dem Neumann U87, wird diese Höhenanhebung der Kapsel durch die Mikrofonschaltung nicht oder nur in geringem Maße kompensiert. Neugierig, wie ich bin, habe ich sowohl mit 48 als auch mit 60 Volt Polarisationsspannung gemessen, um zu sehen, ob ein Unterschied sichtbar wird. Immerhin sollte die höhere Vorspannung zu einer etwas stärkeren Anziehung zwischen Membran und Gegenelektrode führen, was Auswirkungen auf das Schwingungsverhalten hätte. Tatsächlich ist aber der Unterschied − zumindest auf Frequenzgang-Ebene − marginal. Deutlicher ist er bei der EMPFINDLICHKEIT : In der 60-Volt-Stellung ist das C7 etwa 2 dB »lauter«, weshalb ich diese Einstellung empfehlen würde. Das CV4 geht in den oberen Frequenzen deutlich sanfter zu Werke. Die Höhenanhebung in Form eines abgeflachten Peaks um 10 kHz fällt mit rund 3 dB recht moderat aus. Gleichzeitig ist der Bass deutlich voller; der Nahbesprechungseffekt lässt eine breite Anhebung unterhalb von 100 Hz hervortreten, die der massige Übertrager in keiner Weise beschneidet. Im wichtigen Mittenbereich bleibt das CV4 dagegen weitgehend linear, was ein gutes Omen für unverfälschte Stimm- und Instrumentenfarben ist. In Sachen Rauschen geben sich beide Mikteks keine Blöße. Das C7 ist mit einem Eigenrauschen von 13 dB-A in Nierenstellung spezifiziert, die das Testmodell auch locker einhält; gleiches gilt für das CV4, dessen Eigenrauschen im Datenblatt mit 16 dB-A angegeben ist. Beide Mikros liefern ordentlichen Pegel. Das C7 bringt es in der 60-Volt-Stellung auf eine Empfindlichkeit (Sensitivity) von −35,8 dB re 1 V/Pa (entspricht 16,2 mV/Pa), womit das Testexemplar zwar von der Herstellerspezifikation von −29 dB deutlich abweicht, der etwas niedrigere Ausgangspegel erweist sich in der Praxis aber sogar hilfreich, weil der kleine Ausgangsübertrager nicht so rasch über-
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Kapselhöhe ragt − nach Lehrbuch nicht optimal, aber sicher eine bewusste Entscheidung, denn beim U47 ist’s genauso. Der Body samt Korb ist aber deutlich schmaler als beim Neumann-Klassiker und näher an den Dimensionen des alt-ehrwürdigen Telefunken ELA M251. Wenn man nun noch bedenkt, dass das Kapseldesign sich an dem des Neumann U67 orientiert, erweist sich das Miktek CV4 als interessante Melange aus einer ganzen Reihe von Röhrenmikrofonklassikern.
C7
++
ausgewogener Klang
+++ niedriges Eigenrauschen +++ umfangreiche Ausstattung CV4
+++ besonders ausgewogener Klang
+++ niedriges Eigenrauschen +++ umfangreiche Ausstattung Miktek C7 & CV4 Hersteller/Vertrieb Miktek Audio / Sound Service UvP/Straßenpreise C7: 1.069,81 Euro / ca. 950,− Euro, CV4: 1.545,81 Euro / ca. 1.400,− Euro r www.miktekaudio.com
GLOSSAR Außerhalb Europas wird statt des Übertragungsfaktors in mV/Pa oft die EMPFINDLICHKEIT (Sensitivity) in »dB re 1 V/Pa« angegeben. Im Grunde drücken beide Werte das gleiche aus, nämlich wie »laut« ein Mikrofon ist, d. h., wie hoch sein Ausgangspegel bei normiertem Schalldruck ist. Bei der Empfindlichkeit dient als Bezugswert ein fiktives Mikrofon mit extrem hohem Ausgangspegel, weswegen reale Mikrofone immer nur negative dBZahlen erreichen. Übliche Werte liegen bei unter −50 dB für dynamische und −42 bis −30 dB für Kondensatormikros. Der GRENZSCHALLDRUCKPEGEL ist der Pegel, bis zu dem ein Mikrofon keine hörbaren Verzerrungen produziert. Gewöhnlich gilt als Grenzwert ein Klirrgrad von 0,5%.
38 TESTBERICHTE MIKTEK C7 & CV4
steuert. Positiv ist auf jeden Fall, dass die im Datenblatt angegebene Verschlechterung der Sensitivity beim Pattern-Wechsel um 8 dB ausbleibt: Der Ausgangspegel blieb im Test beinahe konstant. Das CV4 verhält sich nahezu identisch und kommt auf eine Sensitivity von −35,7 dB re1 V/Pa (entspricht 16,4 mV/Pa) − hier stimmt das Datenblatt. Technik-Kenner wird nicht verwundern, dass das Röhrenmikro in Sachen GRENZSCHALLDRUCKPEGEL dem FET-Mikrofon überlegen ist. Das CV4 kommt auf 133 dB-SPL, während das C7 nur 127 dB-SPL wegstecken kann. Simple FET-Schaltungen gehen eben recht flott in die Sättigung, während Röhren mit ihren hohen Anodenspannungen viel weitere Schwingungsamplituden verzerrungsarm umsetzen können − von verzerrungsfrei mag man nicht reden, denn ein bisschen Obertonfunkeln produzieren sie immer, aber genau dafür lieben wir ja die Röhrentechnik.
PRAXIS Wie klingt's? Beide Mikteks wirken »erwachsen« − die Designer haben sich offensichtlich ihre Gedanken gemacht. Nichtsdestoweniger unterscheiden sich die beiden Mikros recht
signifikant im Klangverhalten. Das C7 wirkt im Bass leicht verschlankt und zeigt in den oberen Frequenzen deutlich Kante. Insgesamt versprüht das Klangbild einen gewissen 80's-Appeal mit klarer Kontur, während der Schmeichelfaktor eher unterrepräsentiert ist. Etwas runder wirkt der Sound in Achterstellung, auf Kugel umgeschaltet kommt dagegen ein recht heller, jedoch nicht körperloser Klang zustande, der sich gut für BackgroundVocals eignet, zumal man ja mehrere Sänger um das Mikro gruppieren kann. Die Poppneigung ist nicht allzu hoch; erfahrene Vokalisten könnten prinzipiell ohne externen Popp-Schirm auskommen. Nur geringe Wirkung zeigt der Low-Cut, denn seine Einsatzfrequenz liegt bei nur 45 Hz und besitzt eine sehr flache Filtercharakteristik. In den Höhen neigt das Miktek C7 weniger zum Zischeln als die üblichen China-Mikros; bei Stimmen mit besonders ausgeprägten S-Lauten dürfte aber eine gewisse Schärfe unvermeidlich sein − das liegt einfach an der recht hellen Klangabstimmung. Deutlich »schmusiger« und schmeichlerischer gibt sich das CV4 und bestätigt damit das Klischee vom weichen und »warmen« Röhren-Sound − auch wenn die Ursache für
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DOWNLOADS
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Miktek C7 und CV4 an der Akustikgitarre r www.sound-and-recording.de
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das rundere Klangbild wohl eher bei der etwas anderen Kapsel und dem wuchtigeren Ausgangsübertrager zu suchen ist als in der Magie des Glimmkolbens. Das CV4 hat durchaus einen gewissen Vintage-Appeal mit schönen, vollmundigen Mitten, einem satten, aber nicht wummernden Bass und lieblichen Höhen, die es dennoch nicht an »Luft« vermissen zu lassen. Ohne Frage ist das CV4 das vielseitigere der beiden Miktek-Großmembranmikros, das sich für eine Vielzahl von Stimmen eignet. Selbst an der Akustikgitarre fand ich das CV4 letztlich angenehmer und authentischer als das C7. Das CV4 prägt dem Signal nur wenig Klangfärbung auf, während das C7 eine deutliche Signatur hinterlässt. Wenn das C7 etwas 80er-mäßig daherkommt, wirkt das CV4 nahezu zeitlos.
FAZIT Nachdem Miktek bereits mit seinem C5-Kleinmembranmikrofon punkten konnte, beweist der Hersteller mit seinen beiden Großmembranmikrofonen erneut Sachverstand und Augenmaß. Das Transistormodell C7 und das Röhrenmikrofon CV4 präsentieren sich als kompetente Designs mit Anleihen bei diversen Mikrofonklassikern, ohne aber 1:1 abzukupfern. Das C7 sei jenen empfohlen, die ein Gesangsmikrofon mit klarer Kontur und einer − heute ja wieder gefragten − 80er-Jahre-Ästhetik suchen. Universeller und insgesamt auch überzeugender scheint mir das CV4, das nicht nur mit dem gewissen Röhrenfunkeln zu gefallen weiß, sondern auch mit einem sehr schön ausgewogenen, vollmundigen Klangbild. Viele Röhrenmikrofone jüngeren Datums sind ja etwas speziell und rein auf Vocals abonniert − nicht so das Miktek CV4, das recht vielseitig einsetzbar ist, zumal mit seiner neunfach umschaltbaren Richtcharakteristik. Mithin ein heißer Tipp für kleine bis mittlere Projektstudios, wo das CV4 eine Menge Anwendungen kompetent abdeckt. Angesichts der hohen Klangleistung und des weiten Aktionsradius, scheint der Ladenpreis von rund 1.400 Euro völlig gerechtfertigt. I
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TESTBERICHTE
STEINBERG SEQUEL 3
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+++ günstiger Preis +++ große Library +++ Step-Hüllkurven +++ Beat-Page Sequel Hersteller/Vertrieb Steinberg UvP 79,99 Euro r www.steinberg.net 40 TESTBERICHTE SEQUEL 3
+++ Perfomance-Mode SOUND & RECORDING 01/12
Die Hamburger Softwareschmiede geht mit Sequel in die dritte Runde. Ob Windows oder OS X: Im Sequenzer für Einsteiger sind Songs in kürzester Zeit zusammengeklickt.
»Sequencer for starters« Steinberg Sequel 3 Audio/MIDI-Sequenzer AUTOR: AXEL LATTA
Wie viele andere Anbieter stuft auch Steinberg seine Produkte in verschiedene Segmente ab. So ist Cubase nicht nur als Vollversion, sondern ebenso als mehr oder weniger abgespeckte Ausgabe namens »Artist« oder »Elements« erhältlich. Nun könnte man denken, Sequel wäre eine weitere Abstufung in dieser Großfamilie, doch weit gefehlt. Das Einsteigerprogramm verfolgt ein komplett anderes, viel einfacheres Konzept.
WORKFLOW UND LIBRARY Das vorzüglich gestaltete Ein-Fenster-Design, an das sich manch Steinberg-Nutzer wohl auch in Cubase oder Nuendo gewöhnen könnte, weiß sehr zu gefallen. Rein ästhetisch könnte Sequel eine Mischung aus Ableton Live, Presonus StudioOne und Native Instruments’ Maschine sein. Im Grunde kann man sofort nach der Installation loslegen. Riesig ist das Angebot von Loop und Sounds, die sich im Browser bzw. der »MediaBay« vorhören und bei Gefallen in das Arrangement ziehen lassen. Neue Spuren werden automatisch erstellt, und das Tempo sowie die Grundtonhöhe des Loops passen sich automatisch an die Projekt-Einstellungen an. Um bei über 5.000 mitgelieferten Klangbausteinen die Übersicht zu behalten, ist die MediaBay nicht nur mit einer schnellen Stichwortsuche, sondern ebenso mit praktischem Attributfilter ausgestattet. Mit nur drei Klicks auf die entsprechende Kategorie, Subkategorie und den Stil ist das riesige Arsenal schnell auf ein paar passende Clips reduziert. Auf etwa diese Arbeitsweise ist Sequel zugeschnitten. Die großzügige Library ist
SOUND & RECORDING 01/12
zudem durch weitere »Content Sets« für Stilrichtungen wie Disco House, Alternative Rock oder 70s Funk preisgünstig zu erweitern. Für große Freude, besonders beim fortgeschrittenen Clip-Bastler, sorgt die Möglichkeit auch eigene Sounds verwenden zu können. Einmal per Drag&Drop in der MediaBay abgelegt, lassen sich einzelne Dateien oder sogar komplette Ordner in die Library integrieren und mit Attributen für die spätere Suche kategorisieren. Nicht ganz selbstverständlich für ein derartig simpel konzipiertes Einsteiger-Programm ist die Aufnahmefunktion. Für das Recording stehen die klassischen Wortbreiten von 16 oder 24 Bit bereit. Sogar Multitake/CycleRecording, also das Aufnehmen mehrerer Durchgänge in einer Schleife, ist erlaubt. Alle übereinanderliegenden Clips lassen sich dann per Comping, wenn auch bei Weitem nicht so schön gelöst wie in Cubase 6, zu einem perfekten Take kombinieren. Nach einem Klick links oben im Clip werden alle Takes aufgelistet und springen nach Auswahl in die oberste Ebene. Um selektiv nur kurze Teile eines Takes zu verwenden, führt kein Weg an einem Schnitt vorbei. Doch wie soll das funktionieren, wenn neben dem »Stift« absolut keine weiteren Werkzeuge im Programm zu finden sind? Ganz einfach: Sobald sich der Mauszeiger im unteren Bereich eines Clips befindet, erscheint eine Schere.
ARRANGEMENT UND PROGRAMMING Durch die automatische Tempoanpassung ist das klassische, lineare Arrangieren bereits stark vereinfacht. Dieser Prozess wird weiter beschleunigt, denn auch im Bereich Echtzeit-
Arrangement hat Steinberg ein Feature übernommen, das man im Übrigen bereits aus »Loop Mash« in Cubase kennt. Auf der »Performance-Seite« sind 24 Live-Pads zu finden. Jedes dieser Pads übernimmt den Start eines zuvor definierten Song-Parts, die in einer Performance-Spur im Arrangement eingezeichnet werden − vergleichbar mit der Arrangement-Spur in Cubase. Der Übergang zum nächsten Part erfolgt dabei nahtlos nach 1, 2 oder 4 Takten oder nach der eingestellten Zählzeit. Mit gezielter Vorbereitung und etwas Übung ist das langwierige Hin- und Herrücken von Regions überflüssig, denn Performances lassen sich aufzeichnen und in das echte Arrangement umrechnen. Will man die Pads nicht per Mausklick starten, kann dies ebenso über die Computertastatur oder einen zugewiesenen MIDI-Controller geschehen, wodurch ein Live-Einsatz nicht undenkbar wäre. Top! Eine der größten Stärken in Sequel ist die variable Grundtoneinstellung des Projekts. Selbst ein fertiges Arrangement lässt sich im Nachhinein transponieren, wobei alle Loops, MIDI-Noten auf Instrument-Spuren und eigene Audiodaten, sofern diese mit der richtigen Information kategorisiert sind, automatisch mit einbezogen werden. Brandneu ist die sogenannte »Beat Page«, einer Kombination aus dem Drumcomputer »Groove Agent« und dem Stepsequenzer »Beat Designer«. Diese Page verfügt zum einen über acht Bänke mit je 16 Pads, die nicht nur den Namen, sondern auch die Wellenform anzeigen. Hüllkurven für Amp, Filter und Voice sowie die mögliche Zuweisung der Pads auf bis zu acht MUTE-
SEQUEL 3 TESTBERICHTE 41
Die funktionalen Neuerungen wie Beat Page, Performance Mode und Step Envelope Editor sind allesamt sehr gut umgesetzt und schnell zu verstehen. Auch die frisch eingeführten Plug-ins »VST Amp Rack SE« und »Halion Sonic SE« bringen einen großen Mehrwert in Sequel.
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01 Groove Agent und Beat Designer sind perfekt in der neuen »Beat Page« kombiniert. 02 Viele Parameter wie Lautstärke, Pitch oder Panorama lassen sich per Hüllkurve steuern. Auch die Warp-Funktion zur Zeitkorrektur von Audiomaterial ist mit an Bord. 03 Der Inspector übernimmt u. a. die grundlegenden Mixing-Aufgaben: drei Inserts, ein Equalizer und zwei Aux-Sends. 04 Frische Integration bekannter Gesichter: Halion One wurde gegen »Halion Sonic SE« ausgetauscht. »VST Amp Rack SE« bietet einige Effekte für den Gitarristen.
42 TESTBERICHTE SEQUEL 3
SOUND & RECORDING 01/12
-GROUPS erlauben detailliertes Sounddesign. Lediglich die Routing-Option der Pads auf Einzelausgänge wird vermisst. Zum anderen findet im Fenster direkt daneben die Programmierung von ein- oder zweitaktigen Patterns statt. Alle Sample-Pads sind hier als gleichnamige Zeilen repräsentiert. Per Stift kann man dann Steps einzeichnen und die Velocity mit gehaltener Maustaste in einem Aufwasch ändern. Zwei kleine Pfeilsymbole in jeder Zeile erlauben zudem einen stufenlosen Spurversatz, und auch Swing- und FLAM -Parameter verhelfen zu mehr Groove. Allein diese Sektion macht Sequel zu einem mächtigen Produktionstool für rhythmische Sampling-Aufgaben.
EDITOR Im Editor finden die wichtigsten Audiobearbeitungen statt. Neben einfachem Transponieren ist sogar die Funktion »Warp« zur Timing-Korrektur vorhanden. Im neuen Sequel hat ein weiteres, aus Ableton Live bekanntes Feature Einzug gehalten: »Step-Hüllkurven«. Selektiertes Audiomaterial wird mit einem einstellbaren Taktraster überlagert. Das ist wirklich sehr nützlich, um die individuellen Segmente blitzschnell mit einer knackigen und rhythmischen Clip-Automation zu versehen. Wenn sich auch keine beliebigen Parameter, etwa aus Plug-ins, dieser Sektion hinzufügen lassen, mit Lautstärke, Pan, Decay, Pitch und Reverse ist der Einsteiger bestens versorgt. Ein neu aufgenommener MIDI-Clip hingegen lässt sich nachträglich mit den grundlegendsten Funktionen im Editor bearbeiten. Transponieren, Swing und »Notenanfang quantisieren« sind selbsterklärend. Statt einer Funktion zum Quantisieren der Notenenden, hat sich Steinberg eine sehr praktische Alternative ausgedacht, die besonders durch die direkte visuelle Rückmeldung einfach einzusetzen ist − »Legato«. Dieser Wert nähert Notenenden stufenlos die folgenden Notenstarts an. Sogar Akkorde, deren Einzeltöne unterschiedliche Dauer aufweisen, gleichen sich proportional an. Simpel und effektiv zugleich! Was hier leider noch fehlt, ist ein Schnittwerkzeug, um Noten zu unterteilen. Ebenso fehlt ein MIDI-Routing im Allgemeinen, d. h., auch die Verwendung externer Geräte ist unmöglich.
MIXER UND PLUG-INS Alle Spuren sind selbstverständlich im Mixer angezeigt, wo sich neben der Lautstärke vor-
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erst nur Mute, Solo und Panorama regeln lassen. Inserts und Aux-Sends sucht man hier vergeblich. Stattdessen muss man erst in den Spur-Inspector wechseln, in dem ausschließlich der aktuelle Kanalzug angezeigt wird. In dieser horizontalen Spalte, die konzeptionell etwas an die Clip-Ansicht von Ableton Live erinnert, lassen sich dann bis zu drei Insert-Effekte einfügen. Deren Reihenfolge ist leider untereinander nicht mehr zu vertauschen. Die Parametrisierung der Insert-Effekte ist teilweise stark abgespeckt. Beispielsweise gibt der Compressor vorerst nur den Parameter »Threshold« und ein Preset-Menü von sich preis. Aber für den unerfahrenen Nutzer ist das wohl mehr als ausreichend. Um die volle Kontrolle über alle Parameter zu gewinnen, muss das Plug-in mit einer dedizierten GUI geöffnet werden. Per Rechtsklick kann man alle Parameter zu den stets sichtbaren »Quick Controls« im Kanalzug-Insert hinzufügen. Ebenfalls sehr reduziert ist die Anzahl der maximal verfügbaren Aux-Sends. Nur zwei Effekte lassen sich global einfügen. Sequel belegt Send FX 1 und 2 standardgemäß mit Reverb und Stereo-Delay − eine meist passende Auswahl. Öffnet man den Inspector für eine Instrumenten-Spur, lassen sich neben den Inserts und Sends noch zusätzlich die MIDI-Plug-ins »Chorder« und »Arpeggiator« nutzen. Die erfreulichste Neuerung im Zusammenhang mit Effekten und Instrumenten gegenüber der letzten Version ist die Integration von VST-Plug-ins, allerdings müssen diese dem VST3-Standard entsprechen, was derzeit keine Selbstverständlichkeit ist.
GLOSSAR Eine MUTE GROUP ist eine Funktion in Software-Samplern und Drum-Computern, oft auch »Choke Group« genannt. Durch die Zuweisung mehrerer Samples zu einer Gruppe lassen sich Überlappungen verhindern. Wird ein Sample ausgelöst, verstummt das zuvor abgespielte Sample, sofern es der der gleichen Gruppe angehört. Als FLAM (»Vorschlag«) werden zwei sehr kurz nacheinander ausgeführte Schläge auf eine Trommel bezeichnet.
FAZIT Sequel ist bei Weitem nicht das einzige Musikprogramm unter 90 Euro, aber der mitgelieferte, qualitativ hochwertige Content hat einen sehr großen Umfang und ist alleine schon den Preis wert. Der Spaßfaktor ist neben der automatischen Tempo- und Tonhöhenanpassung durch die simpel gestaltete MediaBay gesteigert, die ein schnelles Suchen und Finden des gewünschten Materials ermöglicht. Und die Möglichkeit eigenes Audiomaterial hinzufügen zu können, öffnet das System für fortgeschrittenere Anwender. Weitere Neuerungen bei den Editoren und mitgelieferten Plug-ins sind ebenfalls sehr gut umgesetzt und werten das Paket stark auf. I
SEQUEL 3 TESTBERICHTE 43
TESTBERICHTE
AUDIO IMPRESSIONS 70 DVZ STRINGS Streicher-Library
Aha, wieder eine neue Streicher-Library. Wer jetzt denkt, dann könne man auch gleich Eulen in den Rhein schütten oder Wasser nach Athen tragen, der hat zwar insofern Recht, als dass es gerade bei Streicher-Libraries schon seit Längerem eine große Auswahl an sehr guten Produkten gibt. Allerdings ist das Konzept der 70 DVZ Strings neu. Einerseits, weil die Sektionen in ihre einzelnen (!) Pulte unterteilt gesampelt wurden und hier wiederum jede Saite separat. Andererseits soll es aber trotzdem eine enorme Zeitersparnis geben, weil − einmal geladen − keine Artikulationen nachgeladen werden müssen. Und nebenbei benötigt man zum Produzieren am Rechner nur fünf MIDI-Tracks. Das macht dann doch neugierig ...
Geteilte Freude ist doppelte Freude Audio Impressions 70 DVZ Strings Streicher-Library für Windows 7 AUTOR: FRANK SCHREIBER
Mastermind hinter dieser Library ist der amerikanische Film- und TV-Komponist Chris Stone, der schon seit einigen Jahrzehnten im Geschäft ist. So wundert es auch nicht, dass die Library darauf ausgelegt ist, schnell und effektiv zu arbeiten und mit 48 kHz Samplerate daherkommt. Was dann aber doch stark verwundert ist die Größe: Nicht einmal 8 GB werden der Festplatte abverlangt? In Zeiten,
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in denen eine in 64 Velocity-Stufen multigesampelte Blockflöte mit mehreren Gigabytes auch keine Besonderheit mehr wäre, hat das natürlich seinen Grund − und der ist konzeptbedingt.
KONZEPT 70 DVZ Strings sind darauf ausgelegt, nach dem ersten vollständigen Laden der Samples
sofort ein komplettes Streichorchester auf einem 88-Tasten Masterkeyboard live spielen zu können, und zwar mit allen gängigen Artikulationen. Daher ist es wichtig, die Größe der Library in Grenzen zu halten, damit alle Sampleheader ins RAM passen. Schließt man noch ein 2-Oktaven-MIDI-Keyboard mit Controllern und zusätzlich ein Sustain- und ein Volume-Pedal an, lässt sich somit nahezu
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jeder Parameter per Keyswitch oder MIDI-CC fernsteuern. Außerdem werden die gespielten Stimmen automatisch auf die verschiedenen Sektionen (Violinen 1, Violinen 2, Violen, Celli und Kontrabässe) verteilt, d. h., spielt man eine monofone Linie, erklingt diese erst mal unisono in allen Streichern; spielt man aber polyfon oder hält einen Akkord, werden die gespielten Stimmen nach bestimmten Regeln über die Sektionen verteilt. Und werden mehr Stimmen gleichzeitig gespielt, als Sektionen vorhanden sind, erklingen diese divisi, wodurch die Anzahl der gleichzeitig spielenden Instrumente wie in einem echten Orchester immer gleich bleibt und sich nicht wie bei den meisten anderen Libraries addiert, wenn die Anzahl der Stimmen die der Sektionen übersteigt. Die Divisi sind deshalb möglich, weil bei der Samplingsession jede Sektion in ihre einzelnen Pulte mit jeweils zwei oder vier Spielern aufgeteilt und entsprechend aufgenommen wurde. Beim 1. Pult wurden sogar der 1. und 2. Spieler getrennt gesampelt. Somit wird die vorliegende Besetzung von 18/16/14/12/10 jeweils in 10, 9, 8, 7, bzw. 6 Einzelstimmen gesplittet. Das stellt in diesem Punkt erst mal alles bisher Dagewesene in den Schatten und ermöglicht einerseits detaillierte Divisi, was auch endlich den kryptischen Namen der Library erklärt, und andererseits wird durch die vielen Einzelstimmen ein lebendiger Spieleindruck ermöglicht, weil ja jedes Pult leichte Unterschiede bzgl. Sound und Timing aufweist. Zu guter Letzt durchläuft alles noch »Space«, einen Prozessor, der alle Einzelstimmen im Panorama verteilt und mit der dazugehörigen Portion Raumanteil versieht. Realisiert wird das Ganze auf einem externen Windows−7-PC, der über LAN von der DAW angesteuert wird. Dieser beherbergt dann die Bedienoberfläche der Library, welche die Daten vom Sequenzer an fünf verschiedene KontaktSampler mit den entsprechenden Multis weiterreicht. Diese Kontakts sind in Vienna Ensemble Pro eingebunden und streamen die Audiosignale zurück zur DAW. Gleichzeitig geht aber auch der MIDI-Datenstrom − automatisch aufgeteilt in die fünf verschiedenen Sektionen − über eine MIDI-to-Ethernet-Software der Wahl wieder zurück zum Sequenzer, um dort mit allen benötigten Keyswitches oder CC-Daten aufgezeichnet werden zu können. Dazu muss vorher nur noch eine MIDI-Splitter-Software auf der DAW installiert werden, natürlich noch das Plug-in, das die Synchronisation von Software und Sequenzer gewährleistet, zusätzlich Apples »Bonjour«, dann einiges konfiguriert und außerdem ein Grundstudium in Raketenbautechnik absolviert werden.
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Klingt kompliziert, isses auch; aber wenn dann alles steht und funktioniert, ist es schon sehr erstaunlich, wie flexibel sich ein Streichorchester auf einmal in Echtzeit spielen lassen kann.
INSTALLATION Man kann es schon ahnen, und ich will keinen Hehl daraus machen: Möchte man die Library im Studio einbinden, kann sich die Installation gerne schon mal einen Tag hinziehen, bis wirklich alles läuft. Wer die 70 DVZ Strings nur auf der Bühne einsetzen möchte, ist schneller durch. Man wird allerdings von einem wirklich extrem detaillierten Handbuch durch jeden Schritt mit Screenshots und Erklärungen geleitet, sodass es tatsächlich auch ein Zeitreisender aus H.G. Wells' »The Time Machine« installieren könnte. Außerdem gibt es ein 28-minütiges (!) Video-Tutorial auf der Herstellerwebsite. Wem das trotzdem noch zu müßig ist, der kann sich auch einen fertig konfigurierten und einsatzbereiten Rechner direkt bei Audio Impressions bestellen. Ohne zu sehr ins Detail gehen zu wollen, muss ich beim Thema Installation doch noch auf einiges eingehen, um spätere Stolperfallen vermeiden zu helfen. Zuerst ist es wichtig zu wissen, dass die Library zusätzliche Software benötigt, damit alles funktioniert. Manche davon ist Freeware, andere wiederum kostenpflichtig und sollte gleich mit ins Budget einkalkuliert werden. Zu Letzterer zählen »Vienna Ensemble Pro« und eine MIDI-to-Ethernet-Software, nämlich »MIDIoverLAN« (MOL) von MusicLab oder »ipMIDI« von Nerds.de. Hier kommen also mindestens noch mal ca. 260 Euro dazu, falls noch nicht vorhanden. Für den Bühnenbetrieb oder wenn man die Soundkarte des Sampler-PCs verwenden möchte, kann man sich VE Pro sparen. Weiterhin ist es fast unumgänglich, sich für die Keyswitches besagtes 2-Oktaven-Keyboard zuzulegen, was dann je nach Modell noch mal mit ca. 100 Euro oder mehr zu Buche schlägt. Mysteriös wird es, wenn man, wie ich, seine Windows-Sklaven vom Mac per Remotedesktopprotokoll (RDP) fernsteuert. Benutzt man dann, ebenfalls wie ich, »MIDIoverLAN«, kann diese Software zwar auf dem ferngesteuerten PC installiert und konfiguriert werden, aber die MIDIPorts tauchen beim besten Willen nicht im System auf, denn diese werden vom RDP einfach weggenascht! Laut Support von MOL gibt es leider keine Lösung dieses Problems − und dummerweise findet sich weder im Handbuch noch auf der Website ein Hinweis dazu. Ob das bei »ipMIDI« auch der Fall ist, kann ich nicht sagen, allerdings habe ich einige graue Haare
DOWNLOADS
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Klangbeispiel. Zunächst die Violinen 1+2 mit Violen, Pizzicato: Parameter Timespread von minimal bis maximal Es folgt der Arpeggiator, alle Sektionen; Arco Schließlich die Violinen 1, Arco, verschiedene Bogenpositionen -› wegen optimaler Vergleichbarkeit wurde dreimal die gleiche Melodie genommen, normalerweise würden die verschiedenen Bogenpositionen bei unterschiedlichen musikalischen Passagen eingesetzt werden (z. B. laut, leise, schnell, etc.). Heel Bow / Mid Bow / Tip Bow r www.sound-and-recording.de
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Nach dem ersten vollständigen Laden
der Samples kann ein komplettes Streichorchester auf einem 88-Tasten-Masterkeyboard live gespielt werden, und zwar mit allen gängigen Artikulationen.
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+++ Live-Spielbarkeit mit allen Artikulationen im Zugriff
+++ Aufteilung in einzelne Pulte +++ detaillierte Modulationsmöglichkeiten
70 DVZ Strings Hersteller/Vertrieb Audio Impressions / Best Service UvP/Straßenpreis 998,− Euro / ca. 975,− Euro r www.bestservice.de
+++ Handbuch −−− langwierige und komplexe Installation
01 Die Artikulationen sind immer sofort geladen und können mittels Keyswitch mit einer zusätzlichen Tastatur angewählt werden.
02 »Space« simuliert Raumanteil, Mikrofonierung und die Sitzordnung der einzelnen Pulte. Dabei kann jedes Pult frei im Raum positioniert werden.
−−− kostenpflichtige Drittanbietersoftware erforderlich
03 »Collective Control« fasst verschiedene Parameter zusammen, die skalierbar sind und auf einen einzigen MIDI-CC gelegt werden. Bis zu acht verschiedene Scenes lassen sich angelegen.
später im MusicLab-Forum herausgefunden, dass MOL per Remote wenigstens mit VNC funktioniert. Eine weitere Überraschung könnte man erleben, wenn man das Synchronisations-
46 TESTBERICHTE 70 DVZ STRINGS
Plug-in von Audio Impressions auf dem Mac installiert, weil der Installer die AudioUnit fälschlicherweise im VST-Ordner anstatt im Components-Ordner abgelegt − was das Plugin dann z. B. für Logic unsichtbar macht, weil
hier ja nur AudioUnits unterstützt werden. Verschiebt man das Plug-in dann aber per Hand in sein richtiges Zuhause, sind die größten Hürden genommen, und man kommt so langsam auf die Zielgerade.
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Installationen habe ich definitiv schon komfortabler erlebt. Zugegeben: Das Konzept erfordert eine gewisse Komplexität, und es ist wirklich alles haarklein erklärt, aber ich könnte mir vorstellen, dass trotzdem einige nicht Technik-affine Musiker abgeschreckt werden könnten. Hier wäre es bestimmt einfacher, wenn alles aus einer Hand käme − aber dann wäre das Paket wahrscheinlich auch teurer.
PRAXIS UND SOUND Wenn dann endlich alles installiert und konfiguriert ist, funktioniert die Software zuverlässig, und es ist wirklich erstaunlich, wie gut sich diese Streicher live spielen lassen und wie musikalisch sinnvoll die eingehenden Noten interpretiert und auf die Sektionen bzw. Pulte verteilt werden. Und dadurch, dass alle beim Spielen erzeugten MIDI-Daten auch immer am Eingang des Sequenzers anliegen und somit direkt auf den jeweiligen MIDISpuren der fünf Sektionen aufgenommen werden können, kann man mit den entsprechenden Fingerfertigkeiten das komplette Streichorchester sehr schnell und mit den unterschiedlichsten Artikulationen über längere Strecken hinweg einspielen. Als Resultat findet man dann in seinem Sequenzer pro Sektion eine MIDI-Spur, die alle Controller, Keyswitches und natürlich Notendaten enthält, welche nach Herzenslust editiert werden können. Selbstverständlich kann man auch jede Sektion einzeln aufnehmen. Das Konzept erfordert allerdings etwas Einarbeitungszeit, weil hier viel mit Controller- und Program-Change-Daten gearbeitet wird. Hat man sich aber an diese Arbeitsweise gewöhnt, geht alles um einiges flotter von der Hand, als man es von den üblichen Verdächtigen her kennt. Außerdem kann man in der Software CC-Belegungen, Details zur Stimmverteilung und etliches mehr konfigurieren, womit sie sich in jedes bestehende Setup nahtlos einfügen lassen dürfte. Auch das Soundkonzept unterscheidet sich von dem herkömmlicher Libraries. Legt man den weniger als 8 GB Samples zugrunde, dass sie aufgrund der Divisi über 30 Pulte samt Artikulationen verarzten müssen und dass pro Pult jede einzelne Saite von der tiefsten bis zur höchsten Note aufgenommen wurde, fragt man sich umso mehr, wie das möglich sein soll. 70 DVZ Strings funktioniert hier mehr wie ein klassischer Sampler, der das Samplematerial anhand verschiedener Algorithmen geschickt kombiniert und moduliert. Dadurch kann es vorkommen, dass
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die Library je nach Spielweise zeitweise leicht synthetisch klingt, was aber durch die vielfältigen Modulationsmöglichkeiten in den meisten Fällen wieder aufgefangen werden kann. Hier sollte man sich also auf jeden Fall die Zeit nehmen, die Library wirklich »spielen zu lernen«. Das Ergebnis gewinnt dadurch an Realismus. So ist es z. B. nicht nur möglich, die Saite auszuwählen, auf der gespielt werden soll, sondern neben der Bogenstrichrichtung auch die Position des Bogens (Spitze, Mitte, Frosch) zu bestimmen. All diese Parameter werden von einem Instrumentalisten je nach Notenmaterial, Geschwindigkeit und Lautstärke immer mit einbezogen und erzeugen einen charakteristischen Sound. Der Algorithmus »Autobowing« kombiniert diese ebenfalls automatisch, um die eintreffenden Noten, die ja auf einer Klaviatur gespielt wurden, in eine möglichst realistische Spielweise eines Saiteninstrumentes zu übertragen. Auch ist es möglich, die einzelnen Pulte mittels der Regler »Timespread« oder »Pitchspread« stufenlos bzgl. ihres Timings oder der Intonation zueinander zu variieren. Das ist besonders bei schnellen oder lauten Passagen bzw. Pizzicati Gold wert und steigert die Authentizität immens. Weiterhin ist es möglich, den virtuellen Bogen stufenlos in Richtung sul tasto oder sul ponticello zu verschieben, also eher in der Nähe des Griffbretts oder in der Nähe des Stegs zu streichen. Diese und noch weitere Parameter können auch in verschiedenen »Collective Controllern« zusammengefasst und im jeweiligen Regelungsbereich bestimmt werden, wo sie dann alle gleichzeitig mit einem CC moduliert werden können. Sehr schön! Einige Spielweisen werden synthetisch simuliert, was z. B. bei Trillern den Vorteil hat, dass sie immer zum Tempo synchron sind. Auch bei Legato, Glissando und Con Sordino klappt die Simulation gut, allerdings hätte ich mir für Repetitionen oder den integrierten Arpeggiator ein vielfältigeres RoundRobin gewünscht, hier hört man leider zu schnell wiederkehrende Muster heraus. Eine gute Beigabe ist der Space-Algorithmus; hiermit sind die Spieler immer perfekt im Panorama verteilt und somit direkt spielbar. Aber auch eigene Anordnungen sind möglich, weil jedes Pult frei im Raum positionierbar ist. Die Raumsimulation greift auf Modelle gängiger Orchestermikrofonierung zurück, die auf der Website ausführlich erläutert werden. Der Hall-Anteil ist mittels Mikrofonabstand und -überblendungen variierbar, und − falls man den Hallprozessor seiner
Wahl verwenden möchte − auch komplett abschaltbar.
FAZIT Es ist klar, dass Simulationen und Kompromisse zugunsten der sofortigen Spielbarkeit zulasten des letzten Quäntchens Authentizität gehen. Wie ich finde, ist es in diesem Fall allerdings nicht so dramatisch, denn man hat am Ende dadurch definitiv mehr Vor- als Nachteile, weil sich ein realistischer Eindruck auch zu einem Großteil durch eine starke Lebendigkeit und Abwechslung erschließt, anstatt einzig durch eine hundertprozentige Abbildung. Da bereits vor einigen Jahren mit der Arbeit an den 70 DVZ Strings begonnen wurde und sich seitdem Limitierungen wie z. B. Größe des adressierbaren Arbeitsspeichers und Prozessorleistung extrem verändert haben, würde ich mir aber trotzdem wünschen, dass einige, wenige Kompromisse zugunsten der Authentizität geändert werden, weil moderne Computer dieses Mehr an Daten mittlerweile wahrscheinlich problemlos stemmen könnten. Aber das ist Jammern auf höherem Niveau, denn für den vorgesehenen Anwendungsbereich der Library wird ein gewisses Soundlevel vorausgesetzt − und das ist hier definitiv gegeben. So kann die Library ihre Stärken da ausspielen, wo man in extrem kurzer Zeit sehr viel Musik produzieren muss, wie z. B. bei der Komposition für TV-Serien oder TV-Filme, aber auch da, wo es um Livetauglichkeit geht. Videos auf der Audio-Impressions-Website zeigen eindrucksvoll, wie gut das gehen kann, wenn Chris Stone die 70 DVZ Strings live spielt. Vor allem bei dem Video »Complete Orchestra Preview«, bei dem die für dieses Jahr noch angekündigten Libraries »Wind«, »Brass« und »Percussion« mit einbezogen wurden, kann man nur bauklötzestaunend dasitzen, wenn ein Mann an einer Klaviatur augenblicklich live einen kompletten Score entstehen lässt. Da sieht man, wohin die Reise bei Audio Impressions gehen soll, nämlich bei größtmöglicher Flexibilität, Lebendigkeit und vollem Zugriff schnellstmöglich einen Score entstehen zu lassen, so wie es Musikern naturgemäß am eigensten ist, nämlich durch LiveSpielen und nicht durch nerv- und inspirationstötendes Nachladen, Editieren und Artikulationen-Jonglieren. Ich hoffe, dieses Konzept macht Schule und wird weiter perfektioniert, dann sehen viele TV- und Filmkomponisten wieder mehr Tageslicht und stimmen vielleicht an einem frühen Feierabend mal einen Chor an mit: »Danke Chris«. I
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TESTBERICHTE
NI DAMAGE
Sample-Instrument
Wer sich bemüht, aus Standard-Drum/Percussion-Libraries die volle Wucht und Breite großer Film-Scores herauszuprügeln, endet oft mit eher mageren Ergebnissen. Mit »Damage« liefert Native Instruments das passende Gegenmittel: ein ambitioniertes Sample-Instrument voller epischer Schlagkraft für Film-, TV-, Game-Musik und mehr.
Power-Percussion für großes Kino NI Damage Instrument für Kontakt 5 und Kontakt 5 Player AUTOR: RALF KLEINERMANNS
Samples und Sounddesign lieferte das US-Team Heavyocity, von dem bereits NIs Serie Evolve Mutuations stammte. Wie dort liegt der Fokus auch bei Damage auf cinematischen Sounds, also großen, breiten, dramatischen Klängen, aber hier gibt es nur Perkussives. Das Material entstand aus über 200 multigesampelten Schlaginstrumenten wie Snares, Toms, Orchester-Perkussion, Metall- und Holzobjekten − oftmals auch in Gruppen eingespielt − sowie mehr als 500 Einzelsamples abstürzender Autobusse, explodierender Autos und weiterer Exzesse akustischer Gewalt. Zum Schluss wurden beide Klangwelten gemischt, kombiniert, editiert und durch den Effektwolf gedreht. So entstand eine riesige Auswahl an Loops (Rhythmic Suites) und direkt spielbaren »Drum«-Kits (Percussive Kits). Besonders mit den eindrucksvollen Loops zaubert man im Handumdrehen starke Sequenzen für Kino-, TV-, Game- oder Werbemusik − und die Kits liefern kraftvolles Material für Musikrichtungen wie Industrial, Post-Rock oder impulslastige Elektronik, etwa Richtung Chemical Brothers oder The Prodigy. Die Preset-Sounds haben einen hohen Wiedererkennungswert und dürften sich so auch schnell abnutzen. Wie wir gleich sehen werden, bietet Damage aber sehr flexible Möglichkeiten, Struktur und Sound der Vorgaben drastisch zu verändern. Das Damage-Paket enthält drei DVDs: eine mit Kontakt 5 Player, die beiden übrigen mit dem Dateninhalt: mehr als 26.500 Samples in 24 Bit/ 96 kHz summieren sich bei der Installation zu gut 16 GB auf der Fest-
48 TESTBERICHTE NI DAMAGE
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+++ sehr gute Soundqualität +++ große Auswahl an Loops und Kits
+++ variables Loop-Editing dank Slicing und »MIDI to Host«
+++ große Auswahl an integrierten Effekten und EditMöglichkeiten
−−− manche Slice-Effekte bewirken einen absoluten rhythmischen Versatz
NI Damage Hersteller/Vertrieb Native Instruments UvP 299,− Euro r www.native-instruments.de
platte. Bei der Wiedergabe werden die Samples in Echtzeit entpackt, sodass der nicht (daten-)komprimierte Inhalt 30 GB entspricht.
OBERFLÄCHE UND EFFEKTE Sobald man in Kontakt (Player) eines der Damage-Instrumente (.nki) lädt, erscheint eine Bedienoberfläche, die spontan an die retro-futuristische Welt von Terry Gilliams Filmklassiker »Brazil« erinnert. Hier kann man bereits auf viele entscheidende Klangmerkmale Einfluss nehmen, um die Sounds individuell zu gestalten. Neben den MasterEffects mit Verzerrer/Klangregelung, LoFi (Bit-Reduktion und Rauschen), Hall, Delay und Compressor mit je vier Parametern sowie Amp-Envelope-EQs macht mich spontan der »Punish«-Poti neugierig. Er dient zum stufenlosen Brutalisieren (Kompression, Distortion, EQ). Das Herumspielen mit den Sounds und Effekten macht auf Anhieb Spaß und Lust auf mehr − und davon hat Damage reichlich zu bieten ...
RHYTHMIC SUITES Die Loop-Inhalte gliedern sich in 16 »Loop Menus« und 849 »Single Loops«. Alle Loops sind intern rhythmisch in kleine Zeiteinheiten zerteilt (Slicing), sodass sie z. B. dem DAWTempo ohne Qualitätseinbußen folgen. Die als Loop-Menus bezeichneten Instrumente enthalten jeweils verschiedene Einzel-Loops, die
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sich über MIDI-Noten triggern lassen. So kann man schnell Loops durchhören, schichten (»Full«-Kombis enthalten bereits gelayerte Loops) oder rhythmisch kombinieren. Im »Amp-Sequencer« kann man den Pegel jeder 16tel individuell einstellen. So erzielt man schnell »Zerhack«-Effekte, Fades oder Pegelanpassungen einzelner Beats. Zusätzlich gibt es hier den Bereich »T-FX«, in dem man acht verschiedene Effekte durch bestimmte MIDI-Noten triggern kann: NIs »The Finger« lässt grüßen. Bei den Single-Loops gibt es pro Instrument einen Loop, der sich aber sehr variabel einsetzen lässt: Die MIDI-Note C1 triggert den ganzen Loop, ab D2 folgen chromatisch alle 16tel-Slices − wer schon mal George Dukes Soul Treasures unter den Fingern hatte, kennt das Prinzip: ein echtes KreativTool, das extrem einfach zu handhaben ist, um per MIDI eigene Grooves mit den enthaltenen Slices einzuspielen. Zusätzlich bietet Damage den »Loop«Edit-Bereich. Ähnlich wie »Trigger FX« kann man auch hier durch MIDI-Noten »Effekte« triggern − in diesem Falle wird jedoch das Abspielen der Slices manipuliert. Es gibt Presets, um Slices zufällig umzuverteilen, zu wiederholen, zu überspringen oder in umgekehrter Reihenfolge abzuspielen. Was ich mir hier noch wünsche, ist eine Möglichkeit, Loops nach Loslassen jedes Presets auf derselben Zählzeit weiter laufen zu lassen, auf der sie
auch ansonsten wären. Randomizer und Freezer verhalten sich schon jetzt so, Dropper und Reverse jedoch nicht.
PERCUSSIVE KITS Dieser Bereich enthält 58 spielbare Kits, gegliedert in 13 »Epic Organic Drums«, 10 »Ethnic Drums«, 13 »Metals«, 9 »Hybrid FX« und 13 »Damage Kits«. Die Namen sprechen für sich. Schön ist, dass es neben kombinierten Kits auch soundspezifische gibt, etwa nur mit »Snares« oder »Kicks«. Im Master-Bereich kann man für jeden einzelnen Sound des Kits (zur Selektion einfach anspielen) Anschlagempfindlichkeit, Tonhöhe sowie Pegel für Direkt-, Raum- und »Hallen«-Signal einstellen. Auch den AmpEnvelope kann man hier bei Bedarf für Direct, Room und Hall unterschiedlich einstellen, etwa um einen Hall erst kurz nach dem Attack des Direktsignals einzublenden. Auf einer separaten »Stage«-Seite kann man schließlich jedes Signal auf einer virtuellen Folterkellerbühne platzieren. Damit regelt man nicht nur einfach das Panorama, sondern auch die räumliche Tiefe: Diffusion, EQ und (falls aktiv) Room- und Hall-Anteile.
FAZIT Für viele, die Film-, TV-, Game-Music oder passende Musikrichtungen wie etwa Industrial oder Postrock produzieren, dürfte Damage lohnenswert sein. Die enthaltenen
NI DAMAGE TESTBERICHTE 49
Damage ist eine Sample-Library mit eigener Oberfläche und Effekten, die sich mit dem mitgelieferten − und auch sonst kostenlos erhältlichen − »Kontakt 5 Player« oder NIs Flaggschiff-Sampler »Kontakt 5« nutzen lässt − in beiden Fällen wahlweise als Standalone-Version oder als VST/AU/RTAS-Plug.
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01 Globale Sektionen wie Master-Effekte, Amplitudenhüllkurve, EQ und der böse Punish-Regler zählen zur Grundausstattung. 02 Loop-Menüs (Kombis) lassen sich zusätzlich durch den Amplituden-Stepsequenzer und triggerbare Effekte variieren. 03 Jeder Single-Loop ist fertig gestückelt (Slicing). Man kann die MIDI-Trigger-Daten in seine DAW ziehen und dort frei ändern oder den Loop einfach laufen lassen und durch Echtzeit-Slice-Effekte variieren. 04 In den Percussive Kits kann man für jeden Einzelsound Direkt-, Raum- und Hall-Anteil regeln sowie die Bühnenposition wählen.
Loops und Kits sind einzigartig und spielen auch klanglich auf hohem Niveau. Das Klangbild ist nicht einfach »brutal«, sondern eine gelungene, meist eher düstere Mischung aus Wucht, Wärme, Breite und Fülle. Hinzu kommen die vielen Effekte und Variationsmöglichkeiten, mit denen man die Loops und Sounds flexibel formen und umgestalten kann. Native Instruments eigenen Slogan kann ich hier deshalb guten Gewissens zitieren: großes Kino I
HANDS ON DAMAGE Auf NIs Webseite findet man Videos zum »Making of« und den Möglichkeiten von Damage, die einen guten Einstieg vermitteln. r www.native-instruments.de
50 TESTBERICHTE NI DAMAGE
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TESTBERICHTE
KORG NANOKONTROL 2
MIDI/USB-Controller
Oft sind es die kleinen Dinge, die das Leben bzw. das Produzieren lebenswert machen. So freut sich der mobile, Laptop-bewaffnete Musiker, wenn er dank kleiner Helferlein wie den Korg NanoKontrol-Tools Ideen überall festhalten und ausarbeiten kann.
Vertrauen ist gut, (Nano-)Kontrolle ist besser Korg NanoKontrol 2 Controller TEXT: BERNHARD LÖSENER, FOTO: DIETER STORK
NanoKontrol 2 Hersteller / Vertrieb: Korg Inc. / Korg & More UvP: NanoKey 2: 59,− Euro, NanoKontrol 2: 69,− Euro, NanoPad 2: 69,− Euro r www.korg.de Die erste Ausgabe der drei handlichen Begleiter war ein voller Erfolg, und daran möchten die Korg-Entwickler anknüpfen. Einiges wurde verbessert, aber man beherzigte das Motto »Never change a winning team«, und so blieb vieles beim bewährten Alten. Die sehr flachen und leichten Geräte sind mit hintergrundbeleuchteten Tastern ausgestattet, werden über den USB-Bus mit Strom versorgt und sind alle in Schwarz und Weiß erhältlich.
NANOKONTROL2 Die Funktionalität des Controllers wurde erheblich erweitert: Jeder Kanal verfügt jetzt statt zwei über drei Taster pro Kanal für Record, Mute und Solo. Außerdem findet man auf der linken Seite noch mehr Taster, um im Hostsequenzer Kanäle zu selektieren oder Marker komfortabel zu setzen und anzufahren. Verzichtet wurde dafür auf einen Kanalzug, sodass jetzt nur acht Fader zur Ver-
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fügung stehen, was angesichts der neuen Features aber zu verschmerzen ist. Die Regler lassen sich entweder frei mit ControllerBefehlen belegen, oder man nutzt eines der Templates, die für alle gängigen DAWs wie Cubase, Logic etc. bereitstehen.
NANOKEY2 Das Minikeyboard Nanokey bietet nun dank verbesserter Tasten eine bessere Spielbarkeit und differenzierteres Dynamikverhalten, wenn es natürlich auch konzeptbedingt keinen Bösendorfer ersetzen kann. Neu ist hier der Sustain-Taster, ein Feature, das man im Spielbetrieb schnell zu schätzen weiß.
NANOPAD2 Abgerundet wird die Serie mit dem Nanopad, dessen neue Version nun 16 statt vorher 12 Gummi-Schlagflächen aufweist, die ebenfalls überarbeitet wurden und ein verbessertes Spielgefühl vermitteln. Auch das X/Y-Pad ist
natürlich wieder an Bord; hier wurden Funktionen wie Hold, Gate und Touch Scale, die man vom Mini-Kaoss-Pad kennt, implementiert, um nicht nur Rhythmen, sondern auch musikalische Phrasen einzugeben. 16 Skalen, darunter neben Standards auch verminderte oder exotische indische oder japanische Tonleitern, können am Gerät direkt angewählt werden. Etwas schade ist allerdings, dass die Roll- und Flam-Funktionen des Vorgängers nicht übernommen wurden, aber die Vorteile des Nachfolgers überwiegen deutlich.
FAZIT Korg hat die Nano-Controller deutlich verbessert und dabei den Preis erfreulicherweise nicht erhöht. Die Hardware der zweiten Version ist deutlich hochwertiger und auch vom Styling her noch kleidsamer. Dazu gibt es je nach Gerät allerhand nette Boni, wie z. B. einen M1 LE-Softwaresynth (Nanokey), Ableton Live oder den Toontrack EZdrummer. I
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TESTBERICHTE
LEWITT LCT240 Kondensatormikrofon
Mit dem LCT 240 präsentiert der österreichisch-chinesische Newcomer Lewitt ein preisgünstiges Kondensatormikrofon fürs Heimstudio. Was taugt der kleine Klotz?
Kleine Membran ganz groß Lewitt LCT 240 Kondensatormikrofon TEXT, FOTOS & MESSUNGEN: DR. ANDREAS HAU
Hersteller/Vertrieb Lewitt / Music & Sales UvP/Straßenpreis € 260,61 / ca. € 220,− r www.lewitt-audio.com
+++ vielseitig verwendbar +++ hochwertige Verarbeitung +++ + sehr pegelfest +günstiger + Preis −Low-Cut−falsch beschriftet 52 TESTBERICHTE LEWITT LCT240
Typisch Lewitt kommt das LCT 240 in einem quaderförmigen Gehäuse im anthrazitfarbenen Profi-Look. Geliefert wird es in einem gepolsterten Pappkarton inkl. Gelenkhalterung, Schaumstoff-Windschutz und Kunstlederetui. Auch ein gedrucktes Manual mit Datenblatt wurde nicht vergessen. Das Mikrofon selbst wirkt, wie von Lewitt nicht anders gewohnt, sauber und robust verarbeitet. Auf den ersten Blick kein schlechter Deal angesichts eines Straßenpreises von rund 220 Euro. Schauen wir uns das Teil doch mal genauer an.
EN DETAIL Technisch gesehen, ist das LCT 240 eng verwandt mit dem in S&R 11.2011 getesteten LCT 140 Kleinmembranmikrofon. Wie Letzteres arbeitet das LCT 240 mit einer ELEKTRETKONDENSATORKAPSEL , die in der Herstellung etwas preisgünstiger ist als die extern polarisierten »echten« Kondensatorkapseln der teureren Modelle. Dass man mit ElektretTechnik nicht nur Billigkapseln für Telefone und Sprechanlagen bauen kann, sondern auch hochwertige Studiomikros, hat u. a. der dänische Nobelhersteller DPA eindrucksvoll bewiesen, aber auch Lewitt selbst mit dem LCT 140, das in unserem Test kaum schlechter abschnitt als sein »Echtkondensator«Pendant LCT 340.
Grundsätzlich verwendet das LCT 240 die gleiche Kapsel wie das LCT 140, d. h. eine 17-mm-Kleinmembrankapsel. Beim LCT 240 ist diese jedoch von einem gelochten Metallring umgeben, der als eine Art akustisches Laufzeitglied Einfluss auf das Klangverhalten nimmt. Die Nierencharakteristik wird in den unteren Frequenzbereichen etwas geweitet, was gerade für Gesangsanwendungen den Sweet-Spot vor dem Mikrofon etwas vergrößert. D. h., der Lochring vergrößert die Kapsel nicht nur optisch, auch ihr Klangverhalten wird dem einer Großmembrankapsel ähnlich. Ganz neu ist diese Idee übrigens nicht; schon in den 60er-Jahren wurde sie von Schoeps angewandt (später aber wieder verworfen); aktuell findet man solche Lochringe z. B. auch bei Audio-Technika, u. a. beim AT4060. Wie die »richtigen« Großmembranmikros von Lewitt verfügt das LCT 240 über eine schaltbare Vordämpfung (Pad) um 10 bzw. 20 dB, um auch extrem laute Quellen mit bis zu 156 bzw. 166 dB-SPL verzerrungsfrei aufnehmen zu können. In aller Regel wird man das Pad aber nicht benötigen, denn so laute Schallquellen gibt's im Heim- oder Projektstudio eigentlich gar nicht. Bereits ohne Vordämpfung ist der Grenzschalldruckpegel von 146 dB-SPL so hoch, dass man das
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Messungen Wie üblich, haben wir die Herstellerangaben auf ihre Richtigkeit überprüft und eigene Messungen durchgeführt. 01
02 01 Klare Höhen, schlanke Bässe: Einem linearen Mittenbereich stehen eine moderate Höhenanhebung und eine sanfte Tiefenabsenkung gegenüber.
02 Der 40-Hz-Low-Cut wirkt wie beschrieben, der weichere 300-Hz-Low-Cut hat seinen −3-dB-Punkt tatsächlich aber bei 80 Hz.
LCT 240 als Quelle von Verzerrungen praktisch ausschließen kann. Auch eine Bassabsenkung wurde nicht vergessen. Lewitt-typisch werden die Low-CutEinsatzfrequenzen über ein beleuchtetes Display angezeigt: linear, 40 Hz und 300 Hz. Dabei dient das 40-Hz-Filter mit 12 dB/Okt zur Beseitigung von Trittschall und anderer Rumpelgeräusche, während das 300-Hz-Filter
mit weicher Flankensteilheit von 6 dB/Okt sanfter zu Werke geht und der Kompensation des NAHBESPRECHUNGSEFFEKTS dienen soll.
MESSUNGEN Der von uns ermittelte Frequenzgang, praxisnah gemessen in einem gewöhnlichen Aufnahmeraum mit 33 cm Abstand zur Schallquelle, zeigt einen über weite Strecken sehr
glatten Verlauf. In den Höhen unterscheidet sich das LCT 240 trotz der technischen Verwandtschaft recht deutlich vom Stäbchenmikrofon LCT 140. Die Höhenanhebung fällt moderater aus und konzentriert sich ganz auf die oberste Oktave von 8 bis 16 kHz. Eine tiefer angesetzte Präsenzanhebung gibt es im Gegensatz zum LCT 140 nicht; im Gegenteil, die Hochmitten sind sogar minimal zurück-
Das Lewitt LCT 240 verwendet eine Kleinmembrankapsel, die durch einen gelochten Metallring Großmembran-Eigenschaften erhält.
GLOSSAR ELEKTRET-KONDENSATORKAPSEL Damit die Kapsel eines Kondensatormikrofons ein Signal erzeugen kann, muss eine elektrische Ladung aufgebracht werden. Bei ElektretKondensatormikrofonen wird diese Ladung nicht extern zugeführt, sondern ist in der Kapsel permanent »eingefroren«. Ganz frühe Elektret-Kapseln verloren z. T. ihre Ladung nach wenigen Jahren, was dieser Technik ein schlechtes Image einbrachte. Moderne Elektret-Kapseln haben sich aber über viele Jahrzehnte als sehr langlebig erwiesen. NAHBESPRECHUNGSEFFEKT Mikrofone mit Richtwirkung (d. h. alle Charakteristiken außer Kugel) zeigen den sogenannten Nahbesprechungseffekt: Je näher das Mikrofon zur Klangquelle steht, desto stärker werden die tiefen Frequenzen betont. Die Stärke dieser Bassanhebung ist außerdem abhängig von Richtcharakteristik. Bei Breitniere ist der Nahbesprechungseffekt gering, bei Niere stärker ausgeprägt. Superniere und Hyperniere zeigen einen noch stärkeren Nahbesprechungseffekt, bei Achtercharakteristik ist er maximal ausgeprägt.
54 TESTBERICHTE LEWITT LCT240
genommen. Das lässt auf ein etwas weicheres Klangbild schließen. Zu den Bässen hin fällt die Kurve sanft, aber kontinuierlich ab und erreicht bei etwa 100 Hz die −3-dB-Marke. Möglicherweise möchte der Hersteller damit dem üblichen Bass-Stau entgegenwirken, der gerade in kleinen, akustisch nicht optimierten Bedroom-Studios leicht auftritt und zu einem undifferenzierten Klangbild führt. Andererseits wird man mit dem LCT 240 aber nie den gleichen Bassdruck erzeugen können wie mit den größeren Modellen LCT 540 und 640. Über die beiden Low-Cut-Stellungen lassen sich die Bässe weiter reduzieren. Sinnvoll erscheint hier vor allem das 40-Hz-Setting, das beim Testexemplar minimal tiefer bei 35 Hz einsetzt. Damit lassen sich nahezu nebenwirkungsfrei Rumpelgeräusche unterdrücken, denn musikalisch verwertbare Klanginformation ist in tieferen Frequenzen praktisch nicht mehr enthalten. Das zweite Low-Cut-Setting setzt tatsächlich deutlich tiefer ein als vom Hersteller angegeben. Der −3-dB-Punkt liegt nicht bei 300, sondern bei etwa 80 Hz. Die Filtercharakteristik ist allerdings in dieser Stellung weicher, sodass sich der Klangeindruck deutlich von der 40-HzStellung abhebt. Angesichts des schon in der Neutralstellung etwas zurückgenommenen Bassbereichs, wird man die 300-Hz-Stellung eher selten verwenden. Die übrigen technischen Daten entsprechen recht genau den Herstellerangaben. Das Eigenrauschen liegt bei 16 dB-A und ist in den allermeisten Situationen unhörbar. Die gemessene Empfindlichkeit lag mit −42,7 dB re 1 V/Pa (entspricht 7,3 mV/Pa) minimal unter den vom Hersteller spezifizierten −42 dB (8 mV/Pa), damit gehört das LCT 240 für heutige Verhältnisse zu den »leiseren« Kondensatormikros. Das ist in der Praxis aber gar nicht so schlecht, weil sich damit die Gefahr einer Übersteuerung des nachfolgenden Vorverstärkers minimiert, denn gerade Einsteiger-Preamps sind ja oft wenig pegelfest. Übrigens hatten wir noch ein zweites Exemplar zur Verfügung, das sich in seinen technischen Werten und im gemessenen Frequenzgang nahezu identisch verhielt − ein weiterer Beleg für die hohe Fertigungsqualität.
PRAXIS Bei den Probeaufnahmen präsentiert sich das LCT 240 als recht neutrales Kondensatormikrofon mit ausgewogener Frequenzverteilung. Im direkten Vergleich zu seinem engen
Verwandten, dem LCT 140 klingt das LCT 240 in den Hochmitten etwas milder und gerade an der Akustikgitarre weniger drahtig. Das erweist sich aber insbesondere bei beherztem Strumming als angenehm, da die Plektrumanschläge weniger herausstechen. Das LCT 240 ist aber keineswegs ein Weichzeichner oder Schönfärber. Der Klangcharakter ist, wie eigentlich bei allen LewittMikros, eher auf der nüchternen Seite. Tendenziell tun sich eher Parallelen zu AKG als zu Neumann auf − da schlägt wohl die Wiener Herkunft durch. Grundsätzlich ist das LCT 240 ein Mikro mit wenig »Attitude« − von Vintage-Sound oder den Großmembrantypischem »Vergrößerungseffekt« ist nichts zu spüren, das Lewitt versteht sich als simpler Schallwandler ohne Starallüren. Zauberkräfte entfaltet das LCT 240 also nicht, dafür lässt es sich aber recht vielseitig einsetzen. Im Vokaleinsatz erweist sich das Lewitt als recht gutmütig: Die Poppneigung ist relativ gering, und auch die kritischen S-Laute werden nicht zu scharf gezeichnet. Angenehm: Auch bei Kopfbewegungen des Sängers gerät das Klangbild nicht aus den Fugen. Mit seinem recht neutralen Klangverhalten sollte das kleine Lewitt mit einer Vielzahl von Stimmen harmonieren. Und weil auch die technischen Werte stimmen, kann es einen sehr weiten Dynamikbereich abbilden: Weder sehr leise Instrumente wie sanft gezupfte Nylonsaitengitarre noch sehr laute wie Schlagzeug und Percussion stellen das LCT 240 vor Probleme. Wie sich in den Messungen bereits andeutete, erreicht das LCT 240 allerdings nicht ganz den Bass-Wumms der höherpreisigen Modelle, geschweige denn eines Neumann TLM 103. Es verfügt naturgemäß auch nicht die schmusige Weichheit eines hochwertigen Röhrenmikros oder eines Bändchenmikrofons. Alles darf man von dem kleinen Lewitt also nicht erwarten, aber unterm Strich deckt es schon einen sehr weiten Einsatzbereich ab.
FAZIT Das Lewitt LCT 240 ist ein prima Kondensatormikro für Einsteiger. Mit seinem weitgehend neutralen Klangbild und tadellosen technischen Daten erweist es sich als echter Universalist, denn es eignet sich gleichermaßen für Gesang wie für eine Vielzahl von Instrumenten. Wer ein preisgünstiges Mikrofon sucht, das als Erstausstattung einen weiten Aktionsradius abdecken muss, sollte das Lewitt LCT 240 in die engere Wahl ziehen. I
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TESTBERICHTE
ION AUDIO PROFILE LP
USB-Plattenspieler
Der Audio Profile LP ist ein einfacher Plattenspieler mit integriertem Wandler und USBSchnittstelle. Er bietet die Möglichkeit, geliebte Schallplatten unkompliziert zu digitalisieren und sie so überall zu nutzen.
Der Vinylumwandler Ion Audio Profile LP Plattenspieler mit USB-Schnittstelle TEXT: BERNHARD LÖSENER, FOTO: DIETER STORK
Das Plastikgehäuse ist durch vier Gummifüße mit Spiralfedern entkoppelt und mit einer Staubschutzschutzhaube ausgestattet. Der halbautomatische Tonarm mit Absenkhebel bietet leider keine Einstellmöglichkeiten; insbesondere vermisst man hier eine Möglichkeit, das Auflagegewicht zu justieren. Auch auf Features wie Antiskating etc. wurde verzichtet, was allerdings in dieser Preislage auch nicht eingefordert werden kann. Der Teller ist nicht besonders schwer und arbeitet mit einem Riemenantrieb. Außer dem Umschalter für die Geschwindigkeit (33/45 RPM) findet man lediglich einen Stop-Schalter. Anschlussseitig gibt es einen USB-Anschluss und ein Cinch-Stereokabel als Line-Ausgang, um den Plattenspieler an eine Stereoanlage anzuschließen.
SOFTWARE Die mitgelieferte Software (EZ Vinyl Konverter) steht für PC und Mac zur Verfügung und
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erlaubt das schnelle Digitalisieren der VinylScheiben. Allerdings ist (in der PC-Version) nur eine Konvertierung in das MP3-Format (192 bps) möglich, und die Files werden generell nur in iTunes ausgegeben. Hier lässt sich aber auch problemlos eine leistungsfähigere Software (wie Wavelab, Sound Forge etc.) verwenden.
PRAXIS Insgesamt ist das Handling des Profile LP unkompliziert. Es ist keine Treiberinstallation erforderlich ist, da das Gerät sofort erkannt wird. Praktisch ist auch, dass man den Plattenspieler direkt an einen Line-Eingang anschließen und nicht auf einen Phono-Eingang (und somit auf einen Hi-Fi-Verstärker oder eine Phonobox) angewiesen ist. Der Klang kann natürlich nicht mit hochwertigeren Wandlern und Plattenspielern mithalten, geht aber angesichts des niedrigen Preises in Ordnung, lediglich der Bassbereich wirkt
manchmal etwas unterrepräsentiert. Auch der Einbau eines besseren Systems ist nicht möglich.
FAZIT Für alle, die keinen Plattenspieler haben und ab und zu mal Vinyl in MP3s umwandeln möchten, ohne größere Ansprüche zu haben, ist das Gerät eine preiswerte und gute Lösung. Wenn man allerdings einen Plattenspieler besitzt (und der wird in 90 % der Fälle bis auf die USB-Schnittstelle mehr Features bieten als der Profile LP) fährt man besser, wenn man sich für das gleiche Geld ein Audiointerface besorgt. I
Hersteller/Vertrieb: Ion Audio UvP / Straßenpreis: 99,− Euro / ca. 80,− Euro r www.ionaudio.com ION AUDIO PROFILE LP TESTBERICHTE 55
TESTBERICHTE
ZOOM Q3 HD
Portabler Audio/Video-Recorder
Vor rund zwei Jahren brachte Zoom mit dem Q3 ihren ersten Mobilrecorder für Audio und Video auf den Markt. Obwohl das Multifunktionswerkzeug für Audio-/VideoBlogger und YouTube-Filmer auch heute noch im Programm ist, steht mit dem Q3 HD mittlerweile eine Version mit deutlich besserer Videoqualität zur Wahl.
Breitbild-Bonsai Zoom Q3 HD Portabler Audio/Video-Recorder TEXT: RALF KLEINERMANNS, FOTOS: ARCHIV
Mit dem Q3 (Test in S&R 4.2010) hatte Zoom die richtige Vision, aber der Zeitpunkt der Markteinführung hinkte dem Trend etwas hinterher. Natürlich waren High-End-Filmer nicht die avisierte Zielgruppe, aber dennoch wurde die Videoauflösung des Q3 schon von manchen Billig-Digitalkameras übertroffen. Hinzu kam, dass YouTube − wohl die wichtigste Plattform für Q3Videos − fast zeitgleich erstmals auch höher auflösende Videoformate wie 720p/1080p HD erlaubte. Der Q3 HD kann solche HD-Videos liefern − und unterscheidet sich auch in einigen anderen Punkten von seinem Bruder Q3.
anschluss und die Aufzeichnung auf SD(HC)-Cards hat der HD übernommen. Bedienen lässt sich der HD noch einfacher als sein Bruder Q3: Seitlich gibt es nur einen Schieber für die Mikrofon-Empfindlichkeit (Auto/Low/ High). Alle übrigen Einstellungen erledigt man an der Rückseite über Menü-, Enter- und vier Cursor-Tasten mithilfe übersichtlicher Icons im Display. Einziger Wermutstropfen: Während das mitgelieferte Zubehör beim Q3 auch Mikro-Windschutz, Transportbeutel und TV-Kabel umfasst, findet man in der Q3-HD-Packung nur noch Batterien und eine 2-GB-SD-Card.
ERSTER EINDRUCK Neben dem glitterblauen Original gibt es den Q3 inzwischen auch in Weiß und Schwarz. Dennoch wirkt der schlankere Q3 HD mit seinem silbernen Kunststoffgehäuse noch etwas schlüssiger und dezenter. Q3-Tugenden wie Stereomikro (2 Kapseln in XY-Anordnung), Buchse fürs optionale Netzteil, Stativgewinde, Kopfhörer/Line- und TV-Ausgang, integriertes USB-Kabel(chen) zum Rechner-
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AUDIO »Sound makes the movie« war und ist das Motto der Q3-Familie. Wie bereits beim Q3 steht auch die Audioqualität des Q3 HD Zooms Field-Recordern wie etwa H4n nicht nach und ist somit wohl der größte Pluspunkt gegenüber vielen Mitbewerbern. Die maximale Sample-Rate ist mit 48 kHz (Videoton) bzw. 96 kHz (Audioaufzeichnung ohne Video) unverändert. Während der Q3
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Audio auch mit MP3-Kodierung aufzeichnen kann, bietet der Q3 HD als datenreduzierende Alternative zu PCM/WAV nur AAC (Advanced Audio Coding) an, das bei identischer Datenrate zwar etwas besser klingende Ergebnisse ermöglicht, aber immer noch nicht so verbreitet ist wie MP3. Ein Vorteil des Q3 HD gegenüber dem Q3 ist der integrierte Stereo-Line-Eingang (Miniklinke), über den man beispielsweise im Proberaum auch mal ein Stereosignal direkt vom Pult abnehmen kann. Sobald dort ein Kabel eingesteckt wird, sind die internen Mikros nicht mehr aktiv. Der seitliche »Mic Gain«-Schiebeschalter (Auto/L/H) wirkt − wie der Name sagt − nur auf das interne StereoMikro. Die Empfindlichkeit des Stereo-LineEingangs lässt sich im Q3 HD auch ansonsten leider nicht beeinflussen.
VIDEO
Zoom Q3 HD Hersteller/Vertrieb Zoom / Sound Service UvP/Straßenpreis 296,− Euro / ca. 230,− Euro r www.soundmakesthemovie.com / www.soundservice.eu
+++ Full-HD-Video-Auflösung ++ sehr gute Audioqualität +++ gutes Preis/Leistungs-Verhältnis −−− keine Audioaufzeichnung in MP3 −−− keine Line-In-Gain-Regelung SOUND & RECORDING 01/12
Mit 640 x 460 Pixeln ist die Video-Auflösung des Q3 heute nicht mehr zeitgemäß. Das resultierende Seitenverhältnis von 4:3 wirkt oft etwas antiquiert − und auch Lichtstärke und Tiefenrauschen des Q3 sind mittelmäßig. Der Q3 HD liefert hingegen Videoformate bis zu Full HD 1080p. Diese 1.920 x 1.080 Pixel entsprechen nicht nur der siebenfachen Auflösung des Q3, sondern das Bild hat auch ein Seitenformat von 16:9, das etwas näher am »Kino-Feel« (Cinemascope: 21:9) ist. Zudem sorgt die Kombi aus lichtstärkerem Objektiv (f: 2.8) und besserer Elektronik (Sensor/ interne Aufbeitung) dafür, dass der Q3 HD auch bei schwächerer Ausleuchtung Videos mit weniger Bildrauschen produziert. Weitere exklusive Stärken des Q3 HD sind vierfach Digitalzoom (Q3: zweifach), drei Bildmodi (Auto, Bühnenlicht, Nacht), die Möglichkeit, Videos intern zu beschneiden oder zu zerteilen, sowie ein HDMI-Ausgang zur digitalen (= verlustfreien) Ausgabe von Video und Sound auf entsprechenden Fernsehern, Beamern etc.
SOFTWAREUNTERSTÜTZUNG Sobald man das USB-Kabel des Q3 HD an einen PC oder Mac stöpselt, erscheint der Inhalt der Speicherkarte dort als Laufwerk. Man kann nun Betriebssystem-Updates für den
Q3 HD auf die Karte aufspielen sowie dort aufgezeichnete Dateien auf den Rechner kopieren oder im mitgelieferten Programm HandyShare bearbeiten. Neben dem Beschneiden von Videos beherrscht das Programm auch Audiobearbeitungen wie Verhallen, Normalisieren und Maximieren sowie das direkte Hochladen auf YouTube.
PRAXIS Im Test gab sich der Q3 HD keine Blöße. Die Icon-basierte Bedienung erinnert an ein gutes Mobiltelefon, was keinesfalls negativ ist: schnell, einfach, übersichtlich. Die Audioqualität konnte bereits beim Q3 überzeugen, und so gibt es hier kaum Unterschiede − mit Ausnahme des AAC-Formates und des neuen Line-Eingangs. Einen großen Schritt weiter geht es hingegen bei der Videoqualität. Natürlich sollte man auch vom Q3 HD nicht ähnlich scharfe und atmosphärische (geringe Tiefenschärfe) Bilder erwarten wie von einer angesagten HD-Kamera mit gutem Objektiv. Solch eine Kombi − beispielsweise Canon 5D MkII + LObjektiv − kostet aber auch mehr als das Zehnfache. Nicht viel getan hat sich im Vergleich zum Q3 bei der Batterielaufzeit: Bei Audioaufnahme hält ein Satz etwa vier Stunden lang durch, bei Videoaufnahme nur zwei.
FAZIT Mit dem Q3 HD führt Zoom das Konzept des erfolgreichen Q3 fort und bringt auch die Videoqualität auf die Höhe der Zeit. Full-HDVideoauflösung, Stereo-Line-Eingang und HDMI-Ausgang sind nur einige der gelungenen Neuerungen. Gemeinsam mit der nach wie vor sehr guten Audioqualität ist der Q3 HD somit ein solider Immer-dabei-Recorder für alle, die schnell und einfach Band-, Produkt- und Doku-Videos für YouTube & Co. einfangen wollen. Übrigens: Wer noch einen guten AudioMobil-Recorder für kleines Geld sucht und keinen großen Wert auf Line-in und VideoRecording legt, sollte auch den Q3 in Betracht ziehen, den man zurzeit im Handel oft für weniger als 100 EUR findet. I
ZOOM Q3 HD TESTBERICHTE 57
TESTBERICHTE
SOFTUBE SUMMIT AUDIO TLA−100A
Opto-Kompressor-Emulation
Ein LA−2A gehört ins Portfolio eines jeden Anbieters von Vintage-Emulationen. Doch was tun, wenn das Teletronix-Original zu »gewöhlich« geworden ist? Summit Audio hat einen Opto-Leveler im Programm, der mittlerweile selbst zum Klassiker geworden ist ...
Klassiker aufgebohrt Softube Summit Audio TLA−100A Opto-Kompressor-Emulation AUTOR: HANNES BIEGER
Der originale Summit-Audio-Kompressor erblickte das Licht der Welt in einer Ära, die man ähnlich wie die Gegenwart als eine Zeitenwende bezeichnen könnte. Um 1980 war die Audiowelt im Umbruch: Die Digitaltechnik etablierte sich auf breiter Front, und IC-basierte Analogtechnik ermöglichte einen Quantensprung bei dem Versuch, möglichst komplexe Schaltungen auf kleinem Raum unterzubringen. Rückblickend können wir sagen, dass dies alles nicht immer zu klanglichen Vorteilen gereichte. Doch während der klangliche Wert der Designs aus den 50er- bis frühen 70er-Jahren heute (wieder) in aller Munde
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ist, arbeiteten damals nur wenige mit der klassischen Röhrentechnik. Auch Michael Papp. Gründer von Summit Audio, kam über die Vintage-Technik, mit der er handelte, zum Gerätedesign. Er war fasziniert vom Klang der alten Technik, und gemeinsam mit Dave Hill (später Mastermind von Crane Song) entwickelte er den TLA−100, der zwei Wünsche erfüllen sollte − er sollte den »guten alten« Sound mit verlässlichen, wenig anfälligen Schaltkreisen erzielen. Als Zweiknopf-Optokompressor orientiert sich natürlich auch der TLA−100A am OptoUrvater Teletronix LA−2A, an dem in diesem Metier einfach niemand vorbeikommt. Die
Audioschaltung ist aber doch deutlich anders aufgebaut, mit einem interessanten Mix aus verschiedensten Schaltungstopologien. Kurz gesagt, durchläuft das Audiosignal im TLA−100A zunächst einen IC-basierten Eingangsverstärker, danach die Optozelle, anschließend die Röhrenstufe auf Basis einer einzigen 12AX7A-Doppeltriode und danach die Ausgangsstufe, die aus zwei 990-OpAmps besteht: Dies sind diskrete Operationsverstärker, die vom Übertragerhersteller Jensen um 1980 entwickelt wurden, und die in der Industrie einen sehr guten Ruf als transparenthigh-endige Transistorlösung genießen. Ein wilder Stilmix also, bei dem die Bezeichnung
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+++ Klangeigenschaften +++ praxisnahe Parameter Die »Modern Section« ergänzt den Software-Klon um ein paar zeitgemäße Funktionen: Sidechain-Low-Cut, Sättigungskontrolle sowie stufenlos einstellbare Parallelkompression.
Summit Audio TLA−100A Hersteller/Vertrieb Softube / Audiowerk UvP/Straßenpreis 196,− Euro / ca. 150,− Euro r www.audiowerk.eu
»Röhrenkompressor« leicht irreführend ist; dafür ist der Summit-Kompressor aber ein echter Trendsetter als eines der ersten HybridGeräte, die überhaupt erhältlich waren. Klanglich hat das Hardware-Original Qualitäten, die selbst Koryphäen begeistern. So lässt sich Engineer-Legende Al Schmitt zitieren, er habe seit über 25 Jahren keine Vocal-Aufnahme ohne den TLA−100A durchgeführt ...
TLA−100A Als LA−2A-Verwandter ist die Bedienung des Plug-ins sehr schnell erklärt: Mit dem GainReduction-Poti stellt man die Stärke der Kompression ein, mit dem Gain-Poti anschließend den Ausgangspegel. Damit sind auch schon fast alle Funktionen des LA−2APrinzips erklärt. Als Ergänzung bietet der TLA−100A für die (grundsätzlich programmadaptiven) Zeitkonstanten jeweils drei Presets zwischen slow und fast an. Damit ermöglicht der Prozessor Regelzeiten im Bereich von 180 Mikro- bis 100 Millisekunden (Attack) sowie 32 Milli- bis 1,5 Sekunden (Release). Selbstverständlich handelt es sich um einen Softknee-Kompressor, bei dem die Kompressionsrate mit dem Eingangssignal bzw. der Pegelreduktion ansteigt − ganz so, wie sich das für einen Optokompressor gehört. Das liebevoll fotorealistisch gestaltete VU-Meter kann wie das Original die Pegelreduktion und den Ausgangspegel anzeigen, während an der Stelle des Bypass-Schalters des Originals ein Schalter sitzt, der den externen Sidechain-Input des Plug-ins aktiviert. Soweit die »klassische« Sektion. Darunter spendierte Softube dem Plug-in eine weitere Abteilung mit Bedienelementen, die das Original so nicht hatte, die aber heute gewissermaßen als funktioneller Standard gelten dürfen. Der stufenlose Low-Cut (OFF: 600 Hz) kann entweder in die Sidechain oder direkt in den Audioweg geschaltet werden; Letzteres ist beispielsweise praktisch, wenn man die Eckfrequenz vorhören möchte. Dazu kommt noch ein »Parallel Inject«-Poti, das Parallelkompression ermöglicht − und damit
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die Kombination aus heftiger Pegelreduktion und natürlich-luftigen Transienten. Das Saturation-Poti hingegen macht den Effekt der Röhre des Hardware-Original unabhängig vom Pegel, den man in das Plug-in hineinschickt. Man kann also Kompression und Sättigung unabhängig voneinander einstellen. Beim Original wäre das Gain-Staging ein interaktiver und vielleicht sogar etwas fummeliger Prozess ... Kurzum: Softube hat das einzig richtige getan und dem Summit-Plug-in ein paar sehr praxisnahe Zusatzfunktionen spendiert. Dem Charakter als »Set-and-Forget«-Optokompressor tut das keinen Abbruch, die Bedienung bleibt immer noch so einfach, wie sie bei einem Kompressor nur sein kann. Bezüglich Installation und Kopierschutz gibt es nur Erfreuliches zu vermelden. Hier läuft alles rund und glatt, wie zu erwarten, nicht zuletzt dank des allseits sehr akzeptierten iLok-Verfahrens.
IM BETRIEB Zunächst muss − wieder einmal − gewürdigt werden, wie sehr Softube sein Metier beherrscht. Das fällt beim Einsatz des Plug-ins (Mac/PC, AU/VST/RTAS) auf Anhieb auf, und zwar schon daran, dass die Einstellungen an den Bedienelementen wirklich etwas am Sound verändern. Wenn man irgendwo dreht, dann passiert auch etwas, was im Zweifelsfall richtig anders klingt. Homöopathische Veränderungen − solche, die man mit der Lupe suchen muss − gibt es hier nicht. Die Regler greifen, und das wird deswegen so betont, weil es auch 2011 bei Software leider keine Selbstverständlichkeit ist. Doch nicht nur die Bedienelemente packen zu, sondern auch die Kompression selbst. Der TLA−100A findet auch als Plug-in eine interessante Balance zwischen Optomäßiger Gutmütigkeit einerseits und einem rockig-erdigen Touch am anderen Ende des Spektrums. Sogar als Verdichter für DrumRäume lässt er sich einsetzen, eigentlich nicht die Domäne eines Dynamikprozessors
+++
Sättigungsfunktion
mit Opto-Regelverhalten. Mit den schnellen Zeitkonstanten-Presets werden Transienten zuverlässig gehalten, und es ist vor allem die ungewöhnliche schnelle Release-Phase von 32 ms, die bei Drums den Druck macht. Auch die Funktionalität des Sidechain-Filters zeigt sich hier sehr schön. Es packt besser zu als bei manchem Hardware-Gerät. Dennoch sind Bässe und Vocals weiterhin die Haupt-Einsatzgebiete eines solchen Kompressors. Speziell bei den Bässen kann der TLA−100A wieder ordentlich Druck machen, und mit längeren Attack-Einstellungen kommt auch noch gehörig Punch dazu − so viel, dass man die Peaks manchmal mit der Sättigungsfunktion glätten muss, was denn auch sehr gut funktioniert. Gerade auch bei Vocals kommt die Sättigung sehr gut. Sie verleiht dem Kompressor einen Klang, der in der Tat bisweilen an das Verhalten eines LA−2A erinnert, der an die Übersteuerungsgrenze gebracht wird. Hier liegt einer der wesentlichen Unterschiede zum Tube-Tech CL 1B. Man fragt sich ja schon, ob zwei LA−2A-Varianten vom selben SoftwareAnbieter sinnvoll sind. Aber die Unterschiede sind definitiv groß genug, um die Anschaffung beider Plug-ins zu rechtfertigen. Während der Tube-Tech mehr Einstellmöglichkeiten und einen klaren und trocken Punch bietet, changiert der TLA−100A mehr ins mittigrockige, wobei vor allem die Sättigung hervorragend gelungen ist. Vorsichtiges Andicken ist hier ebenso drin wie ein kaputtes Krachen, das aber niemals »digital« klingt.
FAZIT Wieder einmal ein Volltreffer aus dem Hause Softube! Das TLA−100A-Plug-in serviert die analogen Qualitäten des Originals in überzeugender Form, noch dazu erweitert um ein paar sinnvolle Funktionen, die nicht nur auf dem Papier zeitgemäß aussehen, sondern auch in der Praxis den Unterschied machen, den man bei einem durch und durch hochwertigen Prozessor erwarten können sollte. Beide Daumen hoch! I
SOFTUBE SUMMIT AUDIO TLA−100A TESTBERICHTE 59
TESTBERICHTE
SOUNDS & SAMPLES
Frische Sounds für die Musikproduktion
Seit es Sampler und ROMpler gibt, wollen Hersteller den Klang akustischer Gitarren über eine Keyboardtastatur spielbar machen. Aber erst die Möglichkeit, mit aufwendigen Scripts im Rechner zu arbeiten, hat eine Art Saitenwechsel ermöglicht. TEXT: HANS-JÖRG SCHEFFLER
EFIMOV NYLON UND STAHL
Gitarren-Libraries für Kontakt 4/5 VERTRIEB: EFIMOV SOUND PRODUCTION
rWWW.ILYAEFIMOV.COM UVP: 99,− EURO PRO INSTRUMENT
NYLON UND ACOUSTIC GUITAR Ilyia Efimov ist ein russischer Sounddesigner, der vier verschiedene Gitarren-Libraries für Kontakt 4 entwickelt hat. Efimovs erste Library heißt schlicht Nylon und widmet sich dem Klang einer klassischen Konzertgitarre, die mit den Fingern gespielt wurde. Der Grundklang des Instrumentes ist warm und lyrisch, und dank des aufwendigen Multisamplings, bei der jede Note in jedem Bund auf jeder Saite mit 14 Velocity-Zonen und RoundRobin aufgezeichnet wurde, reagiert das Instrument sehr organisch und liefert überzeugend klingende Ergebnisse. Insgesamt 60 TESTBERICHTE SOUNDS & SAMPLES
sind 3.477 Samples zusammengekommen, die mit 24 Bit Auflösung 2,1 GB Platz auf der heimischen Festplatte beanspruchen. Alles gerade Gesagte trifft genauso auch für Efimovs zweites Instrument zu, mit dem einzigen Unterschied, dass die Gitarre, die dafür gesampelt wurde, mit Stahlsaiten bestückt war. Auch dieses Instrument bietet einen sehr lyrischen Sound, der ein wenig an Pat Methenys UnpluggedAlben erinnert. ARTIFICAL INTELLIGENCE: Das Kontakt-Script analysiert im Hintergrund permanent die Spielweise des Musikers und wählt selbstständig nach gitarristischen Gesichtspunkten die richtige Saite und Griffbrettposition aus. Wer lieber selber bestimmen möchte, auf welcher Saite und in welchem Bund ein bestimmter Ton
gespielt werden soll, kann das natürlich über Keyswitches tun. Dank Legato- und Glissando-Samples sind auch die Übergänge zwischen zwei Noten kein Problem mehr. Während die Samples in den höheren VelocityBereichen mitunter ein wenig drahtig klingen, entwickelt das Instrument besonders im unteren Dynamikbereich einen sehr vollen und runden Ton. Insgesamt stehen 14 verschiedene Artikulationen zur Verfügung, mit denen auch gitarrentypische Spielweisen wie Flageoletts, Hammer-ons und Pull-offs kein Problem darstellen. Ein Repetition-Keyswitch ermöglicht es, einen Ton schneller zu wiederholen, als es normalerweise auf einer Tastatur möglich wäre, um z. B. gitarrentypische Tremolo-Effekte zu erzeugen. Die üblichen Geräusche, wie Fingerrutschen etc. sind natürlich auch vorhanden und erhöhen ebenfalls den Realismus. Kontakt-eigene Effekte wie Reverb, Delay, Compressor und EQ wurden in die GUI integriert und für das Instrument optimiert. Zu guter Letzt hat Efimov Nylon für den Einsatz mit einem Guitar-to-MIDI-Controller, wie dem Roland GR−55, vorbereitet. Eine virtuelle Gitarre über eine
echte Gitarre ansteuern − willkommen im 21. Jahrhundert!
STRUM Für beide Instrumente bietet Efimov mittlerweile auch eine Variante an, die für typische Gitarrenbegleitungen ausgelegt ist. Dazu wurden für jedes Instrument spezielle Samples erstellt und ein komplett neues Script generiert, das auf einem Keyboard gegriffene Akkorde in Echtzeit in typische Gitarren-Voicings übersetzt und diese mit einem Patternsequenzer abspielt, sodass dabei typische Rhythmusgitarren-Parts entstehen. Das Script erkennt 33 verschiedene Akkordtypen (mehr als manche Gitarristen!).
FAZIT Alle vier Produkte können direkt im Onlineshop von Efimov erworben werden und kosten jeweils 99 Euro. Ein Bundle aus Nylon und Strum kostet 149 Euro. Wer direkt alle vier Instrumente erwirbt, spart noch einmal 100 Euro und bekommt alle zusammen für 249 Euro. Mir persönlich hat die Nylon-Sologitarre am besten gefallen. Da hört man wirklich den Fingernagel!
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ZERO G SPIRITOSO
ZERO G ANIMATO
BLAZIN RNB&HIPHOP VOL.3 & MODERN POP
Cello-Phrasen für Kontakt 4
Orchester-Effekte für Kontakt 4
Construction-Kits und Loops
VERTRIEB: BEST SERVICE rWWW.BESTSERVICE.DE UVP: 115,− EURO
VERTRIEB: BEST SERVICE r WWW.BESTSERVICE.DE UVP: 109,− EURO
VERTRIEB: BEST SERVICE rWWW.BESTSERVICE.DE UVP: JE 87,− EURO
Während die Konkurrenz auf aufwendiges Multisampling und Scripting setzt, um den berühmten Klang zwischen den Noten einzufangen, verwendet Zero G mit Spiritoso und Animato Phrase-Loops, um orchestrale Performances für den Einsatz in der modernen DAW-Produktion aufzubereiten. Spiritoso ist mitnichten eine Sammlung von gestrichenen Weingläserloops, sondern vielmehr eine Kollektion von handgespielten Cello-Phrasen. Vom tonalen und rhythmischen Inhalt her sind die Phrasen und Arpeggios eher schlicht gehalten, was den Vorteil hat, dass man sie sehr viel flexibler verwenden kann als z. B. komplexe und virtuos gespielte Melodien. Das Besondere an diesen Phrasen ist stattdessen, dass sie mit verschiedenen Dynamikstufen und Tonhöhen eingespielt wurden. Der Anwender kann so z. B. in Echtzeit mit dem Modulationsrad zwischen verschiedenen Dynamikabstufungen überblenden, während die Phrase läuft, um so bewusst Akzente zu setzen. Auch das Anpassen der Phrasen an die harmonische Struktur eines Songs ist durch die gewählte Vorgehensweise sehr viel einfacher. Alles in allem die ideale Wahl für alle, die ihrer Musik die typisch treibenden StacattoPatterns hinzufügen wollen, die heutzutage so gerne in jedem zweiten Trailer zum Einsatz kommen. Einfach noch einen passenden Taiko-Loop drunterlegen, und fertig ist der nächste Game-Soundtrack. Für die Freunde der experimentellen Musik oder für die nächste Halloween-Party gibt es eine Sammlung von extrem elektronisch verfremdeten Loops, die hier unter dem Oberbegriff »Mutated« zusammengefasst sind. Der Name ist Programm, denn viele der Loops erinnern noch nicht mal im Entferntesten an ein Cello, sondern könnten genauso gut mit einem Modularsynthesizer erzeugt worden sein.
Animato ist ein weiteres Produkt von Zero G, das versucht, den Bedarf an orchestralen Klängen zu bedienen. Bei Animato geht es um typische Orchester-Effekte, die, an den richtigen Stellen im Arrangement platziert, für Spannung und Dramatik sorgen sollen. In diesem Fall kamen die Instrumentengruppen Flöten und Streicher zum Einsatz. Im Multitrackingverfahren haben vier Solisten der Liverpooler Philharmonie typische Orchestereffekte im Studio aufgezeichnet. Dabei sind über 3.000 Samples mit insgesamt 4,5 GB Umfang herausgekommen. Über das Modulationsrad kann man dynamisch in die Klangstrukturen eingreifen und so jederzeit zwischen subtil verhalten und extrem brutal überblenden. Neben den atonal angelegten Effektklängen gibt es auch ganz normal diatonisch spielbare Sounds, die aber ebenfalls eher für Film- und Game-Soundtracks geeignet sind als für konventionelle Popnummern. Animato ist die ideale Ergänzung zu herkömmlichen Orchester-Libraries, weil sie sich auf Klangstrukturen konzentriert, die mit gesampelten Instrumenten typischerweise nicht zu realisieren sind. Genau wie beim Schwesterprodukt Spiritoso gibt es auch in Animato eine Kategorie namens »Mutated«, bei der die Produzenten die akustischen Samples radikal durch den Effektwolf gedreht haben. Exzellentes Futter für ihren nächsten Horrorfilm!
Der Bedarf an Loops scheint grenzenlos zu sein. Auch der deutsche Soundwareproduzent Best Service bietet Libraries an, die sich jeweils auf ein Genre konzentrieren und Loops sowie OneShots anbieten, mit denen man am Bildschirm ohne große Vorkenntnisse Musik aus Einzelelementen zusammensetzen kann. Die Loops liegen in allen gängigen Formaten (WAV, REX2, Acid etc.) vor und lassen sich mit den entsprechenden Softwarepaketen problemlos synchron zum Songtempo abspielen. Blazin RnB & HipHop Vol.3 bietet 35 authentisch klingende Construction-Kits im Stil von Timbaland und Konsorten auf einer DVD mit 2,7 GB Umfang − professionell produziert und mit 87 Euro etwas preiswerter als die meisten Konkurrenzprodukte. Wer gerne Musik im Stil von Lady Gaga oder den Black Eyed Peas produzieren möchte und dabei auf Loops angewiesen ist, wird bei Modern Pop fündig: 800 Loops mit 2,2 GB Umfang, stilsicher und sauber produziert. Drums, Bässe, Gitarren, Keyboards, Bläser, Streicher und FX − alles, was man braucht, um zeitgemäße Popularmusik zu produzieren, in einem Paket. Nur noch ein paar Vocals und ein Rap obendrauf, und nix wie rauf auf YouTube!
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TESTBERICHTE
KRK RP10−3
Midfield-Monitor
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Großer Midfield-Monitor für kleines Geld
KRK RP 10−3 Studiomonitore TEXT & MESSUNGEN: ANSELM GOERTZ, FOTOS: DIETER STORK
Der Monitor mit der Bezeichnung RP 10−3 stammt aus der Rokit-Serie des US-amerikanischen Herstellers KRK. KRK, gegründet von Keith Klarwitter, blickt heute auf eine bereits 25 Jahre andauernde Firmengeschichte zurück, die sich insbesondere in den letzten Jahren durch große Erfolge und ebensolche Stückzahlen auszeichnete. Heute darf man sich zu den weltweit größten Herstellern professioneller Abhörmonitor zählen, was nicht zuletzt der äußerst erfolgreichen Rokit-Serie zu verdanken sein dürfte. Rokit ist bei den Studiomonitoren zu einem Synonym für gute professionelle Qualität zu äußerst günstigen Preisen geworden. Mit der RP 10−3 kommt jetzt auch ein 3-Wege-System für Midfield-Anwendungen als Erweiterung der Baureihe nach oben hinzu. Typische Abhörentfernungen für diese Art Monitore liegen bei 3 bis 5 m, in denen sie dann in der Regel auch schon richtig hohe Schalldrücke erzeugen können. Für kürzere Distanzen sollte man eher auf kompaktere Systeme zurückgreifen, bei denn die einzelnen Wege nicht so weit voneinander entfernt auf der Frontplatte angeordnet sind, da sie sich ansonsten auch im Höreindruck separieren könnten.
SIND DREI WEGE BESSER ALS ZWEI? Beim RP 10−3 haben wir es mit einem echten voll-aktiven 3-Wege-System zu tun. Das sehr solide gefertigte und mit großzügig gerundeten Kanten versehene massive MDF-Gehäuse ist mit einem 10"-Tieftöner, einem 4"-Mittel-
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töner − beide mit den für KRK typischen gelben Glasfaser verstärkten Membranen und einer 1"-Gewebekalotte mit Ferrofluid-Füllung im Luftspalt bestückt -, die von klassischen Class-AB-Endstufen mit 80/30/30 Watt angesteuert werden. Alle Filterfunktionen werden mit analogen Schaltungen realisiert. Mittel- und Hochtöner sind auf einer drehbaren Subschallwand montiert, die nach dem Lösen einiger Schrauben um 90° gedreht werden kann, sollte die Box einmal quer liegend betrieben werden müssen. Als Eingänge gibt es an der RP 10−3 symmetrische Anschlüsse auf XLR und Klinke sowie einen unsymmetrischen Eingang mit einer RCA-Buchse. Neben einem Gain-Steller mit einem von −30 dB bis +6 dB reichenden großen Einstellbereich gibt es noch zwei Stufenschalter, die mit »HF-« und »LF-Level Adjust« beschrieben werden und eine zaghafte Anhebung bzw. Absenkung des Pegels für den Hoch- bzw. Tieftöner erlauben. Abbildung 1 zeigt in Grün und Blau die Funktionen der beiden Stufenschalter. Die Trennfrequenzen liegen bei 350 Hz und 3,5 kHz, womit wir auch schon direkt beim Thema wären: Ist ein 3-Wege-Monitor besser als ein 2-Wege-Modell? Genau diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Grundsätzlich kann man jedoch festhalten, dass eine kräftige und tief reichende Basswiedergabe einen großen Tieftöner erfordert und auf der anderen Seite des Frequenzspektrums eine saubere und feine Höhenwiedergabe einen kleinen und leichten
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Hochtöner erzwingt. Diese beiden lassen sich dann nur noch schwer zusammenbringen, sodass ein dritter Weg in der Mitte die Lücke füllen muß. So kommt der Mitteltöner ins Spiel, der typischer Weise dann erforderlich wird, wenn der Tieftöner größer als 8" wird, wodurch dann eine hohe Trennfrequenz zu einer kleinen Kalotte nicht mehr sinnvoll machbar ist.
werden beachtlich 107 dB erreicht, womit die RP 10−3 auch Anhänger lauter und basslastiger Musik glücklich machen dürfte. Darüber hinaus verläuft die Maximalpegelkurve in Abbildung 3 für höchstens 3% Verzerrungen weitgehend gleichmäßig mit einem Mittelwert von 105 dB bis zu den höchsten Frequenzen. Schwachpunkte können in der Maximalpegelmessung keine ausgemacht werden.
MESSWERTE
KRK RP 10−3 Hersteller/Vertrieb KRK / Korg & More Paarpreis ca. 1.188,− Euro r www.krksys.com
PROFIL KRK RP10−3 Frequenzbereich: 30 Hz − 19,3 kHz (−6 dB) Welligkeit: 7,6 dB (100 Hz − 10 kHz) hor. Öffnungswinkel: 130 Grad (−6 dB Iso 1 kHz−10 kHz) hor. STABW (Standardabweichung): 13 Grad (−6 dB Iso 1 kHz−10 kHz) ver. Öffnungswinkel: 96 Grad (−6 dB Iso 1 kHz−10 kHz) ver. STABW: 32 Grad (−6 dB Iso 1 kHz−10 kHz) max. Nutzlautstärke: 105,6 dB (3% THD 100 Hz−10 kHz) Basstauglichkeit: 106,9 dB (10% THD 50−100 Hz) Paarabweichungen: 0,84 dB (Maxwert 100 Hz−10 kHz) Störpegel (A-bew.): 36,2 dBA (Abstand 10 cm) Maße: 325 × 545 × 365 mm (B×H×T) Gewicht: 21 kg
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Im Messlabor begann die Messreihe wie immer mit dem im Freifeld gemessenen Frequenzgang. Die Entfernung betrug 4 m mit dem Messmikrophon auf der Mittelachse der MittelHochtoneinheit. Abbildung 1 zeigt den daraus resultierenden Verlauf. Die −6-dB-Punkte der insgesamt schön gleichmäßigen Kurve liegen bei 30 Hz nach unten hin und oben bei 19,3 kHz. Die RP 10−3 reicht so fast eine Oktave weiter nach unten als die meisten kleinen Nahfeldmonitore und kommt sicherlich fast immer ohne Unterstützung durch einen Subwoofer aus. Am oberen Ende fällt die Kurve ohne Resonanzen zügig ab. Ein solcher Verlauf ist typische für Gewebekalotten mit FerrofluidFüllung. Metallkalotten reichen zwar weiter hoch, zeigen dafür aber meist auch oberhalb von 20 kHz heftige Resonanzen. Beide Varianten haben ihre Vor- und Nachteile und ebenso ihre Freunde und Feinde. Manche Hersteller bieten daher sogar ihre Monitore wahlweise mit Gewebe- oder Metallkalotte an, um beide Lager zufriedenstellen zu können. Der einzige kleine Schönheitsfehler im Frequenzgang ist die 3-dB-Überhöhung bei 6 kHz, die vermutlich durch Kanteneffekte am Gehäuse oder am Mitteltöner verursacht wird. Der zugehörige Phasengang in Abbildung 2 weist aufgrund der zwei Trennungen 4. Ordnung und der akustischen Hochpassfunktion des Bassreflexgehäuses eine kräftige Phasendrehung von 3 x 360° auf. Im Spektrogramm aus Abbildung 3 zeigen sich für einige der kleinen Welligkeiten im Frequenzgang kleine Resonanzen verantwortlich, die man hier jedoch nicht überbewerten sollte. Die horizontalen und vertikalen ISOBAREN tragen die typische Eigenschaften eines 3Wege-Systems. In der Horizontalen gelingt aufgrund der Abstufungen der Membrangrößen auch ohne große Waveguides bereits ein mehr oder weniger gleichmäßiges und breites Abstrahlverhalten, was hier bei ca. 130° für den −6-dB-Öffnungswinkel liegt. Die Vertikale ist dagegen durch die zwei Übergangsbereiche in ihrem Verlauf typisch etwas unruhig und schwankt um die Mittelachse. Der erreichbare Maximalpegel fällt erwartungsgemäß großzügig aus. Im Bassbereich
HÖRTEST Für den Hörtest der RP 10−3 wurde ein typisches Midfield-Setup mit 3 m Hörentfernung gewählt. Wie immer wurden zunächst pro Box ca. 30 Messungen im Umfeld des Hörplatzes gemacht, aus denen sich ein gemittelter Verlauf berechnen lässt, der im Weiteren als Grundlage für eine mehr oder weniger komplexe Filterung dient. Der ca. 25 m2 große Hörraum ist akustisch soweit aufbereitet, dass sein Verhalten oberhalb von 150 Hz weitgehend gutmütig und hinreichend trocken ist, darunter jedoch, vor allem bei 26, 52 und 75 Hz, treten die RAUMMODEN unüberhörbar in Erscheinung. Ohne weitere Filterung würde es bei diesen Frequenzen unschön dröhnen, was nicht dem Lautsprecher anzulasten ist. Da viele Hörräume genau dieses Problem haben, gibt es von diversen Herstellern einfache Filterbänke mit Notchfilter, so auch von KRK das »ERGO Room Correction System«, um die Raummoden in ihrer Auswirkung zu mäßigen. Grundsätzlich ist das natürlich mehr eine Art Symptomkurieren. Die eigentliche Ursache anzugehen würde jedoch häufig den noch machbaren Aufwand übersteigen. Dazu wären dann große Resonanzabsorber in den Raumecken zur Reduzierung der Raummoden notwendig, die nicht nur schwierig zu realisieren sind, sondern auch viel Platz einnehmen. Abbildung 7 zeigt die zugehörigen Messungen und Filter, die hier auf einem HD2Digitalcontroller eingestellt wurden, der gleichzeitig auch als DA-Umsetzer diente. Die Signalzuspielung erfolgte wie immer digital direkt vom Rechner über ein RME Multiface. Neben den Raummoden wurde auch noch eine typische Überhöhung durch eine große Pultund Arbeitsfläche vor den Lautsprechern kompensiert, die sich im Umfeld von 200 Hz zeigte. Zwei weitere kleine Korrekturen betrafen noch die Frequenzbereiche um 750 Hz und 6 kHz. Die RP 10−3 stellte sich als großer Lautsprecher dar, mit einem umfassenden Frequenzbereich bis hinab zu den tiefsten Bässen. Auch bei gehobenen Lautstärken bleibt das 3-Wege-System souverän und klanglich angenehm. Techno- und Goa-Freunde dürften hier
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Messungen 01
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01 Frequenzgang auf Achse in 4 m Entfernung in Rot sowie Filterfunktionen zur Geschmacksanpassung. LF −2..+2 dB in Blau und HF −2..+1 dB in Grün
02 Phasengang der RP 10−3 03 Maximaler Pegel bezogen auf 1 m Entfernung bei max. 3% (rot) und 10% (blau) THD (10-%-Messung nur bis 250 Hz)
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04 Spectrogramm mit Ausschwingverhalten des Lautsprechers; in den Mitten gibt es einige kleine Resonanzen oder Kanteneffekte.
05 Horizontales Abstrahlverhalten mit −6 dB Isobaren von Gelb auf Hellgrün. Mit ca. 130° über einen weiten Frequenzbereich strahlt die Box sehr schön gleichmäßig breit ab.
06 Vertikales Abstrahlverhalten mit −6 dB Isobaren von Gelb auf Hellgrün. Durch den 3-Wege-Aufbau fällt der Verlauf insgesamt etwas unruhig aus.
07 Gemittelte Messungen am Hörplatz (rot) sowie die daraus abgeleiteten Filter (blau) und der resultierende Frequenzgang mit Filtern (grün)
GLOSSAR auch ohne Subwoofer nichts vermissen. Insgesamt ist die Wiedergabe angenehm neutral, dabei aber trotzdem nicht steril oder langweilig. Anders ausgedrückt, ist die RP 10−3 ein klanglich ansprechender Lautsprecher, der auch Spaß macht beim Hören, ohne dabei die Ansprüche an einen Monitor aus den Augen zu verlieren. Einer der Gründe könnte in der sehr dynamisch wirkenden Wiedergabe liegen, auch in Bereichen, in denen viele kleinere Lautsprecher an ihre Grenzen stoßen. Auffällig gut gelingt der RP 10−3 die räumliche Quellenabbildung mit einer gut nachvollziehbaren Tiefenstaffelung.
FAZIT Die KRK RP 10−3 ist auf den ersten Blick ein amtlicher 3-Wege-Midfield-Monitor, der fast alles das bietet, was man so erwartet. Ordent-
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liche Treiber und eine gute Elektronik in einem soliden und wirklich gut verarbeiteten Gehäuse. Die Messwerte befinden sich auf hohem Niveau, ohne dass man von übertriebenem Perfektionismus reden müsste, und der Monitor klingt richtig gut. Gut im Sinne eines professionellen Monitors und auch gut im Sinne einer Box, mit der das Musikhören Spaß macht. Die große Überraschung kommt dann beim Blick in die Preisliste, wo ein fast unglaublicher Stückpreis als UvP von 594 Euro steht. Bei den einschlägigen Händlern findet man dann sogar eine Hausnummer knapp unter 500 Euro, bei der man sich zuerst nur wundert, dann begeistert ist und sich doch irgendwann fragt: Wie geht das, kann das sein, und ist das alles richtig so? I
In einem ISOBAREN-DIAGRAMM erfolgt die Darstellung des Richtverhaltens anstatt in vielen einzelnen Polardiagrammen in sogenannten Isobarenkurven, die durch ihre Farbe anzeigen, wie weit der Pegel gegenüber dem Wert auf der Mittelachse abgefallen ist. In den Diagrammen zeigt die x-Achse die Frequenz und die y-Achse den Winkel an. Der als Abstrahlwinkel angegebene Wert bezieht sich auf eine Halbierung des Pegels (−6 dB) gegenüber dem Wert auf der Mittelachse. Der große Vorteil gegenüber Polardiagrammen ist die übersichtliche Darstellung des gesamten Frequenzbereiches in einem Diagramm. RAUMMODEN sind stehende Wellen zwischen massiven Wänden bei Frequenzen, deren halbe Wellenlänge oder ein Vielfaches davon dem Abstand der Wände entspricht.
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PRAXIS
DE/CONSTRUCTED Hits nachgebaut
JUSTICE
PRAXIS 70 De/constructed Justice
74 Sounds like ... Ozzy Osbourne
76 Beat-Programming Bastard-Dancehall
80 Moses Schneiders Recording-Tricks Vocal-Monitoring
82 Studio-Tipps 84 Sequenzer-Tipps 86 Projekt:Studio Pegelkontrolle – Ballistik
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Justice ist ein 2003 von Gaspard Augé und Xavier de Rosnay gegründetes DJ-Duo aus Frankreich. Mit ihrem Stil stehen sie in der Tradition französischer Electro- und House-Produktionen. Erste Erfolge feierten sie mit Remixen für internationale Stars wie Britney Spears, Justin Timberlake, N.E.R.D. oder Daft Punk, ehe sie 2007 mit der EP D.A.N.C.E. eigenes Material vorlegten, das sie direkt in die internationalen Hitlisten katapultierte. Im April 2011 wurde die erste Single Civilization aus dem Nachfolgealbum Audio, Video, Disco veröffentlicht, das im Oktober erschien. r www.facebook.com/etjusticepourtous
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In drei Schritten zum Hit! In dieser Workshopreihe zeigen wir, wie und mit welchen Tools sich aktuelle Charthits und Stile zu Hause am eigenen Rechner (nach-)produzieren lassen. Unser Beispielpattern orientiert sich diesmal an den französischen Elektronik-Musikern Justice, die nach ihrem weltweit gefeierten DebÜtalbum nun ihr zweites Werk Audio, Video, Disco veröffentlicht haben. Schau dir hierzu auch unseren Videoworkshop auf
www.soundandrecording.de an!
Justice De/constructed Hits zum Nachbauen AUTOR: HENNING VERLAGE, FOTO: PEROU
STYLE-ANALYSE & GROOVE
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Durch den extrem funkigen Touch sowie die verwendeten Synthsounds und Lines klingen Justice wie eine Mischung aus Captain-Future-Soundtrack und Daft Punk (s. De/constructed S&R 8.2011). Für unser Beispielpattern habe ich die Essenz − bestehend aus einem fett klingenden, geradlinig programmierten Beat, groovig platzierten Samplefetzen und dick auftragenden Synths − zusammengetragen. Hierbei hat gerade die Samplecollage aus funkigen Tracks der 70erund 80er-Jahre einen großen Anteil am Gesamtsound. Für unser Pattern habe ich mich bei Sample-Bibliotheken bedient oder die entsprechenden Parts selbst eingespielt.
Der »perfekte« Groove −
hat man ihn sich einmal wie in unserem Beispiel programmiert, kann man unzählige Tracks im Justice-Stil produzieren, denn auch dort kommt in vielen Tracks der gleiche Groove mit ähnlichen Sounds zum Einsatz.
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BASSLINE, GITARREN & SYNTHS
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BASSLINE: Die Bassline klingt böse, fett und verzerrt. Der Grundsound stammt aus dem reFX Nexus (»Crushed Bass 2«), ist aber für unseren Einsatzzweck noch zu brav und zahm. Abhilfe schafft Native Instruments Reaktor in einem Insert-Slot. Hier gibt es mit »Banaan Electrique« einen MultiEffekt, der wirklich fieseste Verzerrungen erzeugen kann. Die Bassline wird von einem Subbass aus der Korg Legacy Cell (»Thick Synth Bass«) gestützt, der Ghostnotes-ähnlich einzelne Noten zufügt, und einem sehr synthetischen, drahtigen Slapbass aus Native Instruments Massive (»Harmless«). Der (UAD) dbx 160 holt noch jede Menge Punch und Attack aus dem Sound, der (UAD) Pultec boostet auch hier Höhen und Bässe. Insgesamt ergibt sich eine sehr groovige, funkige Bassline, was durch die starke Shuffle-Quantisierung noch unterstützt wird. GITARREN: Die Gitarren übernehmen in unserem Beispielpattern auch die Funktion der Samplefragmente verschiedenster Schallplat-
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01 Das Pattern in Cubase 6 ist auf die Live-Performance ausgerichtet. 02 Die Drums bestehen aus einem in Native Instruments Drumsampler Battery 3 zusammengesetzten Layer. Durch den einfachen »Bumm-Tschak«-Beat in mittlerem Tempo (mit der Kick auf den Zählzeiten 1 und 3, der Snare auf 2 und 4 sowie einem kleinen Bassdrum-Akzent am Ende eines Durchlaufs) müssen die Sounds auch fett klingen, um eine Verbindung zwischen den Schlägen zu schaffen. Daher bekommt die Kick eine lange Sustain-Phase, die durch Sub-Samples erzeugt wird. Prädestiniert für solche Zwecke ist z. B. die lang ausklingende Kick einer Roland TR−808. Der gesamte Kicksound wird außerdem mit einem (UAD) 1176 komprimiert und erhält durch den (UAD) spl Transient Designer noch mehr Sustain.
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Der Sidechain des Cubase Compressors wird von der gesamten Drumgruppe gesteuert, wodurch der Bassline mehr Bewegung und ein deutliches Pumpen aufgeprägt wird, was sehr lebendig klingt. Ein (UAD) Pultec-EQ boosted anschließend Bässe und Höhen.
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01 Sorgt neben dem Native Instruments Massive für die Justice-Bässe: reFX Nexus 02 Bekannt für seine weichen Synbrass-Sounds: Sequential Circuits Prophet V, hier in der Emulation von Arturia 03 Die Strings, bei Justice auch wohl eher gesampelt und gesetzt, stammen von den Native Instruments Session Strings Pro. Zieht man vor Anschlagen der Note das Pitchbend-Rad herunter, wird ein »Fall« gespielt, was direkt Disco Feeling aufkommen lässt und mit reinem Pitchbending so nicht realisierbar ist. Den Sound habe ich mit (UAD) LA3A, leichter Cubase-interner Distortion und dem (UAD) Cambridge EQ komprimiert, angeraut sowie kleiner und dünner gemacht, um ihn noch mehr in Richtung Retro zu drehen. Zusätzlich wird die Line mit einem Nexus Dancepiano (»Dancepiano 2k7«) gedoppelt und mit ähnlichen Kanaleinstellungen versehen.
ten. Solche kurze Versatzstücke, geschickt an passenden Stellen eingefügt, machen das Pattern gleich noch grooviger. Die Licks stammen aus verschiedenen FunkgitarrenLibraries, wie sie z. B. von Best Service angeboten werden. Dazu gibt es noch eine funkige Singlenote-Line aus dem Steinberg Virtual Guitarist 2 und zwei WahWah-Gitarrenloops. SYNTHS: Ebenfalls zu den aus dem Zusammenhang gerissenen und neu angeordneten Versatzstücken passen die zwei Synth-Einwürfe, die jeweils mit einem Arturia Prophet V gespielt wurden − ein Synth, der gerade auch für seine weichen Synthbrass-Sounds bekannt ist. Getoppt wird die Synthfraktion mit einem Solo aus dem leider nicht mehr vertriebenen
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Native Instruments Pro 53 (»Super Sync Lead«), dessen LFO über das Modulationsrad die Tonhöhe moduliert. Überzeugende Motown-Disco-Strings liefern zusätzlich die Native Instruments Session Strings Pro. DRUMS: Bei der Snare klingt der Sound schon durch das Sample-Layer sehr fett, (UAD) Fatso und Transient Designer holen zusätzlich noch mehr Sustain aus dem Sound heraus. Dazu gibt's etwas Reverb vom (UAD) Realverb Pro (Preset »Big Snare«). Claps doppeln die Snare, ihr Charakter ist jedoch mehr »echt« und damit etwas verzogen und nicht so akkurat wie ein Sample aus dem Drumcomputer. Die Schläge sind außerdem etwas vorgezogen, damit sie sich mehr von der
Snare absetzen. Die Hi-Hat spielt zunächst Viertel, später einen Groove, der durch eine Shuffle-Quantisierung mit Faktor 85% sehr funky wirkt. Der Sound ist klein, dünn und spitz, aber auch sehr passend. Ein unauffälliger Loop rundet das Pattern ab. Er fügt lediglich ein leichtes Achtel-Feel hinzu. Höhen und Bässe wurden mit dem (UAD) Cambridge EQ abgefiltert, damit sie wirklich nur subtil wahrgenommen wird. Für die Bearbeitung der einzelnen Sounds habe ich die Battery-Einzelausgänge aktiviert. Von hier aus geht es in eine Gruppe, die wiederum über einen Sendweg Pre-Fader einen (UAD) 1176 im All-Button-Mode ansteuert, der das Signal parallel heftig komprimiert und damit für noch mehr Dichte sorgt.
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www
DOWNLOADS Videoworkshop
Klangbeispiel, angelehnt an den JusticeStil Drumkit im Battery-Format Presets für Guitar Rig 4 Beispiel-Pattern in den Formaten: Steinberg Cubase 6, Cubase Essential 4, Ableton Live 8 sowie als MIDI-File r www.sound-and-recording.de
VOCALS & LIVE-PERFORMANCE
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Eine sich ständig wiederholende Vocalsequenz, die auch mal gefiltert wird − z. B. mit dem DJ-ähnlichen Cubase Dual Filter − ist typisch für House. Dazu kommt ein
rhythmischer Gate-Effekt aus dem camel audio CamelSpace (»Stutterer«), der hin und wieder dazugeschaltet wird. Überhaupt ist das Pattern auf die Liveperformance ausgerichtet: Es könnten bei-
spielsweise externe Effekte wie das Korg Kaoss Pad eingebunden werden, um Filterfahrten oder andere Bearbeitungen spontan vorzunehmen. Viel Spaß beim Experimentieren! I
House-typisch ist die sich ständig wiederholende Vocalsequenz, die auch mal gefiltert wird, z. B. mit dem DJ-ähnlichen Cubase Dual Filter.
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01 DJ-Effekt für die Liveperformance: camel audio CamelSpace 02 Eine weitere Möglichkeit ist, Bestandteile des Patterns zu sampeln und neu zu triggern: Hierfür habe ich einen Patterndurchlauf von vier Takten gesampelt und das Ergebnis per Drag & Drop auf ein Pad des Steinberg Groove Agent 1 gezogen. Zusätzlich habe ich bei diesem Sample auch noch die erste Zählzeit abgeschnitten, sodass es mit der Snare auf der »2« startet, und das Ergebnis auf ein weiters Pad gelegt. Alleine mit diesen zwei Samples hat man nun jede Menge Möglichkeiten, das Pattern rhythmisch neu zu strukturieren und Stutter-Effekte und Breaks einzufügen. Dadurch, dass sich diese Bearbeitungen live über die Tastatur spielen lassen, kann man viel intuitiver damit spielen. Das Ergebnis lässt sich dann wiederum in einer MIDI-Performance aufzeichnen und in den Track integrieren.
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PRAXIS
SOUNDS LIKE ...
Ozzy Osbourne
Der »Madman« war schon immer von großartigen Gitarristen umgeben. Ob nun Zakk Wylde, Jack E. Lee oder Randy Rhoads − sie alle stehen für einen eigenen Sound und Stil, der aber immer zu Ozzys Musik passte. Heute soll es um Randy Rhoads gehen, der als erster am Gitarrensound des »Prince Of F...ing Darkness« teilhatte.
Ozzy Osbourne Randy Rhoads Gitarrensound nachgebaut AUTOR: JÖRG »WARTHY« WARTMANN, FOTO: ARCHIV
Randy Rhoads kam am 19. März 1982 viel zu früh bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Wer weiß, welche Riffs, Soli oder ganze Songs er noch geschrieben hätte ... Hat er doch in seiner kurzen Zeit im Scheinwerferlicht Saitenvirtuosen wie Paul Gilbert, Alexi Laiho oder Yngwie Malmsteen beeinflusst. Randy war keineswegs nur im Rock zu Hause. So spielte er Anfangs eher Pop & Folkmusik und wollte später noch seinen Master-Abschluss in klassischer Gitarre in Europa machen. Er war ein wirklich außergewöhnlicher Gitarrist, der nach zwei Minuten Aufwärmen an der Gitarre den Job bei Ozzy Osbourne bekam. Abgesehen von der legendären weißen Gibson Les Paul und der schwarzen Flying V (die mit den weißen Punkten), spielte er noch die Concorde, die er zusammen mit Grover Jackson entwarf. Da die »verschobene« Flying V zu jener Zeit ein eher ausgefallenes Modell war, bekam sie nicht »Charvel« auf die Kopfplatte, sondern einfach den Nachnamen von Grover Jackson. Nach Randys Tod wurde das Gitarrenmodell sehr erfolgreich und wird seitdem unter dem Namen »Jackson Rhoads« verkauft. Obwohl es damals schon den Marshall 2203 mit MasterVolumen gab, kaufte er trotzdem den 1959, der dann im Marshall-Werk modifiziert wurde. Die beiden Eingangstrioden wurden in Reihe geschaltet, wodurch der Amp mehr Zerre
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Klangbeispiel, angelehnt an den Titel Crazy Train aus dem Album Blizzard Of Ozz DI-Spuren der Gitarren Presets für Native Instruments Guitar Rig 4 Noten & Tabulaturen als PDF r www.sound-and-recording.de
Randy liebte seinen getunten weißen Marshall! Hier die Simulation im Guitar Rig 4
gewinnt, die aber anders klingt als der 2203. Der Amp wird mittlerweile von Marshall (natürlich in weiß) als 1959RR angeboten. An Effekten setzte Rhoads Pedale von MXR ein, so zum Beispiel den Distortion, den Flanger, den Chorus und den 10-Band GrafikEqualizer. Seine Wah-Sounds erzeugte er mit einem V847A-Wah von Vox. Weiterhin kamen Delay-Pedale von Korg, Roland und Yamaha zum Einsatz. Viel schönes Equipment, welches wir nun im Guitar Rig 4 von Native Instruments nachbauen wollen.
RIFF & SOUND IN GUITAR RIG 4 Den Song Crazy Train kann man ohne Untertreibung als absolut kultig bezeichnen! Das Riff am Anfang ist sehr markant, weswegen wohl jeder, der an Randy Rhoads denkt, als Erstes dieses Thema pfeifen wird. Als Amp kommt im Guitar Rig 4 der »Lead 800« zum Einsatz, dem ein »Mezone«Distortion vorgeschaltet wird, wobei der Distortion-Regler relativ weit aufgerissen ist. Um noch mehr Verzerrung zu bekommen,
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wird auch der Boost-Schalter am Amp aktiviert, und der PreAmp-Regler steht ebenfalls auf 15 Uhr. Im Matched Cabinet steht die Mikrofonauswahl auf B, es wird also ein SM 57 simuliert. Damit wir Räumlichkeit gewinnen, reißen wir den Dry/Air-Regler bis fast zur Hälfte auf. Mit dem ersten EQ heben wir breitbandig die Mitten an, die den reproduzierten RandySound weiter nach vorn bringen sollen. Da mir das »Zwitschern« zu laut wird, hab ich bei 836 Hz schmalbandig abgeschwächt. Der »Equalizer Shelving« sorgt für eine Absenkung der Höhen und der Bässe. Eine gravierende Soundformung erreichen wir mit dem nächsten parametrischen EQ, der die Mitten bei 1,8 kHz und bei 362 Hz beschneidet. Der letzte Equalizer dient nur noch der Beseitigung störender Frequenzen. Nun folgt der »Tube Compressor«, der das Signal fetter macht. Beim »Chorus/Flanger« steht der Mode-Schalter auf »Chorus«. Der Sync-Knopf ist gedrückt, der Speed-Regler auf 1/4 gestellt und die Intensity nur bei
0,82, damit der Gitarrensound beim späteren Doppeln nicht zu sehr verwässert. Nun folgt nur noch der »Reflektor«, wo ich unter »Small rooms« das Preset »Small wood Room« auserkoren hab. Unter Downloads findet ihr das GR4Preset sowie zwei DI-Gitarrenspuren von meiner Les Paul, die ihr in eure Sequenzersoftware laden könnt. Die Spuren solltet ihr dann hart L/R pannen! Nun sollte der Sound wie in unserem Klangbeispiel klingen.
SPIELWEISEN & TIPPS Die Gitarre ist in diesem Fall im StandardTuning gestimmt. Das Plektrum sollte nicht zu schräg gehalten werden, damit es keine unnützen Obertöne gibt. Außerdem solltet ihr aufpassen, dass die Saiten beim Wechseln nicht ineinander überklingen! Ein hartes Plektrum und energievoller Anschlag sollten straight gespielt zu dem gewünschten Resultat führen. Noten und Tabulaturen findet ihr wieder bei den Downloads zu diesem Artikel. Viel Spaß beim Ausprobieren! I
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PRAXIS
BEAT-PROGRAMMING Modeselektor
GIB DEM AFFEN BASS! Bastard-Dancehall, Euro-Crunk, Acid-Rap − Modeselektors Werk entzieht sich immer wieder engen Schubladen und Kategorisierungen. Auf drei gefeierten Alben, unzähligen EPs und Remixen haben Gernot Bronsert und Sebastian Szary bewiesen, wie dicht packendes Songwriting und überdrehter Partysound beieinander liegen können. 1995 als DJund Live-Act ins Leben gerufen, wächst das Duo als Produzententeam immer mehr zusammen und schließlich über sich hinaus. Thom Yorke erklärt Modeselektor zu seiner Lieblingsband, während 2005 das erste Album Hello Mom den Weg zu internationaler Beachtung ebnet. Beim Zweitwerk Happy Birthday liest sich die musikalische Gästeliste schon wie ein Who Is Who der europäischen Underground-Musikerprominenz: Paul St. Hilaire, Jahcoozis Sasha Perera, die Puppetmastaz, Maximo Park und Thom Yorke geben den energiegeladenen Beat- und Bass-Knallern Stimme und Gesicht. Es hagelt Auszeichnungen, etwa den 2008-er Beatport Award als »Best Dubstep and Grime Artist«. Das aktuelle Album Monkeytown, erstmals beim gleichnamigen eigenen Label erschienen, reißt erneut sämtliche Schranken zwischen kompromisslosem Clubsound und anspruchsvollem Songwriting ein. r www.modeselektor.com
76 PRAXIS BEAT PROGRAMMING
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Ein gelungener Track besteht nach landläufiger Meinung aus rund 10 % Genie und 90 % Handwerk. Über die ersten 10 % verfügst du zweifellos schon jetzt, den verbleibenden 90 möchten wir mit unserem Beat-Programming-Workshop ein wenig auf die Sprünge helfen.
Drummy-Klassiker im Rechnerstudio Beat-Programming mit Modeselektor AUTOR: MATTHIAS FUCHS
Groovt ein klassischer Drumcomputer besser als der neu erworbene High-Tech-Rechner? Diese Frage bietet Stoff für nächtelange und leidenschaftliche Diskussionen, die wir an dieser Stelle jedoch gar nicht weiter verfolgen wollen. Fest steht, dass Beatboxen und Drumcomputer aus längst vergangenen Jahrzehnten bei zahllosen Musikern noch immer hoch im Kurs stehen − und zwar nicht als samplebasiertes Derivat, sondern als Original! Organischer Sound, lebendiger Groove und nicht zuletzt eine angenehme Haptik sind Schlagworte, die in diesem Zusammenhang immer wieder fallen. Wie aber bringt man es fertig, die Qualitäten eines solchen Uralt-Instruments in ein modernes, rechnerbasiertes Studio zu transferieren? Wie entlockt man den technisch limitierten Klassikern Sounds und Rhythmen, die sich auch für aktuelle und bisweilen sehr komplexe Beat-Styles verwenden lassen? Erste Adresse für die Klärung dieser Fragen ist das Duo Modeselektor. Auf drei Alben und unzähligen Remixen verweben die Berliner seit zehn Jahren kongenial Techno-, HipHop-, Dancehall- und Dubstep-Elemente zu einem ebenso energiegeladenen wie artifiziellen Konglomerat − und sie schwören auf Drumcomputer-Originale ... SOUND & RECORDING schaut den beiden beim Beat-Programming im ModeselektorStudio über die Schulter:
VINTAGE-DRUMMIES AUFNEHMEN Gernot Bronsert: »Wir arbeiten grundsätzlich ohne Sample-Libraries. Unsere Beats entstehen fast ausschließlich mithilfe von Drum-
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ZERRSOUNDS UND DUB-ECHOS SIND FÜR UNSEREN SOUND WICHTIG. computer-Klassikern. An Retro-Sound ist uns dabei jedoch gar nicht gelegen − wir schätzen viel mehr Groove und Benutzerfreundlichkeit der Klassiker und verwenden sie in einem aktuellen klanglichen Umfeld.« Sebastian Szary ergänzt: »Hoch im Kurs stehen bei uns Rolands TR−909, eine genial Circuit-gebendete Alesis HR16 und vor allem die Roland TR-808 − Mutter und nach wie vor Königin aller Drumcomputer. Sie wird in unserem folgenden Beispiel-Beat als einzige Soundquelle dienen.« Das grundlegende Geheimnis dieser Programmier-Session ist schnell erklärt: Die 808 wird nicht gesynct. Sie soll »frei laufen« und dadurch ihren eigenen Groove behalten. So wird zu Beginn des Arbeitsprozesses in ganz klassischer Manier ein Grundbeat in der 808 programmiert. Er gibt die stilistische Richtung vor und braucht dem finalen Ergebnis zunächst nur nahezukommen. Gernot wählt einen Beat mit etwa 150 BPM und typischer Dancehall-Charakteristik. Um dem sehr plakativen 808-Sound eine individuelle Note zu geben, wird das Sum-
BEAT PROGRAMMING PRAXIS 77
mensignal klanglich kräftig bearbeitet. Im Beispiel sorgt ein altehrwürdiger MOOG-EQ vor allem für eine ordentliche Portion Verzerrung. Selbstverständlich eignen sich zur Klangbearbeitung unzählige Alternativen − vom simplen Bodentreter bis zum edlen Studio-Tool. Beim Verzerren von Drums sollte man im Hinterkopf behalten, dass ein stark verzerrter Sound einerseits sehr schnell seinen Punch einbüßen kann und andererseits viel Platz im Klangbild erfordert. Der Beat sollte also vor allem bei der Verwendung von sehr raumgreifenden Sounds möglichst »luftig« programmiert werden. Zudem bieten sich Kniffe wie die parallele oder frequenzselektive Soundbearbeitung an (s. FX-Trixx in S&R 3.2011).
KEIN SYNC! Sobald der Beat in seinen Grundzügen vollständig erscheint, erfolgt die Übertragung in den Rechner. Zuvor muss jedoch das Tempo der 808 exakt festgelegt werden, denn es bleibt im gesamten nachfolgenden Programmierprozess unveränderlich. Gernot: »Wir wollen Sound und Groove der 808 in all seiner Pracht einfangen. Deshalb ist es unbedingt sinnvoll, die Maschine über wenigstens acht Takte aufzunehmen.« Sobald sich das Pattern im Rechner befindet, muss dort der Startpunkt samplegenau geschnitten werden. Nun ermittelt man mithilfe der TEMPO-ERKENNUNG der DAW den exakten BPM-Wert des Patterns. Gernot: »Natürlich könnte man mit diesem Pattern schon jetzt sehr gut arbeiten. Wir möchten jedoch die Möglichkeiten der 808 mit denen der modernen DAW kombinieren und dabei die Grenzen der starren 16tel-Programmierung aufheben.« Im nächsten Schritt werden nun die einzelnen Instrumente der 808 weiterhin ungesynct über mehrere Takte in Form von Einzelspuren aufgenommen. Bei einem Drummy mit Einzelausgängen (wie der 808) und ausreichend vorhandener Studioperipherie könnte man sich auf einen Aufnahmedurchgang beschränken. Bei anderen Gegebenheiten ist man auf einzelne Aufnahmen angewiesen, bei denen die entsprechenden Spuren im Drumcomputer stumm- bzw. sologeschaltet werden. Das Tempo des Drummies darf auf keinen Fall verändert werden. Wer gerne mit Outboard und HardwareEffekten arbeitet, kann an dieser Stelle die einzelnen Drum-Instrumente gleich bei der Aufnahme klanglich bearbeiten. Sebastian: »Wir spielen gerne mit echten Tape-Delays, Röhrenteilen und Bodentretern aller Couleur.
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Fette Zerrsounds und Dub-Echos sind wichtige Bestandteile unseres Sounds.« In unserem Beispiel-Pattern beschränkt sich Gernot auf die analoge Sättigung des Moog-EQs, alle anderen Klangverbieger werden nach der Aufnahme in Form von Plug-ins nachgereicht. Banal, aber ebenso notwendig erscheint das regelmäßige Speichern des DAW-Projekts: Gernot: »Leider stürzen auch sogenannte Profi-Tools immer wieder ab ...«
GLOSSAR MOOG-EQ 1977 entwickelte der legendäre Synthesizerhersteller Moog zwei EQs − einen vollparametrischen 3-Band-EQ und einen 10-Band Grafik-EQ. Die integrierte Ein- und Ausgangspegelregelung erlaubt es, die Geräte als effektive Verzerrer zu missbrauchen. Heute sind sie bisweilen auf dem Vintage-Markt zu finden.
DIE BEATBOX IN DER DAW
TEMPO-ERKENNUNG Aktuelle DAWs
Nachdem sich der Beat nun in Form von Einzelspuren im Rechner befindet, können wir das Vorhandene rhythmisch weiter ergänzen oder klanglich verfremden. Ein probates Mittel kann sein, Spuren oder deren Abschnitte auf weitere Zählzeiten zu kopieren. Hier gelangen wir an den Punkt, an dem wir die Einschränkungen des Original-Drummies hinter uns lassen. Es eröffnet sich nun auch die Welt »zwischen den 16 Steps«, denn der DAWSequenzer ist natürlich nicht auf diese grobe Rasterung beschränkt. So empfiehlt sich das Verschieben von Spuren um mehrere Ticks, um den Groove zu verändern oder zunehmend »stolpernde« Beats zu generieren. Werden die Spuren in Einzelsounds zerschnitten und diese verschoben, lassen sich ShuffleBeats erzeugen − auch wenn die Originalmaschine ein solches Feature gar nicht kennt. Zudem sind wir in der Lage, mithilfe von Lautstärke-Automation Akzentuierungen zu erzeugen, die über die simple Accent-Funktion der Original-808 (oder eines anderen Oldschool-Drummies) weit hinausreichen. Im Bedarfsfall kann der Beat um weitere Instrumente ergänzt werden. Programmier dazu einfach eine neue Spur − etwa eine HiHat-Figur − in die 808 (deren Tempo-Einstellung natürlich weiterhin exakt beibehalten werden muss), und nimm sie, wie zuvor beschrieben, über mehrere Takte im Rechner auf. Auch bei der klanglichen Weiterbearbeitung der Instrumente sind uns kaum Grenzen gesetzt: Die Einzelspuren des DAW-Sequenzers lassen sich nach Lust und Laune mit Plug-ins bearbeiten. Nun erfolgt noch die Summierung der Spuren in einem Bus und ein wenig abschließendes Feintuning des Sounds − fertig. Das Hörbeispiel zeigt, welches Potenzial die gute alte 808 in sich trägt: Keine Spur von RetroBeatbox-Sound − unser Pattern präsentiert sich als schwergewichtig groovender Breakbeat mit brachialem Sound und leichtem Industrial-Touch. I
bieten üblicherweise eine Funktion, die das Tempo eines importierten Audio-Loops erkennen kann. Man begrenzt dazu den Loop auf exakt eine Taktlänge, grenzt ihn mit den Locator-Balken ein und betätigt die entsprechende Funktion.
DOWNLOADS
www
Im Audiodemo kannst du die Entstehung des Beispiel-Patterns schrittweise mit verfolgen r www.sound-and-recording.de
BEATS, BEATS, BEATS Beats sind die Grundpfeiler moderner Popmusik. Der Beat ist Motor, Rückgrat und Energiequelle eines Songs, über ihn definieren sich zudem meist die Genrezugehörigkeiten. Er nimmt als solches einen zentralen Punkt und maximale Aufmerksamkeit im weiten Feld der Musikentstehung ein: Stimmt der Beat, ist ein großer Teil der Produktion in trockenen Tüchern. In unserer Workshop-Reihe möchten wir dir wichtige Grundlagen, verschiedene − auch sehr konträre − Philosophien und nicht zuletzt praktische Tipps und Tricks vermitteln − immer aus erster Hand von echten BeatProfis. r www.sound-and-recording.de
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Die Roland TR-808 ist Mutter und nach wie vor Königin aller Drumcomputer. Sie wird in unserem Beispiel-Beat als einzige Soundquelle dienen. Die folgenden Abbildungen dokumentieren die Entstehung des Beispiel-Patterns.
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01 Wir programmieren zunächst in unserem Vintage-Drummy, hier Rolands berühmte TR−808, ein einfaches Grundmuster im Dancehall-Style. Es besteht aus einer kräftig mit EQ bearbeiteten Kick mit der typischen Dancehall-Schlagabfolge auf den Zählzeiten »1«, »2 und« sowie »4«. Das gleiche Muster wird, um zwei Steps versetzt, von der closed Hi-Hat gespielt. (»1 und«, »3«, »4 und«). Dazu wird ein Clap mit triolischem Delay auf die »4« (bzw. Step 13) gesetzt. Vergleiche dazu das Sounddemo bis 00:06.
02 Bei der Aufnahme des Patterns wird die 808 nicht gesynct − der Groove des Klassikers soll nicht verlorengehen. In der DAW wird das exakte Tempo des aufgenommenen Patterns ermittelt.
03 Jetzt wird eine gerade durchlaufende 16tel-Hi-Hat mit der 808 programmiert
und mit der DAW aufgenommen. Auch hier kann man beim Tracken schon mit reichlich kreativer Klangbearbeitung experimentieren (Sounddemo 00:08 bis 00:14). Ein weiteres klangliches Element wird in Form einer einfachen 16tel-Rimshot-Figur hinzugefügt. Sie sorgt mithilfe eines nicht ganz Beat-synchronen Delay-Effekts für Unruhe im Pattern (Sounddemo 00:16bis 00:22).
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04 Eine mittels Delay und Modulationseffekten stark verfremdete Conga-Figur erzeugt rhythmische Abwechslung. Die Figur wird in zwei Varianten abwechselnd wiederholt. Die Schläge liegen auf den Steps 1, 3, 4, 6, 8, 9 bzw. 3, 5, 7, 8, 10, 12, 13 (Sounddemo 00:24 bis 00:37). 05 Das Pattern erhält hier eine wuchtige zweite Kick mit langem Decay. Sie ist mit einer kräftigen Portion Verzerrung versehen und übernimmt gleichzeitig die Funktion der Bassline. Gegenüber der ersten Kick ist sie um zwei Steps verschoben. Dadurch befinden sich erster und dritter Schlag auf einem Offbeat und der mittlere Schlag auf der »3«. Der Screenshot zeigt die Lage der beiden Kicks zueinander (Sounddemo 00:38 bis 00:46). 06 Das Pattern wird nun zu einem kleinen Arrangement vervollständigt. Zusätzliche Plug-in-Effekte − Delay auf der Hi-Hat sowie Sättigung und Kompression auf der Summe − runden das Pattern klanglich ab (Sounddemo ab 00:47 bis Schluss).
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PRAXIS
MOSES SCHNEIDERS RECORDING-TRICKS Vocal-Monitoring
Die Qualität der Gesangsaufnahme steht und fällt mit dem Mikrofonsetup und dem Monitorsignal. Moses Schneider steht auf Emotionen und macht im Zweifelsfall lieber Kompromisse bei den letzten paar Prozenten Klangqualität.
Kopfhörersound und Klangbearbeitung Monitormix, Dynamikbearbeitung und Effekte TEXT: MOSES SCHNEIDER, BEARBEITUNG: HANNES BIEGER
In letzter Zeit hat es sich so entwickelt, dass wir vor allem hier neben dem Rechner einsingen − wahrscheinlich aus kommunikativen Gründen, weil man dann einfach mehr und direkter miteinander quatschen kann. Bevor der Künstler den Kopfhörer bekommt, setze ich ihn mir auf, um zu checken, was für ein Signal ich ihm da gleich geben werde. Ich mache also einen Mix, der nicht nur mir gefällt, sondern der auch für den Künstler gut ist. Während der Aufnahme hören wir beide exakt das gleiche Signal, der Sänger bekommt keine individuelle Mischung. Dadurch weiß ich immer, was er hört und kann also sofort eingreifen, sobald er Wünsche bezüglich des Monitorsignals hat − wenn die Gitarre beispielsweise etwas weiter nach links soll etc. Das ist dann alles ganz schnell erledigt. Es hat einfach den Vorteil, dass man nach jedem Take direkt miteinander reden kann, und der Sänger sieht auch
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immer, was du gerade am Rechner machst: »Ah, du machst noch ne Spur frei, dann kann ich ja schnell noch einen Schluck Wasser trinken ...!« Da kann also eine sehr schnelle Zusammenarbeit entstehen.
KOPFHÖRERSOUND Die Signale aus Logic und der Kophörer- bzw. des Monitoringausgangs des RME-Wandlers laufen in meinem Monitor-Controller von Dangerous Music zusammen. Selbstverständlich habe ich auf der Summe in Logic keine Plug-ins. Jedenfalls keine, die Latenzen verursachen. Wenn wir hier in der Regie singen, dann habe ich selber gar keinen Kopfhörer. Das liegt einfach daran, dass wir am Monitor-Controller nur einen Kopfhörerausgang haben, und der ist natürlich für den Sänger reserviert. Also höre ich selbst sehr, sehr leise über die Lautsprecher, was definitiv zu einem kleinen bisschen
Übersprechen auf das Mikrofonsignal führt. Aber das ist vernachlässigbar, weil ich wirklich sehr leise höre. Ich höre also eine Balance von dem Signal, das sehr leise aus den Boxen kommt und dem Sänger, der halb rechts neben mir am Mikro steht. Leise abhören hat mehrere Vorteile: Erstens kannst du ewig und drei Tage arbeiten, ohne dass die Ohren ermüden, und außerdem hört man das Timing und Tuning des Sängers sehr genau. Wenn das Timing nicht in Ordnung ist, hat man das Gefühl, dass man die Musik lauter machen möchte, weil irgendwas nicht stimmt. Aber wenn das Timing gut ist, groovt das Stück selbst bei dieser geringen Lautstärke unfassbar. Beim Tuning dasselbe: Schon wenn man nur dem Sänger ohne Playback zuhört, merkt man, ob er die Töne trifft. Das Instrumental sollte so gemischt sein, dass es angenehm drückt, aber nicht überkomprimiert ist, denn
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die Vocals sind ja während der Aufnahme auch noch nicht fertig bearbeitet. Das kann gerne beides so ein bisschen vor sich her hopsen. Zumal ein guter Take auch dann überzeugen muss, wenn er noch nicht total an die Wand gefahren wurde und angebermäßig drückt. Man sollte lieber genau drauf achten, wann die Performance toll ist, als hier schon zu viel am Sound zu drehen.
MIT DEM GANZEN PITCHEN UND STRETCHEN FANGEN WIR GAR NICHT ERST AN!
KLANGBEARBEITUNG Die Gesangslautstärke stelle ich im Verhältnis zum Playback so ein, dass ich den Gesang deutlich höre, wenn der Sänger leise singt. Wenn eine laute Passage kommt, dann möchte ich am liebsten, dass der Kompressor oder Limiter deutlich spürbar eingreift. Das ist auch für den Sänger wichtig, denn der will ja nicht alles zusammenbrüllen, sondern am liebsten richtig in die Musik eintauchen. Meistens gehen gute Sänger bei lauteren Passagen von selbst die berühmten 20 cm vom Mikro weg. Und das ist ja letztlich dieselbe »Bewegung«, die ein Kompressor an solch einer Stelle auch machen würde. Sprich: Ich benutze auf jeden Fall bei der Aufnahme schon Kompression oder Limiting. Wenn ich meinen 1176 nicht gerade verliehen habe, dann tut es bei der Voxbox der Limiter, und wenn der 1176 hier ist, dann verwende ich den mit der typischen Einstellung, die man überall sieht und auch von vielen Plugin-Presets kennt. Also ungefähr Attack 5, Release 3, Rate 4:1 − die »weltberühmte« Einstellung, die immer wieder gut ist. Generell stehe ich nicht so auf Effekte auf dem Monitorsignal beim Einsingen, vor allem nicht auf Hall. Ich mache aber schon ab und zu ein Delay an, wenn der Sänger sich das wirklich wünscht. Das Plug-in kommt dann in den Aufnahmekanal von Logic, und wird natürlich auf 100 Prozent Wet eingestellt, denn sonst hört man darüber ja auch das durch die Rechner-Latenz verzögerte Direktsignal. Für den Effekt-Ausgang spielt die Latenz keine so große Rolle. Aber in 99,999 Prozent der Fälle nehmen wir Gesang ohne Effekte auf. Bei Arnim, dem Sänger der Beatsteaks, ist das aber anders. Der steht beispielsweise total darauf, da ist immer volle Lotte Delay auf dem Monitorsignal. Es gar nicht darum, dass das besonders laut ist, aber er will einfach nicht in dieses furztrockene Mikro reinsingen, sondern lieber ein bisschen »StadionAtmosphäre«. Ein anderes Beispiel: Ich habe jetzt gerade mit den Fehlfarben aufgenommen, und deren Sänger ist einfach nicht so aktiv, wenn er mit
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einem Kopfhörer in der Kabine steht. Stattdessen hatte er ein Shure SM 57 in der Hand, die Tür war auf und wir haben in der Regie ziemlich laut abgehört. Da ist dann ganz schön Alarm auf der Gesangsspur, der Typ tanzt da herum, stampft mit den Füßen auf den Boden und gibt Vollgas. Aber die Energie merkst du nachher auf der Aufnahme, und das war in dem Fall viel wichtiger. Das SM 57 ist überhaupt ein super Gesangsmikro, ich mag es auch noch lieber als das SM 58, weil es weniger scharf ist. Auch toll ist das SM 7, das hier gerade steht. Ein super Mikrofon, wenn der Sound etwas knackiger sein soll, wenn keine Hi-Fi-Vocals gefragt sind, sondern der Gesang sich gegen drei Gitarren durchsetzen muss. Aufgrund seines Aufbaus kann man auch gar nicht zu nahe an die Membran herankommen, und wenn man das Trittschallfilter und die Höhenanhebung aktiviert, dann hat man gleich schon so einen »Telefonsound«, der sich im Bandkontext sehr gut durchsetzt. Ich nehme immer den ersten Take auf, weil da noch herumprobiert wird und ganz freie, interessante Sachen entstehen können. Die kann man später teilweise dann als Drittstimme noch irgendwo einsetzen. Meistens, wenn die Sache gut vorbereitet wurde, nehmen wir von den Lead-Vocals drei bis vier Takes auf und schneiden daraus die endgültige Spur zusammen. Und wenn dann noch was fehlt, nehmen wir es gleich auf. Mit dem ganzen Pitchen und Stretchen fangen wir gar nicht erst an, da wird die Zeile dann lieber noch mal schnell eingesungen. Frickeln und Herumschieben ist nicht im Sinne des Erfinders. Das steht und fällt natürlich auch mit der Vorbereitung. Auf diese Weise sollte man es eigentlich in zwei bis drei Stunden geschafft haben, danach lässt die Konzentration auch nach. Wenn man es bis dahin nicht geschafft hat, dann stimmt meistens an irgendeiner anderen Stelle etwas nicht.
Ein Gesangsmikro, das auch in der Regie gut funktioniert: Shure SM 7
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AUSBLICK In der kommenden Folge geht es nun endlich um die Wurst.
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PRAXIS
STUDIOTIPPS KLASSISCHER STEREO-EFFEKT
Anwendungsbeispiel: Die Gitarre kommt nur von links, der Hall aus dem Lexicon PCM Native Reverb ausschließlich von rechts.
Krasse Stereo-Experimente wie zu Zeiten der Beatles sind lange aus der Mode, doch es gibt auch heute noch Alternativen zu Mischungen, in denen sich alle Elemente in der Phantom-Mitte auf den Füßen stehen. Mut zu extremen Panoramapositionen ist angesagt, und oftmals machen solche vermeintlich kleinen Details in der Summe einen großen Unterschied. Ist ein breiter, fülliger
und dennoch aufgeräumter Mix das Ziel, gibt es eine Reihe von Tricks, von denen einer hier vorgestellt werden soll. Eine beliebte Methode, einen »vollen« Mix aufzuräumen ist es, einzelne Elemente ganz nach außen zu pannen. Das bedeutet, dass sie dann als Monosignal nur aus einem der beiden Lautsprecher kommen − klassisches Panning, das man von Beatles bis Blue Note auf vielen Platten aus den 60er-Jahren hören kann und das bis heute bei Rock- und Jazz-Mischungen häufiger, bei elektronisch produzierter Musik aber seltener vorkommt. Viele Klangerzeuger haben heute wie selbstverständlich ein StereoAusgangssignal. Auf den ersten Blick klingt das schön breit, und solche Signale lässt man zur vollen Ausnutzung der Breite gerne aus der Mitte kommen, aber letztlich können ge-
pannte Mono-Signale für einen definierteren und aufgeräumteren Mix sorgen, bei dem eben nicht alle Spuren in der Mitte um Aufmerksamkeit heischen. Möchte man dennoch auf einen gewissen Stereo-Eindruck nicht verzichten, kann man das hart auf eine Seite gepannte Signal auf einen Hall schicken, dessen Ausgang hart auf die entgegengesetze PanoramaPosition gedreht wird. Das Direktsignal kommt nun beispielsweise von links, der Hall nur von rechts. Typisch ist solch ein Stereo-Effekt beispielsweise für alte Jazz-Aufnahmen, bei denen das Schlagzeug nur auf der linken Seite liegt, etwas Rauminformation aber auch über das Klaviermikrofon auf der rechten Seite kommt. Auf diese Weise wird das Signal breit, aber man hat auf der anderen Panoramaseite noch viel Platz für andere Mix-Elemente.
SIDECHAIN-LOW-CUT
Das neue Vertigo-VSC−2-Plug-in von Brainworx verfügt über einen Sidechain-Low-Cut mit den Frequenzen 60 und 90 Hz.
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Sidechain-Basics haben wir uns in der letzten Ausgabe angeschaut. Nun geht es mitten in die Praxis. Diese wichtige Baugruppe eines jeden Kompressors lässt sich nämlich für zahlreiche kreative Effekte nutzen, wenn man in das Sidechainsignal eingreifen kann − entweder, falls vorhanden, über interne Sidechain-Filter des Kompressors, oder über die Sidechain-Eingänge mit externen Signalen bzw. Prozessoren. Tatsächlich verfügen viele Kompressoren zumin-
dest über ein Low-Cut-Filter für das Sidechain-Signal, das man nutzen kann, um die Grundtöne von Bass und Bassdrum aus dem Signal herauszufiltern, welches das Regelelement des Kompressors »sieht«. Der Effekt ist, dass diese tiefsten Signalanteile nicht oder zumindest weniger stark mitkomprimiert werden und somit auch bei stärkerer Kompression das Fundament erhalten bleibt. Auch kann man ggf. für die Lautheit förderliche kürzere AttackZeiten wählen, da dank des Sidechain-Filters die fetten TiefbassImpulse eh unangetastet bleiben. Das bedeutet, man kann einen Mix stärker komprimieren, dichter machen, ohne ihm die Füße abzuschnüren, auf denen er steht. Auch einem weiteren Effekt kann man so vorbeugen: Bei der Summenkompres-
sion fängt der Mix irgendwann an zu »pumpen«, weil der Kompressor besonders auf die energiereichen Bassdrums reagiert. Wenn auf den Kicks eine starke Pegelreduktion stattfindet, kann diese irgendwann auch als »Delle« in flächigeren Sounds wahrgenommen werden, was in vielen Fällen nicht erwünscht ist. Auch hier kann der Sidechain-LowCut helfen, für einen ruhigeren und gleichmäßigeren Sound sorgen. Auf der anderen Seite muss man aber auch aufpassen, dass man mit dem Sidechain-Filter die FrequenzBalance der Mischung nicht zu sehr verschiebt. Komprimiert man auf diese Weise die Mitten und Höhen zu stark, kann das Klangbild plump, dumpf und schwerfällig werden, weil die tiefste Oktave zu sehr in den Vordergrund tritt.
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QUICK&DIRTY: VERZERRER ALS KOMPRESSOR
Urvater des »Proportional-Q«-Prinzips: API 550a, hier in der Emulation von Waves
In vielen Stilen geht es um Lautheit, Direktheit und Aggressivität. Speziell aktuelle Rockproduktionen werden stark an die Wand gefahren. Nicht immer ist es hier für einzelne Elemente leicht, im Gesamtklang mithalten zu können. Besonders von Hand gespielte, mikrofonierte Elemente wie Bass, Gitarre oder auch Gesang müssen gehörig auf Linie getrimmt werden, um nicht unterzugehen. Kompression ist hier ein beliebtes Mittel, um für die nötige Gleichmäßigkeit und Durchsetzungskraft zu sorgen. Bisweilen sorgt aber eine brachiale Methode − als Ergänzung oder Ersatz − für viel bessere Ergebnisse. Ein simpler Verzerrer engt ebenfalls die Dynamik ein,
VORTEILE SEMIPARAMETRISCHER EQS Der heute gebräuchliche vollparametrische EQ ist eine vergleichsweise junge Erfindung im Bereich der analogen Signalverarbeitung. George Massenburg stellte dieses Verfahren, bei dem getrennte Einstellmöglichkeiten für Amplitude, Ansatzfrequenz und Güte eines Filters zur Verfügung stehen, Anfang der 70er-Jahre vor, und im Laufe dieses Jahrzehntes sprangen immer mehr andere Hersteller ebenfalls auf diesen Zug auf. Ältere EQ-Verfahren und Gerätedesigns müssen mit weniger Bedienelementen auskommen. Nichtsdestotrotz werden sie teilweise auch heute noch sehr geschätzt − ein Beispiel ist das Pultec-Prinzip. Kaum weniger legendär ist das »Proportional Q«-Verfahren, das seinen Siegeszug mit den ersten APIEQs in der zweiten Hälfte der 60erJahre antrat. Hier handelt es sich um semiparametrische Entzerrer, bei denen in jedem Band ein Bedienelement für die Amplitude und die Eckfrequenz zur Verfügung steht; beim
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Urvater, dem API 550a, sind das beispielsweise zwei konzentrisch angeordnete Drehschalter. Anders, als man vielleicht erwarten sollte, arbeitet ein solches EQ-Band jedoch nicht mit einer festen Filtergüte. Je größer die Amplitude, also die Anhebung/ Absenkung eines Bandes, desto schmaler wird das Filter. In vielen Anwendungssituationen ist solch ein Verhalten äußerst vorteilhaft. Mit einem Minimum an Bedienelementen, die sich somit natürlich auch besonders zügig einstellen lassen, kann man eine Reihe unterschiedlicher Aufgaben realisieren. So erlaubt ein Proportional-Q-EQ breitbandiges Sweetening ebenso wie das schmalbandige Herausfiltern einer störenden Resonanzfrequenz. So ist es nicht verwunderlich, dass sich nicht nur die API-Kassetten heute noch großer Beliebtheit erfreuen. Auch andere Hersteller − etwa SSL − haben dieses Funktionsprinzip aufgegriffen.
Simper, aber möglicherweise sehr effektiver »Kompressor«: Overdrive-Plug-in von Logic Pro
weil die Pegelspitzen geclippt werden. Dazu entstehen Sättigungsprodukte: Obertöne, die das Signal zusätzlich nach vorne bringen. Im Mix kann man manchmal starke Verzerrung unterbringen, ohne dass diese bewusst oder gar als störend wahrgenommen wird. Im Internet kursieren Multitracks von alten MotwonProduktionen: Man ist überrascht, wie stark Marvin Gayes stimme teilweise angezerrt wurde, ohne das man dies tatsächlich als Verzerrung wahrnimmt. Dafür sitzt sie einfach gut im Mix. Nachahmenswert! I
AUTOR: HANNES BIEGER
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SEQUENZER-TIPPS Projekte austauschen Steinberg Cubase & Presonus Studio One Dank des XML-Formates lassen sich Arrangements aus Cubase-Projekten auch in StudioOne öffnen.
StudioOne unterstützt das OMFFormat leider nicht, was den Austausch von Arrangements, die in anderen Sequenzern entstanden sind, vorerst ausschließt. Das gilt jedoch nicht für den Import von Cubase-Projekten. Steinberg Cubase: Vorerst ein wichtiger Hinweis! Im Projekt enthaltene VST-Instrumente müssen entweder in Audiospuren umgewan-
delt oder die verwendeten Sounds als Presets gespeichert werden. Außerhalb von Cubase bleiben nur die MIDI-Regions selbst übrig. Reine Audiospuren bereiten diesbezüglich keinerlei Probleme. Für den Transfer müssen alle Spuren selektiert werden. Im Menü »Datei / Exportieren« kann man nun die Option »Ausgewählte Spuren« verwenden. Solange die Original-
dateien weiterhin auf dem Rechner zur Verfügung stehen, genügt es, im erscheinenden Dialog lediglich die »Datei-Referenzen« zu verwenden. Anderenfalls muss die Option »Kopieren« angeklickt werden. Gespeichert wird das Arrangement im XML-Format. Presonus StudioOne: In einem neuen Projekt wird im Menü »Datei« der Befehl »Öffnen« gewählt. Befindet sich der »Dateityp« auf »Cubase Track Archive«, sind nur die XMLDateien und somit auch das zuvor gespeicherte Projekt zu sehen. Wird diese geöffnet, erscheinen alle Spuren inklusive der verwendeten Regions, die sowohl die richtige Position als auch etwaige Edits beibehalten haben.
MultibandCompressor mit Sidechain Steinberg Cubase Bereits mit Version 4 haben Sidechains in diverse Plug-ins von Cubase Einzug gehalten. Zwei Versionen später wird dieses tolle Feature leider immer noch für den MultibandCompressor vermisst. Für die Bearbeitung einzelner Frequenzbänder hilft also nur ein Workaround. Zuerst wird die zu bearbeitende Spur viermal dupliziert. Recht schnell
Mehrere Instanzen des MultibandCompressors agieren als Frequenzweiche.
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geht das per Rechtsklick auf den Header der jeweiligen Spur. In die erste Spur − auf Solo geschaltet − wird nun der MulitbandCompressor als Insert geladen. Vorsichtshalber sollten die Regler »Threshold« und »Ratio« in jedem Band ganz nach links gedreht werden, da die Dynamikprozessoren in diesem Setup nicht arbeiten sollen.
Nun können die Frequenzbänder eingestellt werden, indem man die drei Übergangsfrequenzen im obersten Fenster nach links oder rechts verschiebt. Mit den Solo-Schaltern unterhalb der vier Kompressionskurven lässt sich das Ergebnis besser abschätzen. Ist das Frequenzspektrum sinnvoll unterteilt, wird das Plug-in mit gehaltener [Alt]-Taste per Drag&Drop auf die anderen drei Spuren kopiert. In jeder Instanz ist dabei nur einer der Solo-Schalter aktiv. Die Schaltfläche »Live« auf der rechten Seite umgeht im Übrigen die LookaheadFunktion. Um größere Phasenverschiebungen zu vermeiden, sollte dieser Knopf in allen Instanzen entweder ein- oder ausgeschaltet sein. Nun kann man einen weiteren (einfachen) Compressor auf einer dieser frequenzspezifischen Spuren einfügen, etwa auf jene, die den Tiefbass führt, und die Sidechain in diesem Plug-in verwenden.
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Die Abhöre erst einmal ganz leise einstellen, denn das Feedback-Rack ist nur mit äußerster Vorsicht zu genießen!
Rack mit Feedback-Schleife Ableton Live Signalrückkopplungen sind in den meisten Fällen unerwünscht. Geht man dieses heikle Thema aber in aller Ruhe an, kann sich das tontechnische Phänomen als mächtiges Effektwerkzeug entpuppen, wie es häufig im Genre Dub zu hören ist. Wohl aus Sicherheitsgründen lässt sich ein klassisches Feedback in den meisten Sequenzern nicht ganz einfach erzeugen. So benötigt man auch in Ableton Live ein paar besondere Routing-Tricks. Als Ausgangsbasis dient ein leeres »Audio Effekt Rack«, in dem per Rechtsklick drei Ketten erzeugt werden. Diese sind in unserem Beispiel mit »Dry«, »Wet« und »Feedback« betitelt. Der Name verrät schon, dass die erste Kette völlig frei von weiteren Plug-ins bleibt.
In die Kette »Wet« wird ein Compressor geladen und so eingestellt, dass der Dynamikprozessor mit einer Ratio von »1:1« nicht arbeitet. Auch »Lookahead« und »Makeup« sind deaktiviert. Viel wichtiger ist die zugeschaltete »Sidechain«, die mithilfe des aktivierten Vorhör-Schalters als interne RoutingMatrix dient. Unter »Audio From« wird die Spur angewählt, auf der sich das Rack selbst befindet. Darunter erfolgt der Abgriff »Feedback | Post FX«. Der Regler »Gain« agiert später als das Bedienelement schlechthin − ein Mapping auf eines der Macros ist also ratsam. Wenn der Regler »Dry/Wet« auf Mittelstellung steht, kann die Kette hinter dem »Compressor« durch ein beliebiges Delay mit
einem Feedback von »0« und einem Dry/WetVerhältnis von »100%« abgeschlossen werden. Um den Kreis zu schließen, wird ein weiterer Compressor in die dritte Kette namens »Feedback« eingefügt, und »Sidechain« sowie »Vorhören« werden dort angeschaltet. »Audio From« erhält das Signal wiederum von der gleichen Audiospur, doch diesmal erfolgt der Abriff bei »Wet | Post FX«. Sobald der Regler »Dry/Wet« auf 100% steht, lässt sich mit dem belegten Macro auch schon loslegen. Um sich mit der Handhabung erst einmal sicher vertraut zu machen, empfiehlt es sich sehr, einen Limiter hinter dem Rack einzufügen!
Eine Spur mit mehreren ReferenzClips ermöglicht eine Überprüfung des eigenen Mixdowns.
Referenz-Tracks Ableton Live Während des Mixdowns einer Session verirrt man sich nur zu leicht in vielleicht unwichtigen Details. Um primär die wichtigen Elemente mit der passenden Frequenzverteilung und Kompression hervorzuheben, können Referenz-Tracks des gleichen Genres eine große Hilfe sein und die Ohren wieder auffrischen. Die Dateiverwaltung in Live bietet u. a. auch für diesen Bereich tolle Funktionen. Mit der [Tab]-Taste wird die »Arrangement-Ansicht« geöffnet. Aus dem Browser können nun per Drag&Drop beliebige Referenz-Songs in eine neue Audiospur gezogen werden. Zuerst sollte man alle Clips selektieren und in der »Clip-Ansicht« im Reiter
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»Sample« die Funktion »Warp« für alle Dateien gleichzeitig deaktivieren. Es ist nicht nötig, komplette Songs zu verwenden − ein kurzer Teil, etwa der Chorus, reicht zu Vergleichszwecken völlig aus. Hat man passenden Parts herausgeschnitten, kann man alle Clips selektieren und per Rechtsklick die »Clips stutzen«. Als Nächstes ist es wichtig, die einzelnen Songs auf einen einheitlichen Lautheitswert zu bringen. Am besten lässt sich das mit einem separaten RMS-Pegelmesser machen. Im Beispiel wurde das Freeware-Plug-in »TT Dynamic Range Meter« auf der Audiospur eingefügt. Für jeden selektierten Clip lässt sich die »Clip-Lautstärke« − ebenfalls im
Sample-Reiter zu finden − auf einen RMSWert von beispielsweise »−9 dB« anpassen. Abschließend sollte man die Spur aussagekräftig benennen und − ganz entscheidend − per Drag&Drop im Browser ablegen. In jedem neuen Live-Set kann diese Spur nun mithilfe der gespeicherten »als«-Datei importiert werden. Da man beim Mixdown gegen Produktionen antritt, die bereits ein Mastering hinter sich haben, macht es Sinn, auch die importierte Referenz-Spur selbst an den gegenwärtigen RMS-Pegel des Live-Sets anzupassen. I AUTOR: AXEL LATTA
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PRAXIS
PROJEKT:STUDIO
Pegelkontrolle − Ballistik
PROJEKT:STUDIO Wer heute ein Projektstudio betreibt, der will mehr erreichen als ein klassischer Homerecorder. Aber sein Arbeitsplatz unterscheidet sich trotzdem von einem Aufnahmestudio herkömmlicher Prägung. Viele Projektstudios sind spezialisiert auf eine oder auch eine Handvoll Aufgaben: Songwriting/Arrangement, Drum-Aufnahmen, Guitar-Overdubs oder auch Mix bzw. Mastering. Das erklärte Ziel lautet, aus den vorhandenen Mitteln das Optimum herauszuholen und flexibel auf ein sich schnell veränderndes Business zu reagieren. Dabei ist vor allem Know-how gefragt − und hier kann SOUND & RECORDING helfen ...
Eine Pegelanzeige hilft nur dann, wenn man versteht, sie zu lesen. Großen Einfluss auf die Darstellung der Werte hat die Ballistik eines Meters.
Projekt:Studio Analoge und digitale Pegelmessanzeigen AUTOR: HANNES BIEGER
Mehrere Kriterien beeinflussen die Funktionsweise, Anwendungsgebiete und auch die Qualität einer Pegelmessanzeige. Insbesondere die Ballistik eines Meters, also das Einund Ausschwingverhalten der Anzeige, ist eine wichtige Größe − definiert dieser Charakter doch maßgeblich die Frage, welcher Wert zu welchem Zeitpunkt dargestellt wird. In der analogen Welt war man diesbezüglich zunächst weniger flexibel. In der heutigen digitalen Ära hingegen sind uns bezüglich der INTEGRATIONSZEIT unserer Mess-Anzeigen keine technischen Hürden im Weg. Schöne neue Welt!
ANALOGE VU-METER Pegelanzeigen sind wichtig, seit die Menschheit sich mit der elektrischen Schallaufzeichnung und -Bearbeitung beschäftigt. Schon 1939 haben die amerikanischen Bell Laboratories in Zusammenarbeit mit zwei großen Rundfunknetzwerken sogenannte DREHSPULINSTRUMENTE eingesetzt − damals zunächst,
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um einen allgemeinen Pegelstandard bei Telefonleitungen zu überwachen und einzuhalten. Solche Drehspulinstrumente kennt jeder: Landläufig setzt man sie mit VU-Metern gleich, die man von vielen analogen Studiogeräten und deren Emulationen kennt. Dabei ist das nicht ganz richtig, denn ein VU-Meter kann man technisch auch anders realisieren, beispielsweise mit einer LEDKette: Auf die Ballistik kommt es an. Dieser kleine Rückblick in die Geschichte ist wichtig, denn die technischen Merkmale einer Drehspulanzeige sind für den »Charakter« eines solchen Messinstrumentes ausschlaggebend. Der Standard für analoge VU-Meter wurde in den frühen 60er-Jahren in den USA definiert. Typischerweise hat ein VU-Meter eine Skala von −20 bis +3 VU, wobei man die Einheit „Volume Units“ (VU) getrost mit den geläufigeren Dezibel gleichsetzen kann. 1 VU entspricht also 1 dB. Die Einschwingzeit, innerhalb derer ein 1-kHz-Sinuston auf der Anzeige 0 VU erreicht, muss laut Definition
bei 300 ms liegen. Das zu wissen ist sehr wichtig, denn ein VU-Meter ist darauf ausgelegt, den Pegel ähnlich des Lautheitsempfindens des menschlichen Ohres anzuzeigen. In anderen Worten: Als Peakmeter ist das VU viel zu träge, es kann aber sehr gut die Energie eines Signals wiedergeben. In den USA konnte man mit diesem Standard gut leben, diesseits des Atlantiks verlangte das europäische »Rundfunkbeamtentum« jedoch eine präzisere Anzeige des Spitzenpegels, sodass traditionell Peakmeter in Europa viel verbreiteter sind als VUs. Nichtsdestotrotz kommen VU-Meter auch heute noch bei vielen Geräten zum Einsatz. Und das bestimmt nicht nur, weil sie so schön anzuschauen sind. Denn die »EnergieInformationen«, die sie liefern, sind in musikalischer Hinsicht sehr wertvoll. Man sollte nur eben keinen A/D-Wandler bei der Aussteuerung mit einem VU kontrollieren − denn das könnte schiefgehen. Übrigens hat die
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Während die Ballistik bei einem analogen Meter in aller Regel vorgegeben ist, können wir sie bei den meisten digitalen Anzeigen an individuelle Bedürfnisse anpassen.
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02 01 Analoges Peakmeter mit LED-Kette beim Vertigo Sound Mix Satellite VSM-2 02 RMS Buddy mit momentaner und kumulierter RMS-Anzeige 03 Plug-in-VU-Meter von Spectre, ebenfalls mit 300 ms Integrationszeit
recht gemütliche Ballistik eines VU-Meters auch einen rein technischen Hintergrund: Die Mechanik eines Drehspulinstruments ist schlicht zu träge, um zuverlässig als Peakmeter arbeiten zu können.
ANALOGE PEAKMETER Ein analoges Peakmeter lässt sich beispielsweise als LED- oder Plasma-Anzeige realisieren. Hier spielen mechanische Aspekte wie beim VU-Meter keine Rolle. Deswegen kann ein solches Instrument den Spitzenpegel zuverlässig wiedergeben. Allerdings wird auch hier häufig die Ballistik beeinflusst bzw. die Integrationszeit künstlich etwas verlangsamt. Denn eine Anzeige, die so schnell flackert, dass man sie gar nicht ablesen kann, nützt auch niemandem. Beliebt ist ebenfalls eine »Hold«-Funktion, bei der die LED des jeweils höchsten Ausschlags etwas länger leuchtet, sodass man besser beurteilen kann, wann die kritische Aussteuerungsgrenze erreicht ist.
DIGITALES METERING Alles bislang Gesagte gilt natürlich auch für digitale Pegelanzeigen. Theoretisch könnte man bei einem Plug-in ein Peakmeter mit
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VU-Grafik versehen, aber besonders praktikabel wäre dies nicht. Und so gehorchen auch die digitalen VU-Nachbildungen in aller Regel dem »analogen« Standard. Einen großen Vorteil haben digitale Anzeigen jedoch: Zumindest bei den hochwertigeren Tools lässt sich die Ballistik frei konfigurieren. Beim Spitzenpegel ist dies eher nicht sinnvoll, denn hier geht es ja vor allem darum, ein Überschreiten von 0 dB Full Scale zu vermeiden, und da reicht eine »normal schnelle« Anzeige vollkommen aus. Sehr wichtig ist die Ballistik aber bei der RMSAnzeige. Ist hier die Integrationszeit nämlich zu kurz, so springt die Anzeige zu schnell, hat auch eher Peakmeter-Charakter. Wenn man verschiedene Messinstrumente parallel das gleiche Signal darstellen lässt, können diese ganz unterschiedliche RMS-Werte anzeigen. Hier sollte man ein bisschen mit den Integrationszeiten experimentieren, bis man die optimale Lösung gefunden hat. Oder man verwendet ein Tool wie RMS Buddy von Destroy FX: Dieses Plugin zeigt gleichzeitig einen momentanen sowie einen kumulierten RMS-Wert an und erlaubt zusätzlich noch das manuelle Beeinflussen des Analysefensters.I
GLOSSAR Die INTEGRATIONSZEIT beschreibt in analogen Schaltungen die zeitliche Dauer vom Ereigniszeitpunkt bis zum Signalausgang. Bei einem Kompressor wäre das beispielsweise der Zeitraum zwischen dem Überschreiten des Threshold und dem Einsatz der Pegelreduktion − also die Attack-Zeit. Ein DREHSPULINSTRUMENT ist eine elektromechanische Pegelanzeige, wie sie typischerweise für VU-Meter verwendet wird. Die Nadel der Anzeige wird durch elektromagnetische Kräfte ausgelenkt, sobald Strom angelegt wird.
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Kult
SOUNDPIONIERE Max Vernon Mathews
»Eine Violine mag schön klingen, aber sie wird immer wie eine Violine klingen. Ein Computer kann unendlich viele Timbres erzeugen und ist somit eine Bereicherung für die Musik. Und obwohl Computer heutzutage so leistungsstark und preiswert wie nie zuvor sind, weiß dennoch niemand davon Gebrauch zu machen.«
Soundpioniere Kult 88 Soundpioniere
Max Vernon Mathews Visionär für Computer-Musik TEXT: MARTHA PLACHETKA FOTO: PATTE WOOD
Max Vernon Mathews
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Wenn von Max Mathews die Rede ist, fallen schnell Formulierungen wie »Begründer der digitalen Synthese« oder »Erfinder der Computermusik«. Und obwohl bereits andere Entwickler vor ihm Töne und Klänge auf digitalem Weg erzeugt hatten, so erfand Mathews
dennoch zahlreiche bahnbrechende Programme und Geräte, die getrost als Meilensteine bezeichnet werden können und die die weitere Entwicklung der Computermusik bis zum heutigen Tage entscheidend beeinflusst haben.
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Schon während der Schulzeit zeigte sich Max Mathews' Affinität zur Musik sowie zu Wissenschaft und Forschung. Er nahm Unterricht an der Violine, experimentierte ausgiebig in den Labors der Schule und nahm 1944, ohne seinen Schulabschluss absolviert zu haben, »... an einer Prüfung der Marine zum Funktechniker teil. Während der Ausbildung verliebte ich mich schließlich in die Elektronik.« Er studierte daraufhin Elektrotechnik am California Institute of Technology (Caltech) und erwarb 1954 seinen Doktor am Massachusetts Institue of Technology (MIT), bevor er letztendlich in den renommierten AT&T Bell Telephone Laboratories (Bell Labs) zu arbeiten begann. »Als ich das erste Mal einige − ich würde es nicht ‚Musik‹ nennen − Sounds aus einem Computer herausbekam, klangen sie ziemlich schrecklich. Die Töne und Timbres waren nicht sonderlich inspirierend, aber der technische Durchbruch ist noch bis heute spürbar.« 1957 entwickelte Max Vernon Mathews, geboren am 13. November 1926 in Nebraska, eine neuartige Software − bekannt als »Acoustic Compiler« −, um musikalische Sounds zu generieren. Die erste Version namens »Music I« konnte eine einzelne DreieckSchwingung generieren und zudem den Pitch, die Lautstärke und die Länge der Töne variieren. Da Computer zu der damaligen Zeit zu langsam waren, um ganze Melodien in Echtzeit wiederzugeben, ließ Mathews das Programm auf einem IBM 704-Großrechner in Verbindung mit einem digitalen Tonbandgerät mit integriertem Buffer-System laufen: So konnten große Mengen an Audiosamples gespeichert und anschließend von einer separaten Maschine wiedergeben werden. Das Ergebnis dieser Experimente war eine 17sekündige Komposition − zu der damaligen Zeit eine Sensation. Im Laufe der nächsten Jahre schrieb Mathews weitere Versionen der Software bis hin zu Music V, die ihrerseits wiederum andere Entwickler zu Programmen wie Csound, Cmix und Max inspirierten. Doch nicht nur in Forscher- und Entwicklerkreisen hinterließen die digitalen Innovationen der Bell Labs einen bleibenden Eindruck: Anfang der 60er-Jahre war der Science-Fiction-Autor Arthur C. Clarke in den Bell Labs zu Besuch und nahm an einer Demonstration teil, während der Computer das Lied Daisy Bell zu einer Begleitmusik, programmiert von Max Mathews, »sang«. Beeindruckt von dieser Präsentation integrierte Clarke dies in seinem Roman »2001: A Space Odyssey«, der auch gleichzeitig die Grundlage für
den gleichnamigen Film von Stanley Kubrick werden sollte. Die Szene, in der HAL 9000 Daisy Bell singt, während er von dem Astronauten David Bowman demontiert wird, ist inzwischen in die Kinogeschichte eingegangen. »Angefangen mit dem Groove-Programm von 1970 verlagerte sich mein Fokus auf die Live-Performance und darauf, wie ein Computer einem Performer helfen kann«, sagt Mathews. Neben diesem Hybridsystem für Live-Auftritte, das einen analogen Synthesizer für die Klangerzeugung nutzte, verdient die nachfolgende Erfindung namens »Radio Baton and Conductor Program« besondere Aufmerksamkeit: Sie besteht aus zwei Paukenschlägel-ähnlichen Stäben, die als Controller genutzt werden, um diverse Parameter wie das Tempo und die Lautstärke zu beeinflussen, sowie einer dazugehörigen Software. Diese handgeführten Steuerungsgeräte waren nicht zuletzt die Vorreiter der Controller, die heutzutage von Firmen wie Nintendo, Sony und Microsoft genutzt werden. Neben seiner Tätigkeit in den Bell Laboratories kam es im Laufe der Jahre zu zahlreichen Kollaborationen mit Musikern wie Edgard Varèse und John Cage. Anfang der 70er-Jahre half Max Mathews dem Komponisten und Dirigenten Pierre Boulez zudem bei der Gründung des Institut de Recherche et Coordination Acoustique/Musique (IRCAM) in Paris und blieb dort bis 1980 als wissenschaftlicher Berater tätig. 1987 schließlich, nachdem er seine Arbeit in den Bell Laboratories niedergelegt hatte, schloss er sich dem Center for Computer Research in Music and Acoustics (CCRMA) der Stanford Universität an und verblieb dort zeit seines Lebens Professor im Bereich der Musikforschung. »Er zeigte uns einen völlig neuen Weg, uns Musik vorzustellen und zu kreieren«, so John M. Chowning, Gründer des CCRMA. »Er hatte einen enormen Einfluss darauf, wie Musik sich in den letzten 50 Jahren entwickelt hat.« Max Vernon Mathews widmete sein ganzes Leben der Forschung im Bereich der digitalen Klangsynthese und der interaktiven Musiksysteme. Und dennoch wollte er durch seine Erfindungen weder Bands noch Orchester ersetzen. Sein Ziel war es, dass der Laptop als ein ernst zu nehmendes Instrument wahrgenommen wird − und das ist seiner Meinung nach immer noch nicht geschehen. Er verstarb am 21. April 2011 in San Francisco, Kalifornien an den Folgen einer Lungenentzündung. I
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FREAKS @ HOME Marc Schütt
Marc Schütts Arbeitsplatz zeigt die typische Variante eines modernen, Budget-orientierten Wohnzimmerstudios: vielseitige Sounds aus dem Rechner, verbunden mit einem umfassenden Controller-Bouquet.
Marc Schütt Alles unter Controller TEXT & FOTOS: MATTHIAS FUCHS
Der organisierte und effizient strukturierte Eindruck, den Marcs Homestudio vermittelt, kommt nicht von ungefähr − auch Marcs musikalischem Schaffen wohnt die Liebe zu klaren Formen und einprägsamen Strukturen inne. »Ich bin kein Songschreiber«, betont der gelernte Mediendesigner. »Ich mache DJMusik. Also Musik, die durchaus über einen gewissen Funktionscharakter verfügen soll und bestimmte formale Anforderungen erfüllen muss.« Das dazu notwendige Handwerkszeug hat sich Marc in den vergangenen fünfzehn Jahren als umtriebiger Partyveranstalter, DJ und schließlich Musikproduzent angeeignet.
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Spulen wir zurück in die idyllische Bodenseestadt Konstanz: Mitte der 90er-Jahre veranstaltet Marc hier mit Freunden die ersten erfolgreichen, aber meist illegalen Partys. Die schnell wachsende Fangemeinde rekrutiert sich jedoch schon bald nicht nur aus begeisterten Musikfreunden, sondern auch aus regelmäßig erscheinenden Herren in Uniform − ein Umstand, den Marc '98 zum Anlass nimmt, ins liberalere Berlin auszuwandern und sich dort zunächst seiner SAE-Ausbildung zu widmen. Selbstverständlich lockt auch hier die Clubszene: Des Nachts arbeitet Marc als »Technik-Feuerwehr und Gelegenheits-DJ« in prominenten Locations, etwa
dem Club Sternradio: »Schließlich habe ich mich immer häufiger selbst hinter die Plattenteller gestellt − zunächst erst nachdem der letzte DJ des Abends besoffen schlapp machte. Vielen Veranstaltern hat's gefallen, und ich durfte meine Sets immer weiter in Richtung Prime Time vorziehen. Bald wollte ich das Steuer jedoch selbst in die Hand nehmen und endlich wieder Partys veranstalten − nun allerdings legal und ohne uniformierte Gäste.« Die selbst veranstalteten Club-Events dienen Marc nicht zuletzt als Forum, sich endlich mit eigenen Tracks an die Öffentlichkeit zu wagen. Das erste live-taugliche Setup
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Marcs Studio besteht im Wesentlichen aus einem PC-Laptop und mehreren MIDI-Controllern. Der Soundcraft Spirit Mixer dient − auch live − als Knotenpunkt für Rechner, Hardware-Instrumente und Plattenspieler.
01 Marcs Wohnzimmerstudio − Homerecording im besten Wortsinn
besteht aus Yamahas berühmt-berüchtigter SU700 und einer Novation Bass Station. Der energiegeladene Techhouse, den Marc seinem effizienten Setup entlockt, kommt bei Publikum und Veranstaltern bestens an. Zusammen mit seinem Partner Eddy rockt er bald als »Schraub Lorenz« angesagte Berliner Clubs wie Kitkat, Tacheles, WMF, Sternradio und Polar TV. Es folgen mehrere Veröffentlichungen, darunter der Club-Hit Brassil (auf dem Label Greelpound) − und schließlich der Bruch mit Eddy und das plötzliche Ende von Schraub Lorenz: »Selbstverständlich ist eine solche Trennung bedauerlich, aber letztlich notwendig. Glücklicherweise kann ich die bestehenden Verbindungen weiter nutzen und so problemlos aktiv und präsent bleiben. Neue Tracks sind in Arbeit und werden zum Jahreswechsel bei meinem eigenen Label ‚Kurzstrecken-Musik‹ veröffentlicht.« I
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KURZSTRECKEN-MUSIK Wenn etablierte Labels keine Perspektive bieten, hilft man sich als Künstler am besten selbst. Marcs Label Kurzstrecken-Musik dient seit 2009 der eigenen Musik und den Produktionen befreundeter Musiker als Plattform für Veröffentlichungen jenseits von Kommerz und Mainstream. Über sämtliche wichtigen Downloadportale sind derzeit fünf Werke erhältlich, weitere sollen in Kürze folgen.
r soundcloud.com/marc-schuett
02 Der Tascam-Controller beinhaltet das Audiointerface, zusammen mit der Behringer Box (hinten) dient er zur Steuerung von Ableton Live und diversen Softwareklangerzeugern. Marc benutzt Rob Papens Sub Boom Bass (»meine erste Wahl für Bässe«), zahlreiche Arturia-Synthesizer (vor allem Minimoog und Modular Moog) sowie Native Instruments Komplete 8: »Einige Reaktor-Instrumente sind einfach konzipiert, aber klangstark − wie etwa Carbon, den ich für Flächen bevorzuge.« Die Samson-Abhöre wird in Kürze gegen Lautsprecher des süddeutschen Herstellers Monkey Banana ausgetauscht: »Erstklassige Speaker, hergestellt von Freunden aus meiner ehemaligen Heimatstadt.« 03 Der M-Audio Controller dient als Einspiel-Werkzeug. Dahinter befindet sich ein altehrwürdiger Korg MS−10, Marcs einziger Hardware-Klangerzeuger. Experimente mit dem nicht midifizierten Oldie dienen oft als Ausgangspunkt für neue Tracks. Marc sampelt Klänge, Geräusche oder rhythmische Loop-Strukturen des MS−10 in Ableton Live und passt die Sounds dort an ein Songtempo an. Um diese Elemente herum wird nun der Track konstruiert. Es folgen Drums aus Abletons Sampler Impulse:»Ich verwende keine vorproduzierten Loops oder Library-Sounds. Allenfalls tausche ich Sounds mit LabelKollegen und Freunden.« Drum-Samples und Bässe werden oft gelayert. Als Arrangier-Werkzeug dient Ableton Live. Eine abschließende klangliche Optimierung erfolgt zunächst mit dem Waves TransX-Plug-in, bei Veröffentlichungen wird das Mastering vom Berliner Studio GL-Audio erledigt.
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Moog Prodigy
Moooog ...schon der Firmenname ist eine onomatopoetische Pretiöse: Er klingt, als hätte man ein Lowpass-Filter im Stimmtrakt implementiert. Die meisten denken dabei als Erstes an den Minimoog, aber es gibt auch eine ganze Reihe anderer Moog-Sprösslinge mit großartigen Klangeigenschaften.
Moog Prodigy (*1979) GLOSSAR
Synthesizer TEXT: BERNHARD LÖSENER, FOTOS: DIETER STORK
Moog meldete sein KASKADENFILTER 1966 zum Patent an, das ihm nach drei Jahren gewährt wurde. Sein Tiefpassfilter arbeitet mit 24 dB Absenkung pro Oktave und besitzt Cutoff- und Resonanzparameter. Den Namen »Kaskaden-Filter« bekam es, weil die Transistoren und die Widerstände der Filterschaltung wie eine Kaskade bzw. eine Leiter (daher auch »Ladder«-Filter) angeordnet sind. Wenn das Filter übersteuert wird, d. h. das Eingangssignal eine bestimmte Amplitude überschreitet, erzeugt es eine Verzerrung mit einer Obertonstruktur, die als »warm« und »fett« wahrgenommen wird.
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Da vielen Musikern der Minimoog schlicht zu teuer war, wollte Bob Moog auch weniger betuchten Keyboardern die Möglichkeit bieten, einen Moog-Synthesizer zu spielen, und brachte mehrere preisgünstige Alternativen auf den Markt, von denen der Prodigy wohl die erfolgreichste war. Das Gerät kam 1979 heraus und kostete ca. 650 Dollar. Bis 1984 wurden ca. 11.000 Geräte gefertigt.
ÄUSSERES Die edlen Holzseitenteile und die typischen weißen Handräder für Pitch und Modulation weisen den Prodigy als echten Moog-Abkömm-
ling aus. Das leicht angeschrägte Bedienfeld bietet viel Platz. Die Tastatur ist nicht anschlagdynamisch und umfasst zweieinhalb Oktaven. Die erste Version des Prodigy bietet anschlussseitig nur das Allernötigste, nämlich einen Audioausgang. Die folgende Variante (Model 336 BX) ist aber dann in der Lage, mit anderen Geräten zu kommunizieren und verfügt über ein CV/Gate-Interface mit dem berühmt-berüchtigten S-Trigger. Darüber hinaus gibt es einen Oszillator-Eingang und neben der Möglichkeit, die Cutoff-Frequenz des Filters extern zu steuern, sogar einen Input für
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die Oszillatorsynchronisation − letzteres ein wirklich außergewöhnliches Feature.
KLANGARCHITEKTUR Die analoge Klangerzeugung des Prodigy bietet zwei gegeneinander verstimmbare, spannungsgesteuerte Oszillatoren, die die Wellenformen Rechteck (mit zwei unterschiedlichen Pulsbreiten), Dreieck und Sägezahn erzeugen und auch ungefiltert einen schönen kraftvollen Grundsound besitzen. Sie lassen sich in drei Fußlagen betreiben und synchronisieren; bei aktiviertem Oszillatorsync wirkt das Pitchrad nur auf die Tonhöhe des zweiten VCOs, sodass damit die typischen röhrenden, kammfilterartigen Sync-Sounds erzeugt werden können. Eine Portamento-Funktion wurde ebenfalls implementiert. Das zentrale Klanggestaltungselement ist natürlich das damals patentierte MoogTiefpass- KASKADENFILTER , das von vielen Firmen (darunter auch Konkurrent ARP) kopiert wurde. Ein LFO mit Rechteck oder DreieckWellenform, dessen Geschwindigkeit bis 31 Hz reicht, kann die Oszillatoren-Tonhöhe oder die Filter-Eckfrequenz modulieren. Außerdem gibt es eine dreistufige KeyboardTracking-Funktion. Zwei dreistufige Hüllkurven für Lautstärke und Filter, deren Decayund Release-Phase von je einem Regler eingestellt wird, runden die Klangerzeugung ab.
SOUND Der Klang des Instruments lässt das Herz jedes Synth-Liebhabers höher schlagen: Hier
bekommt man alles, was die Moog-Synths so berühmt gemacht hat: fette schmatzende Bässe, durchsetzungsfähige, schwebende Leads, sahnige Filterfahrten und sägende Sync-Sounds. Das wunderbare Kaskadenfilter, das beherzt ins Klanggeschehen eingreift, spielt dabei natürlich eine zentrale Rolle. Der Prodigy kommt in mancher Hinsicht nahe an den Minimoog heran (und übertrifft ihn sogar bezüglich des Sync-Features), kann aber dessen massive Klangbreite nicht ganz erreichen − schließlich muss er auch mit einem Oszillator weniger auskommen. In Sachen Stimmstabilität ist die zweite Modellvariante der ersten übrigens deutlich überlegen.
MODS Trotz der hervorragenden Klangeigenschaften ist der Prodigy wegen seiner vergleichsweise einfachen Klangarchitektur nicht unbedingt ein Spezialist für ausgefallene oder experimentelle Sounds. Dank der diskreten Bauweise kann man das Instrument aber relativ einfach modifizieren. So lassen sich z. B. der von manchem schmerzlich vermisste Rauschgenerator, eine Ringmodulator oder eine Pitch-Modulation von Lötkolbenkundigen nachrüsten; es gibt sogar Leute, die die Tastatur ihres Prodigy mit Aftertouch ausgestattet haben. Das Gerät wurde uns freundlicherweise von »The Dukes Of Phantomschmerz« zur Verfügung gestellt. I
PRODIGY-USER Der Prodigy war (und ist) dank seiner guten Klangeigenschaften immer noch ein beliebtes Instrument und wird nach wie vor im Studio und auf der Bühne eingesetzt. Zum Userkreis gehören sowohl ElektronikActs aus den 80er-Jahren, wie Howard Jones, Depeche
Mode und 808 State, als auch Künstler, die in den folgenden Dekaden bekannt wurden, wie Fatboy Slim, The Prodigy (deren Namensgebung möglicherweise von dem Synth inspiriert wurde), Nine Inch Nails, Moloko, Rammstein oder der Detroiter Electro-Produzent Jimmy Edgar, der das Instrument z. B. auf seinem (übrigens sehr empfehlenswerten) Album Color Strip von 2006 verwendete.
DOWNLOADS
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Einige Beispielsounds des Moog Prodigy; zusätzlich einige Loops des Gerätes im Downloadbereich r www.sound-and-recording.de
KOSTENLOSE VOLLVERSION FÜR MAC UND PC – MOOG PRODIGY ALS PLUG-IN
LTMLAB PRODIGY Mit dem ltmLab stellen wir euch jeden Monat unter www.sound-and-recording.de einen Software-Drumcomputer mit Lauflichtprogrammierung zum Download online. Das Plug-in läuft uneingeschränkt als AudioUnit und VSTi auf Mac und PC. In diesem Monat ist unser ltmLab mit Drum- und Percussion-Sounds bestückt, die mit dem Moog Prodigy, welcher auf diesen Seiten vorgestellt wird, erzeugt wurden.
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Dynacord DRS 78
Mit dem DRS 78 leisteten die Straubinger Ingenieure einst echte Pionierarbeit, und Dynacord etablierte sich als einer der allerersten Hersteller in der Königsklasse der Effektgeräte.
Dynacord DRS 78 (*1978)
DOWNLOADS
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Im Audiodemo hörst du zunächst diverse Hall-Effekte, dann die Delay-Sektion des DRS 78 mit Repeat-Effekt (ab 02:32), Echos (ab 02:44) und Kammfilter-Sounds (ab 03:06). r www.sound-and-recording.de
Digitales Hall- und Echogerät TEXT & FOTOS: MATTHIAS FUCHS
Das Feld der digitalen Hallgeräte zeigte sich gegen Ende der 70er-Jahre noch mehr als überschaubar: EMTs Meisterleistung, das Model 250, war nur für Topstudios erschwinglich, das Quad Eight CPR16, ebenfalls in schwindelerregenden Preisregionen angesiedelt, kam über das Prototypenstadium kaum heraus. 1978 explodierte der Markt regelrecht − wohlgemerkt für damalige Verhältnisse: Die Ursa Major Space Station, das Lexicon 224 und Dynacords DRS 78 gingen fast zeitgleich in die Startpositionen. Während Erstere zunächst in der angloamerikanischen Studioszene große Beachtung fanden, avancierte das DRS 78 schnell zu einer der heißesten Neuerscheinungen der Frankfurter Musikmesse '78 − nicht verwunderlich, brachte es doch bei einem Verkaufs-
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preis von »nur« 3.850 Mark die neue »Wundertechnik« erstmalig in die Nähe kleinerer und mittlerer Studios. Zahlreiche Produzenten stellten Federn und Platten zugunsten der schwarzen 3-HE-Box mit dem geheimnisvollen Innenleben in die Ecke. Bis 1983 entstanden etwa 3.000 bis 3.500 Exemplare. Unter den Mitbewerbern der ersten Digitalhall-Generation konnte nur das Lexicon 224 einen größeren Markterfolg verbuchen.
WUNDER DER TECHNIK Genau genommen ist das DRS 78 kein reines Hallgerät. Die zwangsläufig abfallende DelaySektion hat man, wie auch bei der Space Station, mittels einiger Parameter für den User zugänglich gemacht.
Die technische Konzeption und Realisierung des DRS 78 nahm etwa ein Jahr in Anspruch und ist im Wesentlichen den Dynacord-Ingenieuren Karl-Heinz Bock und Michael Hofmann zu verdanken. Rechtes und linkes Eingangssignal werden zunächst gemischt (keine echte Stereobearbeitung), verstärkt und steilflankig in den Höhen beschnitten. Es folgt die AD-Wandlung mit einer Auflösung von 12 Bit und einer Abtastrate von 25 kHz in einem diskret aufgebauten Wandler. Ein 16-kB-RAM ist der eigentlichen Verzögerungseinheit vorgeschaltet und sorgt im Hallmodus für das Pre-Delay. Den Hall-Effekt generiert eine diskret aufgebaute, PROM-GESTEUERTE LOGIK aus Standardbausteinen, die einen modifizierten und stark vereinfachten SCHRÖDER/MOORER-ALGORITHMUS
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Vor allem im europäischen Raum fand das DRS 78 zahlreiche Freunde. Klaus Schulze gehörte zu den überzeugten Usern und verwendete das Gerät ausgiebig zusammen mit seinem AKG BX20-Federhall auf den Alben Dune und X. Bei Manuel Göttsching befindet sich sogar noch heute ein DRS 78 im Studio. Zu hören ist es auf seinem 1979er Ashra-Album Belle
Alliance. Wer erinnert sich noch an den Schweizer Jazz-Pop Harfinisten Andreas Vollenweider? Auf seinem Debütalbum von 1980 kam das DRS 78 ausgiebig zum Einsatz. Es war außerdem fester Bestandteil seines Liveracks.
mit der »extrem hohen Taktfrequenz von 7 MHz« (O-Ton des User-Manuals) abarbeitet − anno 78 durchaus State of the Art ... Dem Hallprozessor folgen ein integrierter DAWandler aus dem Hause Burr-Brown sowie ein weiterer steilflankiger Tiefpass zum Ausfiltern von Taktfrequenzartefakten. Schließlich werden die Signale gemischt, verstärkt, in der Phase gedreht und ausgegeben. Die solcherart aufgebaute Technik verhilft dem DRS 78 zu einer Dynamik von 70 dB und einem Frequenzgang bis 7 kHz. Das Ausgangssignal ist dementsprechend rauschfrei.
IM ÖLTANK Gut 30 Jahre nach seinem fulminanten Debüt wird das DRS 78 kaum noch als ernstzunehmende Hallquelle in Erscheinung treten. Der Grundsound klingt zwingend nach »Öltank« − aufgrund des eingeschränkten Frequenzgangs und der deutlich wahrnehmbaren Kammfiltereffekte wirkt der Hall in jeder Einstellung dumpf und metallisch, gleichzeitig aber auch sehr wuchtig und voluminös. Als Effektmaschine im besten Sinne kann man dem Oldie also durchaus Sympathien abgewinnen. Füllige Hallflächen mit langer Ausklingzeit wissen zu gefallen. Besonders spektakulär verhält sich die Maschine bei voll aufgedrehtem Feedback: Abhängig von der DecayEinstellung beginnt der Prozessor, über einen Zeitraum von mehreren Sekunden ganz allmählich selbst zu oszillieren und liefert sodann einen geräuschdurchsetzten Endloshall, den so sicher kein zweites Effektgerät zu erzeugen vermag. Bezüglich kleiner Räume muss das DRS 78 wiederum vollkommen passen. Zudem ent-
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steht kein wirklicher Raumeindruck − trotz aller Mächtigkeit wirken die Klänge zweidimensional. Die Delay-Sektion besitzt einen rauschfreien, Eimerketten-ähnlichen Sound − eine Eigenschaft, die heute sehr willkommen sein kann. Schöne Dub-Delays und Slapbacks sind für das DRS 78 ein Kinderspiel, auch Kammfilter-Sounds klingen, vor allem mit reichlich Feedback, wirklich gut und recht eigen. Die »Live«-Umschaltung zwischen den drei vorwählbaren Verzögerungen ist ein sehr brauchbares Feature. Man sollte allerdings nicht verheimlichen, dass sämtliche Schaltvorgänge (Pre-Delay, Decay, Delay 1−3) mehr oder weniger deutlich hörbare Spuren im Effektsignal hinterlassen.
FÜR FREAKS Wer den sehr speziellen Sound und den zweifellos reichlich vorhandenen Charme des 3-HE-Boliden mag sowie genügend Platz im Rack übrig hat, wird nicht allzu viel Mühe und Zeit investieren müssen, um ein Exemplar für wenige hundert Euro auf dem Gebrauchtmarkt ausfindig zu machen. Man sollte das Gerät jedoch vor dem Kauf ausgiebig testen, denn nicht alle angebotenen DRS 78 arbeiten fehlerfrei. Obwohl sich Service-Unterlagen im Netz finden lassen und der Großteil der verwendeten Bauteile noch verfügbar ist, wird der Servicetechniker des Vertrauens angesichts eines defekten DRS 78 kaum in Jubelrufe ausbrechen. Unser Testgerät wurde uns von Carsten Lohmann (www.echoschall.de) zur Verfügung gestellt. I
GLOSSAR PROM-GESTEUERTE LOGIK Die PROM-gesteuerte Logik ist eine mehr oder minder diskret aufgebaute Logikschaltung zur digitalen Signalverarbeitung. Ein zugehöriger PROM (Programmable Read Only Memory = einmalig programmierbarer Speicherchip) beinhaltet die »Arbeitsanweisung« für die Abarbeitung des Prozesses. Dies war vor dem Aufkommen von Mikroprozessoren und integrierten DSPs gängiger technischer Standard. SCHRÖDER/MOORER-ALGORITHMUS Der Schröder/Moorer-Algorithmus ist ein Prinzip der künstlichen Hallerzeugung auf Basis von parallel geschalteten, rückgekoppelten Delays (Kammfiltern) zur Rückwurfsimulation und nachfolgenden Allpassfiltern zur Nachhallerzeugung. Algorithmische Hallgeräte basieren üblicherweise auf diesem Prinzip.
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VORSCHAU 02.2012 GITARREN-RECORDING, TEIL 2 Den zweiten Teil unserer Testreihe zu verschiedenen Recording-Lösungen für Gitarristen widmen wir sogenannten Silentboxen.
HITS ZUM NACHBAUEN! THE BLACK KEYS Im De/constructed-Workshop der nächsten Ausgabe geht’s um den Sound des brandneuen Albums El Camino.
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Schneider’s Büro . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .39, 89
Dangerous Music/Mastering Works . . . . . . . . . . . . . . . . .31
t.bone/Thomann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .24, 25
Ferrofish . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .37
Tascam/TEAC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11, 39
MM-Musik-Media-Verlag . . . . . . . . . . . . . . . . . .3. US, 12, 13
Thomann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .66, 67, 68, 69
Music Store Köln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .3, 6, 7
Toontrack . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .2. US, 39
Musikmachen.de . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .33
Zaolla/Hyperactive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .39
PreSonus/Hyperactive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .23
Zaor.de/P.O.E. s.àr.l. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .37
RME/Synthax . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .53
ZOOM/Sound Service Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .4. US
Roll Music/Sound Service Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .37
SOUND & RECORDING 01/12
VORSCHAU MAGAZIN 97
IMPRESSUM www.soundandrecording.de Emil-Hoffmann-Str. 13 • D-50996 Köln Tel.: (02236) 96217-0 • Fax (02236) 96217-5 redaktion@soundandrecording.de ISSN: 1862-4863 erscheint monatlich in der MM-Musik-Media-Verlag GmbH & Co. KG, Sitz Ulm, Registergericht Ulm HRA 2946, USt-IdNr. DE 127491614 CHEFREDAKTION Jörg Sunderkötter (verantwortlich für den redaktionellen Teil) REDAKTION Thomas Adam, Jan Casagrande, Nikolai Kaeßmann, Ralf Kleinermanns, Dieter Stork (Fotos)
Fade OUT
GRAFISCHE GESTALTUNG Ulla Hieronymi
Die Laus, die Leber und die Kunst In jedem Flugzeug, das in Turbulenzen gerät, sitzt ein Vollidiot, der den Absturz herbeisehnt. Schlimmer: An irgendeinem Punkt im Leben muss man beim Blick durch die panischen Gesichter feststellen, dass man selber vollkommen ruhig ist. Nicht aus Gelassenheit, sondern weil das Leben, das einen am Zielflughafen erwartet, so grau erscheint wie die Gewitterwolken, die das Flugzeug umhüllen. »L’idiot, c’est moi«, wie der Franzose sagt. »Wunderbar!«, höre ich meine Redakteure jubeln, »exakt so muss eine Neujahrsansprache beginnen!« Nein, keine Angst, ich will gar nicht erst anfangen, darzulegen, wie man in einen solchen Geisteszustand verfallen kann – die Möglichkeiten sind endlos. Jede Erwartung kann nur auf wenige Arten erfüllt, doch auf schier unendlich viele Weisen enttäuscht werden; jede Situation birgt unzählige falsche Entscheidungsmöglichkeiten, aber nur eine richtige. Schlimmer noch, oftmals existiert überhaupt keine Lösung – insbesondere, wie im vorliegenden Fall, im zwischenmenschlichen Bereich. Wie wir alle früher oder später erfahren müssen, ist Scheitern Teil der menschlichen Natur. Die Frage ist, wie gehen wir damit um? Und genau deshalb hat der Mensch die Kunst hervorgebracht. »Das nutzlos Schöne«, wie man gerne sagt. Aber nur weil Kunst nutzlos ist, in dem Sinn, dass man damit keine Bierflasche öffnen und keinen Nagel in die Wand klopfen kann (oder wenigstens nicht sollte), ist sie ja noch lange kein sinnloser Klumpatsch. Schon während der Eiszeit haben unsere Urahnen Skulpturen von dicken Frauen geklöppelt, um sich – hungernd und fröstelnd in ihrer eisigen Höhle – ein Wunschbild zu schaffen, die Vision einer üppigen, vollgefressenen Zukunft. Wir wissen nicht viel darüber, wie besagte Urahnen gelebt haben, aber eins ist sicher: Die speckige Venus hat ihnen in der frostigen Höhle das Herz erwärmt – vermutlich auch andere Körperteile. Insofern ist Kunst weit mehr als Dekoration für Zahnarztpraxen oder Berieselung für Supermärkte. Das muss auch der Mensch der Neuzeit irgendwann erkennen, spätestens, wenn er emotional ausgenuckelt aus dem Flieger steigt, der partout nicht abstürzen wollte. Was tun, um auch im
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SATZ Frank Loevenich, Ulrich Knipping
übertragenen Sinn wieder festen Boden unter den Füßen zu spüren? Das beste mir bekannte Gleitmittel, um den Kopf wieder aus dem Arsch zu ziehen, ist und bleibt die Kunst. Kunst ist Ablenkung und Neuausrichtung zugleich. Kunst löst uns aus unguten Gedankenschleifen und weist uns eine Vision. Inuit-Völker bedienen sich heilender Erzählungen, um Kranke von schlechten Gedanken zu reinigen. In unserer westlichen Kultur kann ein guter Kinofilm helfen, den Geist wieder in geordnete Bahnen zu lenken. Die vielleicht größte, gewiss aber geheimnisvollste Macht über unser Befinden hat jedoch die Musik. In einem Kommentar zum wunderbaren Singer/Songwriter Ron Sexsmith fand Daniel Lanois jüngst eine interessante Erklärung: Das Hören melancholischer Musik bewirke eine Art emotionale Phasenauslöschung und vertreibe so die eigene Melancholie. Eine gewagte These, die aber kaum als allgemeingültig anzusehen ist. Manch anderer Melancholiker driftet durch entsprechende Musik in tiefe Tristesse. Aber auch in solchen Fällen tritt nach einer gewissen Zeit nicht selten ein heilender Effekt auf: Der eigene Schmerz verbindet sich mit Schönheit, Eleganz und Größe; ein trüber Gedanke wird zum Melodiebogen, zur Liedzeile, findet einen zitierfähigen Ausdruck. Es heißt ja nicht umsonst »sich einen Reim auf etwas machen«. Und überhaupt: Wenn das eigene Empfinden bereits von einem Künstler ausgedrückt wurde – treffender als man es selbst könnte –, dann heißt das zumindest, dass man mit seinem Leid nicht alleine ist. Uns Musikern sollte das Trost und Ansporn zugleich sein. Trost, dass wir aus niederschmetternden Erfahrungen noch Inspiration für Songs ziehen können, und Ansporn, dass das nutzlos Schöne, das wir schaffen, nicht wirkungslos verpufft. Der Mensch braucht Kunst. Und deshalb haben wir Songschreiber, Musiker, Autoren und sonstigen Freigeister eine ganz besondere Pflicht: Ehrlich bleiben. Wer Emotion nur vortäuscht, als leere Pose einstudiert, hilft niemandem aus seinen Turbulenzen. Ehrlich bleiben, die eigene Kunst ernst nehmen: Das wäre jedenfalls mein Motto für das Jahr 2012. I AUTOR: DR. ANDREAS HAU
REDAKTIONELLE MITARBEITER Dr. Stefan Albus, Craig Anderton, Christian Baum, Matthias Becker, Helge Beckmann, Hannes Bieger, David Bonk, Dr. Richard Brunner, Hans-Martin Buff, Richard Buskin, Robin Cornelissen, Jan-Christoph Fritz, Matthias Fuchs, Andreas Gundlach, Dr. Anselm Goertz, Hans Hafner, Dr. Andreas Hau, Harald Heckendorf, Martin Hömberg, Rob Hordijk, Till-A. Jann, Dipl.-Ing. Peter Kaminski, Matthias Keul, Uh-Young Kim (uh), Jörg Küster, Axel Latta, Dieter Leckschat, Prof. Jörg Lensing, Bernhard Lösener, Oliver Lucas, Michael Makarski, Eric Mandel, Dirk Matschuk, Peter Maier, Joker Nies, Judith Nordbrock, Dominic Paraskevopoulos, Martha Plachetka, André Ruschkowski, Mathias Schaffhäuser, H.-J. Scheffler, Jochen Schmidt-Hambrock, Frank Schreiber, Markus Thiel, Paul Tingen, Mark Vail, Henning Verlage, Jörg Wartmann, Wolfgang Wierzyk, Stefan Woldach, Helmut Zerlett, Florian Zwißler ANZEIGENVERKAUF Katja Streck, Telefon (02236) 96217-79 Gesamtanzeigenleitung: Gerald Dellmann ANZEIGENDISPOSITION Vivien Hauser (-85), Marion Bondar-Pietsch (-48) Telefon (02236) 96217- Durchwahl s. o. Gültig ist Anzeigenpreisliste Nr. 7 vom 1. Januar 2012. MARKETING
VERTRIEB
Sebastian Class
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Gerald Dellmann, Gerrit Klein BANKVERBINDUNGEN Ulmer Volksbank (BLZ 630 901 00) Konto-Nr. 8883 009 Dresdner Bank Köln (BLZ 370 800 40) Konto-Nr. 866 631 300 PERSÖNLICH HAFTENDE GESELLSCHAFTERIN MM-Musik-Media-Verlag und Verwaltungsgesellschaft mbH, Ulm, Sitz Ulm, Registergericht HRB 2133 Geschäftsführer: Gerald Dellmann, Gerrit Klein DRUCK ADV SCHODER Augsburger Druck- und Verlagshaus GmbH (auch Anschrift für Beilagen und Beihefter) Projektleitung: Albert Reichart, Aindlinger Straße 17–19 D-86167 Augsburg · Tel. (0821) 7904-216 Copyright und Copyrightnachweis für alle Beiträge bei MM-Musik-Media-Verlag. Nachdruck, auch auszugsweise,sowie Vervielfältigungen jeder Art nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags. Für unverlangte Einsendungen keine Gewähr. Namentlich gezeichnete Beiträge unserer Mitarbeiter stellen nicht unbedingt die Meinung der Redaktion oder des Verlags dar. BEZUGSPREISE Das Einzelheft kostet € 5,50. Der Abonnementspreis beträgt im Inland € 50,65 pro Jahr (inkl. Porto) für 12 Ausgaben. Ausland/EU € 62,90 (Land-/Seeweg). Jahres-Abo Schweiz (12 Ausgaben) CHF 99,–. Kombi-Abo Sound & Recording mit Gitarre & Bass (je 12 Ausgaben) Inland € 87,–. Kombi-Abo Sound & Recording (12 Ausgaben) mit KEYBOARDS (6 Ausgaben) Inland € 68,–. Kombi-Abo Sound & Recording (12 Ausgaben) mit Production Partner (10 Ausgaben) Inland € 95,–. Das Abonnement verlängert sich um ein Jahr, wenn es nicht 2 Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt wird. Mehrkosten für Luftpostzustellung auf Anfrage. Im Handel vergriffene Exemplare können, solange der Vorrat reicht, beim Verlag nachbestellt werden. NATIONAL-DISTRIBUTOR asv vertriebs gmbh Objektvertriebsleiter: Lothar Kosbü • Süderstraße 77, 20097 Hamburg LESERSERVICE UND ABO-VERWALTUNG Sound & Recording Abo- u. Vertriebsservice • Heuriedweg 19, 88131 Lindau Telefon* 0180-52 60 110 Telefax* 0180-52 60 109 *(01805-XXXXXXX 0,14 €/Min. aus dem Festnetz, Mobilfunk max 0,42 €/Min.) E-Mail: abo.musikmedia@guell.de Mitglied der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V. (IVW). Im MM-Musik-Media-Verlag, einem Unternehmen der Verlagsgruppe Ebner Ulm, erscheinen die Zeitschriften Sound & Recording, KEYBOARDS, SchoolJam, Gitarre & Bass, Sticks, Production Partner, Professional System und Event Partner.
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