Bogen, Mohrlife @ Architektur+Technik N° 12/2022

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Hotels & Restaurants

architektur-technik.ch
Marktplatz Bad Wand, Decke, Akustik

Restaurant Bozen

Mit nur zwei Stockwerken gehört das Haus zu den niedrigsten in der Strasse.

Im Erdgeschoss arbeiteten im 19. Jahrhundert Schuhmacher, Tischler, Fuhrleute, Holz- und Obsthändler. Später befand sich darin das erste Restaurant der Strasse. Die Besitzerin des Hauses wollte dem Raum eine persönliche Note verleihen, und zwar in Form von floralen Kompositionen.

In einer der ältesten Handelsstrassen Bozens verbirgt sich eine ehemalige Werkstatt mit Tonnengewölbe. Das Architekturbüro Network of Architecture (Noa) verwandelt diesen Raum in ein gemütliches Bistro, in dem sich historisches Erbe und zeitgenössische Raffinesse die Waage halten.

Bogen schlagen

Die Handelsgeschichte Bozens lässt sich an der Laubengasse, der Hauptachse der Stadt, ablesen. Bereits im 13. Jahrhundert war sie einer der bedeutendsten Treffpunkte für italienische und deutsche Kaufleute. In ihren Lagern stapelten sich die Waren, die später nach ganz Europa gelangten. Wie die Laubengasse hat auch ihre nördliche Parallelstrasse, die heutige Dr.-Streiter-Gasse, viel von ihrem ursprünglichen Aussehen bewahrt, dabei durchquert sie noch heute drei mittelalterliche Steinbögen. Auf halber Strecke der erstmals 1498 urkundlich erwähnten Strasse, die entlang des ehemaligen nördlichen Stadtgrabens verläuft, steht ein kaum zu übersehendes Haus: Mit nur zwei Stockwerken ist es eines der niedrigsten in der Strasse. Eine Aussentreppe mit offenem Gang sowie Rundbogenportale erschliessen das Gebäude ostseitig und brechen die geschlossene Strassenfront. Dieses Haus ist die Kulisse für das neueste Innenarchitekturprojekt von Network of Architecture (Noa). «Das Haus hat eine jahrhundertealte Geschichte und wimmelt von Leben und Vielfalt», erklärt Stefan Rier, Gründer von Noa und leitender Architekt des Projekts, und ergänzt: «Es war in Besitz des Deutschen Ordens, eines Goldschmieds namens Hanns im 15. Jahrhundert, des Stadtschreibers Ennthofer im 16. Jahrhundert und einer langen Reihe von Familien danach. Mit unserem Eingriff wollten wir, dass die lebhafte Vergangenheit von

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Fotos: Alex Filz, Network of Architecture

Bozen als Handelsstadt durch diese Mauern deutlich sichtbar wird.»

Das Projekt betrifft den Raum im Erdgeschoss, in dem im 19. Jahrhundert Schuhmacher, Tischler, Fuhrleute, Holz- und Obsthändler arbeiteten und in dem sich später das erste Restaurant der Strasse befand. Obwohl der Raum seine markante ursprüngliche Architektur beibehielt, wurde er im Laufe der Zeit beschädigt. Familie Mayr, die heutigen Eigentümer des Gebäudes, beauftragte das Architekturbüro mit der Restaurierung und der Planung des Innenraums für eine neue Nutzung: des Bistros Bogen.

Historisches Erbe

Der starke Bezug zur Geschichte war bei der Definition des Projekts entscheidend: zum einen, weil das Haus unter Denkmalschutz steht, zum anderen, weil das Designteam die ursprüngliche Architektur der Bögen bestmöglich hervorheben wollte. An der Aussenfassade wurde das Gebäude sorgfältig in Aschweiss neu verputzt und der Eingangsbogen vergrössert. Hier wurde ein dreiteiliger schwarzer Metallfensterrahmen mit einem essenziellen und elegan-

ten Charakter eingebaut, der dem abgesenkten Bogen folgt und eine gute natürliche Belichtung gewährleistet.

«Bei unserer Recherche über die damals sogenannte Karnergasse haben wir ein Gemälde des Malers Richard Wolff über das Leben an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert gefunden. Wir waren überrascht, im Vordergrund dieser faszinierenden Momentaufnahme das Eingangstor zum heutigen Bistro Bogen zu sehen», erzählt Stefan Rier.

Für den Innenraum bestand die Grundidee darin, die vier Bögen zu betonen, die auf beiden Seiten die fast 19 Meter lange Raumtiefe rhythmisch unterbrechen. Um das zu erreichen, hat man auf zwei Ebenen agiert: horizontal und vertikal. Im ersten Fall wurde der vorhandene Höhenunterschied im Eingangsbereich mit einem Eichenpodest ausgeglichen, während für den Boden ein graubeiger Estrich gewählt wurde, der keinen starken Farbkontrast zu den Wänden bildet. Jedoch wurde die Beleuchtung so konzipiert, dass die Spotlights die Kurven der Bögen sanft akzentuieren. Mit Ausnahme der beiden Tische am Ende des Raums gibt es keine Hängeleuchten, die

Mit Ausnahme der beiden Tische am Ende des Raums gibt es keine Hängeleuchten, die zusätzliche Beleuchtung wird durch Stehlampen gewährleistet.

Die sechs Tischbeine sind verschieden und deuten einen improvisierten Tisch an. Das Design wurde um ein Blumenmotiv herum entwickelt, bei dem eine einladende, 7 Meter lange Tafel unter einer Decke aus Blumenkörben im Mittelpunkt steht.

zusätzliche Beleuchtung wird durch Stehlampen sichergestellt.

Boheme-Ambiente

Bei den ersten Treffen zwischen Auftraggebenden und Planenden der Innenarchitektur, bei denen es um das Ambiente des Bistros ging, kristallisierte sich der Wunsch des Kunden nach einer romantischen Atmosphäre im Boheme-Stil heraus. Ausserdem wollte die Besitzerin des Hauses, Roswitha Mayr, dem Raum mit ihrer handwerklichen und künstleri-

schen Begabung eine persönliche Note verleihen, und zwar in Form von floralen Kompositionen. Das Planungsbüro hat diese spannenden Anregungen aufgegriffen und das Design um ein Blumenmotiv herum entwickelt, bei dem eine einladende, 7 Meter lange Tafel unter einer Decke aus Blumenkörben im Mittelpunkt steht. «Die mit Blumen geschmückte Decke wurde sofort zum Highlight der Inneneinrichtung. Die umgedrehten, mit Trockenblumen gefüllten Körbe sind ein suggestives Bild, das die Vergänglichkeit, aber auch die Schönheit des Lebens

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Bautafel Objekt Bistro Standort Bozen Fertigstellung 2021 Bauherrschaft Roswitha und Benjamin Mayr Architektur und Interior-Design Network of Architecture (Noa)

Die Sitzplätze sind in Nischen eingebaut und die Wände mit einem Stoff mit elegantem Blumendruck bespannt.

symbolisiert», erklärt Silvia Marzani, Innenarchitektin bei Noa.

Die lange Tafel als gesellige und familiäre Lösung im gastronomischen Ambiente ist ein beliebtes Motiv für das Planungsstudio; in diesem Fall ist die Theke auf der rechten Seite zugleich eine Arbeitsplatte ohne Sitzmöglichkeiten und enthält technische Einbauten.

Weitere interessante Details machen dieses Möbelstück einzigartig: Die sechs Tischbeine sind verschieden und deuten einen improvisierten Tisch an, den eine Familie für sich selbst hergestellt haben könnte. Ein Spiegel verkleidet den zentralen Sockel und lässt ihn im Raum verschwinden. Die Platte besteht aus Nacarado-Stein, der wegen seiner besonderen Maserung und warmen Farbe ausgewählt wurde. Die grosse Blumenkomposition über dem Tisch, die von der Decke herabzufallen scheint, ist Roswitha Mayrs persönliche Kreation. Die hängenden Rattanlampen, die ebenfalls das Korbmotiv aufgreifen, finden ihren Platz inmitten der Blumen.

Raumatmosphären

Die Gemeinschaftlichkeit der grossen Tafel steht im Gegensatz zu der Intimität der kleinen Tische auf der linken Seite des Bistros, die den Blick auf die

Gasse freigeben. Die Privatsphäre wird in den ersten beiden Bögen noch weiter verstärkt. Die Sitzplätze sind in die Nischen eingebaut und die Wände mit einem Stoff mit elegantem Blumendruck bespannt. Die Nische, die den Raum abschliesst, ist auf die gleiche Weise gestaltet. In einem ständigen Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart entschied man sich dafür, neue Stühle aus Holz und Stoff sowie neu lackierte Vintage-Stühle abzuwechseln.

Es gibt zwei Servicebereiche: die Küche, die komplett renoviert wurde und die sich am Ende des Raums befindet, und die Toiletten, die in einer Box untergebracht sind. Dank der gelochten Blechverkleidung, auf die das Blumenmotiv der Bögen gedruckt ist, wird Letztere zum kreativen Einrichtungsgegenstand. Auf diese Weise verbinden sich die technischen Anforderungen der Akustik mit der Ästhetik des Lokals: Die Dämmplatten sind unter der perforierten Metalloberfläche nicht sichtbar. «Wir haben uns bei diesem Projekt um jedes Detail gekümmert, und es ist uns gelungen, ein stimmiges Design mit starkem zeitgenössischem Charakter in einer jahrhundertealten Struktur zu schaffen. Ein Schritt in die Gegenwart und Vergangenheit Bozens zugleich», fasst Silvia Marzani zusammen. Ɂ noa.network

Gebäudeschnitt Grundriss
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Das Hotel «Mohr Life» stattet seine Entspannungswelt mit Ganzglastüren und der ganzheitlichen Beschlaglösung «Tectus Glas» von Simonswerk aus.

Minimalistisch, filigran, transparent

Für besondere Ästhetik wurde das Bandsystem «Tectus Glas» von Simonswerk eingesetzt, das den Ganzglastüren etwas einzigartig Filigranes und Leichtigkeit verleiht.

Grosse Glasfronten gewähren im Hotel einzigartige Ausblicke.

Fotos: Fotoschmiede Tirol

Das Hotel «Mohr Life Resort» liegt eingebettet in die Bergwelt Tirols in dem österreichischen Ort Lermoos und verbindet moderne Architektur mit einem eindrucksvollen Wellnesskonzept. Es ist ein Haus der Kontraste, denn geradlinige Rahmenkonstruktionen aus Beton, gefüllt mit grossen Panoramafenstern, treffen mit viel Eleganz auf natürliche Holzelemente, die den typisch alpenländischen Baustil widerspiegeln.

Besondere Ästhetik

In der neuen Entspannungswelt «Mohr Escape» sorgt ein grosszügiger Saunabereich für wohlige Wärme und ein OutdoorPool im Infinitystil für die anschliessende Abkühlung. Grosse Glasfronten gewähren einzigartige Ausblicke auf das Zugspitz­

massiv, welches das Hotel zu umarmen scheint. Dank der offen gestalteten Räumlichkeiten, der Glastüren und ­wände sowie der Panoramafenster erfährt der Gast im Wellnessbereich ein Gefühl der Freiheit – nichts, kein einziges Detail, stört den Blick, ob innen oder nach draussen. Für diese besondere Ästhetik wurde das Bandsystem «Tectus Glas» von Simonswerk eingesetzt, das den Ganzglastüren etwas einzigartig Filigranes und Leichtigkeit verleiht. Technische Beschlagdetails verschwinden, und es entsteht eine Flächenbündigkeit von Ganzglastür, Zarge sowie Band­ und Schliesssystem – die perfekte Voraussetzung für ein minimalistisches Design in Kombination mit höchster Transparenz. Während sich Türen und Wände zurückhaltend präsentieren, las­

sen sie Raum für den stimmungsvollen Charakter der Inneneinrichtung.

Optimal erholen

Dank der geräuschlosen magnetischen Schliessung geniessen Gäste absolute Ruhe, sodass sie sich optimal erholen können. Der Belastungswert von zwei Türbändern des Bandsystems «Tectus TEG 310 2D» liegt bei 80 Kilogramm, was einem Türmass von rund 10 auf 1300 auf 2500 Millimeter entspricht. Damit sind nahezu alle Glastürdimensionen auch im Objektbau abgedeckt. Das Bandsystem «Tectus Glas» wurde bereits mit renommierten nationalen und internationalen Designpreisen wie dem «Red Dot Award» und dem «IF Design Award» ausgezeichnet.

Ɂ simonswerk.com

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