Arx Vivendi: Südtiroler Bauherren und Architekten haben in Arco ein Kloster aus der Habsburgerzeit wachgeküsst Boni über Boni: Was die Steuerabzüge des Staates bringen und wem sie nützen
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Hotel Mondschein: Zwei Brüder aus Lana hauchen dem Bozner Juwel neues Leben ein
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Castità
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In Arco schlummert ein massiger Riese hinter siebeneinhalb Meter hohen Mauern. Wie Pusterer Bauherren und ein Bozner Architekturbüro das Kloster der Habsburgerzeit wiederbelebt haben.
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Sicherer Hafen: Hinter den 7 bis 8 Meter hohen Mauern des Arx Vivendi steht die Welt still. „Wir haben bemerkt, dass viele Gäste leiser sprechen, sobald sie das Kloster betreten haben“, erzählt Bauherr Manuel Mutschlechner. ® © Alle Rechte vorbehalten/Riproduzione riservata – FF-Media GmbH/Srl
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Erhellt: Das aufgehöhte Dachgeschoss setzt sich in Gestaltung und Einrichtung bewusst von den dunkleren Zellen im Obergeschoss ab. Großflächige Verglasungen im Dach und Richtung Garten schaffen ein Spielzimmer für Licht und Schatten.
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Alt und neu: Die historischen Flügeltüren, ein jahrhundertealtes Original, blieben erhalten. Für modernen Komfort sorgen die schlichten schwarzen Türen, die in die „Zellen“, also Zimmer, im ersten Stock führen.
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ls Manuel Mutschlechner und seine Frau Stephanie Happacher das stille Kloster im Dorfzentrum von Arco zum ersten Mal betreten, säumen fünf Meter hohe Holzkreuze den Kreuzgang. Im Garten wuchern die Pflanzen, der Wind streift durch leere Fensterrahmen. Nur noch vier Ordensschwestern
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der Dienerinnen Marias bewohnen den Nordflügel. Zwei von ihnen haben das Kloster seit 40 Jahren nicht verlassen. Der Südflügel hingegen steht fast völlig leer und gleicht einem Skelett. Und dennoch handelt es sich mit den über vier Meter hohen Räumen um einen eindrucksvollen Bau. 1689 wurde der Koloss
von einem venezianischen Architekten an das Nordende des Gardasees gesetzt, seine Handschrift findet sich noch heute in den zahlreichen Rundbögen im Klosterinneren wieder. Ein weitläufiger Garten und eine stellenweise bis zu acht Meter hohe Mauer schafften dem Orden eine völlig isolierte kleine Welt.
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1. Imposant: 50 Meter lang und 8 Meter breit ist dieser Flur, von dem die ursprünglichen Schlafzellen der Klosterfrauen abzweigen. Der mediterrane Terrakottaboden wurde sorgsam abgetragen, gereinigt und wieder eingesetzt. 2. Authentisch: Inmitten der alten Klostermauern finden sich eine Reihe bunter historischer Zitate. „Sie mögen nicht immer ins Farbkonzept passen“, sagt Architekt Christian Rottensteiner, „aber sie sind Charakter des Baus.“ 3. Gelebt: Der Südflügel des Klosters stand ein halbes Jahrhundert leer. Die Jahre haben ihre Spuren zwischen den alten Mauern hinterlassen, der Verfall stellte Architekten und Denkmalamt immer wieder vor Herausforderungen.
Aufgegeben wurde der Südflügel in den Fünfzigern, als die Zahl der Schwestern immer weiter schrumpfte. Die imposante Struktur wanderte durch verschiedene Hände, während der Verfall an den Mauern nagte. Als Stephanie Happacher und Manuel Mutschlechner auf das Kloster aufmerksam wurden, stand es bereits seit einigen Jahren zum Verkauf. Das sorgte zunächst für Misstrauen. „Wie konnte 58
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es sein, dass noch niemand vor uns dieses Juwel entdeckt hatte?“, erinnert sich Mutschlechner. Ein Glücksfall. Die Pusterer – Stephanie Happacher ist die Tochter vom Caravan Park Sexten – schlugen zu und zogen mit ihrer jungen Familie nach Arco. Über drei Jahre floss all ihre Energie in die mühevolle Renovierung. Mit dem Bozner Architekturbüro noa* an ihrer Seite drehten sie jeden Stein einzeln
um. „Das mussten wir einfach tun“, sagt Mutschlechner heute. Aber er lächelt. Denn das Ergebnis ist jede Mühe wert. Seit Mai 2021 liegen sich, nach knapp zehn Monaten Bauzeit, hinter den Klostermauern Vergangenheit und Gegenwart in den Armen – gekleidet in zeitlose Schlichtheit. Aus dem Klosterprojekt wurde ein Wellnesshotel der besonderen Art: „Arx Vivendi“. ® © Alle Rechte vorbehalten/Riproduzione riservata – FF-Media GmbH/Srl
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AUF DEM SEZIERTISCH: EIN GESPRÄCH MIT DEM ARCHITEKTEN Das Bozner Architekturbüro noa* unter der Führung von Lukas Rungger und Stefan Rier hat dem Kloster neues Leben eingehaucht. Ein Gespräch mit Architekt Christian Rottensteiner, der von Beginn an in die anspruchsvolle Neukonzeption involviert war. ff: Worin bestand die größte Herausforderung? Christian Rottensteiner: Das ganze Gebäude als solches stand unter Denkmalschutz. Und der war bei jedem Element ein Thema: bei den Bodenflächen, bei den historischen Türen, bei den neuen Türen und auch bei den Fensterelementen, die zur Gänze erneuert werden mussten … Es wurden viele Runden an Mustern erstellt, die alle einzeln abgestimmt werden mussten. Ein intensiver Prozess, bis wir zu einem Ergebnis kamen, das sowohl realisierbar als auch finanzierbar war. Wie sehen die individuellen Lösungen aus? Bei den Putzoberflächen im Innenraum zum Beispiel haben wir eng mit einem Restaurator zusammengearbeitet. Anstatt die Verunreinigungen mit einer zu groben Sandbestrahlung zu entfernen, haben wir Schalen von Nüssen beigemengt. Das war ein delikaterer Umgang mit dem alten Erbe. Auch am Dach hat sich einiges getan. Im Monastero gab es ein wunderbares Gebälk, alte „capriate“. Weil der Dachstuhl aber baufällig war, wurde das Gebälk völlig abgetragen, das Dach erhöht und neu gedämmt. Nach der Reinigung und einigen Neuerungen haben wir die ursprünglichen Balken behutsam wieder eingesetzt. Wir haben also mehr seziert als einfach nur gebaut.
Sicherheit ist unser MOTTO Mechanische, mechatronische und elektronische Lösungen Schließsysteme bieten vielfältige Lösungen zur Absicherung einzelner Türen und zur Planung moderner Schließanlagen. Die mechanischen, mechatronischen und elektronischen Varianten stehen für Komfort und Sicherheit - und lassen sich als solitäres System, aber auch als Kombination individuell und wirtschaftlich umsetzen. Mechanische Schließsysteme - Komfortable Sicherheit
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Dieses „neue“ Obergeschoss war vorher nicht nutzbar? Der Dachboden war vorher nur Stauraum. Jetzt aber gibt es dort eine Reihe von Zimmern. Ein schönes Detail sind die großflächigen Verglasungen in Richtung Garten und von oben durch das Dach – n dieses diffuse Licht von oben hat beinahe etwas Sakrales. DORMAKABA
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Der Bau hat seine eigene Seele, die Bauherren, Architekten und Denkmalamt über zwei Jahre aus den verfallenden Mauern herausgearbeitet haben. Das „Monastero“ erstrahlt jetzt auf rund 3.800 Quadratmetern. Klare weiße Putzoberflächen, schwere Balkendecken und Gewölbe, die über der schmucklosen, geradlinigen Einrichtung schweben. 60
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Schlichte Eleganz: Meterhohe Decken, schlanke metallene Himmelbetten. In den Zimmern und Suiten wird die Vergangenheit des Gebäudes nicht nachgeahmt, sondern übersetzt.
Anstatt mit der Strenge zu ringen, die seine Bestimmung dem Gebäude diktiert, bemühte man sich um eine spirituelle Symbiose. „Der Atmosphäre, die diese Räume ausstrahlen, ist man unterlegen“, hält Christian Rottensteiner, einer der beteiligten Architekten von noa*, fest. Der einzige Weg führe über Respekt. Diese Herangehensweise zeichnet mit verantwortlich dafür, dass nur
wenige Räumlichkeiten umgewidmet wurden. Man hat sich vielmehr behutsam ans Werk gemacht: Aus den eintönigen jahrhundertealten Zellen wurden minimalistische und zugleich luxuriöse Rückzugsorte geschaffen. Unter den Kreuzbogengängen wurden Loungelandschaften installiert. Die traditionsreichen Außenräume wurden modern interpretiert. Eine ständige Gratwanderung ® © Alle Rechte vorbehalten/Riproduzione riservata – FF-Media GmbH/Srl
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300 JAHRE SPÄTER: EIN GESPRÄCH MIT DEN BAUHERREN Stephanie Happacher und ihr Mann Manuel Mutschlechner sind vor drei Jahren dem Charme des Klosters erlegen. In Arco haben sie sich einen Traum verwirklicht, von dem sie vorher selbst nichts gewusst hatten.
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Warum kauft man sich ein Kloster? Manuel Mutschlechner: Eigentlich haben wir uns das Kloster nur angesehen, um dem Vater meiner Frau einen Gefallen zu tun. Vor Ort haben wir dann sofort gemerkt: Das wäre etwas. Zunächst waren wir noch etwas skeptisch, weil der Südflügel zu dem Zeitpunkt schon seit einigen Jahren auf dem Markt war. Warum hat vor uns niemand dieses Potenzial gesehen?
Manuel Mutschlechner und Stephanie Happacher haben dem Kloster neues Leben eigehaucht.
Aber schließlich haben Sie sich zur Entscheidung durchgerungen. Stephanie Happacher: Sonst hätten wir uns in 15 Jahren gefragt, warum wir diese einmalige Chance nicht ergriffen haben. Zum Glück haben wir die
Entscheidung getroffen und leben jetzt selbst seit einem Dreivierteljahr im Kloster. Welche Überraschungen hat der Umbau bereitgehalten? Mutschlechner: Naja, meine Frau wollte immer ein Bed&Breakfast mit 4 Zimmern, jetzt sind es 40 (lacht). Natürlich war das Ganze ein relativ langwieriger Prozess, da das Projekt dem Denkmalamt obliegt. Über die zwei Jahre Planungsphase mussten einige Kompromisse gefunden werden. Und auch finanziell haben wir gewisse Grenzen ausgereizt. Sind Sie trotzdem zufrieden mit dem Ergebnis? Ja. Das ist ein Stück Geschichte von Arco, das wir in die Gegenwart geholt haben. Und diese Ruhe, die Ehrfurcht, die das Kloster so atmosphärisch machen, kommen gut an. Ich persönlich bin am liebsten unter der alten Mühle im Garten. n
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Durchblick: Der Aufzug wurde verglast und greift so die strenge vertikale Säulenordnung auf. Die Verspiegelung ermöglicht eine weitere Perspektive auf das altehrwürdige Kloster und den weitläufigen Garten.
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„Der Atmosphäre, die diese Räume ausstrahlen, ist man unterlegen.“ Christian Rottensteiner
zwischen modernen technischen Anforderungen und den denkmalgeschützten historischen Elementen hat Kompromisse von allen Seiten gefordert. Ein Beispiel: Bis die weitläufige Wellnessanlage im Garten allen Anforderungen entsprach, haben sich Entwurf und Materialien völlig verändert. Eine Entwicklung, die entlang der Planungs- und Bauphase immer wieder Mehrkosten generiert hat. Die Verglasung, die dort jetzt Oberhand gewonnen hat, erscheint im Kontrast zu den dicken Klostermauern sehr modern – und bietet dem alten Gebäude zugleich eine Bühne. Rottensteiner: „Dieses Wechselspiel durch die Spiegelungen ist ein Multiplikator.“ Beim genaueren Hinsehen lösen sich die
modernen Elemente auf: Was bleibt, ist der nackte Stein. Wie draußen, so wandelt man auch in den Innenräumen des Klosters von einem Jahrhundert zum nächsten. Breite Gänge und hohe Decken erwecken eine bedeutungsschwangere Atmosphäre, die ganz ohne Dekoration auskommt. Exemplarisch dafür steht der Gang im ersten Stock, wo sich früher die Zellen der Schwestern aneinanderreihten: Der Flur ist 50 Meter lang und 8 Meter breit. Auf Schmuckelemente und Möbel hat man trotzdem zur Gänze verzichtet. Die Details sind schlicht, wie etwa die eigens für das Kloster entworfene Beleuchtungsserie, die punktuelle Akzente setzt.
Die Zellen selbst schließlich erzählen Geschichte. Hohe, schmale Fenster lassen ein wenig Tageslicht herein, ein Windhauch spielt in den rauen braunen Bettvorhängen. Sie greifen das einfache Leben der Klosterfrauen wieder auf: naturbelassene Stoffe, geradlinige Metallteile, gedeckte Farbtöne. Und doch hat man hier die Balance gefunden. Ohne die strenge Ordnung zu überladen und ohne sie kühl wirken zu lassen. Es ist gefühlvolle Handarbeit. Alles hat hier seinen fest bestimmten Platz unter dem „arx vivendi“, der sich über Holz und Stein aufspannt, der quer durch die Zeit hindurchreicht: unter dem Bogen des Lebens. n Lisa Fulterer
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