n-ost-Reportagepreis 2012

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n-ost REPORTAGE PREIS 2012

n-ost- reportagepreis 2012

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n-ost reportagepreis 2012

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n-ost Reportagepreis 2012 • VORWORT

n-ost Reportagepreis 2012 • INHALT

VORWORT „Nah dran, differenziert und unerwartet“ – dieses Motto steht über dem n-ost-Reportagepreis 2012. So sollen die Beiträge sein, die unser Bild vom Osten Europas prägen und die das Netzwerk für Osteuropa-Berichterstattung mit seinem Reportagepreis auszeichnet. In diesem Jahr wird der Preis bereits zum sechsten Mal vergeben. Allerdings werden neben Texten erstmals auch Radio- und Fotoreportagen ausgezeichnet.

INHALT Den Autoren auf der Shortlist, den Nominierten und Preisträgern gratulieren wir sehr herzlich. Ihre Reportagen sind beispielhaft: weil sie nach intensiver Recherche vor Ort anspruchsvoll gemacht sind – und weil sie echte Geschichten erzählen, anstatt nur Klischees zu wiederholen. Auf den folgenden Seiten können Sie alle nominierten Autoren sowie ihre Geschichten, Töne und Bilder aus Osteuropa kennen lernen. Wir wünschen Ihnen viel Spaß dabei!

Die Erweiterung um die beiden Kategorien Radioreportage und Fotoreportage/Audioslideshow Wir danken den Mitgliedern der Vorjurys und war n-ost wichtig. Schließlich sind es nicht nur Texte, sondern auch Bilder und Töne, die unsere Vor- Jurys vielmals für ihre engagierte Arbeit. Unser stellung von Osteuropa beeinflussen. Dabei gerät Dank geht auch an die Robert Bosch Stiftung und die Auslandsberichterstattung immer mehr unter die Metro AG für die großzügige Unterstützung. Kostendruck: In vielen Redaktionen werden KorresNicht zuletzt bedanken wir uns herzlich bei pondentenstellen eingespart, für Auslandsthemen – geschweige denn Reportagen – gibt es immer we- den mehr als 120 Osteuropa-interessierten Autoren niger Platz. Angesichts dieser Entwicklung soll der und Lesern, die ihre Vorschläge für den n-ost-Reporn-ost-Reportagepreis Journalisten, Fotografen und tagepreis 2012 eingereicht haben. Redaktionen zu qualitativer Berichterstattung ermutigen, besonders gute Autoren auszeichnen und eine Debatte in Gang halten darüber, was „Osteuropa“ eigentlich ist und wie darüber erzählt und Tamina Kutscher, Projektleiterin informiert wird. Insgesamt 128 Reportagen wurden in diesem Jahr in den drei Kategorien des Preises eingesandt. Zwei Vorjurys in den Kategorien Text- und Radioreportagen erstellten jeweils eine Shortlist mit den besten eingereichten Beiträgen. Die 23 Fotoreportagen (darunter zwei Audioslideshows) gingen direkt an die Fotojury.

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TEXTREPORTAGE

RADIOREPORTAGE

FOTOREPORTAGE / AUDIOSLIDESHOW

06 07 08 20

26 Vorjury 27 Jury 28 Preisträger 30 Nominierte

37 Jury 38 Preisträgerin 48 Nominierte

Vorjury Jury Preisträgerin Nominierte

56 Förderer 58 Über n-ost 59 Shortlist 60 Impressum

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VORWORT „Nah dran, differenziert und unerwartet“ – dieses Motto steht über dem n-ost-Reportagepreis 2012. So sollen die Beiträge sein, die unser Bild vom Osten Europas prägen und die das Netzwerk für Osteuropa-Berichterstattung mit seinem Reportagepreis auszeichnet. In diesem Jahr wird der Preis bereits zum sechsten Mal vergeben. Allerdings werden neben Texten erstmals auch Radio- und Fotoreportagen ausgezeichnet.

INHALT Den Autoren auf der Shortlist, den Nominierten und Preisträgern gratulieren wir sehr herzlich. Ihre Reportagen sind beispielhaft: weil sie nach intensiver Recherche vor Ort anspruchsvoll gemacht sind – und weil sie echte Geschichten erzählen, anstatt nur Klischees zu wiederholen. Auf den folgenden Seiten können Sie alle nominierten Autoren sowie ihre Geschichten, Töne und Bilder aus Osteuropa kennen lernen. Wir wünschen Ihnen viel Spaß dabei!

Die Erweiterung um die beiden Kategorien Radioreportage und Fotoreportage/Audioslideshow Wir danken den Mitgliedern der Vorjurys und war n-ost wichtig. Schließlich sind es nicht nur Texte, sondern auch Bilder und Töne, die unsere Vor- Jurys vielmals für ihre engagierte Arbeit. Unser stellung von Osteuropa beeinflussen. Dabei gerät Dank geht auch an die Robert Bosch Stiftung und die Auslandsberichterstattung immer mehr unter die Metro AG für die großzügige Unterstützung. Kostendruck: In vielen Redaktionen werden KorresNicht zuletzt bedanken wir uns herzlich bei pondentenstellen eingespart, für Auslandsthemen – geschweige denn Reportagen – gibt es immer we- den mehr als 120 Osteuropa-interessierten Autoren niger Platz. Angesichts dieser Entwicklung soll der und Lesern, die ihre Vorschläge für den n-ost-Reporn-ost-Reportagepreis Journalisten, Fotografen und tagepreis 2012 eingereicht haben. Redaktionen zu qualitativer Berichterstattung ermutigen, besonders gute Autoren auszeichnen und eine Debatte in Gang halten darüber, was „Osteuropa“ eigentlich ist und wie darüber erzählt und Tamina Kutscher, Projektleiterin informiert wird. Insgesamt 128 Reportagen wurden in diesem Jahr in den drei Kategorien des Preises eingesandt. Zwei Vorjurys in den Kategorien Text- und Radioreportagen erstellten jeweils eine Shortlist mit den besten eingereichten Beiträgen. Die 23 Fotoreportagen (darunter zwei Audioslideshows) gingen direkt an die Fotojury.

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RADIOREPORTAGE

FOTOREPORTAGE / AUDIOSLIDESHOW

06 07 08 20

26 Vorjury 27 Jury 28 Preisträger 30 Nominierte

37 Jury 38 Preisträgerin 48 Nominierte

Vorjury Jury Preisträgerin Nominierte

56 Förderer 58 Über n-ost 59 Shortlist 60 Impressum

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Textreportage 2012 Anita Blasberg Nicola Abé Merle Hilbk

Eine Überdosis Hoffnung | Endstation Bahnhof Zoo | Nach dem Gau


Textreportage 2012 Anita Blasberg Nicola Abé Merle Hilbk

Eine Überdosis Hoffnung | Endstation Bahnhof Zoo | Nach dem Gau


n-ost Reportagepreis 2012 • TEXT

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textreportage Vorjury

textreportage jury

Dr. Monika Pater Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Institut für Journalistik und Kommunikationswissenschaft, Universität Hamburg

Nina Weller Literaturwissenschaftlerin / Slawistin, freie Lektorin, Berlin

Christian Böhme

Werner D’Inka

Journalist, ehem. Chefredakteur Jüdische Allgemeine

Herausgeber Frankfurter Allgemeine Zeitung

Henrik Kaufholz

Sonja Margolina

Vorstand Scoop – Netzwerk für investigativen Journalismus in Ost- und Südosteuropa

Publizistin und Autorin

Uwe Neumärker

Prof. Horst Pöttker

Direktor Stiftung Denkmal der ermordeten Juden Europas

Institut für Journalistik, Universität Dortmund

Paul KatzenbergeR Redakteur, Ressort Kultur, Süddeutsche.de, München

Barbara Oertel Leitung Auslandsredaktion der taz, Berlin

Tobias Kühn Redakteur, Jüdische Allgemeine, Berlin

Hubert Wolf Reporter, WAZ, Essen

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Fotos: privat

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textreportage Vorjury

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Dr. Monika Pater Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Institut für Journalistik und Kommunikationswissenschaft, Universität Hamburg

Nina Weller Literaturwissenschaftlerin / Slawistin, freie Lektorin, Berlin

Christian Böhme

Werner D’Inka

Journalist, ehem. Chefredakteur Jüdische Allgemeine

Herausgeber Frankfurter Allgemeine Zeitung

Henrik Kaufholz

Sonja Margolina

Vorstand Scoop – Netzwerk für investigativen Journalismus in Ost- und Südosteuropa

Publizistin und Autorin

Uwe Neumärker

Prof. Horst Pöttker

Direktor Stiftung Denkmal der ermordeten Juden Europas

Institut für Journalistik, Universität Dortmund

Paul KatzenbergeR Redakteur, Ressort Kultur, Süddeutsche.de, München

Barbara Oertel Leitung Auslandsredaktion der taz, Berlin

Tobias Kühn Redakteur, Jüdische Allgemeine, Berlin

Hubert Wolf Reporter, WAZ, Essen

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Fotos: privat

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textreportage PREISTRÄGERIN

Foto: Malin Schulz

n-ost Reportagepreis 2012 • TEXT

✍ eine überdosis hoffnung Von anita blasberg Die Zeit, 05.05.2011 Ungarn hat einen neuen Helden: Overdose, ein stolzes, krummbeiniges Rennpferd, das immer nur siegen will. Die Geschichte einer Verzauberung.

Anita Blasberg Anita Blasberg (*1977) studierte Sozialwissenschaften, Politikwissenschaften, Psychologie und Germanistik. Anschließend besuchte sie die Henri-Nannen-Journalistenschule in Hamburg. Seit Januar 2009 ist sie Redakteurin im ZEIT-Dossier. Dort verfasst sie vor allem Reportagen und Portraits – am liebsten über Menschen, die überraschende Dinge tun. Auf das ungarische Wunderpferd Overdose stieß sie per Zufall, durch eine Zeitungsmeldung mit der Überschrift „Messi lahmt“. Gemeinsam mit ihrem Bruder wurde sie mit dem DeutschenSozialpreis und dem Otto-Brenner-Preis für kritischen Journalismus ausgezeichnet. Für die Fernsehreportage „Die Weggeworfenen“ erhielten sie den Prix Italia. 8

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textreportage PREISTRÄGERIN

Foto: Malin Schulz

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✍ eine überdosis hoffnung Von anita blasberg Die Zeit, 05.05.2011 Ungarn hat einen neuen Helden: Overdose, ein stolzes, krummbeiniges Rennpferd, das immer nur siegen will. Die Geschichte einer Verzauberung.

Anita Blasberg Anita Blasberg (*1977) studierte Sozialwissenschaften, Politikwissenschaften, Psychologie und Germanistik. Anschließend besuchte sie die Henri-Nannen-Journalistenschule in Hamburg. Seit Januar 2009 ist sie Redakteurin im ZEIT-Dossier. Dort verfasst sie vor allem Reportagen und Portraits – am liebsten über Menschen, die überraschende Dinge tun. Auf das ungarische Wunderpferd Overdose stieß sie per Zufall, durch eine Zeitungsmeldung mit der Überschrift „Messi lahmt“. Gemeinsam mit ihrem Bruder wurde sie mit dem DeutschenSozialpreis und dem Otto-Brenner-Preis für kritischen Journalismus ausgezeichnet. Für die Fernsehreportage „Die Weggeworfenen“ erhielten sie den Prix Italia. 8

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Eine Überdosis Hoffnung von Anita Blasberg Ungarn hat einen neuen Helden: Overdose, ein stolzes, krummbeiniges Rennpferd, das immer nur siegen will. Die Geschichte einer Verzauberung

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er Champ tänzelt an der Hand seines Reiters. Sein Kopf ist erhoben, auf den Flanken breitet sich dunkel der Schweiß aus. Als er das Rund des Führrings betritt, geht ein Raunen durch die Reihen der Zuschauer, die sich am Zaun drängen. 9.000 sind zur Galopprennbahn BerlinHoppegarten gekommen, um ihn zu sehen. Adern überziehen seinen angespannten Körper, an seinem Maul bildet sich feiner Schaum. Acht Gegner fordern ihn heraus, um ihn auf seiner Distanz zu schlagen, auf der 1.000-Meter-Geraden, auf der er fliegen konnte wie kein anderer. Der Champ habe Angst, flüstern sie am Zaun. Sein größter Gegner sei er selbst. „Budapest Bullet“, das Geschoss von Budapest, nannten sie ihn, das schnellste Pferd der Welt. Doch das ist zwei Jahre her. Zwei Jahre lang litt er unter einer komplizierten Hufverletzung, eine halbe Ewigkeit für ein Rennpferd, und als er im letzten August ein Comeback versuchte, ließ er sich überrennen wie einer, dessen Wille gebrochen ist. Der komme niemals zurück, schrieben die Experten. Was für ein Irrsinn, dieses Pferd weiter zu trainieren! Doch auf seiner Internetseite beteten die Fans: „Gib nicht auf, Dozy, wir lieben dich abgöttisch, renne und gewinne!“ 10

n-ost Reportagepreis 2012 • TEXT

„Wir haben nur einen wie ihn“, sagte Zoltan glaubten, dass Overdose gewinnen könne, meldeMikoczy, der Besitzer, am Tag zuvor in die Mikro- te das Racing Portal. Mikoczy atmet tief ein. Diefone der Journalisten im feinen Hotel du Rome in ser Tag könnte ihn zum Gespött der Galoppwelt Berlin. „Ach, die Hufe!“, rief er, dann blies er die machen. Seit 20 Jahren besitzt Mikoczy Rennpferde, mächtigen Backen auf. „Overdose ist kerngesund. Die Frage ist: Wie geht es seiner Seele? Konnten wir aber in den Nächten zuvor hat er kaum geschlafen. Die Situation, die er sonst so liebt, foltert ihn jetzt: ihm aus seiner Depression heraushelfen?“ Zoltan Mikoczy spricht wie einer, der sich der die Menschenmassen und die Kameras, die FanfaLast einer großen Verantwortung bewusst ist. Ein ren beim Aufgalopp, das Erklingen der ungarischen Stahlhändler mit beeindruckendem Bauch und Hymne. Gleich werden die Pferde auf die Bahn einer spiegelnden Halbglatze – exzentrisch, nennt geführt, dann werden die Boxentüren sich öffnen, man ihn in der Heimat. Ein Mann, der nur schüch- 60 Sekunden später wird er endlich eine Antwort tern wird, wenn er plötzlich englisch reden muss. haben. Dann wird die Welt wissen, ob ein Märchen Von Weitem erinnert er an Tony Soprano, den weitergeschrieben wird: das Märchen von einem Mafiaboss aus dem Fernsehen. Normalerweise ver- krummbeinigen Hengst, der die Elite europäischer schiebt er Schrott in der slowakischen Provinz, doch Rennpferde deklassiert, die Geschichte eines Stahldieses Pferd hat ihm eine Rolle in der ungarischen händlers und seines belächelten Pferdes. Im November 2010, fünf Monate zuvor, verGeschichte zugedacht. Sechs Millionen Euro bot ihm ein arabischer Scheich einmal für den Hengst, hüllt ein diesiger Wintermorgen das weitläufige Trainingsgelände von Alag. 20 Minuten sind es mit aber er sagte nur: „Träume verkauft man nicht.“ Es war Ende 2008, das Jahr der Bankenkrise, dem Regionalzug von Budapest, dann steht man nur knapp wurde der Staatsbankrott abgewendet, auf einem Vorstadtbahnhof, auf dem jeder Passant als die Ungarn Overdose zu ihrem Sportler des Jah- den Weg zu Overdose weisen kann. Alte Buchen res kürten. Menschen aus 21 Ländern traten seinem säumen die Auffahrt zu den Stallungen, dampfende Fanclub bei, die New York Times hob ihn auf ihre Pferde kehren im Pulk von der Trainingsbahn zurück, und vor dem kleinen Backsteinstall schlagen Titelseite. „Auf dieses Pferd konnten wir uns einigen“, sagt zwei Hunde an. Der Champ hat dichtes Winterfell, mit wader bekannte ungarische Moderator Andras Kepes. „Overdose hat es den übermächtigen Deutschen, chen Augen registriert er seine Umgebung. Nur Engländern und Franzosen gezeigt, entgegen aller eine Runde ist er getrabt, dann ist er auf einen Wahrscheinlichkeit. Damit können wir uns identi- Stein getreten, jetzt führt Zoltan Mikoczy den fizieren. Endlich hatten wir wieder etwas, worauf Hengst prüfend aus der Box. Empfindlich wie Porzellan sind seine Hufe – und würde Mikoczy wir stolz sein können.“ Zoltan Mikoczy steht mit ernster Miene in der die Dinge nüchtern betrachten, müsste er sich einMitte des Führrings. Sein schwarzer Anzug wirft gestehen, dass er wie der Besitzer einer Aktie ist, keine Falte, den Glanz seiner Schuhe hat er sorg- deren Wert mit jedem Tag fällt. Doch immer noch fältig geprüft. Ein Dutzend Fernsehkameras ver- kommt diese alte Frau aus der Nachbarschaft, um folgt jede seiner Regungen, ein ungarischer Sender für Overdose zu beten. Von den Wänden des Stalles blättert der Putz, überträgt live. Nur noch 17 Prozent der Ungarn 11


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Eine Überdosis Hoffnung von Anita Blasberg Ungarn hat einen neuen Helden: Overdose, ein stolzes, krummbeiniges Rennpferd, das immer nur siegen will. Die Geschichte einer Verzauberung

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er Champ tänzelt an der Hand seines Reiters. Sein Kopf ist erhoben, auf den Flanken breitet sich dunkel der Schweiß aus. Als er das Rund des Führrings betritt, geht ein Raunen durch die Reihen der Zuschauer, die sich am Zaun drängen. 9.000 sind zur Galopprennbahn BerlinHoppegarten gekommen, um ihn zu sehen. Adern überziehen seinen angespannten Körper, an seinem Maul bildet sich feiner Schaum. Acht Gegner fordern ihn heraus, um ihn auf seiner Distanz zu schlagen, auf der 1.000-Meter-Geraden, auf der er fliegen konnte wie kein anderer. Der Champ habe Angst, flüstern sie am Zaun. Sein größter Gegner sei er selbst. „Budapest Bullet“, das Geschoss von Budapest, nannten sie ihn, das schnellste Pferd der Welt. Doch das ist zwei Jahre her. Zwei Jahre lang litt er unter einer komplizierten Hufverletzung, eine halbe Ewigkeit für ein Rennpferd, und als er im letzten August ein Comeback versuchte, ließ er sich überrennen wie einer, dessen Wille gebrochen ist. Der komme niemals zurück, schrieben die Experten. Was für ein Irrsinn, dieses Pferd weiter zu trainieren! Doch auf seiner Internetseite beteten die Fans: „Gib nicht auf, Dozy, wir lieben dich abgöttisch, renne und gewinne!“ 10

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„Wir haben nur einen wie ihn“, sagte Zoltan glaubten, dass Overdose gewinnen könne, meldeMikoczy, der Besitzer, am Tag zuvor in die Mikro- te das Racing Portal. Mikoczy atmet tief ein. Diefone der Journalisten im feinen Hotel du Rome in ser Tag könnte ihn zum Gespött der Galoppwelt Berlin. „Ach, die Hufe!“, rief er, dann blies er die machen. Seit 20 Jahren besitzt Mikoczy Rennpferde, mächtigen Backen auf. „Overdose ist kerngesund. Die Frage ist: Wie geht es seiner Seele? Konnten wir aber in den Nächten zuvor hat er kaum geschlafen. Die Situation, die er sonst so liebt, foltert ihn jetzt: ihm aus seiner Depression heraushelfen?“ Zoltan Mikoczy spricht wie einer, der sich der die Menschenmassen und die Kameras, die FanfaLast einer großen Verantwortung bewusst ist. Ein ren beim Aufgalopp, das Erklingen der ungarischen Stahlhändler mit beeindruckendem Bauch und Hymne. Gleich werden die Pferde auf die Bahn einer spiegelnden Halbglatze – exzentrisch, nennt geführt, dann werden die Boxentüren sich öffnen, man ihn in der Heimat. Ein Mann, der nur schüch- 60 Sekunden später wird er endlich eine Antwort tern wird, wenn er plötzlich englisch reden muss. haben. Dann wird die Welt wissen, ob ein Märchen Von Weitem erinnert er an Tony Soprano, den weitergeschrieben wird: das Märchen von einem Mafiaboss aus dem Fernsehen. Normalerweise ver- krummbeinigen Hengst, der die Elite europäischer schiebt er Schrott in der slowakischen Provinz, doch Rennpferde deklassiert, die Geschichte eines Stahldieses Pferd hat ihm eine Rolle in der ungarischen händlers und seines belächelten Pferdes. Im November 2010, fünf Monate zuvor, verGeschichte zugedacht. Sechs Millionen Euro bot ihm ein arabischer Scheich einmal für den Hengst, hüllt ein diesiger Wintermorgen das weitläufige Trainingsgelände von Alag. 20 Minuten sind es mit aber er sagte nur: „Träume verkauft man nicht.“ Es war Ende 2008, das Jahr der Bankenkrise, dem Regionalzug von Budapest, dann steht man nur knapp wurde der Staatsbankrott abgewendet, auf einem Vorstadtbahnhof, auf dem jeder Passant als die Ungarn Overdose zu ihrem Sportler des Jah- den Weg zu Overdose weisen kann. Alte Buchen res kürten. Menschen aus 21 Ländern traten seinem säumen die Auffahrt zu den Stallungen, dampfende Fanclub bei, die New York Times hob ihn auf ihre Pferde kehren im Pulk von der Trainingsbahn zurück, und vor dem kleinen Backsteinstall schlagen Titelseite. „Auf dieses Pferd konnten wir uns einigen“, sagt zwei Hunde an. Der Champ hat dichtes Winterfell, mit wader bekannte ungarische Moderator Andras Kepes. „Overdose hat es den übermächtigen Deutschen, chen Augen registriert er seine Umgebung. Nur Engländern und Franzosen gezeigt, entgegen aller eine Runde ist er getrabt, dann ist er auf einen Wahrscheinlichkeit. Damit können wir uns identi- Stein getreten, jetzt führt Zoltan Mikoczy den fizieren. Endlich hatten wir wieder etwas, worauf Hengst prüfend aus der Box. Empfindlich wie Porzellan sind seine Hufe – und würde Mikoczy wir stolz sein können.“ Zoltan Mikoczy steht mit ernster Miene in der die Dinge nüchtern betrachten, müsste er sich einMitte des Führrings. Sein schwarzer Anzug wirft gestehen, dass er wie der Besitzer einer Aktie ist, keine Falte, den Glanz seiner Schuhe hat er sorg- deren Wert mit jedem Tag fällt. Doch immer noch fältig geprüft. Ein Dutzend Fernsehkameras ver- kommt diese alte Frau aus der Nachbarschaft, um folgt jede seiner Regungen, ein ungarischer Sender für Overdose zu beten. Von den Wänden des Stalles blättert der Putz, überträgt live. Nur noch 17 Prozent der Ungarn 11


n-ost Reportagepreis 2012 • TEXT

viele der Boxen stehen inzwischen leer, die Grasbahn nebenan ist ein halsbrecherischer Acker, und in die Trainerunterkünfte sind bulgarische Familien gezogen, die sich nichts Besseres leisten können. „Es ist ein Jammer“, sagt Zoltan Mikoczy, als er über das Stallgelände läuft. Einst besaß niemand mehr Pferde pro Einwohner als die Magyaren, das stolze Reitervolk – und heute? Sogar der berühmte Kincsem Park, die herrschaftliche Galopprennbahn im Herzen von Budapest, sollte als Bauland verkauft werden. „150 Jahre alte Bäume, denkmalgeschützte Bauten!“, ruft Mikoczy. Das ganze Land wird verhökert: die Ackerflächen an Österreich, ehemalige Staatsgebäude an amerikanische Fast-Food-Ketten. Die berühmte ungarische Staatsoper kann man für Hochzeitsfeiern mieten, und die Budapester Altstadt bewohnen nur noch reiche Ausländer. Das Benzin ist inzwischen so teuer, dass es sogar zur Rushhour kaum noch Staus gibt. „Nur Overdose hat verhindert, dass der Kincsem Park abgerissen wurde“, sagt Mikoczy. Er ist Patriot. Seine Rennfarben sind Rot, Weiß und Grün, wie die ungarische Flagge, und nichts schmerzt ihn mehr, als diesen Niedergang zu erleben. Als Sohn ungarischer Eltern wuchs er in der Slowakei auf, mit seinen beiden Töchtern lebt er nahe der ungarischen Grenze. Es war kurz nach der Wende, 1992, als er zum ersten Mal diese kleine Reitschule besuchte, wo es eine abgeschlossene Sektion mit Rennpferden gab, die ihn neugierig machte. Mikoczy freundete sich mit dem Inhaber an, und es dauerte nicht lange, da begann er, sich die ersten Rennpferde zu leihen. Eines war halb blind, sie liefen erbärmlich, doch Mikoczy genoss es, auf der Tribüne zu sitzen, ein paar Forint zu wetten und ihnen auf der Zielgeraden zuzujubeln. Das Stahlgeschäft, in das er investierte, lief blendend, und immer häufiger trug er sein Geld zu Pferdeauktionen. Nie gab er mehr als 2.000 Euro aus, er mochte es, 12

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sie zu kaufen wie eine billige Wette, und schon im Jahr 2005 brachte er es auf zwölf Pferde. Der Rennbahndirektor von Bratislava war jetzt sein Freund. Es war im Oktober 2006, als Mikoczy sich einen Traum erfüllte und zu der berühmten Auktion nach Newmarket flog, nach England, in das gelobte Land des Galoppsports. Der Unterhalt seiner Pferde wuchs sich zwar gerade zu einem Problem aus, doch darüber wollte er jetzt nicht nachdenken, nicht hier an diesem ehrwürdigen Verkaufsring, wo die Pferde an ihm vorbeiparadierten und er ein Bier ansetzte. Schon zum zweiten Mal führte man Katalognummer 94 durch den Ring, einen Braunen ohne Namen. Viele Haare und schiefe Beine sah Mikoczy. Der Vater des Hengstes, Starborough, hatte noch nichts Nennenswertes hervorgebracht, die Mutter Our Poppet war ein einziges Mal auf einem belanglosen sechsten Platz gelandet. „2.000 Pfund“, rief der Auktionator, und Mikoczy hob aus Spaß den Arm. Er mag die Atmosphäre bei diesen Auktionen, die Aufregung. Vier Jährlinge hatte er an diesem Tag schon ersteigert, jetzt sei Schluss, hatte er seiner Freundin versprochen, doch die war gerade vor der Tür. „Wer bietet 2.500?“, rief der Auktionator, niemand hob die Hand, und Mikoczy brach der Schweiß aus. Alle Geschwister des Braunen liefen in den Farben seines Züchters, doch diesen hier hatte man schon als Fohlen aussortiert. „Zum Ersten!“, „zum Zweiten!“ Der Hammer fiel, der Namenlose war seiner. Sandor Ribarski, der Zoltan Mikoczys Pferde trainierte, freute sich, als der Transporter mit den Jährlingen aus England eintraf. Fünfmal schon hatte er das ungarische Derby gewonnen, achtmal das nationale Championat, doch wie alle Trainer wartete auch Ribarski auf das große Los. Jetzt musterten seine Augen die Neuankömmlinge, die rückwärts über die Rampe stiegen. An dem schmächtigen Braunen blieb sein Blick nicht hängen: struppiges

Fell, armseliger Schweif – und dann noch diese un- auf der es keine Taktik gibt und Rennen meist nur korrekten Vorderbeine, ein Musterbeispiel an unge- knapp ausgehen. Die Zeiger der Uhr blieben bei unsunder Konstitution! Doch irgendwie lustig fand er glaublichen 58 Sekunden stehen, und weil noch nie ihn, komisch, und deshalb gab er ihm spontan den ein Pferd in Ungarn schneller gelaufen war, dachte Spitznamen Mickey Mouse. Den Namen einer Co- Ribarski zuerst an einen technischen Fehler. Immer wieder sah er sich die Wiederholung des Rennens micfigur. Mit diesem Pferd hatte er nicht viel vor. Niemand riss sich darum, ihn zu reiten, er am Bildschirm an, dann schwor er sich, aus diesem hatte etwas Arrogantes, Abweisendes an sich, und Hengst ein Rennpferd zu machen. weil er keine Männer mochte, teilte Ribarski ihm Wie ist es möglich, dass er überall siegt? als Pflegerin ein zierliches Mädchen zu. Die MoBei diesem unmöglichen Laufstil? nate vergingen, und schon bald stellte Ribarski fest, dass der Braune es liebte zu laufen – auch wenn er Zu Hause an seiner Wand hängt ein gerahmtes beim Galoppieren die Vorderbeine eigenartig übereinanderwürfelte, als würde er jeden Moment über Foto von Overdose. Der Züchter hat es Ribarski sie stolpern. Sobald der Hengst die Bahn sah, be- aus England geschickt, mit einer Widmung: „Mit schleunigte er seinen Schritt und spitzte die Ohren. Stolz haben wir seine Laufbahn verfolgt. Ohne Anfangs belächelten die Reiter seinen Ehrgeiz, doch den behutsamen Aufbau wäre er nicht so weit geals er die älteren Pferde ein ums andere Mal im Trai- kommen.“ Ribarski ist ein kleiner Mann mit krummen ning hinter sich ließ, meldete Ribarski ihn für sein Beinen und einer Schwäche für schlanke Frauerstes Rennen an. Nie zuvor hatten Besitzer und Trainer über sei- en und Aprikosenschnaps. Er ist erst 49, aber das ne Zukunft gesprochen, einen offiziellen Namen Adrenalin der Siege und Niederlagen hat sein Gehatte er immer noch nicht, und nun mussten sie sicht zu einer zerfurchten Landschaft zugerichtet. ihn der Rennleitung melden. Orient Express, schlug Ribarski wohnt am Rande des Trainingszentrums, Ribarski vor, Osmana, fiel Mikoczy ein, Obsessi- überall in seinem Haus liegen Ledersättel verstreut, on, sagte Mikoczys ältere Tochter, Overdose, die Zaumzeug und Pokale. Ribarski lebe für die Pferde, jüngere. Und weil die anderen Namen schon regis- sagen sie hier in Alag. Als er 15 war, stahl er das triert waren, blieb Overdose übrig. Eine ordentliche erste Mal einen Gaul und schwamm mit ihm durch Platzierung hätte sie gefreut, erinnert sich Ribarski, die Donau. Mit 17 ließ er sich in Alag zum Jockey doch was sich an jenem Sonntag im Kincsem Park ausbilden. Nach einem Sturz bei einem Jagdrennen abspielte, erzählte man sich noch Wochen danach wachte er gelähmt im Krankenhaus auf. Nie wieder in Alag. Neugierig hatte Overdose die ungewohnte könne er reiten, sagten die Ärzte, aber nach zwei Umgebung gemustert, all die Menschen im Führ- Monaten kämpfte er sich zurück in den Sattel. Was ring, dann war er unbeeindruckt die Gerade herun- Pferde angeht, irrt er nie, was Frauen angeht, irrte tergerasselt, erst sechs, dann zehn, dann 18 Längen er häufiger. Seine letzte Freundin ging und nahm legte er zwischen sich und seine Gegner. Es sah aus all sein Geld mit, dann ging seine Frau und nahm wie ein Spiel. Tatsächlich waren beinahe 50 Meter die Kinder. Ribarski sei ein Chaot, sagen sie in Alag, ein nie gesehener Vorsprung auf 1.000 Metern, auf doch niemand hier könne die Pferde so gut lesen dieser kürzesten und ehrlichsten aller Distanzen, wie er. 13


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viele der Boxen stehen inzwischen leer, die Grasbahn nebenan ist ein halsbrecherischer Acker, und in die Trainerunterkünfte sind bulgarische Familien gezogen, die sich nichts Besseres leisten können. „Es ist ein Jammer“, sagt Zoltan Mikoczy, als er über das Stallgelände läuft. Einst besaß niemand mehr Pferde pro Einwohner als die Magyaren, das stolze Reitervolk – und heute? Sogar der berühmte Kincsem Park, die herrschaftliche Galopprennbahn im Herzen von Budapest, sollte als Bauland verkauft werden. „150 Jahre alte Bäume, denkmalgeschützte Bauten!“, ruft Mikoczy. Das ganze Land wird verhökert: die Ackerflächen an Österreich, ehemalige Staatsgebäude an amerikanische Fast-Food-Ketten. Die berühmte ungarische Staatsoper kann man für Hochzeitsfeiern mieten, und die Budapester Altstadt bewohnen nur noch reiche Ausländer. Das Benzin ist inzwischen so teuer, dass es sogar zur Rushhour kaum noch Staus gibt. „Nur Overdose hat verhindert, dass der Kincsem Park abgerissen wurde“, sagt Mikoczy. Er ist Patriot. Seine Rennfarben sind Rot, Weiß und Grün, wie die ungarische Flagge, und nichts schmerzt ihn mehr, als diesen Niedergang zu erleben. Als Sohn ungarischer Eltern wuchs er in der Slowakei auf, mit seinen beiden Töchtern lebt er nahe der ungarischen Grenze. Es war kurz nach der Wende, 1992, als er zum ersten Mal diese kleine Reitschule besuchte, wo es eine abgeschlossene Sektion mit Rennpferden gab, die ihn neugierig machte. Mikoczy freundete sich mit dem Inhaber an, und es dauerte nicht lange, da begann er, sich die ersten Rennpferde zu leihen. Eines war halb blind, sie liefen erbärmlich, doch Mikoczy genoss es, auf der Tribüne zu sitzen, ein paar Forint zu wetten und ihnen auf der Zielgeraden zuzujubeln. Das Stahlgeschäft, in das er investierte, lief blendend, und immer häufiger trug er sein Geld zu Pferdeauktionen. Nie gab er mehr als 2.000 Euro aus, er mochte es, 12

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sie zu kaufen wie eine billige Wette, und schon im Jahr 2005 brachte er es auf zwölf Pferde. Der Rennbahndirektor von Bratislava war jetzt sein Freund. Es war im Oktober 2006, als Mikoczy sich einen Traum erfüllte und zu der berühmten Auktion nach Newmarket flog, nach England, in das gelobte Land des Galoppsports. Der Unterhalt seiner Pferde wuchs sich zwar gerade zu einem Problem aus, doch darüber wollte er jetzt nicht nachdenken, nicht hier an diesem ehrwürdigen Verkaufsring, wo die Pferde an ihm vorbeiparadierten und er ein Bier ansetzte. Schon zum zweiten Mal führte man Katalognummer 94 durch den Ring, einen Braunen ohne Namen. Viele Haare und schiefe Beine sah Mikoczy. Der Vater des Hengstes, Starborough, hatte noch nichts Nennenswertes hervorgebracht, die Mutter Our Poppet war ein einziges Mal auf einem belanglosen sechsten Platz gelandet. „2.000 Pfund“, rief der Auktionator, und Mikoczy hob aus Spaß den Arm. Er mag die Atmosphäre bei diesen Auktionen, die Aufregung. Vier Jährlinge hatte er an diesem Tag schon ersteigert, jetzt sei Schluss, hatte er seiner Freundin versprochen, doch die war gerade vor der Tür. „Wer bietet 2.500?“, rief der Auktionator, niemand hob die Hand, und Mikoczy brach der Schweiß aus. Alle Geschwister des Braunen liefen in den Farben seines Züchters, doch diesen hier hatte man schon als Fohlen aussortiert. „Zum Ersten!“, „zum Zweiten!“ Der Hammer fiel, der Namenlose war seiner. Sandor Ribarski, der Zoltan Mikoczys Pferde trainierte, freute sich, als der Transporter mit den Jährlingen aus England eintraf. Fünfmal schon hatte er das ungarische Derby gewonnen, achtmal das nationale Championat, doch wie alle Trainer wartete auch Ribarski auf das große Los. Jetzt musterten seine Augen die Neuankömmlinge, die rückwärts über die Rampe stiegen. An dem schmächtigen Braunen blieb sein Blick nicht hängen: struppiges

Fell, armseliger Schweif – und dann noch diese un- auf der es keine Taktik gibt und Rennen meist nur korrekten Vorderbeine, ein Musterbeispiel an unge- knapp ausgehen. Die Zeiger der Uhr blieben bei unsunder Konstitution! Doch irgendwie lustig fand er glaublichen 58 Sekunden stehen, und weil noch nie ihn, komisch, und deshalb gab er ihm spontan den ein Pferd in Ungarn schneller gelaufen war, dachte Spitznamen Mickey Mouse. Den Namen einer Co- Ribarski zuerst an einen technischen Fehler. Immer wieder sah er sich die Wiederholung des Rennens micfigur. Mit diesem Pferd hatte er nicht viel vor. Niemand riss sich darum, ihn zu reiten, er am Bildschirm an, dann schwor er sich, aus diesem hatte etwas Arrogantes, Abweisendes an sich, und Hengst ein Rennpferd zu machen. weil er keine Männer mochte, teilte Ribarski ihm Wie ist es möglich, dass er überall siegt? als Pflegerin ein zierliches Mädchen zu. Die MoBei diesem unmöglichen Laufstil? nate vergingen, und schon bald stellte Ribarski fest, dass der Braune es liebte zu laufen – auch wenn er Zu Hause an seiner Wand hängt ein gerahmtes beim Galoppieren die Vorderbeine eigenartig übereinanderwürfelte, als würde er jeden Moment über Foto von Overdose. Der Züchter hat es Ribarski sie stolpern. Sobald der Hengst die Bahn sah, be- aus England geschickt, mit einer Widmung: „Mit schleunigte er seinen Schritt und spitzte die Ohren. Stolz haben wir seine Laufbahn verfolgt. Ohne Anfangs belächelten die Reiter seinen Ehrgeiz, doch den behutsamen Aufbau wäre er nicht so weit geals er die älteren Pferde ein ums andere Mal im Trai- kommen.“ Ribarski ist ein kleiner Mann mit krummen ning hinter sich ließ, meldete Ribarski ihn für sein Beinen und einer Schwäche für schlanke Frauerstes Rennen an. Nie zuvor hatten Besitzer und Trainer über sei- en und Aprikosenschnaps. Er ist erst 49, aber das ne Zukunft gesprochen, einen offiziellen Namen Adrenalin der Siege und Niederlagen hat sein Gehatte er immer noch nicht, und nun mussten sie sicht zu einer zerfurchten Landschaft zugerichtet. ihn der Rennleitung melden. Orient Express, schlug Ribarski wohnt am Rande des Trainingszentrums, Ribarski vor, Osmana, fiel Mikoczy ein, Obsessi- überall in seinem Haus liegen Ledersättel verstreut, on, sagte Mikoczys ältere Tochter, Overdose, die Zaumzeug und Pokale. Ribarski lebe für die Pferde, jüngere. Und weil die anderen Namen schon regis- sagen sie hier in Alag. Als er 15 war, stahl er das triert waren, blieb Overdose übrig. Eine ordentliche erste Mal einen Gaul und schwamm mit ihm durch Platzierung hätte sie gefreut, erinnert sich Ribarski, die Donau. Mit 17 ließ er sich in Alag zum Jockey doch was sich an jenem Sonntag im Kincsem Park ausbilden. Nach einem Sturz bei einem Jagdrennen abspielte, erzählte man sich noch Wochen danach wachte er gelähmt im Krankenhaus auf. Nie wieder in Alag. Neugierig hatte Overdose die ungewohnte könne er reiten, sagten die Ärzte, aber nach zwei Umgebung gemustert, all die Menschen im Führ- Monaten kämpfte er sich zurück in den Sattel. Was ring, dann war er unbeeindruckt die Gerade herun- Pferde angeht, irrt er nie, was Frauen angeht, irrte tergerasselt, erst sechs, dann zehn, dann 18 Längen er häufiger. Seine letzte Freundin ging und nahm legte er zwischen sich und seine Gegner. Es sah aus all sein Geld mit, dann ging seine Frau und nahm wie ein Spiel. Tatsächlich waren beinahe 50 Meter die Kinder. Ribarski sei ein Chaot, sagen sie in Alag, ein nie gesehener Vorsprung auf 1.000 Metern, auf doch niemand hier könne die Pferde so gut lesen dieser kürzesten und ehrlichsten aller Distanzen, wie er. 13


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Ribarski trainiert ohne Stoppuhr, nur mit seinem Auge. Morgens um sechs lässt er die Pferde aus den Boxen holen, umkreist sie, befühlt ihre Beine. Dann entscheidet er, ob sie spazieren gehen oder galoppieren. Mit den Besitzern redet er bloß das Nötigste – seine Pferde erzählen ihm, was sie brauchen. In Frankreich und England, wo arabische Scheichs Millionen in die Trainingszentren gepumpt haben und der Sport zur Industrie wurde, legen Computer das Pensum der Pferde fest, dort setzen sich nur die Stärksten durch. In Alag gibt es keine Computer. Es gibt keine Führanlagen wie in Deutschland, keine Solarien wie in Frankreich und keine Schwimmbecken wie in England. In Alag kann man es sich nicht leisten, ein einzelnes Pferd zu übersehen. 130 Jahre ist es her, dass die ungarische Wunderstute Kincsem mit 54 Siegen in Folge Europa eroberte und die erfolgreichste Galopperin aller Zeiten wurde. Die Pferde aus Alag siegten damals in Baden-Baden, in Paris, in Royal Ascot, dann zerstörte der Zweite Weltkrieg die berühmten ungarischen Zuchtlinien, die Sozialisten ließen den Sport verwahrlosen. Heute werden die Pferde meist nicht weiter als nach Bratislava geschickt, im Westen haben sie kaum eine Chance. In Alag trainierte Overdose jetzt nur noch allein, denn sobald er einen Rivalen in seiner Nähe spürte, rannte er sich die Seele aus dem Leib wie in einem Rennen. Ribarski wollte, dass Overdose seine Energie speicherte, er wusste, er musste diesen Hengst bremsen. Sie fuhren jetzt mit ihm nach Bratislava, nach Wien, und jedes Mal siegte Overdose, ohne dass seine Gegner den Hauch einer Chance hatten. „Overdose wusste genau, wann er gewonnen hatte“, sagt Ribarski. „Er liebte es, in seinem Transporter zu den Rennen zu fahren, je schneller, desto besser. Mit offenen Nüstern stand er erwartungsvoll im Stroh. Nach jedem Sieg schwebte er stolz wie ein Pfau vom Geläuf.“ 14

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Am Ende des Jahres 2007 war Overdose das beste zweijährige Rennpferd Osteuropas, ungeschlagen in fünf Rennen. Aber war Overdose wirklich ein neuer Champion? Oder nur ein hochgejubelter Klepper? Dieser Ungar errang seine Siege – egal, auf welchem Boden, egal, unter welchem Jockey und egal, auf welcher Distanz. Wie war das nur möglich? Bei diesem unmöglichen Laufstil? Overdose hatte im darauffolgenden Winter zugelegt, er war jetzt ein kräftiger Dreijähriger, das Alter der Wahrheit für ein Galopprennpferd, und Ribarski wollte es jetzt wissen: Trainierte er nur ein gutes Pferd oder ein Ausnahmepferd? Es war Zeit für Westeuropa! Nach einem leichten Aufbaurennen fuhren sie Overdose nach Baden-Baden, ins Herz des deutschen Galoppsports. Beim LansonCup warteten die Hoffnungsträger eines ganzen Landes auf Overdose. Unter der Überschrift Überdosis Schnelligkeit stimmte die Galoppzeitung Sportwelt das deutsche Publikum auf „das Wunderpferd“ aus Ungarn ein. Overdose erwischte einen schlechten Start, und als er in die Zielgerade einbog, lag er eingezwängt in einem dicht gestaffelten Feld. Er ruderte mit seinen Vorderbeinen, suchte seinen Rhythmus, die Augen des Publikums klebten auf dem unscheinbaren Braunen, und fast hämisch rief der Kommentator: „Ich sehe keine Explosion, da kommt nichts!“ Doch dann legte Overdose zu, als ob er einfach in einen höheren Gang schaltete. Er flog ins Ziel mit neun Längen Vorsprung, mehr als 20 Meter – einen so überlegenen Sieg hatte es in der Geschichte dieses Rennens noch nicht gegeben. Seit 30 Jahren kommentiert Manfred Chapman Pferderennen, aber jetzt brachte er keinen zusammenhängenden Satz heraus. „Das ist ein Rennpferd!“, stammelte er nur. Ein ums andere Mal siegte Overdose jetzt, nie mussten seine Jockeys auch nur die Hände heben, nie spürte er die Peitsche, doch immer noch war er

nicht in England oder Frankreich gestartet, wo die französische Star Marchand d’Or, der mehrfach auf besten Pferde der Welt antreten. Wen habe dieser dem höchsten Level gesiegt hatte, war der Favorit – Ungar denn schon geschlagen?, hieß es dort. Und er ließ die anderen Pferde meist am Start vor, um sie galoppiere er nicht wie ein Zirkuspferd? Schon in der Zielgeraden wie ein Zug zu überrollen. Overdose sprang als Erster aus der Startbox, beim Aufgalopp wechselte Overdose die Beine von Rechts- auf Linksgalopp, wie Pferde es normaler- Andreas Suborics, sein Jockey, steuerte ihn gleich weise tun, wenn sie erschöpft sind. Fachleute rät- nach innen an die Spitze, und weil er bereits am selten, wie er seine Geschwindigkeit von bis zu 65 100-Meter-Pfosten vorbeigeflogen war, konnte er Stundenkilometern entwickeln könne: War er ein nicht sehen, dass sich die Box eines Pferdes nicht geöffnet hatte. Als der Starter die Fahne für den FehlFreak, ein anatomischer Sonderfall? „Alles Quatsch“, sagt Sandor Ribarski, der Trai- start schwenkte, war Overdose schon außer Sichtner. Das Geheimnis sei etwas anderes: „Overdose weite. Suborics presste sich an seinen Hals, Overhat ein Herz, das dreimal so groß ist wie bei ande- dose jagte die Zielgerade hinunter, doch links und ren Pferden, das Herz eines Kämpfers.“ Man müsse rechts wurde die Menge plötzlich still. Die Uhr zeiges vorsichtig behandeln. Wenn Ribarski über Over- te im Ziel sagenhafte 54,5 Sekunden an. Overdose dose spricht, werden seine Augen feucht. Overdose tänzelte wie der Sieger von der Bahn, doch Suborics sei das stolzeste Pferd, das er kenne. Doch empfind- schlich mit versteinerter Miene zum Absattelring. lich sei er wie eine Diva. Das Drama – ein Schmied schlägt einen Manchmal saßen er und Mikoczy bis tief in Nagel zu tief in den Vorderhuf die Nacht beim Bier und schmiedeten Pläne. In England, dort, wo sie Overdose einst ausmusterten, Marchand d’Or war von seinem Reiter gleich sollte er triumphieren, in Frankreich, in Amerika. Sie wollten der Welt beweisen, dass sie in Alag das nach dem Start angehalten worden, das Rennen schnellste Pferd der Welt trainieren. In Hamburg wurde für ungültig erklärt – nun sollte es drei Stungewann Overdose jetzt sogar mit blutender Fessel. den später wiederholt werden. Zoltan Mikoczy In der Slowakei enteilte er so weit, dass die Ziel- und Sandor Ribarski entschlossen sich, Overdofotografen die anderen Galopper nicht einmal auf se, der alles gegeben hatte, nicht noch einmal andasselbe Bild bekamen. In Ungarn nannte man treten zu lassen. Später mussten sie zusehen, wie Overdose jetzt in einem Atemzug mit der legen- Marchand d’Or sich den Siegerkranz umhängen dären Kincsem. Manchmal campierten seine Fans ließ. 54,5 Sekunden – in exakt derselben Zeit sogar nachts vor dem Stall, und als Ribarski zwei wie Overdose hatte er gewonnen, doch an diesem Bodyguards davor postierte, versuchten es die Papa- Nachmittag sprachen die Zuschauer von nichts anderem mehr als von diesem Ungarn. „Overdose razzi mit Teleobjektiven. Die Saison 2008 steuerte ihrem Höhepunkt kann ohne Zweifel der schnellste Sprinter der Welt zu, als Ribarski Overdose’ Start für den großen Prix sein“, schrieb Alan Shuback, der Korrespondent de l’Abbaye in Paris bekannt gab. Zehnmal war er der amerikanischen Daily Racing Form, und Neil ungeschlagen, noch nie in seinem Leben hatte er Clark von der britischen Racing Post trat Overdoein Pferd vor sich dulden müssen, doch jetzt sollte se’ Fanclub bei. Ein Rennjournalist, der von einem er gegen die besten Sprinter Europas antreten. Der Pferd schwärmte wie ein Teenager von Justin Bieber. 15


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Ribarski trainiert ohne Stoppuhr, nur mit seinem Auge. Morgens um sechs lässt er die Pferde aus den Boxen holen, umkreist sie, befühlt ihre Beine. Dann entscheidet er, ob sie spazieren gehen oder galoppieren. Mit den Besitzern redet er bloß das Nötigste – seine Pferde erzählen ihm, was sie brauchen. In Frankreich und England, wo arabische Scheichs Millionen in die Trainingszentren gepumpt haben und der Sport zur Industrie wurde, legen Computer das Pensum der Pferde fest, dort setzen sich nur die Stärksten durch. In Alag gibt es keine Computer. Es gibt keine Führanlagen wie in Deutschland, keine Solarien wie in Frankreich und keine Schwimmbecken wie in England. In Alag kann man es sich nicht leisten, ein einzelnes Pferd zu übersehen. 130 Jahre ist es her, dass die ungarische Wunderstute Kincsem mit 54 Siegen in Folge Europa eroberte und die erfolgreichste Galopperin aller Zeiten wurde. Die Pferde aus Alag siegten damals in Baden-Baden, in Paris, in Royal Ascot, dann zerstörte der Zweite Weltkrieg die berühmten ungarischen Zuchtlinien, die Sozialisten ließen den Sport verwahrlosen. Heute werden die Pferde meist nicht weiter als nach Bratislava geschickt, im Westen haben sie kaum eine Chance. In Alag trainierte Overdose jetzt nur noch allein, denn sobald er einen Rivalen in seiner Nähe spürte, rannte er sich die Seele aus dem Leib wie in einem Rennen. Ribarski wollte, dass Overdose seine Energie speicherte, er wusste, er musste diesen Hengst bremsen. Sie fuhren jetzt mit ihm nach Bratislava, nach Wien, und jedes Mal siegte Overdose, ohne dass seine Gegner den Hauch einer Chance hatten. „Overdose wusste genau, wann er gewonnen hatte“, sagt Ribarski. „Er liebte es, in seinem Transporter zu den Rennen zu fahren, je schneller, desto besser. Mit offenen Nüstern stand er erwartungsvoll im Stroh. Nach jedem Sieg schwebte er stolz wie ein Pfau vom Geläuf.“ 14

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Am Ende des Jahres 2007 war Overdose das beste zweijährige Rennpferd Osteuropas, ungeschlagen in fünf Rennen. Aber war Overdose wirklich ein neuer Champion? Oder nur ein hochgejubelter Klepper? Dieser Ungar errang seine Siege – egal, auf welchem Boden, egal, unter welchem Jockey und egal, auf welcher Distanz. Wie war das nur möglich? Bei diesem unmöglichen Laufstil? Overdose hatte im darauffolgenden Winter zugelegt, er war jetzt ein kräftiger Dreijähriger, das Alter der Wahrheit für ein Galopprennpferd, und Ribarski wollte es jetzt wissen: Trainierte er nur ein gutes Pferd oder ein Ausnahmepferd? Es war Zeit für Westeuropa! Nach einem leichten Aufbaurennen fuhren sie Overdose nach Baden-Baden, ins Herz des deutschen Galoppsports. Beim LansonCup warteten die Hoffnungsträger eines ganzen Landes auf Overdose. Unter der Überschrift Überdosis Schnelligkeit stimmte die Galoppzeitung Sportwelt das deutsche Publikum auf „das Wunderpferd“ aus Ungarn ein. Overdose erwischte einen schlechten Start, und als er in die Zielgerade einbog, lag er eingezwängt in einem dicht gestaffelten Feld. Er ruderte mit seinen Vorderbeinen, suchte seinen Rhythmus, die Augen des Publikums klebten auf dem unscheinbaren Braunen, und fast hämisch rief der Kommentator: „Ich sehe keine Explosion, da kommt nichts!“ Doch dann legte Overdose zu, als ob er einfach in einen höheren Gang schaltete. Er flog ins Ziel mit neun Längen Vorsprung, mehr als 20 Meter – einen so überlegenen Sieg hatte es in der Geschichte dieses Rennens noch nicht gegeben. Seit 30 Jahren kommentiert Manfred Chapman Pferderennen, aber jetzt brachte er keinen zusammenhängenden Satz heraus. „Das ist ein Rennpferd!“, stammelte er nur. Ein ums andere Mal siegte Overdose jetzt, nie mussten seine Jockeys auch nur die Hände heben, nie spürte er die Peitsche, doch immer noch war er

nicht in England oder Frankreich gestartet, wo die französische Star Marchand d’Or, der mehrfach auf besten Pferde der Welt antreten. Wen habe dieser dem höchsten Level gesiegt hatte, war der Favorit – Ungar denn schon geschlagen?, hieß es dort. Und er ließ die anderen Pferde meist am Start vor, um sie galoppiere er nicht wie ein Zirkuspferd? Schon in der Zielgeraden wie ein Zug zu überrollen. Overdose sprang als Erster aus der Startbox, beim Aufgalopp wechselte Overdose die Beine von Rechts- auf Linksgalopp, wie Pferde es normaler- Andreas Suborics, sein Jockey, steuerte ihn gleich weise tun, wenn sie erschöpft sind. Fachleute rät- nach innen an die Spitze, und weil er bereits am selten, wie er seine Geschwindigkeit von bis zu 65 100-Meter-Pfosten vorbeigeflogen war, konnte er Stundenkilometern entwickeln könne: War er ein nicht sehen, dass sich die Box eines Pferdes nicht geöffnet hatte. Als der Starter die Fahne für den FehlFreak, ein anatomischer Sonderfall? „Alles Quatsch“, sagt Sandor Ribarski, der Trai- start schwenkte, war Overdose schon außer Sichtner. Das Geheimnis sei etwas anderes: „Overdose weite. Suborics presste sich an seinen Hals, Overhat ein Herz, das dreimal so groß ist wie bei ande- dose jagte die Zielgerade hinunter, doch links und ren Pferden, das Herz eines Kämpfers.“ Man müsse rechts wurde die Menge plötzlich still. Die Uhr zeiges vorsichtig behandeln. Wenn Ribarski über Over- te im Ziel sagenhafte 54,5 Sekunden an. Overdose dose spricht, werden seine Augen feucht. Overdose tänzelte wie der Sieger von der Bahn, doch Suborics sei das stolzeste Pferd, das er kenne. Doch empfind- schlich mit versteinerter Miene zum Absattelring. lich sei er wie eine Diva. Das Drama – ein Schmied schlägt einen Manchmal saßen er und Mikoczy bis tief in Nagel zu tief in den Vorderhuf die Nacht beim Bier und schmiedeten Pläne. In England, dort, wo sie Overdose einst ausmusterten, Marchand d’Or war von seinem Reiter gleich sollte er triumphieren, in Frankreich, in Amerika. Sie wollten der Welt beweisen, dass sie in Alag das nach dem Start angehalten worden, das Rennen schnellste Pferd der Welt trainieren. In Hamburg wurde für ungültig erklärt – nun sollte es drei Stungewann Overdose jetzt sogar mit blutender Fessel. den später wiederholt werden. Zoltan Mikoczy In der Slowakei enteilte er so weit, dass die Ziel- und Sandor Ribarski entschlossen sich, Overdofotografen die anderen Galopper nicht einmal auf se, der alles gegeben hatte, nicht noch einmal andasselbe Bild bekamen. In Ungarn nannte man treten zu lassen. Später mussten sie zusehen, wie Overdose jetzt in einem Atemzug mit der legen- Marchand d’Or sich den Siegerkranz umhängen dären Kincsem. Manchmal campierten seine Fans ließ. 54,5 Sekunden – in exakt derselben Zeit sogar nachts vor dem Stall, und als Ribarski zwei wie Overdose hatte er gewonnen, doch an diesem Bodyguards davor postierte, versuchten es die Papa- Nachmittag sprachen die Zuschauer von nichts anderem mehr als von diesem Ungarn. „Overdose razzi mit Teleobjektiven. Die Saison 2008 steuerte ihrem Höhepunkt kann ohne Zweifel der schnellste Sprinter der Welt zu, als Ribarski Overdose’ Start für den großen Prix sein“, schrieb Alan Shuback, der Korrespondent de l’Abbaye in Paris bekannt gab. Zehnmal war er der amerikanischen Daily Racing Form, und Neil ungeschlagen, noch nie in seinem Leben hatte er Clark von der britischen Racing Post trat Overdoein Pferd vor sich dulden müssen, doch jetzt sollte se’ Fanclub bei. Ein Rennjournalist, der von einem er gegen die besten Sprinter Europas antreten. Der Pferd schwärmte wie ein Teenager von Justin Bieber. 15


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In Budapest fasste Tivadar Farkasházy, der berühmte Fernsehmoderator, die Empörung seiner Landsleute zusammen, indem er die Annullierung des Rennens mit dem Zusatzvertrag von Versailles von 1920 verglich, in dem die Siegermächte des Ersten Weltkriegs Ungarn mehr als zwei Drittel seiner Fläche nahmen. Im Herbst 2008 waren gerade die Banken kollabiert, die Währung Forint verlor ein Drittel ihres Wertes, doch die Fernsehnachrichten machen mit einem Pferd auf. Als hätten sie nur darauf gewartet, dass endlich wieder etwas die Menschen eint in diesem Land, das den Glauben verloren hatte an sich und seine Moral. Der ehemalige Regierungschef Ferenc Gyurcsány hatte 2006 gestanden, „das Volk belogen und alles Wichtige liegen gelassen“ zu haben. Gegen den Oppositionsführer Viktor Orbán, den heutigen Ministerpräsidenten, ermittelte die Polizei, weil er sich angeblich in die Computer der Regierungspartei gehackt hatte. Und im April 2008 leiteten die Manager einer großen Versicherung mehr als eine Milliarde Forint auf ihre privaten Konten, das Geld ihrer Kunden. Als Overdose nach der Saison heimkehrte, feierten ihn 10.000 in der Arena von Laszlo Pap. Sie schwenkten Nationalflaggen und Overdose-Schriftzüge. Bäcker, Polizisten und Ärzte, Menschen, die noch nie auf einer Rennbahn waren, jubelten Overdose zu. Hunderte Hände streichelten ehrfürchtig sein Fell. Dozy nannten sie ihn, und in Alag fuhren jetzt Staatslimousinen über die matschigen Wege zu seinem Stall. Der Parlamentspräsident und die Finanzministerin verteilten 50 Kilo Äpfel und Möhren. Die Universität von Budapest widmete Overdose eine Ausstellung, Andras Kepes, der Fernsehmoderator, drehte einen Film über sein Leben, und Tivadar Farkasházy, der sonst vor sechs Millionen Zuschauern die Regierung kritisiert, verfasste ein Buch über ihn – 300 Seiten über ein Rennpferd. 16

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Es war im April 2009, als Zoltan Mikoczys Welt ins Wanken geriet. Ein letztes Mal wollte er seinen Hengst der Hauptstadt präsentieren, bevor er die Schmach von Paris sühnen sollte. Im Zentrum von Budapest demonstrierten Tausende Menschen gegen die Sparpläne der Regierung, und im ausverkauften Kincsem Park riss Overdose’ Triumph die Massen zu Jubelstürmen hin. Mikoczy feierte bis in die Morgenstunden, doch als er am nächsten Tag in den Stall kam, fand er Overdose mit angewinkeltem Bein in seiner Box. Der Schmied hatte einen Nagel zu tief in das empfindliche Fleisch des Vorderhufes getrieben, Overdose lahmte. Mikoczy ließ sein Pferd in die Normandie fahren, wo Spezialisten es behandelten, doch nachdem der Gasttrainer es zu früh auf die Bahn geschickt hatte, entzündete sich der Huf erneut. Es sei eine ernste Erkrankung, eine Hufrehe, erklärte der Tierarzt, nicht wenige Pferde sterben daran, viele bleiben für immer lahm. Mikoczy verschiffte Overdose jetzt nach Sussex, England, wo ein Schmied aus Neuseeland seine Hufe mit Kunststoff überzog. Die teure Reha-Anlage erinnerte Mikoczy an ein Fünf-Sterne-Hotel, doch die Laune seines Hengstes verschlechterte sich von Tag zu Tag. Als sie ihn zum Muskelaufbau in ein Schwimmbecken führen wollten, stemmte Overdose die Beine in den Boden und bewegte sich keinen Zentimeter. Zu fünft, schließlich zu zehnt versuchten sie, ihn in das Becken zu zwingen. Overdose schlug aus. Am Ende verletzte er sich, und sie brachten ihn heim nach Alag. Mikoczys Ersparnisse gingen zur Neige. Doch er begriff sich jetzt als Hüter eines nationalen Schatzes. In die Kameras sprach er staatstragende Sätze, die darin gipfelten, dass er sein Pferd niemals aufgeben werde – es sei ein „Träger von Hoffnungen und Träumen“. Auf den Rennplätzen erschien Mikoczy inzwischen in cremefarbenen Anzügen mit

Rose im Knopfloch, im Präsidentenpalast hatte man ihm eine Ehrenmedaille verliehen, und es war nicht mehr ganz klar, wer dieses Pferd dringender brauchte: das Land oder sein Besitzer. Alle ausländischen Kaufangebote hatte Mikoczy abgelehnt, doch als ihm ein ungarisches Firmenkonsortium 2,5 Millionen Euro bot, schlug er ein. Overdose gehörte jetzt zu 50 Prozent einer Bank, einer Versicherung, einem Baukonzern, einer Öl- und einer Immobilienfirma – den fünf größten Unternehmen des Landes. Sie richteten dem Pferd eine Homepage ein – auf Siegerfotos sollte Overdose’ Glanz auf die Manager abstrahlen. Overdose sollte ihr Botschafter sein. Aber was nützt ein Botschafter in einem Stall? Die Saison 2009 ging zu Ende, und Overdose hatte immer noch keine Rennbahn gesehen. Beinahe täglich fütterte Mikoczy die Journalisten mit neuen Startterminen. Beinahe täglich trat er im Frühstücksfernsehen auf und erklärte anhand von Röntgenbildern Overdose’ Genesungsfortschritte. Irgendwann musste der Tierarzt ihn stoppen. Mikoczy sprach von Hongkong und Dubai, aber noch immer schlich Overdose mit einer Leidensmiene aus der Box, bei jedem Schritt senkte sich sein Kopf. Als Mikoczy kurz darauf an der rumänischen Grenze verhaftet wurde, verbreiteten sich Gerüchte: Er habe Maschinen einer zahlungsunfähigen Fleischfabrik außer Landes bringen wollen, hieß es; andere munkelten, die Festnahme sei von langer Hand geplant, weil er Kontakte zur slowakischen Mafia habe. Kaum dass er auf freiem Fuß war, rief Mikoczy zur Pressekonferenz nach Alag, und dort spürte er zum ersten Mal, dass man ihm nicht mehr glaubte. Sein Pferd war gereizt und ausgelaugt, die Saison bereits vorüber, und Sandor Ribarski nahm Overdose mit ins Trainingszentrum von BerlinHoppegarten, wo er sich über Winter erholen sollte.

Keiner kannte Overdose so gut wie Ribarski – sobald er in seiner Nähe war, richtete Overdose ein Ohr in seine Richtung. Stimmte etwas nicht mit ihm, legte er seinen Kopf auf Ribarskis Schulter. „Wir müssen warten, bis Overdose uns ein Zeichen gibt“, diktierte Ribarski in die Blöcke der Journalisten. Der Hengst habe viele Schmerzen durchgemacht. „Das Problem ist nicht der physische, sondern der seelische Zustand, den man erarbeiten muss.“ Overdose müsse man bitten, nicht zwingen, sagte Ribarski. Doch als das Frühjahr anbrach, wurde Mikoczy immer ungeduldiger. Bei einem Schneider hatte er schon den Anzug für die Rennen in Royal Ascot in Auftrag gegeben, aber sobald er Starttermine vorschlug, wiegelte Ribarski ab. Der Besitzer drängte, der Trainer bremste. Immer wieder stritten sich die beiden, und im Mai 2010 brachte Mikoczy Overdose schließlich zurück nach Ungarn, in die Obhut eines alten Freundes. Ribarski sei unberechenbar geworden, sagt Mikoczy. Mikoczy sei seiner Eitelkeit erlegen, sagt Ribarski. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegt. Wenige Monate später, im August 2010, saß Sandor Ribarski, der ehemalige Trainer, in seinem Wohnzimmer in Alag und schaltete den Fernseher ein. Das große Comeback von Overdose wurde gerade übertragen, das wichtigste Sprintrennen Deutschlands. Eineinhalb Jahre lang hatte die Rennwelt darauf gewartet, doch als die Pferde in die Startboxen einrückten, bockte Overdose. Immer wieder warf er seinen Jockey ab, es schien, als wolle er sich hinschmeißen. Es vergingen zehn Minuten, bis sie Overdose in sein Abteil gezwungen hatten. Aber als die Pferde auf die Zielgerade einbogen, wurde es auf der Tribüne beklemmend still: Jeder sah, wie der Jockey Overdose verzweifelt anschieben musste. Völlig übermüdet wurde er nach hinten durchgereicht, als Siebter lief er über die Ziellinie. 17


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In Budapest fasste Tivadar Farkasházy, der berühmte Fernsehmoderator, die Empörung seiner Landsleute zusammen, indem er die Annullierung des Rennens mit dem Zusatzvertrag von Versailles von 1920 verglich, in dem die Siegermächte des Ersten Weltkriegs Ungarn mehr als zwei Drittel seiner Fläche nahmen. Im Herbst 2008 waren gerade die Banken kollabiert, die Währung Forint verlor ein Drittel ihres Wertes, doch die Fernsehnachrichten machen mit einem Pferd auf. Als hätten sie nur darauf gewartet, dass endlich wieder etwas die Menschen eint in diesem Land, das den Glauben verloren hatte an sich und seine Moral. Der ehemalige Regierungschef Ferenc Gyurcsány hatte 2006 gestanden, „das Volk belogen und alles Wichtige liegen gelassen“ zu haben. Gegen den Oppositionsführer Viktor Orbán, den heutigen Ministerpräsidenten, ermittelte die Polizei, weil er sich angeblich in die Computer der Regierungspartei gehackt hatte. Und im April 2008 leiteten die Manager einer großen Versicherung mehr als eine Milliarde Forint auf ihre privaten Konten, das Geld ihrer Kunden. Als Overdose nach der Saison heimkehrte, feierten ihn 10.000 in der Arena von Laszlo Pap. Sie schwenkten Nationalflaggen und Overdose-Schriftzüge. Bäcker, Polizisten und Ärzte, Menschen, die noch nie auf einer Rennbahn waren, jubelten Overdose zu. Hunderte Hände streichelten ehrfürchtig sein Fell. Dozy nannten sie ihn, und in Alag fuhren jetzt Staatslimousinen über die matschigen Wege zu seinem Stall. Der Parlamentspräsident und die Finanzministerin verteilten 50 Kilo Äpfel und Möhren. Die Universität von Budapest widmete Overdose eine Ausstellung, Andras Kepes, der Fernsehmoderator, drehte einen Film über sein Leben, und Tivadar Farkasházy, der sonst vor sechs Millionen Zuschauern die Regierung kritisiert, verfasste ein Buch über ihn – 300 Seiten über ein Rennpferd. 16

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Es war im April 2009, als Zoltan Mikoczys Welt ins Wanken geriet. Ein letztes Mal wollte er seinen Hengst der Hauptstadt präsentieren, bevor er die Schmach von Paris sühnen sollte. Im Zentrum von Budapest demonstrierten Tausende Menschen gegen die Sparpläne der Regierung, und im ausverkauften Kincsem Park riss Overdose’ Triumph die Massen zu Jubelstürmen hin. Mikoczy feierte bis in die Morgenstunden, doch als er am nächsten Tag in den Stall kam, fand er Overdose mit angewinkeltem Bein in seiner Box. Der Schmied hatte einen Nagel zu tief in das empfindliche Fleisch des Vorderhufes getrieben, Overdose lahmte. Mikoczy ließ sein Pferd in die Normandie fahren, wo Spezialisten es behandelten, doch nachdem der Gasttrainer es zu früh auf die Bahn geschickt hatte, entzündete sich der Huf erneut. Es sei eine ernste Erkrankung, eine Hufrehe, erklärte der Tierarzt, nicht wenige Pferde sterben daran, viele bleiben für immer lahm. Mikoczy verschiffte Overdose jetzt nach Sussex, England, wo ein Schmied aus Neuseeland seine Hufe mit Kunststoff überzog. Die teure Reha-Anlage erinnerte Mikoczy an ein Fünf-Sterne-Hotel, doch die Laune seines Hengstes verschlechterte sich von Tag zu Tag. Als sie ihn zum Muskelaufbau in ein Schwimmbecken führen wollten, stemmte Overdose die Beine in den Boden und bewegte sich keinen Zentimeter. Zu fünft, schließlich zu zehnt versuchten sie, ihn in das Becken zu zwingen. Overdose schlug aus. Am Ende verletzte er sich, und sie brachten ihn heim nach Alag. Mikoczys Ersparnisse gingen zur Neige. Doch er begriff sich jetzt als Hüter eines nationalen Schatzes. In die Kameras sprach er staatstragende Sätze, die darin gipfelten, dass er sein Pferd niemals aufgeben werde – es sei ein „Träger von Hoffnungen und Träumen“. Auf den Rennplätzen erschien Mikoczy inzwischen in cremefarbenen Anzügen mit

Rose im Knopfloch, im Präsidentenpalast hatte man ihm eine Ehrenmedaille verliehen, und es war nicht mehr ganz klar, wer dieses Pferd dringender brauchte: das Land oder sein Besitzer. Alle ausländischen Kaufangebote hatte Mikoczy abgelehnt, doch als ihm ein ungarisches Firmenkonsortium 2,5 Millionen Euro bot, schlug er ein. Overdose gehörte jetzt zu 50 Prozent einer Bank, einer Versicherung, einem Baukonzern, einer Öl- und einer Immobilienfirma – den fünf größten Unternehmen des Landes. Sie richteten dem Pferd eine Homepage ein – auf Siegerfotos sollte Overdose’ Glanz auf die Manager abstrahlen. Overdose sollte ihr Botschafter sein. Aber was nützt ein Botschafter in einem Stall? Die Saison 2009 ging zu Ende, und Overdose hatte immer noch keine Rennbahn gesehen. Beinahe täglich fütterte Mikoczy die Journalisten mit neuen Startterminen. Beinahe täglich trat er im Frühstücksfernsehen auf und erklärte anhand von Röntgenbildern Overdose’ Genesungsfortschritte. Irgendwann musste der Tierarzt ihn stoppen. Mikoczy sprach von Hongkong und Dubai, aber noch immer schlich Overdose mit einer Leidensmiene aus der Box, bei jedem Schritt senkte sich sein Kopf. Als Mikoczy kurz darauf an der rumänischen Grenze verhaftet wurde, verbreiteten sich Gerüchte: Er habe Maschinen einer zahlungsunfähigen Fleischfabrik außer Landes bringen wollen, hieß es; andere munkelten, die Festnahme sei von langer Hand geplant, weil er Kontakte zur slowakischen Mafia habe. Kaum dass er auf freiem Fuß war, rief Mikoczy zur Pressekonferenz nach Alag, und dort spürte er zum ersten Mal, dass man ihm nicht mehr glaubte. Sein Pferd war gereizt und ausgelaugt, die Saison bereits vorüber, und Sandor Ribarski nahm Overdose mit ins Trainingszentrum von BerlinHoppegarten, wo er sich über Winter erholen sollte.

Keiner kannte Overdose so gut wie Ribarski – sobald er in seiner Nähe war, richtete Overdose ein Ohr in seine Richtung. Stimmte etwas nicht mit ihm, legte er seinen Kopf auf Ribarskis Schulter. „Wir müssen warten, bis Overdose uns ein Zeichen gibt“, diktierte Ribarski in die Blöcke der Journalisten. Der Hengst habe viele Schmerzen durchgemacht. „Das Problem ist nicht der physische, sondern der seelische Zustand, den man erarbeiten muss.“ Overdose müsse man bitten, nicht zwingen, sagte Ribarski. Doch als das Frühjahr anbrach, wurde Mikoczy immer ungeduldiger. Bei einem Schneider hatte er schon den Anzug für die Rennen in Royal Ascot in Auftrag gegeben, aber sobald er Starttermine vorschlug, wiegelte Ribarski ab. Der Besitzer drängte, der Trainer bremste. Immer wieder stritten sich die beiden, und im Mai 2010 brachte Mikoczy Overdose schließlich zurück nach Ungarn, in die Obhut eines alten Freundes. Ribarski sei unberechenbar geworden, sagt Mikoczy. Mikoczy sei seiner Eitelkeit erlegen, sagt Ribarski. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegt. Wenige Monate später, im August 2010, saß Sandor Ribarski, der ehemalige Trainer, in seinem Wohnzimmer in Alag und schaltete den Fernseher ein. Das große Comeback von Overdose wurde gerade übertragen, das wichtigste Sprintrennen Deutschlands. Eineinhalb Jahre lang hatte die Rennwelt darauf gewartet, doch als die Pferde in die Startboxen einrückten, bockte Overdose. Immer wieder warf er seinen Jockey ab, es schien, als wolle er sich hinschmeißen. Es vergingen zehn Minuten, bis sie Overdose in sein Abteil gezwungen hatten. Aber als die Pferde auf die Zielgerade einbogen, wurde es auf der Tribüne beklemmend still: Jeder sah, wie der Jockey Overdose verzweifelt anschieben musste. Völlig übermüdet wurde er nach hinten durchgereicht, als Siebter lief er über die Ziellinie. 17


n-ost Reportagepreis 2012 • TEXT

Als Overdose vor wenigen Wochen Geburtstag Overdose hatte verloren. Das erste Mal in seinem Leben. Es war das, was Ribarski um jeden Preis hatte, fischte Mikoczy kübelweise Briefe aus der verhindern wollte. Er hatte recht behalten, aber er Post, Glückwünsche und selbst gemalte Bilder. Immer noch ersteigern die Menschen für 300 Euro seikonnte nicht triumphieren. Es war an einem Herbsttag in Alag, als Zoltan ne Hufeisen auf eBay. Und immer noch stellen Fans Mikoczy sein Pferd um Verzeihung bat. Nach der unscharfe Schnappschüsse ins Internet und diskuNiederlage hatte er zunächst allen anderen die tieren seine Genesung. Seit sechs Monaten trainiere Schuld gegeben – den Starthelfern, dem Jockey, Overdose regelmäßig, sagt Mikoczy, und er habe doch jetzt sagt er: „Ich hätte auf ihn hören sollen. wieder Freude daran gefunden. Aber stimmt das auch? Oder hat Mikoczy den richtigen Zeitpunkt Er war noch nicht so weit.“ Einen Monat lang hatte Overdose in seiner verpasst loszulassen? Manchmal begegnen er und Ribarski sich jetzt Box gegen die Wand gestarrt, den Menschen sein Hinterteil zugewandt und jeden gebissen, der ihm an den Stallungen, der verletzte Stolz lässt beide nahekam. „Wir haben ihn gedemütigt“, sagt Miko- Männer schweigen. Den Fernsehsendern erteilte czy leise. An jenem Tag im Herbst schwor er allen Mikoczy Stallverbot, und wenn Journalisten anruRennplänen ab und ließ sein Pferd hinaus auf die fen, lässt er sich verleugnen. Er, der nie einer KaKoppel. Overdose sprang herum wie ein Fohlen mera aus dem Weg ging, ist vorsichtig geworden. und wälzte sich im Dreck. Wochenlang ließen sie Der Rummel um ein erledigtes Pferd und seinen ihn die Freiheit genießen, und mit jedem Tag wur- geltungssüchtigen Besitzer nervt die Menschen in Alag. Selbst die Stallburschen tuscheln: Das wird den seine Augen klarer. Im Frühjahr 2011, als die große Linde vor sei- nichts mehr. Was Overdose erlebt habe, könne ein nem Stall bereits ausgetrieben hat, kommt Overdo- Pferd brechen. Am Nachmittag des 17. April steigt die Spanse morgens von der Bahn, und sein Fell leuchtet. 440 Kilogramm bringt er auf die Waage, die über- nung auf der Rennbahn in Berlin-Hoppegarten, als flüssigen Polster hat er verloren. Overdose ist jetzt die Pferde für das Hauptrennen auf die Bahn gesechs Jahre alt, mit sieben hat ein Rennpferd seinen führt werden. Acht Herausforderer wollen den gealZenit meist überschritten. Die kommende Saison terten Champ schlagen und damit Ruhm erlangen: wird wohl seine letzte Chance sein – aber ist er wie- die antrittsstarke Stute Fenella Rose, die nur 53 Kilo trägt und deren Trainer sich mit dieser günstigen der der Alte? Marke eine Chance ausrechnet; der Schwede Always Winner, der in Buenos Aires die 1.000 Meter Fans ersteigern Overdose’ Hufeisen einmal in 55 Sekunden lief; der Wallach Sapphire, für 300 Euro auf eBay der letztes Jahr in Paris siegte, vier Außenseiter lauMikoczy verbringt nun jede freie Minute im ern, und da ist Shot to Nothing, der Bahnspezialist, Stall. Er könnte Overdose in die Zucht nehmen, der zuletzt die Hoppegartener Sprintserie gewann. Es solle ein Aufbaurennen sein für Overdose, das Risiko meiden. Mit jeder Saison drängen hungrige Talente nach, aber Mikoczy will nicht, dass hatte Zoltan Mikoczy gesagt, danach werde er in Overdose so geht: ohne bewiesen zu haben, dass er Royal Ascot starten, aber ein wenig klang es, als spreche er sich selbst Mut zu. die Besten schlagen kann. 18

n-ost Reportagepreis 2012 • TEXT

Andreas Suborics, der Jockey, klopft beruhigend Platz, da wirft Suborics schon Kusshände in die Overdose’ Hals, als die Pferde in die Startboxen ein- tobende Menge. Ein paar Galoppsprünge später ist rücken. Der Jockey weiß, er soll es so machen wie Overdose im Ziel. Overdose habe soeben den Bahnrekord um früher: Overdose’ schnellen Start ausnutzen, nach vorn ziehen und ihm einen Platz an den Außen- drei Sekunden unterboten, verkündet der Rennrails sichern, Overdose nach 300 Metern eine Pause kommentator mit zitternder Stimme. Die Zuschauer erheben sich von ihren Sitzen. Und in Alag bei gönnen und ihm dann die Zügel freigeben. Der Tierarzt hat vorhin ein letztes Mal Overdo- Budapest sitzt ein kleiner Mann vor seinem Fernsese’ Hufe geprüft, Zoltan Mikoczy hat sich damit ab- her und wischt sich die Augen. gelenkt, seine 20-köpfige Entourage zu unterhalten. Die Zeit, Dossier, 05.05.2011. Und als alles noch ruhig war, sprach ein englischer Pater hoch oben auf der Tribüne ein Gebet in Richtung von Overdose’ Stall: „Heilige Maria, Mutter Gottes“, und in seinem Messwein spiegelte sich die Steigung der noch unschuldigen Geraden. Berlin ist nicht Royal Ascot, die 5.000 Euro Siegprämie würden nicht einmal Mikoczys Ausgaben decken, und doch hängt alles von diesem Rennen ab. „Wir werden erfahren, ob sein Herz noch das alte ist“, hatte Mikoczy gesagt. Das Herz kann man im Training nicht auf die Probe stellen. Es ist 16.48 Uhr, als die Startglocke ertönt. Overdose, der eine ungünstige Startbox in der Mitte erwischt hat, ist schnell auf den Beinen, doch außen galoppiert der amerikanische Hengst Xi gleichauf, innen hält sich Fenella Rose an seiner Seite. Overdose galoppiert nicht rund, er wechselt seine Beine. Die Pferde passieren die Senke, als Suborics zu spüren glaubt, dass Overdose endlich seinen Rhythmus findet, 700 Meter noch, und vor ihnen liegt die lang gezogene Steigung. Overdose zieht an die Spitze, Suborics lenkt ihn nach außen, er jagt jetzt dicht am Zaun entlang, und als er die Höhe der Zuschauertribüne erreicht, löst sich ein Schrei aus tausend Kehlen: Overdose explodiert. Einen um den anderen Meter zieht er dem Feld davon, und als Suborics sich umschaut, sieht er die Gegner kleiner und kleiner werden. Hinter ihm kämpfen Sapphire und Shot to Nothing um den zweiten 19


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Als Overdose vor wenigen Wochen Geburtstag Overdose hatte verloren. Das erste Mal in seinem Leben. Es war das, was Ribarski um jeden Preis hatte, fischte Mikoczy kübelweise Briefe aus der verhindern wollte. Er hatte recht behalten, aber er Post, Glückwünsche und selbst gemalte Bilder. Immer noch ersteigern die Menschen für 300 Euro seikonnte nicht triumphieren. Es war an einem Herbsttag in Alag, als Zoltan ne Hufeisen auf eBay. Und immer noch stellen Fans Mikoczy sein Pferd um Verzeihung bat. Nach der unscharfe Schnappschüsse ins Internet und diskuNiederlage hatte er zunächst allen anderen die tieren seine Genesung. Seit sechs Monaten trainiere Schuld gegeben – den Starthelfern, dem Jockey, Overdose regelmäßig, sagt Mikoczy, und er habe doch jetzt sagt er: „Ich hätte auf ihn hören sollen. wieder Freude daran gefunden. Aber stimmt das auch? Oder hat Mikoczy den richtigen Zeitpunkt Er war noch nicht so weit.“ Einen Monat lang hatte Overdose in seiner verpasst loszulassen? Manchmal begegnen er und Ribarski sich jetzt Box gegen die Wand gestarrt, den Menschen sein Hinterteil zugewandt und jeden gebissen, der ihm an den Stallungen, der verletzte Stolz lässt beide nahekam. „Wir haben ihn gedemütigt“, sagt Miko- Männer schweigen. Den Fernsehsendern erteilte czy leise. An jenem Tag im Herbst schwor er allen Mikoczy Stallverbot, und wenn Journalisten anruRennplänen ab und ließ sein Pferd hinaus auf die fen, lässt er sich verleugnen. Er, der nie einer KaKoppel. Overdose sprang herum wie ein Fohlen mera aus dem Weg ging, ist vorsichtig geworden. und wälzte sich im Dreck. Wochenlang ließen sie Der Rummel um ein erledigtes Pferd und seinen ihn die Freiheit genießen, und mit jedem Tag wur- geltungssüchtigen Besitzer nervt die Menschen in Alag. Selbst die Stallburschen tuscheln: Das wird den seine Augen klarer. Im Frühjahr 2011, als die große Linde vor sei- nichts mehr. Was Overdose erlebt habe, könne ein nem Stall bereits ausgetrieben hat, kommt Overdo- Pferd brechen. Am Nachmittag des 17. April steigt die Spanse morgens von der Bahn, und sein Fell leuchtet. 440 Kilogramm bringt er auf die Waage, die über- nung auf der Rennbahn in Berlin-Hoppegarten, als flüssigen Polster hat er verloren. Overdose ist jetzt die Pferde für das Hauptrennen auf die Bahn gesechs Jahre alt, mit sieben hat ein Rennpferd seinen führt werden. Acht Herausforderer wollen den gealZenit meist überschritten. Die kommende Saison terten Champ schlagen und damit Ruhm erlangen: wird wohl seine letzte Chance sein – aber ist er wie- die antrittsstarke Stute Fenella Rose, die nur 53 Kilo trägt und deren Trainer sich mit dieser günstigen der der Alte? Marke eine Chance ausrechnet; der Schwede Always Winner, der in Buenos Aires die 1.000 Meter Fans ersteigern Overdose’ Hufeisen einmal in 55 Sekunden lief; der Wallach Sapphire, für 300 Euro auf eBay der letztes Jahr in Paris siegte, vier Außenseiter lauMikoczy verbringt nun jede freie Minute im ern, und da ist Shot to Nothing, der Bahnspezialist, Stall. Er könnte Overdose in die Zucht nehmen, der zuletzt die Hoppegartener Sprintserie gewann. Es solle ein Aufbaurennen sein für Overdose, das Risiko meiden. Mit jeder Saison drängen hungrige Talente nach, aber Mikoczy will nicht, dass hatte Zoltan Mikoczy gesagt, danach werde er in Overdose so geht: ohne bewiesen zu haben, dass er Royal Ascot starten, aber ein wenig klang es, als spreche er sich selbst Mut zu. die Besten schlagen kann. 18

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Andreas Suborics, der Jockey, klopft beruhigend Platz, da wirft Suborics schon Kusshände in die Overdose’ Hals, als die Pferde in die Startboxen ein- tobende Menge. Ein paar Galoppsprünge später ist rücken. Der Jockey weiß, er soll es so machen wie Overdose im Ziel. Overdose habe soeben den Bahnrekord um früher: Overdose’ schnellen Start ausnutzen, nach vorn ziehen und ihm einen Platz an den Außen- drei Sekunden unterboten, verkündet der Rennrails sichern, Overdose nach 300 Metern eine Pause kommentator mit zitternder Stimme. Die Zuschauer erheben sich von ihren Sitzen. Und in Alag bei gönnen und ihm dann die Zügel freigeben. Der Tierarzt hat vorhin ein letztes Mal Overdo- Budapest sitzt ein kleiner Mann vor seinem Fernsese’ Hufe geprüft, Zoltan Mikoczy hat sich damit ab- her und wischt sich die Augen. gelenkt, seine 20-köpfige Entourage zu unterhalten. Die Zeit, Dossier, 05.05.2011. Und als alles noch ruhig war, sprach ein englischer Pater hoch oben auf der Tribüne ein Gebet in Richtung von Overdose’ Stall: „Heilige Maria, Mutter Gottes“, und in seinem Messwein spiegelte sich die Steigung der noch unschuldigen Geraden. Berlin ist nicht Royal Ascot, die 5.000 Euro Siegprämie würden nicht einmal Mikoczys Ausgaben decken, und doch hängt alles von diesem Rennen ab. „Wir werden erfahren, ob sein Herz noch das alte ist“, hatte Mikoczy gesagt. Das Herz kann man im Training nicht auf die Probe stellen. Es ist 16.48 Uhr, als die Startglocke ertönt. Overdose, der eine ungünstige Startbox in der Mitte erwischt hat, ist schnell auf den Beinen, doch außen galoppiert der amerikanische Hengst Xi gleichauf, innen hält sich Fenella Rose an seiner Seite. Overdose galoppiert nicht rund, er wechselt seine Beine. Die Pferde passieren die Senke, als Suborics zu spüren glaubt, dass Overdose endlich seinen Rhythmus findet, 700 Meter noch, und vor ihnen liegt die lang gezogene Steigung. Overdose zieht an die Spitze, Suborics lenkt ihn nach außen, er jagt jetzt dicht am Zaun entlang, und als er die Höhe der Zuschauertribüne erreicht, löst sich ein Schrei aus tausend Kehlen: Overdose explodiert. Einen um den anderen Meter zieht er dem Feld davon, und als Suborics sich umschaut, sieht er die Gegner kleiner und kleiner werden. Hinter ihm kämpfen Sapphire und Shot to Nothing um den zweiten 19


textreportage nominierte

Foto: Kai Löffelbein

n-ost Reportagepreis 2012 • TEXT

✍ endstation bahnhof zoo Von nicola AbÉ Neon, 18.07.2011 In Rumänien haben sie Familie, in Berlin gehen sie auf den Strich. Mit einem Bus fahren die RomaJungs aus ihrem Heimatdorf in die Hauptstadt. Wer nicht einsteigt, hat keine Zukunft.

Nicola Abé Nicola Abé (*1979) studierte Politikwissenschaft in München mit Stationen in Südafrika und Kambodscha. Sie besuchte die Zeitenspiegel-Reportageschule in Reutlingen und war als freie Journalistin für den Nachrichtensender euronews, Neon, den Tagesspiegel und die Stuttgarter Zeitung unterwegs. Seit April 2010 arbeitet sie für den Spiegel. Fotos: Tobias Kruse / Ostkreuz

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✍ endstation bahnhof zoo Von nicola AbÉ Neon, 18.07.2011 In Rumänien haben sie Familie, in Berlin gehen sie auf den Strich. Mit einem Bus fahren die RomaJungs aus ihrem Heimatdorf in die Hauptstadt. Wer nicht einsteigt, hat keine Zukunft.

Nicola Abé Nicola Abé (*1979) studierte Politikwissenschaft in München mit Stationen in Südafrika und Kambodscha. Sie besuchte die Zeitenspiegel-Reportageschule in Reutlingen und war als freie Journalistin für den Nachrichtensender euronews, Neon, den Tagesspiegel und die Stuttgarter Zeitung unterwegs. Seit April 2010 arbeitet sie für den Spiegel. Fotos: Tobias Kruse / Ostkreuz

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textreportage nominierte

Foto: Sebastian Pfütze

n-ost Reportagepreis 2012 • TEXT

✍ nach dem gau von merle Hilbk, NZZ Folio, April 2011 1986 wurden die Bewohner der ostukrainischen Stadt Prypjat en bloc nach Kiew umgesiedelt, in ein Hochausviertel am Rande der ZweineinhalbMillionen-Einwohner-Metropole. Ihre alte Heimat, die in Sichtweite des Tschernobyl-Reaktors lag, wurde nach dem Unfall in Block 4 komplett evakuiert. In Kiew wurden die schwer verstrahlten Kraftwerksarbeiter mit Ablehnung empfangen. Nun müssen sie auch noch gegen die Regierung kämpfen.

Merle Hilbk Merle Hilbk (*1969) ist nach Jurastudium, Volontariat und Redaktionstätigkeit bei Spiegel und Zeit als Reporterin und Schriftstellerin in Russland und Osteuropa tätig. 2009 und 2010 verbrachte sie mehrere Monate in Gomel/Belarus und im ukrainischen Teil der Tschernobyl-Sperrzone. 2006 erschien ihr erstes Buch, „Sibirski Punk“, 2008 „Die Chaussee der Enthusiasten“, 2011 „Tschernobyl Baby“. Zurzeit arbeitet sie an einem Roman über ein Haus in Berlin, in dem sich die Lebensläufe von Zuwanderern kreuzen. Nach Osteuropa reist sie aber nicht nur aus Recherchegründen – als Kanutin zieht es sie immer wieder auf die großen Flüsse, die Oder, die Memel, Moldau, Dnjepr und Ob.

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Foto: Sebastian Pfütze

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✍ nach dem gau von merle Hilbk, NZZ Folio, April 2011 1986 wurden die Bewohner der ostukrainischen Stadt Prypjat en bloc nach Kiew umgesiedelt, in ein Hochausviertel am Rande der ZweineinhalbMillionen-Einwohner-Metropole. Ihre alte Heimat, die in Sichtweite des Tschernobyl-Reaktors lag, wurde nach dem Unfall in Block 4 komplett evakuiert. In Kiew wurden die schwer verstrahlten Kraftwerksarbeiter mit Ablehnung empfangen. Nun müssen sie auch noch gegen die Regierung kämpfen.

Merle Hilbk Merle Hilbk (*1969) ist nach Jurastudium, Volontariat und Redaktionstätigkeit bei Spiegel und Zeit als Reporterin und Schriftstellerin in Russland und Osteuropa tätig. 2009 und 2010 verbrachte sie mehrere Monate in Gomel/Belarus und im ukrainischen Teil der Tschernobyl-Sperrzone. 2006 erschien ihr erstes Buch, „Sibirski Punk“, 2008 „Die Chaussee der Enthusiasten“, 2011 „Tschernobyl Baby“. Zurzeit arbeitet sie an einem Roman über ein Haus in Berlin, in dem sich die Lebensläufe von Zuwanderern kreuzen. Nach Osteuropa reist sie aber nicht nur aus Recherchegründen – als Kanutin zieht es sie immer wieder auf die großen Flüsse, die Oder, die Memel, Moldau, Dnjepr und Ob.

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 Radioreportage 2012 Dirk Auer Mario Bandi Janko Hanushevsky

Falsche Heimat – Die Abschiebung der Roma in den Kosovo Straflager als Freiheitsstätte Karpaten Blues. Eine Spurensuche


 Radioreportage 2012 Dirk Auer Mario Bandi Janko Hanushevsky

Falsche Heimat – Die Abschiebung der Roma in den Kosovo Straflager als Freiheitsstätte Karpaten Blues. Eine Spurensuche


n-ost Reportagepreis 2012 • RADIO

n-ost Reportagepreis 2012 • RADIO

Radioreportage VOrjury

Radioreportage jury

Mareike Aden Freie Korrespondentin, Schwerpunkt: Russland / Ukraine / Belarus / Moskau

Marc Lehmann

Aneta Adamek

Sabine Adler

Osteuropa-Korrespondent des Schweizer Radios & Fernsehens SRF, Prag

stv. Programmchefin Radio „Fritz“ (rbb)

Leiterin Presse und Kommunikation, Deutscher Bundestag, ehem. Leiterin Hauptstadtstudio Deutschlandradio

Uwe Leuschner

Doris Liebermann

Geschäftsführer der ZAO Schenker Russia

Autorin und Journalistin

Jürgen Webermann

Marianne Wendt

Reporter NDR Info

freie Autorin und Regisseurin für Theater, Hörfunk und Film

Stephan Ozsváth Moderator & Korrespondent für ARD und n-ost, Schwerpunkt: Südosteuropa, Berlin, Budapest

Thilo Schmidt Freier Journalist und Autor, Lehrbeauftragter am Masterstudiengang Kulturjournalismus, Universität der Künste, Berlin

Hendrik Sittig rbb - Rundfunk Berlin-Brandenburg, Programmdirektion, Berlin

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Fotos: privat

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Radioreportage jury

Mareike Aden Freie Korrespondentin, Schwerpunkt: Russland / Ukraine / Belarus / Moskau

Marc Lehmann

Aneta Adamek

Sabine Adler

Osteuropa-Korrespondent des Schweizer Radios & Fernsehens SRF, Prag

stv. Programmchefin Radio „Fritz“ (rbb)

Leiterin Presse und Kommunikation, Deutscher Bundestag, ehem. Leiterin Hauptstadtstudio Deutschlandradio

Uwe Leuschner

Doris Liebermann

Geschäftsführer der ZAO Schenker Russia

Autorin und Journalistin

Jürgen Webermann

Marianne Wendt

Reporter NDR Info

freie Autorin und Regisseurin für Theater, Hörfunk und Film

Stephan Ozsváth Moderator & Korrespondent für ARD und n-ost, Schwerpunkt: Südosteuropa, Berlin, Budapest

Thilo Schmidt Freier Journalist und Autor, Lehrbeauftragter am Masterstudiengang Kulturjournalismus, Universität der Künste, Berlin

Hendrik Sittig rbb - Rundfunk Berlin-Brandenburg, Programmdirektion, Berlin

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Fotos: privat

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radioreportage PREISTRÄGER

Foto: Martin Schünke

n-ost Reportagepreis 2012 • RADIO

 falsche heimat Die Abschiebung der Roma in den Kosovo von Dirk Auer: Deutschlandfunk – das politische Feature 01.02.2011 | 45:00:00 Sechs Jahre lang hat Dirk Auer den Kosovo bereist: „Immer häufiger“, so erzählt er, „begegnete ich ihnen: Kinder und Jugendlichen, die eigentlich aus einem ganz anderen Land kommen. Ihre Muttersprache ist Deutsch, ihre Geburtsorte heißen Münster, Weinheim, Heek, Markgröningen. Ihr Trauma: Der Tag, an dem ‚sie‘ kamen. ‚Sie‘, das sind die ‚Transportkommandos‘ – so heißen sie tatsächlich – der Ausländerbehörde.“ Viele der abgeschobenen Familien sind Roma. In der „falschen Heimat“ Kosovo fehlt es ihnen oft am Notwendigsten: Es gibt keine Arbeit, kein Geld und keine Perspektive.

Dirk Auer Dirk Auer (*1970) lebt seit 2006 als freier Korrespondent in Sofia, von wo aus er über die verschiedenen Länder des Balkans berichtet. Davor lagen ein Studium der Politikwissenschaften und Soziologie in Oldenburg und Um den Radiobeitrag anzuhören, halten Sie Ihr Handy an den QR-Code

Das Feature können Sie sich anhören unter www.n-ost.org/radio_2012

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Bremen, eine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter, Lehraufträge und eine Promotion. Der Wunsch, nicht länger nur Texte über Texte schreiben zu wollen, führte ihn dann in den Journalismus. Und durch ein Recherchestipendium geriet er schließlich in eine Region, die ihn bis heute nicht loslässt. Seine Berichte, Reportagen und Features über politische und soziale Themen auf dem Balkan erscheinen vor allem im ARD-Hörfunk. 29


radioreportage PREISTRÄGER

Foto: Martin Schünke

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 falsche heimat Die Abschiebung der Roma in den Kosovo von Dirk Auer: Deutschlandfunk – das politische Feature 01.02.2011 | 45:00:00 Sechs Jahre lang hat Dirk Auer den Kosovo bereist: „Immer häufiger“, so erzählt er, „begegnete ich ihnen: Kinder und Jugendlichen, die eigentlich aus einem ganz anderen Land kommen. Ihre Muttersprache ist Deutsch, ihre Geburtsorte heißen Münster, Weinheim, Heek, Markgröningen. Ihr Trauma: Der Tag, an dem ‚sie‘ kamen. ‚Sie‘, das sind die ‚Transportkommandos‘ – so heißen sie tatsächlich – der Ausländerbehörde.“ Viele der abgeschobenen Familien sind Roma. In der „falschen Heimat“ Kosovo fehlt es ihnen oft am Notwendigsten: Es gibt keine Arbeit, kein Geld und keine Perspektive.

Dirk Auer Dirk Auer (*1970) lebt seit 2006 als freier Korrespondent in Sofia, von wo aus er über die verschiedenen Länder des Balkans berichtet. Davor lagen ein Studium der Politikwissenschaften und Soziologie in Oldenburg und Um den Radiobeitrag anzuhören, halten Sie Ihr Handy an den QR-Code

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Bremen, eine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter, Lehraufträge und eine Promotion. Der Wunsch, nicht länger nur Texte über Texte schreiben zu wollen, führte ihn dann in den Journalismus. Und durch ein Recherchestipendium geriet er schließlich in eine Region, die ihn bis heute nicht loslässt. Seine Berichte, Reportagen und Features über politische und soziale Themen auf dem Balkan erscheinen vor allem im ARD-Hörfunk. 29


Foto: privat

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radioreportage nominierter

 straflager als freiheitsstätte von mario bandi sr / deutschlandfunk dossier 15.04.2011 | 52:09:00

Der sowjetische „Archipel Gulag“ bestand aus tausenden Straflagern. Eines davon lag in Perm im Ural, wo Mario Bandi aufgewachsen ist. Heute ist es ein Museum. Bandi trifft ehemalige politische Häftlinge, den einstigen Aufseher, spricht mit Alten, die Stalin noch immer verehren, und mit jungen Künstlern und Besuchern. „Verstehst du“, sagt einer, „in Russland ist das Gefühl von Freiheit schon Protest. Wir müssen wissen, was falsch war. Wenn wir unsere Fehler nicht kennen, werden wir sie wieder machen.“

Mario Bandi Mario Bandi (*1963) ist in Perm im Ural geboren und hat am St. Petersburger (Leningrader) Konservatorium Musiktheaterregie studiert. Als Theaterregisseur war er in Moskau sowie in Dresden tätig, eine seiner Inszenierungen zu Schostakowitschs Kammeroper wurde an der Semperoper aufgeführt. Seit mehr als zehn Jahren Um den Radiobeitrag anzuhören, halten Sie Ihr Handy an den QR-Code

Das Feature können Sie sich anhören unter www.n-ost.org/radio_2012

30

arbeitet er in Berlin als freier Feature-Autor für Radio und TV. Sein Interessenschwerpunkt liegt auf kulturellen und politischen Themen, sozialen Problemen sowie den historischen Verbindungen zwischen Russland und Deutschland. Das besondere Objekt seiner Forschung und Berichterstattung ist allerdings die Mongolei. Mehrere Radiofeatures und auch ein Dokumentarfilm Bandis sind diesem Land gewidmet. 31


Foto: privat

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 straflager als freiheitsstätte von mario bandi sr / deutschlandfunk dossier 15.04.2011 | 52:09:00

Der sowjetische „Archipel Gulag“ bestand aus tausenden Straflagern. Eines davon lag in Perm im Ural, wo Mario Bandi aufgewachsen ist. Heute ist es ein Museum. Bandi trifft ehemalige politische Häftlinge, den einstigen Aufseher, spricht mit Alten, die Stalin noch immer verehren, und mit jungen Künstlern und Besuchern. „Verstehst du“, sagt einer, „in Russland ist das Gefühl von Freiheit schon Protest. Wir müssen wissen, was falsch war. Wenn wir unsere Fehler nicht kennen, werden wir sie wieder machen.“

Mario Bandi Mario Bandi (*1963) ist in Perm im Ural geboren und hat am St. Petersburger (Leningrader) Konservatorium Musiktheaterregie studiert. Als Theaterregisseur war er in Moskau sowie in Dresden tätig, eine seiner Inszenierungen zu Schostakowitschs Kammeroper wurde an der Semperoper aufgeführt. Seit mehr als zehn Jahren Um den Radiobeitrag anzuhören, halten Sie Ihr Handy an den QR-Code

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arbeitet er in Berlin als freier Feature-Autor für Radio und TV. Sein Interessenschwerpunkt liegt auf kulturellen und politischen Themen, sozialen Problemen sowie den historischen Verbindungen zwischen Russland und Deutschland. Das besondere Objekt seiner Forschung und Berichterstattung ist allerdings die Mongolei. Mehrere Radiofeatures und auch ein Dokumentarfilm Bandis sind diesem Land gewidmet. 31


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Foto: Jörg Küster

n-ost Reportagepreis 2012 • RADIO

 Karpaten Blues

Eine Spurensuche von Janko Hanushevsky: Deutschlandfunk – Das Feature 19.08.2011 | 49:42:00 „Ich war noch nie in der Ukraine, dem Land, in dem mein Großvater und mein Urgroßvater geboren wurden. Ich wurde in Österreich geboren und habe einen amerikanischen Reisepass. Mein Familienname ist die anglisierte Schreibweise eines ukrainischen Namens polnischen Ursprungs.“ Janko Hanushevksy begibt sich auf Spurensuche nach den Wurzeln seiner Familie. Den Hörer nimmt er mit auf seine Reise durch verschiedene Länder, Kontinente, Zeitalter und Generationen.

Janko Hanushevsky Janko Hanushevsky (*1978) ist in Linz/Österreich geboren. Nach seinem Jazzbassstudium am Konservatorium der Stadt Wien absolvierte er zahlreiche Konzerte in Deutschland, Österreich, Italien, Irland, Polen und der Schweiz. Seit 2001 beschäftigt er sich außerdem intensiv mit der Erforschung alternativer Klangerzeugung Um den Radiobeitrag anzuhören, halten Sie Ihr Handy an den QR-Code

Das Feature können Sie sich anhören unter www.n-ost.org/radio_2012

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am präparierten E-Bass und spielt seit 2002 im Duo Merzouga mit derComputermusikerin Eva Pöpplein. Seit 2009 arbeitet er zudem als Autor und Regisseur von Hörspielen und aufwendig produzierten Features (u.a. Deutschlandradio Kultur, Deutschlandfunk). Janko Hanushevsky lebt mit Frau und Tochter in Köln.

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 Karpaten Blues

Eine Spurensuche von Janko Hanushevsky: Deutschlandfunk – Das Feature 19.08.2011 | 49:42:00 „Ich war noch nie in der Ukraine, dem Land, in dem mein Großvater und mein Urgroßvater geboren wurden. Ich wurde in Österreich geboren und habe einen amerikanischen Reisepass. Mein Familienname ist die anglisierte Schreibweise eines ukrainischen Namens polnischen Ursprungs.“ Janko Hanushevksy begibt sich auf Spurensuche nach den Wurzeln seiner Familie. Den Hörer nimmt er mit auf seine Reise durch verschiedene Länder, Kontinente, Zeitalter und Generationen.

Janko Hanushevsky Janko Hanushevsky (*1978) ist in Linz/Österreich geboren. Nach seinem Jazzbassstudium am Konservatorium der Stadt Wien absolvierte er zahlreiche Konzerte in Deutschland, Österreich, Italien, Irland, Polen und der Schweiz. Seit 2001 beschäftigt er sich außerdem intensiv mit der Erforschung alternativer Klangerzeugung Um den Radiobeitrag anzuhören, halten Sie Ihr Handy an den QR-Code

Das Feature können Sie sich anhören unter www.n-ost.org/radio_2012

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am präparierten E-Bass und spielt seit 2002 im Duo Merzouga mit derComputermusikerin Eva Pöpplein. Seit 2009 arbeitet er zudem als Autor und Regisseur von Hörspielen und aufwendig produzierten Features (u.a. Deutschlandradio Kultur, Deutschlandfunk). Janko Hanushevsky lebt mit Frau und Tochter in Köln.

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Fotoreportage Audioslideshow 2012 Andrea Diefenbach Rob Hornstra Anastasia Taylor-Lind

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Land ohne Eltern | Palast der Proletarier | Die sibirische SchĂśnheit

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Fotoreportage Audioslideshow 2012 Andrea Diefenbach Rob Hornstra Anastasia Taylor-Lind

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Land ohne Eltern | Palast der Proletarier | Die sibirische SchĂśnheit

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n-ost Reportagepreis 2012 • FOTO

Fotos: privat (5), Mathias Bothor (1)

FOtoreportage / Audioslideshow jury

Prof. Lars Bauernschmitt

Michael Hauri

Studiengang Fotojournalismus und Dokumentarfotografie, FH Hannover / Editor in Chief der Agentur imagetrust

Fotograf und Multimediaproducer, 2470media

Felix Hoffmann

Pepa Hristova

Hauptkurator C/O Berlin

Freie Fotografin

Barbara Stauss

Michael Trippel

Bildchefin bei der Zeitschrift mare

Fotoreporter

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n-ost Reportagepreis 2012 • FOTO

Fotos: privat (5), Mathias Bothor (1)

FOtoreportage / Audioslideshow jury

Prof. Lars Bauernschmitt

Michael Hauri

Studiengang Fotojournalismus und Dokumentarfotografie, FH Hannover / Editor in Chief der Agentur imagetrust

Fotograf und Multimediaproducer, 2470media

Felix Hoffmann

Pepa Hristova

Hauptkurator C/O Berlin

Freie Fotografin

Barbara Stauss

Michael Trippel

Bildchefin bei der Zeitschrift mare

Fotoreporter

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fotoreportage PREISTRÄGERIN

Foto: Heinrich Völkel

n-ost Reportagepreis 2012 • FOTO

Land ohne eltern Von Andrea diefenbach Geo, Februar 2011 Sie sind auf sich allein gestellt, backen Brot, fangen Fisch, versorgen das Vieh – und oft auch ihre kleinen Geschwister. In der Republik Moldau wachsen Zehntausende Kinder ohne Eltern auf. Ihre Mütter und Väter haben das Land verlassen, um anderswo Arbeit zu finden.

Andrea Diefenbach Andrea Diefenbach hat 2006 ihr Studium mit der Serie „AIDS in Odessa“ an der Fachhochschule Bielefeld beendet. Die Arbeit wurde bei der Plat(t)form 2007 des Fotomuseums Winterthur ausgewählt und ehrenvoll erwähnt, gewann den Wüstenrot Dokumentar Förderpreis 2007/2008 und wurde 2008 als Buch bei Hatje Cantz veröffentlicht. Es folgten Einzel- und Gruppenausstellungen, u.a. in Hamburg, Mannheim und New York. Andrea Diefenbach arbeitet für diverse Magazine, sowie 2009 und 2010 als Artist in Residence auf Einladung des Goethe Instituts Sarajevo. 2010 wurde sie mit der Serie „Land ohne Eltern“ für die Ausstellung MOVING WALLS 18 des Open Society Institute in New York ausgewählt, sowie Finalist beim W. Eugene Smith Award.

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fotoreportage PREISTRÄGERIN

Foto: Heinrich Völkel

n-ost Reportagepreis 2012 • FOTO

Land ohne eltern Von Andrea diefenbach Geo, Februar 2011 Sie sind auf sich allein gestellt, backen Brot, fangen Fisch, versorgen das Vieh – und oft auch ihre kleinen Geschwister. In der Republik Moldau wachsen Zehntausende Kinder ohne Eltern auf. Ihre Mütter und Väter haben das Land verlassen, um anderswo Arbeit zu finden.

Andrea Diefenbach Andrea Diefenbach hat 2006 ihr Studium mit der Serie „AIDS in Odessa“ an der Fachhochschule Bielefeld beendet. Die Arbeit wurde bei der Plat(t)form 2007 des Fotomuseums Winterthur ausgewählt und ehrenvoll erwähnt, gewann den Wüstenrot Dokumentar Förderpreis 2007/2008 und wurde 2008 als Buch bei Hatje Cantz veröffentlicht. Es folgten Einzel- und Gruppenausstellungen, u.a. in Hamburg, Mannheim und New York. Andrea Diefenbach arbeitet für diverse Magazine, sowie 2009 und 2010 als Artist in Residence auf Einladung des Goethe Instituts Sarajevo. 2010 wurde sie mit der Serie „Land ohne Eltern“ für die Ausstellung MOVING WALLS 18 des Open Society Institute in New York ausgewählt, sowie Finalist beim W. Eugene Smith Award.

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In der Republik Moldau wachsen Zehntausende Kinder ohne ihre Eltern auf. Diese sehen keine andere MĂśglichkeit als im Ausland zu arbeiten, um Geld fĂźr die Familie zu verdienen.


In der Republik Moldau wachsen Zehntausende Kinder ohne ihre Eltern auf. Diese sehen keine andere MĂśglichkeit als im Ausland zu arbeiten, um Geld fĂźr die Familie zu verdienen.


n-ost Reportagepreis 2012 • FOTO

Olga, Sabrina und Carolina (13, 11 und 8) sind seit 2007 auf sich gestellt. Der Vater ist verschwunden. Die Mutter arbeitet illegal als Altenpflegerin in Italien, damit die Familie Geld zum Leben hat.

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n-ost Reportagepreis 2012 • FOTO

Olga, Sabrina und Carolina (13, 11 und 8) sind seit 2007 auf sich gestellt. Der Vater ist verschwunden. Die Mutter arbeitet illegal als Altenpflegerin in Italien, damit die Familie Geld zum Leben hat.

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n-ost Reportagepreis 2012 • FOTO

n-ost Reportagepreis 2012 • FOTO

Die Eltern von Arhib (5) arbeiten als Erntehelfer in Italien. Sie wollen sich mit dem dort verdienten Geld ein Haus in ihrer Heimat bauen.

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n-ost Reportagepreis 2012 • FOTO

n-ost Reportagepreis 2012 • FOTO

Die Eltern von Arhib (5) arbeiten als Erntehelfer in Italien. Sie wollen sich mit dem dort verdienten Geld ein Haus in ihrer Heimat bauen.

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n-ost Reportagepreis 2012 • FOTO

Slawik hat seine Mutter seit 2004 nicht mehr gesehen. Sie arbeitet wie viele illegal als Putzfrau in Italien. Slawik wohnt bei seiner Tante, wo er sich fremd fühlt. Auszüge aus der Bildstrecke „Land ohne Eltern“ – Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Andrea Diefenbach und Geo.

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n-ost Reportagepreis 2012 • FOTO

Slawik hat seine Mutter seit 2004 nicht mehr gesehen. Sie arbeitet wie viele illegal als Putzfrau in Italien. Slawik wohnt bei seiner Tante, wo er sich fremd fühlt. Auszüge aus der Bildstrecke „Land ohne Eltern“ – Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Andrea Diefenbach und Geo.

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fotoreportage nominierter

Foto: Marieke Wijntjes

n-ost Reportagepreis 2012 • FOTO

palast der proletarier Von rob hornstra Mare, Oktober 2011 Die Heilanstalt „Metallurg“ am Schwarzen Meer war der Stolz der sowjetischen Erholungsindustrie. Zum Wohl der Heimat kamen dort müde Stahlarbeiter wieder zu Kräften. Und heute?

Rob Hornstra Rob Hornstra (*1975) ist ein niederländischer Dokumentarfotograf und Herausgeber. 2009 hat er zusammen mit dem Schriftsteller und Filmemacher Arnold van Bruggen das „Sochi Project“ ins Leben gerufen. Über fünf Jahre dokumentiert das Projekt die Gegend um das russische Sotschi, wo die Olympischen Winterspiele 2014 stattfinden werden. Hornstra ist außerdem Gründer und ehemaliger künstlerischer Direktor von FOTODOK – Space for Documentary Photography. Vertreten wird Hornstra von der Flatland Gallery und dem Institute for Artist Management.

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fotoreportage nominierter

Foto: Marieke Wijntjes

n-ost Reportagepreis 2012 • FOTO

palast der proletarier Von rob hornstra Mare, Oktober 2011 Die Heilanstalt „Metallurg“ am Schwarzen Meer war der Stolz der sowjetischen Erholungsindustrie. Zum Wohl der Heimat kamen dort müde Stahlarbeiter wieder zu Kräften. Und heute?

Rob Hornstra Rob Hornstra (*1975) ist ein niederländischer Dokumentarfotograf und Herausgeber. 2009 hat er zusammen mit dem Schriftsteller und Filmemacher Arnold van Bruggen das „Sochi Project“ ins Leben gerufen. Über fünf Jahre dokumentiert das Projekt die Gegend um das russische Sotschi, wo die Olympischen Winterspiele 2014 stattfinden werden. Hornstra ist außerdem Gründer und ehemaliger künstlerischer Direktor von FOTODOK – Space for Documentary Photography. Vertreten wird Hornstra von der Flatland Gallery und dem Institute for Artist Management.

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n-ost Reportagepreis 2012 • FOTO

Zu Sowjetzeiten erholten sich in den Kurhotels am Schwarzen Meer erschöpfte Arbeiter. Ein Besuch in der Heilanstalt „Metallurg“ in Sotschi.

Auszüge aus der Bildstrecke „Palast der Proletarier“ – Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Rob Hornstra, Mare und der Agentur INSTITUTE.

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n-ost Reportagepreis 2012 • FOTO

Zu Sowjetzeiten erholten sich in den Kurhotels am Schwarzen Meer erschöpfte Arbeiter. Ein Besuch in der Heilanstalt „Metallurg“ in Sotschi.

Auszüge aus der Bildstrecke „Palast der Proletarier“ – Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Rob Hornstra, Mare und der Agentur INSTITUTE.

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Foto: privat

n-ost Reportagepreis 2012 • FOTO

fotoreportage nominierte

Die sibirische Schönheit Von Anastasia Taylor-Lind Geo, Dezember 2011 Tausende Mädchen aus den Städten Sibiriens träumen davon, als Topmodel die Mode-Metropolen des Westens zu erobern. Die Fotografin Anastasia Taylor-Lind hat einige von ihnen ein Stück auf ihrem Weg begleitet.

Anastasia Taylor-Lind Anastasia Taylor-Lind (*1981) ist eine englisch-schwedische Dokumentarfotografin und Mitglied der Fotoagentur VII. Sie lebt in London und arbeitet für internationale Magazine wie Geo Deutschland, The Telegraph Magazine, The Observer Magazine, The Sunday Times Magazine, Marie Claire, Elle France, Newsweek, Time and The New York Times. Ihre Arbeiten wurden international ausgestellt, u.a. in The Saatchi Gallery, The Frontline Club, The National Portrait Gallery in London, Fovea Exhibitions in New York und der Pikto Gallery in Toronto. Sie hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, u.a. den Canon Young Photographer Award 2010.

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Foto: privat

n-ost Reportagepreis 2012 • FOTO

fotoreportage nominierte

Die sibirische Schönheit Von Anastasia Taylor-Lind Geo, Dezember 2011 Tausende Mädchen aus den Städten Sibiriens träumen davon, als Topmodel die Mode-Metropolen des Westens zu erobern. Die Fotografin Anastasia Taylor-Lind hat einige von ihnen ein Stück auf ihrem Weg begleitet.

Anastasia Taylor-Lind Anastasia Taylor-Lind (*1981) ist eine englisch-schwedische Dokumentarfotografin und Mitglied der Fotoagentur VII. Sie lebt in London und arbeitet für internationale Magazine wie Geo Deutschland, The Telegraph Magazine, The Observer Magazine, The Sunday Times Magazine, Marie Claire, Elle France, Newsweek, Time and The New York Times. Ihre Arbeiten wurden international ausgestellt, u.a. in The Saatchi Gallery, The Frontline Club, The National Portrait Gallery in London, Fovea Exhibitions in New York und der Pikto Gallery in Toronto. Sie hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, u.a. den Canon Young Photographer Award 2010.

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n-ost Reportagepreis 2012 • FOTO

Internationale Agenten sind in Sibirien auf der Suche nach Mädchen, die als Model arbeiten wollen. Die Frauen sind auf dem Markt wegen ihrer interessanten Gesichter zunehmend gefragt (hier Marta Schukowa aus Nowosibirsk).

Auszüge aus der Bildstrecke „Die sibirische Schönheit“ – Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Anastasia Taylor-Lind und Geo.

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n-ost Reportagepreis 2012 • FOTO

Internationale Agenten sind in Sibirien auf der Suche nach Mädchen, die als Model arbeiten wollen. Die Frauen sind auf dem Markt wegen ihrer interessanten Gesichter zunehmend gefragt (hier Marta Schukowa aus Nowosibirsk).

Auszüge aus der Bildstrecke „Die sibirische Schönheit“ – Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Anastasia Taylor-Lind und Geo.

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n-ost Reportagepreis 2012 • FÖRDERER

Die METRO GROUP zählt zu den bedeutendsten internationalen Handelsunternehmen. Sie erzielte im Jahr 2011 einen Umsatz von rund 67 Mrd. Euro. Das Unternehmen ist in 33 Ländern an rund 2.200 Standorten tätig und beschäftigt über 280.000 Mitarbeiter. Die Leistungsfähigkeit der METRO GROUP basiert auf der Stärke ihrer Vertriebsmarken, die selbstständig am Markt agieren: Metro/Makro Cash & Carry – international führend im Selbstbedienungsgroßhandel, Real-SB-Warenhäuser, Media Markt und Saturn – europäischer Marktführer im Bereich Elektrofachmärkte, sowie Galeria Kaufhof Warenhäuser.

n-ost Reportagepreis 2012 • FÖRDERER

Die Robert Bosch Stiftung ist eine der großen unternehmensverbundenen Stiftungen in Deutschland. Ihr gehören 92 Prozent des Stammkapitals der Robert Bosch GmbH. Sie wurde 1964 gegründet und setzt die gemeinnützigen Bestrebungen des Firmengründers und Stifters Robert Bosch (1861-1942) fort. Die Stiftung konzentriert sich in ihrer Arbeit auf die Bereiche Völkerverständigung, Wissenschaft, Gesundheit, Bildung, Gesellschaft und Kultur. Von 1964 bis 2011 gab die Stiftung 1,1 Milliarden Euro für die Förderung aus. Im Jahr 2011 wurden rund 68 Millionen Euro bewilligt. www.bosch-stiftung.de

Osteuropa ist eine der Kernwachstumsregionen für den Konzern. In der Region Osteuropa waren die Vertriebslinien der METRO GROUP 2011 mit rund 530 Standorten vertreten und erwirtschafteten einen Umsatz von 17 Mrd. Euro. www.metrogroup.de

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n-ost Reportagepreis 2012 • FÖRDERER

Die METRO GROUP zählt zu den bedeutendsten internationalen Handelsunternehmen. Sie erzielte im Jahr 2011 einen Umsatz von rund 67 Mrd. Euro. Das Unternehmen ist in 33 Ländern an rund 2.200 Standorten tätig und beschäftigt über 280.000 Mitarbeiter. Die Leistungsfähigkeit der METRO GROUP basiert auf der Stärke ihrer Vertriebsmarken, die selbstständig am Markt agieren: Metro/Makro Cash & Carry – international führend im Selbstbedienungsgroßhandel, Real-SB-Warenhäuser, Media Markt und Saturn – europäischer Marktführer im Bereich Elektrofachmärkte, sowie Galeria Kaufhof Warenhäuser.

n-ost Reportagepreis 2012 • FÖRDERER

Die Robert Bosch Stiftung ist eine der großen unternehmensverbundenen Stiftungen in Deutschland. Ihr gehören 92 Prozent des Stammkapitals der Robert Bosch GmbH. Sie wurde 1964 gegründet und setzt die gemeinnützigen Bestrebungen des Firmengründers und Stifters Robert Bosch (1861-1942) fort. Die Stiftung konzentriert sich in ihrer Arbeit auf die Bereiche Völkerverständigung, Wissenschaft, Gesundheit, Bildung, Gesellschaft und Kultur. Von 1964 bis 2011 gab die Stiftung 1,1 Milliarden Euro für die Förderung aus. Im Jahr 2011 wurden rund 68 Millionen Euro bewilligt. www.bosch-stiftung.de

Osteuropa ist eine der Kernwachstumsregionen für den Konzern. In der Region Osteuropa waren die Vertriebslinien der METRO GROUP 2011 mit rund 530 Standorten vertreten und erwirtschafteten einen Umsatz von 17 Mrd. Euro. www.metrogroup.de

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n-ost Reportagepreis 2012

n-ost Reportagepreis 2012 • SHORTLIST

n-ost-REPORTAGEPREIS 2012 Qualität im Journalismus möglich machen: n-ost bringt Journalisten, Osteuropa-Experten und Medieninitiativen aus über 40 Ländern zusam- n-ost stärkt den Qualitätsjournalismus und rechermen. Seine Mitglieder verbindet ein europäischer cheaufwändige Formate wie Reportagen, indem es Blick und das Interesse, die Berichterstattung aus Journalistenreisen organisiert, Stipendien vergibt und jährlich den n-ost-Reportagepreis verleiht. Osteuropa zu stärken. Journalisten vernetzen und weiterbilden: Gemeinsam stärker: Die Mitglieder des Netzwerks setzen sich ein gegen n-ost bietet Journalisten in Ost und West Trainings, wirtschaftliche, gesellschaftliche oder politische Ein- Vernetzung und Recherchemöglichkeiten an – etwa schränkungen journalistischer Arbeit. Gemeinsam im Rahmen der n-ost-Medienkonferenz, die jährlich haben sie die Möglichkeit, auf eine faire Vergütung in wechselnden osteuropäischen Städten stattfindet. hinzuwirken, zusätzliche Ressourcen für aufwändi- (>>> www.legalleaks.info) ge Recherchen zu erschließen und sich gegenseitig Für unabhängigen Auslandsjournalismus: zu qualifizieren. Mit medienpolitischen Veranstaltungen, PublikatiNeue Bilder, Texte und Töne aus Osteuropa: onen und Stellungnahmen engagiert sich n-ost für Mit seinem Artikel- und Radiodienst beliefert n-ost einen aufgeklärten Auslandsjournalismus. Zeitungen und Hörfunkanstalten, Stiftungen und Unternehmen. Dabei setzt n-ost Akzente in der Ost- www.n-ost.org europa-Berichterstattung: kritisch, differenziert und nah dran. (>>> www.ostpol.de) Zeigen, worüber Europa spricht: Täglich bietet n-ost in drei Sprachen einen Überblick über die Kommentarspalten der europäischen Presse – mit der Presseschau euro|topics, die n-ost im Auftrag der Bundeszentrale für politische Bildung produziert. (>>> www.eurotopics.net)

Shortlist / Nominierungen aus 63 eingereichten TEXTREPORTAGEN: *NICOLA ABÉ: Endstation Bahnhof Zoo, Neon, 18.07.2011. (*NOMINIERT) MAIK BRANDENBURG: Die Strandburg, Mare, Feb/März‘11. *ANITA BLASBERG: Eine Überdosis Hoffnung, Die Zeit, 05.05.2011. (*PREISTRÄGERIN) STEVEN GEYER: Leben in der Todeszone, Frankfurter Rundschau, 26.04.2011. *MERLE HILBK: Nach dem Gau, NZZ Folio, April 2011. (*NOMINIERT) ERWIN KOCH: Ein Junge wartet auf den Tod, Süddeutsche Zeitung Magazin, 16.11.2011. PHILIPP LICHTERBECK: Der Fluch des Goldes, Der Tagesspiegel, 14.10.2011. KONRAD SCHULLER: Wir verstecken die Kuh und bleiben, FAZ, 23.04.2011. EMILIA SMECHOWSKI: Sehnsucht, Endstation, Sonntaz, 30.04.2011. SÖREN URBANSKY: Am Amur, wie ein Fisch im Wasser, Neue Zürcher Zeitung, 18.04.2011.

Shortlist / Nominierungen aus 42 eingereichten RADIOREPORTAGEN: *DIRK AUER: Falsche Heimat – Die Abschiebung der Roma in den Kosovo, Deutschlandfunk – Das politische Feature, 01.02.2011 (45:00). (*PREISTRÄGER) *MARIO BANDI: Straflager als Freiheitsstätte, Saarländischer Rundfunk/Deutschlandfunk Dossier, 15.04.2011 (52:09). (*NOMINIERT) JENS BROMMANN: Frei…zügig… billig?, NDR Info, 01.05.2011 (53:59). *JANKO HANUSHEVSKY: Karpaten Blues. Eine Spurensuche, Deutschlandfunk – Das Feature, 19.08.2011 (49:42). (*NOMINIERT) ULRICH HUFEN: Zwischen Moskau und Mekka. Russische Muslime jenseits des Terrors, WDR 3, Kulturfeature, 23.04.2011 (52:23). JADWIGA KORTE: Drei Lieben in Polen - Ludwig Zimmerer: Journalist - Sammler - Träumer, DLF/ NDR Info, 04.12.2011 (53:56). MARKUS MÜLLER-SCHINWALD: Tschetschenien: Heimkehr in das Reich des Ramsan Kadyrow?, ORF, Ö1, „Journal Panorama“, 31.05.2011 (30:00). ACHIM NUHR: Das atomare Vermächtnis der Nordmeer-Politik, SWR2 (Produktion hr2 Kultur), 22.06.2011 (51:54). JULIA SOLOVIEVA: Um Himmels Willen! Finden Sie dieses Lied! Die Reise nach Kabardinka, NDR Info, 08.05.2011 (53:47).

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n-ost Reportagepreis 2012

n-ost Reportagepreis 2012 • SHORTLIST

n-ost-REPORTAGEPREIS 2012 Qualität im Journalismus möglich machen: n-ost bringt Journalisten, Osteuropa-Experten und Medieninitiativen aus über 40 Ländern zusam- n-ost stärkt den Qualitätsjournalismus und rechermen. Seine Mitglieder verbindet ein europäischer cheaufwändige Formate wie Reportagen, indem es Blick und das Interesse, die Berichterstattung aus Journalistenreisen organisiert, Stipendien vergibt und jährlich den n-ost-Reportagepreis verleiht. Osteuropa zu stärken. Journalisten vernetzen und weiterbilden: Gemeinsam stärker: Die Mitglieder des Netzwerks setzen sich ein gegen n-ost bietet Journalisten in Ost und West Trainings, wirtschaftliche, gesellschaftliche oder politische Ein- Vernetzung und Recherchemöglichkeiten an – etwa schränkungen journalistischer Arbeit. Gemeinsam im Rahmen der n-ost-Medienkonferenz, die jährlich haben sie die Möglichkeit, auf eine faire Vergütung in wechselnden osteuropäischen Städten stattfindet. hinzuwirken, zusätzliche Ressourcen für aufwändi- (>>> www.legalleaks.info) ge Recherchen zu erschließen und sich gegenseitig Für unabhängigen Auslandsjournalismus: zu qualifizieren. Mit medienpolitischen Veranstaltungen, PublikatiNeue Bilder, Texte und Töne aus Osteuropa: onen und Stellungnahmen engagiert sich n-ost für Mit seinem Artikel- und Radiodienst beliefert n-ost einen aufgeklärten Auslandsjournalismus. Zeitungen und Hörfunkanstalten, Stiftungen und Unternehmen. Dabei setzt n-ost Akzente in der Ost- www.n-ost.org europa-Berichterstattung: kritisch, differenziert und nah dran. (>>> www.ostpol.de) Zeigen, worüber Europa spricht: Täglich bietet n-ost in drei Sprachen einen Überblick über die Kommentarspalten der europäischen Presse – mit der Presseschau euro|topics, die n-ost im Auftrag der Bundeszentrale für politische Bildung produziert. (>>> www.eurotopics.net)

Shortlist / Nominierungen aus 63 eingereichten TEXTREPORTAGEN: *NICOLA ABÉ: Endstation Bahnhof Zoo, Neon, 18.07.2011. (*NOMINIERT) MAIK BRANDENBURG: Die Strandburg, Mare, Feb/März‘11. *ANITA BLASBERG: Eine Überdosis Hoffnung, Die Zeit, 05.05.2011. (*PREISTRÄGERIN) STEVEN GEYER: Leben in der Todeszone, Frankfurter Rundschau, 26.04.2011. *MERLE HILBK: Nach dem Gau, NZZ Folio, April 2011. (*NOMINIERT) ERWIN KOCH: Ein Junge wartet auf den Tod, Süddeutsche Zeitung Magazin, 16.11.2011. PHILIPP LICHTERBECK: Der Fluch des Goldes, Der Tagesspiegel, 14.10.2011. KONRAD SCHULLER: Wir verstecken die Kuh und bleiben, FAZ, 23.04.2011. EMILIA SMECHOWSKI: Sehnsucht, Endstation, Sonntaz, 30.04.2011. SÖREN URBANSKY: Am Amur, wie ein Fisch im Wasser, Neue Zürcher Zeitung, 18.04.2011.

Shortlist / Nominierungen aus 42 eingereichten RADIOREPORTAGEN: *DIRK AUER: Falsche Heimat – Die Abschiebung der Roma in den Kosovo, Deutschlandfunk – Das politische Feature, 01.02.2011 (45:00). (*PREISTRÄGER) *MARIO BANDI: Straflager als Freiheitsstätte, Saarländischer Rundfunk/Deutschlandfunk Dossier, 15.04.2011 (52:09). (*NOMINIERT) JENS BROMMANN: Frei…zügig… billig?, NDR Info, 01.05.2011 (53:59). *JANKO HANUSHEVSKY: Karpaten Blues. Eine Spurensuche, Deutschlandfunk – Das Feature, 19.08.2011 (49:42). (*NOMINIERT) ULRICH HUFEN: Zwischen Moskau und Mekka. Russische Muslime jenseits des Terrors, WDR 3, Kulturfeature, 23.04.2011 (52:23). JADWIGA KORTE: Drei Lieben in Polen - Ludwig Zimmerer: Journalist - Sammler - Träumer, DLF/ NDR Info, 04.12.2011 (53:56). MARKUS MÜLLER-SCHINWALD: Tschetschenien: Heimkehr in das Reich des Ramsan Kadyrow?, ORF, Ö1, „Journal Panorama“, 31.05.2011 (30:00). ACHIM NUHR: Das atomare Vermächtnis der Nordmeer-Politik, SWR2 (Produktion hr2 Kultur), 22.06.2011 (51:54). JULIA SOLOVIEVA: Um Himmels Willen! Finden Sie dieses Lied! Die Reise nach Kabardinka, NDR Info, 08.05.2011 (53:47).

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Impressum Herausgeber: n-ost Netzwerk für Osteuropa-Berichterstattung Neuenburger Str. 17 10969 Berlin Tel + 49-30-259 3283 0 Fax + 49-30-259 3283 24 Internet: www.n-ost.org Verantwortlich für den Inhalt: Christina Hebel, 1. Vorsitzende Hanno Gundert, Geschäftsführer Projektleitung: Tamina Kutscher Stefan Günther Artdirektion und Design: Armen Vanetsyan www.cargocollective.com/avd Druck: print24 © n-ost Juni 2012

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n-ost REPORTAGE PREIS 2012

n-ost- reportagepreis 2012

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