KULTUR
MITTWOCH
Beschwerde gegen Amazon Börsenverein: Verlage werden „erpresst“ FRANKFURT 쐍 Im Streit um die Marktmacht von Amazon hat der Börsenverein des Deutschen Buchhandels gegen den Online-Händler Beschwerde beim Bundeskartellamt eingereicht. Nach Angaben des Verbands verzögert Amazon seit Anfang Mai die Auslieferung von gedruckten Büchern der Verlagsgruppe Bonnier (Ullstein, Piper, Carlsen), um höhere Rabatte beim Einkauf von E-Books zu erzwingen. „Wir fordern das Bundeskartellamt auf, seine Untersuchungen aufzunehmen und das Vorgehen von Amazon zu unterbinden“, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, Alexander Skipis, gestern in Frankfurt. Schon seit Wochen wirft die Dachorganisation der deutschen Buchbranche dem Online-Händler im Kampf um den E-Book-Markt „Erpressung“ vor. Amazon verlange statt derzeit rund 30 Prozent eine Erhöhung der Rabatte auf 40 bis 50 Prozent. Nach Medienberichten gibt es einen ähnlichen Konflikt in den USA mit der Verlagsgruppe Hachette. 쐍 dpa
Bartoli sagt in Dortmund ab DORTMUND 쐍 Cecilia Bartoli wird weder am Freitag noch am Sonntag im Konzerthaus Dortmund auftreten. Aus Krankheitsgründen hat die Starsopranistin gestern die beiden konzertanten Aufführungen von Gioachino Rossinis „L’Italiana in Algeri“ abgesagt, deshalb fallen beide Termine aus. 쐍 WA Kartenpreis wird erstattet. Tel. 0231 / 22 696 200
KURZ NOTIERT In Bonn rückt der Bau eines Beethoven-Festspielhauses näher: Die Stadt hat ein Grundstück am Rheinufer frei gegeben. Die Deutsche Post will als Geldgeber jetzt Architekten suchen. In Wien klagt seit gestern ExIntendant Matthias Hartmann (50) zwei Millionen Euro vom Burgtheater ein. Er fordert unter anderem ausstehendes Gehalt. Ihm wird vorgeworfen, die finanzielle Schieflage des Hauses verschleiert zu haben. Der Prozess könnte Jahre dauern. Kinderbuchautor Eric Carle wird heute 85 Jahre alt. Insgsamt legte der US-Amerikaner rund 70 Bücher vor; ein Weltbestseller wurde „Die kleine Raupe nimmersatt“ mit rund 30 Millionen verkauften Exemplaren.
TAGESTIPP
Strawinsky-Oper in Münster Eine Moritat erzählt Igor Strawinskys Oper „The Rake’s Progress (Die Laufbahn eines Wüstlings)“ aus dem Jahr 1951: Es scheint, als würden Tom Rakewell alle Wünsche erfüllt, doch statt Reichtum, Freiheit und großer Taten beginnt ein großes Scheitern. Ulrich Peters inszeniert in Münster. Die Musik lehnt sich an Monteverdi, Mozart und Verdi an und ist unbedingt hörenswert. 19.30 Uhr, Städtische Bühnen Münster, Tel. 0251/5909100; www.theater-muenster.com
25. JUNI 2014
Neuer Rahmen für Vermeer Das Mauritshuis in Den Haag hat jetzt mehr Platz für die Alten Meister
72 Überlebende Video-Projekt zum Holocaust abgeschlossen Von Caroline Bock
Von Ralf Stiftel DEN HAAG 쐍 Weit ist das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge gereist, nach Japan und durch die USA. 2,2 Millionen Menschen sahen Johannes Vermeers Gemälde auf der Welttournee in den zwei Jahren, in denen die Heimat des Werks, das Mauritshuis in Den Haag, geschlossen war. Am Freitag eröffnet der niederländische König WillemAlexander die Königliche Gemäldegalerie neu. Sie wurde umfassend renoviert und um einen kompletten Flügel erweitert. Es war zu eng in dem Museum, das zwar mit rund 800 Gemälden relativ klein ist, aber wegen der Qualität seiner Meisterwerke auf Augenhöhe mit den großen Häusern der Welt steht, mit dem Rijksmuseum Amsterdam, der National Gallery in London und dem Louvre in Paris. Hier hängen ausschließlich Alte Meister, bis auf wenige Ausnahmen wie Hans Holbein stammen die Bilder aus Flandern und den Niederlanden. Viele Werke kennt die Welt wie Vermeers „Ansicht der Stadt Delft“, den „Stier“ von Paulus Potter, Rembrandts Selbstporträt und seine „Anatomie des Dr. Tulp“. All das lockte jährlich 200 000 Kunstfreunde in das Mauritshuis. Es sollen mehr werden, viel mehr. Mit rund 250 000 rechnet Direktorin Emilie E.S. Gordenker nun, nach dem Umbau. Und der war alles andere als einfach, handelt es sich bei dem einstigen Stadtpalast von Johan Maurits von Nassau-Siegen (1604–1679) doch um ein historisches Bauwerk unter Denkmalsschutz. Zudem liegt es direkt neben dem Binnenhof, Sitz des Parlaments und der Ort, wo der König die Regierungserklärung abgibt. Hier musste ständig die Zufahrt frei bleiben, so dass kein Platz für eine Baustelle war. Und auch der Art-DecoBau auf der anderen Straßenseite, der den neuen Flügel beherbergt, steht unter Denkmalschutz. Architekt Hans van Heeswijk löste die Herausforderungen, indem er den Eingangsbereich über einen gläsernen Abgang vor dem Museum unter die Erde verlegt. Der Vorhof und die Straße zwischen den Häusern wurden ausgeschachtet. Es entstand ein lichtes SouterrainFoyer, in dem sich der Besucher viel willkommener fühlt als im schmalen DienstbotenZugang an der Seite wie früher. Der runde Fahrstuhl vom Vorplatz ist vollkommen aus Glas, ohne Stahlgerüst. Die Nutzfläche wurde fast verdoppelt von 3400 auf 6400 Quadratmeter. Im neuen Flügel gibt es einen Wechselausstellungsraum. Früher mussten für Ausstellungen stets Werke der Sammlung ins Depot. Man hat jetzt einen Vorttragsraum und eine geräumige Brasserie. 30 Millionen Euro kostete der Umbau. Und Gordenker verkündet stolz, man sei „on time and on budget“ fertig geworden, pünktlich und im Kostenrahmen. Trotz so vieler Neuerungen solle das Mauritshuis der „Schmuckkasten“ bleiben, als den es die Besucher schätzen, sagt Direktorin Gordenker. Zwar wurden die Fenster und die Sicherheitstechnik auf den aktuellen Stand gebracht. Zwar wurden die Seidenwandbehänge erneuert, im oberen Stockwerk bei den Niederländern in Blau. Aber man soll das Haus wiedererkennen. Der Charme, die Intimität sollen erhalten bleiben. Darum findet man im oberen Flur auch noch die dichte Hängung von Gemälden übereinander, mehr wie eine Tapete als wie eine Museumspräsentation. Und auch der „Goldene Raum“ mit den mo-
BERLIN 쐍 Yehuda Bacon wollte sich als Kind alles genau merken, was er in Auschwitz erlebte. Ihm half, dass er zeichnen konnte. Seine Bilder waren später Beweismittel in Gerichtsprozessen wie 1961 gegen Adolf Eichmann. Heute ist Bacon 84 Jahre alt, sein Geist ist wach, sein Deutsch geschliffen klar. Er sieht es als seine Pflicht, als Holocaust-Überlebender zu sprechen, die Erinnerung wach zu halten. „Das war für mich eine Möglichkeit, meinem Leben einen Sinn zu geben“, sagt er in Berlin. Bacon stammt aus Mährisch-Ostrau und lebt heute in Israel. Der Künstler ist einer von 72 Menschen, die im neuen, nach sieben Jahren abgeschlossenen Video-Projekt „Sprechen trotz allem“ zu Wort kommen. Die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas zeigt die Interviews im Internet und im Ausstellungsraum unterhalb des Mahnmals nahe dem Brandenburger Tor. Die meisten Gesprächspartner kommen aus jüdischen Gemeinden in Mittel- und Osteuropa. Das deutsche Publikum kennt bei Orten wie Breslau und Königsberg sonst eher die andere Seite – die Familiengeschichten über Flucht und Vertreibung aus Schlesien und Ostpreußen. Die Befragten waren zum Zeitpunkt der Gespräche zwischen 69 und 98 Jahren alt. Ein Blick wie durch ein Fenster: Das „Mädchen mit dem Perlenohrgehänge“ (ca. 1665) wird im Mau- Bis in die Details kann man online in den Gesprächen ritshuis in einem neuen Rahmen gezeigt. 쐍 Fotos: Stiftel nach Begriffen oder Namen suchen. Ein Drittel habe noch nie so ausführlich vor der Kamera über sein Leben gesproEines der weltweit führenden chen, heißt es. InterviewpartHäuser für Alte niederländische ner fand die MahnmalsstifMeister präsentiert sich rundertung zum Beispiel über einen neuert und mit fast verdoppelter Verein von Breslauern in IsraAusstellungsfläche: el. Es gab keinen FragekataDas Mauritshuis wird am 27. Juni eröffnet. Bis 1.11. tägl. 10 – 18, do bis 20 Uhr, ab 1.11. mo geschlossen. Tel. 0031/70/302 34 56 www.mauritshuis.nl Eröffnungsausstellung „Mauritshuis – das Gebäude“ bis 4.1.2015
Das Museum
Frisch gestrichen im ursprünglichen Farbton: Das Mauritshuis (links) meers „Mädchen“, die man in Den Haag mit dem neuen Museumsflügel. gern zur „Mona Lisa des Nordens“ stilisiert. Das Gemälde bekam zudem einen neuen Rahmen im Stil des 19. Jahrhunderts. Die Geschichte soll auch in den Kunstwerken sichtbarer sein. Johan Maurits, der als Generalgouverneur von Brasilien reich wurde, hatte den Palast zwischen 1633 und 1644 errichten lassen. Nach dem Tod des Erbauers diente das Haus vielen Zwecken, zwischenzeitlich waren hier hochrangige ausländische Gäste untergebracht wie Charles II. Viel Glas sorgt für Helligkeit und Wohlbefinden: Das unterirdische von England und der Herzog von Marlborough. Im 18. Museumsfoyer von Hans van Heeswijk. Jahrhundert brannte der Bau völlig aus und wurde im Stil des Barock erneuert. Bis der König dort seine Sammlung unterbrachte, die schon vorher der Öffentlichkeit zeitweise zugänglich war. 1822 wurde das Mauritshuis ein richtiges Museum. Die Eröffnungsausstellung ist dem Haus gewidmet. Hier sieht man Dokumente über den Architekten Jacob van Campen. Man erfährt, dass Maurits einen Garten mit großen Eichen hatte, in denen Nah an der Kunst wie in einem Wohnzimmer: Der Saal mit Rem- eine Reiher-Kolonie nistete und den er durch einen unbrandts „Anatomie des Dr. Tulp“ (1632). terirdischen Zugang betrat. numentalen Ausschmückun- Bild pro Jahr. Wenn etwas auf Man sieht Skizzen und Baugen des italienischen Malers den Markt kommt, was den pläne, exotische Mitbringsel, Antonio Pellegrini wurde ge- Ansprüchen der Sammlung mit denen schon Maurits seigenügt, hat es seinen Preis. nem Heim eine museale Anreinigt. 260 Werke der Sammlung Manche Bilder wurden umge- mutung gegeben hatte. Es scheint widersprüchlich, sind jetzt ausgestellt, darun- hängt, damit es vor ihnen ter die Neuerwerbungen der kein Gedränge gibt. Das gilt dass man die Intimität wahletzten Jahre wie das pracht- für Fabritius’ augentäuschen- ren und zugleich mehr Besuvolle Stillleben mit Käse, den „Distelfinken“, seit die cher anlocken will. Aber mit Mandeln und Bretzeln der Amerikanerin Donna Tartt der klaren Strukturierung Antwerpener Malerin Clara ihn zum Titelhelden ihres Pu- und dem Blick fürs Detail Peters (um 1615). Das Mu- litzerpreis-prämierten Best- könnte das Unternehmen geseum kauft nicht einmal ein sellers erkor. Und für Ver- lingen.
Yehuda Bacon zwischen des Stelen des Berliner HolocaustMahnmals. 쐍 Foto: dpa log, die Fragesteller verzichteten auf Notizblöcke. Die Interviews wirken frei und ungefiltert. Sie sind von einer bis zu acht Stunden lang, keine Häppchen wie im Fernsehen. Keine leichte Kost, aber die Mühe, sich einzulassen, lohnt sich, findet Stiftungsdirektor Uwe Neumärker. „Sie sind Leben.“ Dass die meisten Gespräche auf Deutsch sind, macht sie auch als Unterrichtsstoff für Schulen interessant. In einem Video-Ausschnitt hält die gebürtige Krakauerin Tova Aran, Jahrgang 1934, ein Foto in die Kamera, offenbar ihre Enkel. Sie hat eine Familie, obwohl die Nazis alle Juden vernichten wollten. „Das ist meine kleine und große Rache für Hitlers Ideologie“, sagt sie. Yehuda Bacon begegnet Deutschland heute „selbstverständlich mit gemischten Gefühlen“. Bitter klingt der 84-Jährige nicht. Er mag Zugfahrten. Zugleich erinnern sie ihn an die Deportationen durch die Nazis. „Der andere Zug begleitet mich auch. Das ist mein Leben.“ 쐍 dpa www.sprechentrotzallem.de
Claude Monets Bild aus der „Nymphéas“-Reihe wurde für 40 Millionen Euro versteigert. 쐍 Foto: dpa
Seerosen-Bild 40 Millionen Euro für Gemälde von Monet LONDON 쐍 Ein Gemälde aus Claude Monets „Seerosen“Reihe ist in London für fast 40 Millionen Euro (31,7 Mio. Pfund) unter den Hammer gekommen. Ein anonymer Bieter zahlte für das Werk aus dem Jahr 1906 damit den zweithöchsten Preis, der je für ein Bild des französischen Malers bei einer Auktion erzielt wurde, teilte das Auktionshaus Sotheby’s mit. Es war der Höhepunkt der Auktion, bei der auch Werke von Piet Mondrian, Edouard Manet, Pablo Picasso, Max Beckmann und Wassily Kandinsky den Besitzer wechselten. Monets „Nymphéas“-Reihe gehört zu den bekanntesten Werken des Impressionismus. Als Inspiration diente dem Maler der SeerosenTeich in seinem Garten in Giverny bei Paris. Am Montagabend versteigerte Sotheby’s zwei weitere Landschaftsbilder Monets für 10,7 Millionen und 9,9 Millionen Euro.
Rund 19 Millionen Euro zahlte ein anonymer Käufer für die „Composition with Red, Blue and Grey“ von Piet Mondrian aus dem Jahr 1927. Das Werk stand erstmals bei einer Versteigerung zum Verkauf. Bis zu seinem Tod 1944 gehörte es zu Mondrians privater Sammlung. Insgesamt brachten die impressionistischen und modernen Kunstwerke 152,6 Millionen Euro ein. Bemerkenswert sei die Beteiligung von Bietern aus Asien und Russland gewesen, so Sotheby’s. Kandinskys „Herbstlandschaft“ (1911) war einem anonymen Käufer knapp sieben Millionen Euro wert, ein Frauenporträt von Picasso aus dem Jahr 1937 ging für 6,7 Millionen Euro in die USA. Das „Stillleben mit Grammophon und Schwertlilien“ (1924) des deutschen Künstlers Max Beckmann wurde für rund sechs Millionen Euro verkauft. 쐍 dpa