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Amsterdam: Camping, Kunst und Happy Hours

Der 500. Todestag des weltberühmten Hieronymus Bosch hat mich in die Niederlande gelockt, wo mir dessen zwiespältige Kunst und die Art, diese in seiner Heimatstadt ‚s-Hertogenbosch zu würdigen, sehr gut gefallen haben. → Aber so richtig iniziert habe ich mich mit der ansteckenden Amsterdamer Lebenskunst und -kultur. Nicht von ungefähr gehört der Kanal- bzw. Grachtengürtel seit 2010 zum Unesco-Weltkulturerbe. Im grandiosen Venedig des Nordens liegt akute Grachtitis mit hohem Suchtpotenzial in der Lut: in der Backsteingiebelarchitektur über 165 Grachten mit 1281 Brücken und 2.500 Hausbooten; über malerischen Stadtteilen, wie zum Beispiel dem ehemaligen Arbeiter-

Hausboote auf der Prinsengracht viertel Jordaan, und in jenem faszinierenden Menscheln, das sich täglich neu erindet, so lange sich ein gerüttelt Maß an Chaos und Ordnung die Waagschale halten... ’s-Hertogenbosch – Amsterdam Bei Chaos fällt mir sofort mein Hierseinszweck ein: Hieronymus Bosch, dessen Kunst in der Darstellung des ewigen Kampfs zwischen Gut und Böse nie den Spannungsbogen verloren hat. Für 32 € hin und zurück sorgen halbstündige Bahnverbindungen ab Amsterdam für gute Erreichbarkeit des Städtchens ‚s-Hertogenbosch, das im Rahmen der „Bosch Grand Tour“ bis 29. 1. 2017 mit vielen Veranstaltungen zur Bühne für das Lebenswerk des Künstlers wird. Das Jheronimus Bosch Art Center bietet sich zur Einstimmung an. Die bedeutendste der sieben 2016 in Brabant stattindenden Kunstausstellungen: Hieronymus Bosch – Steinernes Detail an der Sint Jans Kathedrale in ’s-Hertogenbosch Foto: NBTC

Verkehrsmittel Nr. 1: das Fahrrad

Visionen eines Genies ist noch bis 8. Mai im Noordbrabants Museum zu sehen. In der Sint Jans Kathedraal, wo Bosch am 9. August 1516 bestattet wurde, führt (bis Oktober) der Wundersame Aufstieg bis auf 25 m Höhe, um dort in Drachen, Monstern und Fabeltieren nach Ähnlichkeiten mit Boschs Werk zu suchen. Als Belohnung empfehle ich gleich nach dem Abstieg die hiesige Schoko-SahneSpezialität: Bossche Bol, im ge-

Weltkulturerbe: Amsterdams mütlichen ResGrachten taurant van Pufelen. Von Bosch einmal abgesehen, dessen Kunst (außerhalb des Jubiläumsjahrs) international stärker vertreten ist als in Holland, werden Kunst- und Kulturinteressierte im Museums-Eldorado Amsterdam mehr als verwöhnt. Besuche im Stedelijk-, Rijks- und van GoghMuseum, die alle bis 2012-13 neu gestaltet wurden, sind Flaniererlebnisse mit höchstem Bildungseffekt. Het Rembrandthuis mit Patina huldigt dem berühmtesten Sohn


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reise

Immer einen Besuch wert: das Rijksmuseum der Stadt. Das Amsterdam Museum vermittelt Entwicklungsgeschichte, das Anne Frank Huis tragische Nazigeschichte. Für Hinz, Kunz und mich gibt es zusätzlich rund 50 kleinere, spannende Museen wie Grachtenhaus-, Brillen-, Tulpenmuseum... und vieles mehr. Kaffee-Satz und mehr Amsterdams Kafee-Kultur ist legendär und nicht überall, wo Kaffee draufsteht, ist nur Kafee drin. Traditionsbewusste lieben Bruin Cafés, die wie Extrakte aus dunklen Rembrandtgemälden wirken und für „nederlands gezelligheid“ stehen, betont durch Nationalgerichte wie das beliebte Stamppot auf Kartofelbasis oder holländische Worst en Kaas in vielen Variationen. Auch Eetcafés bieten appetitliche Speisen an. „Silber aus dem Meer“ alias Heringsgerichte zu versäumen oder den unvergleichlichen Kabeljau, ist nur bei

Giebelhäuser an der Herengracht

Fischallergie akzeptabel. Knackige holländische Fritten, die hier mit Mayo oder Erdnusssoße gereicht werden, knusprige Wafeln und warmer Apfelkuchen mit echter Sahne gehören zum Pflichtprogramm. In den Cafés indet man ein überraschend großes Teeangebot und leckere Snacks, ebenso in den modernen, stylischen Grand Cafés à la Wien und Paris. Und dann gibt es natürlich die berühmt-berüchtigten Cofee Shops, wo man neben Kafee- und antialkoholischen Getränken diverses anderes bekommt... Kunst und Camping... Passt das zusammen? Raus aus dem Zelt – rauf aufs Fahrrad, rein in die Museen und Schauen, Staunen, Schwelgen. Das geht im Einzugsbereich von Amsterdam alles problemlos. Einige Campingplätze sind ganzjährig geöfnet und bestens erreichbar.

Hier mein Favorit: Camping Zeeburg – fröhlich, jung, ganzjährig! Fahrrad am Platz ausleihen und in 15 Minuten das Zentrum erreichen. Oder öfentlich in 20 Minuten: Endstation Flevopark. Ohne Zelt oder Campingfahrzeug kann man sich in farbenfrohen Holzhüttchen einnisten, allein- oder zu zweit im Stockbett. In sauberer Schlichtheit ist alles geboten, was der Amsterdam-Besucher braucht. Lecker Essen im Restaurant oder Kleinigkeiten selbst kochen auf öfentlichen Gaskochern. Am ofenen Kamin entspannen und lokal gebrautes Bier genießen oder auf der eige-

Beliebtestes Mitbringsel: Tulpenzwiebeln nen Miniterrasse mit Blick in die Binsen philosophieren. Wer‘s naturnah mag, indet im Flevopark die ideale Umgebung. Falls Kinder mit von der Partie sind, kann man sie vorübergehend im Streichelzoo abgeben. Text und Bilder: Rena Sutor

Camping Zeeburg – von Binsen umgeben Campingplätze: Camping Ca Zeeburg (DCC NL 03300/03, Ze ganzjährig): j h i www.campingzeeburg.nl/de, Camping Het Amsterdamse Bos (DCC NL 03310): www.campingamsterdam.com/ de/ (3. 3. – 18. 12. & 27. 12. – 20. 2.) 8 km/45 Minuten Radweg zum Zentrum. Bei Gaasper Camping (DCC NL 03300/ 01, 15. 3. – 31. 10. 16) am Rande des Naturgebiets Gaasperpark sind auch längere Aufenthalte möglich) www.gaaspercamping.nl/de/ (15 Metrominuten bis Endstation Gaasperpark und fünf Gehminuten zum Platz. I Amsterdam-City-Card: Das I Amsterdam Visitor Centre (www.iamsterdam. com/de) gegenüber dem Zentralbahnhof informiert umfassend. 4 Euro für das Heft Kanalgeschichten, Spazierroute zahlen sich aus und definitiv auch das beschauliche Erwandern bzw. Erfahren der ausgeschilderten Fuß- und Fahrradwege. Die empfehlenswerte I Amsterdam-City-Card beinhaltet beliebig viele Fahrten mit GVB-Verkehrsmitteln, den Eintritt in fast die komplette Museums- und sonstige Attraktionspalette Amsterdams.

Last Minute: Weil Holland ohne Tulpen einfach nicht geht, sollte ein Keukenhofbesuch, nicht fehlen. Wenn Sie sich gleich auf den Weg machen, ist das heuer thematisch erblühende „Goldene Zeitalter“ noch zu schaffen (noch bis zum 16. 5.): www.keukenhof.nl/de/. Oder Sie warten auf den nächsten nationalen Tulpentag in Amsterdam, am 21. Januar 2017. Dann sind allerdings die Hieronymus-Bosch-Feierlichkeiten vorbei. Literaturempfehlungen: AMSTERDAM. Perfekte Tage in der Grachtenmetropole. Baedeker SMART 2016, 14,99 € AMSTERDAM.– individuell reisen, Michael Müller Verlag 2016, 16,90 €. Ilsink/Koldeweij, Hieronymus Bosch. Visionen eines Genies. Belser Verlag 2016, 24.99 €. Stefan Fischer, Hieronymus Bosch. Das vollständige Werk. Taschen Verlag 2016, 29,99 €. Amsterdam-Krimi: Britta Bolt, Das Büro der einsamen Toten.Hoffmann und Campe 2015. 19,99 €. Hörbuch mit Lokalkolorit.

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