first das magazin fĂźr guten stil
first // das magazin fĂźr guten stil // 02_2011
by
02_2011
portofino Kevin Spacey, ein Amerikaner in Italien juwelen Liz Taylors schmuckes Erbe
oh soleil soleil
Topmodel Nadine Strittmatter zeigt, was diesen Sommer heiss ist
peter lindbergh // viktor & Rolf // ella fontanals-cisneros // andrĂŠ Jaeger Unbenannt-1 3
8.4.2011 14:49:45 Uhr
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29.3.2011
10:50 Uhr
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editorial
first FIRST Axel Springer Schweiz AG Förrlibuckstrasse 70 8021 Zürich Tel. +41 43 444 55 20 Fax +41 43 444 55 03 E-Mail: verlag@bilanz.ch
FIRST ist eine gemeinsame Beilage von «Handelszeitung», «Bilanz» und «PME Magazine» und erscheint vier Mal jährlich. Ausgabe 2/2011, April Auflage: 130 000 Exemplare ISSN-Nr. 1663-9502
FOTO: SALLy MONTANA
Redaktion: Chefredaktor: Pierre-André Schmitt, pierre.andre.schmitt@axelspringer.ch Mitarbeiter dieser Ausgabe: Thomas Bärnthaler, Patricia Engelhorn, Monique Rijks, Iris KuhnSpogat, Kaspar Meuli, Claus Schweitzer, Olivier Toublan, Brigitte Ulmer Übersetzungen: Rahel Schöni Art Director: Wernie Baumeler Gestaltung: Christina Elvedi (stv. AD), Fabienne Boesch, Regina Kriewall, Bildredaktion: Monika Polyvas (Leitung), Susanne Borer, Varinia Speissegger-Demenga Produktion: Christian Wapp (Leitung), Barbara Schmutz, Eric Studer, Susann Tamisier Korrektorat: Thomas Basler, Cornelia Lautenschütz, Andreas Ritter VerlAg: Verlagsgeschäftsleitung: Jörg Tobuschat, Maike Juchler (stv. Leitung) Marketingleitung: Patrizia Serra Werbemarkt Deutschschweiz: Christine Lesnik (Leitung, 043 444 58 69), christine.lesnik@axelspringer.ch Anzeigenverkauf Westschweiz: Servais Micolot (Leitung), servais.micolot@axelspringer.ch Caroline Ventura (022 949 06 61), caroline.ventura@axelspringer.ch reservationen/Druckmaterial: Jda Hess (043 444 55 18), Nicole Kälin (043 444 55 14), Fax 043 444 55 15, anzeigenid@bilanz.ch Verkaufspreis: Fr. 6.– inkl. MwSt. Abonnentenservice: 043 444 58 93, abo-dienst@axelspringer.ch Herausgeberin: Axel Springer Schweiz AG Förrlibuckstrasse 70, Postfach, 8021 Zürich Bekanntgabe von namhaften Beteiligungen im sinne von Art. 322 stGB: Verlag Sport Wochenzeitung AG, Tourmedia AG.
Pierre-André Schmitt, Chefredaktor
Leidenschaft.
Jeden Tag zieht die Französin Christine Follet einen Taucheranzug an und stürzt sich ins Meer. Der Grund: Sie pflegt ihre Austernbänke – und zwar unter Wasser. Das macht so sonst niemand, aber die Frau will auch nicht das tun, was alle anderen tun; sie will bloss die besten Austern der Welt produzieren. Leidenschaft treibt sie an, und darum lässt sie ihren Austern auch dreieinhalb Jahre Zeit, um zu reifen. Wer etwas aus Leidenschaft tut, fragt nicht nach dem einfacheren Weg, und darüber berichten wir in diesem Heft. Leidenschaft ist die Triebfeder des Starfotografen Peter Lindbergh, der in Portofino Weltklasse-Schauspieler und -Sportler fotografierte – die traumhaften Bilder finden Sie ab Seite 72. Leidenschaft trieb die Schauspielerin Liz Taylor zum Sammeln schönster Juwelen an (Seite 20) , Leidenschaft lässt den behinderten Sportler Oscar Pistorius Höchstleistungen erbringen (Seite 32), und Leidenschaft ist die Energiequelle der prominenten Modemacher Viktor & Rolf (Seite 16). Es war die Leidenschaft von Le Corbusier, Max Bill, Alvar Aalto, Marcel Breuer und anderen Gestaltern, welche die Institution Wohnbedarf zur Brutstätte der Moderne im Möbeldesign werden liess (Seite 44). Und Leidenschaft war der Grund, dass die Uhrmacher um Zenith-Chef Jean-Frédéric Dufour eine Uhr kreierten, die zum Kuriosesten und Kompliziertesten in Sachen Uhrenmechanik gehört (Seite 56). In dieser Ausgabe geht es immer wieder um Leidenschaft – und darum, was sie Menschen vollbringen lässt. Im Weiteren berichten wir, wie ein Massanzug entsteht und wie es sich anfühlt, einen solchen zu tragen. Und wie ein Audi R8 Spyder einen Automobilisten verändern kann. Ein sommerliches Modeshooting finden Sie ab Seite 34 und ein Interview mit Kevin Spacey ab Seite 78. Ich wünsche Ihnen viel Spass bei der Lektüre.
Herzlich Pierre-André schmitt
DruCk: Swissprinters St. Gallen AG, Fürstenlandstrasse 122, 9001 St. Gallen, www.swissprinters.ch
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inhalt
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10 // NEWS Dies & das Sachen und Sächelchen von nah und fern.
56 // uhrENtESt Zenith Die Christophe Colomb überrascht mit ihrer Raffinesse.
16 // iNtErviEW viktor & rolf Die beiden Modedesigner über ihre Beziehung, eine Art kreative Ehe, und ihre Hunde.
58 // KuNSt Ella fontanals-Cisneros Die Sammlerin von lateinamerikanischer abstrakter Kunst zeigt ihre Werke in Zürich.
20 // juWElEN liz taylors Schatztruhe Eine Ausstellung zeigt die schönsten Bulgari-Preziosen der Hollywood-Diva.
65 // hotSpotS Berlin-West Urbane Pioniere entdecken die alte City neu.
24 // CouturE Massanzug FIRST-Autor Olivier Toublan liess sich edles Tuch auf den Leib schneidern. 30 // StYlE Zeitgemäss Die neusten Uhrenmodelle für sie und ihn. 32 // parfuM oscar pistorius Der Weltklassesprinter wirbt für Muglers «A*Men». 34 // MoDE oh soleil soleil Weiss, Rosa, Beige und Hellgrau: Softcolors, kombiniert mit knallfarbenen Accessoires, machen Lust auf heisse Tage und laue Nächte.
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44 // WohNEN happy Birthday Wohnbedarf feiert den 80. Geburtstag. 52 // autotESt audi r8 Spyder Sorgt für Herzklopfen – das Oben-ohne-Feeling.
66 // gourMEt Die perle des Meers In Frankreich gibt es 3700 Austernzüchter. Drei davon stellen wir vor. 72 // portfolio portofino An der ligurischen Küste inszenierte der Fotograf Peter Lindbergh mit Weltstars das Gefühl der sechziger Jahre. 82 // liEBliNgSStüCK andré jaeger Der Starkoch und seine Skulptur des Künstlers Kurt Bruckner.
staNDarDS 3 // Editorial/impressum 6 // icon 8 // Contributors
TITELBILD: NATHAN BECK, FOTOS: NATHAN BECK 1, PR 2, SALLY MONTANA 1, PETER LINDBERGH 1, © WOHNBEDARF 1
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8.4.2011
15:54 Uhr
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Veni, vidi, Vespa!
FOTOS: CINETEXT BILDARCHIV, PR
Nicht nur Autos, Sofas und Frisuren erleben derzeit einen Retroboom – auch die Vespa, die Mutter aller Motorroller, feiert dieser Tage ein Comeback: Die legendäre PX 125, gebaut von 1977 bis 2007, ist ab dieser Saison wieder erhältlich. Mit einem früheren Modell (für Vespa-Fans: der VNC Super 125) tuckerte der schöne Gregory Peck einst durch Rom und eroberte das Herz der nicht minder schönen Audrey Hepburn. Der Film aus dem Jahr 1953 hiess «Roman Holiday», William Wyler («Ben Hur») führte Regie, die Hepburn spielte ihre erste Hauptrolle, wurde weltberühmt und gewann mit ihrer Rolle als Kronprinzessin Ann gleich einen Oscar. Und die Vespa startete auch dank dem Film ihren Siegeszug rund um die Welt. Jetzt gibt es die PX wieder, in kräftigen Farben, mit Fussbremsen, Kickstarter und Viergangschaltung am Lenker. Übrigens: Wer Vespa fährt, ist nie einsam – weltweit rollen über 17 Millionen davon durch die Gassen! Vespa PX 125, ab 4500 Franken. www.vespa.ch
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contributors Prächtige Kulisse für ein sommerliches Modeshooting: das Fünfsternehaus Grand-Hôtel du Cap-Ferrat an der Côte d’Azur.
PATRICIA ENGELHORN
Mit Nadine Strittmatter im Grand-Hôtel du Cap-Ferrat softcolors – kühles Weiss, sanftes rosa, warmes Beige und helles Grau – sind das Thema unserer Modestory. Ausgewählt und zusammengestellt wurden die eleganten sommerkleider, die wir ihnen ab seite 34 zeigen, von der stylistin Elvira Borbély von Gustave.com. Als Model konnten wir Nadine strittmatter von iMG gewinnen. Die schweizerin, eines der topmodels im internationalen Geschäft, lebt und arbeitet seit 2009 hauptsächlich in New York. ihr Begleiter in der first-Modegeschichte ist Will Hans von Place Models in Hamburg. für das shooting reiste first an die Côte d’Azur nach saint-Jean-Cap-ferrat auf der Halbinsel Cap ferrat, zwischen Nizza und Monaco. Dort, im Grand-Hôtel du Cap-ferrat, vor einer fantastischen Kulisse, schoss fotograf Nathan Beck Bilder, die Lust auf ferien machen. Auf sonnendurchglühte tage, auf Mussestunden am strand oder am Pool. für Haare und Make-up wurde die Visagistin Monika spisak von style Council engagiert. Und Monika Polyvas, BiLANZ-Bildchefin, hatte als verantwortliche Bildredaktorin die redaktion der Modestory inne. Es war ihre letzte Arbeit für first. in Zukunft wird sie in Zürich mit ihrer Agentur Polyvas.com fotografen vertreten und Produktionen umsetzen.
PETER LINDBERGH
Der starfotograf Peter Lindbergh ist für seine Arbeit mit topmodels berühmt geworden und gilt als Meister der schwarzweiss-fotografie. schwarzweiss sind auch seine Bilder von stars wie Kevin spacey, Cate Blanchett oder Zinédine Zidane, die er für die Uhrenmarke iWC in Portofino schoss. «Es war die sorte shoot», sagt er, «für die ich fotograf geworden bin. Die Art shoot, von der ich als teenager träumte» (ab seite 72).
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Gruppenbild mit Topmodel: Nadine Strittmatter (weisses Kleid) mit Model Will (l.), Hairund Make-up-Artist Monika Spisak und Fotograf Nathan Beck.
Letzte Handgriffe vor dem nächsten Bild: Monika Spisak (Bild links), Stylistin Elvira Borbély (Bild rechts).
fotos: Martin nink, JereMy Lindbergh, Monika poLyvas 5
Patricia Engelhorn ass schon als Kind problemlos fisch und Muscheln. so ist es kein Wunder, dass sie bei ihren zahlreichen frankreich-reisen auf die Austern stiess und dass die berufliche Neugierde sie dazu trieb, der sache auf den Grund zu gehen. inzwischen weiss sie, wie die Muscheln gegessen werden, dass es zwischen den einzelnen sorten bemerkenswerte Unterschiede gibt und dass es sich lohnt, zum Austernessen in die Bretagne zu fahren (ab seite 66).
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7.4.2011
15:30 Uhr
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Letztes Jahr begleitete das englische Model Kate Moss (Bild oben) den Fotografen Mario Testino an die Vernissage seiner Ausstellung im Kunstmuseum in Lima. Testino, in Peru geboren, zeigte Kate die vielen Facetten des Landes: die wilde Anden-Landschaft, die spektakuläre Costa mit ihren postkartenreifen Sanddünen, die Regenwaldregion Selva. Moss nahm Eindrücke, Erinnerungen, aber auch Stoffmuster und Alltagsgegenstände mit nach Hause. Daraus ist die Faraway-Kollektion entstanden, die diesen Frühling beim Taschenhersteller Longchamp für Furore sorgt. Auffallend sind vor allem die korbförmigen Handtaschen mit den typischen Farbmustern. Ein perfektes Accessoire für Weltenbummlerinnen. Kollektion Faraway by Longchamp Paris, Preise auf Anfrage, www.longchamp.com
Gefragter Brit-Export: Brylcreem.
Damit können Männer glänzen
Früher strichen sich Männer Pomade ins Haar und verliehen ihm damit nicht nur einen schönen Glanz, sondern ebenso eine perfekte Form. Die Wiederentdeckung von Dingen, die in den frühen sechziger Jahren von sich reden machten, beschert nun Produkten wie der Brylcreem oder dem Lucky Tiger Hair Tonic (schon der Name allein verspricht durchschlagenden Erfolg) ein Revival. Bestellt werden können diese und andere praktische Accessoires wie Haarbürsten, Rasierbalsam oder Shampoo im Internetladen PomadeShop, der mit seiner einzigartigen Auswahl an Produkten und mit wunderbarer Werbung aus vergangenen Tagen das Surfen zum besonderen Vergnügen macht. www.pomade-shop.eu
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REDAKTION: MONIQUE RIJKS; FOTOS: PR
Wenn eine eine Reise tut
news
Cooles Set für heisse Tage
Zum sommeranfang lanciert Clinique drei neue Produkte, die der Haut die Feuchtigkeit spenden sollen, die sie in den kommenden heissen tagen braucht. der Moisture surge extended Thirst Relief gibt ihr nicht nur all das zurück, was sie zum strahlen braucht, sondern hilft auch, die Feuchtigkeit zu speichern. Während der Gel dem Gesicht sorge trägt, kümmert sich das serum all about eyes um die augenpartie und der superbalm Moisturizing Gloss um die Lippen. Clinique Moisture surge Value set, in limitierter Edition für 88 franken im fachhandel erhältlich
aufgefallen Die beste Freundin
Warum kompliziert, wenn es auch einfach geht? es gibt Menschen, die für jeden anlass das richtige tenue im schrank haben – und dazu noch die passenden accessoires. andere kaufen nur dinge, die sie sowohl in der oper wie auch auf der alp tragen können. dinge, die nicht zehn Meter gegen den Wind schreien: «ich bin ein kleines Theaterkleidchen, ich die ausgebeulte trainerhose.» die tasche Gemma der schwes-
So betten sich die Stars
Geht es um sein Produkt, ist der Geschäftsführer der britischen Bettenmarke Vi-spring alles andere als bescheiden. «Vi-springBetten», ist er überzeugt, «sind Betten, die das Leben verändern.» sicher ist, dass Vi-spring ein traditioneller Betrieb mit einer interessanten Geschichte ist: die Firma lieferte die Matratzen für die «titanic» und die «queen Mary», und noch heute schlafen zahlreiche stars auf den luxuriösen unterlagen. ab diesem Frühling gibt es mit natural Luxury eine kollektion, für die nur naturmaterialien wie britische schurwolle und Baumwoll-Leinen-Gewebe eingesetzt werden. Matratzen Natural Luxury ab 9000 franken bei ausgesuchten Händlern
Blühende Fantasie
kaum wehen die ersten lauen Frühlingslüftchen durchs Land, werden die décolletés tiefer. Wer seines diese saison mit etwas Besonderem schmücken möchte, wird beim uhren- und edelschmuckhersteller Piaget aus Genf fündig. in der kollektion Limelight Garden Party werden unterschiedliche Halsketten angeboten. Besonders aufgefallen ist uns jene aus Weissgold, die mit 929 diamanten, 9 saphiren und ebensovielen Perlen verziert ist. eine Preziose, die jede Haut zum strahlen bringt.
tern katka und Zuzka Griesbach aus Winterthur ist genau so ein stück für alle Fälle und die ewigkeit. sie hat eine tolle, zeitlose Form, ist aus gewaschenem Rindsleder, das mit den jahren noch schöner wird, hat einen koketten Henkel und einen abnehmbaren schulterriemen. Zudem wird sie in kleinen Mengen in der schweiz oder ganz nahe, in norditalien, produziert. Was will man noch mehr? nicht viel, höchstens noch die hellere Variante davon.
Gemma Bag von Griesbach, 670 franken, www.griesbachweb.com
Halsband ref. G37LE200 aus der Kollektion Limelight Garden Party, Preis auf Anfrage, www.piaget.ch
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news
Flaschengeist
Ein Paradies für Vegetarier
Endlich! In Ascona nimmt sich der spitzenkoch Pietro Leemann (Bild ganz oben), der sein Handwerk unter anderem beim grossen frédy Girardet gelernt hat, der Vegetarier an und zaubert Gerichte auf den tisch, die mit Gemüse teller und Pasta mit tomatensauce so wenig am Hut haben wie Wein mit Coca Cola. Er selber beschreibt seine Küche als «einen leichten spaziergang in einer fantastischen Landschaft». Konkret liest sich das zum Beispiel so: Gemüse AvocadoPesto mit spargelArtischockensalat und orangenKräuterEmulsi on. selbstverständlich bekommt man im Restaurant oder – noch schöner – auf der lauschigen sonnenterrasse des Parkhotels Delta nach wie vor auch fleischgerichte serviert. Delta Beach Lounge im Parkhotel Delta, Via Delta 137,
Je länger die tage, desto grösser unsere sehnsucht nach Natur, blauem Himmel und frischer Luft. Menschen, die nahe bei flora und fauna leben, können nur das fenster öffnen, und schon strömt die neue Energie herein. städter hingegen müs sen entweder reisen oder eine der schönen Apothekerflaschen mit den dunklen Kapillarstäben der firma feuerstein Essentials in die Wohnung stellen. Und schon riecht jeder Raum frisch und krautig, genauso wie die malerischen Bündner Lärchen wälder im frühling. raumduft mit naturreinen ätherischen Ölen, 1000 ml, 220 franken, www.feuerstein-essentials.ch
6612 Ascona, www.parkhoteldelta.ch
Die staubsaugerRoboter bekommen Zuwachs: Dieser tage bringt die firma Philips den kleinen, putzigen HomeRun auf den Markt, der über ein dreistufiges Reinigungssystem und vier Reinigungs modi verfügt und auch sonst ganz viel kann. Zum Beispiel eine Karte des Zimmers erstel len, eigenständig zur Ladestation zurückkehren und dank Infrarotsensoren allfällige Hindernisse im Raum erkennen. Und das Allerallerschönste ist die tatsache, dass man ihn so timen kann, dass er jeweils saugt, wenn man ausser Hause ist. Adieu schmutzige Böden, es lebe Mister HomeRun! staubsauger Philips Homerun fC 9910,
700 franken, www.philips.ch
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fotos: PR
Putztausend!
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1.4.2011
7:22 Uhr
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news
bücher Frech von der Leber weg
Ivo Adam: «Frisch gepresst», 34 Franken, www.echtzeit.ch
Ruhen und rasten
Vietnam liegt zwar nicht um die Ecke, doch das Land der tausend Drachen mausert sich zunehmend zu einer der beliebtesten Reisedestinationen der Schweizer. Das Gros der Reisenden bucht eine Tour. Wer sich danach richtig schön erholen und auf Händen getragen werden will, reserviert ein paar Tage im Hotel Fusion Maia im kleinen Küstenstädtchen Da Nang. Die Anlage – ganz in Weiss gehalten – schliesst direkt ans Meer an, zudem verfügt jedes der grosszügigen 80 Zimmer über einen eigenen Pool. Und: Alle Wellness-Behandlungen sind im Zimmerpreis inbegriffen. Damit Sie nicht nur erholt, sondern auch schön aus den Ferien zurückkehren.
Marilyn forever
Hotel Fusion Maia, Da Nang City, Vietnam, www.fusion-resorts.com
Kiehl’s-Produkte – quasi die Rolls-Royce unter den Naturkosmetiksalben und Crèmes – erobern den Schweizer Markt. Ab sofort erhält man sie auch in Zug, in der Parfumerie Oswald. Kiehl’s Corner, Parfumerie Oswald, Bundesplatz 12, Zug
Lois Banner und Mark Anderson: «Das private Archiv von Marilyn Monroe», Knesebeck Verlag, 55 Franken
Tiefgründig
La Maison Fauchon gehört zu den ersten Feinkost-Adressen von Paris. Ab jetzt muss, wer Tee, Essig, Gewürze oder Schokolade des renommierten Hauses kaufen will, nicht mehr in die Seinestadt reisen. In Genf ist soeben die erste Fauchon-Boutique eröffnet worden. Fauchon, Rue du Rhône 118, Genf Schlicht und schön präsentiert sich die Leuchte Lifto der Marke Belux, die seit über 25 Jahren Designfreaks begeistert. Neu gibt es das klassische Stück auch in patentierter LED-Technik. www.belux.com «Oh boy, oh boy!» lautet der Titel der neusten Ausstellung des wunderbaren Schweizer Künstlers Daniele Buetti, der sich ständig weiterentwickelt und sich dabei trotzdem treu bleibt. Seine Werke sind bis Mitte Mai in der Galerie Nicola von Senger in Zürich zu besichtigen. www.nicolavonsenger.com Die Zeit zwischen Einchecken und Abflug ist oft mit Mühsal und Ungeduld verbunden. Das muss nicht sein, man kann sie nämlich mit Shoppen überbrücken. Zum Beispiel in der neuen Filiale des Traditionshauses Bucherer in Zürich. Bucherer, Airside Center, 8060 Zürich Kleinbasel ist ein kleines, feines Label aus der Stadt am Rheinknie und hat sich offenbar von seinem Standort inspirieren lassen: Die Sommerkollektion heisst Wasserwelt und gibt sich entsprechend fliessend, selbstverständlich in den passenden Farbtönen. www.kleinbasel.net
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Über 40 Jahre lang galt Marilyn Monroes Privatarchiv als verschollen. Nun ist es aufgetaucht, proppenvoll mit Dokumenten, Bildern, Rechnungsbelegen und vielen handgeschriebenen, persönlichen Briefen. Daraus ist das Buch «Das private Archiv von Marilyn Monroe» entstanden, ein Werk, das zwar wenig Neues enthüllt, aber mit seinen zum Teil unveröffentlichten Bildern, kurzweiligen Texten und Abbildungen durchaus unterhält.
Barbara Hutzl-Ronge: «Magischer Bodensee», AT Verlag, 39.90 Franken
Die Autorin Barbara Hutzl-Ronge mag Ausflüge in die Geschichte, sie mag Sagen, die unterschiedlichsten Landschaften und das Wandern. All diese Leidenschaften kommen in ihrem jüngsten Werk, «Magischer Bodensee», zum Tragen. Auf über 400 Seiten erfährt man nicht nur, wo die Natur besonders kraftvoll ist, sondern auch viel Interessantes über die Geschichte dieser Region, etwa warum Klöster einst so viel Geld verdienten, wo es die schönsten Heilkräutergärten gibt oder wo überall sich heisse Quellen verstecken. Ein besonderer Reiseführer für erinnerungswürdige Eskapaden.
FOTOS: PR
AUSSERDEM
«Aus dem Notizbuch eines Spitzenkochs» heisst der Untertitel des schönen Büchleins «Frisch gepresst» des umtriebigen Kochs Ivo Adam, das beim Echtzeit Verlag erschienen ist. Es ist kein Kochbuch im herkömmlichen Sinn, kein Küchenlexikon à la Larousse, kein Knigge für Gäste und auch kein Weinführer für Anfänger – und doch ist es von allem ein bisschen. Die Texte sind frisch und frech von der Leber weg geschrieben, die Inhalte unterhaltsam und lehrreich und die Gestaltung sinnlich und zeitgemäss.
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31.3.2011
8:54 Uhr
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interview
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gEMEiNSAM STARk
rolf snoeren (41, rechts im Bild) wurde im niederländischen Dongen geboren, Viktor Horsting (41) im etwa 50 kilometer entfernten Geldrop. ihre wege kreuzten sich 1988 an der Arnhem Academy of Art and Design. fünf Jahre später gründeten sie ihr label Viktor & rolf. 2003 wurde den beiden eine Ausstellung im louvre gewidmet. Einem grösseren Publikum bekannt wurde das Duo durch seine kollektion für H&M und den Duft flowerbomb.
DIE UNZERTRENNlIcHEN
Viktor & rolf Ein Paar, das keins ist, aber dennoch harmoniert wie frisch Verliebte. Eine Begegnung mit den Modemachern Viktor Horsting und rolf snoeren.
FoTo: PAolo VERZoNE / VU / lAIF
Von THOMAS BÄRNTHALER intErViEw
Rolf Snoeren, Viktor Horsting, Sie tragen wie meistens genau das Gleiche. Warum? Viktor: Das geht zurück auf unsere gemeinsame Zeit an der Kunstakademie in Arnhem, Ende der achtziger Jahre. Wir wurden ständig verwechselt. Ab einem gewissen Punkt haben wir das einfach zu einer Art Markenzeichen gemacht. Rolf: Für uns war das auch immer ein Signal an die anderen: Wir sind ein Kopf, wir sind zu einer kreativen Einheit verschmolzen. Viktor: Es ist ein Spiel. Aber es ist nicht in Stein gemeisselt. Schaut man sich Ihre aktuelle Männerkollektion an, könnte man meinen, Sie machten Ihre Mode eigentlich für sich selbst. Rolf: Ja, das kann man so sehen. Wir sind unser wichtigster Bezugspunkt.
Viktor: Die Kollektion ist eine Art Studie zum Thema Anzug. Was er sein kann, was er sein könnte. Unser Mann ist traditionell, aber mit einem verspielten, surrealen Element. Uns geht es um den Mix aus Formellem und Informellem, darum, wie man das mischen kann. Zumindest ist das unsere Devise, wenn wir uns anziehen. Sie beide sprechen immer von «wir». Sie geben sich als Paar, obwohl Sie gar keins sind. Rolf: Und doch ist es eine Beziehung. Es ist eine Art kreative Ehe. Viktor: Es ist eine Beziehung, die sehr weit geht. Wie weit? Viktor: Sagen wir es so: Es ist die längste Beziehung, die beide von uns je hatten. Mehr als zwanzig Jahre kennen wir uns schon.
Rolf: Eine verdammt lange Ehe eigentlich. Jeder von uns hat sogar einen Ring. Den haben wir uns zum Zehnjährigen machen lassen. Wohnen Sie zusammen? Viktor: Nein. Sie beide haben jeweils einen Partner? Viktor und Rolf: Ja. Ist das Paar-Ding am Ende nur Image? Rolf: Nein, absolut nicht. Viktor: Wir verbringen wirklich sehr viel Zeit miteinander. Wir arbeiten jeden Tag zusammen, wir reisen zusammen. Wenn wir nach Hause gehen, schreiben wir uns E-Mails. Rolf: Es ist schön, jemanden zu haben, dem man nichts erklären muss, mit dem man fast alles teilen kann. Klingt, als wären Sie doch ein wenig inein• ander verliebt.
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interview
Rolf: Es ist eine Liebe, die auf Kreativität basiert. Erreicht man zu zweit mehr als allein? Rolf: Ich kann das gar nicht so generalisieren. Es hat sich für mich von Anfang an natürlich angefühlt, leicht. Viktor: Es war immer wie Tischtennis. Du kannst Tischtennis nicht allein spielen. Wie haben Sie sich kennen gelernt? Viktor: Ich glaube, das erste Mal haben wir uns bei der Aufnahmeprüfung der Akademie in Arnhem gesehen. Das war 1988. Rolf: Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, wer wen ansprach. Es gab noch keine Handys. Viktor: Aber ich erinnere mich an unsere erste Zeichnung, die wir zusammen machten. Rolf: Hast du die noch? Viktor: Nein, du? Rolf: Nein. Viktor: Dann ging sie verloren. Schade. Wie sind die Rollen in Ihrer Berufsehe verteilt?
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Rolf: Wir teilen alles. Viktor: Wir arbeiten als Einheit. Einer muss doch der bessere Zeichner sein, einer der bessere Schneider? Viktor: Wir sind zwei unterschiedliche Menschen, aber es ist nicht so, dass einer das Hirn, der andere das Herz ist. Rolf: Wenn wir beide etwas zeichnen, sieht es immer ähnlich aus. Sogar unsere Handschrift ist kaum voneinander zu unterscheiden. Schon mal auf den anderen eifersüchtig gewesen? Rolf: Nicht im romantischen Sinn. Viktor: Ich habe neulich von dir geträumt, Rolf. Du hattest einen nagelneuen schwarzweissen Mini Cooper. Und ich nicht. Ich habe dich beleidigt angebrüllt: Warum hast du einen und ich nicht? Rolf: Oh, das tut mir leid. Was passierte dann? Viktor: Der Traum endete an dieser Stelle. Welches Auto fahren Sie in Wirklichkeit, Rolf?
Rolf: Gar keins. Wir fliegen ja die meiste Zeit oder sitzen im Taxi. Viktor: Oder fahren Rad. Tandem? Viktor: Das wäre eine Überlegung wert. Rolf: Wäre auch ein gutes Foto. Viktor: Du hast doch gar kein Fahrrad, Rolf. Rolf: Stimmt, ich mag Fahrradfahren eigentlich gar nicht. Sie teilen alles, streiten nie, und das seit zwanzig Jahren. So viel Harmonie ist gespenstisch. Viktor: Es ist nicht alles perfekt. Wir beide haben Hunde. Rolf: Die Hunde mögen sich nicht. Einer von Ihnen könnte sich einen anderen Hund zulegen, um des Friedens willen. Rolf: Kommt überhaupt nicht in Frage. Wer hatte seinen Hund zuerst? Viktor: Ich. Er war ein Geburtstagsgeschenk. Von Rolf. Das war vor 15 Jahren. Rolf: Irgendwann habe ich mir auch einen zugelegt. Einen Dackel: Er heisst Little Swan. •
«Es ist nicht alles perfekt. Wir haben beide Hunde, und die mögen sich nicht.» 18_first 02_2011
FOTOS: GETTy IMAGES. © SÜDDEUTSCHE ZEITUNG MAGAZIN / THE INTERVIEW PEOPLE
Mit eineM Hang zur extravaganz im März, an der fashion Week Paris, zeigten Viktor & rolf, was im kommenden Winter furore machen wird: futuristische Kleider, Glam-Appeal und einen avantgardistischen Hosenanzug.
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24.3.2011
8:49 Uhr
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KLUNKERN, Nicht KLEcKERN
UhRENBRacELEt im schlangenkopf, gefertigt aus Platin und besetzt mit Diamanten, versteckt sich eine Uhr, ein Werk von JaegerLecoultre. Liz taylor trug das schmucke stück am set von «cleopatra».
Liz taylor liebte Bulgari. Und Bulgari liebte Liz taylor. ihre schönsten stücke des römischen Juweliers reisen in einer sondershow um die Welt.
E
voN pierreandré Schmitt tExt
iner der fiesesten Sätze über die vor wenigen Wochen verstorbene US-Schauspielerin Elizabeth Taylor stammt von Ehemann Nummer vier. «Mit einem 50 000-Dollar-Brillanten kann man Liz sehr glücklich machen», sagte der Sänger und Entertainer Eddie Fisher einmal. Und präzisierte boshaft: «Vier Tage lang.» Da war Richard Burton, Ehemann Nummer fünf – mit ihm war sie zweimal verheiratet –, vergleichsweise charmant: Das einzige italienische Wort, das Liz Taylor verstehe, sagte er, sei Bulgari. Tatsache ist: Elizabeth Taylor war eine grosse Freundin von funkelnden Preziosen.
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Sie kaufte bei Boucheron, Cartier, JAR, Schlumberger, Van Cleef & Arpels – und natürlich bei Gianni Bulgari, dessen Schmuck sie bei wichtigen Anlässen gerne zeigte. So trug sie bei ihrer ersten Hochzeit mit Richard Burton als einziges Bijou eine 18-karätige, diamantenbesetzte Smaragdbrosche von Bulgari. Oder 1966, als sie den Oscar für die beste Darstellerin erhielt, ein atemberaubendes Smaragdcollier, das sie sich auch für eine Begegnung mit Elizabeth II. um den Hals legen liess. Legendär ist auch der 65-Karat-Bulgari-Sautoir mit CabochonSaphiren und Diamanten, den ihr Richard Burton schenkte. Und diese Stücke blieben längst nicht die einzigen vom Juwelier an der Via • Condotti 10 in Rom in ihrer Sammlung.
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juwelen
SMARAGDCOLLIER Als Richard Burton und Liz Taylor 1964 zum ersten Mal heirateten, schenkte er seiner Angebeteten ein Collier mit 16 Smaragden. Eingefasst sind die edlen Steine mit Diamanten.
OHRSCHMUCK Ein Blickfang, die Ohrringe mit den birnenförmigen Smaragden, gefasst mit neunzehn Diamanten.
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Das Resultat der Leidenschaft für Schmuck im Allgemeinen und Bulgari im Speziellen war kürzlich in Paris an einer Ausstellung zu sehen, die demnächst in Shanghai und anschliessend rund um den Globus gezeigt werden soll. «125 ans de magnificence italienne», heisst die Retrospektive über das gesamte Schaffen von Bulgari, eine ganze Abteilung ist dem Schmuck von Elizabeth Taylor gewidmet. Mit Preziosen ihr Herz zurückgewinnen. Eddie Fisher, Ehemann Nummer vier, hatte seiner Frau zum 32. Geburtstag drei Schmuckstücke von Bulgari geschenkt. Es war der verzweifelte Versuch, die Ehe zu retten. Ein paar Monate später schickte er die Rechnung an Elizabeth Taylor, die das genüsslich in ihrem Buch vermerkte. «Habe ich bezahlt?», fragte sie rhetorisch. «Mmmm – vermutlich schon.»
Fotos: PR
Bei Bulgari deckten sich Stars wie Sophia Loren, Audrey Hepburn, und Kirk Douglas ein. Die vielleicht bestbekannte Kundin aber war Elizabeth Taylor. Sie war regelmässig bei Bulgari zu Gast. «Ich besuchte Gianni Bulgari häufig am Nachmittag, und wir erzählten uns allerhand Geschichten», notierte sie später in ihrem Buch «My Love Affair with Jewelry». Die gute Adresse für auserlesenen Schmuck hatte sie 1962 während der Dreharbeiten zu «Cleopatra» in den Cinecittà-Studios entdeckt. «Einer der grössten Vorteile der Arbeit an ‹Cleopatra› in Rom war unbestreitbar das auserlesene Bulgari-Geschäft», schrieb sie später. Und natürlich war Richard Burton ihre Freude an funkelnden Preziosen nicht entgangen. Er schenkte ihr generös schöne Stücke aus der römischen Manufaktur.
SAUTOIR Halskette aus Platin, gefasst mit Diamanten und Saphiren. Ein Geschenk von Richard Burton. Der Anhänger mit dem 65-Karat-Saphir kann als Brosche getragen werden.
BROSCHE Ein Bijou, gefertigt aus Platin, Smaragden und Diamanten.
DAS EINZIGE ITALIENISCHE WORT, DAS LIZ TAYLOR VERSTEHT, IST BULGARI. FIRST 02_2011_23
couture
luxus im anZug er wird sein kleider budget künftig etwas aufstocken müssen: olivier toublan im massanzug von Zegna.
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2 lokaltermin Welcher stoff darf es sein? für einen Businessanzug bitte kein extravaganter (1). Damit Hose und Veston dann auch richtig sitzen werden, heisst es von kopf bis fuss mass nehmen (2). kein Zentimeter zu viel – die perfekte länge des Ärmels wird bestimmt (3). 3
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DAs MAss Aller DinGe
Jeder Mann mit einem Gefühl für stil träumt von einem Anzug, der eigens für ihn geschneidert worden ist. Von einem Meister seines fachs. Olivier toublan liess Mass nehmen. VOn Olivier TOublan text, Dave YODer fOtOs
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er Tipp stammt vom damals reichsten Mann der Welt – John Rockefeller war in den dreissiger Jahren vergleichsweise reicher als alle Bill Gates und Warren Buffetts der Neuzeit. Auf die Frage, was er in der Not mit seinem letzten Geld machen würde, antwortete Rockefeller: «Ich würde einen gut geschnittenen Anzug kaufen.» Denn mit einem gut geschnittenen Anzug könne man wieder durchstarten. «In einem solchen Stück fühlt man sich unbesiegbar und glaubwürdig. Sowohl vor einem einfachen Arbeiter als auch vor dem Präsidenten der Vereinigten Staaten.» Wirklich wahr? Um das herauszufinden, wage ich einen Selbstversuch. Also vereinbare ich einen Termin bei Ermenegildo Zegna, einer der letzten grossen Marken, die Massanzüge zu noch halbwegs erschwinglichen Preisen anbieten. Klassische, feine, unauffällige, zeitlose Anzüge ohne Firlefanz. Genau die Art Anzug, die Rockefeller gekauft hätte. Zegna besitzt in der Schweiz drei Boutiquen, aber nur diejenigen in Zürich und Lugano beschäftigen einen Schneider, der Kunden von Kopf bis Fuss ausmessen kann. Das ist eine ziemlich ungewöhnliche Erfahrung. Wenn man sich einen Anzug von der Stange kauft, ist die Grösse üblicherweise kein grosses Thema. Im schlimmsten Fall müssen an der Hose einige Änderungen vorgenommen werden, basta. Hier ist es anders. Das Massnehmen dauert eine gute halbe Stunde. Und danach gibt es für mich eine gute Nachricht: Ich dachte, dass ich Grösse 52 brauchen würde, doch es zeigt sich, dass eine kleine 50 reicht. Dieses Jahr kann ich also auf die Frühlingsdiät verzichten. Gewünscht: ein klassischer Schnitt. Dann die etwas schlechtere Nachricht: Eine meiner Schultern ist leicht tiefer als die andere. Das kann der Schneider allerdings mit ein paar zusätzlichen Stofflagen korrigieren. «Alles wird perfekt sein, man wird nichts sehen», versichert er mir lächelnd. Bei einem Anzug kommt den Schultern übrigens eine zentrale Rolle zu. Von ihnen hängt es ab, ob die Jacke gut sitzt. Und da Achselpolster nicht mehr sehr modern sind, muss der Stoff über die Schultern perfekt fallen. «Das ist das wichtigste Mass des gesamten Anzugs», bestätigt der Geschäftsführer der Zürcher Boutique. «Alles Übrige lässt sich daran anpassen.» Da eine meiner Schultern tiefer liegt, muss der Schnitt des einen Ärmels etwas länger ausfallen als beim anderen. Wir entscheiden uns nach ausgiebiger Beratung auch für eine leicht weitere Hose, als eigentlich nötig wäre: Sie wird sich beim Sitzen bequemer tragen lassen. Die Jacke werden wir einen Zentimeter länger schneidern, als es der Norm entspricht, sie fällt dann schöner. Und dazu gibt es einen etwas engeren Kragen, der besser zu meiner •
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6 HAnDwerkskunst Die Masse, rund 50 an der Zahl, werden auf den stoff übertragen (4). 180 teile müssen zusammengenäht werden, bis das Veston und die Hose fertig sind (5). in den Ateliers in Mendrisio – stoff zuschneiden, nähen, retuschieren und kontrollieren (6).
Das 1910 gegründete familienunternehmen ermenegildo Zegna, das rund 7000 Mitarbeitende beschäftigt, stellt in erster linie hochwertige stoffe her. Die firma ist einer der weltweit bedeutendsten Produzenten, die zahlreiche grosse Modemarken beliefern. Die ersten konfektionskleider wurden ende der sechziger Jahre angefertigt, die erste Boutique öffnete ihre türen aber erst 1980 in Paris, gefolgt von Mailand 1985 und lugano. seither ist die Marke schnell gewachsen und besitzt heute gegen 550 Boutiquen auf der ganzen welt. Zegna ist auch sehr aktiv in der wollforschung und hat schon zahlreiche rekorde erzielt. Dazu zählt ein stoff mit einer Dicke von lediglich zehn Mikron, der zum Hundertjahrjubiläum der Marke in Australien hergestellt wurde. ein seltener stoff, aus dem weltweit nur gerade 20 Anzüge gefertigt wurden.
• Brustform passt. Alle diese Details machen den Unter schied zwischen einem guten Anzug und einem Mass anzug aus. Schliesslich hat der Schneider etwa 50 verschiedene Masse genommen, welchedie Angestelltenin den Ateliers von Zegna im Tessin, wo die meisten Massanzüge der Marke gefertigt werden, für ihre Arbeit benötigen. Aber so weit sind wir noch nicht. Zunächst darf ich den Stoff und die Farbe auswählen. Erwartungsgemäss ist die Auswahl riesig – doch nicht alles kommt in Frage, wenn es um einen Businessanzug geht. Denn in der Schweiz können wir Kunden nicht stilvoll in allzu hellen Farben und allzu ausgefallenen Schnitten empfangen. Das schränkt die Wahl ein wenig ein. Ich möchte über dies einen Anzug, der nicht zu schnell aus der Mode ge rät. «In diesem Fall gilt: sehr feine Streifen oder ein uni farbener Stoff. Beides ist zeitlos», sagt der Chef der Zür cher Boutique. Also entscheide ich mich für ein ziemlich helles Grau mit feinen Streifen. Beim Stoff fällt meine Wahl auf den Ermenegildo Zegna Trofeo, sehr robust und vor allem sehr leicht, einen der Blockbuster der Marke. Bis jetzt nichts auffällig Originelles also – doch ich schwöre mir, dies beim Futter nachzuholen. Es soll ver wegen smaragdgrün oder blutrot sein. «Eine solche Wahl treffen in der Regel Leute, die sich zum ersten Mal einen Massanzug machen lassen», klärt mich jedoch der Store Manager auf. «Sie wollen damit auffallen, ihren Anzug an die grosse Glocke hängen. Das ist aber nicht besonders geschmackvoll. Und das entspricht auch nicht dem Stil unserer Kunden.» Obwohl bei Zegna Prahlerei verpönt ist, lässt sich der Luxus dennoch an diskreten Details erkennen. Zum •
«Das futter meines Anzugs, das schwöre ich mir, soll verwegen sein. smaragdgrün oder blutrot.» 26_first 02_2011
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HAuptprobe Nun braucht es nur noch kleine retuschen, dann passt das tuch wie angegossen (7). Die schulterpartie spielt eine zentrale rolle. ist sie perfekt gearbeitet, sitzt auch das Veston passgenau (8). 250 Arbeitsschritte braucht es, bis der Kunde seinen Anzug abholen kann (9).
Beispiel an den Manschettenknöpfen am Jacken ärmel, die sich öffnen lassen (einer der drei Knöpfe sollte immer offen sein zum Zeichen, dass es sich nicht um ein PrêtàporterModell handelt). Oder an den Grössen der Innentaschen, die sich exakt an das Portemonnaie oder das elektronische Lieblingsspielzeug des Besitzers anpas sen lassen. Oder am Etikett auf dem Futter der Innen tasche, auf dem vermerkt ist, wer den Anzug hergestellt hat und wem er gehört. Doch all dies werde ich erst in ein paar Wochen sehen. Die Schneider von Zegna benötigen für die Fertigung eines Massanzugs 250 Arbeitsschritte; das heisst mindestens 20 Tage, in der Regel einen Monat. Der Preis beträgt 2000 bis 4000 Franken, je nachdem, was der Kunde gerne möchte. •
Einmal Massanzug, immer Massanzug. Obwohl Zegna eine italienische Marke ist, werden die meisten Mass anzüge in der Schweiz hergestellt, in den Ateliers in Mendrisio TI. Es ist eindrücklich, dort einen Augenschein zu nehmen. Die riesigen Werkstätten beherbergen Wa renlager mit 800 verschiedenen Stoffen. Hier arbeiten Hunderte von Frauen, bearbeiten die Stoffe, schneiden zu, nähen, retuschieren. Hier werden aus grossen Stoff ballen die 180 verschiedenen Teile zugeschnitten, aus de nen ein Anzug besteht. Hier werden die Aufschläge ge näht und die Ärmel sowie Schultern gefertigt, die schwie rigsten Teile, die nur von erfahrensten Arbeiterinnen ge macht werden können. Sogar ein Metalldetektor, der al lenfalls vergessene Nadeln aufspürt, ist vorhanden. Anschliessend fahren Herrenanzüge an Kleiderbü geln auf einer Schiene an mir vorbei zur Kontrolle. Zegna Anzüge, aber nicht nur. Die italienische Gruppe schnei dert auch für Fremdmarken und stellt ihr Knowhow so gar anderen grossen Brands wie Tom Ford, Gucci, Saks Fifth Avenue und Yves Saint Laurent zur Verfügung. Zurück in der Boutique, einen Monat später. Mein Anzug ist fast fertig. Der Schneider kontrolliert nochmals jedes Mass, die Länge der Ärmel, die Breite der Hosen beine. Er hebt die Augenbrauen, als er den Abstand zwi schen dem Kragen der Jacke und jenem meines Hemds prüft, bewundert die Rückenwölbung. Einige Retuschen sind noch nötig, um die Kleidungsstücke genau an meine Figur anzupassen. Sie werden am selben Tag vorgenom men, bevor wir zum letzten Schritt dieser berauschenden Erfahrung kommen: zur Schlussanprobe. Perfekt.DasTuchsitztwieangegossen.Underzieltsei ne Wirkung, der Reaktion meiner Kollegen nach zu urtei len, die den Schnitt und die Stoffqualität bewundern. Etwas beunruhigt mich allerdings ein bisschen: Der Schneiderhatbehauptet,wereinmaleinenMassanzugge tragen habe, der könne nicht mehr zum Prêtàporter zu rück. Das glaube ich ihm jetzt gerne. Ich werde mein Kleiderbudget wohl künftig etwas aufstocken müssen. •
«in einem gut geschnittenen Anzug fühlt man sich unbesiegbar», sagte John rockefeller, der reichste Mann der Welt. 28_first 02_2011
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30.3.2011
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Grosskalibrig
Klassiker für ihn gibt es nun auch für sie. Schlichtes Design mit einer Prise Extravaganz.
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1_Patek Philippe. Endlich auch für Frauen: die berühmte Nautilus von Designer Gerald Genta als mechanische Uhr mit weiblichem Flair. Nautilus Referenz 7008/1A-011; Zifferblatt rhodiumgrau mit Satinschliff, 27 500 Franken
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2_Chopard. Mit pinkfarbenem Arband im Reifenlook: Eine Männerbastion fällt, und die Mille Miglia kommt jetzt auch für die schnelle Frau am Steuer. Mille Miglia Racing in Pink, 5290 Franken mit polierter Lünette, 14 900 Franken mit Diamanten
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4_Rolex. Der ewige Klassiker. Zertifizierter Chronometer im legendären Oyster-Gehäuse. Mit feinen Goldkristallen auf dem Zifferblatt. Oyster Perpetual Lady Datejust, 16 700 Franken 5_Century. Eine Hommage an das Licht: die Uhr im Saphirgehäuse – aus einem Stück handgeschliffen. In Japan der Renner, bei uns noch ein Geheimtipp. Couture Temporary Timepiece, Milanese-Band aus Stahl, Saphir mit 32 Facetten, Quarz, 2450 Franken
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REDAKTION: PIERREANDRÉ SCHMITT; FOTOS: PR
3_Longines. Für den Galaabend. Wer hat eigentlich gesagt, Schmuckuhren gebe es nur für Millionäre? Dieses Modell mit 120 Diamanten auf der Lünette gibt es zu einem zivilen Preis. Lady Diamond Conquest, 2400 Franken
1_Blancpain. Alles, was die Haute Horlogerie hergibt: Grossdatum, Tourbillon und als technischer Leckerbissen eine Gangreservenanzeige auf dem Rotor. L-Evolution Tourbillon Grande Date Réserve de Marche sur Masse Oscillante, 148 000 Franken 2_Breitling. Für Weltenbummler und Piloten: die Uhr mit zweiter Zeitzone vom Aviatikspezialisten. Neu mit dem Hauskaliber 04. Chronomat GMT Caliber 04, 9450 Franken 3_ TAG Heuer. Die erste mechanische Armbanduhr, die Tausendstelsekunden misst. Die aufsehenerregendste Concept Watch der Saison. Mikrotimer Flying 1000 Concept Chronograph; vorläufig noch nicht erhältlich 4_Tissot. Ein Klassiker für Automobilfreunde: eine Hommage an den Rennsport der sechziger Jahre – und ein Schnäppchen. Man beachte das gelochte Stahlband. PR 516, 695 Franken
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5_Cartier. Ein Meisterstück von Uhrmacherin Carole Forestier. Mit dem sagenhaften Tourbillon in der Sekundenspitze. Limitiert auf 100 Stück. Astrotourbillon Calibre 9451, 114 000 Franken 4
Je cleverer die Mechanik, desto begeisterter der Mann. Derzeit gilt seine Passion Meisterstücken mit Vintage-Appeal.
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Raffiniert
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DUFT FÜR HELDEN
Oscar Pistorius, Weltklassesprinter mit Handicap, wirbt für Thierry Muglers «A*Men».
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VON IRIS KUHNSPOGAT TEXT
Wie nicht ganz von dieser Welt. Nun ist er das Gesicht des Herrenduftklassikers «A*Men» von Thierry Mugler. Das erste, mit dem der Duft, der seit 1996 auf dem Markt ist,
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THE FASTEST MAN ON NO LEGS Rennt allen anderen davon: der Ausnahmesportler Oscar Pistorius.
beworben wird. Oscar Pistorius hat ohne Zögern zugesagt, als er von den Marketingstrategen angefragt wurde. «Ich benutzte den Duft schon damals», sagt er. Die Kamapagne, die in den letzten Monaten mit ihm gemacht wurde, gefällt ihm: «I love it» – das Drumherum ebenfalls: «Amazing.» Die Freude steht ihm ins Gesicht geschrieben. Auf die Frage, wie es zu diesem Vertrag gekommen sei, sagt er: «Sie haben gefragt, ob ich mir das vorstellen könne, ich habe Ja gesagt.» Pistorius, das wird rasch klar, ist kein Mann der grossen Worte. Das überlässt er den Profis von Thierry Mugler Fragrance. Diese beschreiben Pistorius als «Wegbereiter für das neue Heldenprofil», als «eine atypische Persönlichkeit, deren Zielstrebigkeit alle Vorstellungen übersteigt». Sie sehen in ihm das Wesen, das Thierry Mugler vor Augen hatte, als er den Duft lan-
cierte: ein Wesen, «halb Mensch, halb Gott». Pistorius gefällts, aber es macht ihn auch verlegen: «Gott bin ich kein bisschen», sagt er, «aber wenn ich die Werbung ansehe, finde ich auch, dass ich aussehe wie nicht ganz von dieser Welt.» Sein Outfit, eine stromlinienförmige Verkleidung aus Chrom, die sich um die Muskeln und Verbindungsglieder von Oscar Pistorius’ Karbonprothesen schmiegt, wurde von Thierry Mugler und Stefano Canulli, mit dem Mugler seit 1989 zusammenarbeitet, entworfen. Die ausgeflippten Prothesen haben sie Pistorius nach Abschluss der Kampagnen-Shootings geschenkt. Eine davon will er als Erinnerung behalten. Die andere wird er demnächst versteigern. Dann ist für eine Weile Schluss mit solch spassigen Intermezzi: Pistorius will 2012 an den Olympischen Spielen in London an den Start.
FOTO: GETTY IMAGES, PR
ine Suite im Viersternehotel Warwick in einer Seitenstrasse der Champs-Elysées in Paris: Hierhin hat Thierry Mugler Fragrance, die dem Kosmetikkonzern Clarins gehört, eingeladen, um jemanden zu präsentieren, der in dieser Bling-Bling-Szene bislang kein Begriff war – Oscar Pistorius. Der Mann stammt aus Südafrika, ist 24 Jahre alt und hat Schlagzeilen gemacht als «the fastest man on no legs», als Weltklassesprinter, der nicht auf seinen eigenen Füssen, sondern auf Prothesen allen anderen davonrennt. In seiner Liga ist Pistorius eine Klasse für sich. Er besitzt unzählige Goldmedaillen, ist paralympischer Weltrekordhalter über 100, 200 und 400 Meter, ist bei Nike und Oakley unter Vertrag und hat in den vergangenen vier Jahren dafür gekämpft, an den regulären Olympischen Spielen an den Start gehen zu dürfen. Mit Erfolg. Für all das hat ihn die US-Zeitschrift «Time Magazine» 2008 zu einem der hundert einflussreichsten Menschen in der Kategorie «Helden und Pioniere» erklärt.
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Kühles Weiss, sanftes Rosa, warmes Beige: Im Sommer geben Softcolors den Ton an. Zusammen mit knallfarbenen Accessoires verleihen sie schnörkellos schlicht geschnittenen Kleidern einen Hauch Coolness. von NathaN Beck fotos Elvira BorBély for gustavE realisation und konzept monika Polyvas redaktion
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mode Vorherige Seite Nadine: Etuikleid, 2270 Fr., von Versace. Abendtasche aus Lackleder von Burberry Prorsum, Preis auf Anfrage. Will: Hemd, 350 Fr., Anzugshose, 575 Fr., beides von Dries Van Noten. Turnschuhe, 610 Fr., von Pierre Hardy. Diese Seite Will: Anzug: taillierter Veston, 1360 Fr., schmale Hose, 540 Fr., beides von Prada. Plastik-Bag, 125 Fr., von Jil Sander. Nadine: Taillierter Blazer mit Ledereinsätzen beim Revers, 3700 Fr., von Akris. Pantys, 24.90 Fr., von H&M. Strohhut, 150 Fr., von Grieder les Boutiques. Rechte Seite Nadine: Langes Kleid mit Plisseefalten, 4420 Fr., von Calvin Klein. Keilsandalen mit Riemchen, 1550 Fr., von Hermès.
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Diese Seite Will: Veston, 799 Fr., Hose, 259 Fr., beides von Hackett. Hemd, 430 Fr., und Seidenkrawatte, 220 Fr., beides von Prada. Rechte Seite Nadine: Faltenjupe, 449 Fr., von Tommy Hilfiger, Keilsandalen, 670 Fr., von Pierre Hardy.
mussestuNdeN.
Das macht die Tage, an denen keine Verpflichtung ruft, unvergesslich: die Zeit, die einem selbst gehÜrt. Zeit zum Verweilen. So lange, bis die Schatten länger werden.
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Diese Seite Nadine: Mantelkleid mit Farbverlauf, 1750 Fr., von Dries Van Noten. Ledergürtel von Akris, Preis auf Anfrage. Rechte Seite Will: Badehose, 19.90 Fr., von H&M. Nadine: Overall mit Bundfalten, 2970 Fr., von Céline, Keilsandalen, 1550 Fr., von Hermès. Handtasche von Burberry Prorsum, Preis auf Anfrage. Strohhut vom Markt in Saint-Tropez, privat.
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mode Diese Seite Will: Anzug: Veston, 850 Fr., Hose, 460 Fr., beides von Calvin Klein. Hemd, 198 Fr., und Streifenkrawatte, 89 Fr., beides von Gant. Rechte Seite Nadine: Bodenlanges voluminรถses Tulpenkleid, 2280 Fr., von Jil Sander.
die magie des augeNblicks.
Abends dann, bevor der Champagner im Glas perlt, gehst du noch mal kurz raus. Du willst das Licht geniessen, das allen Dingen diesen weichen, warmen Schimmer gibt.
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Hair und Makeďšşup: Monika SpiSak / Style CounCil; CaSting: nadja putzi; ModelS: nadine StrittMatter / iMg, Will/plaCe
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CASSINA LC2 Ein Designklassiker: das schwarze Ledersofa von Le Corbusier.
LE CORBUSIER Der in La Chaux-de-Fonds geborene Charles-Edouard Jeanneret-Gris oder Le Corbusier, wie er sich später nannte, war einer der bedeutendsten und einflussreichsten Architekten des 20. Jahrhunderts. Zusammen mit Pierre Jeanneret und Charlotte Perriand entwarf er Ende der 1920er Jahre auch Sitzmöbel, die zu absoluten Designklassikern wurden. Die bei der Gründung von Wohnbedarf geplante Zusammenarbeit mit Le Corbusier kam schliesslich nicht zustande. Aber das Zürcher Einrichtungshaus führte von Anfang an die Sessel und Sofas des Modells LC2 oder die Chaiselongue LC4 im Programm. Um diese Liege entspann sich in den fünfziger Jahren eine Kontroverse: Wohnbedarf hatte das nach dem Zweiten Weltkrieg nirgends mehr erhältliche Möbel in kleinen Stückzahlen von Zürcher Schlossern nachbauen lassen. Dagegen wehrte sich Le Corbusier. Als Entschädigung erhielt er eine der Zürcher Liegen. Sie steht heute in der Fondation Le Corbusier, einem Museum in der ehemaligen Pariser Wohnung des Architekten.
WAS LANGE WÄHRT, 44_FIRST 02_2011
WERNER MAX MOSER Der Architekt gehörte zum dreiköpfigen WohnbedarfGründerteam. Zur selben Zeit entwarf der spätere ETH-Professor einen Freischwingersessel, der sich durch ein wesentliches Merkmal von anderen, gleichzeitig oder früher im Ausland entwickelten Modellen unterscheidet: Moser trennte den Polsterrahmen vom Gestell und betonte dies optisch und konstruktiv, indem er die beiden Elemente in unterschiedlichen Stahlprofilen ausführte. So lässt sich die Sitzposition verändern. Die zahlreichen von Moser Mitte der dreissiger Jahre entworfenen Sessel, Stühle, Tische und Büchergestelle zeichnen sich dadurch aus, dass sie verstellbar und vielseitig verwendbar sind. Ihrer ausgefeilten Geometrie wegen lassen sie sich auch gut kombinieren. Der Moser-Sessel Modell 1434 wird zum 80-Jahr-Jubiläum von Wohnbedarf in einer limitierten Auflage neu lanciert.
SESSEL MODELL 1434 Wird neu lanciert: Werner Max Mosers Freischwinger.
Wohnbedarf, das Geschäft, das den Schweizern den Bauhausstil schmackhaft gemacht hat, feiert dieses Jahr den 80. Geburtstag. Mit aufgefrischten Klassikern. VON KASPAR MEULI TEXT
BLEIBT GUT
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Die Wohnbedarf-Gründer traten 1931 unter gewagten Bedingungen an: Die Produkte, die sie verkaufen wollten, existierten noch gar nicht.
MARCEL BREUER Der deutsch-amerikanische Architekt Marcel Breuer gilt als Erfinder des modernen Stahlrohrmöbels. Der Leiter der Möbelwerkstatt am Bauhaus in Dessau hatte zuerst bei seinem Lattenstuhl Gestell und Bespannung voneinander getrennt und dieses Prinzip anschliessend bei einem Stahlrohrmöbel angewandt. So entstand 1925 der legendäre Wassily-Sessel. 1928 brachte Breuer den freischwingenden Stuhl in seine bis heute gültige Form. Breuer gehörte zum Freundeskreis des Wohnbedarf-Gründers Sigfried Giedion und entwarf für die Zürcher Möbelpioniere unter anderem Sessel, ein frei stellbares Büchergestell und einen Schreibtisch. Vor allem aber baute Breuer zusammen mit dem Architekten Robert Winkler 1932 die Ladenlokalität an der Zürcher Talstrasse 11. Er war 1956 auch für deren Umbau verantwortlich – zu einem Zeitpunkt, als der mittlerweile international gefeierte Architekt längst in die USA ausgewandert war.
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ieses Geschäft wollte immer mehr sein als ein Laden. «Wohnbedarf ist Wohnbedarf», bekommt zu hören, wer danach fragt, was das Einrichtungshaus, das in diesen Tagen seinen 80. Geburtstag feiert, so besonders mache. Die lapidare Antwort mag anmassend klingen, doch das Möbelgeschäft an der Zürcher Talstrasse unweit des Paradeplatzes hat für die Geschichte des Designs herausragende Bedeutung. Als Wegbereiter, ja Brutstätte der Moderne ist Wohnbedarf eine Institution. Das beginnt 46_FIRST 02_2011
STUHL CESKA Marcel Breuers Erfindung: das moderne Stahlrohrmöbel.
beim Logo – welcher andere Möbelverkäufer kann mit einem Entwurf von Max Bill auftrumpfen? Und es setzt sich fort, wenn man sich die Namen derjenigen ansieht, die eng mit den Zürcher Pionieren verbunden waren: von Alvar Aalto über Marcel Breuer und Le Corbusier bis hin zu Ludwig Mies van der Rohe. Dass es Wohnbedarf heute noch gibt, ist ein kleines Wunder. Die Gründer traten 1931 nämlich unter reichlich gewagten Bedingungen an: Die Produkte, die sie verkaufen wollten, existierten noch gar nicht. «Ein sicheres Rezept für den baldigen Konkurs», erinnerte sich Rudolf Graber, der Geschäftsführer der ersten Stunde, in einer Publikation zum 25-jährigen Bestehen. Ziel war, dem interessierten Publikum eine neue Art von
AKARILEUCHTEN In Europa erstmals bei Wohnbedarf zu sehen: Isamu Noguchis Leuchten.
ISAMU NOGUCHI Der Bildhauer und Designer Isamu Noguchi ist unter anderem durch seine Akari-Leuchten bekannt geworden, die sich an den Papierleuchten japanischer Fischer orientierten. Der Sohn einer amerikanischen Schriftstellerin und eines japanischen Dichters lebte in den USA, war aber der Heimat seines Vaters stark verbunden. Mit Wohnbedarf, dem ersten europäischen Einrichtungshaus, das die Akari-Lampen ins Sortiment aufnahm, unterhielt Noguchi eine freundschaftliche Beziehung. Zur Eröffnung des neu gestalteten Verkaufslokals 1956 schrieb er: «Selbstverständlich ist Wohnbedarf kein Laden, sondern eine Institution – ein Unterweiser in Geschmack, ein Erwecker von Bewusstsein. Ich bin sicher, dass es dank Ihnen mehr von Wirrwarr befreite Orte gibt und dadurch mehr Zeit und Freiheit für die Freuden des Lebens.»
Möbeln anzubieten, die im Einklang mit der gesellschaftlichen Aufbruchstimmung der späten 1920er Jahre standen. Schnörkellos und funktional sollten sie sein und in Serie gefertigt. Gefragt – der neue Lebensstil. Die Nachfrage nach moderner Einrichtung wäre eigentlich da, das ahnten die Neuerer. Nun wollte man das entsprechende Angebot schaffen. Doch, so zeigte sich, war dies schneller gesagt als getan. Zwar hatten namhafte Vertreter der Architekturavantgarde zugesagt, Möbel für das Wohnbedarf-Programm zu entwerfen, aber: «Ich habe zu merken bekommen, dass gute Möbel zu entwerfen, fast so schwierig ist, wie gute Häuser zu bauen», so Rudolf Graber.
Wie gross das Interesse am neuen Lebensstil war, zeigte eine Ausstellung zum Thema «Befreites Wohnen» 1931 in der Zürcher Siedlung Neubühl. Sie zog 12 000 Besucher an, die unter anderem die Stahlrohrmöbel von Wohnbedarf-Mitgründer Werner Max Moser bestaunten. Gross war nicht nur die Neugier, sondern auch die Verunsicherung des Publikums. Ein Wohnbedarf-Kunde wollte wissen, ob es denn angehe, Werke aus früheren Jahrhunderten, etwa von Schiller und Goethe, in ein modernes Büchergestell zu stellen. Neben dem Kaufmann Graber und dem Gestalter Moser gehörte auch Sigfried Giedion zu den Wohnbedarf-Pionieren. Der Professor für Kunstgeschichte war der Vordenker der Gruppe FIRST 02_2011_47
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BETTSOFA MODELL 63 Seit 80 Jahren im Wohnbedarf-Sortiment: das Bettsofa von Alvar Aalto.
ALVAR AALTO Das Bettsofa, das der finnische Architekt, Stadtplaner und Designer Alvar Aalto für Wohnbedarf entwarf, zählt zu den ganz wenigen Möbeln, die in der 80-jährigen Geschichte immer im Programm des Einrichtungshauses geführt wurden. Durch einen Hebelmechanismus lässt sich das Sofa in ein bequemes Bett verwandeln. Wohnbedarf hatte 1932 den Prototyp zur Serienreife gebracht und lässt das Modell seither in kleinen Serien fabrizieren. Bekannt wurde Aalto nicht zuletzt mit seinen in Finnland hergestellten Holzmöbeln. Sie wurden zum Sinnbild einer undoktrinären, «menschlicheren» Moderne. Aaltos Interesse galt dem individuell gestalteten, sorgfältig durchdachten Einzelobjekt. Übrigens: Das Dancing Mascotte im Zürcher Corso-Haus wurde 1934 ausschliesslich mit Aalto-Möbeln eingerichtet.
und international bestens vernetzt. Zu seinem Freundeskreis zählten unter vielen anderen der finnische Architekt und Designer Alvar Aalto sowie Marcel Breuer, der Leiter der Möbelwerkstatt am Bauhaus in Dessau. Ihre Entwürfe sollten sich als tragende Säulen der neuen Kollektion erweisen. Zur Serienreife gebracht und hergestellt wurden die Möbel von der gestandenen Schweizer Firma, den Embru-Werken in Rüti. Wohnbedarf wirkte, wie es Max Bill einst formulierte, als «Verleger für gute zeitgemässe Möbel». Genau diese Verlegerrolle möchte Felix Messmer, der das Unternehmen 2008 übernahm, zum 80. Geburtstag von Wohnbedarf wieder aufleben lassen. «Wir werden zum Jubiläum ver-
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schiedene Möbelstücke, die für Wohnbedarf kreiert, aber lange nicht mehr hergestellt wurden, in aufgefrischter Form wieder auf den Markt bringen», verspricht Messmer. Den Anfang dieser limitierten Editionen machen zwei Stahlrohrsessel und ein Tischchen von Werner Max Moser. Ebenfalls neu aufgelegt werden Klassiker von Max Bill. Das Geschäft mit dem kulturellen Anspruch. Für die glanzvolle Geschichte war aber nicht nur die Kooperation zwischen Wohnbedarf und Designergrössen ausschlaggebend. Gemäss dem Credo der Gründer, Lebensform und Wohnkultur miteinander zu verschmelzen, verfolgte das Zürcher Einrichtungshaus auch
Hergestellt wurden die Möbel von einer Schweizer Firma: den Embru-Werken in Rüti. MAX BILL Der weltbekannte Zürcher Architekt, Künstler und Designer Max Bill war dem Einrichtungshaus in mancher Hinsicht verbunden. Er verhalf Wohnbedarf zu einem markanten visuellen Auftritt, vor allem aber entwarf er exklusiv verschiedene Möbelstücke. Darunter so prägnante Entwürfe wie den Quadratrundund den Dreirundtisch. Bill führte einen eigentlichen Feldzug für eine Designreform. Die 1949 entstandenen Tische stellten einen Höhepunkt dar. Sie waren Teil einer von Bill erarbeiteten Sonderschau an der Basler Mustermesse mit dem Titel «Die gute Form». Bills Tische und die passenden Stühle wurden aus Massiv- und Sperrholz gefertigt. Diese Materialwahl war eine Provokation, denn nach dem verfemten Heimatstil der Kriegsjahre galt Holz nicht mehr als zeitgemäss.
QUADRATRUNDTISCH Aus Sperrholz gefertigt: Max Bills runder Tisch mit dem eingearbeiteten Quadrat.
höhere Ziele: Es hatte einen erzieherischen Anspruch und verstand sich als Teil des kulturellen Lebens. Man organisierte Ausstellungen zu Themen wie «Nordafrikanische Volkskunst» oder «Design-Avantgarde Frankreichs» und arbeitete mit Künstlern, Fotografen und Grafikern zusammen. Kataloge, Einladungskarten und auch Schaufenster wurden während Jahrzehnten von Exponenten des Schweizer Kunstschaffens gestaltet: Richard Paul Lohse, Hans Finsler, Georg Staehelin, Gottfried Honegger – und immer wieder Max Bill. Die Tatsache, dass sich Leute dieses Kalibers für den Auftritt eines Möbelgeschäfts einspannen liessen, könnte den Stellenwert von Wohnbedarf wohl nicht besser illustrieren.
Von den legendären Vernissagen, an denen sich alles traf, was im Kultur- und Gesellschaftsleben Rang und Namen hatte, gingen die Gäste oft nicht mit leeren Händen nach Hause. Es kam vor, dass sie als Geschenk einen Druck von Bill oder Lohse mit auf den Weg erhielten. Kein Wunder, meinte der Künstler Gottfried Honegger in seiner Rede zum 75. Geburtstag dieser Zürcher Institution mit Ausstrahlung weit über die Schweiz hinaus, Wohnbedarf sei «so etwas wie ein Kulturdenkmal».
Lesen Sie auf Seite 50 das Interview mit Felix Messmer, Wohnbedarf-Inhaber.
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zeitlos modern «der Bauhaus stil hat nach wie vor Bedeutung», sagt der Wohn bedarfChef felix messmer.
Herr Messmer, das Interesse an modernen Möbelklassikern ist ungebrochen gross. Weshalb? Sie haben bewiesen, dass die Qualität ihres Designs besser ist als das einiger anderer Produkte. Die Stühle von Eames oder Breuer zum Beispiel sind einfach gute Würfe. Heute entdecken die 20- und 30-Jährigen diese Möbel neu. Setzen die Menschen in unsicheren Zeiten auf sichere Werte und kaufen sich deshalb Klassiker? Das ist möglich. Aber das Interesse an den Klassikern hat auch viel mit Nachhaltigkeit zu tun. Die Zeiten der Wegwerfgesellschaft sind vorbei. Moderne Klassiker sind genau das Gegenteil dieser Wegwerfmentalität – man kann sie 20 Jahre lang behalten und, wenn sie einem verleidet sind, übers Internet wieder verkaufen oder in der Familie weitergeben. Dann machen sie noch einmal 20 Jahre einem neuen Besitzer Freude. Wohnbedarf wollte immer mehr sein als ein Laden und hatte gesellschaftliche Ziele. Wollen Sie immer noch mit Möbeln die Welt verändern? Es gibt heute eine derartige Fülle von Produkten, dass wir filtern und den oberflächlichen Trend von dem trennen wollen, was Bestand hat. Heutzutage sind die Designer gezwungen, ständig Neues zu produzieren, damit die Möbelfirmen ihre Marketingmaschinerie
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mit Neuheiten füttern können. Möbel entstehen heute nicht mehr nur aus Notwendigkeit. Wohnbedarf aber zeigt nur Dinge, von denen wir sicher sind, dass sie über den Tag hinaus bestehen werden. Die Schweizer Möbeldesigner, mit denen Wohnbedarf zur Institution geworden ist, haben Designgeschichte geschrieben. Wo steht das helvetische Möbeldesign heute? In den 1930er Jahren waren Architekten prägend. Sie entwarfen für die Gebäude, die sie bauten, auch noch gleich die Möbel. Da entstand hohe Qualität, denn Architekten bauen für 50 oder 100 Jahre. Heute werden die Möbel vor allem von Produktdesignern entworfen. Viele von ihnen sind auf den Big-Bang-Effekt ausgerichtet. Sie sollen Produkte entwerfen, die jeder haben will, denn das garantiert den Herstellern hohe Stückzahlen. Dadurch hat die Qualität abgenommen,
klipp und klar «Wir zeigen nur dinge, die über den tag hinaus Bestand haben»: felix messmer.
trotzdem haben wir in der Schweiz immer noch hochstehendes Design wie zum Beispiel von Thut Möbel, Wogg und röthlisberger. Aber was heisst heute schon Schweizer Design? Durch die Globalisierung hat sich alles vermischt: Japaner arbeiten für Schweizer Firmen und Schweizer Designer für italienische Hersteller. Viele der Möbelklassiker wurden vor 60, 70 oder 80 Jahren entworfen. Weshalb sollen wirunseigentlichdieMöbelunsererGross eltern kaufen? Man sollte sich Möbel kaufen, weil sie einem gefallen, nicht weil sie alt sind. Gutes Design ist zeitlos. Klassiker sind nicht gefragt, weil sie alt, sondern weil sie einfach gut sind! Der Bauhausstil hat nach wie vor Bedeutung – klare Formen und ehrliche Architektur sind absolut modern. Aber wo sind die Klassiker von morgen? Quantensprünge im Möbeldesign hatten immer mit neuen Materialien und Technologien zu tun. Zum Beispiel die Verwendung von Stahlrohr und dampfgepresstem Holz und danach die ungeahnten Möglichkeiten des Kunststoffs. Heute stellt sich die Frage: Was kommt als Nächstes? Aus Karbon etwa gibt es einiges, aber das möchte man nicht unbedingt ins Wohnzimmer stellen. Mitten in einer eigentlichen revolution stecken wir hingegen bei der Beleuchtung, wo sich die lED-Technologie durchsetzt. Da ist im Moment unheimlich viel los, und es werden die Weichen für die Zukunft gestellt. Bei den Möbeln geht es zurzeit vor allem um mehr Nachhaltigkeit. Gefragt sind Möbel, die man auch in zehn Jahren noch brauchen kann und vor allem brauchen will. • Interview: Kaspar Meuli
FoToS: ANDrEAS SüTTErlIN, © VITrA; ETH BIBlIoTHEK ZürIcH, BIlDArcHIV; © WoHNBEDArF AG ZürIcH; QuEllE: ArTHur rüEGG HrSG.: ScHWEIZEr MöBEl uND INTErIEurS IM 20. JAHrHuNDErT
wohnen
first Das Magazin
f端r Stil, Luxus und Kultur.
Ausgabe 3/11 erscheint am 23. September.
autotest
Liebe zum DetaiL Kantige Hinterbacken, schön designter schalthebel samt Kulisse und ein schicker tankdeckel.
Die Karre
für Kerle
Mit diesem auto ist der Mann bitte schön allein unterwegs oder mit Kumpels und söhnen. Denn frauen wollen beim aussteigen nicht als erstes ihre frisur büscheln müssen. von pierreanDrÉ schmitt text, saLLy montana fotos
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ine Warnung vorweg: Fahren Sie in diesem Wagen nicht mit einem elfjährigen Buben in die Nacht hinaus, nicht wenn es draussen kühl ist. Der Bub wird, wenn er aufgeweckt ist, schnell einmal mit fragendem Blick auf einen schwarzen viereckigen Knopf mit Pfeilsymbolen zeigen. Er wird Sie bestürmen. Er wird alle Register ziehen. Und er wird Sie um den Finger wickeln. Am Schluss werden Sie auf den Knopf gedrückt haben und mit offenem Verdeck fahren, obwohl Sie es dafür eigentlich definitiv zu kühl finden. Aber der Bub wird jauchzen, der Motor wird fauchen, und beides wird Musik in Ihren Ohren sein. Noch etwas: Steigen Sie nicht in dieses Auto, wenn Sie gestresst sind. Oder wenn Sie eigentlich nur gemütlich cruisen wollen. Denn dieses Auto macht etwas mit Ihnen – es verändert Sie. Oder sagen wir mal so: Es kann Sie verändern. Der Audi R8 Spyder macht Sie nicht langsamer, im Gegenteil. Mit diesem Auto können Sie eine hundskommune Strasse in eine wilde Achterbahn verwandeln, Sie bringen Adrenalin zum Sprudeln, Blut zum Kochen, den Puls zum Hämmern. Und Sie können ein teuflisches Hardrock-Konzert aus zehn Zylindern röhren lassen. Sie können voll Karacho in die Kurve, und das Auto wird dank Mittelmotor
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und Allradantrieb sozusagen auf Schienen um die Kurve schiessen – wie auf einer Achterbahn eben. Sie können bremsen, und der Wagen wird brachial ankern. Sie können ihn umgekehrt in 4,1 Sekunden von 0 auf 100 Kilometer pro Stunde jagen. Sie werden viel Spass haben mit diesem Auto. Und Sie werden es nie mehr hergeben wollen. Doch jetzt mal Pause. Entschleunigung. Wir wollen an dieser Stelle niemanden zum Rasen bewegen – im Gegenteil. Und wir wollen Sie gewarnt haben. Wenn Sie im Audi R8 Spyder mit dem rechten Fuss voll Gas geben, sind Sie mit dem linken Bein schon halb im Gefängnis. Und wenn es am Strassenrand blitzt, wir wissen es aus berufener Quelle, war das garantiert kein Paparazzo. Das Gute-Laune-Auto. Schauen wir uns das Auto doch zunächst von vorne an. Es ist ein Audi, klar, und ein Audi sieht immer ein bisschen aus wie ein Audi, das hat stark mit diesem Single-Frame-Kühler zu tun. Man könnte ihn leicht unterschätzen, den R8, wäre da nicht diese geduckte Form, bereit zum Sprung, zum Spurt, zum Angriff. Von hinten wirkt der Wagen eine Spur böser mit seinen breiten kantigen Hinterbacken. Er erinnert uns an den Lamborghini Gallardo, mit dem er ja den Motor teilt. Aber zum Motor kommen wir noch. Jetzt setzen wir uns mal ins Auto. Und drehen den Schlüssel, einen richtigen •
Audi R8 Spyder Motor: 10 Zylinder Hubraum: 5,2 Liter Leistung: 525 Ps Beschleunigung: von 0 auf 100 km/h in 4,1 sekunden spitze: 313 km/h Verbrauch: 14,7 Liter / 100 km Preis: ab 244 000 franken
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autotest
Wenn sie im Audi r8 spyder mit dem rechten fuss voll Gas geben, sind sie mit dem linken Bein schon halb im Gefängnis. • Autoschlüssel übrigens, und das ist fast schon ein kleines State ment heute: Ein richtiger Autoschlüssel zündet reelle Autos für reelle Männer. Nicht so Schnickschnackzeugs. Wir können, wenn das Wetter mitspielt, auf den Knopf mit den Pfeilsymbolen drücken – bis Tempo 50 ist Fahren und Öffnen des Ver decks gleichzeitig erlaubt. 19 Sekunden braucht man, bis einem der Wind die Haare zerzaust. Und die Show ist nicht so schlecht. Ab gesehen davon, dass das aufklappbare Stoffverdeck sozusagen die Raison d’être des Spyders ist. Den Spyder kauft man, weil man ein Sportcabrio will. Und ein Sportcabrio will man, um sportlich offen zu fahren. Die Haare im Wind, das Ohr am Motor, die Augen nur knapp über Asphalthöhe. Sportwagen fahren macht Laune. Sportcabrio fah ren macht mächtig Laune.
Wehe, wenn das Reptil erwacht. Noch etwas zum Thema Show. Ich fuhr mit meinem guten Freund Servais Micolot nach Basel zur Uhren messe. Servais nahm seinen Mercedes, weil er danach in die Roman die musste. Er fuhr ein Stück hinter mir und beobachtete ein Phäno men: Autos, die mich überholten,wenn ich gemächlicherfuhr, brems ten auf der Überholspur ab, wenn sie an mir vorbeizogen. «Sie glotzten dein Auto an», berichtete Servais. Er fand übrigens, das Auto sehe aus wie ein böses schlafendes Reptil. «Aber plötzlich erwacht es.» Seien Sie darauf vorbereitet, dass Ihnen jemand den Vogel zeigt, wenn Sie das Reptil zum Erwachen bringen. Zündet man den Motor, gibt es einen lauten Gasstoss. Und nicht allen Menschen gefällt das. Einigen aber schon. Wir machten, wie immer auf unseren Test wagenfahrten, bei Sven Klausner in Zürich einen Boxenstopp. Sven ist
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ein ausgewiesener Connaisseur, ein Autogourmet und mein Lieb lingsmechaniker. Fachmännisch begutachtet er die kohlefaserver stärkten Keramikbremsen, die Karbonteile und die LEDLampen vor ne. Dann bittet er mich um eine Hörprobe. Denn, Sven Klausner weiss das natürlich, dieser Wagen ist für Freunde des Automobils sozusagen ein fahrendes Musikinstrument. Der Motor röhrt und faucht und bellt und donnert. Vor allem wenn man beschleunigt, dreht er zum lustvoll jubelnden Crescendo auf – die Rockband AC/DC wirkt geradezu schlapp dagegen. Besseren Motorensound gibt es derzeit kaum zu kaufen. Doch so viel Freude macht offenkundig auch durstig: 16,2 Liter auf 100 Kilometer brauchte der R8 im Schnitt, auf der Autobahn drückten wir ihn bei besonnener Fahrweise auf 13,6 Liter. Aber bei sportlicher Hetze in kurvigen Hügeln kommt man auch mal auf 20 Liter. Oder mehr. Immerhin saugen da zehn Zylinder mit einem Volumen von 5,2 Litern. 525 PS leistet der Motor – das ist bei einem Gewicht von 1,8 Tonnen eine klare Ansage. Das Auto ist ab 244 000 Franken zu haben, unsere grosszügig aus gestattete Version kostet 270 000 Franken. Dafür gibt es ein paar Extras, die Keramikbremsen zum Beispiel (plus 15 000 Franken) oder dekora tive Karboneinlagen (plus 3840 Franken). Wir testeten die handgeschaltete Version, und wir raten auch ger ne zu dieser. Nicht nur, weil Schalthebel und kulisse wunderschön anzuschauen sind. Zum sportlichen Charakter des Autos passt die Handschaltung wunderbar. Ich fuhr, nachdem ich den Wagen wieder abgegeben hatte, mit meinemLieblingsmotorradzurück.Und,ichschwörees,esistmirzum ersten Mal in zehn Jahren ein bisschen langsam vorgekommen. •
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1.4.2011
9:11 Uhr
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ch wollte eigentlich nur mein Brot bezahlen, als der junge Mann an der Kasse eine überraschende Frage stellte: «Entschuldigen Sie bitte, darf ich kurz einen Blick auf Ihre Uhr werfen?» Erstaunt hob ich den Kopf. Der Mann war jung, etwa 25-jährig, gross, mit schwarzem gelocktem Haar und einem verdutzten Blick. «Ich bin ein Uhrenliebhaber, aber ein Stück wie dieses habe ich noch nie gesehen. Das ist doch ein Tourbillon, nicht wahr?» Nein, lautet die korrekte Antwort, es ist nur fast ein Tourbillon. Stellen Sie sich eine Glaskugel vor, die oben und unten aus dem Uhrengehäuse herausragt. Diese Kugel beherbergt eine aussergewöhnliche, aus 166 Teilen bestehende Mechanik, die sich unablässig um sich selbst dreht. Das ist das Regulierorgan der Uhr, die Hemmung. Man braucht nur das Handgelenk zu bewegen, und schon dreht sich die Hemmpartie im Innern dieser Kugel in entgegengesetzter Richtung – so als ob sie sich jeglichen Gravitationsgesetzen widersetzen könnte. Aber darauf kommen wir noch zu sprechen. Ein simples Prinzip. Mit dieser Kugel gibt es ein kleines Problem: Sie ragt wie ein Buckel aus dem Gehäuse heraus, wodurch die Uhr ziemlich unangenehm zu tragen zu sein scheint, wie man befürchtet, wenn man sie sieht. Nachdem ich sie zwei Wochen lang getragen habe, kann ich Ihnen aber versichern, dass sie sich harmonisch zwischen die Handgelenksknochen einfügt und dass man sie wirklich nicht spürt. Das Werk ist verwirrend komplex anzuschauen, es beruht aber auf einem ziemlich einfachen Prinzip. Ein Uhrwerk wird, wenn es nicht immer schön flach liegt, von der Schwerkraft beeinflusst, in verschiedenen Positionen jeweils unterschiedlich, und das beeinträchtigt die Genauigkeit. Anders ein Marinechronometer: Bei einem solchen ist das Werk kardanisch aufgehängt. Egal wie schief das Schiff in den Wellen liegt, egal wie sehr es schaukelt, das Werk bleibt konstant in horizontaler Lage. Eine andere Lösung ist schon über zwei Jahrhunderte alt: das Tourbillon. Ein System, mit dem sich die Wirkung der Schwer-
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kugel sicher
Die Wölbung im gehäuse der Zenith christophe colomb ist eine technische raffinesse. Was es damit auf sich hat, erfuhr Olivier Toublan im uhrentest.
kraft zwar nicht aufheben, aber kompensie ren lässt. Hier ist die Hemmung in einen Käfig eingebaut, der sich dreht – mit diesem System lässt sich die Wirkung der Erdanzie hung weitgehend ausschalten. Es gibt Tour billons mit mehreren Achsen, die dafür sor gen, dass die Hemmung dreidimensional in allen Richtungen dreht und die Schwerkraft wirklich fast keine Chance mehr hat, die Uhr ungenau zu machen.
FoToS: PR
«Das ist doch ein Tourbillon, nicht wahr?» Nein, aber fast.
Fehler behoben. Doch streng genommen sind alle Tourbillons nur ein Notbehelf. «Am Schluss haben wir einfach den Durch schnitt mehrerer Fehler», erklärt Yves Cor thésy, Leiter der Uhrwerkentwicklung bei Zenith und Vater der Christophe Colomb. Seine Lösung ist noch ausgeklügelter: Er eli miniert ganz einfach die durch die Schwer kraft verursachten Fehler. Da das Regulier organ in seiner Kugel «schwebt», bleibt es ungeachtet der Stellung des Handgelenks stets in mehr oder weniger horizontaler Lage. Wie die ersten Marinechronometer. Genug nun der Theorie, für die sich die meisten Leute, die meine Uhr bewundern, sowieso nicht interessieren. «Fantastisch», fasst ein Partner bei KPMG und Liebhaber schöner mechanischer Uhren zusammen. «Diese Uhr hat eigentlich nur einen Makel», lächelt Yves Corthésy. «Sie verleitet die Leu te dazu, mit ihr zu spielen.» Und das könnte der Lebensdauer abträglich sein, da ihr Re gulierorgan nur an zwei winzigen Achsen aufgehängt ist. Doch Corthésy verneint jegli che Gefahr. «Verglichen mit der üblichen Grösse der Komponenten einer Uhr, sind diese Achsen schon recht massiv. Zudem ist das Uhrwerk sehr solide gebaut. Wir haben Tests durchgeführt: Die Widerstandsfähig keit der Kugellager ist so berechnet, dass sie Stössen von bis zu 5000 g standhalten, womit sie im Vergleich zu anderen grossen Uhren komplikationen sehr robust sind.» Wir glauben es ihm aufs Wort. Abgesehen davon ist das auch gar nicht so wichtig. Schliesslich trägt man diese Uhr ja nicht beim Squashspielen. Eine solche Uhr be wundert man, man behält sie für sich und beschützt sie sorgsam. Sofern man es sich denn leisten kann, 210 000 Franken auszu geben, um ihr glücklicher Besitzer zu wer den. Und vor allem: Man beeile sich, eine zu kaufen, es gibt nämlich nur noch einige wenige Stücke davon. •
streben nach Präzision Die zenith christophe colomb ist mit einem academy-8804-Uhrwerk ausgestattet. es wird von hand aufgezogen, schwingt wie das basismodell el Primero mit 36 000 halbschwingungen pro stunde und hat eine Gangreserve von 50 stunden. Die christophe colomb verfügt über ein kardanisches system, welches das regulierorgan in horizontaler Lage hält. «Das ist keine Variante des Gyrotourbillons», präzisiert entwickler Yves corthésy, «sondern eine neue Komplikation, ein weiterer schritt im streben nach Präzision.» Die schwierigkeit habe zunächst darin bestanden, ein genügend kleines Uhrwerk herzustellen, das im Gehäuse Platz findet, erklärt der Verantwortliche der Uhrwerkentwicklung bei zenith. Danach musste die Koordination ge-
Fünf Jahre Entwicklungsarbeit: die Christophe Colomb von Zenith.
währleistet werden, obwohl sich das regulierorgan in seiner Kugel ständig in alle richtungen dreht. Fünf Jahre habe die entwicklung dieses Uhrwerks,dievollständigbetriebsintern erfolgt sei, gedauert, sagt Yves corthésy. Ganz reibungslos verlief das Ganze allerdings nicht, weil sich einige Lieferanten weigerten, bestimmte äusserst komplexe teile wie die konischen räder anzufertigen. «ohne die technischen Fähigkeiten und das Know-how unserer Manufaktur hätten wir es nie geschafft», so corthésy.
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kunst
Die Kunst PhilanthroPin Ella fontanals-Cisneros gehört gemäss dem Branchenmagazin «Art review» zu den 200 top Collectors der Welt. ihr Museum CifO Art space in Downtown Miami ist Pilgerort für Kunstliebhaber, ihre gleichnamige stiftung fördert junge Künstler aus Lateinamerika mit Preisen und stipendien, initiiert und unterstützt Kulturprojekte. teile ihrer sammlung machen in der Ausstellung «Gebaute Vision – Abstrakte und konkrete Kunst aus Lateinamerika» nach Palma de Mallorca und Bonn im Zürcher Haus Konstruktiv halt. Bis 1. Mai 2011. www.cifo.org, www.hauskonstruktiv.ch
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ihre passion gehört der abstraktion
der sinnlichkeit der lateinamerikanischen abstrakten kunst kann ella fontanalsCisneros nicht widerstehen: ihre sammlung, die mittlerweile über 1300 Werke umfasst, geniesst Weltruf. ein teil davon gastiert nun in Zürich, im haus konstruktiv. von brigitte ulmer text, Sandro Fiechter foto
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BILD: COURTESY PAULO KUCZYNSKI AND THE CISNEROS FONTANALS ART FOUNDATION (FOTO: ROMULO FIALDINI)
Ubi bava, CirCUlos estÁtiCos dinÂmiCos, 1955, öl aUf leinWand, 80 × 80 Zentimeter
«ich suchte ein ganz spezielles Werk von Julio. Als ich ihn kontaktierte, sagte er mir, er habe etwas. Aber es sei viel zu gross, als dass es jemand kaufen könnte. Es lagerte in Holzkisten und wurde vierzig Jahre lang nicht mehr ausgestellt. Als ich es sah, wusste ich, dass ich es kaufen musste, um dieses wunderbare Werk wieder ans Licht der Öffentlichkeit zu bringen.» JuLio LE PArc, continuEL MobiLE, 1963, nyLondrAHt, stAHLPAnEELE, 7 × 17 MEtEr
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BiLDER: COURTESY THE CISNEROS FONTANALS ART FOUNDATION
kunst
«Gego ist eine meiner favoritinnen in der sammlung. Dieses Werk ist so delikat, seine form ist so aussergewöhnlich, dass ich nicht widerstehen konnte. ich kaufte es.» GEGO, EsfEra NO 4, 1976, stahlDraht, 93 × 85 × 85 ZENtiMEtEr
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ede Kunstsammlung hat ein Prunkstück, sein Wert übertrifft, wie fast immer bei Kunst, den Materialwert um ein Vielfaches. In der Sammlung von Ella FontanalsCisne ros handelt es sich um eine 17 Meter lange, 7 Meter hohe Installation aus 1160 an Ny lonfäden hängenden Metallscheiben. Selbst bei Menschen, die mit Kunst nichts zu schaf fen haben, erzielt das Werk mit seinem fas zinierenden Lichtspiel einen WowEffekt. «Continuel Mobile» stammt vom heute 83 jährigen, in Paris lebenden Argentinier Julio Le Parc. Es war 1963 prominenter Blickfang an der Biennale von Paris und la gerte danach vierzig Jahre lang in Kisten, ehe die blonde Samm lerin aus Miami den Schatz hob. «Als ich zum ersten Mal ein Bild des Werkes sah, wusste ich sofort: Das muss ich haben!», erzählt die temperamentvolle Frau. «Ich besass bereits kleine Sachen von Julio. Aber ich wollte ein wirklich wichtiges Werk von ihm. Mein Assistent recherchierte, fragte in Paris an, wo der Künstler lebte – und da kam das Werk zum Vorschein. Nach der
Präsentation 1963 war es in Vergessenheit geraten. Kein Wun der, bei der Grösse! Wegen seiner Masse wollte es niemand mehr ausstellen.» Mit der ebenso schlichten wie überdimensionierten Installa tion und rund 200 weiteren abstrakten Werken ist die Frau mit der warmen Stimme und Wohnsitzen in Miami, New York, Madrid und Gstaad in die Schweiz gereist, um sie im Haus Kons truktiv in Zürich zu zeigen – und ein bisschen damit zu missio nieren. «In Europa denkt man, Kunst aus Lateinamerika bestehe einzig aus Mythen, üppiger Figuration und Farben. Schauen Sie: Die Wirklichkeit sieht anders aus. In diesen Werken geht es um Ordnung, Struktur, Modernisierung!» Die in Kuba als Tochter eines Musikers geborene Sammlerin, ExFrau des venezolanischen Medien und PepsiMilliardärs Oswaldo Cisneros, ist seit den siebziger Jahren mit dem Samm lervirus infiziert, und sie gehört zu jenen, die über ihre Kunst etwas lernen wollen. 2002, als die umtriebige Kunstenthusiastin den CIFO Art Space in einer riesigen ehemaligen Garage in Downtown Miami eröffnete, rieben sich die KunstAficionados die Augen angesichts der Qualität und Tiefe ihrer Sammlung. • first 02_2011_61
kunst
Mit exzellent kuratierten Ausstellungen wurde der Ort während der Art Basel Miami Beach zum Hotspot der internationalen Kunstszene. Die ständig wachsende Kollektion – sie geniesst in Kunstkreisen weit über ihre Grenzen hinaus einen exzellenten Ruf – umfasst heute über 1300 Werke, darunter zentrale Arbeiten der geometrischen abstrakten Künstler Lateinamerikas wie Alejandro Otero, Waldemar Cordeiro, Jesús Rafael Soto, der Brasilianerin Lygia Clark und der deutsch-jüdischen Architektin Gego (Gertrud Goldschmidt). Man braucht nur durch die Ausstellungsräume des Hauses Konstruktiv in Zürich (oder des CIFO Art Space in Miami) zu schreiten, um den Qualitätsbeweis zu erhalten. Rhythmische Abstraktionen des Brasilianers Waldemar Cordeiro, geometrische Anordnungen des Argentiniers Antonio Llorens, formale Experimente der Kubanerin Carmen Herrera und der nach Venezuela ausgewanderten Gego, dazu Architekturfotografien des Brasilianers José Yalenti, die aussehen wie abstrakte Bilder: Die Werke wirken auf den ersten Blick sehr nüchtern und verraten erst auf den zweiten das Spielerische, Sinnliche, den Rhythmus. «Diese •
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Künstler dachten, sie könnten mit ihrer Kunst die soziale Realität verändern. Sie wollten die Modernisierung der Städte vorantreiben», erzählt die Sammlerin. Diese Kunst, entstanden in Argentinien, Brasilien, Uruguay und Venezuela in den fünfziger bis siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts, betont Struktur, Form und Rhythmus und verdichtet die visuelle Erfahrung der Grossstadt. Suchen und finden. Von der sinnlicheren Ausprägung, welche die
Abstraktionen in Lateinamerika im Unterschied zu Europa haben, scheint Fontanals-Cisneros besonders fasziniert. «Kunst wird eben sehr durch die Umgebung beeinflusst, in der sie entsteht. In Lateinamerika sind Rhythmus, Bewegung, Musik wichtig. Klar erzeugt das andere Vibrationen als in einem nüchterneren Umfeld, wie es Zürich den konkreten Künstlern bot.» Es stellt sich die Frage, was jemand antreibt, in der Welt herumzujetten, Galerien und Kunstmessen aufzusuchen, sich Werke in Holzkisten ins Haus schicken zu lassen und einen Museumsbetrieb mit Angestellten zu unterhalten. «Wichtiger, als die Werke zu besitzen, ist mir der Prozess des Suchens und Fin-
BILD: COURTESY CORDEIRO FAMILY AND THE CISNEROS FONTANALS ART FOUNDATION
Waldemar Cordeiro,idÉia VisÍVel, 1958, email auf sperrholz, 61 × 61 zeNtimeter
«Als ich Yalentis fotografien entdeckte, war ich fasziniert von seiner fähigkeit, einfache Alltags objekte und formen in abstrakte Kompositionen zu verwandeln.»
FOTOS: COURTESY THE CISNEROS FONTANALS ART FOUNDATION
José YAlenti, ArquiteturA, CA. 1950, inKJetprint, 2006
dens», meint die Kunstsammlerin. «Mir geht es darum, was ich bei diesem Prozess lerne und fühle.» Die Schatzsuche bei Ella Fontanals-Cisneros läuft immer gleich ab: Sobald sie eine Neuentdeckung gemacht hat, setzt sie alle Hebel in Bewegung, sie ruft Galerien an und andere Sammler und unternimmt alles, um den Künstler in seinem Atelier besuchen zu können. «Die Künstler zu treffen, das ist für mich eine enorme Bereicherung.» Mit vielen verbindet sie inzwischen eine Freundschaft. Die fundierte Recherche aber, bei der sie von Assistenten unterstützt wird, steht am Anfang. Der grösste Fehler eines Sammlers sei der, dass man zu schnell zugreife. «Man sollte immer zweimal nachdenken, bevor man ein Kunstwerk kauft.» Dafür, dass sie mehr von der Abstraktion als der Figuration angezogen ist, hat sie eine Erklärung: «Ich glaube, das hängt mit der Art und Weise zusammen, wie der Geist arbeitet: Wenn du ein figuratives Werk betrachtest, weisst du meist sofort, was du siehst. Wenn du ein abstraktes Werk vor dir hast, musst du es selber erst erfühlen. Entweder es berührt dich im Innern, oder du fühlst nichts, und es macht dich steif.» •
José YAlenti, BerAis, CA. 1950, GelAtine silverprint
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hotspots
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Neuer Glanz für altbekannte Bezirke
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Berlin-West
nach zwei Jahrzehnten Berlin-Mitte-Boom entdecken die urbanen Pioniere und jungen Besserverdiener den Westen der deutschen Weltstadt neu.
FOTOS: CARO / MUHS 1, JüDISCHES MUSUEM / JENS ZIEHE 1, PR 3
von claus schweitzer TexT
Charlottenburg, Wilmersdorf, Schöneberg, Tiergarten: Stadtbezirke, die nach der Wiedervereinigung zugunsten der aufstrebenden Trendviertel im Osten ins Hintertreffen gerieten, beginnen gerade richtig cool zu werden. Und das ehemals schäbige Kreuzberg mausert sich zum lustvollen Lebensraum einer dynamischen Mittelschicht. Allein die Nebenstrassen des Kurfürstendamms liefern der Gegend um den nimmermüden Gendarmenmarkt in Berlin-Mitte einen Wettbewerb um die smartesten Restaurants, Galerien und Modeläden. So ist beispielsweise das neue Lounge-Café SETs an der Schlüterstrasse ein wunderbarer Platz zum Sein – auch in den drei Bed-&-BreakfastZimmern in den oberen Etagen. Ein paar Schritte weiter, an der Knesebeckstrasse, erfreut das Café Ruhland & Ruhland mit leckerem Hausgemachtem, das an die Deli-Kultur New Yorks erinnert. Und im Stilwerk an der Kantstrasse dreht sich alles um Einrichtung. Selbst in gestandenen Klassikern wie dem Café im Literaturhaus oder dem Hotel Savoy gibt der wieder schnellere Puls von Berlins Westen den Takt an. Und nahe dem KaDeWe lässt das Ellington Hotel den Glamour
der Goldenen Zwanziger aufleben. Eher wie ineinemPrivatpalaisfühltmansichim«Brandenburger Hof», dem besten Hotel in der West-City,einemästhetischenRuhepol.Neue Konkurrenz erhalten die derzeit 22 Berliner Fünf-Sterne-Herbergen mit dem ambitionierten Hotel Waldorf Astoria bei der Gedächtniskirche, das im Herbst eröffnen wird. Besonders Kreuzberg hat an Attraktivität zugelegt, ohne seinen rauen Charme einzubüssen. Zu seinen Oasen zählen die Restaurants Altes Zollhaus und Horvath – beide mit Gärten am Landwehrkanal. Ein plüschig-kultiger Platz für einen gemütlichen Abend in Rotlichtatmosphäre ist das Gasthaus Mädchen ohne Abitur. Serviert werden Spaghetti Bolognese, Königsberger Klopse oder Thaicurry. Einen Panoramablick auf Kreuzberg aus der 15. Hochhausetage bietet das Restaurant Solar. Architekturfreaks pilgern ins Jüdische Museum, einen polarisierenden Bau von Daniel Libeskind. In den Nachtclubs Spindler & Klatt und Watergate, beide am Kreuzberger Spreeufer gelegen, beseelt einen der Gedanke, im Herzen einer wahren Grossstadt zu sein. Der einzigen in der deutschsprachigen Welt.
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Die Adressen:
schlafen: savoy, www.hotelsavoy.com, Dz ab 138 euro // ellington hotel, www.ellingtonhotel.com, Dz ab 128 euro // 2 Brandenburger hof, www. • brandenburger-hof.com, Dz ab 295 euro // essen & trinken: sets, www.setsberlin.de // 4 ruhland & ruhland, www. • ruhland-ruhland.com // café im literaturhaus, www.literaturhaus-berlin.de // altes zollhaus, www.altes-zollhaus-berlin.de // horvath, www.restauranthorvath.de // Mädchen ohne abitur, www.maedchenohneabitur.de // solar, www.solarberlin.com // 3 stilwerk, www.stilshoppen: • 1 Jüdisches werk.de // staunen: • Museum, www.jmberlin.de // Nightlife: spindler & Klatt, www. spindlerklatt.com // watergate club, www.water-gate.de
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Bon App辿tit schon zu Zeiten von Victor Hugo und Emile Zola waren Austern in frankreich ein g端nstiges Vergn端gen f端r jedermann.
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offen für alles franzosen wählen zielsicher zwischen Plate und spéciale, Gillardeau und Perle Blanche, Boudeuse und Pousse en Claire. für alle Nichtfranzosen sind Austern eine Wissenschaft. Gleich nicht mehr. voN patricia EngElhorn text, hansruEdi rohrEr foto
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as «L’Ecailler du Bistrot» in der Rue Paul Bert im Bastille-Viertel ist so, wie man sich ein schickes Pariser Restaurant vorstellt: holzgetäfelte Wände, dunkelgrüne Lederbänke, Jugendstillampen, weisses Leinen. Das Menuangebot steht handgeschrieben auf einer Schiefertafel. Es gibt bretonischen Hummer und Langustinen aus Guilvinec, Wolfsbarschtatar und Taschenkrebssalat – und vor allem Austern: Fines de Claire, Spéciales de Claire, Pousses en Claire, Plates du Bélon. Die Gäste, fast ausschliesslich Franzosen, diskutieren kurz und bestellen, ohne weiter zu zögern, ein paar Dutzend Austern, meist eine Kombination verschiedener Sorten, die dann auf einer mit Algen belegten Aluminiumschale serviert werden. Was sie nicht wissen: Gwenaëlle Cadoret, Inhaberin des Lokals, bekommt die Austern von ihrem Bruder geliefert, der in Riec-sur-Bélon die grösste und wohl auch beste Austernzucht der Grande Nation betreibt. Der kleine Unterschied. 3700 Austernzüchter gibt es in Frankreich, mehr als irgendwo sonst in Europa. Sie produzieren knapp 130 000 Tonnen Austern im Jahr, die grösstenteils im eigenen Land verspeist werden. Franzosen essen sie zu jeder Gelegenheit. Schon zu Zeiten von Victor Hugo und Emile Zola waren sie ein vergleichsweise billiges Vergnügen für jedermann und nicht etwa ein Luxusprodukt für Gourmets. Aus-
tern stehen abgepackt in den Kühlregalen der Supermärkte, jeder Wochenmarkt ist mit Austernständen bestückt, unzählige Restaurants, Wein-Bars, Cafés und Bistros haben Austern auf der Karte. Doch Auster ist nicht gleich Auster und die Wahl der richtigen eine Wissenschaft für sich. Lieber die fleischigen aus der Normandie oder die jodreichen aus Cancale? Lieber die perfekte Harmonie einer Gillardeau oder die komplexe Struktur einer Perle Blanche? Von den unterschiedlichen Grössen einmal abgesehen gibt es verschiedene Zuchtregionen und Veredelungsgrade. Als Nummer eins in Bekanntheitsgrad und Qualität gelten die Bélon-Austern. Sie wachsen im Süden der Bretagne, dort, wo der Fluss Bélon in den Atlantik mündet. Ihr facettenreicher Geschmack, ihre zarte Konsistenz und ihr langer Abgang haben ihnen unter Kennern den Titel der weltbesten Auster eingebracht. Jean-Jacques Cadoret ist der unangefochtene König der Bélon-Auster. Seine Zahlen sprechen für sich: je nach Saison zwischen 80 und 200 Angestellte, 300 Hektar Zuchtfläche, 2000 Tonnen Jahresproduktion zu Preisen, die rasch 100 Euro für 100 Europäische Austern (Plates) übersteigen – im Direktverkauf, versteht sich. Wichtigstes Merkmal der Cadoret-Plates ist allerdings ihre Qualität, und um diese zu gewährleisten, wird ein beachtlicher Aufwand betrieben. «Wir kaufen die Austernbabys in Arcachon oder der Region Oléron», erklärt Jean-Jacques Cadoret, der die Austernzucht in fünfter Generation leitet. «Dann wachsen sie drei, vier Jahre lang in unseren Parks in der Bucht von Carantec und kommen schliesslich für die Affinage zu uns an den Bélon-Fluss.» Das ist die Kurzfassung. Nicht gesagt wurde,
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der Austernkönig Die Bélon-Austern, die im süden der Bretagne von Jean-Jacques Cadoret gezüchtet werden, gelten als die besten der Welt. Jede einzelne Meeresfrucht wird, bevor sie Cadorets Unternehmen verlässt, bis zu 100-mal in die Hand genommen.
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die wagemutige Christine follet, einst taucherin auf Unterwasserbaustellen, gründete in fermanville in der Normandie eine Unterwasser-Austernzucht. 2004 konnte sie erstmals ernten. Vier Jahre später bekam sie für ihre Creuses von der Confrérie de l’Huître Normande den Premier Grand Prix international verliehen.
dass die Austern jedes Jahr umgelagert werden, von einem geschützten Park für die Jungtiere in einen weniger geschützten, in dem sie besser wachsen können. Nicht gesagt wurde, dass die Affinage, der Veredelungsprozess, bis zu sechs Monate dauern kann und dass die Plates hierbei von einem Klärbecken ins nächste transportiert werden müssen. Nicht gesagt wurde auch, dass alle Austern zum Schluss einen Zeitraum von zwei Tagen bis zu zwei Wochen im Reinigungsbassin verbringen und dass sie Stück für Stück überprüft werden, bevor sie in Kästen aus Pappelholz gepackt und versandt werden. «Jede Auster wird im Schnitt 100-mal in die Hand genommen, bevor sie unser Haus verlässt», sagt Jean-Jacques Cadoret. Die Frau mit den Tiefseeaustern. Die Veredelung macht den Unterschied. Die natürlichen Bedingungen an der Bélon-Mündung sorgen für ein ideales Verhältnis von Salz- und Süsswasser. Die Austern setzen in den Becken nicht nur mehr Fleisch an, sondern bekommen auch ein feineres Aroma. Entscheidend ist die Frage, wie lange sie in den Klärbecken (Claires) liegen und wie viel Platz sie dort zur Verfügung haben. Die einfachen Huîtres werden überhaupt nicht veredelt, Fines liegen zwei Wochen im Becken, Spéciales rund vier Wochen, und die teuersten, die Pousses en Claire, dürfen bis zu
fünf Monate im Becken ruhen, und das bei verschwenderischen Platzverhältnissen von lediglich fünf bis zehn Stück pro Quadratmeter. Christine Follet spart sich diese Prozedur. Sie stammt auch nicht aus einer Züchterdynastie, sondern kam auf Umwegen zur Auster. Nach einer Taucherausbildung fuhr sie jahrelang von Unterwasserbaustelle zu Unterwasserbaustelle, betonierte Brückenpfeiler, schweisste Leitungsrohre, putzte Hafenmauern. Tauchen war ihr Leben. Doch irgendwann war sie es leid, ständig unterwegs zu sein. Da kam ihr die Idee mit der Unterwasserzucht: Austern, die nicht wie üblicherweise bei Ebbe auftauchen und einige Stunden an der Luft verbringen, sondern ständig vom Meerwasser umspült sind. Sie zog nach Fermanville, wo ihr Vater ein Restaurant betrieb, stellte ihr Projekt vor und auch gleich den Antrag auf eine Unterwasserfläche, um es zu realisieren. Der Gemeinderat lehnte ab. Man wollte keine fremde Frau, die Experimente in der Bucht plante und dabei den ortsansässigen Fischern im Weg sein würde. «Die Leute waren misstrauisch», erzählt Christine Follet, «doch ich liess mich nicht abwimmeln. Heute sind alle stolz auf mich.» Kein Wunder. Wenn überhaupt irgendetwas aus Fermanville bekannt ist, dann sind es ihre Tiefseeaustern. 2001 wurde ihr ein gut zwei Hektar grosses Terrain zur Verfügung gestellt. Sie taufte ihr Unternehmen La •
Man wollte keine fremde frau, die den ortsansässigen fischern im Weg sein würde. first 02_2011_69
gourmet Belle Fermanvillaise und stellte 850 Drahttische auf den Meeresgrund. Ihre Pazifischen Austern (Creuses) leben in zehn Meter Tiefe im planktonreichen Meerwasser der Bucht von Fermanville. «Der Vorteil ist, dass sie rund um die Uhr essen und dadurch schneller wachsen. Und da sie besonders viel Jod enthalten, wird ihr intensiver Meeresgeschmack gerne mit jenem der wilden Auster verglichen», erklärt die Züchterin. Der Nachteil liegt auf der Hand: Christine Follet muss täglich in ihren Gummianzug schlüpfen, sich die Sauerstoffflasche auf den Rücken schnallen und mit ihrem Holzboot zu jener Stelle im Meer fahren, die mit gelben und rosa Bojen gekennzeichnet ist. Sie taucht im Schnitt bis zu drei Stunden pro Tag, sommers wie winters, im Winter bei Wassertemperaturen von knapp sieben Grad. Nur so kann sie ihre Austern pflegen und ernten. Sie müssen beobachtet, bewegt und gewendet und zum Schluss an die Wasseroberfläche und an Land transportiert werden. «Ein Knochenjob», sagt sie.
Zur Sache adressen
Les huîtres cadoret, La Porte Neuve, 29340 Riec-surBélon, Tel. +33 2 98 06 91 22, www.huitres-cadoret.com La Belle Fermanvillaise, Port Pignot, 50840 Fermanville, Tel. +33 6 84 04 60 49 (mobil) Prat-ar-coum, 29870 Lannilis, Tel. +33 2 98 04 00 12, www.prat-ar-coum.fr
Spéciale de Gillardeau, Pousse en claire und Perle Blanche
Die Spéciale de Gillardeau, auch als «Rolls-Royce unter den Austern» bekannt, stammt aus den Parks von Marennes-Oléron, der grössten Zuchtregion Europas. Hier wurden die verschiedenen Methoden der Veredelung in Klärbecken über die Jahrzehnte hinweg zur Kunst erhoben, die Gillardeau gilt als besonders ausgewogen in Geschmack, Konsistenz und Optik. www.speciales-gillardeau.fr David Hervé, Pousse-en-Claire-Spezialist aus dem Département Charente-Maritime, verwöhnt seine Austern in Klärbecken mit maximal zwei Tieren pro Quadratmeter. Seine Royale Cabanon hat schon mehrfach Gold am Concours Général Agricole eingeheimst und ist für ihren zarten, leicht nussigen Geschmack und ihr feines Fleisch bekannt. www.davidherve.com Die Perle Blanche ist nicht das Produkt eines einzelnen Austernzüchters, sondern eines Trios, das seine Kräfte, Möglichkeiten und Talente vereint hat. Die Auster stammt aus Charente-Maritime, wächst und gedeiht am Utah Beach in der Normandie, wo das Meer besonders reich an Plankton ist, und kommt dann in die Klärbecken in Marennes. Typisch sind ihr feines Aroma, ihre helle Farbe und ihre fleischige Konsistenz. www.laperleblanche.fr Das Unternehmen Huîtres Henry gehört den Brüdern Pascal und Renan Henry, die im Morbihan, ganz im Süden der Bretagne, Austern mit den Namen La Belle de Quiberon (Creuse) und La Belle de Cancale (Plate) züchten. Die beiden stellen die fünfte Generation einer renommierten Austernzucht-Dynastie, ihre Produkte haben zahlreiche Preise gewonnen. www.huitres-henry.com Pierre-Marie Barrau gilt als der Alchimist unter den Austernzüchtern. Jahr für Jahr tüftelt er die besten Plätze und Zeiten für das Wachstum seiner «Marennes d’Oléron» aus. Das Resultat präsentiert sich mit festem weissem Fleisch und einem fein ausgewogenen Geschmack zwischen süss und salzig. Tel. +33 5 46 85 02 69
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Der gute Ruf will gewahrt bleiben. Es dauert im Schnitt dreieinhalb Jahre, bis Christine Follets Creuses gross genug sind, um gegessen zu werden. 2004 war es so weit: La Belle Fermanvillaise brachte erstmals Austern auf den Markt. 20 Tonnen im Jahr waren es damals, inzwischen sind es fast doppelt so viele, bei 40 Tonnen ist Schluss. «Mehr kann und will ich nicht», sagt die 43-Jährige, die als einzigen Mitarbeiter ihren Vater André beschäftigt. «Ich lege grossen Wert auf Qualität. Das ist mein Anspruch und mein Antrieb.» Deshalb macht sie alles selber. Am Wochenende geht sie auf den Markt und verkauft ihre Produkte, samstags in Cherbourg, sonntags in Fermanville. 60 Kilo wird sie an guten Tagen los, aber sie scheut sich nicht vor kleinsten Lieferungen, etwa an die beiden Restaurants im Dorf, die ihr pro Woche je drei Kilo – rund drei Dutzend Austern – abnehmen. Schon klopfen die ersten Pariser Gastronomen bei Christine Follet an, doch sie geht die Sache vorsichtig an. Sie weiss, dass ihr Grenzen gesetzt sind, und möchte sicher sein, dass ihre Austern in Restaurants landen, deren Inhaber sorgfältig damit umgehen. «Es wäre dumm, wenn ich mir die Qualität, die ich so sorgfältig überwache, durch nachlässige und gewinnorientierte Restaurateure verderben liesse», sagt sie. Schliesslich hat sie sich einen guten Ruf erworben: Zweimal in Folge, 2008 und 2009, bekam sie den Premier Grand Prix International der Confrérie de l’Huître Normande überreicht. Der Preis für 2010 steht noch aus, aber sie rechnet wiederum fest damit. Und die 1600 Bewohner von Fermanville ebenfalls. Bei Yvon Madec hängt eine weitaus wertvollere Auszeichnung an der Wand. Eine Goldmedaille vom Concours Général Agricole in Paris ist das höchste Lob, das einem französischen Landwirt zuteil werden kann, und Madec hat gleich mehrere davon gewonnen. Er lebt und arbeitet im Département Finistère, dort, wo die Erde zu Ende ist – jedenfalls aus Sicht der Franzosen, die ihre subjektive Wahrheit ja gerne für allgemeingültig halten. Am Ende ihrer Welt liegt Aber Wrac’h, ein winziger Ha-
FoToS: JAJRESZEITEN VERLAG / JöRG LEHMANN 2, DUKAS / FIGARo PHoTo 1
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der erfinderische Bis in die siebziger Jahre produzierte Yvon Madec im äussersten Zipfel der Bretagne ausschliesslich Plates. Doch als diese immer häufiger von Krankheiten befallen wurden, setzte er auf eine robustere Sorte und importierte Pazifische Felsenaustern aus Japan.
fenweiler mit zwei Handvoll trutzigen Häusern, die sich an den Steilhang entlang der gewundenen Uferstrasse schmiegen, ein paar Kneipen, in denen sich abends die Jugend trifft, und sechs Fischern, die im breiten Meeres arm noch immer reiche Beute machen. Es ist das letzte Dorf am äussersten Zipfel der Bretagne, umspült von den kühlen Gewässern der Keltischen See und des Är melkanals. England ist hier näher als Paris, und wer sich über den permanent herrschenden Wind und den Nie selregen beklagt, gilt als kontinentales Weichei. In der Bretagne gedeiht ein japanischer Import. Mon sieur Madec ist alles andere als ein Weichling: gross, kompakt, mit einem Kranz wilder grauer Haare um den bretonischen Charakterkopf und vier Rottweilern, die ihm kaum von der Seite weichen. Seine Familie lebt seit 1898 an einer Nachbarbucht von Aber Wrac’h, sein Ur grossvater gründete dort die Austernkultur PratAr Coum, die schon damals bekannte Restaurants in Brest, Paris und Lille belieferte. Heute werden PratArCoum Austern bei Sterneköchen wie Guy Savoy, Michel Ros tang, Pierre Gagnaire oder Jacques Le Divellec serviert und bis nach Tokio, Dubai und Moskau exportiert. «Bis in die siebziger Jahre haben wir ausschliesslich flache Plates produziert», erzählt der 57Jährige, «doch dann gab es immer mehr Krankheiten, die weit über die
Hälfte unserer Bestände zerstörten. Man konnte und kann nichts dagegen tun, bis heute überleben besten falls zehn Prozent dieser Sorte.» Also beschloss er, zu di versifizieren, und importierte die ersten ihm bis dahin weitgehend unbekannten Pazifischen Felsenaustern aus Japan, eine CreuseSorte. Auch seine Austern reisen zwi schen verschiedenen Stationen hin und her: von den Parks bei Aber Wrac’h an die Bucht von Morlaix und in das Meerbecken von Brest. Im Alter von drei oder vier Jahren kommen sie wieder in die Klärbecken im Mün dungsgebiet des Flusses Wrac’h, wo sie täglich zweimal den Gezeiten ausgesetzt sind und bei Ebbe ein paar Stunden an der Luft verbringen. «Das schadet ihnen nicht», erklärt Yvon Madec, «sie lernen, im Trockenen zu leben, sich zu öffnen und wieder zu schliessen. So wer den sie auf den Transport an Land vorbereitet.» 600 Tonnen PratArCoumAustern kommen jähr lich in den Handel, im hauseigenen Laden kosten zwölf grosse Creuses sechs Euro. Gleich nebenan hat Tochter Caroline Madec ein paar Tische gedeckt. Im Sommer sitzt man hier auf der Terrasse und schaut auf den Fluss, auf die Austerntische, die aus dem Wasser ragen, und auf die Kinder, die zwischen den Klärbecken umhertol len. «Das ist die sechste Generation», freut sich Yvon Madec, «sie erkennen jetzt schon die Unterschiede zwi schen den Austern.» •
Wer sich über den permanent herrschenden Wind beklagt, gilt als kontinentales Weichei. FirSt 02_2011_71
plรถtzlich im letzten sommer mariacarla Boscono und matthew fox.
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bELLa LiGUria Ein bild von einem städtchen.
i found my love in
portofino
Die Uhrenmanufaktur iWC lud Weltstars nach portofino ein. Der ort an der ligurischen Küste war Kulisse für ein besonderes shooting: peter Lindbergh inszenierte das Gefühl der sechziger Jahre. Einer der stars, Kevin spacey, erzählt, wie er das Happening erlebt hat. von pierreandré Schmitt intErviEW UnD peter Lindbergh fotos
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endstation sehnsuCht Cate Blanchett.
mad men eric dane, Luís figo, matthew fox.
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«schauen sie hier, Cate Blanchett, ist sie nicht super?»
play it again, sam Boris Becker und mariacarla Boscono.
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Mit schirM und charMe elle Macpherson.
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ein platz an der sonne eric dane.
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ein schiff wird kommen matthew fox und mariacarla Boscono.
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«Würden sie die Einladung zu einer solchen sache ablehnen? Come on!»
E
s war wie ein Fest in den sechziger Jahren. Unbeschwert. Italienisch. Klassisch. Mit international gefeierten Stars und einem, wenn man so will, offiziellen Paparazzo: In Portofino fotografierte Starfotograf Peter Lindbergh eine Art Neuauflage des Films «La Dolce Vita». Mit den Schauspielern Cate Blanchett, Kevin Spacey, Jean Reno, Matthew Fox, Ronan Keating, Eric Dane und Hiroyuki Sanada. Mit Regisseur Marc Forster, Tennislegende Boris Becker, den Fussballikonen Zinédine Zidane und Luís Figo, den Models Elle Macpherson und Mariacarla Boscono und dem Galeristen Tim Jefferies. Eingeladen hatte die Schaffhauser Uhrenmarke IWC, die ihre Portofino-Reihe neu auflegt. Entstanden sind ein schönes Buch und eine Wanderausstellung, die rund um den Globus geht. Wir zeigen die schönsten Bilder. Und wir sprachen mit Kevin Spacey über das Projekt.
FIRST: Herr Spacey, Sie waren beim Portofino-Fotoprojekt mit von der Partie. Kevin Spacey: Und ich hatte riesig Spass dabei. Was hat Sie eigentlich bewogen mitzumachen?
Nun, ich habe eine besondere Beziehung zu Portofino. Der Sänger und Schauspieler Bobby Darin, über den ich den Film «Beyond the Sea» machte, hat in Portofino seine spätere Ehefrau, die Schauspielerin Sandra Dee, getroffen. Es ist ein wunderbar idyllischer Ort. Und er ist eng verbunden mit Filmen aus den sechziger Jahren. Damals machten die Filmstars dort Ferien, genossen die Leichtigkeit des Seins und wurden dabei auch fotografiert. Heute werden die Stars fotografiert, wenn sie aus dem Fitnessstudio oder aus dem «Starbucks» kommen. Was für ein Unterschied! Portofino ist ein grandioses Setting. Kannten Sie Portofino vorher schon?
Ja, ich war schon vorher dort. Da herrscht ein Grad von Klasse und gleichzeitig Demut, den Sie weit suchen müssen. Und dazu noch Respekt für die Privatsphäre. Einmalig. Privatsphäre? Es gab doch Probleme mit aufsässigen Paparazzi.
Ich würde das nicht Probleme nennen – die waren doch alle fantastisch. Sie fotografierten uns, wir fotografierten sie. Das ergab grossartige Fotos. In Portofino gehören Paparazzi dazu. Wie im Klassiker «La Dolce Vita».
Es gibt in Portofino ein Museum, ich glaube, es gehört Dolce & Gabbana. Dort sind alle diese tollen Fotos von Humphrey Bo78_first 02_2011
la dolCE vita Matthew fox, Hiroyuki sanada, Eric dane, Elle Macpherson, Marc forster (hintere reihe von links), ronan Keating, tim Jefferies (vorne von links).
gart, Ava Gardner, Clark Gable und vielen anderen ausgestellt. Da ist man wieder in dieser vergangenen Welt. Die Fotos sind meistens schwarzweiss, was ich sowieso immer mehr liebe. Und zwar beim Film wie bei den Fotos. Farbe ist schön, aber Schwarzweiss ist grossartig. Ich wünschte mir mehr schwarzweisse Filme.
PeterLindberghhatjaauchschwarzweissfotografiert.Wiewardas eigentlich für Sie, mit Promis fotografiert zu werden, die aus ganz anderen Bereichen kommen, aus der Sportwelt zum Beispiel?
Die meisten kenne ich schon länger, weil ich schon länger mit IWC verbunden bin. Da sieht man sich dann und wann. So habe
ich Zinédine Zidane und Boris Becker kennen gelernt. Cate Blanchett kannte ich schon früher. Sie macht ja in Australien ungefähr das Gleiche wie ich in London, sie leitet ein Theater. Aber ehrlich: Würden Sie die Einladung zu einer solchen Sache ablehnen? Come on!
Bei dieser Sache geht es auch um Uhren. Haben Sie eine besondere Beziehung zu Uhren?
Ja, ich liebe Uhren, ich habe sie schon immer geliebt. Ich liebe die Rolex meines Grossvaters. Und IWC macht einfach wunderschöne Uhren. Ich bin ein Uhrenfreund, ein Watch Guy. Ihre erste Uhr?
Hm. Ich war fünfzehn Jahre alt, als ich von meiner Mutter die erste Uhr bekam. Das war sehr cool. Und Ihre wichtigste Uhr?
Das erwähnte Erbstück meines Grossvaters. Es ist von 1938. Wie viele Uhren besitzen Sie?
Ich habe keine Riesensammlung. Vielleicht zehn Stück. Ein paar meiner Freunde haben eine Art Uhrengarderobe mit Bewegern, damit die Uhren nicht stehen bleiben, wenn man sie nicht trägt. Das finde ich ziemlich extrem. So etwas habe ich nicht. Sie haben also auch keine Probleme am Morgen bei der Wahl der • passenden Uhr?
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Nein. Ich kenne meine Uhren. Zum Smoking passt eine ande re als zum Skifahren oder zum Tauchen. •
Und was muss eine Uhr können, damit Sie begeistert sind?
Sie muss erstens funktionieren. Und ich mag es, wenn sie ein automatisches Werk hat, ich sie also nicht aufzuziehen brauche. Ein mechanisches Werk ist ein Muss?
Ja. Und ich liebe Eleganz und Einfachheit. Nicht so ein Riesen trumm, das ständig zu schreien scheint: «Guck mal, was für eine tolle Uhr ich habe!» Ich habe es lieber klassisch. Und darum lie be ich IWC, ihre Geschichte und die Art und Weise, wie CEO Georges Kern die Firma leitet. Ich war ja eben bei den Golden 80_first 02_2011
Globes in Beverly Hills. Da braucht es schon einen verdammt guten CEO, um mich zu einem 20StundenFlug zu überreden. Beim Film sehen Sie die Leute, mit denen Sie arbeiten, genau für die Zeit, die es braucht, bis der Film gemacht ist. Und wenn Sie so eine Gelegenheit wie Portofino erhalten, dann ergreifen Sie sie. Das war nicht wie arbeiten. Das war genial, traumhaft. Und noch etwas: Portofino ist eine Hundestadt. Es gibt viele Hunde da. Ich bin ein Hundefreund. Ich habe viel Zeit damit verbracht, alle Hunde zu begrüssen. Ich wünschte im Nachhinein, wir hät ten die Hunde auch an die Fotoshootings mitgenommen. Oder ich hätte meinen eigenen Hund mitgebracht.
«Es gibt fotografen, die Künstler sind. sie sagen ihnen nicht ständig: ‹Das ist ein shooting.›»
Und was war das grösste Problem, die grösste Herausforderung?
amErican BEau Kevin spacey.
Kein Problem, keine Herausforderung, nur Spass. Schauen Sie sich die Bilder an, schauen Sie hier, Cate Blanchett, ist sie nicht super? Es gibt Fotografen, die Künstler sind. Sie sagen Ihnen nicht ständig: «Pass auf, das ist ein Shooting. Achtung, wir arbei ten für ein Magazin.» Wir erlebten fünf wundervolle Tage. Basta. Welches ist die schönste Erinnerung?
Die Bilder!
Sie erinnern uns an Fellinis «La Dolce Vita». Hatten Sie diese Bilder im Kopf?
Ich bin ein grosser Bewunderer von Fellini. Er beherrschte beides: Realität und Fantasie. Und natürlich spielte das alles mit hinein. Mit Vespas fahren, mit hübschen Mädchen am Arm flanieren, Zigaretten rauchen, Wein trinken. Und die Er innerung an eine Zeit, die vielleicht einfacher war und sicher mehr Klasse hatte als heute. Wie diese tollen Schwarzweissfo tos von damals. Haben Sie realisiert, dass es schliesslich auch um den Verkauf von Uhren geht?
Wie war die Zusammenarbeit mit Peter Lindbergh?
Er war easy. Und er versteht die Arbeit mit dem Licht meister haft. Ich machte mir Sorgen, weil es bewölkt war, aber für Foto grafen ist das offenbar besser, es gab das schönere Licht. Betrachten Sie die Schatten auf den Bildern, die Konturen – Lindbergh ist grossartig. Ist es für einen Schauspieler schwierig, für stehende statt bewegte Bilder aufgenommen zu werden? Sie wirken alle sehr natürlich.
Wir haben nicht geschauspielert, wir versuchten höchstens, nicht schrecklich auszusehen. Wir haben gesprochen, gespielt, gescherzt. Und Peter Lindbergh fotografierte.
Das ist das Gute bei unserer Partnerschaft mit IWC. Als ich seinerzeit für IWC ein Theaterstück schuf, war ich zunächst überrascht, dass eine Firma auf mich zukommt und sagt: Wir möchten ein Stück von Ihnen für eine Veranstaltung. Das gibts doch sonst gar nicht. Das gabs früher, vor Jahrzehnten oder Jahrhunderten. Ich war also zuerst ein bisschen irritiert. Aber da war keine Rede davon, dass ich im Stück irgendeine Anspie lung auf eine Uhr oder sogar auf IWC machen müsste. Sie woll ten eine Verbindung zu Leonardo da Vinci. Aber die Tatsache, dass es eine IWC Da Vinci gibt, spielte keine Rolle. Niemand er wartete, dass ich eine Szene einbaute, in der jemand ostentativ nach der Zeit fragt oder so. Ich brauche Geld für mein Theater, das ich leite. IWC erlaubt mir, gute Arbeit zu machen. Das ist einzigartig. Und darum dauert die Partnerschaft jetzt auch schon so lange. In Zukunft denken Sie beim Stichwort Portofino aber sicher auch an Portofino-Uhren.
Die machen verdammt gute Uhren bei IWC. Wäre cool, wenn sie mir eine Portofino schenken würden. Welches ist Ihre Traumuhr?
(lacht) Wenn Sie schon danach fragen: Ich finde es schockie rend, dass es bisher noch keine einzige KevinSpaceyUhr gibt. Ich werde versuchen, Georges Kern dazu zu überreden. • first 02_2011_81
lieblingsstück
Zu dieser Skulptur des Künstlers Kurt Bruckner habe ich ein ganz spezielles Verhältnis – sie steht seit 25 jahren, also seit den Anfängen, in meiner «Fischerzunft». die Figur heisst Vip, und das hat uns schon vor Blöd sinn bewahrt. Früher kennzeichneten wir nämlich gewisse gäste im reserva tionsbuch mit dem Kürzel VIP. Aber es sollen alle gäste gleich zuvorkommend behandelt werden. Also ist unsere Figur der VIP – und auch ausnahmslos jeder gast. Vip hat eine Bruderskulptur, Vicanaso, die steht bei mir zu Hause. Ich habe auch zur geburt meines ersten Kindes eine Figur von Kurt Bruck ner gekauft, ein schlafendes einhorn, das mir auf Anhieb enorm gefiel. Und ich habe andere Werke, die für wichtige Momente in meinem Leben stehen. Frü her habe ich Scherben von asiatischem geschirr, das bei uns ab und zu in die
André jAeger (64)
Starkoch und Inhaber der «Fischerzunft» in Schaffhausen. 19 Punkte im «gault Millau», zweimal «Koch des jahres».
Brüche geht, gesammelt; es kamen mit der Zeit 16 volle Kisten zusammen. Yin und Yang gemacht, die beim ein gang steht. Vip hat übrigens eine nase aus poliertem Marmor. die Leute strei cheln gerne darüber – und das, so hoffe ich jedenfalls, bringt ihnen glück .
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Foto: Vera Hartmann
daraus hat Kurt Bruckner die Skulptur
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