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Tiny Houses in Erding
KLEIN, FEIN UND FLEXIBEL
Tiny Houses in Erding
Es ist bundesweit überall dasselbe: Die Ballungsgebiete haben massiven Zuzug und damit auch ein massives Immobilienproblem. Die Preise steigen und der Wohnungsbau hinkt um Jahre hinterher. Besonders betroffen ist München. Doch es gibt einen kleinen Lichtblick: Tiny Houses. Ein spannendes Projekt dazu gibt es aktuell vor den Toren Münchens – in Erding.
Die Attraktivität einer Stadt ist gleichzeitig auch ihr Fluch, wenn es um Immobilienkosten geht. Denn auch hier gilt: je höher die Nachfrage, desto höher die Kosten. Hinzu kommen zwei weitere Probleme: Der Platz für Neubauten ist knapp, wenn nicht sogar überhaupt nicht vorhanden. Und: Neue Wohnungen zu erstellen dauert viele Jahre und ist ebenfalls mit hohen Kosten verbunden. Die Folge: Günstiger Wohnraum ist ein absolutes Mangelgut. Besonders zu spüren bekommen das junge Leute, Singles und Studenten. Sie haben zwar nur geringen Platzbedarf, aber auch nur ein begrenztes Budget. Aber es entwickelt sich gerade ein innovativer Lösungsansatz, der das Problem tatsächlich entschärfen kann: Tiny Houses. Weltweit erlebt diese Bau- und Wohnform gerade einen Boom. Die Grundidee: Ausgehend von geringem Platzbedarf und kleinen Kosten entstehen Häuser in Leichtbauweise, die möglichst auch mobil sind. So lassen sie sich flexibel einsetzen – das ist besonders für den geringen Baugrund eine Lösung. Tiny Houses sind nicht für Jahrhunderte gemacht, sondern für hier und jetzt. Sie sind klein und extrem gut durchdacht. Ihre Grundfläche beträgt selten mehr als 20 qm, normalerweise sind sie zweistöckig. Sie bestehen meist aus einer soliden Holzkonstruktion mit Dämmung aus nachwachsenden Rohstoffen und lassen sich mit einem Tieflader problemlos überallhin transportieren. Keller gibt es folgerichtig keinen – ein Tiny House lässt sich vielmehr einfach abstellen und mit zentralen Verbindungen für Wasser und Strom sehr einfach anschließen und verankern. Und nach einigen Jahren auch ziemlich problemlos wieder versetzen. Die nächste gute Nachricht: Im Durchschnitt kostet ein Tiny House um die 60.000 €, ein unschlagbarer Preis. Und auch die Herstellungsdauer beträgt nur einen Bruchteil der Dauer für den Bau eines soliden Steinhauses. Kein Wunder also, wenn viele Fachleute in Tiny Houses eine schnelle und unkomplizierte Lösung des akuten Wohnungsproblems sehen.
Die Probe aufs Exempel dazu kann man gerade in Erding, wenige Kilometer vor Münchens Stadtgrenze, beobachten, der Flughafen liegt hier um die Ecke. Hier gibt es seit 2019 den Verein „Tiny Houses Bayern“, der Träger des Projekts – eine Privatinitiative. Geplant sind aktuell 16 Tiny Houses auf dem Areal der ehemaligen Staudengärtnerei. Fragt man den Vereinsvorsitzenden Richard Elmer
nach dem Interesse, schüttelt er verwundert den Kopf: „Wir wurden mit Anfragen geradezu überschüttet. Bei 400 haben wir aufgehört zu zählen, immer noch kommen täglich neue dazu.“ Die Altersstruktur der bereits vergebenen Tiny Houses ist bunt gemischt. „Von 25 bis zu 70 Jahren ist alles dabei. Wir haben bewusst auf eine bunte Mischung geachtet, es soll schließlich ein Mehrgenerationenprojekt werden“, führt Elmer aus.
Als Hürden für die Realisierung erweisen sich regelmäßig das strenge deutsche Baurecht und die Ausweisung von Baugrund. Denn obwohl die kleinen Häuser letztlich mobil sind und nicht für die Ewigkeit, unterliegen sie allen Vorgaben einer deutschen Wohnsiedlung. Dazu gehören die Erschließung mit Wasser und Strom sowie die Infrastruktur. Einfach auf die grüne Wiese stellen darf man diese Form des Wohnraums nämlich nicht. Und eine Unterscheidung zwischen mobilen und festen Häusern kennt das Wohnrecht (noch) nicht.
Trotzdem bieten die kleinen und extrem platzeffizienten Häuser eine schnell umsetzbare Lösung für akuten Wohnraummangel in Ballungsgebieten. Und angesichts der Popularität und Nachfrage ist absehbar, dass auch Investoren vermehrt in diesem Feld aktiv werden.