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Zoodirektor Rasem Baban im Interview

„TIERE SIND DIE DANKBARSTEN DANKBARSTEN BAUHERREN“ BAUHERREN“

INTERVIEW MIT ZOODIREKTOR RASEM BABAN

(JN) Ein Besuch im Tierpark Hellabrunn ist zu jeder Jahreszeit etwas Besonderes. Der 1911 gegründete Zoo ist ein einzigartiges Naturparadies im Landschaftsschutzgebiet der Isarauen. Seit 2014 ist Rasem Baban Direktor und Vorstand der Münchener Tierpark Hellabrunn AG. Der studierte Architekt wechselte nach Stationen in der Bauwirtschaft zunächst an den Zoologischen Garten Leipzig, ehe er in München das Konzept eines Geozoos der Biodiversität ins Leben rief. Wir freuen uns sehr, dass er sich die Zeit für ein Interview genommen hat.

Herr Baban, was ist Ihrer Ansicht nach das Besondere am Tierpark Hellabrunn? Rasem Baban: Der Tierpark Hellabrunn ist seit 111 Jahren eine Münchner Institution und liegt wunderschön landschaftlich eingebettet zwischen Isar und Harlachinger Hang in einem naturbelassenen Landschaftsschutzgebiet und Flora-Fauna-Habitat, aber nur 20 Radlminuten vom Marienplatz entfernt. Mit über 530 Arten und mehreren Tausend Individuen auf rund 40 Hektar Fläche ist er einer der bedeutendsten europäischen wissenschaftlich geführten Zoos.

Mit Ihrem Antritt als Direktor und Vorstand des Tierparks Hellabrunn ist das Konzept des Geozoos der Biodiversität wieder in den Fokus gerückt. Wie zeigt sich das bei einem Besuch des Tierparks Hellabrunn? Inwiefern spielt das Konzept bei der Auswahl der Tiere eine Rolle? RB: Das Geozoo-Konzept wurde weltweit erstmalig in den 1920er-Jahren in Hellabrunn entwickelt und zwischenzeitlich von vielen führenden zoologischen Einrichtungen übernommen. Die Besuchenden können bei uns eine kleine Weltreise

an einem Tag unternehmen und erfahren vieles über bedrohte Tierarten verschiedenster Kontinente – Afrika, Amerika, Asien, Australien und Europa. Weiterhin nehmen wir unseren Bildungsauftrag sehr ernst und erklären unseren Gästen die kontinentspezifi schen Bedrohungsszenarien der dort ansässigen Arten und was man als Mensch dagegen machen kann. Außerdem engagieren wir uns als wissenschaftlich geführter Zoo im weltweiten Artenschutz innerhalb sogenannter Ex-situ- und In-situ-Artenschutzprojekte. Dies alles bestimmt unseren diversen Wildtierbestand.

„Schöner Wohnen in Hellabrunn“ und die Kunst der Zooarchitektur: Verraten Sie uns, wie Ihr Wissen um Architektur in die Planung von Gehegen einfließt, z.B. beim Bau der neuen Löwenanlage. Stimmt es, dass es dort eine Fußbodenheizung für die Tiere gibt? RB: Ich sage immer, dass Tiere die dankbarsten Bauherren sind, aber auch diejenigen, welche Baufehler am wenigsten verzeihen. Die Haltung von Wildtieren unterliegt dabei einer besonderen Herausforderung, da hier viele Aspekte zwingend zu beachten sind: eine naturnahe Gestaltung von Innen- und Außenanlagen nach tierartenspezifi schen Vorgaben, höchste Sicherheitsanforderungen für Tier und Mensch sowie modernste bauliche Konzepte hinsichtlich Energie- und Ressourceneinsparung und Tiermanagement. Dabei kommt dann auch mal heraus, dass man für Löwen eine Fußbodenheizung baut, denn das Tierwohl steht immer an erster Stelle.

Sie haben einmal gesagt, dass die Besuchenden künftig „die Löwen fühlen“ sollen, dass die Barrieren zwischen Tier und Mensch abgebaut werden. Wie wird das aussehen? RB: Ich möchte hier noch nicht zu viel verraten, aber es gehört zu einem Tierparkbesuch auch dazu, dass man all seine fünf Sinne einsetzen sollte, gerade in einer sich immer mehr von der Natur entfremdenden Welt. Wenn Sie Tiere mit all Ihren Sinnen wahrnehmen können, dann baut sich ein viel tieferes Verständnis gegenüber diesen Geschöpfen im Menschen auf und dies ist wichtig im Verständnis für einen sehr dringenden Schutz der bedrohten Biodiversität – also der Vielfalt des Lebens – unseres Planeten Erde.

Welche Parallelen sehen Sie in der Gestaltung von Wohnprojekten für Tiere und für Menschen? RB: Ich betrachte unsere uns anvertrauten Tiere als Bauherren mit ihren ganz besonderen Bedürfnissen. Diese Bedürfnisse zu verstehen und sie korrekt zu interpretieren und baulich umzusetzen ist das Ergebnis einer interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Tierpfl egern, Zoologinnen, Tierärzten, Architektinnen und Ingenieuren. Wir haben klassische gemeinsame Projekt- und Planungsrunden, Baubesprechungen und Vor-Ort-Begehungen. Am Ende ist und bleibt es immer ein spannendes Ereignis, wenn unsere „Bauherren“ das erste Mal ihr neues Zuhause beziehen …. Und wie gesagt: Planungs- und Baufehler werden dabei sofort erkannt und auf tierische Art und Weise „bemängelt“.

Bald stehen die Sommerferien vor der Tür. Auf welche Aktionen und Veranstaltungen dürfen sich Münchner Familien und alle Besuchenden des Tierparks im Sommer 2022 freuen? RB: Oh, auf eine ganze Menge … zu viel, um dies hier alles aufzuführen. Daher lade ich alle Tierpark-Interessierten dazu ein, unsere Homepage hellabrunn.de oder unsere Social-Media-Kanäle wie Instagram und Co regelmäßig zu besuchen, denn dort werden alle anstehenden Aktionen und Veranstaltungen frühzeitig bekannt gegeben.

Vielen Dank für das aufschlussreiche Interview, Herr Baban!

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