Staatstheater Mainz

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Staatstheater Mainz

Der ­Ausflug der toten ­Mädchen — Tantalos justmainz


DER AUSFLUG DER TOTEN MÄDCHEN Mit … Selina Blechschmidt, Lena Brandt, Coco-Laetitia de Bruycker, Leandra Enders, Madita Fischer, Yelena Glajcar, Sorena Herrmann, ­Celina Hofer, Mira Kerbeck, Bejna Kisabacak, Berfin Yildirim Spielleitung und Konzept … Johanna Jonasch, Amelie Barucha; Mitarbeit Ausstattung … Natalie Krautkrämer; Licht … Jürgen Sippert; ­Mitarbeit ­Dramaturgie … Katrin Maiwald; Beratung Schauspiel … Denis Larisch; Hospitanz … Michaela Kurz, Madita Fischer Aufführungsrechte Gustav Kiepenheuer Bühnenvertriebs-GmbH, Berlin www.kiepenheuer-medien.de

TANTALOS Von und mit … Rahel Ambrozic, Johannes Berger, Hanna Jonas, Marius Kern, Eh-Jae Kim, Fine Kroke, Hanna Mathaes, Elina Pantsyr, Sinan Recber, Nele Rector, Stella Winter, Juliane Wintrich Choreographie … Felix Berner; Choreographische Mitarbeit … Maasa Sakano; Kostüme … Lucia Vonrhein; Licht … Jürgen Sippert; ­Dramaturgie … Catharina Hartmann; Hospitanz … Michelle Koprow

Aufführungsdauer des Doppelabends … 100 Minuten ohne Pause Premiere … 3. Mai 2015, U17 weitere Vorstellungen … 06.05.2015, 16.00 und 20.00 Uhr; 08.05.2015, 19.30 Uhr; 10.07.15, 19.30 Uhr Technischer Direktor … Christoph Hill; Produktionsleiter … Olaf Lintelmann; Werkstättenleiter … Jürgen Zott; Assistent der technischen Direktion … David Amend; Veranstaltungstechnik … Kevin Hauck; Bühneneinrichtung … Dirk Mathes/Guido Reichert; Leiter der Beleuchtung … Stefan Bauer; Leiter der Dekorationswerkstatt … Horst Trauth; Leiter der Schreinerei … Markus Pluntke; Leiter der Schlosserei … Erich Bohr; Vorstand des Malersaals … Andreas Beuter; Leiter der Tontechnik … Andreas Stiller; Tontechnik … Enis Potoku; Kostümdirektorin … Ute Noack; Assistentin der Kostümdirektorin … Ingrid Lupescu; Gewandmeisterinnen … Britta Hachenberger, Mareike Nothdurft; Gewandmeister … Thomas Kremer, Falk Neubert; Modistin … Petra Kohl; Chefmasken­ bildner … Guido Paefgen; Leitung der Requisite … Hannelore Taubert-Bénèch, Dagmar Webler Probenfotos … Andreas Etter Nachweise … Christa Wolf, Gesichter der Anna Seghers in: Anna Seghers. Eine Biographie in Bildern. Berlin und Weimar 1994; Sven Hillenkamp, Das Ende der Liebe, München 2009 Herausgeber … Staatstheater Mainz www.staatstheater-mainz.de; Intendant … Markus Müller; Kaufmännischer ­Geschäftsführer … Volker Bierwirth; Redaktion … Johanna Jonasch, Felix Berner



DER AUSFLUG DER TOTEN MÄDCHEN „Wie viele Aufsätze auch noch ge­ schrieben wurden über die Geschichte der Heimat und die Liebe zur H ­ eimat, nie wurde erwähnt, dass vornehm­ lich unser Schwarm aneinander­ gelehnter Mädchen, stromaufwärts im s­ chrägen Nachmittagslicht, zur Heimat gehörte.“ Heimat, Heimatverlust und Heimkehr sind wesentliche Themen der autobiografischen Erzählung, die Anna Seghers im mexikanischen Exil nach schwerer Krankheit Ende 1943/Anfang 1944 verfasst. Es ist der einzige Text, in dem die Autorin selbst zur Erzählerin wird. Sie kehrt mit ihren Erinnerungen in die Stadt ihrer Jugendzeit heim. Mainz ist Schauplatz eines dreißig Jahre zurückliegenden Schulausflugs ihrer Mädchenklasse. In ihrer nüchternen und gleichzeitig metaphernreichen Sprache berichtet sie von den Schicksalen ihrer Mitschülerinnen. Sie wechselt zwischen den Zeitebenen: Momentaufnahmen einer unbeschwerten Jugend stehen neben der Vorausschau auf kommende Jahre. Aus jugendlicher Umarmung wird zerstörerischer Hass. In einem Strom tauchen ­Bilder der Erinnerung auf und hinterlassen das schmerzhafte Gefühl einer verlorenen Heimat. Die Spielerinnen des Ensembles spieldrang nähern sich der Per­ sönlichkeit der Autorin und ihrer

Biografie an. Sie begeben sich auf Spurensuche, recherchieren Zeit­ dokumente und nehmen Seghers’ Blick auf das Mainz der Jahre 1913 bis 1943 auf. Anna Seghers: Deutsche, Jüdin, Kommunistin, Schriftstellerin, Frau, Mutter. … So viele einander widersprechende, scheinbar ein­ ander ausschließende Identitäten, so viele tiefe, schmerzliche Bindungen, so viele Angriffsflächen, so viele Herausforderungen und Bewährungszwänge, so viele Möglichkeiten, verletzt zu werden, ausgesetzt zu sein, bedroht bis zur Todesgefahr. … Nie habe ich sie darüber reden hören, was für sie der Ausschluss aus dem Volk, dem sie sich innig zugehörig fühlte, bedeutet hat. … Nie sprach sie über Heimweh … Und am wenigsten konnten jene Ereignisse beredet werden, die sie am tiefsten getroffen hatten: dass ihre Mutter aus Mainz deportiert und in einem Lager in Polen umgekommen war. Ihr Gang durch das zerstörte Mainz nach ihrer Rückkehr 1947, eine Rückkehr, die man eine „Heimkehr“ nicht nennen konnte … Ein verwüstetes, „verhextes“ Land, Menschen deformiert, die sie nicht wiedererkannte … Christa Wolf, Gesichter der Anna Seghers

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TANTALOS „Früher galt es als gelungenes Leben, wenn die Menschen sich in die Ordnung der Dinge gefügt hatten: wenn sie sich den Überlegenen untergeordnet, den Unterlegenen übergeordnet hatten. Der Mensch hatte ein gelungenes Leben, der sich zu Anderen ins – richtige – Verhältnis gesetzt hatte. Das gelungene Leben war ein relationales, relatives, begrenztes. Heute gilt als gelungenes Leben, wenn der Mensch intensiv lebt, das Leben genießt, sich ­verwirklicht. Intensität, Genuss und Selbstverwirklichung aber sind Unendlichkeiten. Sie haben keine natürliche oder gesellschaftliche Grenze. Alles könnte intensiver sein, jeder Genuss könnte größer sein, jede Selbstverwirklichung bleibt steigerbar, ja, muss gesteigert werden, um Selbstverwirklichung zu bleiben. Man kann seinen Platz in einer Ordnung einnehmen, nicht aber im Genuss, Erfolg, in der Intensität. Das Selbst bleibt immer ein Ziel.“ Sven Hillenkamp, Das Ende der Liebe

Was bedeutet es, im Überfluss zu leben und sich doch vor Sehnsucht zu verzehren? Wonach durstet und hungert es jemanden, der alles um sich hat? Und welche Kräfte werden dadurch freigesetzt? Ausgehend von dem Mythos des Tantalos

befragen zwölf junge Menschen das Thema Sehnsucht. Der Mythos erzählt, wie der unermesslich reiche und mächtige König Tantalos, nach einem Frevel an den Göttern, in die Unterwelt verbannt wird. Hunger und Durst leidend steht er mitten in einem Teich, neben ihm herrliche Fruchtbäume, die ihre Äste über seinem Haupt wölben. Bückt er sich nach dem Wasser, versickert es im Boden. Streckt er sich nach den Früchten, kommt ein plötzlicher Windstoß auf und bläst die Zweige hoch hinauf zu den Wolken. Das Gewünschte zum Greifen nah – und doch keine Möglichkeit es je zu erreichen.

AUSGESETZT In einer Barke von Nacht Trieb ich Und trieb an ein Ufer. An Wolken lehnte ich gegen den Regen. An Sandhügel gegen den wütenden Wind. Auf nichts war Verlaß. Nur auf Wunder. Ich aß die grünenden Früchte der Sehnsucht, Trank von dem Wasser das dürsten macht. Ein Fremdling, stumm vor ­unerschlossenen Zonen, Fror ich mich durch die finsteren Jahre. Zur Heimat erkor ich mir die Liebe. Mascha Kaléko

Tantalos


Wir danken für die großzügige Unterstützung bei der Realisierung der Spielstätte U17

Herrn Peter E. Eckes Herrn Dirk Gemünden Herrn Stefan Schmitz und den weiteren Großspendern sowie der J. Molitor Immobilien GmbH Herrn Dr. Bernd Wegener der Sparkasse Mainz und allen weiteren Partnern Herrn Wolfgang Strutz für die tatkräftige Vermittlung, der Stiftung Mainzer Theaterkultur für das großartige Engagement

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