Niels Bleicher: Steinzeit im Parkhaus. Das unsichtbare Welterbe der Pfahlbauten.

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Steinzeit im Parkhaus Moderne Archäologie und das unsichtbare Welterbe der Pfahlbauten

Niels Bleicher

Niels Bleicher (* 1977) hat in Marburg und Göttingen Urgeschichte, alte Geschichte und Botanik studiert und 2007 in Mainz promoviert. Seit 2008 ist er in der Unterwasserarchäologie und Dendrochronologie der Stadt Zürich tätig. Er war wissenschaftlicher Leiter der Ausgrabung Parkhaus Opéra und Ko-Projektleiter ihrer Auswertung.

Rings um die Alpen haben sich an Seeufern und in Mooren Ruinen prähistorischer Pfahlbaudörfer erhalten – mitsamt Resten des alltäglichen Lebens vor 5000 Jahren : Vom Jagdbogen über Textilien und Pflanzen bis zur DNA ist noch alles da. Deswegen wurden die Pfahlbauten 2011 zum einzigen UNESCO-Welterbe erklärt, das man nicht sehen kann, weil es im Boden verborgen ist. Wie lebten die Pfahlbauer ? Und was können wir heute von ihnen lernen ? Dieser reich bebilderte und leicht verständliche Überblick schöpft aus zahlreichen Ausgrabungen, darunter dem weltweit beachteten Fundort Parkhaus Opéra in Zürich. Neueste interdisziplinäre Forschungen zeigen Leben und Leistung der steinzeitlichen Menschen in über­ raschenden Details.

Steinzeit im Parkhaus

© Amt für Städtebau

Niels Bleicher

An den Ufern vieler Seen rings um die Alpen haben sich die Ruinen steinzeitlicher Dörfer erhalten – Pfahlbauten! Im flachen Wasser blieben organische Reste des alltäglichen Lebens konserviert: Holz­ geräte wie Jagdbögen, Pflanzenreste wie Getreide, aber auch Tierknochen, Textilien, Insekten, Gene und vor allem: viel Holz. Es ist alles noch da. Wegen dieser organischen Erhaltung sind die Pfahlbauten 2011 zum UNESCO Welterbe erklärt worden. Wie überlebten die Menschen in jener Zeit vor 5000 Jahren, als die Welt noch viel wilder war als heute – aber nicht weniger vernetzt ? Ausgrabungen wie jene, die 2010/2011 im heutigen Parkhaus Opéra in Zürich stattfand, bieten uns schier unglaublich detaillierte Einblicke in unsere steinzeitliche Vorgeschichte. Neueste interdis­zi­plinäre Auswertungen haben Überraschendes zutage gebracht und lassen uns angesichts der Leistungen der steinzeitlichen Menschen staunen. Moderne Pfahlbauarchäologie gleicht einer Zeit­ reise ! Das Ticket halten Sie in den Händen.

ISBN 978-3-03810-377-6

www.nzz-libro.ch

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NZZ Libro

Umschlagbild rechts: Georg Aerni, Zürich

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Geschrieben im Auftrag des Kantons Zürich, Amt für Raumentwicklung, Kantonsarchäologie. Mit freundlicher Unterstützung von:

Dr. von Moos AG Geotechnisches Büro

Beratende Geologen und Ingenieure

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2018 NZZ Libro, Schwabe AG Redaktion/Lektorat: text-macht.de, Freiburg im Breisgau Bildredaktion: Christine Michel, Kantonsarchäologie Zürich Verlagslektorat: Simon Wernly, Langenthal Umschlag, Gestaltung und Satz: Katarina Lang, Zürich Bildbearbeitung: Marjeta Morinc, Zürich Druck, Einband: Memminger MedienCentrum, Memmingen

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Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speiche­rung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werks oder von Teilen dieses Werks ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. ISBN 978-3-03810-377-6 www.nzz-libro.ch NZZ Libro ist ein Imprint der Schwabe AG

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Inhalt

4 Steinzeit-Hightech und Handwerk . . . . . . . . . . . 65

1 Wer waren die Pfahlbauer ? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

Eigentlich vorgestern: Die Pfahlbauten in der Weltgeschichte  10 Die Entdeckung der Pfahlbauten  11 Erste Kelten ?  15 Bürgerliche Projektionsfläche  16 Von Syrien zum Röschtigraben: Wie Ackerbau und Viehzucht in die Schweiz kamen  18 Dunkle Jahrhunderte ? Das späte 4. Jahrtausend v. Chr.  22

2 Leben im Pfahlbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

Abgehoben oder ebenerdig – der berühmte Pfahlbaustreit  27 Bretterwand und Schindeldach: Steinzeitliche Architektur  30 Fern von Komfort und Romantik: Der Pfahlbau von innen  36 Ordnung in die Punktwolke bringen – die Pfahlfeldanalyse  39 Steinzeitliche Raum- und Verkehrsplanung: Fortbewegung im Pfahlbaudorf  42 Ein Haus fürs Leben ?  44 Platzbedarf damals und heute  46

3 Steinzeitliche Tracht – wie die Pfahlbauer aussahen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

Schick mit Pelz und Hut – die Kleidung der Pfahlbauer  51 Jungsteinzeitliche Nähstube  54 So funktional wie nötig, so schön wie möglich  57 Auf der Suche nach dem Wollschaf  61 Zurück zum Bärenfell  62

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Ein voller Werkzeugkasten  65 Meisterstück der Holzbearbeitung  68 Der Ursprung des Schweizer Sackmessers  71 Feuer und Flamme in der Steinzeit: Vorgeschichtliche Feuerzeuge  72 Das hält: Steinzeitliche Kleber  74 Ergonomie und Bionik in der Steinzeit  75 Der verlorene Rekord – Zürichs steinzeitliche Räder  77 Steinzeitlicher Urahn der Maschine – Pfeil und Bogen  80 Kinderbögen und Jagdbögen  82 Tradition oder Evolution ? Wer Bären tötet, hat recht  83 Kupfer und der Mythos des ewigen Fortschritts  85 Kupfer, Jade und Kopien  88

5 Die Pfahlbau-Kollektivgesellschaft – Wirtschaften in der Steinzeit . . . . . . . . . . . . . . . 93

Überleben in steinzeitlicher Landschaft  94 Zürich – ein wirtschaftsfreundlicher Standort ?  95 Pioniere und Vitamine  98 Futter für das Vieh  99 Holz für die Hütte  101 Ackerbau mit allen Mitteln  102 Haselnüsse und Risikobewusstsein – das steinzeitliche Anlagemodell  105 Hirten, Herden, Hundebraten  106 Blut und Erdbeerjoghurt ?  109 Hirsch am Spiess und Frosch im Topf  110 Mit Netz, Angel und Harpune – Fischfang der Steinzeit  112 Wann kam die Maus ins Haus ? Lagerhaltung und Schädlinge  114 Mühlen, Brei und Brot  115

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Menü à la Pfahlbau  117 Genuss in der Steinzeit ?  119 Jahreszeiten im Pfahlbaudorf  121 Die Bilanz der Pfahlbau KlG  124

6 Gesellschaft: Wer, wo, wie und mit wem ? . . . . 131

«Mit denen haben wir nichts zu tun!» Sozialer Raum und Rang  131 Nicht für alle gedacht: Statussymbole  135 Angeberei und Schönheitswahn  137 Wer wohnt und isst zusammen ?  138 Lernen und Spielen in der Steinzeit: Kinder im Pfahlbau  139 Isoliert oder vernetzt ? Migration in der Steinzeit  140 Fernkontakte und Tauschnetze der Steinreichen  142 Knochen ohne Gräber  146 Bewaffnete Konflikte  150 Woran glaubten die Pfahlbauer ?  151

7 Kernige Naturburschen oder «armi Sieche» ? Gesundheit in der Steinzeit. . . . . . . . . . . . . . . . . 155

8 Wie es nach dem 4. Jahrtausend v. Chr. weiterging . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 61 Europaweiter Umbruch  161 Jahrhunderte ohne Pfahlbauten am Ende der Steinzeit  163 Metall setzt sich durch  163 Früh- und Mittelbronzezeit rings um den Zürichsee  165 Das Ende der Pfahlbauten und der vorgeschichtlichen Welt  166

9 Und die Moral aus der Kultur(ge)schicht . . . . . 171 10 Anhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175

1) Warum graben Archäologen nicht alles aus ?  175 2) Wieso bleibt unter Wasser so viel erhalten ?  176 3) Warum darf nicht jeder graben ?  177 4) Finden Archäologen auch Gold ?  178 5) Woher weiss man, wie alt das alles ist ?  179 6) Was ist so interessant an kaputten Töpfen ?  181 Abbildungsnachweis 183 Dank 186

Der Anfang der Zivilisationskrankheiten  155 Heilkunde im Pfahlbau  157

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1  Wer waren die Pfahlbauer   ?

Lange vor unserer Zeitrechnung lebten rund um die Alpen Menschen, die an Seeufern oder in Mooren ihre Häuser auf Pfählen bauten. Wir sprechen von den Pfahlbauern der Jungsteinzeit und der Bronzezeit. Und obwohl dies lange her ist, haben die Pfahlbauer eine Menge mit uns heutigen Menschen zu tun. Die Themen, die sie in Atem hielten, sind auch uns vertraut: Wirtschaft und Nachhaltigkeit etwa, Nachbarschaft, Mobilität, Migration, gesellschaftliches Ansehen, Ernährung oder Fernhandel. Sie fanden für die Herausforderungen ihrer Zeit eigene Lösungen – gute wie desaströse – und formten einen guten Teil unserer heutigen Landschaft. Aus ganz Europa gibt es wichtige prähistorische Funde – auch aus der Zeit der Pfahlbauer. Dennoch sind die Pfahlbauten rings um die Alpen etwas ­Besonderes. Hier erhielten sich Dinge, die normalerweise spurlos vergehen: Holz, Textilien, Pflanzenmaterialien aller Art oder auch Insektenreste. Diese unterschiedlichen Überreste enthalten eine Vielzahl an Informationen über die damalige Welt. Ökologie, Wirtschaft, Architektur, Landschaft, Gesundheitszustand der Menschen und noch einige andere Aspekte des Lebens in der Jungsteinzeit lassen sich rekonstruieren. Nirgendwo sonst lässt sich so genau erforschen, wie die Vorgeschichte im Detail funktionierte. Deshalb wurden die Pfahlbauten im Jahr 2011 zum Unesco-Weltkulturerbe erklärt. Und immer noch gibt es viel zu entdecken. Eine besonders hohe Dichte an Ausgrabungen und naturwissenschaftlichen Untersuchungen gibt es in Zürich. Dort fand 2010/11 eine Grossgrabung statt. Direkt vor der Oper sollte damals ein neues Parkhaus entstehen. Der Aushub brachte Funde zutage, und der geplante Bau verlieh der Fundstelle ihren ­Namen: Parkhaus Opéra.

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Eigentlich vorgestern: Die Pfahlbauten in der Weltgeschichte Wer von der Steinzeit spricht, der redet schnell von Jahrtausenden. Kaum jemand kann sich aber einen solchen Zeitraum konkret vorstellen. Es klingt hauptsächlich nach «lange her». So wie auch die Pyramiden oder die Mammuts lange her sind. Versuchen wir als Erstes, die Pfahlbauten in die europäische Geschichte einzuordnen. Vor 1000 Jahren fanden die Kreuzzüge statt. Auch das ist für uns lange her, aber auf einem Zeitstrahl, der bis zum Ende der letzten Eiszeit zurückreicht, relativiert sich dieser Eindruck schnell (Abb. 1). Für die Kreuzzügler wiederum war der Beginn der römischen Kaiserzeit unter Gaius Julius Caesar ebenso lange her. Und von Caesar aus betrachtet lagen die letzten Pfahlbauten, die um 850 v. Chr. am Ende der Bronzezeit in Zürich bestanden, noch einmal ähnlich weit in der Vergangenheit. Wiederum etwa 1000 Jahre vor diesen späten Pfahlbauern endete um 2200 v. Chr. nördlich der Alpen die Steinzeit, und die frühe Bronzezeit begann. Wenn wir von diesem Epochenwechsel aus noch ein weiteres halbes Jahrtausend in die Vergangenheit zurückblicken, sind wir um 2600 v. Chr. angekommen, in einer Zeit, in der es hierzulande viele Pfahlbauten gab und in Ägypten die ersten Pyramiden errichtet wurden. Ein weiteres halbes Jahrtausend früher erreichen wir das 4. Jahrtausend v. Chr. und damit die Zeit der Pfahlbauten von Parkhaus Opéra. Die frühesten Pfahlbauten der Schweiz und Süddeutschlands aber sind noch einmal über 1000 Jahre älter und stammen aus der Zeit kurz vor 4000 v. Chr. Pfahlbauten gab es hier also mit Unterbrechungen während etwa 3500 Jahren. In dieser Zeit ist viel passiert. Lebensbedingungen und Gesellschaften änderten sich, und die Bronze wurde eingeführt. «Die Pfahlbauer» gibt es also eigentlich nicht. Hinter diesem Begriff stecken mehrere historische Epochen und verschiedene wirtschaftliche und soziale Umwälzungen. Weltgeschichtlich betrachtet ist all dies aber eigentlich sehr jung: Viele steinzeitliche Pfahlbauten sind nur etwas älter als 5000 Jahre. Die Einführung von Ackerbau und Viehzucht in Mitteleuropa erfolgte 2500 Jahre früher, und das Ende der letzten Eiszeit und das Aussterben der Mammuts in Europa sind nahezu doppelt so lange her, nämlich 10 000 Jahre. Der Neandertaler verschwand vor 30 000 Jahren. Seit 800 000 Jahren nutzt der Mensch

« Pfahlbauten gab es während Jahrtausenden »

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Um 9650 v. Chr. Beginn der aktuellen Warmzeit

Pyramiden von Gizeh 2630–2525 v. Chr.

100–44 v. Chr. Julius Caesar

Mittelsteinzeit –10 000

–9000

–8000

Jungsteinzeit in Mitteleuropa –7000

–6000

–5000

–4000

–3000

Späte

Frühe

Türkei

Sumerische Keilschrift ab 3000 v. Chr.

Italien und Balkan Griechenland Kreta

Kelten

Mittlere

Beginn Ackerbau und Viehzucht im nahen Osten

Stonehenge ca. 3100–1700 v. Chr.

Bronzezeit –2000

–1000

1095 1. Kreuzzug

Römische Eisen- Kaiserzeit zeit Mittelalter 1

1000

Pfahlbauten in Zürich: Pfahlbauten von Parkhaus Opéra: Um 4300 v. Chr. Ältester Pfahlbau in Zürich-Kleiner Hafner

das Feuer. Doch wenn man bis zur Menschwerdung zurückdenkt, muss man noch mal ein paar Nullen anhängen: Die ersten Frühmenschen sind etwa 4,5 Millionen Jahre alt. Und wer sich für Dinosaurier interessiert: Die sind seit 65 Millionen Jahren ausgestorben, also etwa 13 000-mal so alt wie die Pfahlbauten.

Um 840 v. Chr. Jüngster Pfahlbau in Zürich-Alpenquai

1  Überblick über die Pfahlbauten und über die Siedlungen von Parkhaus Opéra im Kontext der europäischen Vorgeschichte.

Die Entdeckung der Pfahlbauten Jahrtausendelang lagen die Reste der Pfahlbauten unbemerkt im Boden. ­Gelegentlich stiess man auf ihre Reste. Beim Bau der Schanze von Zürich im Jahr 1643 beispielsweise pflügte man einige Quadratmeter mit steinzeitlichen Siedlungsresten regelrecht um und muss Funde gemacht haben. Deren Bedeutung jedoch erkannte im kulturellen Klima des 17. Jahrhunderts niemand. Erst im Zuge der Aufklärung im späten 18. und vor allem im 19. Jahrhundert erwachte in vielen Ländern das Interesse an der Archäologie. Die jungen ­Nationalstaaten suchten in der Frühzeit nach ihren Wurzeln, und mancher aufklärerische Geist forschte an der Bedeutung jener Funde, die in allen Ländern Europas im Boden gemacht wurden. So wie Botaniker, Zoologen und

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2  Fotografie eines Pfahlfeldes in der Bucht von Mörigen, das bei einem Seepegeltiefstand 1874 sichtbar wurde.

3  Rechts: Darstellung eines Dorfes aus Neuguinea von 1836. Oben: Kellers eng daran angelehnte Rekonstruktion eines Pfahlbaudorfes.

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Geologen die Welt zu beschreiben und zu ordnen versuchten, um sie zu verstehen, so begannen die ersten Vorgeschichtler, Funde zu sortieren und zu vergleichen. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde so das Dreiperiodensystem erfunden, das die Vorzeit in Stein-, Bronze- und Eisenzeit einteilte. Als dann 1853 während eines langen und harten Winters der Pegel des Zürichsees ungewöhnlich tief fiel, lagen Teile der sonst überschwemmten Uferplatte trocken. Ein Lehrer aus Meilen sah Pfähle aus dem Boden ragen (Abb. 2). Er informierte Ferdinand Keller von der Antiquarischen Gesellschaft Zürich. Der besuchte die Fundstelle und fand grosse Mengen an Geräten, Töpfen und Knochen. Die Gegenstände interpretierte er als «urgeschichtlich» und die Pfähle als Reste von Häusern. Damit war für ihn klar, dass es um vorgeschichtliche Siedlungen ging. Keller glaubte an Häuser auf einer Plattform – ähnlich jenen, welche damalige Entdecker in der Südsee und anderen Teilen der Welt gefunden hatten (Abb. 3). Die Idee der Pfahlbauten war geboren. Während man überall sonst nur unvergängliches Material wie Keramik, Metall, Stein und Knochen im Boden fand, stachen die Pfahlbaufunde durch organische Erhaltung hervor: Holz, Textilien und Pflanzenreste wie Haselnüsse und Getreidekörner lagen zwischen den Funden (Abb. 4). Ferdinand Keller rief den Botanikprofessor Oswald Heer und den Zoologieprofessor Ludwig Rütimeyer hinzu. Von der ersten Minute an war die Pfahlbauforschung also interdisziplinär. Sie beförderte das Entstehen neuer wissenschaftlicher Disziplinen: Archäobotanik und Archäozoologie. Die Nachricht von den ungewöhnlichen Funden elektrisierte die Öffentlichkeit. Fachleute aus der ganzen Welt kamen ab etwa 1859 nach Zürich, und man begann auch andere Seeufer abzusuchen. Bald hatte man Fundstellen am Neuenburger- und Bielersee, am Bodensee und auch in einigen Mooren gemacht. In der Westschweiz brachten die Seepegelabsenkungen, die eine Folge der Juragewässerkorrektur waren, eine regelrechte Flut neuer Fundstellen. Damit war die Pfahlbauforschung etabliert. Heute gibt es rings um die Alpen viele Fundstellen (Abb. 5).

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4  Pflanzenfunde, die im 19. Jahrhundert an Pfahlbaufundstellen aufgelesen wurden.

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5  Die roten Punkte markieren den heutigen Stand der Pfahlbaufundstellen.

Leider stellten einige Anwohner bald fest, dass sich Funde aus Pfahlbauten gut verkaufen liessen. Schnell entwickelte sich eine Szene von Leuten, die grosse Löcher in die Fundstellen gruben, von Booten aus mit langen Zangen Funde einsammelten oder auch Fundstücke fälschten. Der Handel nahm ­solche Ausmasse an, dass der Schaden bald nicht mehr zu übersehen war. Manch einer fürchtete nicht nur um das prähistorische Erbe, das zunehmend ins Ausland verkauft wurde, sondern wegen der vielen Fälschungen auch um den Ruf der Schweiz oder mindestens der Seegemeinden. Daher wurden sehr früh Denkmalschutzgesetze erlassen, beispielsweise im Kanton Neuenburg schon 1878. Die wilden Grabungen waren offiziell verboten. Dieses Verbot gilt noch heute. Alle Fundstücke gehören nicht dem Finder, sondern dem jeweiligen Kanton.

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Erste Kelten ? Mitte des 19. Jahrhunderts konnte man noch fast nichts über die Vor­ geschichte wissen. Die ältesten schriftlichen Quellen über die Schweiz und ihre Bewohner stammten von antiken griechischen Autoren. Für die Zeit vor Griechen und Römern konnte man sich allgemein nur auf die Bibel stützen. Geologen suchten teilweise noch nach den Spuren der Sintflut, und Darwins Theorie der Evolution entstand gerade erst. Da die Bibel aber partout nichts über die vorgeschichtlichen Bewohner der Schweiz preisgab, blieb der Hinweis der antiken Autoren auf «keltische Helvetier» der damals beste Anhaltspunkt, von welchem Volk die Funde aus den Seen stammen könnten. Ferdinand Keller veröffentlichte seine erste Rekonstruktion eines Pfahlbaudorfes unter dem Titel «Keltischer Pfahlbau» (Abb. 3). Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erkannte man dank naturwissenschaftlicher Datierungs­ methoden, dass die steinzeitlichen Siedlungsreste von Meilen über 2000 Jahre älter waren als die Helvetier. In der Archäologie hat sich die Ansicht durchgesetzt, dass man vorgeschichtlichen Gruppen keine ethnischen Namen geben kann. Die Meilemer Pfahlbauten sind zeitlich weiter von den Helvetiern entfernt als die Helvetier von uns (Abb. 1). Die Helvetier sprachen eine keltische Sprache, die längst ausgestorben ist. Sie hatten Götter, die wir kaum benennen könnten und deren Kult wir nie verstehen werden. Sie kannten Menschenopfer, und ihre Bräuche wären uns Heutigen fremd. Selbst wer in gerader Linie von einem Helvetier abstammte, könnte sich nicht einen Kelten nennen, weil ihn mit seinen Vorfahren weder Kultur noch Sprache und sogar nur ein verschwindend geringer Teil der Gene verbände. Dasselbe gilt für das Verhältnis zwischen Helvetiern und Pfahlbauern. Viele nachweisbare Migrationen im grossen und kleinen Stil haben für ständige Vermischung und Verschiebung gesorgt. Zudem wissen wir nicht, welche Kriterien für die verschiedenen vorgeschichtlichen Gesellschaften ausschlaggebend waren, um Zusammengehörigkeit zu empfinden. Wir müssen uns damit abfinden: Die vorgeschichtlichen Gruppen, von denen in diesem Buch die Rede ist, haben keine ethnischen Namen – und sie haben keine Nationalität.

«Die Bibel schweigt zur Vorgeschichte »

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2  Leben im Pfahlbau

Es gibt viele Abbildungen von Pfahlbauten. Eigentlich aber handelt es sich freilich um Abbilder gedanklicher Rekonstruktionen der jeweiligen Wissenschaftler. Entsprechend gibt es beachtliche Unterschiede zwischen den Darstellungen und den dort vermittelten Vorstellungen über das Leben im Pfahlbau. Warum konnten sich die Fachleute auch nach Jahrzehnten der Diskussion nicht einig werden ? Was ist der heutige Stand der Forschung und woher kommt überhaupt das Wissen über das Leben in einem Pfahlbauhaus ?

Abgehoben oder ebenerdig – der berühmte Pfahlbaustreit Als Ferdinand Keller 1853 die erste Pfahlbaufundstelle besuchte, war er schnell davon überzeugt, dass die vielen aus dem Seegrund ragenden Pfähle einst eine grosse Plattform getragen hatten, auf denen Häuser standen (Abb. 3). Er begründete das berühmte Bild vom Pfahlbaudorf über dem Wasser. Andere Forscher meinten, Keller irre sich, weil der Seepegel damals mög­ licherweise viel niedriger gewesen sei. Dann hätten die Häuser an Land gestanden und die Pfähle zu Dach und Wänden gehört. Abgehoben oder ebenerdig ? Man war sich einig, dass es sich bei den unübersichtlichen Ansammlungen von Pfählen, liegenden Hölzern, Lehm und Funden, die im Seegrund lagen, um Siedlungsreste handelte. Aber woran sollte man sich bei ihrer Interpretation orientieren ? Hätte man Studien gehabt, wie die Reste ehemaliger Pfahlbauten, wie sie beispielsweise im Benin und anderswo existieren, bei einer späteren Ausgrabung aussehen, so hätte man direkt vergleichen können. Da es solche Studien aber selbst heute noch kaum gibt, hing die Diskussion methodisch zunächst fest.

« Der Pfahlbaustreit erhitzte über 100 Jahre lang die Gemüter »

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13  Original erhaltene Fussbodenkonstruk­ tion in der Moorsiedlung von Niederwil mit erhaltenem Holzrahmen einer Herdstelle in einer Durchbrechung des Fussbodens (Pfeil).

Einige Archäologen orientierten sich an Funden aus Mooren Südwestdeutschlands und der Schweiz, wo man organisch erhaltene Siedlungen im nassen Untergrund gefunden hatte. Da diese an Ort und Stelle erhaltene Fussbodenkonstruktionen aufwiesen (Abb. 13), die nicht auf Plattformen mit Pfahlfundamenten gestanden hatten, waren sie davon überzeugt, dass die Siedlungen an Seeufern ebenso ebenerdig waren. Nennen wir diese Forscher die Ebenerdigen. Sie versuchten, mit allgemeinen Überlegungen zu Kultur und menschlichem Verhalten zu argumentieren, was natürlich schwierig ist, weil menschliches Verhalten in den verschiedenen Kulturen ausgesprochen unterschiedlich ist. Eine andere Gruppe – nennen wir sie die Abgehobenen – argumentierte naturwissenschaftlich, beispielsweise mit dem Nachweis von Wasserschnecken in den Fundschichten der Siedlungen: Diese seien der Beleg, dass die Siedlungen im Wasser gestanden hätten (Abb. 14). Aber die Ebenerdigen fanden ein Gegenargument: Der Seepegel könne schliesslich auch nach der Besiedlung wieder gestiegen sein, einen Teil der Schicht durchmischt und dabei die Wasserschnecken abgelagert haben. Und tatsächlich füllen sich die Gehäuse toter Wasserschnecken oft mit Gas, schwimmen auf und können weit entfernt am Ufer angeschwemmt werden. So ging die Diskussion hin und her. Der sogenannte Pfahlbaustreit erhitzte über 100 Jahre lang die Gemüter, und während einiger Jahrzehnte behaupteten beide Seiten, das ultimative Argu-

14  Widersprüchliche Rekonstruktionen von ebenerdigen Bauten im Jahr 1990 in Zürich und von abgehobenen Bauten im Museum von Unteruhldingen.

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27  Durchlochtes unteres Ende eines umgestürzten Hilfspfahls in Fundlage.

26  Oben: Schindel mit Loch aus Parkhaus Opéra. Unten: Dach mit aufgelegten, ungelochten Schindeln und Ballaststeinen im Berner Oberland.

Stelle zu halten. Das funktioniert freilich nur bei flachen Dachneigungswinkeln. Die Dächer sahen dann vermutlich ähnlich aus wie jene von heutigen Alphütten im Berner Oberland (Abb. 26). Da wir aber auch einige Schindeln mit Loch gefunden haben, könnte es auch einzelne Häuser mit steileren Dachkonstruktionen gegeben haben. Wie hoch die steinzeitlichen Gebäude waren, ist normalerweise fast unmöglich zu rekonstruieren. In Parkhaus Opéra aber gab es einen entscheidenden Hinweis. Ein liegendes Holz entpuppte sich als nachträglich einge-

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28  Nachträglich angebrachte Stützpfähle in einem Pfahlbau. A: Mit Pfahlschuh, B: schräger Stützpfahl ohne Pfahlschuh.

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29  Das Verhältnis von Seepegel und Gebäudehöhe. 410 408 406 404 402 400

setzter Hilfspfahl und erzählte eine spannende Geschichte: Im weichen Untergrund des Seebodens sinken nämlich Pfähle, die schweres Gewicht tragen, über Monate und Jahre in den Seegrund ein. So kann ein Haus in Schieflage geraten, und man muss versuchen, es zu stabilisieren. Das taten die Pfahlbauer mit schräg eingeschlagenen Pfählen, die die Fundamentpfähle seitlich abstützten. Um aber ein Dach in Schieflage zu stützen, braucht man einen Pfahl, der bis dorthin hinaufreicht. Da sie innerhalb des Hauses keinen Pfahl tief in den Boden rammen konnten, ohne das Dach abzudecken, nutzten die Pfahlbauer einen sogenannten Pfahlschuh: Der Pfahl wurde kurz oberhalb der unteren Spitze quer durchlocht und eine Stange hindurchgesteckt. Diese diente dazu, das Gewicht auf dem Seegrund zu verteilen, so dass der Pfahl trotz kurzer Spitze mehr ­Gewicht aufnehmen konnte (Abb. 27 und 28). Aufgrund der kurzen Spitze kann solch ein Hilfspfahl nachträglich von der Seite her unter die zu stützende Stelle geschoben werden. Ist ein solcher Hilfspfahl vollständig erhalten, dann erschliesst sich die minimale Gebäudehöhe: Sie ergibt sich aus der Strecke von der Querstange, die auf dem Seegrund lag, bis zur Stelle, wo die Last auflag. In unserem Fall beträgt sie etwa 8 Meter! Das klingt, als hätten dort mehrere Stockwerke Platz. Glücklicherweise haben Geotechniker errechnet, auf welcher Höhe über Meer der Seegrund an dieser Stelle lag, und wir haben zudem eine recht klare Vorstellung davon, wie hoch der Seepegel gestanden haben muss. Aus all dem ergibt sich eine Höhe von etwa 5 Metern zwischen Fussboden und Dachfirst. Es war also tatsächlich Raum für einen Zwischenboden unter dem Dach vorhanden (Abb. 29). Vielleicht lag hier der Kornspeicher. Wir sehen das Haus also schon ganz gut vor uns. Womit niemand gerechnet hatte, als die Ausgrabung von Parkhaus Opéra begann, war, dass man noch ein weiteres Detail finden würde: Die Eingangstür, die in Kapitel 4 noch genauer

« So kann ein Haus in Schieflage geraten »

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beschrieben wird. Für das Verständnis der Hauskonstruktion ist sie aber schon jetzt wichtig, weil sie zeigt, dass es im Wandaufbau horizontale Balken gegeben hat, in die man die Zapfen der Türangeln einsetzen konnte.

Fern von Komfort und Romantik: Der Pfahlbau von innen

30  Aufbau von Boden und Herdplatte in Pfahlbaugebäuden von Parkhaus Opéra. A: Pfähle, B: Träger, C: Unterzüge, D: Fuss­ bodenhölzer, E: Rahmen der Herdstelle, F: Unter­konstruktion der Herdplatte, G: Abfallluken, H: Herdplatte aus Lehm.

Wann immer man mit Menschen über ihre Vorstellung vom Alltag in der Vorgeschichte spricht, hört man Dinge wie «Steinbeil schleifen», «jagen» oder «Bögen bauen». Niemand spricht von «Müll raustragen», «Hausputz» oder «Plumpsklos». Die lästigen und unglamourösen Seiten des Lebens werden gerne ausgeblendet. Dabei spricht viel dafür, dass das steinzeitliche Wohnen nicht unseren heutigen romantischen Vorstellungen entsprach. Ein Aspekt dabei betrifft das enge Zusammenleben von Mensch und Vieh. Der Nachweis von Tierdung spricht dafür, dass einzelne Rinder, Schafe und Ziegen mit im Haus wohnten – was auch in den Alpen bis ins 20. Jahrhundert nicht selten war. Vermutlich waren auch Hunde dabei. Ebenso finden wir regelmässig Reste von Mäusen und Unmengen von Fliegen. Hygienisch war das Leben im Pfahlbau nicht. Die Menschen haben in diesen Häusern zusammen mit ihren Tieren gewohnt, sie haben gekocht, gegessen, geschlafen und gearbeitet – und ja, verdaut haben sie natürlich auch. Also entstand jede Menge Müll: Holzasche, Küchenabfälle wie Fischschuppen und Knochen sowie Holz­ späne und Steinsplitter vom Werken, zudem auch Fäkalien von Mensch und Tier. Wie könnten die Pfahlbauer das alles entsorgt haben ? Die Vorstellung, dass ein widerwilliger 14-Jähriger im Ötzi-Outfit mit dem mahnenden Blick der Eltern im Nacken einen Kübel Abfall aus dem Pfahlbau trägt und in den See ausleert, ist ja noch ganz plausibel. Aber spätestens bei der Frage nach den Toiletten gerät man ins Grübeln: Können Sie sich vorstellen, nachts bei Kälte und vielleicht Regen oder Schnee am Rand der Hausplattform Ihr Geschäft zu verrichten und dabei noch zu riskieren, ins Wasser zu fallen ? Dem pfeifenden Wind wäre man auf der freien Seefläche ungeschützt ausgesetzt gewesen. Und der Weg an Land war weit. Toiletten mit Sitz und Herzchentür hat noch keine Pfahlbaugrabung zutage gebracht. Dafür etwas anderes: Meistens gibt es in der Mitte der Gebäudegrundrisse unter den Häusern in der Nähe der entsorgten Herdplatten grosse Fundmengen. Diese liegen oft auf Haufen voller dünner Aschelagen, kleiner Feuersteinsplitter und verbrannter Knochenstückchen. Ganz offensichtlich

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31  Das Heizen und Kochen im geschlossenen Haus sorgte für reichlich rauchige Luft.

sind es Abfallhaufen. Irgendwie müssen sie unter die Gebäude gekommen sein. Es sieht ganz so aus, als hätten die Pfahlbauer das Thema Entsorgung schon architektonisch berücksichtigt, indem sie in der Hausmitte eine Abfallluke in den Boden einbauten (Abb. 30). Diese befand sich praktischerweise neben der Feuerstelle. So konnte man die Asche direkt in den See kehren, ebenso die Küchenabfälle. Auch der Müll von Werkarbeiten fiel an dieser Stelle an, denn am Feuer war das Licht, das man zum Arbeiten brauchte. Und nun spricht sogar noch einiges dafür, dass dieses Loch im Boden auch als Toilette diente. Zum Beispiel, dass innerhalb der Siedlungsschicht jede Menge Darmparasiten gefunden wurden (Kap. 7, S. 156). Trotz allem Spürsinn – unsere Methoden lassen uns im Stich, wenn es darum geht, wie die Häuser von innen aussahen. Anders als in Moorsiedlungen konnten wir am Seeufer keine Zwischenwände ausgraben. Ob die Gebäude in mehrere Räume unterteilt waren, wissen wir nicht. Es wurden auch keine Möbel gefunden. Nicht einmal einfache Schemel. Ob es Betten gab und wie die aussahen, ob die Wände bemalt waren, all das können wir in den meisten Fällen nicht sagen – bis auf einen Sonderfall, um den es in Kapitel 6 noch gehen soll. Tageslicht gab es im Pfahlbauhaus wohl wenig. Im Winterhalbjahr weht der Wind scharf über die grosse Wasserfläche des Zürichsees, und Fenster hätte man schlecht isolieren können. Schon die Wärmedämmung der Holzwände war unzureichend, auch wenn man Ritzen mit Moos ausstopfte. Man hatte vermutlich keine andere Wahl, als im Winter eng zusammenzurücken und sich so nah wie möglich am Feuer aufzuhalten. Wer schon einmal in kalten Nächten auf dem Boden geschlafen hat, weiss, wie sehr die Kälte in die Knochen kriecht und dass die Hitze eines Feuers oft an der Oberfläche bleibt. «Vorn verbrannt und hinten Rheuma», fasste ein Experimentalarchäologe seine Erfahrung einmal zu­ sammen. Keine Fenster heisst jedoch auch: schlechte Luft. Es dürfte eine Mischung aus allen denkbaren Körpergerüchen von Mensch und Tier und viel, viel Rauch gewesen sein (Abb. 31). Das belegt auch die Untersuchung von ­Ötzis Lunge: Er muss zu Lebzeiten viel Rauch eingeatmet haben. Insgesamt bröckelt die Idylle schnell, die einem schöne museale Rekonstruktionen vormachen. Die Pfahlbauten sind so lange heimelig, wie man weiss, dass man dort nicht den Winter mit seinen Kühen verbringen muss. Und wenn die Inneneinrichtung auf bildlichen Darstellungen und in einigen Rekonstruktionen allzu ausgeschmückt daherkommt, sollte man sich dringend daran

« Vorn verbrannt und hinten Rheuma »

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erinnern, dass es sich hier um reine Phantasie handelt. Es gibt keine Daten dazu. Dass in den 1940er-Jahren in den Nachbauten bronzezeitlicher Häuser in deutschen Museen Bogen und Schwert griffbereit über dem Bett an der Wand hingen, war nichts als nationale Propaganda. Es sollte suggeriert werden, dass schon die Vorfahren allzeit kampfbereit gewesen seien.

Ordnung in die Punktwolke bringen – die Pfahlfeldanalyse Wenn aber die Häuser an sich gar nicht erhalten geblieben sind, wie kann dann eigentlich rekonstruiert werden, welchen Grundriss ein Haus hatte und wo es stand ? Und aus wie vielen Häusern bestand die Siedlung eigentlich ? Wir wollen natürlich wissen, wie die Gebäude angeordnet waren; ob sie im Kreis um einen zentralen Platz herum standen, ob es einen gemeinsamen Getreidespeicher gab und vieles mehr. All diese Fragen zu beantworten, ist das Ziel der Pfahlfeldanalyse. Aus dem ­Gewirr an Pfählen einzelne Baustrukturen und ganze Dorfanlagen herauszudestillieren, ist eine der schwierigsten Aufgaben bei der Untersuchung einer Pfahlbaufundstelle. In Parkhaus Opéra wurden etwa 20 000 Pfähle dokumentiert. Kartiert man sie alle, hat man eine gewaltige Punktwolke vor sich (Abb. 32). Wie soll man da noch etwas erkennen ? Insgesamt gibt es sechs steinzeitliche Siedlungsschichten übereinander auf dem Areal des heutigen Parkhauses im Herzen von Zürich. Wir wissen somit, dass hier definitiv mehrfach gesiedelt wurde. Aber über die Jahrtausende wird das Sediment durch sein eigenes Gewicht und das der Schichten darüber langsam zusammengedrückt. Dann rutschen die Fundschichten an den Pfählen entlang nach unten und die Pfähle stossen durch sie hindurch. Die meisten Pfähle reichen daher durch sämtliche Schichten und geben keinen Hinweis mehr, zu welcher sie ursprünglich gehörten. All die Pfähle verschiedener Zeiten standen daher auf der Ausgrabungsfläche nebeneinander. Das ist in etwa so, als würde man die Stadtpläne mehrerer Grossstädte übereinander blenden und jemandem sagen, er müsse sich nun anhand dieser Karte orientieren.

32  Sämtliche Pfähle von Parkhaus Opéra.

« Wie mehrere über­ einander geblendete Stadtpläne »

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39  Die zentrale Gasse im nördlichen Quartier von Parkhaus Opéra.

Ein Haus fürs Leben ? Die dendrochronologische Datierung ermöglicht nicht nur Aussagen darüber, wann ein Gebäude errichtet wurde. Es lassen sich sogar Reparaturen am Haus nachvollziehen – dann nämlich, wenn wir nicht nur die Ursprungspfähle, sondern auch die Reparaturpfähle datieren. So kommt heraus, dass die Häuser im späten 4. Jahrtausend v. Chr. oft nur 8 bis 15 Jahre in Benutzung waren und bereits ab dem zweiten Jahr immer wieder repariert wurden. Dafür gibt es mehrere Gründe. Erstens ist der Untergrund, die Seekreide, extrem

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40  Oben: Haus in Schieflage mit Stütz­ pfählen in einem heutigen Pfahlbau in Benin. 41  Links: Schräger Stützpfahl in einem Schichtprofil von Parkhaus Opéra.

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4  Steinzeit-Hightech und Handwerk

Die meisten Menschen haben schon vom Steinbeil gehört. Aber es gibt viel mehr Werkzeuge, mit denen man in der Vorgeschichte den Alltag meisterte. Manche erscheinen primitiv, wie zum Beispiel der Klopfstein – ein einfacher, faustgrosser Kiesel zum Hämmern. Zur Ehrenrettung der Pfahlbauer darf man sagen, dass ein heutiger Hammer auch nicht viel einfallsreicher ist, aber zweifelsfrei gute Dienste tut. Andere Werkzeuge der Pfahlbauer sind hingegen erstaunlich durchdacht.

Ein voller Werkzeugkasten Allein für die grobe Holzbearbeitung gab es neben dem grossen Steinbeil auch Fälläxte und Spaltkeile (Abb. 60). Für die Feinarbeit benutzte man kleine Steinbeile, Meissel und Beitel aus Stein oder Knochen (Abb. 61) und für besondere Zwecke sogar Biberunterkiefer. Wenn es an die Oberflächenbehandlung ging, nutzte man Feuersteinklingen zum Schaben oder Hobeln und vermutlich Sand zum Schleifen. Und schliesslich hatte man Feuersteinspitzen zum Bohren. Eine besondere technische Innovation waren die sogenannten Zwischenfutter (Abb. 62). Sie verteilten die Energie des Schlages im Holz so, dass der Holzgriff nicht brach. Gleichzeitig konnte man die Steinklinge gut daraus entfernen, nachschleifen und wieder einsetzen. Zwar wurden die Steinbeilklingen auch häufig direkt ins Holz geklemmt, aber das barg das Risiko von Rissen entlang seiner Maserung. Das Prinzip des Zwischenfutters ähnelt dem heutiger Schnellspannfutter in Bohrmaschinen. Und ganz wie heute pflegten die neolithischen Handwerker ihr wertvolles Werkzeug: Eine Untersuchung von Zwischenfuttern in Parkhaus Opéra ergab, dass man sie mit einem Öl einrieb, das aus Leinsamen, Mohn, Haselnüssen und den Samen von wildem Kohl gewonnen wurde. Damit verhinderte man, dass sie spröde wurden. Es

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60  Oben: hölzerner Spaltkeil. Unten: grosse Fällaxt.

61  Oben: Steinbeil. Unten: Knochenmeissel.

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62  Zwischenfutter aus Hirschgeweih mit eingesetzten kleinen Beilklingen.

gab also bereits technische Öle und Werkzeug-Pflegebalsam im 4. Jahr­ tausend v. Chr. Ebenso vielfältig waren die Werkzeuge für die Steinbearbeitung: Man hatte Klopfsteine zum groben Zurichten, Sandsteinplättchen zum Sägen, grosse Steinplatten zum Schleifen (Abb. 63) und Feuersteinbohrer, um Löcher verschiedener Grösse zu bohren. Für die grössten Löcher hatte man sogar schon den Hohlbohrer erfunden. Das belegen die Funde kleiner Steinzylinder, derjenigen Kerne also, die bei einer Hohlbohrung übrig bleiben. Sehr wahrscheinlich benutzte man einen Holunderstab als Hohlbohrer. Dieses Holz hat nicht nur von Natur aus einen Hohlraum aufgrund seines grossen schwammigen Marks, es ist auch sehr dicht und hart. Zusammen mit etwas Sand als Schleifmittel kann man so in Stein bohren, schleift aber dabei nur die schmale Kreisbahn weg, um schliesslich einen Kern herauszuschneiden (Abb. 64). Das ist viel effizienter, als das gesamte grosse Loch mit einem Vollbohrer auszuhöhlen. Ein anderes durchlochtes Werkzeug waren Hacken aus Geweih (Abb. 65). Viele Archäologen gehen davon aus, dass man sie bei der Feldarbeit zum Hacken und Lockern der Erde und zum Jäten verwendete. Auch die Pfahlbauküche kam nicht ohne Werkzeug aus. Da ist beispielsweise der Quirl, der bei der Käseherstellung verwendet worden sein dürfte (Abb. 66) – zumindest wurden identische Quirle bis ins 20. Jahrhundert auf Sennhütten in den Alpen für diesen Zweck gebraucht. Dann gab es fremd wirkende Geräte aus Astansätzen, bei denen es sich vermutlich um Dresch-

63  Links: Schleifplatte für Steinbeile. Rechts: Sandsteinplättchen, als Steinsäge verwendet, und gesägter Stein.

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64  Links: Lochaxt, die zerbrach, als die Hohlbohrung fast fertig war. Rechts: Ausgebohrte Kerne.

65  Links: Geweihhacke während der Ausgrabung. Rechts: Konservierte Geweih­ hacken, teils noch mit Rest des Schafts im Loch.

66  Hölzerner Quirl.

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67  Dreschsparren aus einer Astansatzstelle.

flegel handelt (Abb. 67). Mit diesen hölzernen Hämmern konnte man das Getreidekorn aus seiner Ähre klopfen. Zu einem ähnlichen Zweck diente vielleicht auch der ausgehöhlte Stamm, den wir in Parkhaus Opéra gefunden haben (Abb. 68). Mit ­einem grossen Stössel, wie man ihn unter anderem auch in der Moorsiedlung Bad Buchau-Torwiesen in Oberschwaben ausgegraben hat, wurde darin wahrscheinlich Getreide entspelzt oder geschrotet (Kap. 5, Abb. 108). Bei einer Vorführung habe ich einmal einer Gruppe von Schülern – offensichtlich Hip-HopFans – solche Stössel in die Hand gedrückt und sie zu dritt vor einen Mörser gestellt. Nach wenigen Sekunden, in denen sie reihum zustiessen und den Stössel wieder hoben, verfielen sie in einen Rhythmus – und fingen spontan an zu singen. Ich bin überzeugt, dass das in der Vorgeschichte ganz ähnlich ablief, auch wenn die Musikrichtung eine andere gewesen sein dürfte. Wir kennen das aus allen Weltregionen: Wer im gemeinsamen Rhythmus arbeitet, singt auch gemeinsam.

Meisterstück der Holzbearbeitung Sie ist nicht die älteste Tür der Welt, nur die zweitälteste, dafür aber die schönste: Der spektakuläre Fund einer vollständig erhaltenen hölzernen Tür von Parkhaus Opéra zeigt, welches Niveau der Holzbearbeitung mit Stein­ werkzeugen erreicht werden konnte. Die Tür stammt aus der Zeit um 3175 v. Chr. Die älteste Tür kommt übrigens ebenfalls aus dem Kanton Zürich und ist noch einmal 500 Jahre älter. Sie wurde aus einer einzigen Bohle aus dem Stamm einer sehr grossen Tanne gearbeitet. Die Tür von Parkhaus Opéra dagegen ist eine komplexe, meisterliche Konstruktion aus drei dicken Pappelbohlen. Die Bohlen wurden auf der ganzen Fläche auf eine einheitliche Dicke von etwas mehr als 2 Zentimetern heruntergearbeitet, wobei man auf jeder Bohle oben und unten je einen Vorsprung stehen liess (Abb. 69). Diese Vorsprünge wurden danach quer durchlocht und eine Haselleiste hindurchgesteckt. So konnten alle drei Bohlen miteinander verbunden werden. Und damit das Ganze auch gut zusammenhielt, wurden die Enden der Leisten mit eingehämmerten Eschenkeilen aufgespreizt und das Ganze so unter Spannung gesetzt. Fertig war die Tür (Abb. 70)!

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68  Unterer Teil eines hölzernen Mörsers aus Parkhaus Opéra.

69  Vorder- und Rückansicht der Tür.

70  Detail des Eschenkeils in der Haselleiste, die durch die Holzöse des Türblatts läuft.

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71  Zeichnerische Rekonstruktion der zweiten Tür von Parkhaus Opéra.

72  Rekonstruktion einer Tür im Stil der Haselrutenverbindung von Parkhaus Opéra (Her­ stellung: Wulf Hein). Das Gebäude jedoch folgt anderen Vorlagen und hat mit den Pfahlbauten weder die Dachdeckung noch die Wandkonstruktion gemein.

An einer der äusseren Bohlen hatte der steinzeitliche Schreiner zudem oben und unten Zapfen stehen lassen, die man in entsprechende Löcher im Türrahmen einliess. So entstand das Scharnier der Tür. Diese Konstruktionsweise ist noch aus einer anderen Siedlung in Pfäffikon (ZH) bekannt, allerdings deutlich schlechter erhalten und etwas jünger. Die Pfahlbauer kannten aber nicht nur die eine Türkonstruktion. In Parkhaus Opéra wurde noch eine zweite Tür gefunden. Sie war aus einer Reihe halbierter Lindenstämme gefertigt. Oben und unten quer durchlocht, waren diese mit längs gespaltenen Haselruten verbunden. Indem man diese Haselruten von beiden Seiten einhämmerte, verkeilten sie sich, und das Ganze hielt zusammen (Abb. 71 und 72). Die Tür aus Spaltbohlen ist selbstverständlich deutlich eindrucksvoller. Hier wurde ein viel grösserer Aufwand betrieben. Die Wirkung dürfte damals enorm gewesen sein: Es war ein äusserst repräsentativer Eingangsbereich,

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ein Entrée mit Wow-Effekt. Beide Konstruktionen jedoch zeigen, dass mit einfachen, aber intelligenten Mitteln sowohl prächtige als auch praktische Konstruktionen erstellt werden konnten – einzig mithilfe von Steckverbindungen und Keilen. Doch eines erstaunt: Wenn die Pfahlbauer solche technischen Fertigkeiten hatten, warum wurden dann nie Möbel gefunden ? Sie müssen problemlos in der Lage gewesen sein, auch Schemel, ­Tische, Bänke oder Bettrahmen herzustellen. Haben solche Objekte sich bloss nicht erhalten oder hatten die Pfahlbauer tatsächlich keine Verwendung dafür ?

« Ein Entrée mit Wow-Effekt »

Der Ursprung des Schweizer Sackmessers Messer waren schon in der Steinzeit im Alltag unverzichtbar. Sei es bei der Textilverarbeitung oder beim Knüpfen eines Netzes, beim Schneiden von Laub oder Getreidehalmen oder beim Zuschneiden von Leder und Zerlegen von Fleisch. Geschnitten wurde ständig. Zum Schneiden braucht es sehr scharfe Kanten – und die liefert der bekannte Feuerstein. Jener auch Silex genannte Stein kommt in Mitteleuropa nur an bestimmten Stellen vor. Er musste oft von weit her geholt oder eingetauscht werden. Ein so wertvolles Gut wird nicht verschwenderisch eingesetzt. Das hatte zweierlei zur Folge: Zum einen machte man – anders als heute – nicht für jeden Zweck ein spezialisiertes Messer. Gebraucht wurde ein Allzweckgerät. Zum anderen musste das Messer wegen der Dauerverwendung leicht zu reparieren sein. Die Pfahlbauer hatten für diese Anforderungen eine simple und geniale Lösung parat: das sogenannte Horgener Messer (Abb. 73). Sein halbrunder Griff war meistens aus Pappelrinde und schmiegte sich somit wunderbar in die Handfläche. Pappelrinde fühlt sich an wie harter Kork –

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73  Horgener Messer waren ein Alltags-Werkzeug, das jeder brauchte. Entsprechend häufig werden sie gefunden.

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93  Lochäxte aus Grüngestein. Das rechte Objekt hat eine längs verlaufende Mittelrippe, die eine Gussnaht imitiert.

gefunden. Ihr langer Schaft war ringsum mit weisser ­ irkenrinde beklebt, in die mit grossem Geschick ein B ­filigranes Muster aus wenige Millimeter kleinen Rauten ­eingestochen war. Durch diese Rauten glänzte der pechschwarze Birkenteer darunter. Wer kreativ ist, erreicht eben auch mit geringen Mitteln einen grossen Effekt (Abb. 94). Insgesamt haben die Pfahlbauer also handwerklich und technologisch einige Höhen und Tiefen erlebt. Vom Nachzügler wurden sie zum Marktführer und schliesslich wieder zu jemandem, der bloss noch Kopien anfertigte. Man muss die Geschichte schon aus sehr grossem Abstand betrachten, um in all dem Auf und Ab von Bedarf und Desinteresse einen stetigen Fortschritt zu erkennen. Übrigens: Die Krawatte war ursprünglich eine Art Soldatenschal, der in verschiedenen europäischen Ländern üblich war und dessen Enden lang über die Brust hingen. Im 17. Jahrhundert trugen sie manche Aristokraten anstatt eines förmlichen steifen Kragens. Bei einer Militärparade fand Louis XIV die breiten Schleifen der Schals kroatischer Reiter so schick, dass er einen so gebundenen Schal fortan selber trug – was der restliche Adel selbstverständlich sofort kopierte. Der Name «Krawatte» bedeutet also «Halstuch auf kroatische Art». Im 18. und 19. Jahrhundert setzten sich manche Künstler und Revolutionäre demonstrativ vom kroatischen Halsbinder als Kennzeichen der Aristokraten ab. Als heutiges bürger­ liches Kleidungsstück ist die Krawatte also ein Echo dessen, dass die Bürger des 19. Jahrhunderts eigentlich gerne Adlige gewesen wären. Sie hatte ihren ursprünglichen Zweck längst verloren. Da sie aus kostbarer Seide war, was sich nicht jeder leisten konnte und gut aussah, erfüllte sie bestens alle Voraussetzungen, um als Statussymbol Karriere zu machen. Ausserdem trägt sie sich angenehmer um den Hals als ein Jadebeil.

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94  Doppelaxt von Cham-Eslen (ZG). Der lange Holm war mit schwarzem Pech bestrichen und mit Streifen von in Mustern durchstochener weisser Birkenrinde beklebt.

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5  Die Pfahlbau-Kollektivgesellschaft – Wirtschaften in der Steinzeit

Manche Menschen sehen in der Vorgeschichte ein Jammertal, wo grosse Mühsal um geringe Erträge das armselige Leben bestimmte. Andere vermuten in der Jungsteinzeit paradiesische Zustände mit unverbrauchten Böden und Wäldern voller Wild. In einer Gesellschaft ohne Hierarchie, in der – so die Vorstellung – es noch keinen Zwang gegeben habe, Überschüsse zu erwirtschaften, habe man sich über einige Freizeit freuen können. Wie leicht oder schwer war es wirklich zu überleben oder sogar gut zu leben ? Es ist anhand der vielen Tierknochen und Pflanzenreste möglich, ein recht genaues Bild der Wirtschaftsweise der Pfahlbauer zu zeichnen. Um eines gleich vorwegzunehmen: Leben und Wirtschaften in der Steinzeit war ein einziges Risiko. Es gab keine GmbHs, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, sondern lauter Kleinbauern – mit entsprechend unbeschränkter Haftung. Es ging um alles, und zwar immer. Wer gröbere Fehler machte oder einfach Pech hatte, haftete nicht mit einem suboptimalen Eintrag im Lebenslauf oder schlimmstenfalls seinem Vermögen, sondern mit seinem Magen und dem seiner Kinder. Da es viele unvorhersehbare Dinge gab wie Hagel, Spätfröste oder Schädlingsplagen, hatten die Menschen gute Gründe, in Sicherungssysteme zu investieren. Vermutlich stellten sie sich ähnliche Fragen wie wir heute. Beispielsweise: Was will ich produzieren und wo ist der richtige Standort dafür ? Wie kann ich genügend Rücklagen bilden ? Kann ich mich gegen Risiken absichern ? Werfen wir einen Blick auf das Management der Pfahlbau-KlG, einer Kollektivgesellschaft von rund 400 Menschen am Zürichseeufer um 3175 v. Chr. – mit unbeschränkter Haftung.

« Keine GmbHs, nur Kleinbauern mit unbe­ schränkter Haftung »

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Überleben in steinzeitlicher Landschaft

95  Eine Kältesteppe mit Föhren und Birken bestand in Zürich während der ausgehenden Eiszeit. Das Bild zeigt eine Landschaft in Finnland.

96  Im Laufe der Jahrtausende wanderten die Laubbaumarten wieder ein. Um 6000 v. Chr. bestand ein Eichenmischwald ähnlich diesem in Westungarn.

Die Landschaft der Schweiz hat sich in den letzten Jahrtausenden stark verändert. Während der Kältemaxima der letzten Eiszeit, zum Beispiel um 23 000 v. Chr., waren grosse Gebiete von den Dutzende bis Hunderte Meter dicken Eispanzern der Gletscher bedeckt. Die aus den Alpen voranfliessenden Eismassen schoben riesige Mengen Gestein vor sich her. Einmal zum Stillstand gekommen, hinterliessen sie dieses Material dort in Form von grossen Hügeln, den sogenannten Moränenwällen. Der Nordrand des Zürichsees ist so eine Moränenlandschaft. Der Linthgletscher war bis nach Killwangen gelangt und hatte auf seinem Weg das Becken des Zürichsees ausgehöhlt. Während einer kürzeren Phase mit etwas wärmerem Klima zog er sich etwas zurück, bevor er sich in einer weiteren Kälteepisode wieder bis nach Zürich ausdehnte und dabei die dortigen Moränenwälle aufwarf. Erst danach schmolz er endgültig. Als das Klima sich erwärmte, brauchten die Waldbäume, die in Südeuropa die Eiszeit überstanden hatten, einige Jahrtausende, um Generation für Generation wieder nach Mitteleuropa einzuwandern. Manche Baumarten waren schneller als andere: Auf der Kältesteppe der späten Eiszeit bildete sich zunächst ein Birken-Föhren-Wald. Beide Arten ertragen harte Winter und sind mit nährstoffarmen Böden zufrieden. Birkenfrüchte verbreiten sich zudem mit dem Wind in kurzer Zeit über weite Strecken. Die damalige Landschaft sah manchen Gegenden des heutigen Lapplands, Sibiriens oder Kanadas ähnlich (Abb. 95). Die Eiche mit ihren grossen und schweren Eicheln brauchte deutlich länger. Ab etwa 8500 v. Chr. waren aber auch Eichen und weitere Laubbaumarten in die Region rund um den Zürichsee eingewandert, und es begann die Zeit des sogenannten Eichen-Mischwalds (Abb. 96). Die heute

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das Waldbild prägende Buche war noch nicht dabei. Die Wälder waren relativ licht, struktur- und artenreich. Erst ab etwa 5700 v. Chr. setzten sich zunächst die Tanne und bald auch die Buche durch und begannen, den Wald auf Kosten der anderen Arten auf weiten Flächen zu dominieren (Abb. 97). Da sie tiefe Schatten werfen, wächst unter ihnen nicht viel. Wer denkt, dass im natürlichen Wald die grösste Artenvielfalt zu finden ist, irrt: Im ungestörten Buchenwald ist sie niedrig. Die Artenvielfalt stieg erst wieder an, als Bauern im Buchenwald zu wirtschaften begannen und dabei ökologisch vielfältige Standorte schufen. Übrigens: Der Mensch hat die letzte Eiszeit in Mitteleuropa überlebt. Der Wald musste danach erst wieder einwandern und seine Ausbreitung, Zusammensetzung und Struktur waren von Anfang an vom Menschen beeinflusst. Wir können so gesehen mit Recht behaupten, vor dem Wald hier gewesen zu sein. Das Material der Moränen verwitterte mit der Zeit und bildete fruchtbare Böden. Zumindest an manchen Stellen, denn an anderen war es steil, und der gute Oberboden erodierte. Wieder woanders bildeten sich feuchte Senken. So ergab sich ein kleinteiliges Mosaik unterschiedlicher Bodenarten und Pflanzengesellschaften darauf. Wer hier wirtschaften wollte, musste das ­Terrain lesen können wie ein Buch.

97  Im späten 4. Jahrtausend v. Chr. dominierte Buchenwald die Landschaft.

Zürich – ein wirtschaftsfreundlicher Standort ? Stellen Sie sich einen Augenblick vor, Sie kämen im Jahr 3300 v. Chr. als Pionier ins derzeit (seit etwa 100 Jahren) unbesiedelte Zürich. Sie müssten die Entscheidung treffen, ob es sich lohnt, hierzubleiben und die Verwandtschaft nachzuholen. Was spräche dafür ? Was dagegen ? Für den Standort Zürich sprechen zu dieser Zeit einige Flächen mit guten Böden für den Ackerbau im direkten Umland. Daneben gibt es Bäche mit Frischwasser und Fischen, Wälder mit Wild und als Trumpf den See, der hier in die Limmat mündet und der damals noch weiter nach Süden reichte als heute. Ein guter Grund zu bleiben, denn mit dem Einbaum kann man nicht nur auf dem See in kürzester Zeit grosse Strecken zurücklegen, um beispiels-

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98  Im Einbaum konnten einzelne Leute oder kleine Gruppen grosse Lasten befördern.

weise Kontakte zu pflegen oder Güter zu tauschen (Abb. 98). Vor allem kann man über die Limmat bis nach Otelfingen paddeln, wo am Berghang der ­Lägern Feuerstein (Silex) zu finden ist. Silex wird man brauchen, und es gibt ihn nur an wenigen Stellen in der Schweiz. In einem Einbaum können zwei Leute ein paar Hundert Kilogramm Güter transportieren – auf dem Rücken geht das nicht. Positiv am Standort Zürich ist auch der ufernahe Feuchtwald aus Pappeln, Weiden, Erlen und Eschen. Für manche Zwecke sind dies nämlich gute Bauhölzer, und sie wachsen schnell nach. Wenn man nah am Ufer bauen will, stehen sie zudem fast auf der Baustelle. Auf der Negativseite steht zunächst der dichte und dunkle Buchen- und ­Tannenwald, der die Landschaft abseits der Sihlebene dominierte. Für die Viehwirtschaft ist er alles andere als günstig, denn unter den Buchen gibt es für das Vieh nur wenig zu weiden. Wiesen und Weiden gibt es damals noch nicht. Sie entwickelten sich erst 2000 Jahre später, in der Bronzezeit, aufgrund der lang anhaltenden und intensiven Beweidung durch Haustiere. In der Jungsteinzeit muss das Vieh noch im Wald weiden. Das braucht grosse Flächen. Entsprechend viel sind die Hirten mit den Tieren unterwegs. Und im Winter wird die Versorgung endgültig sehr schwierig. Auch für Menschen ist im Buchenwald nicht viel zu holen, denn die Hasel und die meisten Beeren benötigen so viel Licht, dass sie nur auf Lichtungen vorkommen. Wer hier sammeln will, hat keine grossen Erträge zu erwarten. Zwar kann man Bucheckern essen, aber in grösseren Mengen sind sie giftig. Und es kommt noch schlimmer: Auch auf den guten Böden, die für Ackerbau geeignet sind, wächst Buchenwald, und den zu roden ist wahrhaft mühselig. Das Holz ist hart und sehr schwer. Eine 20 Meter hohe Urwaldbuche mit einem Stammdurchmesser von 40 bis 80 Zentimetern mit Steinbeilen zu fällen, ist anstrengend und zeitraubend. Und dann ist die Arbeit noch lange nicht getan, denn da ist noch der Wurzelstock im Boden, und Buchen wurzeln unter Umständen ein paar Meter tief. Den Wurzelstock auszubrennen funktioniert leider auch nicht (Abb. 99). Schliesslich müssten die mehrere Tonnen schweren Stämme noch abtransportiert werden, wozu man sie noch mehrfach durchtrennen und spalten müsste. Pro Hektar ist mit 20 solcher Buchen zu rechnen sowie mit vielen kleineren. Aber um die gesamte Gemeinschaft mit Ackerfläche zu versorgen, braucht es einige Hektar Felder. Und am Ende kann man das Holz noch nicht einmal als Bauholz gebrauchen, denn Buchenholz fault schnell.

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Weil Buche gutes Brennholz ist, denkt manch einer vielleicht, man könnte den Wald einfach anzünden. Aber lebende Buche brennt in etwa so gut wie nasser Asbest. Man müsste die Buchen fällen und darauf achten, dass die Stämme kein weiteres Wasser vom Boden aufnehmen können. Nach bis zu zwei Jahren Trocknungszeit könnte man dann Feuer legen. All das braucht Zeit, Mühe und Planung. Und die Wurzelstöcke sind dann immer noch im Boden. Kurz: Neue Feldflächen unter Buchenwald zu roden und in Betrieb zu nehmen, ist eine für uns unvorstellbare Arbeit, die einige Arbeitskräfte für längere Zeit bindet. Die Arbeiter müssen währenddessen gut essen, produzieren aber selbst kaum Nahrungsmittel. Neue Ackerflächen stellen also eine grosse Investition dar, die man sich leisten können muss. Kann sich das lohnen ? Schliesslich sinkt die Bodenfruchtbarkeit nach ein paar Jahren ab, wenn man keine Gegenmassnahmen trifft. Während es vom Buchenwald eindeutig zu viel gibt, herrscht ein beklagenswerter Mangel an Eichen am Zürichsee. Eichen sind nicht nur gutes Bauholz. Ihre Eicheln ernähren die Schweine. Und wenn eine Getreideernte schlecht ausfällt, was immer mal passieren kann, kann man Eicheln auch selbst essen. Ausserdem eignen sich Eichen gut für verschiedene Formen der Waldwirtschaft – doch davon später. Von den Buchen verdrängt, finden sich Eichen damals in Zürich hauptsächlich im selten überfluteten höheren Feuchtwald entlang des Seeufers oder in der für die Siedler am Limmatausfluss für den Transport von Stämmen zu weit entfernten Sihlebene. Dort fliesst die Sihl mit mehreren Armen der Limmat zu und ändert dabei ständig ihren Lauf. Vom Höhenzug nördlich des Üetlibergs entwässern auch viele Bäche hierhin. So ist das gesamte Gebiet hochwassergefährdet. Für die Buche aber ist es zu nass, weswegen hier strukturreiche, lichte Feuchtwälder wachsen – eigentlich ein gutes Waldweidegebiet für die Rinderherde. Um sie aber zu nutzen, müsste man mit den Tieren ständig die Limmat überqueren und die Tiere danach sicher durch das Gewirr an Bachläufen leiten. Eine anspruchsvolle Aufgabe für die Hirten. All das Abwägen zeigt: Zürich war ein Standort mit Potenzial – aber nur für jemanden, der die vielen Nachteile und Herausforderungen zu bewältigen wusste und über genügend Investitionskapital verfügte, sprich: Arbeitskräfte und Vorräte für deren Versorgung. Sich hier niederzulassen, würde einige Massnahmen erfordern:

« Neue Ackerflächen sind eine grosse Investition »

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99  Wurzelstöcke lassen sich nicht aus dem Boden brennen, wie auch dieser Versuch auf dem Gelände von Campus Galli zeigt.

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125  Gegenüber und unten: Die Kulturlandschaft der steinzeitlichen Pfahlbauer. Das Luftbild (links) zeigt die Lücken im Wald und die Distanz der Felder zum Dorf. Felder sind von Hecken umgeben. Manche wurden erst kürzlich überbrannt. Unten ist der Blick aus dem Dorf auf menschengemachte Baumbestände und Hecken zu sehen. Am Hang stehen geschneitelte Eichen in verschiedenen Stadien der Erholung. Der Schilfgürtel hat sich erst durch den Nähr­stoffeintrag wegen der menschlichen Abfälle bilden können.

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Abbildungsnachweis Abb. 1: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 2: Bernisches Historisches Museum, Bern Abb. 3: J. Benz in J. S. C. Dumont d’Urville 1836 / Antiquarische Gesellschaft: Ferdinand Keller 1854, «Die keltischen Pfahlbauten in den Schweizerseen», Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, IX/3, Tafel I/4 Abb. 4: D. Berti, Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 5: Pfahlbauten, Unesco-Welterbe-Kandidatur «Prähistorische Pfahlbauten rund um die Alpen» Abb. 6: © Laténium, Hauterive / © Zunft Wollishofen Abb. 7: Hippolyte Coutau (* Genève 1866, † Genève 1946), Un soir dans un village lacustre, © Musées d’art et d’histoire, Ville de Genève, 1896-0015 Abb. 8: Carl von Häberlin, Pfahlbauromantik, Öl auf Leinwand – © Pfahlbaumuseum / G. Schöbel Abb. 9: Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg, Grafik zwo/elf nach Vorlage von A. Kalkowski Abb. 10: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 11: Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg, Grafik zwo/elf nach Vorlage von A. Kalkowski Abb. 12: Urs Schwegler Abb. 13: Amt für Archäologie Thurgau, www.archaeologie.tg.ch Abb. 14: «Pfahlbaumuseum Unteruhldingen» – © Pfahlbaumuseum / A. Mende / Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 15: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 16: Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg, Foto: Manuela Schreiner Abb. 17: Kantonsarchäologie Zürich, Foto: Martin Bachmann / Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 18: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 19: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 20: Landesamt für Denkmalpflege Hemmenhofen Abb. 21: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 22: Landesamt für Denkmalpflege Hemmenhofen Abb. 23: Amt für Archäologie Thurgau, www.archaeologie.tg.ch Abb. 24: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 25: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 26: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 27: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 28: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 29: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich

Anhang

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Abb. 30: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 31: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 32: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 33: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich / Jochen Reinhard, Kantonsarchäologie Zug Abb. 34: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 35: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 36: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 37: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 38: Landesamt für Denkmalpflege Hemmenhofen Abb. 39: Marco Bernasconi, Archaeolab Abb. 40: Pierre Pétrequin: Les Sites littoraux néolithiques de Clairvauxles-Lacs, Jura, 1986, p. 79, fig. 15 Abb. 41: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 42: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 43: Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Mainz Abb. 44: Kantonsarchäologie Zürich, Foto: Martin Bachmann Abb. 45: Kantonsarchäologie Zürich, Foto: Martin Bachmann Abb. 46: Kantonsarchäologie Zürich, Foto: Martin Bachmann / Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 47: Kantonsarchäologie Zürich, M. Bisaz Abb. 48: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie / Ernst Brunner, SGV_33617, © Schweizerische Gesellschaft für Volkskunde/Lausanne, Bibliothèque cantonale et universitaire de Lausanne, U 964: Biblia Porta, f. 4r (http://www.e-codices.unifr.ch/de/list/one/bcul/U0964) Abb. 49: Kantonsarchäologie Zürich, Foto: Martin Bachmann Abb. 50: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 51: Schweizerisches Nationalmuseum/Kantonsarchäologie Zürich Abb. 52: Kantonsarchäologie Zürich, Foto: Martin Bachmann Abb. 53: Landesamt für Denkmalpflege Hemmenhofen Abb. 54: Cassen S., 2017. D’un signe l’autre, des Alpes à l’Atlantique: représentant et représenté. In: P. Pétrequin, E. Gauthier et A. M. Pétrequin dir. Objets-signes et interprétations sociales des jades alpins dans l’Europe néolithique. Cahiers de la MSHE C. N. Ledoux n°17. Besançon: Presses Universitaires de Franche-Comté n°1224 Centre de Recherche Archéologique de la Vallée de l’Ain p. 883–909 Abb. 55: Amt für Archäologie Thurgau, www.archaeologie.tg.ch / Bernisches Historisches Museum, Bern / Kantonsarchäologie Zürich Abb. 56: Landesamt für Denkmalpflege Hemmenhofen Abb. 57: La Dame de Saint-Sernin, grès, IVe-IIe millénaire avant notre ère, musée Fenaille-Rodez (Coll. SLSAA) © Pierre Soisson

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Abb. 58: Landesamt für Denkmalpflege Hemmenhofen Abb. 59: Sammlung Karl Bodmer, Nordamerika Native Museum Abb. 60: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 61: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 62: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 63: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 64: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 65: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 66: Kantonsarchäologie Zürich, Foto: Martin Bachmann Abb. 67: Kantonsarchäologie Zürich, Foto: Martin Bachmann Abb. 68: Kantonsarchäologie Zürich, Foto: Martin Bachmann Abb. 69: Kantonsarchäologie Zürich, Foto: Martin Bachmann Abb. 70: Kantonsarchäologie Zürich, Foto: Martin Bachmann Abb. 71: Kantonsarchäologie Zürich, T. Aepli Abb. 72: Wulf Hein Abb. 73: Kantonsarchäologie Zürich, Foto: Martin Bachmann Abb. 74: Kantonsarchäologie Zürich, Foto: Martin Bachmann / Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 75: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 76: Kantonsarchäologie Zürich, D. Pelagatti, T. Aepli / Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 77: Schweizerisches Nationalmuseum, A-56453 Abb. 78: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 79: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich / MüllerElektronik GmbH & Co. KG Abb. 80: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 81: Landesamt für Denkmalpflege Hemmenhofen Abb. 82: Landesamt für Denkmalpflege Hemmenhofen Abb. 83: © Theo Frey / Fotostiftung Schweiz Abb. 84: Foltiny, St., The Oldest Representations of Wheeled Vehicles in Central and Southeastern Europe. American Journal of Archaeology 63, 1959, Taf. 19,3.6. Abb. 85: Kantonsarchäologie Zürich, Foto: Martin Bachmann Abb. 86: Kantonsarchäologie Zürich, Foto: Martin Bachmann Abb. 87: Kantonsarchäologie Zürich, Foto: Martin Bachmann Abb. 88: Verändert nach Suhrbier in: Rosenstock/Scharl/Schier, Ex oriente lux ? – Ein Diskussionsbeitrag zur Stellung der frühen ­Kupfermetallurgie Südosteuropas, in: Bartelheim / Horejs / Krauss (Hrsg.), Von Baden bis Troja, Rahden, Westfalen, 2016 Abb. 89: Foto: NMB Neues Museum Biel, P. Weyeneth, Sammlung Schwab Abb. 90: Kantonsarchäologie Zürich, Foto: Martin Bachmann Abb. 91: Pétrequin, P. et al., JADE: Grandes haches alpines du Néolithique européen. Ve et IVe millénaires av. J.-C. Tome 1 (Les Cahiers de la MSHE Ledoux, 17), fig. 1

Abb. 92: Pétrequin, P. et al, JADE: Grandes haches alpines du Néolithique européen. Ve et IVe millénaires av. J.-C. Tome 1 (Les Cahiers de la MSHE Ledoux, 17), fig. 3 Abb. 93: Kantonsarchäologie Zürich, Foto: Martin Bachmann Abb. 94: Kantonsarchäologie Zug, S. Nüssli Bouzid Abb. 95: Lukas Jolly Abb. 96: Stefanie Jacomet Abb. 97: Stefanie Jacomet Abb. 98: copyright by framepool.ch Abb. 99: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 100: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 101: Das Bild stammt vermutlich aus dem Fotoarchiv der Schweizerischen Gesellschaft für Volkskunde/Ernst Brunner, SGV_18326, © Schweizerische Gesellschaft für Volkskunde Abb. 102: Amt für Städtebau – Labor für Dendrochronologie Abb. 103: Stefanie Jacomet Abb. 104: Amt für Städtebau – Labor für Dendrochronologie Abb. 105: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 106: Stefanie Jacomet Abb. 107: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 108: © Richard Fleischhut / DHM, Berlin Abb. 109: Kantonsarchäologie Zürich, Foto: Martin Bachmann Abb. 110: J. Schibler, M. Schäfer, Universität Basel Abb. 111: J. Schibler, M. Schäfer, Universität Basel Abb. 112: J. Schibler, M. Schäfer, Universität Basel Abb. 113: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 114: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 115: Kantonsarchäologie Zürich, Foto: Martin Bachmann Abb. 116: Jörg Nadler Abb. 117: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 118: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 119: Andreas Heiss et al. 2017; https://doi.org/10.1371/journal. pone.0182401 Abb. 120: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 121: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 122: © IPNA Uni Basel, Foto: Georges Haldimann Abb. 123: Amt für Archäologie Thurgau, www.archaeologie.tg.ch / Niels Bleicher / Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 124: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 125: Marco Bernasconi, Archaeolab Abb. 126: Landesamt für Denkmalpflege Hemmenhofen Abb. 127: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 128: Kantonsarchäologie Zürich, Foto: Martin Bachmann Abb. 129: Kantonsarchäologie Zürich, Foto: Martin Bachmann Abb. 130: Kantonsarchäologie Zürich, Foto: Martin Bachmann

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Abb. 131: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 132: Jehanne Affolter Abb. 133: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich / Kantonsarchäologie Zürich Abb. 134: © Musée cantonal d’archéologie et d’histoire, Lausanne; Musées cantonaux, Sion et Musée d’art et d’histoire, Genève. Dessin: André Houot; mise en couleur: Jocelyne Charrance Abb. 135: Kantonsarchäologie Zürich, Foto: Martin Bachmann Abb. 136: Roberto Fortuna & Kira Ursem / National Museum of Denmark Abb. 137: Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart / Monika Erne nach Vorgaben H. Schichtherle und M. Maier Abb. 138: C. Maicher, M. Le Bailly, Université Besançon Abb. 139: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich Abb. 140: Kantonsarchäologie Zürich Abb. 141: Kantonsarchäologie Zürich, Foto: Martin Bachmann Abb. 142: Kantonsarchäologie Zürich Abb. 143: Kantonsarchäologie Zürich, Foto: Martin Bachmann Abb. 144: Kantonsarchäologie Zürich, Daniel Pelagatti Abb. 145: Kantonsarchäologie Zürich, Leandra Reitmaier Abb. 146: Amt für Städtebau – Unterwasserarchäologie Zürich

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Steinzeit im Parkhaus Moderne Archäologie und das unsichtbare Welterbe der Pfahlbauten

Niels Bleicher

Niels Bleicher (* 1977) hat in Marburg und Göttingen Urgeschichte, alte Geschichte und Botanik studiert und 2007 in Mainz promoviert. Seit 2008 ist er in der Unterwasserarchäologie und Dendrochronologie der Stadt Zürich tätig. Er war wissenschaftlicher Leiter der Ausgrabung Parkhaus Opéra und Ko-Projektleiter ihrer Auswertung.

Rings um die Alpen haben sich an Seeufern und in Mooren Ruinen prähistorischer Pfahlbaudörfer erhalten – mitsamt Resten des alltäglichen Lebens vor 5000 Jahren : Vom Jagdbogen über Textilien und Pflanzen bis zur DNA ist noch alles da. Deswegen wurden die Pfahlbauten 2011 zum einzigen UNESCO-Welterbe erklärt, das man nicht sehen kann, weil es im Boden verborgen ist. Wie lebten die Pfahlbauer ? Und was können wir heute von ihnen lernen ? Dieser reich bebilderte und leicht verständliche Überblick schöpft aus zahlreichen Ausgrabungen, darunter dem weltweit beachteten Fundort Parkhaus Opéra in Zürich. Neueste interdisziplinäre Forschungen zeigen Leben und Leistung der steinzeitlichen Menschen in über­ raschenden Details.

Steinzeit im Parkhaus

© Amt für Städtebau

Niels Bleicher

An den Ufern vieler Seen rings um die Alpen haben sich die Ruinen steinzeitlicher Dörfer erhalten – Pfahlbauten! Im flachen Wasser blieben organische Reste des alltäglichen Lebens konserviert: Holz­ geräte wie Jagdbögen, Pflanzenreste wie Getreide, aber auch Tierknochen, Textilien, Insekten, Gene und vor allem: viel Holz. Es ist alles noch da. Wegen dieser organischen Erhaltung sind die Pfahlbauten 2011 zum UNESCO Welterbe erklärt worden. Wie überlebten die Menschen in jener Zeit vor 5000 Jahren, als die Welt noch viel wilder war als heute – aber nicht weniger vernetzt ? Ausgrabungen wie jene, die 2010/2011 im heutigen Parkhaus Opéra in Zürich stattfand, bieten uns schier unglaublich detaillierte Einblicke in unsere steinzeitliche Vorgeschichte. Neueste interdis­zi­plinäre Auswertungen haben Überraschendes zutage gebracht und lassen uns angesichts der Leistungen der steinzeitlichen Menschen staunen. Moderne Pfahlbauarchäologie gleicht einer Zeit­ reise ! Das Ticket halten Sie in den Händen.

ISBN 978-3-03810-377-6

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Umschlagbild rechts: Georg Aerni, Zürich

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