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Der innere Klang der Kunst
from Iris Bruderer-Oswald: Der innere Klang der Kunst Wilhelm Wartmann und das Kunsthaus Zürich
by NZZ Libro
Wilhelm Wartmann und das Kunsthaus Zürich
Für Louise, Cosmás und Vincent Koronéos-Wartmann
In Gedenken an unsere Mutter 1923–2022
Dieses Buch entstand in Zusammenarbeit mit Markus Bruderer
Die Autorin und der Verlag danken der International Music and Art Foundation herzlich für die grosszügige Schenkung.
Ebenfalls danken wir herzlich für die finanzielle Unterstützung:
Walter B. Kielholz Stiftung
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2023 NZZ Libro, Schwabe Verlagsgruppe AG, Basel
Lektorat: Monique Zumbrunn, Zürich
Korrektorat: Ruth Rybi, Zürich
Umschlagabbildung: Edvard Munch, Bildnis Dr. Wilhelm Wartmann, 1923 (Kunsthaus Zürich)
Umschlaggestaltung: Grafik Weiss GmbH, Freiburg i. B.
Gestaltung, Satz: Katarina Lang Book Design, Zürich
Bildbearbeitung: Fred Braune, Bern
Druck, Einband: BALTO Print, Litauen
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werks oder von Teilen dieses Werks ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts.
ISBN 978-3-907291-91-7 www.nzz-libro.ch
NZZ Libro ist ein Imprint der Schwabe Verlagsgruppe AG.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 8
Dank 10
Einleitung 13
Jugend und Studium 19
Der Mann der ersten Stunde 41
Ferdinand Hodler und die Vereinigung Zürcher Kunstfreunde 77
Unruhige Jahre 1917–1922 101
Wilhelm Wartmann und Edvard Munch 115
Vom Provinzmuseum zum internationalen Haus 159
Die Kunst des Mittelalters 183
Die Goldenen Zwanzigerjahre 193
Die fernöstliche Kunst 205
Das Laboratorium der Moderne 211
Die 1930er-Jahre 237
Drei französische Meister des 19. Jahrhunderts 281
Die Zeit des Zweiten Weltkriegs 293
Oskar Kokoschka 317
Die Sammlung 351
Die Nachkriegsjahre 369
Das Kunstwerk als Geheimnis 389
Anhang
Publikationen von Wilhelm Wartmann (Auswahl) 397
Siglen 400
Anmerkungen 401
Bildnachweis 423
Personenverzeichnis 425
Über die Autorin 431
«Der Weg zur Quelle führt gegen den Strom.» Konfuzius
Wer die Sammlung des Kunsthauses Zürich besucht, begegnet einem lebensgrossen Porträt eines Mannes mit keckem Schnauz. Er lehnt sich entspannt an einen Tisch und blickt der Betrachterin oder dem Betrachter mit schalkhaftem Lächeln entgegen. Das Gemälde ist auf das Jahr 1923 datiert und stammt vom norwegischen Künstler Edvard Munch. Der Porträtierte ist Wilhelm Wartmann (1882–1970), der erste Direktor des Kunsthauses Zürich. Während 40 Jahren, von 1909 bis 1949, leitete er die Geschicke des Museums.
Bei der Durchsicht von Wartmanns Notizen sprang mir einer seiner Gedanken ins Auge: «Ich weiss nicht, ob ich so vollkommener Diplomat bin, dass die unzähligen Worte, die im Kunsthaus vierzig Jahre lang von mir gesprochen worden sind, wirklich dem einen Zweck nur haben dienen können, Gedanken zu verbergen, und ob überhaupt so viel oder auch nur etwas da ist, das zu bergen nötig und nützlich wäre?»1
Wer steckt hinter dieser Person? Mein Interesse war geweckt.
In der Bibliothek des Kunsthauses Zürich weist mich der Bibliothekar Thomas Rosemann auf das Archiv hin, das Wartmann in seiner langjährigen Amtszeit aufgebaut hat. Die Begegnung mit dem reichen Fundus ist überwältigend. Vor mir liegt eine labyrinthische Welt. Das öffentliche Wirken Wartmanns ist akribisch im Keller des Kunsthauses dokumentiert, unzählige Kopierbücher – Durchschlagbücher der ausgehenden Korrespondenz des Konservators – eröffnen ein kulturelles Zeitfenster. Den Reichtum der Sitzungsprotokolle der Zürcher Kunstgesellschaft erfasse ich erst auf den zweiten Blick. Die ästhetischen Handschriften der Künstlerbriefe lassen mein Herz höher schlagen.
Diese Dokumente bilden nur eine Seite der Medaille: Ich folge meinem Weg der lebendigen Spuren. Nach längerer Suche gelange ich zu den beiden Töchtern von Wartmann – leider war die jüngere Tochter Gabriele im Mai 2011 verstorben, die Tochter Louise lebt in Paris. Ich bitte meine Pariser Freunde um Hilfe und wir entdecken einen Telefonanschluss einer Familie Koronéos-Wartmann.
Eines Tages rufe ich die Nummer an, eine leise, kultivierte Stimme antwortet. Wir vereinbaren eine erste Begegnung in Paris. Das Gespräch in einem Café berührt Louise, sie scheint sichtlich überrascht, nach so langer Zeit wieder von ihrem in Zürich verstorbenen Vater zu hören und zu sprechen. Das alles liegt weit zurück, die Erinnerung ist verblasst.
Ich erzähle ihr von meiner Idee, eine Biografie ihres Vaters zu schreiben. Nach zahlreichen Besuchen weist sie mich auf den Familiennachlass hin, der seit Jahrzehnten von der Familie gehegt und gepflegt wird. Kurze Zeit später stirbt Louise im August 2013.
Ich bleibe mit ihrem Mann, dem griechischen Philosophen Cosmas Koronéos, in Verbindung. Er erzählt mir von Wartmanns Freundschaft mit dem Künstler Edvard Munch, vom tiefen Eindruck der Besuche im norwegischen Atelier. Das «Bauschänzli» in Zürich, auf dem die beiden Freunde lange Gespräche führten, bildet einen Erinnerungsort. Es liegt etwas Bewegendes in diesen weitergereichten Geschichten – die Vergangenheit strahlt in die Gegenwart.
Vor seinem Tod im September 2015 ermuntert mich Cosmás, aus dem familiären Nachlass auszuwählen, was für ein Buch über den Direktor des Kunsthauses Zürich verwendbar wäre, bevor die Materialien entsorgt würden. Mit dem Aufspüren der privaten Dokumente lässt sich ein Lebensfaden spinnen. In Kleinarbeit sammeln sich Mosaiksteinchen für die Stationen einer Lebensreise, für das Bild einer Persönlichkeit, die sich im Lauf der Zeit bewegt.