Daniel Fink: Freiheitsentzug in der Schweiz. Formen, Effizienz, Bedeutung.

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Einblicke in eine Welt hinter Gittern

Freiheitsentzug in der Schweiz Formen, Effizienz, Bedeutung

Multifunktionale Gefängnisse Flughafengefängnis ZH, JVA Grosshof LU, Prison de la Croisée VD, Prison de Champ-Dollon GE, Regionalgefängnis Bern, Untersuchungs­gefäng­ nis Waaghof BS Geschlossene Einrichtungen IKA Bostadel ZG, Etablissements de la plaine de l’Orbe VD, JVA Hindelbank BE, JVA Lenzburg AG, JVA Pöschwies ZH, JVA Solothurn, JVA Thorberg BE, Penitenziario cantonale La Stampa TI Offene Vollzugsanstalten Etablissements de Bellechasse FR, Etablissement de Crètelongue VS, Strafanstalt Saxerriet SG, JVA Wauwilermoos LU, JVA Witzwil BE

Daniel Fink

Daniel Fink (* 1953) besuchte nach Studien in Sozialwissenschaften als Delegierter des IKRK zahlreiche Haftorte in verschiedenen Ländern. Von 1996 bis 2010 war er Chef der Sektion Kriminalität und Strafrecht im BfS. Seit 2011 ist er Lehrbeauftragter an den Universitäten Lausanne und Luzern, wo er Kriminalstatistik im Zusammenhang mit Kriminalpolitik lehrt. Er ist Präsident von Gefängnisforschung.Schweiz und Vorstandsmitglied der Schweizerischen Arbeitsgruppe für Kriminologie.

Das Wort Gefängnis lässt an eine geschlossene und beängstigende Welt von kargen Zellen und Gängen denken. In ihr leben Menschen, mit denen die Gesellschaft nichts mehr zu tun haben will. Doch stimmt dieses Bild mit der Realität überein? Daniel Fink liefert eine differenzierte Antwort darauf. Er beschreibt die verschiedenen Formen des Freiheitsentzugs und befasst sich mit den Themen Gesundheit, Entlassung, Bewährungshilfe und Rückfall. Darüber hinaus untersucht er die Auswirkungen der zahlreichen Revisionen des Schweizer Sanktionsrechts und die Einführung der Strafprozessordnung.

Freiheitsentzug in der Schweiz

Daniel Fink

2016: Total 7500 Plätze und 6900 Insassen. 90 Plätze und 83 Insassen pro 100 000 Einwohner. Die gesamtschweizerische mittlere Belegungs­ rate liegt bei 92 Prozent, mit grossen regionalen Unterschieden. Die Gefängnisse der Kantone Genf und Waadt sind seit Jahren chronisch überbelegt, in den anderen Regionen ist die Lage entspannter. ISBN 978-3-03810-329-5 ISBN 978-3-03810-329-5

9 783038 103295

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Freiheitsentzug in der Schweiz Formen, Effizienz, Bedeutung

Multifunktionale Gefängnisse Flughafengefängnis ZH, JVA Grosshof LU, Prison de la Croisée VD, Prison de Champ-Dollon GE, Regionalgefängnis Bern, Untersuchungs­gefäng­ nis Waaghof BS Geschlossene Einrichtungen IKA Bostadel ZG, Etablissements de la plaine de l’Orbe VD, JVA Hindelbank BE, JVA Lenzburg AG, JVA Pöschwies ZH, JVA Solothurn, JVA Thorberg BE, Penitenziario cantonale La Stampa TI Offene Vollzugsanstalten Etablissements de Bellechasse FR, Etablissement de Crètelongue VS, Strafanstalt Saxerriet SG, JVA Wauwilermoos LU, JVA Witzwil BE

Daniel Fink

Daniel Fink (* 1953) besuchte nach Studien in Sozialwissenschaften als Delegierter des IKRK zahlreiche Haftorte in verschiedenen Ländern. Von 1996 bis 2010 war er Chef der Sektion Kriminalität und Strafrecht im BfS. Seit 2011 ist er Lehrbeauftragter an den Universitäten Lausanne und Luzern, wo er Kriminalstatistik im Zusammenhang mit Kriminalpolitik lehrt. Er ist Präsident von Gefängnisforschung.Schweiz und Vorstandsmitglied der Schweizerischen Arbeitsgruppe für Kriminologie.

Das Wort Gefängnis lässt an eine geschlossene und beängstigende Welt von kargen Zellen und Gängen denken. In ihr leben Menschen, mit denen die Gesellschaft nichts mehr zu tun haben will. Doch stimmt dieses Bild mit der Realität überein? Daniel Fink liefert eine differenzierte Antwort darauf. Er beschreibt die verschiedenen Formen des Freiheitsentzugs und befasst sich mit den Themen Gesundheit, Entlassung, Bewährungshilfe und Rückfall. Darüber hinaus untersucht er die Auswirkungen der zahlreichen Revisionen des Schweizer Sanktionsrechts und die Einführung der Strafprozessordnung.

Freiheitsentzug in der Schweiz

Daniel Fink

2016: Total 7500 Plätze und 6900 Insassen. 90 Plätze und 83 Insassen pro 100 000 Einwohner. Die gesamtschweizerische mittlere Belegungs­ rate liegt bei 92 Prozent, mit grossen regionalen Unterschieden. Die Gefängnisse der Kantone Genf und Waadt sind seit Jahren chronisch überbelegt, in den anderen Regionen ist die Lage entspannter. ISBN 978-3-03810-329-5 ISBN 978-3-03810-329-5

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Dieses Werk erschien beim Verlag PPUR, Lausanne, im April 2017 in ­französischer Sprache unter dem Titel: La prison en Suisse. Un état des lieux. Der vorliegende Text wurde vom Autor in deutscher Sprache neu verfasst und erweitert. Er stimmt deshalb wohl von Inhalt und Aussage her, jedoch nicht mehr in Aufbau, textlicher und sprachlicher Hinsicht mit dem 2017 veröffentlichten Text überein. Alle statistischen Daten wurden auf den aktuellsten Stand gebracht. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2018 NZZ Libro, Neue Zürcher Zeitung AG, Zürich Lektorat: Simon Wernly, Langenthal Umschlag: GYSIN [Konzept + Gestaltung], Chur Gestaltung, Satz: Claudia Wild, Konstanz Druck, Einband: Memminger MedienCentrum, Memmingen Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werks oder von Teilen dieses Werks ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts. ISBN 978-3-03810-329-5 www.nzz-libro.ch


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Dominique Spahn, f체r ihre permanente Hilfe und Pr채senz Georges Vigarello, f체r seine Unterst체tzung und Freundschaft


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Inhalt 1  Freiheitsentzug, ein aktuelles Thema

Kurzer geschichtlicher Rückblick  Vorstellung des Buchinhalts   Notiz zur Herausgabe  2  Die Einrichtungen des Freiheitsentzugs und ihre jüngste Modernisierung

Zwei Einrichtungen des Freiheitsentzugs   .. Die Justizvollzugsanstalt Lenzburg AG: drei Einrichtungen des Freiheitsentzugs unter einer Verwaltung  .. Curabilis, eine geschlossene Massnahmenvollzugsanstalt im Kanton Genf

11 14 15 17

19 19 20

22 Gefängnisse und Vollzugseinrichtungen   23 .. Haftorte der Polizeibehörden  24 .. Bezirks-, Regional- und Kantons- oder Zentralgefängnisse  24 .. Die geschlossenen Einrichtungen des Strafvollzugs   26 .. Die offenen Einrichtungen des Strafvollzugs  27 .. Massnahmenvollzugszentren  27 .. Die psychiatrischen Einrichtungen für den Vollzug von Massnahmen  28 .. Vollzugszentren für Alkohol- und Drogenabhängige  29 .. Massnahmenvollzugszentren für junge, 18- bis 24-jährige Erwachsene   .. Die Einrichtungen für die Durchführung von ausländerrechtlichen Zwangsmassnahmen  .. Halbgefangenschaft und Arbeitsexternat   .. Die Gefängnisabteilungen in den Spitälern   .. Der interkantonale Insassentransport

Interaktionen zwischen den Einrichtungen

29 29 30 31 31 32

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Die Gefangenenpopulation   Gefängnisbelegung und Bedarf an Haftplätzen   Die Debatte zum Gefängnissystem der Schweiz

33 36 38

3  Gefängnislandschaft und -architektur   Geschlossene Einrichtungen  Die offenen Einrichtungen  Bezirks-, Regional- und Zentralgefängnisse   Schlussfolgerungen

39 41 42 43 44

4  Die Untersuchungshaft und die neue Strafprozessordnung

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Vereinheitlichte Regeln und mehr Rechte für den Beschuldigten   Ein intensiver Einsatz der Untersuchungshaft  Viele kleine Gefängnisse für Untersuchungshaft   Die Gefangenenpopulation in U-Haft  Schlussfolgerungen

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5  Die Revision des Sanktionenrechts und der Vollzug von Strafen  55

Die Freiheitsstrafe als Sanktion  Die Anwendung der Freiheitsstrafe – die Situation bis 2006  Die Situation seit 2007  Die zu erwartende Wirkung der Revision 2015  Der Vollzug der Freiheitsstrafen   .. Der Vollzug der bedingten Freiheitsstrafen   .. Alternative Vollzugsformen unbedingter Freiheitsstrafen   .. Der Vollzug unbedingter Freiheitsstrafen

Schlussfolgerungen   6  Therapeutische und Sicherheitsmassnahmen – unpraktikable Innovationen?

Massnahmen zur Besserung oder zur Sicherung   Wenig ausgesprochene Massnahmen, hoher Bestand  Der Massnahmenvollzug

8

55 58 59 61 62 62 62 63 68

71 71 73 75


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Die Massnahmenvollzugszentren  Die Personen im Massnahmenvollzug  Die Bestände   Die Aufenthaltsdauern  Schlussfolgerungen

75 77 77 78 79

7  Die Ausschaffungshaft und ihre Reform

81 81 83 83 86 87

Unerwünschte Ausländer ausschaffen   Die Anordnung von Ausschaffungshaft   Die Haftorte  Die Bestände   Schlussfolgerungen

Die Bestimmungen der fürsorgerischen Unterbringung  Defizite in Statistik, Dokumentation und Forschung   Die Anwendung der Unterbringungsmassnahme  Das Bettenangebot  Der Vollzug der Unterbringungsentscheide  Schlussfolgerungen

89 89 91 91 92 92 93

Einrichtungen des Freiheitsentzugs in der Schweiz – ein fotografischer Überblick

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9  Die Militärhaft im Rückzug  Rechtliche Bestimmungen  Justizielle Praktiken  Vollzug militärischer Sanktionen

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10  Im Gefängnis: Alltag und Gesundheit

125 125 128 129 130

8  Fürsorgerische Unterbringung und ihre Neugestaltung

Das Gefängnis als Gewaltverhältnis  Der Alltag in der Untersuchungshaft  Strafvollzug und Vollzugsbedingungen   Überbelegte, unterbelegte Gefängnisse

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Gesundheit im Gefängnis  Schlussfolgerungen

131 134

137 Die Bestimmungen zur Entlassung   137 Die Entlassungsentscheide  140 Entlassung aus der Untersuchungshaft  140 Entlassung aus dem Strafvollzug   141 Die Praxis der Entlassung aus dem Massnahmenvollzug  142 Die Aufenthaltsdauer im Vollzug   143 Abschluss der Bewährungshilfe und endgültige Entlassung   144 Wenn eine Ausschaffung die Haft beendet  145 Schlussfolgerungen  146 11  Entlassung und Bewährungshilfe – eine unvollendete Reform

Die Bestimmungen zur Behandlung des Rückfalls   Die statistischen Regelmässigkeiten des Rückfalls  Die Rückfallrate der entlassenen Personen  Die aktuarielle Vernunft und ihre Kritik   Die Wirksamkeit von Sanktionen  Schlussfolgerungen

147 147 148 151 152 153 156

13  Welche Zukunft für den Freiheitsentzug?

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Literaturverzeichnis

161

Anhang

165 165 170 173 173 174 175 179 180

12  Rückfall – eine ewige Baustelle

Glossar  Chronologie der Revisionen des Strafrechts  Referenzdaten zum Freiheitsentzug  .. Schweiz  .. Schweiz und europäische Länder

Datenbedarf  Bildnachweis  Dank

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1  Freiheitsentzug, ein aktuelles Thema Das Thema Freiheitsentzug ist aktuell. Nach meist kontroversen Debatten änderte das Schweizer Parlament in den letzten Jahren zahlreiche Bestimmungen, die Anwendung und Vollzug des Freiheitsentzugs regeln. Durch die Revisionen des Strafgesetzbuches (StGB) zwischen 2000 und 2007 wurden Platz und Bedeutung von Freiheitsstrafe und Massnahmen, unter anderem der Verwahrung, im Sanktionssystem neu festgelegt. Die 2011 eingeführte schweizerische Strafprozessordnung harmonisierte die Definition und Anordnung von Untersuchungshaft. Andere Gesetzesrevisionen haben einen Einfluss auf die Anzahl zu inhaftierender Personen, sei es aus administrativen Gründen (Ausländergesetz; Kinder- und Erwachsenenschutzgesetz) oder infolge revidierter oder neuer strafrechtlicher Bestimmungen (Jugendstrafgesetz; Strassenverkehrsgesetz). Die politische Bedeutung des Themas Freiheitsentzug und Gefängnis wurde durch die jüngsten Debatten zu verschiedenen Revisionsvorhaben ein weiteres Mal bestätigt, etwa bei der Revision des Strafgesetzbuches von 2015, nach der die Bedingungen für die Aussprache der kurzen Freiheitsstrafe gelockert wurden, oder im Falle der wiederholten Initiativen zur Ausschaffung straffällig gewordener Ausländer. Dabei fehlen vielen Menschen grundlegende Kenntnisse über den Freiheitsentzug und das Gefängnis. Welche Veränderungen können über die letzten 20 Jahre beobachtet werden? Sei es in den Einrichtungen selbst, sei es in der Praxis der Inhaftierung, in den Haftregimen oder in der verstärkten institutionellen Kontrolle von Gefängnissen. Welchen Einfluss hatten die vergangenen Gesetzesrevisionen, welchen

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die neuesten? Die fehlende Kenntnis hat mehrere Gründe: die Geschlossenheit der Gefängniswelt, das Unverständnis grosser Bevölkerungsteile für die soziale Tatsache von Delinquenz, die kürzlich erfolgte Politisierung des Themas und auch das selektive Interesse der Medien; statt das Leben hinter Gittern zu dokumentieren oder über Entwicklungen im Gefängnissystem zu berichten, privilegieren sie Einzelereignisse oder dramatisieren Fälle von Rückfall oder Flucht. Die hier vorgelegte Analyse zielt darauf ab, Kenntnismängel zu beheben. Sie beschreibt die einzelnen zeitgenössischen Formen des Freiheitsentzugs und dokumentiert Veränderungen, die in den letzten 20 Jahren stattfanden. Die untersuchte Periode betrifft die Jahre 1995 bis 2016, wobei gelegentlich bis auf das Jahr 1985 zurückgegriffen wird. In einzelnen Kapiteln wird auch ein Blick in die Zukunft geworfen, um den möglichen Einfluss jüngster Revisionen auf zukünftige Entwicklungen zu beurteilen. Im Rechtsstaat kann Freiheitsentzug nur angeordnet oder ausgesprochen werden, wenn rechtliche Grundlagen vorliegen. Ziel dieser Darstellung ist es nicht, alle Bestimmungen, die den Einsatz von Freiheitsentzug definieren, zu behandeln, sondern nur die wichtigsten Prinzipien in Erinnerung zu rufen, die, im Sinne des Gesetzes, eine vernünftige Anordnung und eine aufgeklärte Durchführung von Freiheitsentzug möglich machen. Das Gesetz wird gleichzeitig Richtschnur sein zur Beurteilung der Entwicklungen. Darüber hinaus geht es um eine Gesamtübersicht über die jeweiligen Haftformen, die Häufigkeit der Entscheide und ihre Bedeutung für deren Vollzug. Schliesslich werden die Welt des Freiheitsentzugs und sein Wandel selbst, werden die Institutionen und das Platzangebot, die Gefängnispopulation und das Personal anhand von Daten dargestellt und beschrieben. Das am häufigsten herangezogene Beweismaterial stellen die vorhandenen Statistiken dar, bestehend aus gesamtschweizerischen Übersichten, interkantonalen Vergleichen und Zahlenreihen. Wo sie fehlen, werden Schätzungen vorgenommen. Verwendet wurden immer die jüngsten vorhandenen Datensätze. Die Aspekte des Haftalltags werden nicht ausser Acht gelassen, wobei hier der Akzent auf den Problemen liegt, die für einen modernen

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Staat heute noch Herausforderungen darstellen. Dabei handelt es sich um Fragen einer rationalen Straf- und Strafvollzugspolitik oder Massnahmen, die die menschliche Würde des gefangenen Menschen fördern oder einschränken. Über die strafrechtlichen und vollzugspraktischen Fragen hinaus stellen sich soziologische Fragen der Inhaftierung («Warum so viele Migranten?»), der Charakterisierung der Einrichtungen des Freiheitsentzugs («Totale Institutionen?») und des Haftregimes («Wie viel Freiheit wird gewährt?») bis hin zu den Disziplinarstrafen, zur Thematik der Gesundheit der Insassen und des Personals oder zu der des Rückfalls. Die Politik des Freiheitsentzugs in der Schweiz wird nicht nur aus einer kriminologischen und statistischen Warte aus untersucht; sie wird zudem kritisch beurteilt, wenn das Gesetz oder der Gedanke des Gesetzes nicht beachtet wird oder die statistischen Daten es möglich machen, Fragen zu Ungleichheit oder Diskriminierung aufzuwerfen. Die zentrale Referenz ist hier natürlich die Verfassung: «Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich» (Art. 8 BV). Diese Analyse setzt, wie eben festgehalten, in hohem Masse die Statistik ein, da sie eines der wohl aussagekräftigsten Instrumente der Kontrolle staatlicher Politik darstellt. Es handelt sich dabei insbesondere um Erhebungen und Statistiken zu Strafrecht und Freiheitsentzug, die vom Bundesamt für Statistik (BFS) erstellt und veröffentlicht werden. In einzelnen Kapiteln stützt sich die Darstellung auf eigene Schätzungen, die ausgehend von Daten des BFS erstellt wurden. Eine weitere wichtige Quelle zur Beschreibung und Beurteilung der Haftregime und des Haftalltags stellen die Berichte der Nationalen Kommission zur Verhütung von Folter (NKVF) und die Berichte des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter (CPT) dar. Forschungsberichte zur Sanktionspraxis, zur Gesundheit von Insassen oder zu Disziplinarstrafen wurden ebenfalls benutzt. Schliesslich konnte der Wandel des Freiheitsentzugs in den letzten 20 Jahren in praktischer Weise durch den Besuch nahezu aller Hafteinrichtungen des Landes beurteilt werden. Die mit dem Thema nicht vertraute Person findet im Anhang einen Überblick über die Entwicklung der gesetzlichen Grundlagen von Frei-

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heitsentzug in den letzten 20 Jahren. Gleichzeitig sei auf eine umfangreichere Untersuchung des Wandels von Strafrecht, Freiheitsentzug und Gefängnis in der Schweiz verwiesen, nämlich auf die jüngst von mir mitveröffentlichte Geschichte des Freiheitsentzugs (Fink, Schult­ hess, 2015). Leserinnen und Leser, die sich mit dem in dieser Analyse verwendeten Vokabular zu Strafrecht und Freiheitsentzug vertraut machen wollen, finden im Anhang ein kleines Glossar mit den wichtigsten Begriffen.

Kurzer geschichtlicher Rückblick Die Freiheit als fundamentales Menschenrecht ist eine Errungenschaft der Französischen Revolution. Sie fand Eingang in die Verfassung der Helvetischen Republik von 1798 in der Form von Artikel 5: «Die natürliche Freiheit des Menschen ist unveräusserlich. Sie hat keine anderen Grenzen als die Freiheit jedes anderen …» Diese individualistisch gefärbte Definition von Freiheit kann unter der Bedingung eingeschränkt werden, dass «eine unumgängliche Notwendigkeit rechtskräftig bewiesen ist». Eine dieser Notwendigkeiten stellt die strafrechtliche Sanktion der Freiheitsstrafe für Personen dar, die eine Straftat begangen haben. Von daher begründet sich die Möglichkeit, einem Bürger das Recht auf uneingeschränkte Freiheit zu entziehen. Zudem kann sie für die Zwecke der Strafverfolgung noch vor einer allfälligen Verurteilung gerechtfertigt werden. Für die damaligen Republikaner war jede Willkür von Machtausübung, insofern sie einen Angriff auf die Freiheit darstellte, eine Straftat. So enthielt das Helvetische Peinliche Gesetzbuch (HPG) die folgende Bestimmung: «Jedes Unternehmen gegen die persönliche Freiheit eines jeden einzelnen, welche die wesentlichen (sic) Grundsäule der helvetischen Staatsverfassung ausmacht (…), verfällt in eine sechsjährige Stockhausstrafe» (Art. 89 HPG). Diese liberale Vision der Freiheit wurde in die Bundesverfassung von 1848 übernommen. Sie ist in der revidierten Bundesverfassung von 1999 enthalten, wo die persönliche Freiheit mit dem Recht auf Leben kombiniert wurde:

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Art. 10 Recht auf Leben und persönliche Freiheit 1 Jeder Mensch hat das Recht auf Leben. Die Todesstrafe ist verboten. 2 Jeder Mensch hat das Recht auf persönliche Freiheit, insbesondere auf körperliche und geistige Unversehrtheit und auf Bewegungsfreiheit. 3 Folter und jede Art grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung sind verboten. Diese Bestimmung lässt keinen Spielraum offen für die strafrechtliche Aktion, für das Handeln der verschiedenen staatlichen Institutionen von Polizei, Justiz und Freiheitsentzug. Deshalb war es nötig, Ausnahmebestimmungen zur Regel zu definieren, das heisst weitere Normen, die es dem Staat ermöglichen, unter genau umschriebenen Umständen einer Person die Freiheit zu entziehen, zum Beispiel wenn eine Person beschuldigt wird, eine Straftat begangen zu haben, oder wenn sie wegen einer begangenen Straftat zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wird. Art.  30 der Bundesverfassung (BV) hält die Rechte im gerichtlichen Verfahren fest, Art. 31 BV die Grenzen der Anordnung von Freiheitsentzug und Art. 32 BV legt die Grundregeln für das Strafverfahren fest. Die verschiedenen Gesetzestexte (StPO, StGB, AuG und andere) definieren weitere Modalitäten von Freiheitsentzug und deren Anwendungsregeln.

Vorstellung des Buchinhalts Dieses Buch hat nicht den Anspruch, ein Handbuch des Strafrechts zu sein. Angesichts der Tatsache, dass rechtliche Grundlagen für Freiheitsentzug bestimmend sind und diese Bestandesaufnahme mit den wichtigsten Revisionen strafrechtlicher Bestimmungen zum Freiheitsentzug im Zusammenhang steht, schien es angebracht, in den verschiedenen Kapiteln diese jeweils in aller Kürze darzustellen. Wichtiger ist allerdings die Anwendung des Gesetzes, die juristische und adminis­ trative Praxis, die mittels statistischer Daten untersucht wird. Genauer, es geht um den Umfang, die Art und die Entwicklung des von verschiedensten Behörden angeordneten Freiheitsentzugs.

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Zuerst wird das schweizerische System der Einrichtungen des Freiheitsentzugs in seiner Gesamtheit dargestellt (Kapitel 2). Danach folgt eine Analyse, die den Wandel der Gefängnislandschaft und -architektur einfangen will (Kapitel 3). Die nächsten Kapitel sind den einzelnen Haftformen gewidmet, zuerst der Untersuchungshaft (Kapitel 4), dem Vollzug von Freiheitsstrafen (Kapitel 5), dem Massnahmenvollzug (Kapitel 6), der Ausschaffungshaft (Kapitel 7) und schliesslich der fürsorgerischen Unterbringung (Kapitel 8). Der Bildteil dokumentiert verschiedene Seiten der Modernisierung von Einrichtungen, die insbesondere im Kapitel 3 zur Ge­­ fängnislandschaft und -architektur kommentiert wurden. Die militärische Haft kommt kurz in Kapitel 9 zur Sprache. Die drei folgenden Kapitel sind transversalen Themen gewidmet: Kapitel 10 beschreibt den Alltag und die Gesundheit im Gefängnis, Kapitel 11 die Entlassung und die Bewährungshilfe. Kapitel 12 bietet schliesslich einen Überblick zum Thema Rückfall und zur Entwicklung der Rückfallraten, während das Schlusskapitel in ein kurzes Plädoyer für weitere Forschung auf dem Gebiet des Freiheitsentzugs in der Schweiz mündet. Fünf Anhänge schliessen die Abhandlung ab, zuerst ein Glossar und eine kurze Chronologie thematisch relevanter Gesetze und ihrer Revision. Dann werden Referenzdaten aus den Statistiken des Freiheitsentzugs und der Gefängnisse für die Schweiz und ausgewählte europäische Staaten vorgestellt. Es folgt ein kurzer Beschrieb von weiterem Datenbedarf, der eine umfassende Analyse des Freiheitsentzugs in der Schweiz ermöglichen wird. Schliesslich enthält der Anhang ein Verzeichnis der Fotografien und Fotografen. Dieses Buch wurde so redigiert, dass zwei Lektüren möglich sind. Es gibt zuerst die lineare Leseweise, vom ersten zum letzten Kapitel. Die einzelnen Kapitel ergänzen sich derart, dass man am Ende der Lektüre ein Gesamtbild der rechtlichen Grundlagen des Freiheitsentzugs erlangt haben dürfte und wissen sollte, welche Gefängnisse und Haftplätze es gibt, wie sich Umfang und Zusammensetzung der Gefängnispopulation entwickelt haben und wie hoch deren Rückfallquote ist. Aber es gibt auch einen mehr thematischen Einstieg in die

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Kapitel, denn diese sind so strukturiert, dass jeweils am Anfang die rechtlichen Grundlagen dargestellt werden, dann die Anwendung des Rechts und schliesslich der Vollzug der Justiz- oder Administrativentscheide. Auch wer auf diese Weise das Buch liest, sollte zu einem Gesamtbild des schweizerischen Freiheitsentzugs gelangen.

Notiz zur Herausgabe Der Text kommt ohne Referenzen zu den in den Analysen verwendeten Tabellen des Bundesamtes für Statistik (BFS) aus. Über eine gute Suchmaschine sind sie alle ohne Schwierigkeiten im Portal des BFS in Sekundenschnelle zu finden. Weitere verwendete Daten sind vermerkt. Die Gesetzestexte stehen heute gesamthaft im Internet zur Einsicht oder zum Herunterladen zur Verfügung, ältere Versionen inbegriffen. Es wurde deshalb von einer Referenzierung abgesehen, ausser den gelegentlichen Hinweisen auf einige wenige Gesetzesartikel unter Verwendung ihrer offiziellen Abkürzung. Es wurde darauf geachtet, möglichst geschlechtsneutrale Formulierungen zu verwenden, wobei die Welt der Kriminalität und des Freiheitsentzugs von Männern dominiert wird. So wird zum Beispiel von Verurteilten oder Insassen gesprochen, wobei dann die Frauen inbegriffen sind, ausser da, wo dies explizit anders festgehalten worden ist.

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4  Die Untersuchungshaft und die neue Strafprozessordnung Obwohl zum Gebiet des Strafrechts gehörend, wurden die Strafprozessordnungen und die in sie eingebettete Untersuchungshaft bis 2010 durch die Kantone selbst geregelt. Die Einführung der schweizerischen Strafprozessordnung im Jahr 2011 hat die Prinzipien und Regeln vereinheitlicht. Der Gesetzgeber hat die Anwendung der Untersuchungshaft strenger geregelt und die Schutzmassnahmen gegen ungerechtfertigte Einweisung verstärkt. Trotzdem scheinen die Strafverfolgungsbehörden, vor allem der Westschweiz, diese Haftform allzu intensiv einzusetzen.

Vereinheitlichte Regeln und mehr Rechte für den Beschuldigten Bis 2010 gab es in der Schweiz keine einheitliche Strafprozessordnung. Jeder Kanton erliess eigene Gesetze und wandte seine eigenen Regeln an. Unter dem Druck internationaler Regelwerke, denen die Schweiz beitrat, wurden jedoch zunehmend einheitliche Standards ausgebildet. Man denke hier zuerst an die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK, von der Schweiz 1974 ratifiziert), deren Artikel 5 (Recht auf Freiheit und Sicherheit) die rechtlichen Prinzipien für die Durchführung von Untersuchungshaft festlegt. Seit 2011 wurden die den Kantonen eigenen Strafprozessordnungen durch diejenige auf Bundesebene ersetzt. Diese Vereinheitlichung wurde durch den Transfer der gesetzgeberischen Kompetenz an den

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Bund ermöglicht, welcher mit dem Inkrafttreten von Artikel 123 der Bundesverfassung «allgemeine Gesetzgebungskompetenz in Prozessangelegenheiten» (Botschaft 2005) ermöglicht. Die Strafprozessordnung des Bundes konkretisiert zudem die Bestimmungen der Bundesverfassung zum Freiheitsentzug (Art. 31 BV). Die neue Ordnung hat nicht die gesamte frühere Ordnung umgestürzt, die bereits unter dem Einfluss der Jurisprudenz des Bundesgerichtes und der Regeln der EMRK harmonisiert worden war. Sie gewährt den Kantonen weiterhin eine gewisse Freiheit in der Umsetzung («Vollzugsföderalismus»). Trotzdem hat die neue Strafprozessordnung prozedurale Innovationen eingeführt, die seit 2011 direkt die Praxis des Einsatzes der Untersuchungshaft beeinflussen. Da jede Anordnung von Untersuchungshaft als ein schwerwiegender Eingriff in die Grundrechte angesehen wird, hält die neue StPO ebenso kurz wie eindeutig fest: «Die beschuldigte Person bleibt in Freiheit» (Art. 212 Ziff. 1 StPO), was bedeutet, dass die Untersuchungshaft eine absolute Ausnahmemassnahme sein sollte. Des Weiteren gilt das Prinzip der Proportionalität: «Untersuchungsund Sicherheitshaft dürfen nicht länger dauern als die zu erwartende Freiheitsstrafe» (Art. 212 Ziff. 3 StPO). Wie dies bereits in vielen kantonalen Strafprozessordnungen der Fall war, bleibt die grundlegende Voraussetzung für die Anordnung einer Untersuchungshaft der dringende Verdacht, dass ein Beschuldigter eine schwere Straftat begangen hat. Andere Anordnungsgründe sind die Fluchtgefahr, die Beeinflussung von Zeugen und die Veränderung von Beweisen, das Rückfallrisiko sowie der Mangel einer Substitutionsmassnahme, mit der derselbe Effekt wie mit der Haft erreicht werden könnte. Über diese Rahmenprinzipien hinaus hat die StPO 2011 dazu beigetragen, die Rechte der Beschuldigten im Verfahren und gegenüber den Strafverfolgungsbehörden zu stärken. Diese Entwicklung ist das Gegenstück zu einer neuen Organisation der Staatsanwaltschaften in der Schweiz. Der Staatsanwalt, Vertreter der Staatsanwaltschaft, ist neu auch mit der Strafuntersuchung betraut, während dafür vorher ein Untersuchungsrichter zuständig war. Er ist zudem Ankläger, wenn es zu einem Prozess kommt. Allerdings kann er eine Untersuchungshaft

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nicht mehr alleine anordnen, sondern muss sowohl bei der Eröffnung und im Moment des Abschlusses des Strafverfahrens bzw. in der Phase der Sicherheitshaft entsprechende Anträge an eine neue Instanz richten. Die Entscheidungen werden neu von einem Zwangsmassnahmenrichter bzw. -gericht gefällt. Sie wurden als Gegengewichte zur Macht der Polizei und der Staatsanwaltschaften konzipiert. Einige Kantone kannten vergleichbare Instanzen, zum Beispiel in Form des Haftrichters, bereits vor dem Inkrafttreten der neuen StPO. Die Kleinräumigkeit der Schweiz lässt hier allerdings Zweifel aufkommen, ob die notwendige Unabhängigkeit von Haftrichter und -gerichten auf kantonaler Ebene gegeben ist oder ob hier nicht regionale Lösungen gesucht werden müssten.

Ein intensiver Einsatz der Untersuchungshaft Die Analyse des Einsatzes von Untersuchungshaft setzt bei der Frage nach den Anordnungen an, geht über zu derjenigen der angerechneten U-Haft und schliesslich zur Anzahl der Personen in dieser Haftform (Bestand). Die hier vertretene These besagt, dass zwar gesamthaft weniger Untersuchungshaft angeordnet wird als vorher, insbesondere seit der Einführung der neuen Strafprozessordnung, dass diejenigen, die in U-Haft gesetzt werden, heute jedoch in höherem Masse verurteilt werden und ihr Urteil im Strafregister eher eingetragen wird. Gemäss Bundesamt für Statistik (BFS, 2003) zählte man zwischen 1999 und 2002 im jährlichen Durchschnitt 35 000 Eintritte in die Untersuchungshaft, während die mittlere jährliche Anzahl der verurteilten Personen mit einer angerechneten U-Haft und einem Eintrag im Strafregister bei 10 000 lag, das heisst bei weniger als einem Drittel aller kurzfristig in U-Haft gesetzten Personen. Bei den anderen zwei Dritteln handelt es sich um Einstellungen des Verfahrens, Nichteintrag im Strafregister und verschiedene andere Gründe. Da diese Daten anschliessend nicht mehr veröffentlicht wurden, müssen die Werte für die jüngsten Jahre 2003 bis 2015 geschätzt werden. Verschiedene Entwicklungen lassen den Schluss zu, dass die Zahl der jährlichen U-Haft-Eintritte auf rund 25 000 gefallen ist. Diese Baisse dürfte auf

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die Einführung der StPO zurückzuführen sein, die das Prinzip verankert hat, dass ein Beschuldigter grundsätzlich in Freiheit bleibt. Zusätzlich wurden die oben angesprochenen Massnahmen eingeführt, vom Anwalt der ersten Stunde über die Zwangsmassnahmenrichter bis zur Verallgemeinerung von Entschädigungs- und Genugtuungsansprüchen bei rechtswidrig angewandten Zwangsmassnahmen (Art. 429 StPO). Die Reformen dürften dazu geführt haben, dass verhältnismässig weniger U-Haft angeordnet wird, diese aber eher zur Verurteilung führt, damit angerechnet und auch im Strafregister eingetragen wird. So ist es denn auch nicht verwunderlich, dass die Anzahl der Verurteilungen mit angerechneter U-Haft tatsächlich gestiegen ist. Die Anzahl ist von durchschnittlich 10 500 Fällen zwischen 1999 und 2002 auf mittlere 19 000 Fälle zwischen 2011 und 2016 angestiegen. Man kann davon ausgehen, dass rund 6000 Personen, meist für kurze Zeit, in U-Haft gesetzt werden, ohne dass sie anschliessend verurteilt werden, unter anderem weil das Strafverfahren eingestellt wurde, die

40 000

in absoluten Zahlen

35 000 30 000 25 000 20 000 15 000 10 000 5 000 0 1999

2001

2003

2005

2007

Einweisungen in U-Haft total Verurteilung mit unb./tb. Freiheitsstrafe Bestand in U-Haft Grafik 4: Untersuchungshaft

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2009

2011

2013

2015

Angerechnete U-Haft Einweisungen zum Vollzug von Freiheitsstrafen


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Beweislage für ein Urteil nicht genügte oder die Straftat nicht genügend schwer wog. Nach der Strafprozessordnung dürfen «Untersuchungs- und Sicherheitshaft (…) nicht länger dauern als die zu erwartende Freiheitsstrafe» (Art. 212 Abs. 3 StPO). Zwischen 2010 und 2016 standen den jährlich durchschnittlichen knapp 19 000 Verurteilungen nur gerade 10 000 unbedingte und teil(un)bedingte Freiheitsstrafen gegenüber, zudem etwas über 2000 bedingte. Dies bedeutet, dass im jährlichen Durchschnitt nahezu die Hälfte der Personen, gegen die eine Untersuchungshaft angeordnet wurde, nicht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt wurde, sondern zu einer Geldstrafe, einer gemeinnützigen Strafe, ja einer Busse. Dieser Befund weist darauf hin, dass die heutige Anordnungspraxis von Untersuchungshaft im Widerspruch mit dem oben zitierten StPO-Artikel steht, auch wenn man einräumen kann, dass die gesicherte Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe nicht eine notwendige Voraussetzung für eine Anordnung einer U-Haft ist. Jedoch kann man die Schwere der den U-Häftlingen vorgeworfenen Straftaten daran ablesen, dass die Haftdauer in zwei Dritteln der Fälle zwei Tage nicht überstieg. Es handelte sich also bei über 8000 Fällen mit einer Anordnung von U-Haft um absolute Bagatelldelikte. Dieser Umstand ist noch problematischer, wenn man bedenkt, dass von den 10 000 unbedingten Freiheitsstrafen nur gerade 6000 überhaupt vollzogen werden. Mangels weiterer Daten kann die Insassenpopulation nur mittels Informationen zum Bestand an einem Stichtag untersucht werden. In absoluten Zahlen waren dies 1999 2100 Personen, 2002 nur noch 1500; anschliessend stieg deren Anzahl wieder leicht an, nämlich von 2003 bis 2015 von 1500 auf 1745 Insassen in Untersuchungshaft. Falls man die Personen im vorzeitigen Strafvollzug mitzählt, die also noch nicht verurteilt, aber nicht mehr notwendigerweise nach U-Haft-Bedingungen eingeschlossen sind, sind die Zahlen höher, nämlich 2600 im Jahr 1999 und 2900 im Jahr 2016. Problematisch ist die Tatsache, dass die Untersuchungshaft bald nur noch Ausländer betrifft, solche mit und ohne Wohnsitz in der

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Schweiz. Die Daten lassen die Vermutung zu, dass selbst bei geringfügigen Straftaten systematisch Untersuchungshaft angeordnet wird. Die Zwangsmassnahme wird von der beantragenden Behörde mit der Annahme begründet, dass ein Risiko bestehe, dass sich ein Beschuldigter der Justiz entziehe – was auch immer die Straftat ist. 2016 stieg der Gesamtanteil der Ausländer auf 77 Prozent (derjenige der nicht in der Schweiz wohnhaften Insassen in U-Haft beläuft sich auf 50 Prozent), während derjenige der Schweizer bei 23 Prozent lag. Obwohl die Staatsanwaltschaften die Existenz diskriminierender Praktiken gegenüber Ausländern weit von sich weisen würden, insbesondere denen ohne Schweizer Wohnsitz gegenüber, befanden zwei Drittel einer Stichprobe von Staatsanwälten und Richtern, die 2012 befragt wurden, dass zwar wohl gewisse Kollegen möglicherweise eine diskriminierende Haltung haben könnten, aber sicher nicht sie selber (Ludewig et al., 2013). Diese diskriminierende Praxis der Staatsanwaltschaften könnte in der jüngsten Zeit noch dadurch verschärft worden sein, dass die Strafjustiz mittels Strafbefehlen funktioniert und ihre Vertreter die Beschuldigten kaum je zu Gesicht bekommen, um sie mit den ihnen vorgeworfenen Fakten zu konfrontieren und deren Verschulden pro und kontra abzuwägen.

Viele kleine Gefängnisse für Untersuchungshaft Im Gegensatz zu einer grossen Anzahl von Ländern mit funktional klar unterschiedenen Einrichtungen, die in der Schweiz zwischen 600 und 1200 Insassen aufnehmen, erfüllen hierzulande nahezu alle Gefängnisse mehrere Funktionen. Von den 114 Haftorten (2016) werden 60 hauptsächlich für die Durchführung von Untersuchungshaft genutzt. Unter diesen verfügten 37 über weniger als 50 Plätze, 12 zählten 50 bis 99 Plätze und nur 11 wiesen 100 und mehr Plätze aus. Zusammen konnten diese Einrichtungen theoretisch rund 3600 Plätze für die U-Haft einsetzen, nutzten allerdings rund 1000 für den Vollzug von kurzen Freiheitsstrafen, von Ersatzfreiheitsstrafen und Bussenumwandlungen sowie für fürsorgerische Platzierungen. Einige wenige dieser Einrichtungen verfügen über gesonderte Plätze für Ausschaf-

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fungshaft, wieder andere solche für Jugendhaft und Vollzug von Freiheitsentzug an Jugendlichen. Das grösste Gefängnis in dieser Kategorie ist dasjenige von Champ-Dollon in Genf, das mit seiner Annexeinrichtung über 390 Plätze verfügt, gefolgt von der Prison de la Croisée (VD, 211), dem Gefängnis Zürich (170) und dem Untersuchungsgefängnis von Basel (148 Plätze). Weiter dazuzuzählen sind die vielen Regional- und Kantonalgefängnisse, die in kleinen Kantonen sehr autonom funktionieren, meist mit wenig Personal. Das Personal der verschiedenen Einrichtungen hat 2016 gemäss eigenen Schätzungen gut 25 000 Eintritte in die U-Haft durchführen müssen, ohne alle weiteren Eintritte in die anderen Haftformen und alle anderen Ein- und Austritte für Einvernahmen, für Spitaltransfers oder aus anderen Gründen dazuzuzählen. Dies bedeutet, dass an jedem Werktag rund 100 bis 200 Eintritte zu verwalten waren. Und nahezu ebenso viele Entlassungen, da ja 15 000 Personen jeweils nach spätestens 48 Stunden wieder auf freien Fuss gesetzt werden. Nimmt man die kleine Minderheit von Personen aus, die mehr als einen Monat in Untersuchungshaft sitzen (11 Prozent), kann man tatsächlich festhalten, dass U-Haft-Gefängnisse wie «Durchgangshotels» funktionieren, allerdings nicht wegen der Haftbedingungen, sondern vielmehr wegen der Kürze des Aufenthalts der Eingebrachten. Denn ganz im Gegensatz zu dem, was man regelmässig hört, sind gerade Gefängnisse für die Durchführung von U-Haft alles andere als vergnügliche Orte des Wohnens und Verweilens (Abb. 6, 7, 10, 11, 12, 13, 14, 15, 24, 28).

Die Gefangenenpopulation in U-Haft Die Untersuchungshaft betrifft insbesondere Männer; der Frauenanteil überstieg seit 1999 nie 9 Prozent. Eine Veränderung kann allerdings bei den Alterskategorien festgestellt werden. Der Anteil der 18- bis 24-Jährigen ist stark gesunken, während derjenige der 25-jährigen und älteren Menschen gestiegen ist. Die U-Haft-Population hat sich nach der Herkunft bzw. dem Aufenthaltsstatus nur wenig verändert. Die Schweizer wie die Ausländer mit Wohnsitz in der Schweiz hatten 2016 je einen

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90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 GE BS VS VD ZH NE CH BE BL SH AG FR SO AI JU NW TG TI SG LU OW GL SZ ZG AR GR UR

pro 100 000 Personen der Wohnbevölkerung

Anteil von 25 Prozent, was allerdings nicht den vorschnellen Schluss einer Übervertretung der wohnhaften Ausländer zulässt. Tatsächlich muss ihr jeweiliger Anteil mit den Merkmalen der vergleichbaren männlichen Erwachsenenpopulation in Zusammenhang gebracht werden, um einen validen Vergleich herzustellen. Die Ergebnisse würden die Übervertretung stark relativieren (Fink, Storz, 2013). Trotz des Fehlens von Detaildaten kann festgehalten werden, dass die Untersuchungshaft bei Personen ohne Schweizer Wohnsitz besonders häufig angeordnet wird. Diese Kategorie repräsentiert inzwischen über 60 Prozent aller Insassen. In der Schweiz gab es 2015 gleich viele Insassen in U-Haft (1849) wie zehn Jahre zuvor (1879) – eine Stabilität, die sich auch auf der Ebene der Kantone findet. Fünf Kantone machen zusammen 70 Prozent aller Insassen in U-Haft aus, nämlich Genf, Basel-Stadt, Zürich, Bern und Aargau. Der Kanton Genf hat nicht nur die grösste absolute Zahl an Insassen, die noch nicht verurteilt waren, sondern auch weitaus die grösste relative Zahl. Diese ist nahezu zweimal höher als im nächstfolgenden Kanton, Basel-Stadt.

2005

2015

Grafik 5: Untersuchungshaft nach Kanton

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Vergleicht man Genf und Basel-Stadt mit anderen Grenzkantonen, den sogenannten Einfallstoren der Migrationsströme aus dem Süden, das heisst dem Tessin und St. Gallen, stellt man fest, dass die zwei letztgenannten Kantone siebenmal tiefere Raten kennen. Die Kantone Zürich und Aargau, die hohe absolute Zahlen schrei­ben, kennen eher tiefere Raten. Allgemein gesprochen sind die kleinen und eher weniger urbanisierten Kantone der Innerschweiz diejenigen, die verhältnismässig am wenigsten Menschen während eines Strafverfahrens einsperren. Für eine vollständigere Analyse müsste die Einsatzhäufigkeit und die Rate der U-Haft noch mit den Kriminalitätsraten und den Urteilsraten in Bezug gesetzt werden. Die zweite Rate wird im nächsten Kapitel noch genauer untersucht werden.

Schlussfolgerungen In der Schweiz machen Staatsanwaltschaften intensiv von der Untersuchungshaft Gebrauch. Es ist zu fragen, ob in einzelnen Regionen Zwangsmassnahmen nicht rechtswidrig gehandhabt werden – dass sie vorkommen, davon zeugt die Tatsache, dass die Strafprozessordnung eine Entschädigung für rechtswidrig angeordnete Zwangsmassnahmen (Art. 429–431 StPO) enthält. Die Daten belegen unzweifelhaft, dass Untersuchungshaft vornehmlich bei Ausländern, insbesondere bei ausländischen Personen ohne Wohnsitz in der Schweiz, Anwendung findet. Auch kann gefragt werden, ob die U-Haft nicht als vorgezogene Strafe eingesetzt wird, was doch eher als diskriminierende Strafrechtspraxis angesehen werden könnte. Man könnte auch anmerken, dass man es mit dem unfehlbaren Respekt vor den Gesetzen, die von jedem Ausländer strikte zu befolgen sind, nicht allzu streng nimmt, das heisst mit der Tatsache, dass die U-Haft nicht länger dauern soll als die vorhersehbare Dauer der Freiheitsstrafe. Angesichts fehlender Daten, Forschungen und Evaluationen zum Thema sind dies vorläufig nur Thesen – alles deutet darauf hin, dass ein kontinuierliches Monitoring der Praxis der Untersuchungshaft dringend notwendig wäre. Bisher wird eine solche Tätigkeit von keiner Organisation, die im Freiheitsentzug aktiv ist, wahrgenommen.

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2: JVA Lenzburg (AG), Strafanstalt (in Betrieb genommen 1864). Die zweistöckige ­Zentrale im Schnittpunkt aller Flügel ermöglicht eine allseitige Blick- und Hörkontrolle.

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3 / 4 / 5: JVA Lenzburg (AG), Strafanstalt (in Betrieb genommen 1864). Innenansicht von Zellen aus der Anfangszeit (oben), nach der Renovation 1957 (rechte Seite, oben) und nach der Modernisierung von 2014 (rechte Seite, unten).

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23: JVA Pöschwies, Regensdorf (ZH) (in Betrieb genommen 1995). Gesamtanlage der neu erbauten Anstalt (rechts im Bild), kurz vor dem sofort begonnenen Abbruch des überalterten, vierflügeligen Gebäudes aus dem Jahre 1901 (links im Bild).

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24: Gefängnis Sissach (BL) (in Betrieb genommen 1976). Typisch zeitgenössischer Spazierhof kleinerer Gefängnisse mit Übergitterung.

25: JVA Solothurn (SO) (in Betrieb genommen 2014). Blick in die in den Extremitäten des Gebäudes untergebrachten Spazierhöfe. Im Gegensatz zu einigen neueren Einrichtungen verfügt die Anstalt über einen Aussenspazierhof.

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26 / 27: Sicherheitsstation des Zentrums für stationäre forensische Therapie, Rheinau (ZH) (in Betrieb genommen 2007). Blick in einen der Höfe der drei vollständig separierten Behandlungs- und Wohneinheiten (oben). Gut sichtbar sind die drei gipfelförmig angelegten, vollkommen übergitterten Spazierhöfe (unten).

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Einblicke in eine Welt hinter Gittern

Freiheitsentzug in der Schweiz Formen, Effizienz, Bedeutung

Multifunktionale Gefängnisse Flughafengefängnis ZH, JVA Grosshof LU, Prison de la Croisée VD, Prison de Champ-Dollon GE, Regionalgefängnis Bern, Untersuchungs­gefäng­ nis Waaghof BS Geschlossene Einrichtungen IKA Bostadel ZG, Etablissements de la plaine de l’Orbe VD, JVA Hindelbank BE, JVA Lenzburg AG, JVA Pöschwies ZH, JVA Solothurn, JVA Thorberg BE, Penitenziario cantonale La Stampa TI Offene Vollzugsanstalten Etablissements de Bellechasse FR, Etablissement de Crètelongue VS, Strafanstalt Saxerriet SG, JVA Wauwilermoos LU, JVA Witzwil BE

Daniel Fink

Daniel Fink (* 1953) besuchte nach Studien in Sozialwissenschaften als Delegierter des IKRK zahlreiche Haftorte in verschiedenen Ländern. Von 1996 bis 2010 war er Chef der Sektion Kriminalität und Strafrecht im BfS. Seit 2011 ist er Lehrbeauftragter an den Universitäten Lausanne und Luzern, wo er Kriminalstatistik im Zusammenhang mit Kriminalpolitik lehrt. Er ist Präsident von Gefängnisforschung.Schweiz und Vorstandsmitglied der Schweizerischen Arbeitsgruppe für Kriminologie.

Das Wort Gefängnis lässt an eine geschlossene und beängstigende Welt von kargen Zellen und Gängen denken. In ihr leben Menschen, mit denen die Gesellschaft nichts mehr zu tun haben will. Doch stimmt dieses Bild mit der Realität überein? Daniel Fink liefert eine differenzierte Antwort darauf. Er beschreibt die verschiedenen Formen des Freiheitsentzugs und befasst sich mit den Themen Gesundheit, Entlassung, Bewährungshilfe und Rückfall. Darüber hinaus untersucht er die Auswirkungen der zahlreichen Revisionen des Schweizer Sanktionsrechts und die Einführung der Strafprozessordnung.

Freiheitsentzug in der Schweiz

Daniel Fink

2016: Total 7500 Plätze und 6900 Insassen. 90 Plätze und 83 Insassen pro 100 000 Einwohner. Die gesamtschweizerische mittlere Belegungs­ rate liegt bei 92 Prozent, mit grossen regionalen Unterschieden. Die Gefängnisse der Kantone Genf und Waadt sind seit Jahren chronisch überbelegt, in den anderen Regionen ist die Lage entspannter. ISBN 978-3-03810-329-5 ISBN 978-3-03810-329-5

9 783038 103295

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Daniel Fink (* 1953) besuchte nach Studien in Sozialwissenschaften als Delegierter des IKRK zahlreiche Haftorte in verschiedenen Ländern. Von 1996 bis 2010 war er Chef der Sektion Kriminalität und Strafrecht im BfS. Seit 2011 ist er Lehrbeauftragter an den Universitäten Lausanne und Luzern, wo er Kriminalstatistik im Zusammenhang mit Kriminalpolitik lehrt. Er ist Präsident von Gefängnisforschung.Schweiz und Vorstandsmitglied der Schweizerischen Arbeitsgruppe für Kriminologie.

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