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1. Herkunft, Jugend, Ausbildung

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Einleitung

Einleitung

Ein Kunde wünscht sich eine mehrfach massgeschneiderte Uniform nach Vorbild der von Numa Droz stark beeinflussten Reorganisation des Bundesrats von 1887. Nebelspalter, Nr. 30, 1887

Teil 3 Die Macht im «System Droz»

(1883–1887)

Handelspolitisch hatte Numa Droz um 1882 einige Erfolge aufzuweisen. Nicht zuletzt stärkten die Vertragsabschlüsse mit Deutschland und Frankreich seine Stellung im Bundesrat. Dennoch spielte er bis 1883 mit dem Gedanken, aus der Landesregierung auszuscheiden und seine finanzielle Situation in der Berufsdiplomatie oder in der Privatwirtschaft aufzubessern. Bis in die frühen 1880er-Jahre bedeutete für ihn auch die Opposition von Parteikollegen aus Neuenburg eine stete Infragestellung. Danach hingegen konnte sich Droz mit neuem Elan seiner Regierungsaufgabe widmen. Im Juni 1884 gelang ihm nach langwierigen innenpolitischen Aushandlungen eine Zolltarifrevision, die ihm in den Handelsvertragsverhandlungen als Grundlage dienen sollte. Er beschäftigte sich auch mit Reformprojekten wie etwa den neuerlichen Revisionsfragen der Bundesverfassung von 1884/85.

Droz hatte die Stärken und Schwächen der Funktions- und Arbeitsweisen des Bundesrats und seiner Departemente inzwischen kennengelernt. Sein Organisationstalent, seine direkt modernen Führungsmethoden, die Droz im DHL bereits eingeführt hatte, riefen nun nach einer tiefgreifenden Reorganisation. So schuf Droz 1887 das nach ihm benannte «System Droz». Dieses System bedeutete den Bruch mit dem Rotationsprinzip im Bundesrat. Bis 1887 hatte der jährlich neu bestimmte Bundespräsident in das Aussendepartement übergewechselt. Dadurch war dieses Departement starken Fluktuationen ausgesetzt gewesen, die Droz gerade in den anstehenden Handelsvertragsverhandlungen vermeiden wollte. Der Neuenburger erfreute sich zunehmender Beliebtheit und die Kritiker aus seinem Heimatkanton verstummten, wie die erfolgreiche Wiederwahl 1884 zeigte.

So gelangte Droz Mitte der 1880er-Jahre nach und nach aus der persönlichen Krise und etablierte sich um 1887 als aussenpolitische Instanz und institutioneller Modernisierer im Bundesrat. Dennoch blieb die Aussenhandelspolitik, die Droz ebenfalls professionalisierte, eine konstante

Sorge. Am Horizont drohte auch die Radikalisierung von anarchistischen Kreisen: Aussenpolitisch wurde deren Agitation im Schweizer Exil mo niert und es machten gar Gerüchte um eine geplante Sprengung des Bundeshauses die Runde.

1. Forderungen nach einer Teilrevision der Bundesverfassung 1884/85

Dass sich Numa Droz nun offenbar längerfristig im Bundesratsgremium einrichten wollte, zeigt sein zunehmendes Interesse an mittleren bis grösseren Reformprojekten. So engagierte er sich nicht nur in der Aussenhandelspolitik, sondern auch in Verfassungsfragen. Am 6. Juni 1884 reichten drei Vertreter der katholisch-konservativen Rechten eine Motion ein, worin sie in einem Fünf-Punkte-Programm eine Teilrevision der Bundesverfassung verlangten.1 Die erste Forderung betraf den Artikel 73 der Bundesverfassung, der so modifiziert werden sollte, dass pro Nationalratswahlkreis höchstens drei Vertreter im Majorzsystem gewählt werden durften. Alternativ sollte auch die Einführung des Proporzsystems geprüft werden. Drei weitere Forderungen betrafen Einzelaspekte der Bundesverfassung. Die fünfte Forderung schliesslich verlangte eine Ausweitung der Mitwirkungsrechte der Bürger.2 Da von verschiedenen Seiten, unter anderem auch von Radikalen, seit Jahren weitere Vorstösse zu Einzelaspekten der Bundesverfassung eingebracht worden waren, wurde das Revisionsanliegen im Nationalrat nach fünftägiger Ausmarchung am 24. Juni 1884 als erheblich erklärt.3

Die Irritation über die Stossrichtung der Motionen war vor allem bei den Radikalen gross gewesen. Zum einen lehnten viele Radikale Teilrevisionen kategorisch ab, weil sie befürchteten, dass damit Breschen in die als Kompromiss verstandene Bundesverfassung von 1874 geschlagen werden könnten. Manche Radikale aber hegten Sympathien für die eine oder andere Motion. Wiederum andere befürchteten, dass bei einer kategorischen Ablehnung aller Motionen Initiativen für eine Gesamtrevision ergriffen würden, die möglicherweise sogar eine Mehrheit der Stimmbürger finden könnten. Die Sache verkomplizierte sich bei den Radikalen und Liberalen, als bekannt wurde, dass auch der Bundesrat in dieser Frage uneins war. Drei der vier radikalen Bundesräte, nämlich Ruchonnet, Schenk und Deucher, waren erklärte Gegner einer Überweisung der Motionen, während Droz, der vierte Radikale, und die Liberalen Hammer,

Reichskanzler Bismarck sieht sich 1889 in der Affäre um den aus der Schweiz ausgewiesenen deutschen Polizeibeamten Wohlgemuth (rechts unten) ungerecht behandelt. Nebelspalter, Nr. 25, 1889

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