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Rolf Wyler: Ein Lehrling testet die Demokratie
© Karl Lüönd
Rolf Wyler: Ein Lehrling testet die Demokratie
36 Gerade 20 Jahre alt war er geworden und am Ende seiner kaufmännischen Lehre angelangt, da war Rolf Wyler aus Zürich-Witikon (geb. 1954) eines Morgens fassungslos. In der Zeitung las er von einer holländischen Ärztin, die ihre hoffnungslos kranke Mutter getötet hatte. Das milde Gerichtsurteil – 14 Tage Gefängnis bedingt – sagte deutlich genug, dass die Richter die Tat verstanden hatten, aber dennoch eine Strafe aussprechen mussten. Gesetz ist Gesetz!
Das Thema traf den jungen Mann unvorbereitet. Aus der Distanz von mehr als 40 Jahren sagt er heute: «Dasselbe hätte auch bei uns passieren können. Ich wollte unbedingt etwas unternehmen, um die
erleichterte Sterbehilfe auch in der Schweiz durchzusetzen. Nein, ich war weder persönlich noch in meiner Familie mit dem Problem konfrontiert worden. Aber ich hatte in der Berufsschule gelernt, dass auch ein einfacher Bürger in der direkten Schweizer Demokratie ein An liegen lancieren kann.» Also beschloss der junge Mann, die direkte Demokratie zu testen.
Rolf Wyler, der damals von Nachhilfestunden lebte, zahlte 1000 Franken vom eigenen Geld in das Konto des Aktionskomitees ein, das zunächst nur aus ihm selbst bestand. Später kam das Honorar für ein Radiointerview dazu; mit der Zeit tröpfelten noch ein paar Spenden herein.
Zuerst trommelte Wyler weitere Personen für das Komitee zusammen. Seine Mutter kannte den Anwalt Dr. Walter Baechi, weil er ihre beste Freundin bei der Scheidung vertreten hatte. Er sagte sofort zu. Auch der bekannte Publizist François Bondy und prominente Chefredaktoren wie Hans Jürg Deutsch (Schweizer Illustrierte) und Beat Hirt (Tele) unterstützten Wylers Anliegen, ohne sich aber aktiv ins Zeug zu legen.
Rolf Wyler setzte sich später bei Exit für organisatorische Arbeiten ein. Er bestand die Erwachsenenmatura, studierte und arbeitete da nach als selbstständiger Jurist.
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