www.claudia-wild.de: Lueoend__Selbstbestimmt_bis_zuletzt__[Druck-PDF]/07.02.2022/Seite 35
Unheilbar-Kranke› entschieden. Es ist nicht zu bezweifeln, dass das Ja zu dieser Initiative seinen Ursprung in einer echten Sorge hat, im Fall einer unheilbaren Krankheit der medizinischen Technik hilflos ausgeliefert zu sein, an furchtbaren Schmerzen leidend zum Weiterleben ‹gezwungen› zu werden. In diesem Sinne erscheint der Volksentscheid nicht zuletzt als Kundgebung des Unmutes gegen die fortschreitende Technisierung der Medizin, als Ausdruck des Gefühls, die Medizin verliere in ihren extremen Erscheinungsformen ihre humanen Züge. Gleichwohl ist es erschreckend, festzustellen, dass die Stimmbürger offenbar allein auf Grund bestimmter Emotionen entschieden haben.» Im Weiteren seien die Parteien schuld, die das Volksbegehren zu wenig beachtet hätten. Und der Regierungsrat solle gefälligst den beleuchtenden Bericht zu den Abstimmungsvorlagen «attraktiver und zeitgemässer gestalten». Andere freilich merkten gleich, dass Urs P. Haemmerli und Rolf Wyler einen Zentralnerv der verunsicherten Gesellschaft getroffen hatten. Ein junger Mitarbeiter des Schweizer Radios realisierte eine Doppelpunkt-Sendung: eine abendliche Konfrontation zu dem aktuellen Thema. Als in der Folge 400 Hörerbriefe beim Radio eintrafen, sagte der Journalist: «Das war für mich ein Schlüsselerlebnis: der Beweis für die gesellschaftspolitische Brisanz des lang tabuisierten Themas.» Der junge Journalist hiess Andreas Blum. Nach seinem Rücktritt als langjähriger Radiodirektor engagierte er sich von 2001 bis 2007 intensiv für die Sterbehilfeorganisation Exit.
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