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GEMEINSAMESACHE
Zwei befreundete Familienhaben sich einerheiklen
Herausforderunggestellt–undeinenhistorischenAltbau dengemeinsamenWohnbedürfnissenangepasst
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Jede der vier Stadtwohnungen verfügt über einen grosszügigen Wohn- und Essbereich mit Loggia.
Oben:
Die Loggia mit Schiebefenstern dient auch als Büro. Die vonHand gefertigten und luftgetrockneten Zementfliesen wurden extrafür das Projekt entworfen und hergestellt.
Rechts oben:
Überhohe Räume auf allen Stockwerken sorgen für Luft und Grosszügigkeit.
Rechts:
Auch die Tochter des Architekten nutzt den gemeinsamen Wohnbereich.
Rechte Seite oben:
In der Küche ist für genügend Stauraum gesorgt.
Rechte Seite unten: Der Garten wurde mit Kies und schattenspendenden Platanen neu gestaltet.
Ein Einfamilienhausinder Stadt istfastunbezahlbar, eines im Grünen vielenzuspiessig.WelcheOptionenbestehenalso, wenn mandennoch Hausbesitzer werden will?EineMöglichkeit ist, sich mit Freundenzusammenzutun,gemeinsam ein Mehrfamilienhaus zu kaufen unddieses nach eigenem Gusto umzubauen. Meist erweistsich dieserWeg allerdingsals recht steinig. Denn zumeinen sind geeignete Objekte rar,zum anderenstelltein langwieriges, anspruchsvolles undmillionenschweresBauprojekt eineFreundschaftvor eine echteBelastungsprobe.
EinUmbauprojektvon Freunden, das in jederHinsichtgeglücktist,befindet sich an besterLageinZürich:ander BüchnerstrasseamZürichberg, inmitteneines idyllisch-gepflegten Wohnquartiers. «Meine Frau undich lebten zuvorimlebendigen Kreis 4», sagt derArchitekt Basil Düby, demdas ZürcherBürom3Architekten gehört.«Fürein junges Paar wardas super, aber nachdemwir eine Tochterbekommen hatten, veränderten sich unsere Bedürfnisse. Wirwollteneinen Garten undeine Nachbarschaftmit Kindern.» Undweil einJugendfreundvon Düby gleich dachte, taten sich diebeidenFamilienzusammen.
«Wir schautenunzählige Mehrfamilienhäuser in Zürich an,aberkeines passte», erzähltDüby. Doch dannstiess dieFraudes Jugendfreunds über einInseratauf dievierstöckigeLiegenschaftan derBüchnerstrasse. DasGebäude warseit seinerErrichtung 1908 niegrundlegend saniertworden. Die Erstbesichtigung machte klar:Das gibt zu tun! Düby skizzierte quasiüberNachtein Urprojekt. «Nochbevor wir unsere Offerteeinreichten, ging ich aufdie Ämter»,sagt er,«denn dasHausist im Inventar der schützenswerten Bauten derStadt Zürich geführt–und derGartenist ebenfalls inventarisiert.Ich wollte wissen,welche Eingriffe überhauptmöglich sind.»
Beiallen Wohnungenwar einNutzungsabtausch unumgänglich:Die iso- liertgegen Norden liegende kleine Küche musste aufgehobenund ins grosse, nach Südenausgerichtete Wohnzimmer verlegtwerden. «Hättenwir dasnicht machendürfen, hättenwir dasHaus nicht gekauft»,sagtDüby. Die Denkmalpflege gabfür denNutzungsabtausch aber grünes Licht, unddie beidenFamilienreichteneineOfferteein.Weil dieBesitzerinihr Gebäude derSpekulation entziehenund es unbedingtanFamilienweitergebenwollte, erhieltendie beidenPaare schliesslich den Zuschlag.
«Ein solches Projektkannman nicht mitallen Freundendurchziehen»,ist Düby überzeugt. Die Gründe:«Es wird sehrschnellsehrernst,esgehtumVerträge undviel Geld.» Dass es in demkonkreten Fall funktionierte, habe mitder gemeinsamen Wellenlängealler Beteiligtenzutun.Düby: «Wir sind entscheidungsfreudig undnichtkleinlich, wir diskutierten nichtüber400 Frankenund kamenauf einmal gefällte Entscheide nichtmehrzurück.Das wartraumhaft.» Vorallem aber hättenihm alle Beteiligtenvertraut: «Ich warder Architekt und konnte denUmbau wieein Kundenprojekt durchziehen»,sagtDüby. Dievier Wohnungenwurdenallefastidentisch umgebaut.Die unterenbeiden gehören jetztder befreundeten Familie, dieoberen beidenBasil Düby undseinerFrau. Beide Parteienhaben je eine Wohnunganeine weitereFamilie vermietet.
FürArchitekten sind inventarisierte Gebäude eine spezielle Herausforderung, weil in diesenbauliche Veränderungen kaum oder oftnur unterAuflagenmöglich sind undweil dieDenkmalpflegevon Amts wegenmitredet. FürBasil Düby wardie Ausgangslage aber kein Problem: «Ich scheue denDialogmit derDenkmalpflege nicht. Ichwilljaselber, dass einGebäude seine Stärkenvollund ganz entfaltenkann.»Wichtig sei beisolchen Altbauprojekten,dassman sich durch gute Abklärungender Bausubstanz vor unangenehmenÜberraschungenschütze. «Merkt manplötzlich, dass dasMauerwerk faul ist, werden alle Berechnungen zurMakulatur.»
DasHaus an derBüchnerstrasse stelltedreigrosseHerausforderungen: Brandschutz, Akustikund Statik. «Vieles erfüllte dieAnforderungen an denBrandschutznicht mehr», sagt der Architekt.«Dasgiltetwafür dieschönenTüren auseinfachemGlas.»IndiesenFällenwar Kreativität gefragt.
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Ganz links: Die eingebaute Garderobe und Schuhschränkeinder grossen Eingangshalle sind für alle da.
Links: Auch die Zementfliesen im Bad, in Zürichblau und -weiss, wurden eigens für das Projekt entworfen.
Unten: Der neue Brunnen ist ein zentraler Spielort für die Kinder.
Ganz unten: Das Kinderreich mit Akzentwand.
m3 Architekten
BereitsseinVater warArchitekt, doch der46-jährigeBasil Düby entschied sich erst perAusschlussverfahren, an derETH Architektur zu studieren. Im Verlaufdes Studiumssei aber derFunke gesprungen, dieBegeisterung fürden Beruf wuchs. Spannendander Tätigkeit des Architekten findet Düby vor allemdie extreme Breite derAufgaben–von ganz rationalenbis zu kreativen–,aberauchdie alltäglicheHerausforderung des Neuen: «Man muss sich stetsankomplexe, kaum erfassbare Probleme herantasten unddabei Wissen undEntscheidungskriteriengenerieren.» Entscheidend fürden Erfolg seivor allemdie Erfahrung; es daure 15 bis20Jahre,bis maneineHaltung undPosition entwickelt habe.Basil DübysBürom3Architekten,das rund zehn Mitarbeitendebeschäftigt,ist aufhochwertige,schnörkelloseWohnbauten spezialisiert. �www.m3-architekten.ch
Die Türenwurdenzum Beispiel aufeinemoderne,eigensangefertigte Brandschutztüraufgedoppelt. Grösser warendie Herausforderungenhinsichtlich Akustik.«Solche Häuser knarren extrem», sagt Düby,«ich will aber nicht wissen,was dieLeute in derWohnung über mirmachen.» Er erstellte deshalb drei Musterräume mitunterschiedlichen Deckenaufbautenund liessvon einem BauphysikerSchallmessungen durchführen, biserdie optimale Lösung fand,die beinaheNeubaustandarderfüllt.
Unddie Statik?Düby: «Solche Häuser sind oftausgefachte PfostenRiegel-Konstruktionen undganzweich Machtjemandineiner oberen Wohnung einenLuftsprung, klirrenunten dieGläser. Wirzogen deshalb Stahlträger unter denDeckenein undversteiftendamit dasHaus.» Die Raumhöhe wurdesoum etwa 20 Zentimeter verringert, doch der GewinnanWohnqualität übersteigtdiesen Verlust; dassah auch dieDenkmalpflege ein. Nebendiesen–zumeistnichtsichtbaren–Massnahmenbeschränktesich Düby vorallem darauf,Bestehendes zu optimieren.Die Bödenwurdengeschliffenund geölt, dieWände begradigtund miteinem einfachenWeissputzversehen. «Ein Gebäude soll nichtvergoldet werden,aberwas manmacht, muss manrichtigtun», so lautet Dübys Credo. Alle Einbautensindmodern, aber diskret. Derursprüngliche Charakter des Hauses wurdesobelassen, wieerist. «Das hier istkeinJugendstilhaus»,sagt derArchitekt,«sondern einnüchternes, qualitativ sehrgutes Zürichhaus ohne viel Schnörkel– so, wiewir dasmögen.»
Auch derpflegeleichte Garten wirkt jetztaufgeräumtund gutstrukturiert, aber nichtgepützelt. Gestaltetwurde er vom LandschaftsarchitektenHansjörgJauch, mitdem Basil Düby oftzusammenarbeitet. Jede dervierParteienverfügt über einen zugeteiltenBereich, derRestdes Gartens stehtallen zurVerfügung –und wird intensiv genutzt.
«Wennich jetztaneinem schönen Tagaus demFenster schaueund sehe, wieunsereFamilienimGartengrillieren, denkeich:Esist unglaublich schön, dass dasalles funktioniert hat»,sagtBasil Düby.«Zuvorstand dasHausjafastleer, jetzthaben so viele etwasdavon.» Unddie Freundschaftzum Jugendfreund hatdas Projektnicht belastet, im Gegenteil:Sie istumeinewertvolleErfahrung bereichert worden MariusLeutenegger
Oben: Büround Bibliothek: Die Wände, das Holzwerk und die Vorhänge sind in schlichtem Weiss gehalten.
Links: Grundriss des zweiten Obergeschosses (1:200).