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URBANER LEUCHTTURM

EinMini-HochhausmitteninZürichsendeteinSignalan

BauherrenundArchitekten:DieneuenBlickfängesind nichtpompös,sondernschlicht,schlankundraumsparend

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Das Gebäude erinnert ein bisschen an einen Ehrengast, der zu spät an eine Party kommt. Es hat sich einfach zwischen die umstehenden Häuser gemogelt und zieht sogleich alle Blicke auf sich InmitteneinereherbelanglosenMischungvon sanierten Mehrfamilienhäusern aus der Belle Epoque und Gewerbebauten verleiht «Elli»– ja, das Haus hat einen Namen! –dem einstigen Arbeiterviertel, in dem es steht,einenHauchvonGlamourundExtravaganz

Elli wurde 2017 preisgekrönt Tagsüber eher spröde, erwacht es nach Einbruch der Dunkelheit zum Leben. Dann leuchten die grossen bodentiefen Fenster durch das Züricher Viertel, genauso die roten Vorhänge Die Star-Allüren dürften jetzt noch zunehmen. Denn Elli hat den Oscar für Einfamilienhäuser gewonnen, denWettbewerb«HäuserdesJahres».Das nur fünf Meter schmale Einfamilienhochhaus des Zürcher Büros Holzer Kobler

ArchitekturenerreichteimHerbst2017den ersten Platz und zeigt damit: Die Zeiten, in denenflächenverschlingende400-Quadratmeter-Villenmitihrenganzjährigbeheizten Pools bewundert wurden, sind vorbei Jetzt geht es um Effizienz, Eleganz und ökologische Korrektheit.

Bestens ins Umfeld integriert Auch wenn das Mini-Hochhaus, gefasst in seidenglattemSichtbeton,einwenigrenommieren kann mit seiner luftigen Dachterrasse und dem Ausblick über die Dächer der drittteuersten Stadt der Welt, spielt die ÄsthetikdochnichtdieHauptrolle.Anders als viele ihrer Kollegen lehnen Barbara Holzerund TristanKobler eine ikonografische Architektursprache ab Wie die meisten Entwürfe des Büros, dessen Bandbreite vonGedenkstättenüberMuseenbiszuStudentenwohnheimenreicht,istauchEllibestens in seine Nachbarschaft integriert. Wie sichderBeton-Brut-Neubaufugenlosandas Bestandswohnhaus zu seiner Linken lehnt unddamitganznebenbeinocheinehäss-

Die Architekten

Holzer Kobler Architekturen wurde 2004 von Barbara Holzer und Tristan Kobler in Zürich gegründet. Seit 2004 existiert auch ein Atelier in Berlin Die international tätigen Architekten zählen zu den namhaften Spezialisten für Städtebau und Architektur und kuratieren auch Ausstellungen Ihre Werke entstehen in Zusammenarbeit mit einem Netzwerk von Industrie, Forschung und Kultur Holzer Kobler Architekturen sind keiner speziellen Designsprache verpflichtet –alles Gegebene wird neu interpretiert, nichts entspricht einer Trademark, jedes Projekt ist eines, in dem ungewohnte Mittel und Wege gesucht werden Das Team wurde mehrfach ausgezeichnet holzerkobler.com liche Baulücke füllt, zeugt vom profunden städtebaulichen Bewusstsein seiner Architekten.

Die Anmutung des Rohen, Unfertigen durch die industriell vorgefertigten Betonelemente setzt sich im Inneren des Hauses fort DieBewohnerkönnenoffenbarmitder derzeit modischen dänischen Hyggeligkeit (Gemütlichkeit) nichts anfangen: Den glatten Zementestrich haben die Architekten einem anheimelnden Parkett vorgezogen, und stringent ist auch ihre Entscheidung, die skulpturale Treppe aus Beton nicht mit einem hölzernen Handlauf, sondern mit einer Umwandung aus schwarzem Industriestahl zu versehen.

Primus inter Pares im Wettbewerb

In der Begründung der Jury heisst es: «Als Mission für kostengünstiges Bauen und gleichzeitig als Konzept für innerstädtische Nachverdichtung» gebe das Haus von Holzer Kobler Architekturen «eine überzeugendeAntwortaufdieheutedrängendstenFragen».Damitistesallerdingsauchein

Primus inter Pares in diesem Wettbewerb, der die 50 gelungensten Häuser in der deutschsprachigen Schweiz, in Deutschland, Österreich und in Südtirol sucht.

Hüsli als liebster Bautypus Wie in den vergangenen Jahren dominierten auch diesmal wieder die frei stehenden Einfamilienhäuser auf der grünen Wiese –des Hüslibauers nach wie vor liebster Bautypus. Daran wird sich, Klimawandel hin oder her, wohl auch in näherer Zukunft nichts ändern So weist Juryvorstand Peter Cachola Schmal, Direktor des Deutschen Architekturmuseums (DAM), darauf hin, dass anders als in der Schweiz in Deutschland nur ein kleiner Teil der neu gebautenWohnhäuserMehrfamilienhäuser sind, während die grosse Mehrheit von 85 Prozent immer noch als Einfamilienhäuser geplant werden.

Unter diesem Aspekt ist es tröstlich, dass über die Jahre immer weniger schnell verderbliche Zeitgeist-Architektur ihren WegindenHäuser-Awardfindet Inzwi-

Querschnitt

Oben: Eng wirkt nichts im Bau, nicht einmal das Treppenhaus.

Rechte Seite: Die Räumlichkeiten ergänzen sich und sind unterschiedlich nutzbar.

schen dominieren der Nachhaltigkeit verpflichtete High-End-Projekte, die fast durchgängig hohe ästhetische, ökologische und baukulturelle Standards erfüllen. Man wünscht sich mehr Entwürfe wie diesen, in denen historische Bausubstanz auf Augenhöhe dem Neuen begegnet Einfamilienhaus-Wettbewerbe haben dann ihre Daseinsberechtigung, wenn sie uns zeigen, wie gute Architektur funktioniert.

Wenig Anschauungsmaterial

Dass den Preis vor allem Ferien- und Landhäuser dominieren, mag auch den hohen und weiter steigenden Grundstückspreisen in den Städten geschuldet sein. Abgesehen von Elli findet sich für bauwillige Stadtbewohner leider nur wenig Anschauungsmaterial, wie urbanes Wohnen auf kleinem Raum und unter den Restriktionen von strengen Baugesetzen gelingen kann. Aber vielleicht ist das auch zu viel verlangt von einem Wettbewerb, der schliesslich auch davon lebt, dass er sich in Hochglanz als Buch verkauft BrittaNagel

Längsschnitt

Oben:

Rote Vorhänge fungieren als Raumtrenner und inszenieren den Alltag

Links: Luftige Dachterrasse mit Aussicht über ganz Zürich.

«NZZ Residence» Partner von «Häuser des Jahres»

Der Preis, an dem Architekturbüros aus der Schweiz, aus Deutschland, Österreich und Südtirol teilnehmen, ist die wichtigste Auszeichnung für Einfamilienhäuser im deutschsprachigen Raum Gegründet wurde er vom Deutschen Architekturmuseum (DAM) in Frankfurt a.M. und vom Verlag Callwey in München. Neu sind «NZZ Residence» und die «NZZ am Sonntag» Partner des Wettbewerbs. In der Jury vertritt unser Architekturkritiker Gerhard Mack diese Titel. Die Preisverleihung 2019 findet im September statt. haeuser-des-jahres.com

Farbe im Tal

Unter den jetzigen Preisträgern finden sich zwei Schweizer Architektenteams Bearth & Deplazes aus Chur wurden für das Wohngebäude «High Performance, Low Tech» in Tamins (GR) ausgezeichnet Eine Anerkennung ging an das Büro von Davide Macullo aus Lugano, der in seinem Heimatort Rossa im Calancatal einen Kunstbau (Foto)namens «Swiss House XXXII» entwarf (macullo.com). Das Haus des Jahres 2018 stammt von Thomas Kröger Architekten aus Berlin für ihr Projekt «Haus am Deich» in der Nähe von Leer in Ostfriesland (D).

Der Stuhl schwankt, rutscht weg, fällt um, und schon ist es passiert.EinSturzausnichteinmal einemMeterHöhe,dereinegravierende Verletzung nach sich zieht. Beckenbruch, Notarzt, Spitalaufenthalt und wochenlange Reha. Dabei war der Grundganzbanal:einGriffnacheinerPorzellanplatte, die im obersten Fach des Esszimmerschranks lag.

Stürze wie dieser passieren tagtäglich

Die Beratungsstelle für Unfallverhütung

(BfU) in Bern, die im Auftrag des Bundes für Aufklärung und Prävention sorgt, schätzt die Zahl der Unfälle in Haus und Haushalt auf etwa 400000 pro Jahr, wobei diese Zahl nur Schäden abdeckt, die eine ärztliche Behandlung nötig machen Die Dunkelzifferdürftedaherumeinigeshöher liegen.

Erschreckend hohe Zahlen kennt auch dievonderSuvaerstellteschweizerischeUnfallversicherungsstatistik Danach passiert fastjedervierteNichtbetriebsunfallimeigenenHeimoderaufprivatemGrund.Zuden am häufigsten genannten Tätigkeiten gehörtenimJahr2016«UmhergeheninHaus und Garten» mit 59000 anerkannten Versicherungsfällen und «Haushaltarbeiten» (42600 Fälle).

Dabei liesse sich ein Grossteil der Vorfälleverhindern GezieltebaulicheVeränderungen und andere einfache Massnahmen, die sich in der Liegenschaft und ihrer bestehenden Umgebung vornehmen lassen, sind Mittel, mit denen Eigentümer die Sicherheitverbessernkönnen.«Oftbraucht es nicht viel», sagt BfU-Sprecher Nicolas Kessler.

Vorgaben für den Neubau

Weil Stürze so häufig vorkommen, insbesondere an Aufgängen, Treppen und Schwellen, sind Handläufe, wo sie denn noch fehlen, eine gute Empfehlung Im Neubau ist die Montage von Metallrohren oder Stangen heute in vielen Fällen vorgeschrieben. Sie ergeben jedoch bei Altliegenschaften erst recht Sinn, weil SicherheitsdenkenundErgonomiebeiihrerErstellung oft noch keine Themen waren

WeilKindergernihre Fingerinallesstecken, sindSteckdosen,Türen, Klappmöbelund Scharnierezuprüfen.

«Kleine Änderungen – grosse Wirkung», regt die BfU in ihren Checklisten an und empfiehlt eine Reihe von einfachen Anpassungen, die man in der Wohnumgebung selber vornehmen kann (siehe Box rechts).SokannmananschlechtbeleuchtetenStellenimHauseinehellereGlühlampe

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