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Anlegen & Vorsorgen

Sicher in Rente – von Generation zu Generation

NZZ am Sonntag Schwerpunkt 19. Mai 2024
FOTO: ALAMY MALTE MUELLER

Lehren aus 50 Jahren Finanzgeschichte

Gastbeitrag Aktien bieten das grösste Potenzial für Gewinn, Obligationen versprechen stabilere Renditen und Immobilien wiederum Inflationsschutz. Wer Erfolg haben will, sollte die wesentlichen Finanzmuster entschlüsseln. Von Verena Gross

Albert Einstein beschrieb den Zinseszins als das achte Weltwunder, denn auf lange Sicht ist dessen Wirkung auf die Anlageperformance enorm. So verdoppelt sich ein Vermögen bei 2 Prozent jährlicher Rendite in 36 Jahren, bei 4 Prozent in 18 Jahren und bei 6 Prozent in 12 Jahren. Doch mit welchen Anlagen ist es langfristig möglich, diese Renditen zu erzielen, und welche Schwankungsrisiken müssen dabei in Kauf genommen werden?

Entscheidend für die Entwicklung der verschiedenen Anlageklassen ist das wirtschaftliche Umfeld, insbesondere das Wirtschaftswachstum und die Inflation. Die letzten 50 Jahre waren dabei von verschiedenen Zyklen geprägt –angefangen mit den zwei Ölkrisen 1973 und 1979, welche die Weltwirtschaft in eine Rezession bei gleichzeitig hoher Inflation getrieben haben, gefolgt von einem massiven Wachstum des globalen Freihandels mit deflationären Auswirkungen und dem Aufstieg der Schwellenländer, insbesondere in Asien. Wiederkehrende Finanzkrisen wie die Internetblase im Jahr 2000, die Finanzkrise im Jahr 2008 oder die Euro ­Schuldenkrise im Jahr 2010 wirkten sich dabei kurzfristig massiv auf die einzelnen Anlageklassen aus. Aktien mit grösstem Potenzial Langfristig entwickeln sich Aktien proportional zum Gewinnwachstum der Unternehmen, das wiederum stark vom Wirtschaftswachstum abhängig ist. So haben die US-Aktien im S&P500 in den letzten 50 Jahren um 11 Prozent jährlich zugelegt, während der Index seit 1970 um das 250-Fache gestiegen ist. In Franken gerechnet, bleibt immer noch eine Rendite von rund 8 Prozent jährlich, da sich der US-Dollar kontinuierlich gegenüber dem Franken abgewertet hat. Schweizer Aktien aus dem Swiss Performance Index (SPI) weisen ihrerseits ebenfalls eine jährliche Rendite von knapp 8 Prozent auf. Natürlich kommt diese Rendite mit dem entsprechenden Schwankungsrisiko: So weisen sowohl der S&P 500 als auch der SPI Extremverluste von 35 bis 40 Prozent in den schlechtesten Jahren aus, wie etwa in der Finanzkrise 2008. Jahresverluste von mehr als minus 20 Prozent kommen statistisch alle zehn Jahre vor. Auch lässt sich die Rendite nicht für verschiedene Aktienmärkte verallgemeinern. So hat zum Beispiel der deutsche Aktienindex DAX in Franken gerechnet nur eine jährliche Rendite von 3 Prozent erzielt, bei gleichem Schwankungsrisiko.Unter Berücksichtigung der verschiedenen Portfoliokosten kann errechnet werden, dass aus 1000 Franken, die man 1926 in Schweizer Aktien investiert hätte, bis Ende des letzten Jahres rund 880 000 Franken geworden wären. Um 1 Million Franken aus einem ganzen Jahrhundert an Investitionen zu erzielen, wäre in den Jahren 2024 und 2025 eine jährliche Rendite erforderlich, die annähernd dem tatsächlichen langfristigen Durchschnitt von 7,7 Prozent seit 1926 entspricht.

Obligationen, Gold, Immobilien Obligationen entwickeln sich parallel zum Zinsumfeld, wobei zum zugrunde liegenden Referenzzins noch die individuelle Risikoprämie des Emittenten dazukommt. Der Schweizer Obligationenmarkt zeichnet sich dabei durch die sehr hohe Qualität der Emittenten (Bund, Kantone, Kantonalbanken, Schweizer Grosskonzerne) und die entsprechend tiefe Risikoprämie aus. Die langfristige Rendite von CHF-Obligationen liegt deshalb bei rund 4 Prozent jährlich, bei einer langfristigen Inflationsrate von 2 Prozent jährlich. Obligationen sind dabei deutlich schwankungsärmer als Aktien. Seit 1970 gab es zehn Jahre mit einer negativen Performance, darunter nur eines (2022!), in dem die Performance mit –12 Prozent im zweistellig Negativbereich lag. Dies als direkte Folge der Normalisierung des Zinsniveaus nach jahrelanger Negativzinsphase, was zu massiven Kursverlusten auf den Alt­Obligationenbeständen führte.

Anfang der 1970er Jahre lag der Goldpreis bei knapp 35 US-Dollar je Unze, verglichen mit rund 2300 US-Dollar je Unze heute. Dies entspricht einer jährlichen Rendite von 8 Prozent in US-Dollar oder 5 Prozent in Franken, was im Vergleich eine attraktive Rendite darstellt. Die Herausforderung bei Gold ist, dass die Entwicklung sehr unstetig ist. So hat sich der Goldpreis zum Beispiel von 1985 bis 2005 kaum verändert und die Höchstkurse von 2012 wurden auch erst 2024 wieder erreicht. Entsprechend eignet sich Gold mit kleinerer Allokation eher als Krisenversicherung.

DemgegenĂĽber versprechen Liegenschaften vor allem eine gute Absicherung

Es ist davon auszugehen, dass Aktien in den nächsten zehn Jahren jährlich 6 bis 7 Prozent einbringen werden.

gegen die Teuerung. Immobilienpreise steigen in der Schweiz langfristig um 2,5 Prozent jährlich, also etwas mehr als die Inflation. Hinzu kommt bei einer Renditeliegenschaft noch die laufende (Netto­) Rendite durch die Mieteinnahmen, sodass eine Gesamtrendite von 5 Prozent jährlich erzielt werden kann. Dies mit dem Vorteil, dass die Immobilie bis zu einem allfälligen Verkauf keine Bewertungsschwankung zeigt. Hingegen kann eine Korrektur am Immobilienmarkt sehr lange dauern, so wurden die Anfang 1990er Jahre erzielten Immobilienpreise in der Schweiz erst gut 15 Jahre später wieder erreicht.

Um die Inflation zu schlagen, sollte man auf risikoreichere Anlagen setzen. Man sollte dabei sein Portfolio aber nicht zu breit streuen und nicht alle Vermögenswerte in einem Topf haben.

Vergleich der Anlageklassen (1970–2023)

Aktien Schweiz 1970 197319761979198219851988 19911994199720002003200620092012201520182021

Immobilien Schweiz Staatsanleien CHF Aktien USA (SPX in CHF) Gold in CHF

Inflation Schweiz

Zahlen (linke Achse) indexiert ab 1970 auf logarithmischer Skala. Quelle: Pictet

An dieser Stelle wird nicht auf die historische Entwicklung von Private Equity eingegangen, weil keine Daten zurück bis 1970 vorhanden sind. Um jedoch das Rendite­Risiko­Profil eines Portfolios langfristig zu verbessern, wäre diese Anlageklasse ebenso zu berücksichtigen. Mit Private Equity ist für die nächsten zehn Jahre eine Rendite von 9 Prozent zu erwarten. Und das Fazit? Anleger, die eine reale Rendite auf ihren Anlagen erwarten, sind immer gut beraten, in risikoreichere Anlagen wie Aktien, Immobilien oder Private Equity zu investieren. Obligationen werden dieses Ziel nicht erreichen.

Die Geschichte der Finanzmärkte lehrt

Ausblick für die nächsten Jahre Was sind nun in den nächsten Jahren die grössten Herausforderungen für Schweizer Anleger? Die Bewertungen an den Aktienmärkten sind heute tendenziell hoch, was tiefere zukünftige Renditechancen zur Folge hat. Es ist davon auszugehen, dass mit Aktien in den nächsten zehn Jahren eine Rendite von 6 bis 7 Prozent jährlich erzielt werden kann. Dies ist, verglichen mit den historischen 8 Prozent jährlich, aber immer noch attraktiv. Am Schweizer Obligationenmarkt bleiben die Aussichten weiter schwierig. Obligationen mit guter Bonität liegen im Bereich von 1,5 bis 2 Prozent jährlich und decken damit kaum Steuern und Inflation. Dies im Gegensatz zum US-Anleger, der sich eine mittelfristige Rendite von über 5 Prozent mit hoher Schuldnerqualität und geringer Schwankung sichern kann. Zudem ist die Neubautätigkeit bei Immobilien durch höhere Refinanzierungs­ und Baukosten zurückgegangen, was die Zahl der Anlagemöglichkeiten begrenzt. Wer bereits Renditeliegenschaften besitzt, wird aber auch über die nächsten Jahre von stabilen Mieteinnahmen und einem Inflationsausgleich profitieren.

uns, eine langfristige Anlagestrategie zu verfolgen. Dabei ist es interessant, sich vor Augen zu führen, dass beispielsweise bei Aktienanlagen schon das Verpassen der besten Tage an den Märkten erhebliche Auswirkungen auf die Rendite haben kann, die kaum einzuholen sind, wenn man dem Aktienmarkt beispielsweise in einer Krise ferngeblieben ist und den richtigen Wiedereinstiegspunkt nicht findet. Krisen sind zwar unvermeidlich, bringen aber oft neue Chancen. Der Schlüssel für Anleger liegt darin, sich auf ihre langfristigen Ziele zu konzentrieren und inmitten von Marktturbulenzen widerstandsfähig zu bleiben.

Gastbeitrag von Verena Gross, Leiterin Wealth Management der Zone deutschsprachige Schweiz bei Pictet.

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Regeln bestimmen nicht unser gesamtes Leben, doch sie erleichtern es uns, besser damit zurechtzukommen. Ein umfangreiches Regelwerk ist dabei nicht notwendig. Selbst die grossen Weltreligionen beschränken sich auf eine Handvoll Gebote. Für etwas so Weltliches wie die Anlage von Vermögen sollten daher ein paar grundlegende Prinzipien vollkommen ausreichen. Wer auf den Wertpapiermärkten erfolgreich sein und sein Vermögen vor der Inflation schützen möchte, muss nicht unzählige Stunden mit der Ausarbeitung komplexer Anlagestrategien verbringen. Ein solides Grundwissen und die konsequente Befolgung der nachstehenden einfachen, aber goldenen Regeln genügen, um bemerkenswerte Anlageerfolge zu erzielen.

Regel 1: Eigeninitiative in Geldfragen zeigen

Viele Anleger zögern, ihre Finanzen selbst in die Hand zu nehmen. Themen rund um Investitionen meiden sie am liebsten und setzen stattdessen ihr Vertrauen in Experten. Zudem ist das Grundwissen über Geldanlagen und Finanzen in unserer Gesellschaft kaum vorhanden. «Daran hat sich in den letzten Jahren kaum etwas geändert», bedauert Finanzmarktprofessor Erwin Heri.

Doch grundlegendes Finanzwissen lässt sich auch ohne grösseren Aufwand auf verschiedenen Finanzportalen selbst erarbeiten. In der Schweiz beispielsweise auf dem Portal Fintool.ch, den Finanzportalen des VZ-Vermögenszentrums, von cash.ch oder nzz.ch. Auf Basis dieses Wissens lässt sich erst einmal ein Budget erstellen. Ein Budget ist die Grundlage für einen vernünftigen Umgang mit Geld. Und macht klar, wie viel man investieren kann.

Regel 2: Die richtige Strategie ausarbeiten

Das erarbeitete Grundwissen erlaubt es, eine langfristige Anlagestrategie zu erstellen. Dies allenfalls mithilfe von Finanzberatern. Das Festlegen einer Strategie, in der das Gewicht der einzelnen Anlageklassen (Aktien, Anleihen, Geldmarkt, Gold usw.) bestimmt wird, ist der erste Schritt zum Anlegerglück, da sind sich Anlageexperten einig. Dies gemäss den langfristigen Anlagezielen und gemäss der Risikobereitschaft des jeweiligen Investors. Erwiesenermassen sind nämlich rund 80 Prozent der Rendite eines Portfolios allein auf die Strategie zurückzuführen, erklärt Thomas Pfyl, Head Investment Selection bei der Globalance Bank. Ohne Konzept und ohne jeden Plan zu investieren ist keine erfolgversprechende Alternative. Wer es ganz einfach haben will, kann diese entscheidende Weichenstellung mit dem Kauf eines einzigen Strategiefonds oder ­ETF buchstäblich auf einen Streich erledigen. Diese Fonds, auch Anlagezielfonds oder gemischte Fonds genannt, investieren unterschiedlich gewichtet in die verschiedenen Anlageinstrumente (Aktien, Geldmarkt, Obligationen, Immobilien, Gold usw.). «Dank diesem Instrument können Kleinsparer genauso geschickt investie­

IMPRESSUM

Eine langfristige Strategie und kluge ZĂĽge machen den Unterschied.

Goldene Prinzipien fĂĽr den Anlageerfolg

Was ist der Schlüssel, um längerfristig Geld erfolgreich anzulegen? Wenn Sie sich fünf einfache Regeln zu Herzen nehmen und die grössten Gefahren umschiffen, sind Sie auf gutem Weg. Von Fredy Gilgen

ren wie professionelle Investoren», sagt Erwin Heri überzeugt. Bei vielen Instituten und Online­Banken sind solche Anlagen auch mit Beträgen von deutlich unter 100 Franken möglich. Bei der Finanz­App Neon genügen sogar 5 Franken. Wichtig ist es aber, an einer einmal gewählten Strategie eisern festzuhalten.

Regel 3: Nicht abwarten und regelmässig investieren

Ist die Strategie festgelegt, sollte man unverzüglich anfangen. Der Versuch, mit dem Kauf von Aktien und anderen Wertpapieren bis zum «optimalen» Zeitpunkt zuzuwarten, scheitert regelmässig. Wer etwas Geld auf der Seite hat, soll also einen Teil sofort, den Rest zeitlich gestaffelt investieren. Wer auf der anderen Seite bereits investiert ist, sollte regelmässig wieder neue Mittel investieren, sodass die Einstandspreise geglättet werden können. Und die Dividendenerträge sollten umgehend reinvestiert werden.

Regel 4: Passiv schlägt aktiv

Die Investoren überschätzen immer wieder die Fähigkeiten eines aktiven Managements von Anlagen. Nur etwa 20 Prozent der Geldmanager gelingt es, regelmässig besser abzuschneiden als die Marktindizes. Der Schluss ist klar: Privatanleger sollten unbedingt auf passive Produkte setzen: Mit passiv anlegenden Indexfonds oder Exchange­Traded Funds (ETFs) ist man im Zweifelsfall klar besser beraten.

Regel 5: Kosten unter die Lupe nehmen

Mit passiven Anlagen hat man einen weiteren Vorteil: Gerade in einem Umfeld tiefer Zinsen sind die Kosten von Wertschriftenanlagen und Bankspesen von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Auf lange Sicht erzeugen Kostenunterschiede von einem oder zwei Prozent auch bei bescheidenen Investitionen rasch einmal enorme Performanceunterschiede von

mehreren tausend Franken. Die Kosten von Wertschriftenanlagen sind also genau unter die Lupe zu nehmen. Vergleichsportale wie Comparis, Moneyland oder Moneypark bieten bei der Kostenanalyse hilfreiche UnterstĂĽtzung. Das eiserne Einhalten dieser fĂĽnf Grundregeln ist die Basis fĂĽr erfolgreiches Anlegen. Noch lauern aber verschiedene tĂĽckische Fallen, die es zu vermeiden gilt:

Anlegerfehler Nummer 1 Grösster Anlegerfehler ist es, sich durch enorme Gewinnversprechen dubioser Anbieter den Kopf verdrehen zu lassen. Trau, schau, wem. Hohe Renditeversprechen sind ein untrügliches Alarmzeichen. Wie die Fälle der aktuellen Bitcoin­Betrüger oder der Grossschwindler Dieter Behring, Bernard Madoff und Co. gezeigt haben, achten Anleger viel zu wenig auf die Transparenz ihrer Wertschriftenanlagen. Und am Telefon sollte man auf gar keinen Fall Anlageschäfte tätigen, warnt die Schweizerische Kriminalprävention.

Anlegerfehler Nummer 2 Versuchen Sie nicht, den Markt zu schlagen. Der Versuch, mit dem Kauf von Ak­

Schöne Erträge mit diversifizierten Anlagen

Es lohnt sich, breit diversifiziert via Fonds oder direkt in Aktien, festverzinsliche Anlagen, Immobilien und Gold zu investieren, und zwar für jede Anlegerin und jeden Anleger. Der Blick auf die Statistik zeigt es: Mit einer gleichmässigen Streuung auf diese Anlageklassen hat ein Investor in allen zehn Fünf-Jahres-Perioden seit 1970 eine durchschnittliche Rendite von 4,5 bis 6 Prozent erreicht. Dies pro Jahr wohlverstanden. Das Beste: Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass solche Renditen nicht auch in Zukunft möglich sein sollten. Anleger mit einem Anlagehorizont von zehn und mehr Jahren können auf eine Diversifikation verzichten und ganz auf Aktien setzen.

tien und anderen Wertpapieren bis zum «günstigsten» Zeitpunkt zuzuwarten, scheitert regelmässig. Sogenanntes Market­Timing führt im Gegenteil zu einem prozyklischen Verhalten. Man kauft, wenn die Börse bereits Höchststände erreicht hat, und verkauft panikartig in der Baisse. Falsch ist es auch, Bargeld zu bunkern. Wer etwas Geld auf der Seite hat, soll einen Teil also sofort, den Rest zeitlich gestaffelt investieren.

Anlegerfehler Nummer 3

Nach dem kurzfristigen Gewinn zu streben. Anlagen in Wertschriften eignen sich zum mittel­ und langfristigen Sparen. Für kurzfristige Spekulationen gibt es geeignetere Instrumente, etwa Kryptowährungen. Wer Wertschriften kauft, sollte einen Mindestanlagehorizont von mehreren Jahren festlegen. Dies vor allem dann, wenn man sich vor allem in Aktien engagieren will.

Anlegerfehler Nummer 4 Auf «heisse» Themen aufspringen, die gerade gross in Mode sind, ist wenig Erfolg versprechend. Hier ist allergrösste Vorsicht geboten. Diese Produkte werden in aller Regel gerade dann angeboten, wenn das Thema bereits ausgereizt ist. Hände weg, muss hier die Devise lauten. Von Anlagestrategen kommen weitere nützliche Tipps. Matthias Wullschleger, Senior Analyst bei Belvédère Asset Management, hat beobachtet, dass die Anleger die Gewinne häufig viel zu schnell mitnehmen, dafür aber bei Verlustpositionen allzu lange ausharren: Gewinne laufen lassen, Verluste begrenzen, muss die Devise lauten. Von Thomas Heller, Chief Investment Officer der Frankfurter Bankgesellschaft Gruppe, kommt der Rat, nicht jeden Tag ins Depot zu schauen und nicht gierig zu werden. Er rät auch davon ab, zu viel umzuschichten oder die Strategie zu wechseln. Globalance­Experte Thomas Pfyl hält zur Diversifikation neben realen Assets wie Immobilien, Infrastruktur und Gold auch tief korrelierte Anlagen wie Mikrofinanz, Versicherungsverbriefungen oder Prämienstrategien für zweckmässig. Mit Prämienstrategie meint der Experte einen Mix von hochverzinslichen Anleihen von guter bis sehr guter Bonität sowie Put­Optionen auf Aktien­Indizes. Dabei wird die Gewichtung der einzelnen Komponenten je nach Marktlage angepasst. Abschliessend betont der Experte Thomas Pfyl: «Solche Anlagen bringen Stabilität ins Portfolio, weil ihre Erträge weniger schwanken als jene von Aktien und Obligationen.»

Anlegen & Vorsorgen ist ein Schwerpunkt des Unternehmens NZZ. Beilagen werden nicht von der Redaktion produziert, sondern bei NZZone von unserem Dienstleister für journalistisches Storytelling: NZZ Content Creation. Hinweis: Nicht gekennzeichnete Inhalte sind publizistisch unabhängig entstanden; bei Gastbeiträgen handelt es sich um kommerziell erworbene Inhalte. Konzept: Jürg Zulliger (Wirtschaftsredaktor, «NZZ am Sonntag»). Realisation: Jürg Zulliger, Norman Bandi. Layout: Armin Apadana. Verkauf: Katharina Kälin. Kontakt: NZZone, c/o Neue Zürcher Zeitung AG, Falkenstrasse 11, CH-8021 Zürich, +41 44 258 16 98, sales@nzzone.ch, nzzone.ch.

Let’s face aging.

Die demografische Entwicklung in der Schweiz und ihre Bedeutung fĂĽr die Immobilienwirtschaft

Öffentlicher Anlass, CUREMhorizonte, 11. Juni 2024, 17.30 Uhr, Aula Universität Zürich Programm: CUREM Center for Urban & Real Estate Management

– Aging, inflation, interest rates and social equality, Manoj Pradhan

– Vermögensverteilung und Wohnsituation der Generation 65+, Alain Huber

– Die Zukunft des Älterwerdens, Dr. Tobias Reichmuth

– Wohnwünsche jenseits der 60, Philippe Kaufmann

– «Anders Wohnen im Alter», Beat Stünzi

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Marc Brütsch, der Chefökonom von Swiss Life, über geopolitische Gefahren, die Zinspolitik der Nationalbank und die Risiken, die in den Bilanzen US-amerikanischer Banken nach wie vor schlummern.

Interview: Sandra Willmeroth

PD

«Die stabile Wirtschaftslage verdanken wir auch der Zuwanderung»

Die Welt schaut gebannt auf den Konflikt im Nahen Osten. Abgesehen von der menschlichen Tragödie dieser Auseinandersetzung: Müssen wir mit steigenden Ölpreisen rechnen?

Marc Brütsch: Wir haben analysiert, wie der Ölpreis während früherer Eskalationsphasen im Nahen Osten reagiert hat, und da gibt es ein interessantes Muster. Der Ölpreis steigt nur dann stark an, wenn die Lage in jenen Gebieten und Ländern eskaliert, in denen Erdöl produziert wird oder Pipelines durchfliessen. Das bedeutet, wenn die aktuellen Konflikte auf Gaza beschränkt bleiben, sollte dies den Ölpreis nicht wesentlich beeinflussen. Die Kampfhandlungen des Iran haben den Preis zwar in die Höhe getrieben, aber nur temporär.

Die Finanzmärkte, vor allem in den USA, haben relativ unberührt von den geopolitischen Problemen neue Rekorde geknackt. Sind die Börsen von der realen Welt entkoppelt?

Es ist vielmehr die US-Wirtschaft, die sich von dem Thema der Energiepreise befreit hat. Seitdem die USA selbst ein Energieexporteur geworden sind, sind sie nicht mehr so abhängig vom Ölpreis. Dementsprechend betrifft das Geschehen im Nahen Osten die amerikanische Börse auch weniger stark als die europäischen.

Auch wenn sich alle bemühen, die Situation nicht eskalieren zu lassen – was, wenn doch?

Im Falle einer weiteren Eskalation wäre die unmittelbare wirtschaftliche Konsequenz für Europa sicherlich eine höhere Inflation und höhere Energiepreise. In der Schweiz würde das jedoch vermutlich durch einen gleichzeitig erstarkenden Schweizer Franken abgefedert. Den grösseren Effekt hätte es auf die Weltwirtschaft, wo erneut die Gefahr einer Rezession aufkommen könnte. Das würde aber wahrscheinlich wieder eine Reaktion der Notenbanken nach sich ziehen.

... sofern diese dann noch Handlungsspielraum haben. Hier ist vor allem die Schweizerische Nationalbank (SNB) limitiert, die mit ihrer frühen Zinssenkung im März alle überrascht hat. Wieso erfolgte dieser frühe Schritt?

Die SNB hat sich schon im letzten Sommer Sorgen über den starken Franken und die damit verbundenen Belastungen für die Exportwirtschaft gemacht. Den Unternehmen hat der starke Franken wirklich Probleme bereitet. Daher hat die Nationalbank auch bereits im September 2023 die Zinsen nicht mehr weiter erhöht. Die überraschende Senkung im März hat vermutlich auch einen taktischen Grund. Denn die nächste ordentliche Tagung der SNB ist erst nach den Europawahlen. Diese Wahlen bergen ein gewisses Risiko, dass sich vielerorts die Rechtspopulisten durchsetzen. Und dies könnte zu Verunsicherungen führen und eine Aufwertung des Schweizer Frankens zur Folge haben,

Marc BrĂĽtsch vereint umfassende Fachkenntnisse in Volkswirtschaft und Finanzen mit internationaler Erfahrung.

Bilanzrisiken der Finanzinstitute haben wir auf dem Radar, aber nicht allein in Bezug auf die Schweiz.

der verunsicherten Investoren gerne als Fluchtwährung und sicherer Hafen dient. Mit dem jüngsten Zinsschritt hat die SNB eine solche Entwicklung vorweggenommen.

Zumal die erfreuliche Inflationsentwicklung den Spielraum dafür gewährt hat. Die SNB hätte die Zinsen sicher nicht gesenkt, wenn die Inflationsentwicklung mittlerweile nicht punktgenau in der Mitte des angestrebten Zielbandes notieren würde. Zudem hat die Nationalbank ein Instrument in der Hand, mit dem sie die Inflation kurzfristig über eine Zinssenkung noch ein bisschen dämpfen kann. Das ist der Effekt, den die tieferen Zinsen auf den hypothekarischen Referenzzinssatz haben. Eine Zinssenkung bewirkt, dass der hypothekarische Referenzzinssatz nicht weiter angehoben wird. Und das wiederum heisst, dass keine weitere Runde mit Aufschlägen bei den Bestandsmieten erfolgt. Das hat natürlich einen erheblichen Einfluss auf die Inflation in der Schweiz, weil die Teuerung aktuell etwa zur Hälfte durch die Mietzinsentwicklung bestimmt wird.

Werden wir noch eine weitere Zinssenkung in diesem Jahr sehen?

Genau das ist jetzt die spannende Diskussion. Wir bei Swiss Life gehen davon aus, dass nur noch eine weitere Zinssenkung kommen wird. Es stellt sich die Frage, ob diese bereits im Juni oder erst im September erfolgt. Wir gehen in un­

NZZ am Sonntag 19. Mai 2024 4 Schwerpunkt Anlegen & Vorsorgen

Zur Person

Marc Brütsch, Chefökonom von Swiss Life, gilt als einer der bekanntesten Ökonomen der Schweiz. Gemeinsam mit seinem Team wurde er jüngst zum sechsten Mal seit 2015 mit dem «Forecast Accuracy Award» für die beste BIP- und Inflationsprognose für die Schweiz ausgezeichnet. Brütsch studierte Volkswirtschaftslehre und Publizistikwissenschaften an der Universität Zürich und arbeitet seit 1993 bei Swiss Life. Zwei Auslandeinsätze führten ihn nach England und Frankreich. Seit 2000 ist er in der Funktion als Chefökonom verantwortlich für die Konjunkturanalyse, die bis heute Grundlage der gruppenweiten Anlageentscheide von Swiss Life ist.

serem Basisszenario davon aus, dass das erst im Herbst der Fall sein wird. Dieses Szenario beruht jedoch auf der Annahme, dass es im Nahen Osten zu keiner weiteren Eskalation kommt, die Inflation weiter sinkt und sich die Wirtschaft in Europa erholt.

Warum erweist sich die Schweizer Konjunktur als robust und rutscht nicht in eine Rezession ab, anders als etwa Deutschland?

Was den Nachfrageausfall aus China angeht und die Belastung durch die höheren Energiepreise, sind wir in der Schweiz von ähnlichen Entwicklungen betroffen wie die deutsche Exportwirtschaft. Wir verfügen aber über eine starke Pharmaindustrie und andere Exporteure, die Produkte für Nischenmärkte herstellen, welche von den weltwirtschaftlichen Zyklen weit weniger betroffen sind. Das hat auch dazu beigetragen, dass die Inflation hierzulande weniger stark angestiegen ist und das Thema des Kaufkraftverlustes viel weniger akut war. Darüber hinaus verdanken wir die stabile Wirtschaftslage aber vor allem auch der Zuwanderung. Wir haben rund ein Prozent Bevölkerungswachstum und rund ein Prozent Wirtschaftswachstum, daran ist gut erkennbar, woher das kurzfristige Wachstum kommt.

Trotz hartnäckiger Kerninflation sind die Aktienkurse in den USA auf Rekordniveau, der Arbeitsmarkt ist überraschend stark, und auch die mögliche Wiederwahl Trumps scheint keinen Einfluss auf die Märkte zu haben. Warum sind die US-Börsen so stabil?

In den vier Jahren unter Trump waren die Aktienmärkte tendenziell nervös, wenn es um Handelspolitik oder Tariferhöhungen oder Ähnliches ging. Derzeit haben die Märkte aber eine eher abwartende Haltung eingenommen. Analysten setzen vermutlich auch darauf, dass, wer auch immer die Präsidentschaftswahl gewinnt, keine Mehrheit im Kongress haben wird. Entweder gewinnt Trump und dann erhält er keine Mehrheit im Kongress oder Biden bleibt im Amt und verliert die Mehrheit im Kongress. Ein allfälliger dritter, unabhängiger Kandidat würde wohl eher Stimmen von demokratischen Wählerinnen und Wählern erhalten.

Welche Folgen hätte eine Wiederwahl Trumps für Europa?

Präsident Biden betreibt genau wie Trump Protektionismus und Industriepolitik. Der Inflation Reduction Act ist Industriepolitik pur, nur mit einem grünen Mäntelchen. Dieses würde vermutlich wegfallen, wenn Trump wieder an die Macht käme. Aber ansonsten würde weiterhin knallharter Protektionismus betrieben. Der grosse Unterschied zwischen einer Trump­ und einer BidenRegierung besteht wahrscheinlich in der Ausrichtung gegenüber Europa und der Ukraine. Doch es ist noch zu früh, um hier eine Einschätzung abzugeben, der Wahlkampf geht ja erst los und die Wahlprogramme sind noch nicht geschrieben. Die Aktienmärkte sind hoch bewertet, sowohl in den USA als auch in der Schweiz. Lohnt sich der Einstieg noch oder sollte man günstigere Einstiegsmomente abwarten?

Für langfristig orientierte Investoren sollte das Timing keine so grosse Rolle spielen. Aber die Märkte sind tatsächlich hoch bewertet, daher ist unsere Positionierung im Moment auch neutral. Wir erwarten tendenziell keine grossen Kurssteigungen mehr in diesem Jahr, während wir das Szenario rückläufiger Kurse mit einer Wahrscheinlichkeit von 20 Prozent bewerten. Jetzt setzen wir darauf, dass die Zinsen eher zurückkommen, und zwar sowohl bei den kurzen Laufzeiten über die Geldpolitik als auch bei den langen Laufzeiten aufgrund der rückläufigen Inflation. Das würde die Bewertungssituation dann etwas entspannen.

Was spricht dennoch fĂĽr den Schweizer Aktienmarkt?

Das sind einerseits die Dividenden und andererseits der defensive Charakter. Was auch in einem Szenario, wo eine Eskalation der geopolitischen Unsicherheiten miteinkalkuliert werden muss, an Wichtigkeit gewinnt. Dann ist der Schweizer Aktienmarkt vielleicht doch eine bevorzugte Wahl.

Und was spricht in der aktuellen Marktlage fĂĽr Investitionen in den Schweizer Immobilienmarkt?

Real Assets halten wir weiterhin für attraktiv. Immobilien bleiben langfristig eine attraktive Anlageklasse. Dies umso mehr, als der Sektor jüngst den Beweis angetreten hat, dass Immobilien einen Schutz vor Inflation bieten und Erträge durch die Möglichkeit von Mietzinssteigerungen generieren können. Dies gilt vor allem in der Schweiz, wo kein Überangebot festzustellen ist und eher Knappheit herrscht.

Was aber auch zu Übertreibungen führen kann. Bei Immobilien verzeichnen wir seit Jahrzehnten steigende Preise, sodass regelmässig die Bubble­Frage gestellt wird.

Der Markt wird jetzt bereinigt. Und wir sehen auch bereits, dass die Diskontierungssätze gesenkt werden. Es kommen also wieder Transaktionen zustande, während das Risiko nachlässt, je stärker die Zinsen sinken. Das stützt den Immobilienmarkt insgesamt.

Bei Aktien sind die Märkte tatsächlich hoch bewertet. Für langfristig orientierte Investoren sollte das Timing aber keine grosse Rolle spielen.

Apropos Übertreibungen: Viele Analysten sorgen sich über Bilanzrisiken der Finanzinstitute. Wie schätzen Sie hier das Risiko ein?

Die Bilanzrisiken der Finanzinstitute haben wir auf dem Radar. Unsere Einschätzung konzentriert sich aber nicht auf die Schweiz allein, sondern auf die gesamte Weltwirtschaft. Seit März letzten Jahres existiert ein mögliches Risikoszenario, das sich aus dem US Commercial Real Estate ergibt und gewisse Parallelen zur Subprime­Krise von 2008 aufweist. Dies wäre ein potenzieller Auslöser, der zum bereits angesproche­

nen Szenario einer Marktkorrektur führen könnte, welches wir mit einer Wahrscheinlichkeit von 20 Prozent bewerten. Im Gegensatz zur Subprime­Krise damals haben wir das Risiko heute aber auf dem Radar.

Hat die Krise bei den gewerblichen Immobilien in den USA ähnliches Sprengpotenzial wie die Subprime­Krise? Nein. Die aktuelle Situation ähnelt zwar dem Szenario von 2008, das Problem ist aber ein ganz ein anderes. Auch die Risiken wurden nicht in der gleichen Art wie damals verpackt und an ausländische Geschäftsbanken weiterverkauft. Aktuell besteht das Problem darin, dass weitere regionale Geschäftsbanken in den USA in Schieflage geraten und sich dies mit einem Domino Effekt auf die gesamte amerikanische Bankenwelt ausdehnen könnte, einhergehend mit einem Vertrauensbruch unter den Kreditgebern. Eine solche Entwicklung hätte tatsächlich das Potenzial, an den Aktienmärkten eine erhebliche Korrektur auszulösen.

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Vermögensverwaltung ist keine Raketenwissenschaft, sondern meist standardisiert. Sie lässt sich digitalisieren, und so entstehen kostengünstige Robo-Advisors für die Geldanlage. Von Sandra Willmeroth

Wenn der Algorithmus ĂĽber

Der Weg zum eigenen Portfolio beginnt mit einem grossen Haufen Fragen nach Alter, Einkommen, Vermögen, Anlagehorizont, Risikoappetit und Lebenszielen. All diese Angaben dienen dazu, das persönliche Risikoprofil zu ermitteln, wobei «persönlich» hier relativ zu sehen ist. Denn im Grunde handelt es sich um vorgegebene Schemata, in die der Kunde gemäss seinen Angaben einsortiert wird.

Dafür sind die individuelle Risikofähigkeit und die Risikobereitschaft entscheidend. Bewegt sich ein Kunde im mittleren Bereich, bekommt er höchstwahrscheinlich eine ausgewogene Anlagestrategie vorgeschlagen, mit einem Aktienanteil von rund sechzig und einem Anleihenanteil von rund vierzig Prozent, vielleicht ergänzt je nach Marktlage von einer kleinen Cashposition oder einem kleinen Anteil alternativer Anlagen, wie etwa Immobilien oder Rohstoffe. Die Ermittlung der Anlagestrategie ist ein seit langem standardisierter Prozess. Früher sass man dabei einem Anlageberater aus Fleisch und Blut gegenüber, der viele Kreuzchen in einem Formular machte, heute sitzt man vor dem Computer und beantwortet die Fragen direkt online. So ergeben sich weitgehend ähnliche Strategien, fragt sich nur, mit welchen Instrumenten sie konkret umgesetzt werden und zu welchen Kosten.

Geringe Kosten

Hier setzt der grösste Hebel der digitalen Vermögensverwalter an, die ihre Dienste –weil digital unendlich skalierbar – sehr günstig anbieten können. Viele dieser auch als Robo­Advisors bezeichneten Anbieter offerieren ihren Kunden eine pauschale Gebühr, die alle anfallenden Kosten im Zusammenhang mit der Verwaltung des Vermögens umfasst. Sie orientiert sich an der Höhe des investierten Kapitals und variiert gemäss einer vom

Technologie, digitale Intelligenz und fachliche Expertise – neue Wege, um Anlageziele zu erreichen.

FrĂĽher sass man einem Anlageberater aus Fleisch und Blut gegenĂĽber. Heute sitzt man vor dem Computer.

Vergleichsdienst Moneyland.ch vor kurzem durchgeführten Erhebung je nach Anbieter zwischen 0,25 bis 1,2 Prozent pro Jahr. Kunden sollten aber auch hier genau hinschauen, so sind bei manchen Anbietern am Ende doch nicht alle Services in der Pauschale enthalten und es werden beispielsweise Transaktionskosten oder Börsenabgaben zusätzlich verrechnet.

Zu den Verwaltungsgebühren gesellen sich bei den meisten Anbietern dann noch die Produktkosten, die ein Vermögensverwalter für den Kauf oder Verkauf von Aktien oder Fonds entrichtet. Digitale Vermögensverwalter setzen ihre Anlagestrategien bevorzugt mit günstigen Exchange­Traded Funds (ETFs) um, mit denen sich nahezu alle AssetKlassen, Märkte und Investmentthemen abbilden lassen. Die Kosten für diese Indexfonds werden mit der Total Expense Ratio (TER) abgebildet und bewegen sich meist im Bereich von unter 0,5 Prozent.

Nachhaltig und wirkungsvoll Bislang ist Inyova der einzige digitale Vermögensverwalter, der mit einer Pauschalgebühr von 0,9 bis 1,2 Prozent sowohl die Verwaltungskosten als auch alle Produktkosten abdeckt. Dies ist umso er­

staunlicher, als Inyova nicht wie die meisten anderen Robo­Advisors in passive ETFs investiert, sondern Einzelaktien erwirbt. Das dafür zur Verfügung stehende Universum umfasst 400 Titel von Unternehmen, die alle einen nachweisbaren Beitrag leisten oder eine Vorreiterrolle auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Wirtschaft spielen. Kunden können angeben, welche Aspekte ihnen besonders am Herzen liegen, zum Beispiel soziale Gerechtigkeit, Diversity oder Green Economy, und bekommen dann ein Portfolio von 30 bis 40 Titeln vorgeschlagen, in die zu je gleichen Teilen investiert wird. Zu jedem einzelnen Titel sind umfassende Informationen abrufbar. Zudem kann der Kunde einzelne Aktien manuell aus dem Portfolio entfernen oder hinzufügen oder einzelne Positionen erhöhen. Bei den zur Stabilisierung des Portfolios erforderlichen Anleihen setzt Inyova via Indexfonds auf Green Bonds solider finanzierter Staaten oder Unternehmen. Das strikt auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Angebot von Inyova zieht vor allem die – in der Vermögensverwaltung sehr begehrten – jungen Kunden an. «Von den derzeit 12 500 Kunden sind 65 Prozent jünger als 40 Jahre und 36 Prozent Frauen», sagt Tillmann Lang, Co­Founder und CEO von Inyova.

Junge Kundschaft

Nicht alle Anbieter machen so detaillierte Angaben zur Kundenbasis. Aber auch bei True Wealth, einem seit 2013 etablierten digitalen Vermögensverwalter, lieg das Durchschnittsalter der rund 23 000 Kunden zwischen 35 und 40 Jahren. «Verglichen mit dem Durchschnittsalter von Kunden in der Vermögensverwaltung der Grossbanken von 67 Jahren, ist das schon ein riesiger Unterschied», sagt Felix Niederer, Mitbegründer und CEO von True Wealth. «Aber wir haben durchaus auch viele Kunden jenseits der 60 und seit der Lancierung unserer Kinderportfolios auch welche, die erst einen Monat alt sind», fügt er an.

Denn True Wealth und andere Vermögensverwalter haben das Thema «Sparpläne» entdeckt. Mit einem einmaligen Startbetrag und monatlichen Einzahlungen ab fünf Franken monatlich bieten sie die Möglichkeit, über einen langen Zeithorizont ein ansehnliches Vermögen anzuhäufen. Auch hier wird das Geld in kostengünstige ETFs investiert. Durch die regelmässigen Einzahlungen glätten sich die Kursschwankungen und den Rest übernimmt der Zinseszinseffekt. Robo plus Mensch gleich hybrid Es mag dem Misstrauen gegenüber einer computergesteuerten Geldanlage geschuldet sein oder einfach ein zusätzliches Feature, um den Kunden ein grösseres Gefühl der Sicherheit zu geben, aber einige digitale Vermögensverwalter bieten zusätzlich die Möglichkeit der persönlichen Beratung an, wie Selma Finance, Alpian und Descartes Finance. Der 2017 an den Start gegangene Anbieter möchte sich zur Struktur seiner Kundenbasis nicht detailliert äussern, aber CEO Adriano Lucatelli gibt an, dass «nur rund 10 Prozent der Kundinnen und Kunden persönlich beraten werden wollen. Dabei gibt es keinen Unterschied zwischen jung und alt», so der CEO.

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über das Vermögen wacht

Allen digitalen Vermögensverwaltern gemeinsam ist – nach einem unterschiedlich hohen Initialaufwand bei der Eröffnung eines Portfolios – die einfache Handhabung und übersichtliche Darstellung der Vermögensverwaltung. Die Funktionen sind intuitiv erfassbar und jederzeit abrufbar. Bekamen Kunden früher einmal im Jahr eine Kontoübersicht ihrer verwalteten Vermögen, können sie heute bei den digitalen Verwaltern zu jeder beliebigen Tages­ und Nachtzeit die Entwicklung jeder einzelnen Position ihres Portfolios verfolgen. In guten wie in schlechten Tagen – aber auch die gilt es im Rahmen der eigenen Risikobereitschaft auszuhalten. Wobei viele Anlegerinnen und Anleger sich selbst nicht immer objektiv einschätzen oder sie missinterpretieren den unabweislichen Zusammenhang von Risiko und Rendite: Je mehr vom einen, desto mehr vom anderen. Deshalb ist es wichtig, dass auch die digitalen Vermögensverwalter ihre Kundinnen und Kunden vor Fehlentscheidungen schützen. Denn nicht jede und jeder hält die gemäss dem eigenen Risikoprofil vom Robo­Advisor vorgeschlagene Anlagestrategie für passend und nutzt stattdessen die Möglichkeit der individuellen Anpassung des Portfolios,

weil er oder sie vielleicht eine höhere Rendite erzielen möchte und dafür beispielsweise den Aktienanteil des Portfolios weit mehr erhöht, als es der eigenen Risikofähigkeit entspricht. «In gravierenden Fällen sind solche Transaktionen dann nicht durchführbar und der Robo­Advisor verhindert die Ausführung, oder der Kunde bekommt eine Warnung, dass die geplante Transaktion nicht seinem Risikoprofil entspricht», erklärt Felix Niederer von True Wealth diese Notstopp­Funktion. Ein einmal nach dem eigenen Risikoprofil zusammengesetztes Portfolio sollte jedoch laufend überwacht und neu ausbalanciert werden, da sich die Gewichtung der verschiedenen Anlageklassen aufgrund von Kursveränderungen verschieben kann. Ist jemand beispielsweise mit der ausgewogenen Mischung von 60:40 Aktien zu Anleihen gestartet und die Aktienmärkte, in die er über diverse ETFs investiert ist, sind stark gestiegen, kann sich das Verhältnis im Portfolio auf 70:30 oder mehr verschieben. Daher ist ein automatisches Monitoring und Rebalancing, wie es die meisten Robo­Advisors ihren Kunden in einem regelmässigen Turnus anbieten, wichtig für den langfristigen Anlageerfolg.

Option Privatmarktanlagen

Für ein gut diversifiziertes Anlageportfolio bedarf es mehrerer Instrumente – im Minium Aktien und Anleihen, die gemäss gängiger Portfoliotheorie negativ korrelieren. Was in jüngster Vergangenheit jedoch nicht immer der Fall war. Im Anlagejahr 2022 sind sowohl die Aktien­ als auch die Anleihenkurse um 15 Prozent bis 20 Prozent gesunken. Zur weiteren Diversifizierung des Portfolios dienen darüber hinaus auch Immobilien oder Rohstoffe, die sich ebenfalls über Indexfonds abbilden lassen. Aber das Anlageumfeld ist nach der Zinswende insgesamt anspruchsvoller geworden. Gleichzeitig sind die Banken seit der Finanzkrise 2008 bei der Kreditvergabe zurückhaltender, sodass die Finanzierung über Privatmarktanlagen zunehmend an Bedeutung gewinnt. Dazu zählen Kapitalanlagen, die nicht öffentlich über eine Börse gehandelt werden, namentlich Private Equity, Private Debt, Private Infrastructure und Private Equity Real Estate. Diese Asset­Klassen waren aufgrund hoher Mindesteinlagen und beschränkter Liquidität bislang nur institutionellen Investoren vorbehalten. In der EU ermöglichen neuerdings aber sogenannte ELTIFs (European Long Term In­

Eine smarte Wahl: Anbieter im Ăśberblick

In der Schweiz sind die folgenden digitalen Vermögensverwalter auf dem Markt, auch Robo-Advisors genannt:

Alpian

• clevercircles

• cleverinvest (Bank CIC)

Descartes Finance

• Digifolio (BLKB)

• findependent

Finpact

• Inyova Impact Investing

• Kaspar&

Postfinance E-Vermögensverwaltung

• Radicant

Raiffeisen Rio

SaxoSelect

• Selma Finance

Simplewealth Swissquote Invest Easy

• True Wealth volt by Vontobel

• wiLLBe (LLB)

Quelle: Moneyland.ch

vestment Funds) auch Kleinanlegern den Zugang zu Privatmarktanlagen.

Für den Schweizer Markt möchte der digitale Vermögensverwalter finpension hier eine Vorreiterrolle übernehmen. Bislang war finpension auf die digitale Verwaltung von privaten Vorsorgegeldern fokussiert, neu ist seit wenigen Tagen die digitale Verwaltung des freien Vermögens hinzugekommen – und dies mitsamt der Möglichkeit, in Privatmarktanlagen zu investieren, genauer gesagt, in einen Private Equity Fonds von Schroders und einen von Partners Group. «Mit diesem Angebot werden Privatmarktanlagen bei finpension einfach zugänglich und in der Asset­Klasse ‹Alternative Anlagen› direkt in die digitale Vermögensverwaltung integriert», erklärt Philipp Zumbühl, stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsleitung von finpension. Allerdings seien diese Privatmarktstrategien natürlich nur Personen zugänglich, die über eine sehr hohe Risikofähigkeit verfügen würden. Und damit landet der Kunde wieder bei der Basis jeder Vermögensverwaltung und der objektiven (Selbst­)Einschätzung von Risikofähigkeit und Risikobereitschaft, die es sich auch lohnt, regelmässig neu zu hinterfragen.

7 E g a l o b E i c h h ö r n c h e n o d e r Pr i vat p e r s o n: W i r s c h l af e n a l l e b e ss e r, we n n d i e Vo r rat s k a m m e r vo l l i st . Vo r s o r g e l i e g t e b e n i n u n s e r e r N at u r B e i Pa x s e i t 1876 D i e s e 14 8 Ja h r e h a b e n w i r d a z u g e n u t z t , u m z u r b e st e n S c hwe i z e r A n b i e t e r i n f ü r p ri vat e Vo r s o r g e z u we r d e n . H e i sst , d a ss w i r ke i n Au g e z u m a c h e n , b evo r S i e n i c h t g a n z e nt s p a n nt i n d i e Z u k u n f t b l i c ke n kö n n e n: p a x .c h /p r i vat e -vo r s o r g e
Punk t . Mehr er fahren. Punk t .
Wer lebt , sorgt vor.

Teilzeit als Rentenfalle

Mehr als ein Drittel der 4,5 Millionen Erwerbstätigen in der Schweiz arbeitet Teilzeit. Die Konsequenzen für die finanzielle Vorsorge sind vielen nicht bewusst. Von Marius Leutenegger

Eine Bekannte fragte mich kürzlich, ob ich mir ihren Pensionskassenausweis anschauen könne. Ich verstünde mich ja auf solche Finanz­ und Vorsorgethemen. Irgendetwas schien ihr faul. Sie ist 60 und hat, abgesehen von zwei Jahren als junge Mutter, immer gearbeitet. In der Pensionskasse (PK) liegen aber nur rund 78 000 Franken. Bei einem Umwandlungssatz von 6,8 Prozent ergibt das, Stand jetzt, eine Rente von 442 Franken monatlich. «Das kann doch nicht sein», sagte die Bekannte. Doch, kann es. Denn die Bekannte gehört zur ständig grösser werdenden Gruppe der Teilzeitangestellten. Ausser gleich nach dem Einstieg in die Arbeitswelt war sie nie zu 100 Prozent berufstätig, meistens arbeitete sie 50 bis 70 Prozent. Und das verteilt auf mehrere Arbeitgeber. Bei der PK gibt es zwei Faktoren, die solche Laufbahnen abstrafen. Erstens: die Eintrittsschwelle. «Damit eine Person obligatorisch gemäss BVG versichert ist, muss sie bei einem Arbeitgeber einen Jahreslohn von mindestens 22 050 Franken erzielen», heisst es beim Bundesamt für Sozialversicherungen. Die Eintrittsschwelle gilt pro Arbeitgeber. Wer also an drei Stellen je 20 000 Franken verdient – das ist zum Beispiel im Kulturoder Bildungsbereich leicht möglich –, steht am Ende ohne Alterskapital in der PK da.

Wer blickt da durch?

Der zweite Faktor, der Teilzeitangestellten zusetzt, ist der Koordinationsabzug. Ein Teil des Lohns, den man bezieht, ist durch die AHV, ein anderer durch die PK versichert. Der Koordinationsabzug soll sicherstellen, dass der Lohn nicht doppelt versichert ist. Er entspricht 7/8 der maximalen AHV-Rente, das sind gegenwärtig 25 725 Franken. Kurzum: Erreichte meine Bekannte zwischendurch einen Lohn von 35 000 Franken bei einem Arbeitgeber, waren nur 9275 davon versichert. Das heisst, es wurden –je nachdem, wie alt sie beim jeweiligen Arbeitgeber war – zwischen 1000 und 2000 Franken in die PK eingezahlt. Pro Jahr. So kommt man nie auf einen grünen Zweig. Der Koordinationsabzug trifft Teilzeitangestellte überproportional. Wer 50 000 Franken verdient, hat die Hälfte des Lohns versichert, bei 75 000 Franken sind es bereits zwei Drittel. Eintrittsschwelle, Koordinationsabzug, beides mit unterschiedlichen Höhen – was soll das eigentlich? Warum sind Arbeitnehmende nicht ab dem ersten Franken, den sie verdienen, in der PK versichert? «Unter anderem wegen des administrativen Aufwands», sagt Stefan Geissbühler. Der Sozialpädagoge und Sozialversicherungsfachmann bietet in Bern unabhängige Vorsorgeberatungen an. «Es heisst zwar ‹berufliche Vorsorge›, aber die zweite Säule ist betrieblich organisiert – und da will man die Verwaltungskosten tief halten.» Die wöchentliche Reinigungskraft soll nicht denselben Aufwand auslösen wie ein Festangestellter. Warum aber sind Eintrittsschwelle und Koordinationsabzug nicht gleich hoch? «Das waren sie einst», sagt Stefan Geissbühler. «Aber das Parlament definierte 2005 die beiden Hürden unterschiedlich.» Das sei eine politische Fehlleistung gewesen, die «heute niemand mehr versteht». Doch etwas im Vorsorgesystem zu verändern sei schwierig.

Vorsicht Finanzfalle: Wenn weniger Arbeit später zu weniger Rente führt.

Eintrittsschwelle bei Teilzeit soll gesenkt werden

Die Situation von Teilzeitbeschäftigten in der zweiten Säule soll verbessert werden – das hat das Parlament beschlossen. Im März 2023 stimmte es einer Reform der beruflichen Vorsorge zu. Diese sieht vor, dass die Eintrittsschwelle von heute 22 050 Franken auf 19 845 Franken gesenkt wird. Nach aktuellen Prognosen wären rund 100 000 Personen von dieser Änderung betroffen, 70 000 davon wären neu in der zweiten Säule obligatorisch versichert und 30 000 mit einem höheren Lohn. Zudem würde der Koordinationsabzug neu auf 20 Prozent des AHVLohns festgelegt. Heute ist er fix, gegenwärtig liegt er bei 25 725 Franken. Zudem würde der koordinierte Lohn abgeschafft. Ein weiterer wichtiger Teil der BVG-Reform sind die Ausgleichsmassnahmen für die Übergangsgeneration. Rund die Hälfte der Versicherten, die in den ersten 15 Jahren nach Inkrafttreten

der Reform in Pension gehen (Übergangsgeneration), kommt in den Genuss von Zuschüssen. Wie geht es jetzt weiter? Ähnlich wie bei bisherigen Versuchen einer BVG-Reform gehen die Meinungen weit auseinander. Weitgehend unbestritten ist der Ansatz, dass Personen mit kleinen Einkommen und insbesondere Teilzeitbeschäftigte künftig mehr Geld für die berufliche Vorsorge sparen können. Ob die Reform kommt oder nicht, ist aber alles andere als sicher. Vor allem die Anpassung des Rentenumwandlungssatzes von 6,8 auf 6 Prozent ist politisch umstritten. Auch Pensionskassen selbst melden Vorbehalte an und kritisieren die technisch schwierige und bürokratische Umsetzung der Reform. Das Referendum gegen die Reform kam mit 140 000 Unterschriften zustande; im Herbst dieses Jahres wird abgestimmt. Erste Umfragen zeigen, dass es die Reform nicht leicht haben wird.

Kardinalfehler «Augen zu»

Vorsicht: Wer mit drei Jobs je 20 000 Franken verdient, steht am Ende ohne Alterskapital in der PK da.

Bei der AHV sieht es für meine Bekannte auch nicht rosig aus. Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, man müsse nur konsequent immer einzahlen, dann erhalte man am Ende die Maximalrente. Tatsächlich bezieht nicht einmal die Hälfte aller Rentenbezügerinnen und ­bezüger die Maximalrente. Denn die Beitragsdauer ist nur eines von zwei Kriterien. Das andere ist das durchschnittliche Jahreseinkommen – dieses muss pro Jahr inflationsbereinigt durchschnittlich 88 200 Franken betragen, damit man eine Maximalrente erhält. Da meine Bekannte weniger verdiente, wird ihre Rente etwa 2100 Franken betragen –das macht zusammen mit der PK-Rente monatlich rund 2500 Franken. Also

schlechte Aussichten für die eigene Altersvorsorge. Wie konnte es so weit kommen? Meine Bekannte hat den Kardinalfehler im Zusammenhang mit der Altersvorsorge gemacht: Sie hat sich nicht darum gekümmert. Wenn man zum Beispiel bei mehreren Arbeitgebern tätig ist und kumuliert einen Lohn über der Eintrittsschwelle erzielt, kann man sich freiwillig bei der Auffangeinrichtung versichern. «Das sagt einem aber kaum jemand, und darum wird das selten gemacht», sagt Vorsorgefachmann Stefan Geissbühler. Bei einigen PK ist es möglich, die Einkommen aus mehreren Teilzeitjobs über eine einzige Kasse zu versichern. Dann ist der Koordinations ­ abzug nur einmal fällig. Andere Kassen verzichten ganz auf den Koordinationsabzug oder sehen für Teilzeitarbeitende einen reduzierten Koordinationsabzug vor. Als Angestellter kann man die PK und den Rentenplan zwar nicht wählen. Aber man kann die Vorsorgelösung zu einem Kriterium bei der Stellensuche machen – und sollte dies auch tun. Was tun? Frauen sind überdurchschnittlich oft von Lücken in der Vorsorge betroffen. Eine durchschnittliche BVG-Rente von Frauen liegt deutlich unter derjenigen von Männern (siehe S. 11). Es gibt Möglichkeiten, sein PK-Vermögen aufzubessern. Zum Beispiel durch freiwillige zusätzliche Beiträge. Voraussetzung für solche Einkäufe sind Beitragslücken, die viele Versicherte aufweisen – etwa nach Lohnerhöhungen. Vereinfacht gesagt, berechnet die PK, wie hoch das Alterskapital wäre, wenn man ab dem 25. Lebensjahr immer so viel verdient hätte wie aktuell. Die Differenz zum tatsächlichen Alterskapital ist das Einkaufspotenzial. Es lohnt sich, Erspartes in die PK zu stecken, statt es auf dem Konto liegen zu lassen. Erstens wird es in der Regel besser verzinst, zweitens kön­

nen Einzahlungen in die PK vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden. Und dann gibt es auch noch die dritte Säule, die private Vorsorge. Beitragszahlungen in die Säule 3a – dieses Geld ist prinzipiell bis zur Pensionierung blockiert – können ebenfalls vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden. Die Säule 3a ist eine gute Lösung für Selbstständige oder Teilzeiterwerbende, deren Einkommen unterhalb der Eintrittsschwelle liegt. Wer in keiner PK versichert ist, darf bis zu 20 Prozent des Nettoerwerbseinkommens und maximal 35 280 Franken pro Jahr einzahlen. Wer einer Pensionskasse angehört, kann bis zu 7056 Franken überweisen. Je früher man seine Säule 3a äufnet, umso besser – wegen des Zinseszinseffekts. Oft lohnt sich Sparen nicht mehr Das alles hätte meine Bekannte frühzeitig bedenken sollen. Stefan Geissbühler sagt dazu: «Spätestens wenn die Kinder ausgezogen sind und man wieder etwas finanziellen Spielraum hat, sollte man sich um die Vorsorge kümmern – in der Regel in einem Alter von 45 bis 55. Bei der Altersvorsorge ausserhalb der AHV geht es immer darum, Geld zu sparen, und in wenigen Jahren kann man nicht mehr viel zur Seite legen – vor allem dann, wenn man ohnehin nicht viel verdient.» Irgendwann ist es zu spät, die Altersvorsorge noch deutlich aufzustocken und Lücken zu schliessen. Experte Stefan Geissbühler empfiehlt bei Fällen wie jenem meiner Bekannten, später Ergänzungsleistungen zu beantragen. «Menschen, die wenig Rente beziehen, sind sich meistens schon lang einen bescheidenen Lebensstandard gewohnt. Bei vielen verbessern Ergänzungsleistungen dann die Umstände erheblich.» Oft sage er auch klipp und klar: «Jetzt noch sparen ergibt keinen Sinn. Sie verzichten jetzt auf etwas – aber kriegen später mit den Ergänzungsleistungen genau gleich viel, wie wenn Sie nicht gespart hätten.»

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Frühpensionierung –beliebt, aber teuer

Frühpensionierungen sind populär, setzen aber finanzielle Reserven voraus. Denn geringere Einzahlungen und eine zugleich längere Bezugsdauer können teuer werden. Von Manuela Talenta und Marius Leutenegger

Während auf politischer Ebene seit einer gefühlten Ewigkeit über das Pensionierungsalter gestritten wird, haben Arbeitnehmende längst mit den Füssen abgestimmt: Gemäss einer Studie von Swisscanto von 2018 gehen 58 Prozent der Erwerbstätigen frühzeitig in den Ruhestand. Die Schwelle 65 wird daher heute nicht mehr als «ordentliches Rentenalter» bezeichnet, sondern als «Referenzalter»: Das Alter, in dem man die AHV-Rente ohne Abzüge oder Zuschläge beziehen kann, ist der Ausgangspunkt für alle Berechnungen der tatsächlichen Bezüge. Klar ist: Wer sich vor Erreichen des Referenzalters aus dem Berufsleben verabschiedet, erhält weniger Rente aus der ersten und zweiten Säule. Denn er oder sie zahlt weniger lang ein, bezieht aber, statistisch gesehen, länger Geld. Je früher die Pensionierung erfolgt, umso grösser sind die Lücken. Und sie bleiben bis ans Lebensende bestehen. Der Entscheid, für alle Zeiten mit weniger auszukommen, muss daher gut überlegt sein. Das Wichtigste zur AHV Die AHV-Rente kann bis zu zwei Jahre vor dem Referenzalter bezogen werden, also frühestens mit 63 Jahren. Dabei gilt der Grundsatz: Pro vorbezogenem Jahr sinkt die Rente um 6,8 Prozent. Während die Maximalrente bei einer Pensionierung mit 65 Jahren bei 2450 Franken liegt, beläuft sie sich bei einer Pensionierung mit 63 Jahren auf nur noch 2116 Franken. Hinzu kommt, dass man bei einer Frühpensionierung oft die für eine Maximalrente nötigen 44 Beitragsjahre nicht erreicht; für jedes fehlende Jahr gibt es einen weiteren Abzug von 2,3 Prozent. Ausserdem sind auch Frühpensionierte verpflichtet, bis zum Referenzalter 65 Beiträge zu entrichten; für Nichterwerbstätige beträgt der Mindestbeitrag 514 Franken pro Jahr. Je nach Einkommen und Vermögen können aber auch über 20 000 Franken pro Jahr anfallen. Weniger in der PK Bei der beruflichen Vorsorge (BVG), der zweiten Säule, wirkt sich eine Frühpensionierung ähnlich aus. Das Alterskapital kann in den meisten Fällen ab 58 oder 60 Jahren als Kapital oder Rente beansprucht werden – je nach Pensionskasse. Andreas Lichtensteiger, Geschäftsführer des Finanzdienstleisters VermögensPartner in Zürich: «Unsere Berechnungen zeigen: Pro Jahr, das man früher geht, sinkt die Rente aus der Pensionskasse um rund 7 Prozent.» Dafür gibt es zwei Gründe. Erstens: Man zahlt weniger lang ein, und da gerade die Jahre vor der Pensionierung das Alterskapital aufgrund des Zinseszinseffektes besonders stark anwachsen lassen, ist die Reduktion überproportional. Zweitens: Der Umwandlungssatz sinkt, weil das Geld für länger reichen muss. Im BVG-Obligatorium liegt der Umwandlungssatz im Referenzalter bei 6,8 Prozent; hat man 100 000 Franken angespart, gibt es also 6800 Franken Rente. Für jedes Jahr, das die versicherte Person

Wer früher an später denkt, hat mehr Kapital für den Ruhestand – auch für eine Frühpensionierung.

Einbusse

6,8 %

Um so viel sinkt die AHV-Rente pro vorbezogenem Jahr. Männer können die AHV-Altersrente ab dem 63. Lebensjahr beziehen, Frauen ab dem 62.

früher in Pension geht, kürzen die Pensionskassen den Satz um bis zu einem Viertelprozent. So geht es schnell um Tausende von Franken im Jahr. Wie hoch der Umwandlungssatz je nach Pensionierungsalter ist, zeigt der Vorsorgeausweis, den Versicherte jeweils Anfang Jahr erhalten. Steuern nicht vergessen Ob es eine gute Idee ist, sich das in der Pensionskasse angesparte Alterskapital auszahlen zu lassen, statt eine Rente zu beziehen, hängt von vielen Faktoren ab und kann nur individuell beantwortet werden. Aber auch hier gilt: Das wegen der fehlenden Beitragsjahre geringere Kapital muss für längere Zeit reichen. Und nicht vergessen darf man bei allen Gedankenspielen hinsichtlich einer Frühpensionierung, dass Bezüge von AHV und Pensionskasse steuerpflichtig sind. Renten müssen als Einkommen versteuert werden, beim Kapitalbezug fällt eine einmalige Sondersteuer an, die von Kanton zu Kanton und je nach Kapital verschieden ist, aber recht happig ausfallen kann. Die Steuerbehörde schlägt auch zu, wenn man sich seine Säule 3a auszahlen lässt; das ist ab Alter 60 möglich. Andreas Lichtensteiger rät: «Aus steuerlichen Gründen sollte man mehrere Säu­

le­3a­Konten haben und diese gestaffelt in verschiedenen Steuerjahren beziehen. Denn bei der Auszahlung wird die progressiv ausgestaltete Kapitalauszahlungssteuer fällig.» Das heisst: Kleinere Beträge werden mit einem wesentlich tieferen Satz besteuert als hohe. Der Finanzexperte empfiehlt, bei einem Kontostand von 40 000 bis 50 000 Franken ein neues Konto zu eröffnen. Wer diesbezüglich früh genug und geschickt plant, kann während der Frühpensionierungsphase gut von der Säule 3a leben –

Andreas Lichtensteiger, Geschäftsführer von VermögensPartner in Zürich: «Man sollte sich etwa zehn Jahre vor dem gewünschten Zeitpunkt mit dem Thema befassen.»

indem er einfach Jahr für Jahr ein Konto auflöst. Nun verdienen aber nicht alle so gut, dass sie mehrere Säule­3a­Konten äufnen können.

Lösungsansätze Müssen diese Menschen also alle bis 65 arbeiten? Nicht unbedingt. Sie können zum Beispiel die AHV-Rente aufschieben und bis dahin nur vom Kapital oder der Rente aus der Pensionskasse leben. Andreas Lichtensteiger: «Die AHV kann bis maximal fünf Jahre nach dem Referenzalter aufgeschoben werden, also bis zum Alter 70. Allerdings muss der Aufschub rechtzeitig angemeldet werden. Erfolgt keine Anmeldung, erlischt der Anspruch auf einen Zuschlag, der von 5,2 bis zu 31,5 Prozent betragen kann.» Denn die Beiträge, die man ab dem Referenzalter bis zur Auszahlung entrichtet, sind seit der AHV-Reform 21 rentenbildend und dienen allenfalls auch dem Erreichen von 44 Beitragsjahren.

Schiebt man die AHV auf, muss man also vor allem die Zeit bis zum AHV-Bezug finanziell überstehen. Wer ein tief belehntes Haus hat, kann die Hypothek aufstocken. Oder man schliesst Einkommenslücken mit einer sogenannten Überbrückungsrente der zweiten Säule. Andreas Lichtensteiger hält dazu fest: «Sie stellt eine Ersatzrente dar, bis die AHV-Rente kommt, und wird zusätzlich zur Pensionskassenrente ausgezahlt.» Finanziert wird eine Überbrückungsrente durch höhere Beiträge oder eine Kürzung der künftigen Pensionskassenrente – finanziert durch die versicherte Person. In seltenen Fällen beteiligt sich auch der Arbeitgeber. Fachleute beiziehen

Kurzum: Eine Frühpensionierung ist eine komplexe Sache – zumal es auch Teilpensionierungen oder einen gestaffelten Rückzug aus dem Berufsleben gibt. Andreas Lichtensteiger rät: «Man sollte etwa zehn Jahre vor der gewünschten Pensionierung damit anfangen, sich darauf vorzubereiten.» Dann bleibt einem noch genügend Zeit, etwas gegen allfällige Einkommenslücken zu unternehmen, Geld zur Seite zu legen zum Beispiel oder die Säule 3a aufzubauen. Viele Finanzdienstleister bieten Seminare zum Thema an. Am Gang zu einer Fachperson führt aber in der Regel kein Weg vorbei – es gibt schlicht zu viel zu beachten.

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FrĂĽhzeitig informieren: Wie

Wer für die Zukunft optimal vorsorgen will, sollte sich die Frage stellen: Wie steht es um die Sicherheit und Stabilität der PK?

Dabei sind mehrere Kennzahlen korrekt zu analysieren.

Die berufliche Vorsorge bildet die zweite Säule. Zusammen mit der AHV als erste Säule soll sie den Versicherten nach ihrer Pensionierung die Fortsetzung ihres gewohnten Lebensstandards sichern. Sie strebt dabei das Ziel an, in Kombination mit der AHV ein Renteneinkommen von rund 60 Prozent des letzten Lohnes zu erreichen. Dies trifft aber für viele heutige und noch mehr für künftige Rentnerinnen und Rentner, insbesondere mit hohem Erwerbseinkommen, nicht mehr zu.

Welcher Lohn ist versichert?

Wer als Angestellter mehr als 22 050 Franken im Jahr oder 1837.50 Franken im Monat verdient und das 17. Altersjahr zurückgelegt hat, muss der Pensionskasse oder einer Sammeleinrichtung des Unternehmens angeschlossen sein. Eine Sammeleinrichtung ist eine unabhängige

Pensionskasse (PK), der sich mehrere Unternehmen angeschlossen haben, weil sie keine eigene PK haben. Tritt man als Arbeitnehmer einen Job an, wird man durch die PK des Unternehmens oder einer vom Unternehmen beauftragten Sammelstiftung versichert. Die PK aussuchen können die Arbeitnehmer bloss dann, wenn das Unternehmen eine neue PK wählt; denn das Mitwirkungsgesetz sieht vor, dass Arbeitnehmer beim Entscheid mitbestimmen können. Dies gilt auch für das PK-Reglement mit den entscheidenden Eckwerten, wie Höhe der Beitragszahlungen und Umwandlungssatz im überobligatorischen Teil. In der Realität ist die Einflussmöglichkeit des Individuums aber sehr beschränkt. Als Angestellter ist man aber gut beraten, vor Stellenantritt einen Qualitätscheck der Pensionskasse vorzunehmen. Das ist vor allem dann wichtig, wenn man beabsichtigt, seine Beitragslücken durch zusätzliche freiwillige Einzahlungen zu

reduzieren oder zu schliessen. Diese Gelder können, einmal einbezahlt, mit wenigen Ausnahmen bis zur Pensionierung nicht mehr zurückgefordert werden.

Wichtige Eckwerte kennen

Transparenz rund um den Job: Heute erörtert man auch Fragen rund um Vorsorge, finanzielle Absicherung und Leistungen der PK.

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In jungen Jahren interessiert man sich wenig für Fragen, die mit der Pensionierung zusammenhängen. Dennoch lohnt es sich, sich schon früh mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Die Qualität einer Pensionskasse beruht auf verschiedenen Kriterien. Das VermögensZentrum (VZ) veröffentlicht jährlich ein PK-Rating. Dabei untersucht das VZ über 30 Sammeleinrichtungen. Neben den Sammeleinrichtung gibt es – vor allem bei grossen Unternehmen – firmeneigene Vorsorgeeinrichtungen. Um die Sicherheit einer Vorsorgeeinrichtung beurteilen zu können, muss man in erster Linie den Deckungsgrad und den technischen Zinssatz sowie das Verhältnis Rentner zur Gesamtzahl der Versicherten anschauen. Der Deckungsgrad gibt Auskunft darüber, ob genug Vermögen im Verhältnis zu den Verpflichtungen vorhanden ist. Bei einem Deckungsgrad von über 100 Prozent kann eine Vorsorgeeinrichtung zum Berechnungszeitpunkt alle Verpflichtungen erfüllen. Der Deckungsgrad sollte jedoch nicht isoliert betrachtet werden, da er von weiteren Kennzahlen, wie etwa dem technischen Zinssatz, abhängig ist. Der technische Zinssatz ist, einfach formuliert, die zukünftige Renditeannahme des Deckungskapitals. In den vergangenen Jahren ist «in der Tendenz der Deckungsgrad leicht gestiegen», stellt das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) fest. Finanzen unter der Lupe

In der Schweiz wiesen die PKs ohne Staatsgarantie gemäss Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV) Ende 2023 einen durchschnittlichen Deckungsgrad von 110,3 Prozent auf, jene der öffentlich­rechtlichen PKs von 84,2 Prozent. Viele Pensionskassen sind gut finanziert. So verzeichnete die Symova Sammelstiftung BVG Ende 2023 mit 114 Prozent einen überdurchschnittlichen Deckungsgrad. Die PK

Vor Stellenantritt in einer neuen Firma sollte man auch einen Qualitätscheck der Pensionskasse vornehmen.

von Novartis weist aktuell sogar einen Deckungsgrad von rund 126 Prozent aus. Es gibt aber auch Kassen, deren Deckungsgrad unter 100 Prozent liegt. Sie könnten also nicht alle ihre Verpflichtungen erfüllen, falls diese Ende 2023 angefallen wären. Bei den öffentlich­rechtlichen PKs ist dies weniger ein Problem, da sie auf eine Staatsgarantie zählen können. Ein Blick auf das Verhältnis der Anzahl Rentner zum Total der Versicherten zeigt die strukturelle Risikofähigkeit einer Vorsorgeeinrichtung. Bei den vom VZ untersuchten Vorsorgeeinrichtungen wies die PK Pro den geringsten Anteil an Rentnern im Vergleich zu den Versicherten auf (4,5 Prozent). Am Schluss liegen Vorsorgeeinrichtungen mit mehr Rentnern als aktiv Versicherten (58 Prozent; Zahlen von 2022).

Um die Leistungsfähigkeit einer PK oder Sammelstiftung zu beurteilen, sind folgende Punkte zu analysieren: Mit dem Umwandlungssatz wird aufgrund des Altersguthaben die lebenslange Altersrente berechnet. Bei einem Umwandlungssatz von 5 Prozent und einem Altersguthaben von einer Million Franken beträgt die Altersrente 50 000 Franken jährlich. Der gegenwärtig gültige Mindestumwandlungssatz liegt bei 6,8 Prozent, doch gilt dieser nur für die gesetzlich festgelegten Minimalleistungen. Gemäss Simon Tellenbach vom VZ sind 90 Prozent der PK-Versicherten besser versichert als die gesetzlichen Minimalleistungen. Verschiedene PKs gewähren auch im überobligatorischen Teil einen Umwandlungssatz von über 6 Prozent. FIP – der Fonds interprofessionnel de prévoyance – und die Spida Personalvorsorgestiftung haben den Umwandlungssatz bei 6,8 Prozent festgelegt.

Stabilisierung bei den Leistungen

Gemäss der Oberaufsichtskommission sinken die Umwandlungssätze kontinuierlich. Die OAK BV erfasst den durchschnittlichen Umwandlungssatz, den die Vorsorgeeinrichtungen für Pensionierungen in fünf Jahren vorsehen. Im Bericht 2015 berechnete die Kommission einen Umwandlungssatz von 5,83 Prozent und im Bericht 2022 von 5,21 Prozent jeweils für Pensionierungen in 5

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Kapitalbezug wird häufiger

In jüngster Zeit entscheiden sich mehr Versicherte dafür, bei ihrer Pensionierung anstatt einer Rente ihr Alterskapital vollständig oder allenfalls teilweise zu beziehen. Die Vorteile des Kapitalbezugs sind, dass man dafür eine einmalige Steuer bezahlt, während die Rente jährlich als Einkommen zu versteuern ist. Zudem kann man frei über sein Kapital verfügen. Bei einem vorzeitigen Ableben geht das Kapital an die Erben über. Bei den meisten PKs erlischt der Anspruch auf eine Rente oder auf das verbleibende Kapital mit dem Tod, dem Tod der Partnerin oder des Partners oder bei Kindern in Ausbildung mit ihrem 25 Altersjahr.

Bei der Rente liegt das Risiko bei der PK. Pensionierten ist die Rente auf Lebzeiten garantiert. Simon Tellenbach vom VZ sagt, beim Entscheid Rente oder Kapital müsse man jeden Entscheid einzeln anschauen. «Grundsätzlich kann man nicht sagen, was attraktiver ist. Neben anderen Faktoren kommt es auch auf Charakter an. Wer nicht mit Geld umgehen kann, sollte sich nicht sein Kapital auszahlen lassen.» Tatsächlich braucht es, wenn man sein Kapital bezieht, neben Risikofähigkeit und -bereitschaft Disziplin und einen klaren Plan, um eine hohe Summe gezielt zu bewirtschaften.

Jahren. Die sinkende Tendenz der Umwandlungssätze ist die Folge der tiefen Zinsen. Diese Entwicklung stabilisiert sich derzeit, weil die Zinsen wieder angestiegen sind. Der Bundesrat legt jährlich die Höhe der Verzinsung der Altersguthaben auf den obligatorischen Guthaben der aktiven Versicherten fest. Entscheidend für die Bestimmung der Höhe ist die Entwicklung der Renditen der Bundesobligationen. Es gibt keine rechtlich verbindliche Berechnungsformel für die Festlegung des Mindestzinssatzes. Von der Einführung des BVG im Jahre 1984 an bis Ende 2002 betrug der gesetzliche Mindestzinssatz 4 Prozent. Ab 2012 betrug er weniger als 2 Prozent und seit 2017 lediglich 1 Prozent.

Die Höhe der Verzinsung für die überobligatorisch angesparten Altersguthaben kann von den Vorsorgeeinrichtungen jeweils frei bestimmt werden. Die Verzinsung der Altersguthaben ist wichtig, da sie neben den Einzahlungen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern quasi als dritter Beitragszahler gilt. Die Verzinsung der Altersguthaben stieg 2023 gemäss OAK BV von 1,9 auf 2,31 Prozent. In der VZ-Studie beträgt die höchste Verzinsung des Altersguthabens 3 Prozent, und zwar bei der Vorsorgeeinrichtung CIEPP. Die tiefste Verzinsung liegt bei einem Prozent. Ein weiterer bedeutender Faktor für die Beurteilung einer PK sind die Kosten. Ein grosser Kostenpunkt sind die Verwaltungskosten, die für den Betrieb einer Vorsorgeeinrichtung anfallen. Diese liegen bei den Klassenbesten (Symova) bei 136 Franken pro Versicherten und gehen bis auf 722 Franken (Zahlen von 2022). Credit Suisse und UBS bewerten ihrerseits die Renditen, welche die PKs mit dem verwalteten Vermögen der Versicherten erzielen. Dabei hat die UBS-Ökonomin Elisabeth Beusch berechnet, dass eine um einen Prozentpunkt höhere

Der Deckungsgrad zeigt auf, ob genug Vermögen im Verhältnis zu den Verpflichtungen vorhanden ist.

durchschnittliche jährliche Verzinsung eine Reduktion des Umwandlungssatzes um rund einen Prozentpunkt, zum Beispiel von 6,8 Prozent auf 5,8 Prozent, kompensiert. Wie hoch liegen die aktuellen Ergebnisse? Die Pensionskassen der Schweiz erzielten laut OAK BV 2023 eine Durchschnittsrendite von 5,2 Prozent. Zum Vergleich: Die PK der Swiss Re erzielte im vergangenen Jahr eine Rendite von 8,08 Prozent. Im Vorjahr hatten die Einrichtungen ohne Staatsgarantie noch 9,2 Prozent auf ihren Anlagen verloren, jene mit Staatsgarantie 8,2 Prozent. Bei der Swiss Re waren es 9,57 Prozent. «Die erzielte Rendite war in den letzten Jahren trotz hoher Schwankungen langfristig einigermassen stabil. Es fand allerdings eine Verschiebung von risikoärmeren zu risikoreicheren Anlagen statt, damit dieses Ziel erreicht werden konnte», sagt Harald Sohns vom BSV.

Quersubventionierung entschärft

Aufgrund der insgesamt verbesserten Situation der PKs reduziert sich gemäss OAK BV die Quersubventionierung der aktiven Versicherten zu den Rentnern kontinuierlich. Diese Umverteilung war aufgrund zu hoher Umwandlungssätze bei steigenden Lebenserwartungen und tiefen Zinsen entstanden.

Aufgrund der getroffenen Massnahmen, etwa mit der Senkung der Umwandlungssätze, seien die zukünftigen Renten «grossmehrheitlich ohne Quersubventionierung» durch die jüngere Generation finanzierbar, schreibt die OAK. Wichtig ist schliesslich auch, welchen Anteil der Arbeitgeber an die einzuzahlenden Sparbeiträge leistet. Das Gesetz sieht lediglich vor, dass der Arbeitgeber mindestens die Hälfte der vorgeschriebenen Sparbeiträge von je nach Alter zwischen 7 Prozent und 18 Prozent des versicherten Lohns zahlen muss. Gewisse Arbeitgeber zahlen bis zu zwei Drittel der geforderten Beiträge ein, so ­

dass die Arbeitnehmer bloss einen Drittel berappen mĂĽssen.

«Die reine überparitätische Finanzierung des Arbeitgebers deutet noch nicht per se auf gute Vorsorgeleistungen hin», sagt Tellenbach vom VZ. So kann auch ein Vorsorgeplan mit Sparbeiträgen nach gesetzlichem Minimum überparitätisch finanziert werden. «Wir stellen fest, dass bei rund zwei Drittel der Vorsorgepläne der Arbeitgeber mehr als die vorgeschriebenen 50 Prozent übernimmt.»

Die Pensionskassen versichern Arbeitnehmende gegen die wirtschaftlichen Folgen nicht nur von Alter, sondern auch von Tod und Invalidität. Deshalb sind bei der Beurteilung einer PK auch diese Leistungen zu beachten. Wie entwickeln sich die Renten?

Blickt man auf die die durchschnittliche Höhe der Altersrenten der beruflichen Vorsorge, stellt man fest, dass diese im Jahre 2019 für Männer bei monatlich 2963 Franken lag. 2021 betrug sie gemäss Neurentenstatistik bloss noch 2657 Franken, lag also gut 10 Prozent tiefer. Bei den Frauen stieg in diesem Zeitraum die Rente dagegen von 1550 Franken auf 1603 Franken. Der Grund dürfte sein, dass bei den Männern der tendenziell fallende Umwandlungssatz die Höhe der Rente beeinträchtigt. Bei den Frauen wirkt sich der steigende Beschäftigungsgrad positiv auf die Rente aus. Zudem «führt bei beiden der zunehmende Anteil des Kapitalbezugs statistisch zu tieferen Neurenten, kann aber die unterschiedliche Rentenentwicklung Mann/Frau nicht begründen», stellt Harald Sohns vom BSV fest (siehe Box zum Kapitalbezug). Fazit: Ob eine PK gesund ist und in Zukunft hohe Leistungen bietet, ist selbst für Fachkräfte nicht einfach zu eruieren. Dennoch lohnt sich bei einer Neuanstellung, gewisse Eckwerte der PK genauer unter die Lupe zu nehmen, um sich ein Bild machen zu können.

Was Ihre Anlagen bewirken, ist uns wichtig

Der Erfolg einer Anlage wird durch das optimale Verhältnis von Risiko und Rendite bestimmt, der Sinn einer Anlage durch ihre Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft Uns ist Nachhaltigkeit nicht nur auf dem Papier wichtig lgt com/ch

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Wie solid ist die PK? Offenheit und wesentlichen Kennzahlen ermöglichen den Durchblick.

Das Erbe investieren und Renditechancen nutzen?

Wer Vermögen aufbauen will, hat im Grunde genommen zwei Optionen: sparen oder erben. In der Schweiz trägt beides etwa zu gleichen Teilen zum Wohlstand bei. Mit einer Erbschaft nimmt das Vermögen von heute auf morgen zu und es stellt sich die Frage, wie man es am besten verwenden will.

Nach einer Erbschaft verfügt man möglicherweise über ein deutlich höheres Vermögen, das es neu zu strukturieren gilt. Allenfalls liegt zu viel Geld auf Sparkonten, Anlagen sind einseitig investiert oder die Zukunft der geerbten Immobilie ist alles andere als klar. Plötzlich stellen sich viele Fragen: Was davon will ich behalten und was verkaufen? Soll ich einen Teil des Geldes in Wertschriften investieren oder besser als eiserne Reserve auf dem Sparkonto behalten? Die meisten investieren ihr Erbe langfristig. Das zeigt die Schweizer Erbschaftsstudie 2023 der Zürcher Kantonalbank, die sie in Zusammenarbeit mit der ZHAW durchgeführt hat.

Standortbestimmung ist sehr zu empfehlen Um das geerbte Vermögen richtig einzusetzen, ist eine Standortbestimmung ratsam. Dabei gilt es zunächst den Verwendungszweck zu klären: Geht es um die Erfüllung von persönlichen Wünschen oder um langfristige Investitionen? Was steht im Vordergrund: der eigene Vermögensaufbau oder die finanzielle Situation der Nachkommen?

Investieren unter neuen Voraussetzungen Jüngere Erbinnen und Erben haben einen grossen Vorteil: Sie können das geerbte Geld langfristig in Wertschriften investieren und haben damit in der Regel bessere Rendite -

chancen. Je länger Geld investiert bleibt, desto weniger fallen die kurzfristigen Schwankungen an den Finanzmärkten ins Gewicht. So lässt sich mit dem Erbe im Idealfall auch die Altersvorsorge aufbessern. Etwa die Hälfte der Erbschaften fliesst gemäss Erbschaftsstudie der ZKB jedoch an Personen im Rentenalter.

Für die Vorsorge ist es in diesem Fall zu spät und der Anlagehorizont ist bereits kürzer. Dennoch kann es auch im Alter sinnvoll sein, Geld anzulegen.

Grundlage dafür ist eine sorgfältige Pensionierungsplanung: Die Finanzen für den dritten Lebensabschnitt werden in der Regel in Etappen geplant. Meistens ist in der ersten Etappe Liquidität wichtig, um die Ausgaben zu finanzieren. Das Geld, das erst später benötigt wird, kann hingegen in Anlagen investiert werden. Hier gilt es, eine Anlagelösung zu wählen, die der eigenen Risikofähigkeit und Risikobereitschaft entspricht und mit der persönlichen Lebenssituation vereinbar ist. Steht das Wohl der Nachkommen im Vordergrund, sind Anlagen wie etwa ein Geschenk-Fondsportfolio für die Enkel oder ein Vermögensverwaltungsmandat, das von den Kindern später weitergeführt werden kann, näher zu betrachten. Denn auch hier kann der Vorteil eines vergleichsweise langen Anlagehorizonts genutzt werden.

Ihre Partnerin für die Geldanlage Profitieren Sie von der Expertise der Spezialistinnen und Spezialisten der Zürcher Kantonalbank. Ist Ihnen Sicherheit wichtig oder sind Sie eher risikofreudig? Wir passen den Mix aus Aktien, Obligationen und anderen Anlageklassen entlang Ihrer Anlagestrategie so an, dass Ihr Portfolio ein für Sie gutes Verhältnis aus Risiko und Rendite aufweist. Die ZKB ist nicht nur Ihre nahe Bank, sondern auch eine professionelle Vermögensverwalterin. Mit Herzblut setzen wir uns dafür ein, dass Sie die Chancen an den Finanzmärkten nutzen können.

Frage an Christoph Schenk, CIO, ZĂĽrcher Kantonalbank

Wann ist der richtige Zeitpunkt, um an den Aktienmärkten einzusteigen?

Steigen die Kurse an den Finanzmärkten auf neue Allzeithochs, befürchten viele Anlegerinnen und Anleger, den richtigen Einstiegszeitpunkt verpasst zu haben. Andere wiederum glauben, jetzt alle Anlagen verkaufen zu müssen. Beides ist falsch, denn ein neues Allzeithoch eines Aktienindex bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Aktienkurse danach wieder dauerhaft sinken.

Wer beispielsweise den Swiss Performance Index (SPI) ab 2001 bis April 2024 analysiert, wird erstaunt feststellen, dass es allein in diesem Zeitraum 303 Allzeithochs gab.

Vereinbaren Sie ein Beratungsgespräch Wünschen Sie eine kompetente Beratung? Wir legen grossen Wert darauf, dass Ihr Anlageportfolio Ihren Bedürfnissen entspricht und dass Sie nur so viel Risiko eingehen, wie Sie tragen können und wollen. Gerne stehen Ihnen unsere Kundenbetreuerinnen und Kundenbetreuer zur Seite, um für Sie die passende Lösung zu finden.

zkb.ch/anlagen

Rechtliche Hinweise Dieses Dokument dient Informations- und Werbezwecken. Es stellt weder ein Angebot oder eine Empfehlung zum Erwerb, Halten oder Verkauf von Finanzinstrumenten oder zum Bezug von Dienstleistungen dar. Jede Investition ist mit Risiken, ins besondere in Bezug auf Wert-, Ertrags- und allenfalls Währungsschwankungen, verbunden. © 2024 Zürcher Kantonalbank. Alle Rechte vorbehalten Christoph Schenk, Chief Investment Officer, Zürcher Kantonalbank
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