Boston Consulting Group (D)

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Katalysatoren der Klimawende

Die globale Klimakrise erfordert beispiellose Investitionen in neue Infrastrukturen und innovative Technologien. Doch zahlreiche Risiken stehen dem bisher entgegen. Versicherer können diese Hindernisse beseitigen – als strategische «Ermöglicher» auf dem Weg zu Netto-Null.

Versicherer verringern die Risiken von Investitionen – und machen dadurch neue Energie- und Klimaschutzprojekte erst möglich.

Nicht nur der Wille ist da, sondern auch das Geld, um wirksame Massnahmen gegen die Klimakrise zu lancieren. «Energieunternehmen, Regierungen und private Kapitalgeber haben bisher 19 Billionen Dollar an Investitionskapital für die Finanzierung der Klimawende bis 2030 zugesagt – eine Summe, die dem jährlichen Bruttoinlandprodukt der 27 Länder der Europäischen Union zusammen entspricht», berichten die Boston Consulting Group (BCG) und der globale Versicherungsmakler Howden in ihrer Studie «The Great Enabler». Der Haken an der Sache: Zu wenige Energie- und Klimaprojekte erfüllen bisher die von den Investoren geforderten Risikoschwellen. Die Anleger sind vorsichtig und erwarten einen grösseren Schutz vor möglichem Kapitalverlust.

Lösungen proaktiv entwickelt Wenn es darum geht, die zugesagten 19 Billionen Dollar tatsächlich freizusetzen, kommen deshalb die Versicherer ins Spiel. Von ihnen hängt ab, ob

es gelingt, «mehr als 10 Billionen US-Dollar an zusätzlicher Deckung bereitzustellen, auch für innovative Versicherungslösungen, die dazu beitragen, dass Klimaprojekte investierbar werden», wie die Studie hervorhebt. Die gute Nachricht der Experten: Erste Versicherer haben solche Lösungen proaktiv bereits entwickelt, um das Risiko von Investitionen in grosse Windparks, Recyclinganlagen oder neue CO2-Speichersysteme zu reduzieren –und damit auch die Kosten für einen beschleunigten Übergang in Richtung Netto-Null-Emissionen. Jetzt komme es vor allem darauf an, den Finanziers, Projektentwicklern, Unternehmen und Regierungen diese Lösungen bekannt zu machen, heisst es. Zugleich geht es um eine neue Sichtweise. Für die meisten Firmen und Haushalte ist eine Versicherung bislang kaum mehr als ein «Schutzschild»: Als Gegenleistung für eine Jahresprämie verpflichtet sich der Versicherer, im Falle eines Unfalls oder einer Katastrophe für entstandene Schäden zu zahlen. Aus dieser Perspektive ist das Versicherungsgeschäft vor allem reaktiv – eine Dienstleistung, die

nur dann wertvoll ist, wenn etwas schiefläuft. Doch es geht noch um mehr. «Da Versicherer das Risiko von Investitionen verringern können, sind sie auch in der Lage, als Ermöglicher zu fungieren», unterstreicht die Studie. Privatpersonen zum Beispiel sind eher bereit, in Häuser und andere Güter zu investieren, wenn sie nicht befürchten müssen, durch unglückliche Umstände alles wieder zu verlieren. Ähnliches gilt für Unternehmer und Investoren: «Sie werden neue Firmen gründen und Wachstumschancen ergreifen, wenn sie wissen, dass ein Feuer, eine verpasste Lieferung oder ein unglücklicher Fehler sie nicht ruinieren wird.»

Doppelte Herausforderung Versicherungen können sogar Entwicklungen im XXL-Format befeuern. Das ist nicht neu. Man denke nur an die Absicherung der weltweiten Handelsschifffahrt oder an die Elektrifizierung der Städte ab Ende des 19. Jahrhunderts. «In all diesen Fällen hat die Versicherungsbranche der Ge-

«Investoren wollen sicher sein, dass ihre Anlagen nicht verloren gehen»

Interview mit dem Versicherungsexperten Dr. Raphael Troitzsch von der Boston Consulting Group (BCG) über Herausforderungen und Lösungen zur Finanzierung der Klimatransition.

Was ist gemeint, wenn Versicherer als «Enabler» in der Klimakrise bezeichnet werden? Wir denken oft an Versicherungen, wenn es um Schadensregulierung geht. Wer zahlt uns Geld im Falle einer Naturkatastrophe oder eines Unfalls? Das ist natürlich sehr wichtig. Aber Versicherer haben auch schon immer eine entscheidende Rolle dabei gespielt, wenn es darum geht, frühzeitig zu erkennen, was schiefgehen kann, welche Risiken bestehen und wie sich diese Risiken verringern oder gar verhindern lassen. Wir sprechen hier von «De-Risking», einem Schlüsselbegriff der Branche. Es geht also in erster Linie um Prävention statt um Entschädigung? Ja, genau. Es gehört seit jeher zum Kerngeschäft der Versicherer, den Blick nach vorne zu werfen und nicht erst zu reagieren, wenn es zu spät ist. Ein konkretes Beispiel: Versicherer sorgen dafür, dass in Lagerhallen ausreichend Brandschutzsysteme eingebaut werden. Ansonsten würden sie ihre Prämien erhöhen. Für die betreffenden Unternehmen ist es am Ende kostengünstiger, wenn weniger Schäden entstehen, als im Schadensfall eine bestimmte Versicherungssumme zu erhalten.

Und wie funktioniert eine solche Prävention, wenn es um globale Klimarisiken geht?

Fachleute der Versicherungsbranche entwerfen Modelle und Szenarien für die Zukunft und erkennen dank ihrer datengestützten Analysen auch hier mögliche Risiken früher als andere. Das sollte von Unternehmen und Regierungen noch viel stärker genutzt werden. Es liegt auch im Interesse der Investoren: Sie wollen sichergehen, dass ihre Anlagen in Solarfarmen oder Recyclingprojekte nicht verloren gehen. Entsprechend aufgestellte Asseku-

ranzunternehmen können ihnen diesen Schutz bieten, etwa durch eine Versicherung, die bei noch jungen Firmen das Risko einer ungenügenden Technologie-Performance abdeckt. Oder denken Sie zum Beispiel an Anlagen zur Verringerung des Kohlenstoffausstosses in Ländern, in denen das vorher noch nie gemacht wurde, oder konkret an die Finanzierung des grössten westafrikanischen Solarparks im Senegal. Es bestehen dabei alle möglichen Unwägbarkeiten bis hin zu politischen Risiken, potenziellen Terrorismusrisiken und Betrugsrisiken. All das sollte mit Versicherungskapital abgesichert sein, damit Investoren bereit sind, solche Projekte zu finanzieren.

Das Prinzip ist nicht neu, oder? Dazu ein Blick in die Geschichte: Als britische Handelsfirmen begannen, teure Waren über den Ozean zu befördern, kam es im 17. Jahrhundert zur Gründung von Lloyd’s. Das Unternehmen hat die Waren der Händler versichert. Nur über diese Verteilung des Risikos ist der ökonomische Austausch über Kontinente hinweg erst möglich geworden. Ähnliches gilt heute auch für Energie- oder Klimaprojekte: Jedes Vorhaben muss versicherbar sein, damit es investierbar wird. Das ist ein wenig besprochenes, aber ziemlich klares Phänomen der heutigen Wirtschaft. Wenn es nicht versicherbar ist, dann ist es auch nicht machbar. Wie wir aber sehen, werden aktuell schon viele Lösungen erarbeitet.

sellschaft einen Wandel ermöglicht, der andernfalls unmöglich gewesen wäre», betont Versicherungsexperte Raphael Troitzsch, Managing Director und Partner bei BCG Schweiz. Warum sollte das heute nicht wieder gelingen, wenn es, so der Bericht, um die «beispiellose Doppelherausforderung der Klimakrise und des Verlusts der biologischen Vielfalt» geht? Auch hier können Versicherungen als Katalysatoren dienen und Investoren jene Sicherheit geben, die sie benötigen, um sowohl den Einsatz ausgereifter Klimalösungen in grossem Massstab als auch die Entwicklung neuer Technologien zu finanzieren. «Versicherer befinden sich in einer einzigartigen Position, um Projekte bei der wirtschaftlichen Umsetzung zu unterstützen, indem sie Unsicherheiten in einer Vielzahl von Bereichen verringern. So können sie beispielsweise Leistungsgarantien für neue Technologien (zum Beispiel grüner Wasserstoff) geben, Betriebsmargen vor physischen Klimaauswirkungen schützen und Lieferanten-, Auftragnehmer-, Kredit- und politische Risiken versichern.» Das Engagement rechnet sich. Je grösser die Risiken, desto höher die Margen. Folgt man der Studie, werden die Versicherer allerdings oft erst spät in den Projektentwicklungsprozess einbezogen, was zu verpassten Chancen führe. Raphael Troitzsch rät daher zu einer engeren Zusammenarbeit: «Da die Nachfrage nach Klimaschutz- und Anpassungsprojekten steigt und der Klimawandel zu einem raschen Anstieg der physischen Risiken führt, sollten Versicherer und Unternehmen dazu übergehen, längerfristige Partnerschaften aufzubauen.» Massgeschneiderte Versicherungslösungen, so das Fazit, gewinnen immer mehr an strategischer Bedeutung. Sie können dazu beitragen, neue technologische Infrastrukturen aufzubauen und innovative Präventivmassnahmen zu lancieren, die heute dringender denn je benötigt werden. Das Potenzial ist enorm.

Sustainable Switzerland ist die nationale Nachhaltigkeitsplattform des Unternehmens NZZ mit Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft. Gemeinsam beschleunigen wir die nachhaltige Entwicklung der Schweiz. sustainableswitzerland.ch

Dieser Inhalt wurde von NZZ Content Creation und Sustainable Switzerland im Auftrag von BCG erstellt.

Dr. Raphael Troitzsch, Managing Director und Partner bei BCG Schweiz. BCG

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